Alters-Knigge 2100 - Horst Hanisch - E-Book

Alters-Knigge 2100 E-Book

Horst Hanisch

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Beschreibung

Altes Eisen? "Als alter Mensch habe ich sowieso nichts mehr zu sagen." "Ich fühle mich von der Technik abgehängt." "Unsereins wird von der Gesellschaft gar nicht mehr gesehen." Unerwünscht, aussortiert, übersehen? Sind ältere Menschen in unserer Gesellschaft nicht mehr geachtet? Stimmen die Vorwürfe? Das vorliegende Buch setzt sich aus drei Teilen zusammen: - Teil 1: Abgehängt und abgeschoben? - Teil 2: Altersdiskriminierung? - Teil 3: Akzeptanz des Älterwerdens! In wieweit trifft diese negative Sicht auf die ältere Generation zu? Handelt es sich um ein subjektives Empfinden oder werden 'die Alten' tatsächlich nicht mehr gebraucht? Nach diesen ersten Überlegungen wird im zweiten Teil betrachtet, weshalb es kommunikative Missverständnisse zwischen den Generationen geben kann. Handelt es sich hier um ein neues Phänomen? War früher wirklich alles besser? Stimmt die Behauptung der Altersdiskriminierung, 'Ageismus' genannt, alte Menschen betreffend? Welche gesellschaftlichen, medizinischen, demographischen Herausforderungen tun sich für ältere Menschen auf? Der dritte Part des Buchs soll den älteren Interessierten helfen, eine positive Sicht aufs eigene Dasein einzunehmen. Die im Leben gesammelten Erfahrungswerte können dabei helfen, die eigene Einstellung zu optimieren, um die verbliebenen Jahre zufrieden genießen zu können.

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Inhaltsverzeichnis

PROLOG

D

IE

L

AST DES

A

LTERS UND DES

A

LTERNS

Altes Eisen?

1 – ABGEHÄNGT UND ABGESCHOBEN?

N

EGATIVE

E

INSTELLUNGEN AUS

S

ICHT FREMDER

B

ETRACHTUNGEN ODER AUS

S

ICHT DER

G

ESELLSCHAFT

Aussortiert

Abgehängt

Abgeschoben

Unerwünscht

Weltfremd

Übersehen

Diskriminiert

Verachtet

Ausgenutzt

V

ERNACHLÄSSIGUNG UND

S

ELBSTVERNACHLÄSSIGUNG

Selbstbild von Omi Katharina

Infantilismus

N

EGATIVE

E

INSTELLUNG AUS EIGENER

B

ETRACHTUNG

„Ich bin nichts mehr wert.“

2 – ALTERSDISKRIMINIERUNG?

K

ONFLIKT DER

G

ENERATIONEN

Ageismus

Jung und Alt missverstehen einander?

Gegenseitiges Verstehen

F

RÜHER WAR ALLES BESSER

?

Heute ist alles schlechter?

Alter Schwede und alter Knabe

Kippt die Alterspyramide? – Demografie

Der alte weiße Greis

Alt gleich out?

Mündig und Unmündig

W

AS DER

M

ENSCH ALS

J

UGENDLICHER GEBRAUCHT HÄTTE

Unbedarft in die Zukunft

Was der Ältere dem Jüngeren übergeben kann

V

ERKLÄRUNG DER

J

UNGEN

Jugendwahn

Krieg der Generationen

3 – AKZEPTANZ DES ÄLTERWERDENS!

P

OSITIVE

E

INSTELLUNG

Mentale Fitness

Jeden Tag freudig begehen

Einsortiert

Angehängt

Eingegliedert

Prioritäten wandeln sich

Erwünscht

Emphatisch

Sichtbar

Geehrt

Geachtet

Geschätzt

S

ELBSTACHTUNG

Die Persönlichkeit unterstreichen

Fitness, körperliche

C

HARAKTEREIGENSCHAFTEN BETONEN

Stärken und Fähigkeiten

D

EM

T

OD IN DIE

A

UGEN SCHAUEN

Die verbleibende Zukunft wird kürzer

N

ACH MIR DIE

S

INTFLUT

?

