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Ein mörderischer Krieger mit flammenden Schwingen, eine Frau, die in ihm den Hunger nach Sieg, Leidenschaft und Schmerz weckt: Der dritte Band von Gena Showalters fesselnder Serie Angels of the Dark! Engelskrieger Thane kennt keine Gnade. Erbarmungslos vernichtet er die Phönixfrau Kendra, die ihn gefesselt, gefoltert und für ihre Gelüste missbraucht hat. Doch selbst der Hass auf Kendra, in Asche vergangen, verblasst neben dem Gefühl, das ihn für deren Sklavin Elin Vale überkommt. Halb Phönix, halb Mensch weckt die zarte Schönheit in dem Himmelskrieger eine nie gekannte Leidenschaft. Es ist Lust, die er mit ihr erleben will, es ist auch ein wütender Hunger nach Sieg, Unterwerfung und Schmerz. Aber es ist noch mehr. Manipuliert ihn Elins halbe Phönixseele, wie es Kendra getan hat? Oder kann es für Thane etwas jenseits aller Qualen geben, das heißer als das dunkle Feuer in ihm brennt?
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Seitenzahl: 608
Gena Showalter
Himmelsfeuer
Roman
Aus dem Amerikanischen von Freya Gehrke
MIRA® TASCHENBUCH
MIRA® TASCHENBÜCHER
erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,
Valentinskamp 24, 20354 Hamburg
Geschäftsführer: Thomas Beckmann
Copyright dieses eBooks © 2014 by MIRA Taschenbuch
in der Harlequin Enterprises GmbH Deutsche Erstveröffentlichung
Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:Burning Dawn
Copyright © 2013 by Gena Showalter
erschienen bei: HQN Books, Toronto
Published by arrangement with
HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l
Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln
Covergestaltung: pecher und soiron, Köln
Redaktion: Tania Krätschmar
Autorenfoto: © Harlequin Enterprises S.A., Schweiz
Titelabbildung: Harlequin Enterprises S.A., Schweiz
ISBN eBook 978-3-95649-366-9
www.mira-taschenbuch.de
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eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.
Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden.
Er lebte Sex. Atmete Sex. Ernährte sich von Sex.
Er war Sex.
Vielleicht war das sein Name.
Nein. Sie nannte ihn nicht so. Sie – sein Herz. Der Grund für seine Existenz.
Wenn sie sich auf ihn setzte und seine pochende Härte Stück für Stück in ihren hungrigen Körper aufnahm, sagte sie immer: „Mein Sklave braucht mich mehr als die Luft zum Atmen, nicht wahr?“
Mein Sklave. Ja. Das war sein Name.
Mein Sklave wollte seine Frau. Verzehrte sich nach ihr wie nach Wasser, um seinen Durst zu lindern.
Muss sie haben.
Für ihn gab es nur sie. Er konnte nicht leben ohne ihren Geruch nach Rauch und Träumen … oder ihre Hitze, als sei er ganz dicht an der Sonne … oder ihre feurigen Krallen. Wie tief jene kleinen Dolche immer in seine bloße Brust schnitten. Und ihre Fangzähne, die so entzückend zwischen ihren Lippen hervorblitzten … wie köstlich sie sich in seine Halsschlagader senkten.
Sie war perfekt, und nur wenn sie bei ihm war, wenn sie Wonne nahm und gab mit ihrem starken Leib, nur dann war der nagende Hunger in seinem Inneren endlich besänftigt.
Muss. Sie. Haben. JETZT.
Aber … Er sah sich um. Sie war nicht bei ihm. Als er versuchte, sich vom Bett zu erheben, spürte er wieder Fesseln an seinen Hand- und Fußgelenken. Kein Seil. Nicht dieses Mal. Zu kalt, zu hart. Stahl? Es war ihm zu unwichtig, als dass er nachgesehen hätte.
Problem. Lösung. Mein Sklave biss die Zähne zusammen und zerrte mit all seiner beachtlichen Kraft. Haut riss, Knochen knackten. Schmerz. Freiheit. Er grinste. Da draußen war seine Frau. Bald schon würde er sie finden. Er würde sich in sie versenken und seine Begierde nach ihr stillen. Wieder und wieder und wieder …
Nichts und niemand würde ihn aufhalten.
„Er hat sich schon wieder losgerissen“, grummelte jemand.
Elin Vale hatte im knietiefen Wasser des Teichs gestanden, Kleider gewaschen und von Salzkaramell-Cupcakes geträumt … und von Brownies mit Sahnehaube … und, oh, oh, oh, von Erdnussbutter-Cookies. Jetzt stapfte sie laut platschend aus dem zu warmen Wasser. Das spröde Gras auf dem Uferstreifen der bezaubernden Oase mitten in der afrikanischen Wüste stach unter ihren bloßen Füßen. Vom klaren Morgenhimmel brannte die Sonne herab, und nach allen Seiten hin erstreckten sich goldene Sanddünen. Sie flüchtete sich in den Schatten unter einen der wenigen Bäume. Mit einer sanften Brise wehte mehr Staub heran, als sie je würde abwaschen können.
Wenigstens gab es einen Silberstreif am Horizont. Durch das tägliche Gratis-Ganzkörperpeeling war ihre von der Sonne gerötete, sommersprossige Haut immer ganz weich und rosig.
Na herzlichen Glückwunsch.
Hätte sie doch bloß ihre Lebensziele genauso einfach erreichen können. 1.) Den Phönix-Kriegern entkommen, die sie gefangen hielten, 2.) zu Geld kommen und 3.) eine Konditorei eröffnen. Dort würde sie jede Leckerei verkaufen, die je erfunden worden war … außer Erdnussbutter-Cookies, denn davon würde sie ihren gesamten Lagerbestand ganz allein vertilgen.
Das Leben wäre über die Maßen großartig. Sie würde tun, was sie liebte, und essen, wonach sie lechzte. Bloß gab es bei der Sache ein winzig kleines Problem. Punkt eins auf ihrer To-do-Liste zu erledigen hatte sich als leicht, nun ja, unmöglich erwiesen. Phönixe waren Unsterbliche, die zu Asche verbrennen und von den Toten auferstehen konnten, stärker als je zuvor. Sie waren grausam. Und ironischerweise absolut kaltblütig. Brandschatzen und Plündern war ihr Lieblingssport, und sie mordeten rein zum Vergnügen.
Elin hatte aus nächster Nähe und nur zu persönlich miterlebt, wozu diese Wesen imstande waren, und selbst jetzt, ein Jahr später, waren die Erinnerungen furchtbar genug, um sie in die Knie zu zwingen. Erinnerungen, die sie nicht unterdrücken konnte … Aufhören, bitte, aufhören … Doch da waren sie, blitzten vor ihrem inneren Auge auf. Der Kopf ihres Vaters, der über die Fliesen rollte – ohne seinen Körper. Bays schmerzerfülltes Stöhnen, mit dem er zu Boden sackte und das bis heute in ihren Ohren widerhallte. Der Anblick des Schwerts, das aus seiner Brust ragte. Die Stille, die sich schwer niedersenkte. Die so sehr gefürchtete Stille.
Selbst jetzt noch raste ihr Herz mit genügend Pferdestärken, dass sie damit Rekorde hätte brechen können. Gleich muss ich mich übergeben.
„Fangt ihn ein!“
Der hektische Schrei war eine willkommene und wundervolle Ablenkung, der einzige Rettungsring in einem Ozean des Entsetzens, und hielt den drohenden Zusammenbruch auf.
Suchend blickte sie sich um – dort.
Er ist umwerfend.
Dank ihres angeblich respektlosen Mundwerks – manche Leute kamen einfach nicht mit der Wahrheit klar – hatte sie die vergangenen zwei Wochen eingezwängt in einem kleinen, modrigen Loch verbracht. Deshalb hatte sie den neuen Gefangenen noch nicht gesehen, der „es wert war, ein Kaiserreich umzustürzen, um ihn in die Finger zu kriegen“.