Andere sind anders

EPILOG

V

ERGNÜGT INS

A

LTER

Jeden Tag genießen

STICHWORTVERZEICHNIS

KNIGGE ALS SYNONYM UND ALS NAMENSGEBER – UMGANG MIT MENSCHEN

Adolph Freiherr Knigge

Prolog
Die Last des Alters und des Alterns

„Den Menschen ist das Alter eine schwere Last.“

Desiderius Erasmus von Rotterdam, holl. Humanist

(1466/69 - 1536)

Altes Eisen?

„Als alter Mensch habe ich sowieso nichts mehr zu sagen.“

„Ich fühle mich von der Technik abgehängt.“

„Unsereins wird von der Gesellschaft gar nicht mehr gesehen.“

Unerwünscht, aussortiert, übersehen? Werden ältere Menschen in unserer Gesellschaft nicht mehr geachtet?

Stimmen die Vorwürfe?

Das vorliegende Buch setzt sich aus drei Teilen zusammen:

Teil 1: Abgehängt und abgeschoben?

Teil 2: Altersdiskriminierung?

Teil 3: Akzeptanz des Älterwerdens!

Inwieweit trifft diese negative Sicht auf die ältere Generation zu? Handelt es sich um ein subjektives Empfinden, oder werden ‚die Alten‘ tatsächlich nicht mehr gebraucht?

Nach diesen ersten Überlegungen wird im zweiten Teil betrachtet, weshalb es kommunikative Missverständnisse zwischen den Generationen geben kann. Handelt es sich hier um ein neues Phänomen? War früher wirklich alles besser?

Stimmt die Behauptung der Altersdiskriminierung, ‚Ageismus‘ genannt, alte Menschen betreffend?

Welche gesellschaftlichen, medizinischen, demografischen Herausforderungen tun sich für ältere Menschen auf?

Der dritte Teil des Buchs soll den älteren Interessierten helfen, eine positive Sicht aufs eigene Dasein einzunehmen.

Die im Leben gesammelten Erfahrungswerte können dabei helfen, die eigene Einstellung zu optimieren, um die verbliebenen Jahre zufrieden genießen zu können.

Der geschriebene Text wird begleitet von Strichfiguren. Stellvertretend für den älteren Menschen steht diese Figur.

Diese Zeichnung repräsentiert das weibliche, das männliche und das diverse Geschlecht.

Die Bezeichnungen ‚Alte/Alter/Ältere‘ oder ‚alt/älter‘ sowie ‚Junge/Jüngere‘ oder ‚junge/jünger‘ sind weder abwertend noch diskriminierend gemeint. Sie stehen stellvertretend für Menschen dieser Altersgruppe.

Im Text wird weitestgehend versucht, die weibliche und männliche Variante zu benutzen. Manchmal wird auf das generische Maskulinum zurückgegriffen.

Unabhängig des Geschlechts sind ältere Interessierte angesprochen, die sich Gedanken über das Leben im Alter machen.

Und nicht vergessen: „Alter gibt Erfahrung.“ Das meinte nicht nur der römische Dichter Ovid (eigentlich Publius Ovidius Naso, 43 v. Chr. – 17 n. Chr.) und stimmt auch mit unseren Beobachtungen und Betrachtungen über das Alter überein.

Liebe Leserin, lieber Leser, tauchen Sie ein in die Welt des Älterwerdens und des damit verbundenen Umgangs.

Viel Vergnügen beim Ergänzen Ihres bestehenden Wissens, bei den Gedanken zu Jung und Alt und bei der Akzeptanz des erreichten natürlichen Alters.

Horst Hanisch

1 – Abgehängt und abgeschoben?
Negative Einstellungen aus Sicht fremder Betrachtungen oder aus Sicht der Gesellschaft

„Nichts geht über die Jugend.

Die in den mittleren Jahren sind dem Leben verpfändet,

die Alten sind in der Rumpelkammer des Lebens,

aber die Jugend ist die Herrin des Lebens.“

Oscar Wilde (eigentlich Oscar Fingal O’Flahertie Wills), ir. Lyriker

(1854 - 1900).

Aussortiert

Oh, oh. Die Alten sind in der Rumpelkammer des Lebens deponiert, zumindest nach Meinung von Oscar Wilde.

Seine Behauptung kennt in der Übersetzung statt des Wortes ‚Rumpelkammer‘ auch ‚Abstellkammer‘. Beide Begriffe sind nicht schmeichelhaft.

In der Rumpelkammer stehen Dinge, die ‚an sich‘ auf den Sperrmüll gehören. Sie waren einmal Teil des Lebens. Vielleicht handelte es sich früher sogar um begehrte, wichtige Dinge.

Heute werden sie nicht mehr gebraucht. Sie sind aus der Mode gekommen. Ist der alte Mensch aus der Mode gekommen?

Was gehört in die Abstellkammer? Etwas, was vorübergehend – auch für einen längeren Zeitraum – abgestellt wird. Das dort Abgestellte passt nicht mehr in den ‚öffentlichen‘ Anblick oder ins tägliche Bewusstsein. Falls benötigt, wird es hervorgeholt.

Danach verschwindet es wieder in der Kammer. Dort verstaubt es über die Zeit.

Egal, ob Gerümpel oder Abgestelltes, welcher (ältere) Mensch möchte sich so betrachtet sehen? Wer möchte sich aussortiert fühlen? Wer möchte sich als überflüssig, unnütz für das tägliche Leben betrachten?

Gehört der alte Mensch wirklich aus dem aktiven Leben herausgenommen und beiseitegeschoben?

Geschieht das alles in der Realität tatsächlich oder handelt es sich nur um das Gefühl einiger ‚ins Alter‘ kommender Menschen? Oder liegt es an der aktuellen Zeit, dass der Ältere nicht mehr benötigt wird?

Begonnen wird in Folge mit einigen Beispielen, wie mit älter werdenden Menschen (teilweise) umgegangen wird.

Abgehängt

Aus dem fahrenden Leben abgehängt und zur Seite gestellt? Nicht viel angenehmer ist es, wie ein ‚in die Jahre gekommener‘ Güterwagen, vom beladenen Zug abgehängt zu werden. Der nicht mehr benötigte Waggon wird auf das Abstellgleis – auf das Altengleis – gestellt, wo er nun ungestört vor sich hin rosten darf.

Er wird nicht mehr gebraucht. Die Verschrottung ist teurer, als ihn auf einem Nebengleis stehenzulassen. Über kurz oder lang ist der Waggon sowieso vergessen.

Vergessen, sowie Oma oder Opa im Altersheim. Nun, „die sind ja dort gut versorgt“, meinen die Erben. „Bei Gelegenheit gehen wir sie besuchen“, versprechen sich die Nachfolger. Hoffentlich ‚vergessen‘ sie ihr Versprechen nicht.

Das Versprechen ist gegeben, die Realität bestimmt oft anders.

Den Anschluss verpassen

Leben heißt Bewegung. Ständiges Laufen von A nach B. Fast einem Marathonlauf ähnelnd.

Abgehängt im Marathonlauf heißt, dass der Einzelne ‚nicht mehr mitkommt‘ und mühsam dem Hauptfeld trotz aller Anstrengungen hinterher hechelt. Er wird die vor ihm Laufenden nicht mehr einholen (können).

Die laufen schneller, haben genügend Energie und zeigen mehr Ausdauer. Der Abstand vergrößert sich unweigerlich. Deprimierend.

Vielleicht schafft es der Abgehängte, deutlich nach den anderen gerade noch ins Ziel zu kommen, körperlich total am Ende. Möglicherweise muss er vorher aufgeben. Ob er im nächsten Marathon noch mitlaufen will? Überlässt er den Marathonlauf – den Lauf des Lebens –, notgedrungen den anderen?