So lauteten jedenfalls die Worte jeder Frau im Lager.
Zum ersten Mal musste Elin ihren Entführern zustimmen. Der unsterbliche Sklave der Prinzessin war ein Gott unter den Männern.
Er stapfte durch den Sand und fegte kampferprobte Soldaten beiseite, als wären sie Stofftiere. Und das trotz der Tatsache, dass seine Hand- und Fußgelenke aussahen wie Hackfleisch.
Seine Miene war finster, beängstigend, und trotz ihrer Faszination senkte Elin instinktiv den Blick.
Oh, là, là. Was für ein Riesenteil … In keinster Weise war der lederne Lendenschurz des Sklaven in der Lage, das Monstrum zu verhüllen.
Ihr kam die Fähigkeit zu atmen abhanden. Wer hätte ahnen können, dass es Penisse tatsächlich in solchen Übergrößen gab, wie sie in den Liebesromanen immer beschrieben wurden? Und, gütiger Gott, als sich der Fetzen Leder hob … und hob … und schließlich zur Seite fiel, sah sie etwas Silbernes aufblitzen. War seine Eichel etwa … War sie! Sie war wirklich und wahrhaftig gepierct und wurde von einem langen silbernen Barbell geschmückt.
Ihr wurden die Knie weich.
Jetzt schänden wir also schon den Sklaven der Prinzessin mit Blicken, Vale? Ernsthaft? Hör auf damit!
Erstens stand die Todesstrafe darauf, sich lüsternen Gedanken über den Mann einer anderen Frau hinzugeben. Zweitens war es zu einhundert Prozent ekelhaft.
Deshalb würde sie wegsehen … gleich, sofort. Einen Blick auf den Rest von ihm, das war alles, was sie brauchte. Er war mindestens zwei Meter groß, pure männliche Aggression. Seine Muskelmasse schrie förmlich: Wage es, dich mir zu widersetzen, und du wirst meinen Zorn zu spüren bekommen. Ein jahrhundertealter Krieger mit Leib und Seele. Aber was in Wahrheit ihre Aufmerksamkeit fesselte – abgesehen von seinem Riesenteil –, waren die gefiederten Flügel in strahlendem Perlweiß und Gold, die sich über breiten, gebräunten Schultern erhoben. Wirkliche und wahrhaftige Flügel, würdig des Kostbarsten aller Engel.
Aber wenn sie dem Geflüster und Gekicher Glauben schenken konnte, das sie über den Mann vernommen hatte, war er kein echter Engel – und wenn sie ihn so nennen würde, wäre es eine Beleidigung, denn Engel standen in der Rangfolge weiter unten. Er war ein Himmelsgesandter. Ein Adoptivsohn des Höchsten, des Herrschers über das erhabenste der Himmelreiche.
Gesandte waren ausgezeichnete Jäger und gnadenlose Dämonenmörder. Verteidiger der Schwachen und Hilflosen. So unerbittlich ehrlich, dass es an Grausamkeit grenzte. Und okay, das war eine Liste reinster Großartigkeit. Aber die Eigenschaften, die diesem speziellen Exemplar nachgesagt wurden – kalt, berechnend und wahnsinnig – waren gar nicht großartig.
Scheinbar lachte er, wenn er seine Feinde tötete … und lachte, wenn er seine Freunde tötete.
Aber … das konnte nicht stimmen. Oder? Er war zu hübsch, um so grausam zu sein.
Warst du schon immer so oberflächlich?
Was? Sie war ausgehungert. Man wurde eben ein bisschen matschig in der Birne, wenn der Körper darbte.
Na ja, es ist ja nun nicht so, als könntest du dir mit dem Sahneschnittchen da den Bauch vollschlagen.
Wie dem auch sein mochte. Dem Hörensagen nach gehörte er zur Unheilsarmee, einer der sieben himmlischen Verteidigungsstreitmächte des Höchsten. Sechs dieser Streitmächte wurden respektiert und bewundert. Die UHA nicht so sehr. Sie bestand aus einem Haufen wilder, unbezähmbarer Söldner, die kurz davor standen, ihr Zuhause, ihre Flügel und ihre Unsterblichkeit zu verlieren; mit anderen Worten: eine rote Karte für unanständiges Benehmen zu kassieren.
Um die zwanzig Männer und Frauen, die ein Jahr Bewährung hatten und deren Taten über diesen Zeitraum haargenau beobachtet wurden. Wenn sie noch ein einziges Mal Mist bauten, wäre der Zug abgefahren.
Doch damit war die Gerüchteküche noch nicht erschöpft. Der Mann direkt unter dem Höchsten hieß Germanus, und er war der Herr der Himmelsgesandten. Na ja, gewesen. Vor Kurzem war Germanus von Dämonen ermordet worden. Doch vor seinem Tod hatte er die Elite der Sieben befehligt: sieben Männer und Frauen, welche die Härtesten der Harten waren, die Anführer jener sieben Streitmächte. Nach Germanus’ Dahinscheiden hatte der Höchste einen neuen zweiten Befehlshaber ernannt, Clerici, und dieser Clerici hatte einige seit langer Zeit bestehende Regeln überarbeitet.
Vorher: Fügt nichts und niemandem außer Dämonen ein Leid zu.
Nachher: Außer wenn ein Himmelsgesandter gegen seinen Willen festgehalten wird.
Dann, und nur dann, konnte das gesamte Volk die Alle-abschlachten-Karte zücken.
Was Elin daraus schloss: Sobald die Armeekumpels von Sex-auf-zwei-Beinen herausfänden, was mit ihm geschehen war, würde das gesamte Lager in Blut baden. Und – wenn die Sache mit den ausgezeichneten Jägern stimmte – würde der Badetag nicht mehr lang auf sich warten lassen.
Bis dahin muss ich hier verschwunden sein.
„Weib!“, bellte er mit einer Stimme, die ungemein rauchig klang. Und doch troff schon dieses eine Wort vor Befehlskraft, Erwartung und roher, animalischer Fleischeslust.
Elin durchlief ein Schauer lebhafter Vorahnung.
Jetzt reagierst du auch noch auf ihn? Warum hackst du dir nicht gleich selbst den Kopf ab und lässt es gut sein?
Er gehörte Kendra, der Fröhlichen Witwe, Prinzessin des Firebird-Clans. Sie hatte ihn abhängig gemacht von dem Gift, das ihr Körper produzierte – einer nicht tödlichen Substanz, die schlimmer war als jede Droge und dafür sorgte, dass er sich nach ihrer Berührung verzehrte. Dann hatte sie sein Schicksal besiegelt, indem sie ihn dazu verleitet hatte, sie umzubringen.
Bei Kendra war der Tod der Anfang und das Ende aller Dinge.
Kurz nach ihrem letzten Atemzug war sie zu Asche verbrannt, hatte sich erneuert und war wiederauferstanden, und damit war das Band zwischen Herrin und Sklave endgültig geworden.
Offenbar hatte sie mit sechs ihrer Ehemänner dasselbe gemacht – und tat es jetzt dem siebten an, der allerdings im Augenblick nicht im Lager war, der glückliche kleine Scheißer. Denn wenn sie ihrer Männer müde wurde, schnitt sie ihnen das Herz aus der Brust … und aß es, um sicherzustellen, dass sie tot blieben.
Ein Schauer kroch Elin über den Rücken.
Zur Strafe hatte der verstorbene König Krull, Kendras Vater, ihr Sklavenketten angelegt, um ihre Fähigkeiten auszuschalten, und sie dann auf dem Schwarzmarkt verkauft.