Kann der Ältere den ‚neuen‘ technischen Errungenschaften nicht folgen, ist er abgehängt. Oder: Er hat sich selbst abgehängt.

Manchmal bekommt er gar nicht mit, dass es Neuerungen gibt. Manchmal sieht er auch keine Notwendigkeit, etwas Zeit, Initiative oder Beschäftigung den Neuerungen zu widmen. Werden diese im Leben immer relevanter, kann es unter Umständen schon zu spät sein, den Anschluss zu erwischen. Der Zug ist dann schon abgefahren. Der Betroffene ist vom Fortschritt abgehängt.

Gegebenenfalls meint der tröstende Enkel: „Das brauchst du nicht, Opa.“ Oder müsste es heißen:

„Das brauchst du nicht mehr, Opa.“

„Du bist schon zu alt.“

„Das rentiert sich nicht mehr.“

Oh, oh. Der Enkel meint es gut. Empfindet der Opa das auch als beruhigend?

Aufgrund des fortgeschrittenen Alters scheint der Aufwand, das Neue zu lernen, zu groß. Das Verhältnis ‚Aufwand zu Nutzen‘ passt nicht (mehr).

Das Alter gilt als Entschuldigung dafür, sich mit dem Neuen nicht mehr befassen zu müssen.

Abgeschoben

„Oma, wir suchen dir ein schönes Altersheim. Nachdem Opa gestorben ist, fühlst du dich doch allein.“

Freundlich aber bestimmt versuchen die Kinder, ihrer Mutter den Umzug in einen Alterswohnsitz schmackhaft zu machen.

Offensichtlich scheint die Oma bei der Suche nach dem letzten Wohnsitz gar nicht beteiligt zu werden – „Wir suchen“.

Was bedeutet ‚schönes Altersheim‘? Heißt ‚schön‘ eventuell ‚günstig‘? Oder ‚gut gelegen‘ im Sinne von ‚in unserer Nähe‘? Oder steht ‚schön‘ für ‚gut versorgt‘, sodass sich die Kinder wenig um die Mutter kümmern müssen? Vielleicht auch nur deshalb ‚schön‘, um die möglicherweise unangenehme Situation des Umzugs an den letzten Wohnort ‚schönzureden‘.

Auch die Erkenntnis ‚du fühlst dich allein‘ rechtfertigt nicht zwangsläufig den Schluss eines Umzugs ins Altersheim. „Dort bist du nicht allein.“

Es ist ganz klar, dass es unzählige Vorteile zum Wohnen in einem Altersruhesitz gibt.

Beim geplanten Wohnungswechsel stellen sich meist die folgenden zwei Schlüsselfragen: Möchte die betreffende Person überhaupt umziehen? Zweitens: Ist der Aufenthalt an solch einem Ort finanziell ‚zu stemmen‘?

Oft wird in diesem Zusammenhang gehört: „Einen alten Baum verpflanzt man nicht.“ Die ältere Person ist allerdings kein festgewachsener Baum, sondern ein (mobiler) Mensch. Im Leben wurde ihr bestimmt häufig Flexibilität abverlangt.

Der mögliche Umzug in den Alterswohnsitz bedeutet eine deutliche Zäsur im Leben, weshalb er gut durchdacht werden soll.

Damit sich die ältere Person nicht ins Altersheim abgeschoben fühlt, ist ein Austausch rund um dieses Thema rechtzeitig (!) notwendig. Lieber früher als später einen Gedankenaustausch zu diesem Thema vornehmen.

Viele Menschen verdrängen diese Thematik, da sie unangenehm erscheint. Trotzdem, sie gehört zu den notwendigen Überlegungen vieler älter werdenden Menschen.

Die Realität zeigt immer wieder, dass ein Betroffener zum Beispiel nach einem Sturz mit Knochenbrüchen zeitnah in eine Einrichtung mit Betreuung wechseln muss. Dann wird in aller Hektik ein Ort gesucht und schließlich einer genommen, wo ‚glücklicherweise‘ ein ‚Platz frei ist‘. Eine gezielte und überlegte (Aus-) Wahl ist nicht mehr möglich.