Wo und wann der Gesandte ins Spiel gekommen war, konnte Elin nicht sagen. Sie wusste nur, dass er Kendra Jahrzehnte später ins Lager zurückgebracht hatte – indem er sie einfach hatte fallen lassen und danach weggeflogen war. Da Krull geglaubt hatte, die Zeit in der Fremde hätte sie weicher gemacht, hatte er ihr die Ketten abgenommen und sie seinem zweiten Stellvertreter zur Frau gegeben, Ricker dem Kriegsvollender.
Doch wieder im Vollbesitz ihrer Kräfte war sie in der Lage gewesen, Ricker von ihrem Gift abhängig zu machen und sich seine Erlaubnis zu holen, das Lager zu verlassen, um den Gesandten aufzuspüren.
Ja, so ein Schatz war die Prinzessin.
„Weib! Jetzt!“
Elin schluckte ein verträumtes Seufzen hinunter. Selbst mit dem Zorn und Frust, die darin mitschwangen, weckte die Stimme des Himmelsgesandten in ihr Bilder von Erdbeeren, frisch überzogen mit warmer, aromatischer Schokolade. Mmmh. Schokolade.
Vielleicht sollte ich ihm helfen.
Aus heiterem Himmel kam ihr der Gedanke – und überraschte sie vollkommen. Mut war nicht gerade eine ihrer Stärken, und um effektiv zu sein, würde sie ihr Leben aufs Spiel setzen müssen. Aber wenn es ihr gelänge, den Mann von den Fesseln der Prinzessin zu befreien, würde sie ihn benutzen können, um zu fliehen.
Elin grübelte über jedes Fitzelchen Information nach, das sie während ihrer Gefangenschaft hatte aufschnappen können, doch es gab nur einige wenige Möglichkeiten, ihn zu befreien. Und keine davon war besonders hilfreich. Sie konnte ihn töten, aber das würde ihrem Plan irgendwie Sand ins Getriebe streuen, denn er würde nicht wiederauferstehen. Sie konnte Kendra (noch mal) töten, aber die Prinzessin würde wiederauferstehen, und damit hätte Elin eine erbitterte Feindin für den Rest ihres (vermutlich) kurzen, (definitiv) elenden Lebens. Denn genau wie für den Gesandten bedeutete der Tod auch für sie das Ende.
Elin war zur Hälfte Phönix, zur Hälfte ein „schwacher, erbärmlicher Mensch“, und ihre gemischte Herkunft hatte ihr keinerlei Fähigkeiten beschert. Und das war ätzend, denn hier – eigentlich in jeder Gemeinschaft von Unsterblichen – galten Halbblute als Missgeburten, wider die Natur. Ein Schandfleck für ihr Volk. Eine Bedrohung für die Kraft der Blutlinie.
Sie hatte gewusst, dass sie zur Hälfte eine Unsterbliche war, doch sie hatte keine Ahnung gehabt, dass man sie so verabscheuen würde. In seliger Unwissenheit hatte sie vor sich hin gelebt, bis vor etwas mehr als einem Jahr eine Gruppe von Phönixen ihre Mutter Renlay überfallen hatte. Und alles nur, weil ihre Mutter – eine Vollblutsoldatin – sich in Elins Vater – einen Menschen – verliebt und ihren Clan verlassen hatte, um mit ihm zusammen sein zu können. Zur Strafe hatten die Phönixe Elins Vater ermordet, genau wie den lieben, unschuldigen Bay.
So ein überwältigender Verlust … Sie versuchte, den Kloß zu ignorieren, der in ihrer Kehle wuchs.
Man hatte sie und Renlay gefangen genommen. Dann, vor vier Monaten, hatte Renlay der letzte Tod ereilt. Irgendwann erwischte es jeden Phönix – selbst wenn sein Herz nicht verspeist wurde. Und damit war Elin allein gewesen, so allein, hatte aufs Grausamste gelitten, hatte mit Einsamkeit, mit Trauer, mit Kummer gekämpft. Mit herzzerreißender Pein.
Oh, diese Pein. Sie war ihr ständiger Begleiter. Grausam und gnadenlos verdunkelte sie ihre Tage und tränkte ihre Nächte mit Tränen.