Besser planend vorgehen

Kann die ältere Person ihre zukünftigen Wohnwünsche frühzeitig klarmachen, aussprechen, aufschreiben, wissen Verantwortliche im Fall des Falles, wie sie handeln sollen. Da die Wünsche nicht in Stein gemeißelt sind, können sie bei der Veränderung der Lebensumstände angepasst werden.

Eine aufrichtige Kommunikation mit der Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen ist hilfreich und ergibt eine klare Übersicht. Besuche verschiedener Einrichtungen im Vorfeld geben einen Einblick in die möglichen Angebote.

Auch ist es möglich, ein mehrtägiges Probewohnen zu vereinbaren. Mit allen Sinnen lässt sich vor Ort wahrnehmen, wie es sich ‚dort‘ leben ließe.

Vielleicht gelingt es so, am Tag X nicht das Gefühl des Abgeschoben-Werdens zu empfinden, sondern den notwendigen, vielleicht sogar befreienden Umzug zu spüren.

Unterschiedliche Meinung

Ein Zeitungsausschnitt vom 5. Juli 2008 in ‚Die Welt‘ berichtet über eine 92-Jährige namens Anna aus den USA.

Ihr 72-jähriger Sohn wollte sie in einem Pflegeheim unterbringen. Das gefiel ihr nicht. Ihre Lösung: Sie erschoss kurzerhand ihren Sohn. Ob sie nun zu Hause bleiben konnte?

Eine bessere Lösung ist eine einvernehmliche. Die umziehende Person soll einverstanden sein und auch die Kinder (sofern es sie gibt) sollten mit der Entscheidung zufrieden leben können.

Unerwünscht

„Die Alten kleben an ihren Stühlen fest“, werfen die Jüngeren den Älteren vor. Sie meinen beispielsweise, dass die Älteren in der Politik die Jüngeren nicht nachrücken lassen.

Immer lassen sich die ‚alt‘-bekannten Politiker (die Alten) wiederwählen. Wer einmal die Macht eines entsprechenden Amts geschmeckt hat, gibt diese nicht mehr sehr gerne auf.

Sie argumentieren mit ihrer langjährigen Erfahrung, ihrer Bekanntheit, mit ihren Beziehungen. Damit haben sie zweifelsohne recht und können wertvolle Merkmale aufweisen.

Gleichzeitig meinen sie, den Jüngeren fehle die Erfahrung, die Bekanntheit und vor allem die Beziehungen. Ja, sicher. Wie sollen die Jungen diese Werte auf- und ausbauen, wenn ihnen die Alten nicht die Möglichkeit einräumen?

Darf ein Jüngerer aufrücken, muss ein Älterer weichen beziehungsweise verzichten. Es ist für den ‚Alteingesessenen‘ bestimmt nicht leicht, zugunsten anderer den eigenen Status aufzugeben. Vor allem dann, fühlt er sich unerwünscht und/oder abgeschoben.

Jüngst äußerte eine teilnehmende Person in einer Talkrunde: „Ich kenne nur alte Diktatoren.“ Kein Wunder, oder?

Der Sonntagsfahrer

„So ein Sonntagsfahrer!“, schimpft mit vor Wut rot angelaufenem Gesicht der Autofahrer, der hinter einem langsam fahrenden Fahrzeug fährt. Die angegebene Höchstgeschwindigkeit wird deutlich unterschritten (!).

Der genervte Autofahrer kann so viel schimpfen, schreien und toben wie er will, der Vordermann hört das nicht.

Endlich ergibt sich die Möglichkeit, den Vordermann zu überholen. Mit extremem Druck aufs Gaspedal und fast unkalkulierbarem Risiko überholt der Nachfolgende das langsam fahrende Fahrzeug.

Auf Höhe des Fahrers erkennt er eine ältere Person, die sich sorgsam am Lenkrad festklammert und eisern nach geradeaus starrt.