Um ehrlich zu sein, reichten die Prügel und Erniedrigungen nicht einmal ansatzweise an die Folter ihrer Emotionen heran. Nicht einmal, als man sie wie einen Hund behandelt und ihr befohlen hatte, ihr Essen auf allen vieren herunterzuschlingen, ohne die Hände zu benutzen. Und auch nicht, als man sie gezwungen hatte, ihre Blase vor den Augen eines gackernden Publikums zu erleichtern.
Elin blinzelte ein paar Tränen fort.
Auf eine kranke, verdrehte Weise waren ihr die Misshandlungen wohl sogar irgendwie … willkommen. Schließlich hatte sie das alles verdient. Ihre Eltern und Bay waren stark und tapfer gewesen. Sie dagegen war nichts als ein schwächlicher Feigling.
Warum hatte sie überlebt und nicht ihre Familie?
Warum lebte sie immer noch?
Als wüsstest du das nicht.
Die letzten Worte ihrer Mutter hallten in ihren Gedanken wider. Was auch immer nötig ist, mein Liebling, tu es. Überlebe. Lass nicht zu, dass mein Opfer vergebens war.
„Weib! Brauche. Jetzt.“ Wieder riss der Gesandte sie aus der Vergangenheit. Er näherte sich dem Wasser … näherte sich ihr …
Bald wäre er an ihr vorbei und dann wäre die Gelegenheit vertan …
Ihre Hand zuckte, als sie hin und her überlegte, ob sie die Glasscherbe zücken sollte, die ihr eine andere Gefangene – die längst fort war – gegeben hatte. Eine Scherbe, die sie in den Falten ihres Lederkleids verborgen hielt, nur für den Fall, dass einer der Männer beschloss, mit dem Glotzen aufzuhören und mit dem Tatschen anzufangen. Wenn sie die Obsession des Gesandten lange genug durchbrechen wollte, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen, würde sie etwas Drastisches tun müssen. Vielleicht würde es klappen, wenn sie ihn schnitt. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht würde es ihn wütend machen, sodass er ihr mit einer einzigen Handbewegung das Genick bräche.
Sollte sie die Strafe riskieren? Den Tod?
Zeit, dich zu entscheiden.
Pro: Einen besseren Zeitpunkt für eine Flucht würde es nicht geben. Viele im Lager waren abgelenkt, denn König Ardeo – der dem verstorbenen Krull auf den Thron gefolgt war – hatte seine loyalsten Männer wer weiß wohin mitgenommen, um Jagd auf Petra zu machen, Kendras Tante. Sie war die Phönix, die Malta ermordet hatte: Krulls Witwe, Kendras Mutter und für kurze Zeit die meistgeliebte Konkubine Ardeos.
Puh! Was für ein Labyrinth von Namen.
Ardeo hatte Jahrhunderte darauf gewartet, Malta für sich beanspruchen zu können. Doch nur zwei Tage später hatte er sie verloren, als die eifersüchtige Petra sie im Schlaf erdolcht – und sich ganz nach Kendras Wie-werde-ich-zum-Psycho-Philosophie ihr Herz einverleibt hatte.
Kontra: Elin hatte kein „Frost“, ein neues „Medikament“ für Unsterbliche, das als einziges Gegenmittel für Kendras Gift galt.
Pro: Möglicherweise könnte sie sich etwas davon besorgen. Kurz nach Kendras Hochzeit mit Ricker hatte Krull eine Handvoll der hilfreichen Würfel gekauft. Dieser Tage trug Kendra sie in einem Medaillon mit sich herum, das sie nie ablegte.
Wenn es Elin gelänge, dieses Medaillon zu stehlen …
Ein weiteres Pro: Sie würde sich nie wieder wegen Orson sorgen müssen.
Im Augenblick war er mit Ardeo unterwegs, aber wenn er zurückkehrte …
Ihr lief ein Schauer über den Rücken, als sie sich an seine Abschiedsworte erinnerte. „Ich werde dich durchnehmen, Halbblut, und zwar auf eine Art, bei der ganz sicher keine Babys entstehen.“
Widerlicher Bastard!