Der Überholende hupt laut und aufdringlich, hebt drohend seine Faust in Richtung des langsam Fahrenden und brüllt: „Gib endlich deinen Führerschein ab, Alter!“

Als wäre das nicht genug, fügt er hinzu: „Du gehörst ins Altersheim und bist auf der Straße nicht mehr gewünscht!“

Und, sozusagen als Krönung der Beleidigung: „Verwirrter Volltrottel!“

Ein heftiger Tritt aufs Gaspedal und er rast mit röhrendem Brüllen des Motors davon.

Wie sich wohl der Überholende in anderen Verkehrssituationen verhält? Bewahrt er immer einen ‚coolen Kopf‘ oder neigt er dazu, in unangenehmen Situationen aggressiv zu werden?

Andererseits: Bewältigt die überholte Person noch den teilweise aggressiven Straßenverkehr?

Weltfremd

„Die Alten nehmen uns nicht ernst!“ Hinter diesem Vorwurf versteckt sich die Behauptung, dass Befürchtungen, Ängste, Notwendigkeiten, Werte und andere der jüngeren Generation von den Alten weder gesehen, anerkannt, geschweige denn als wichtig bewertet werden.

Der Ältere hört kurz zu und lächelt bedauernd (über die Unbedarftheit des Jüngeren). Er schüttelt nachsichtig das Haupt, um ihm anschließend (bildhaft oder tatsächlich) den Kopf zu streicheln. Das erfolgt nach dem Prinzip:

„Ist ja alles nicht so schlimm.“

„Rege dich nicht auf.“

„Du wirst schon sehen, es regelt sich alles.“

„Werde erst mal so alt, wie ich jetzt bin.“

Gerade die letzte Aussage, den Altersunterschied betreffend, bringt dem Jungen nichts. Die Altersdifferenz kann er nicht verneinen. Sie ist da. Das ist allerdings keinesfalls ein Argument dafür, dass der Ältere recht haben muss.

Erlebt ein Jüngerer solch ein Verhalten ein wiederholtes Mal, wird er sich mit seinen Sorgen dem Älteren gegenüber nicht mehr anvertrauen.

Die beiden Altersgruppen entfernen sich inhaltlich noch mehr voneinander, da sie weniger miteinander kommunizieren.

Von der Realität entrückt?

In vielen Gremien sitzen die Erfahrenen, oft ergraute Koryphäen, die über die Zukunft bestimmen sollen. Der Jüngere ist nicht vertreten, da ihm die Erfahrung fehlt. In solchen Gremien geht es weniger um die eigene Zukunft als um die Zukunft der Jüngeren – und die sind nicht dabei.

Die Jungen haben deshalb oft den Eindruck, dass über ihren Kopf hinweg entschieden wird. Sie meinen, dass ihre eigenen Bedürfnisse nicht verständlich vermittelt werden, geschweige denn in den konstruierten Plänen befriedigt werden können.

Mögliche Lösung: Vernünftige Personen, die in Gremien arbeiten, binden junge Leute mit ein, um aus ‚erster Quelle‘ deren Ansichten und Befürchtungen zu erfahren. Dabei belächeln sie die Jungen nicht, sondern nehmen sie ernst. Auch dann sollten sie sich nicht so ‚geschliffen‘ ausdrucken können wie die Alten.

Die Jungen betrachten eine Sache oder eine Aufgabe aus einem anderen Blickwinkel. Ihre Wahrnehmungen können einen Austausch bereichern.

Killerphrasen

Bei allem ‚Good Will‘ der Älteren sind hin und wieder sogenannte Killerphrasen zu hören wie:

„Das kostet zu viel.“

„Das ist nicht machbar.“

„Das passt nicht ins europäische Gesamtbild.“

Solche Phrasen, die immer wieder bei Diskussionen eingeworfen werden, töten eine Idee oder eine neuartige Betrachtungsweise schon im Ansatz.

Ist der Jüngere rhetorisch untrainiert, lässt er sich mit solch einer ‚killenden Phrase‘ abwimmeln. Es ist leichter, eine Idee verbal kaputtzuhauen, als sie zu durchdenken und eine machbare Strategie zu finden.

Besser wäre zu formulieren:

„Wie können wir das benötigte Geld besagen?“

„Welche Strategie können wir einschlagen?“

„Wie können wir es europakonform gestalten?“

Ob die Zusammenarbeit Jung/Alt im Gremium für beide Seiten Zufriedenstellendes bringen wird? Wer ernsthaftes Interesse an einer Lösung hat, findet in der Regel einen Weg, der zum Ziel führt.

Übersehen

„Durchschnittlich isst jeder hier Lebende x Kilogramm Rindfleisch pro Jahr.“

Im Durchschnitt mag diese Zahl stimmen, sofern sie sich auf die zum Verkauf bestimmte und vorgehaltene Ware bezieht.

Die Zahl berücksichtigt nicht, wie viel als Rest weggeworfen noch was verdorben ist. Dazu benötigte es einer anderen statistischen Zahl.

Das Baby kann kaum ein Steak genießen. Der greise Pflegebedürftige sehr wahrscheinlich auch nicht.

So müssten in der Statistik die ganz jungen und die ganz alten Menschen unberücksichtigt bleiben. Sie müssen unberücksichtigt und damit übersehen werden. Sie zählen also nicht mehr zu den „… isst jeder …“

Viele statistische Zahlen lassen sich durch solche Art Überlegung infrage stellen. „Der Durchschnitts-Deutsche wohnt in einer Wohnung von x Quadratmetern.“ Sind Altersresidenzen bei dieser Berechnung einkalkuliert?

Dienen statistische Zahlen lediglich dem Vergleich zu vorhergegangenen Untersuchungen, mag die Zahl eine Aussagekraft besitzen. Ansonsten ist sie infrage zu stellen.

„Die werberelevante Gruppe der 19 bis 49-jährigen Zuschauern …“ Jüngere und ältere Menschen werden außenvor gelassen. Nur deswegen, weil sie aus Sicht der Werbetreibenden nicht als werberelevante Gruppe eingestuft werden?

Dabei ist bekannt, dass es sehr viele Senioren gibt, die genügend Geld haben, das sie ausgeben möchten. Sie können sehr wohl eine werberelevante Gruppe darstellen.

Einige Model-Agenturen setzen inzwischen bewusst ‚den reifen Menschen‘ als Werbeträger ein. So wird im Ansatz der ältere Mensch ins Bild und damit ins Bewusstsein gerückt.

Unsichtbare Kundin

Frau Steffens, 82 Jahre, berichtet:

„Ich erledige regelmäßig meine kleineren Einkäufe im Supermarkt.“

„Ich kann unbehelligt durch den Laden gehen, die Kassierenden schauen mich noch nicht einmal an.“

„Ich bin sicher, dass sich niemand an mich erinnert, würde jemand nach mir fragen.“

„Ich fühle mich übersehen, ja im wahrsten Sinn des Wortes unsichtbar.“

Frau Steffens lebt mitten unter und mit der Gesellschaft. Trotzdem fühlt sie sich für ihr soziales Umfeld als unsichtbar. „Manchmal fühle ich mich wie ein Geist aus einer anderen Welt, der sich unbemerkt durch das Geschehen bewegt.“

Durch jemanden durchschauen

Herr Holzmann, 79 Jahre, erzählt:

„Ich lebe in einer Großstadt, in dem ich auch meine Erledigungen tätige.“

„Im Fußgängerbereich finden sich immer wieder Personen, die einen Flyer verteilen, ein Interview führen wollen und Ähnliches.“

„Trotz meines gemächlichen Daherschreitens werde ich nie angesprochen.“

„Die Leute schauen sozusagen durch mich durch, so als wäre ich unsichtbar.“

„Bin ich für Umfragen oder Interviews uninteressant?“

„Interessiert meine Meinung nicht mehr?“