Kontra: Sie könnte eines grausamen Todes sterben.
Der Gesandte war beinahe bei ihr. Jede Sekunde …
Wäre ihre Mutter noch am Leben, sie hätte Elin angefeuert, einfach zu machen und das Risiko zu ignorieren.
Also gut. Die Entscheidung ist gefallen.
So schnell ihre Reflexe es zuließen, umklammerte Elin die Scherbe und zog die gezackte Kante über den Arm des Himmelsgesandten.
Als grellrotes Blut über seine Haut tröpfelte, musste sie würgen. Schwindel packte sie, und in ihrer Brust erblühte eine beißende Enge.
Panik … drohte sie zu verschlingen … Schon waren ihre Atemwege wie zugeschnürt …
Nein! Diesmal nicht. Sie konzentrierte sich auf ihre Lebensziele – Freiheit, Geld, Konditorei –, atmete bewusst ein und aus, und der Sturm zog vorüber.
Der Gesandte kam abrupt zum Stehen.
Er ist ein Sklave, genau wie ich, und ich bin seine einzige Hoffnung. Himmel noch eins, er ist meine einzige Hoffnung. Ich kann das. Für meine Familie.
Als er den Kopf wandte und sie über den Bogen seines Flügels hinweg anschaute, erbebte sie. Lockiges blondes Haar umspielte unschuldig das Gesicht eines geborenen Verführers … exquisit, makellos. Seine Augen mit dem Schlafzimmerblick hingegen waren halb geschlossen und verlockten jede Frau zu den unartigsten Dingen.
Für dich würde ich alles tun …
Schade bloß, dass diese Augen zu giftumnebelt waren, um ihre Farbe erkennen zu können. Lange, spitze Wimpern von tiefstem Schwarz umrahmten seinen Blick, und seine vollen, weichen Lippen bettelten praktisch um verwegene Küsse.
Um seinen Hals zog sich ein Ring aus grausigen Narben, und sie runzelte die Stirn. Normalerweise blieb auf der Haut eines Unsterblichen von keiner Verletzung, egal wie groß oder klein, eine Spur zurück. Hatte jemand versucht, ihn umzubringen, bevor er alt genug gewesen war, um sich zu regenerieren?
Doch selbst mit diesem Makel war er wunderschön. Ein Augenschmaus. Ein kostbarer optischer Leckerbissen. Eine Delikatesse, die es zu genießen galt. Und schon wieder fällt mir das Atmen schwer, ich ertrinke, ertrinke allen Ernstes in seiner überwältigenden Männlichkeit, und jetzt in Schuldgefühlen … Kummer … Seit Bay habe ich keinen Mann mehr begehrt, allerliebster Bay, mit dem ich gerade mal drei Monate verheiratet war, und jetzt ist er tot, und ich sollte mich schämen …
„Frau.“
Seine rauchige Stimme traf sie unvorbereitet. Was zum Geier mache ich hier? Konzentration!
„Wie heißt du?“, fragte sie und spürte, wie die Worte in ihrem Hals kratzten.
Mit finsterer Miene wandte der Krieger sich ihr ganz zu.
Notiz an mich: Seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen ist ein Fehler.
Sein Gesichtsausdruck war auf mehr Arten beängstigend, als sie in Worte fassen konnte. Heiß und dunkel, aufgeladen mit den bösartigsten Absichten. Sie schluckte und wappnete sich dafür, beiseitegeschleudert zu werden wie jeder andere, der töricht genug gewesen war, sich mit ihm anzulegen. Vielleicht würde er ihr aber auch vorher noch die Eingeweide rausreißen.
Stattdessen streckte er die Hand aus, um eine Strähne ihres Haars zwischen die Finger zu nehmen. Auf seiner bronzenen Haut bildete die dunkle Farbe einen faszinierenden Kontrast. Seine bedrohliche Miene wurde sanfter. „Hübsch.“
Ihr rebellisches Herz hüpfte ihr bis in die immer noch raue Kehle. Ein anderes lebendes Wesen, das sie berührte, ohne die Absicht, ihr Leid zuzufügen … Ein herrliches Kribbeln … So verflixt gut.
Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie ausgehungert sie nach jeglicher Form der Zuneigung war.
Aus der Ferne ertönte ein Ruf, und er fuhr zusammen und ließ den Arm wieder sinken. Mühsam schluckte sie ein jämmerliches Wimmern hinunter. Wie eine Abhängige sehnte sie sich schon jetzt nach mehr von ihm. Nichts Sexuelles. Das niemals. Bay würde ihr erster und letzter Liebhaber bleiben. Für sie würde es keine zweite Chance geben. Aber sie konnte nicht anders, als sich nach den großen, starken Händen des Gesandten auf ihrer Haut zu verzehren … Vielleicht, wie er ihr den Nacken kraulte … oder ihre schmerzenden Schultern massierte … Nein, ihre Füße … als Freund! Nur als Freund.
Ein Freund mit einem berauschenden Körper, der aus purem Gold gegossen sein musste.
Themawechsel!
Schon drehte er sich um und wollte seinen Marsch wieder aufnehmen, Elin längst vergessen. Nein! Sie versuchte, die Finger um seinen Bizeps zu legen, schaffte es jedoch nicht. Er war so riesig, seine Muskeln so angespannt vor Entschlossenheit. Aber, oh, war seine Haut köstlich warm und geschmeidig.
„Bitte. Wie heißt du?“, wisperte sie. „Denk nach.“
Wieder hielt er inne. Er neigte den Kopf zur Seite, als dächte er ernsthaft über die Frage nach. „Ich bin Mein Sklave.“
„Falsch. Wie ist dein richtiger Name?“ Je länger er über die Antwort nachdachte, desto schneller würde er sich aus dem Nebel freikämpfen können. Ohne die Hilfe eines Medikaments, das sie möglicherweise würde stehlen können.
„Mein Sklave“, wiederholte er und wirkte langsam zornig.
O-kay. Botschaft angekommen. Ende der Unterhaltung.
Er machte sich wieder auf den Weg, als ein Trupp von Phönix-Soldaten sich anschlich, deren Entschlossenheit, ihn mit allen Mitteln dingfest zu machen, in jeder Bewegung unverkennbar war.
Er warf sie so mühelos beiseite wie alle anderen davor.
Auf der Jagd nach seiner Beute zerfetzte er mehrere Zelte.
Im fünften davon saß die berüchtigte Kendra vor einem Schminktisch und bürstete sich das goldrot gesträhnte Haar. Als der Gesandte sich ihr näherte, verdrehte sie die Augen.
„Du hattest nicht die Erlaubnis, dein Bett zu verlassen.“ Sie erhob sich und funkelte ihn an. „Deshalb muss ich dich disziplinieren.“ Mit den Fingerspitzen trommelte sie gegen ihr Kinn. „Lass mich überlegen, was angebracht wäre … Ich weiß. Du wirst eine ganze Nacht getrennt von mir verbringen.“
Oh nein. Nicht das. Alles, nur nicht das, dachte Elin trocken.
Ein dumpfes Knurren stieg aus seiner Brust empor, als er Kendra bei der Taille packte, herumwirbelte und auf die Matratze warf. Kraftvoll spielten die Muskeln auf seinem Rücken und an seinen Beinen. „Mein Sklave will seine Frau.“
„Thane!“ Hastig zog Kendra die Knie unter den Körper, doch in ihrem Blick glomm Erregung. „Mich anzufassen hatte ich dir genauso wenig erlaubt, wie das Bett zu verlassen. Wenn du das noch einmal machst, werde ich dir den Luxus meines Körpers für eine ganze Woche verweigern müssen.“
Thane. Sein Name war Thane. So verführerisch wie der Mann selbst.
Schwer und hektisch atmend trat er vor seine Herrin, die Hände zu Fäusten geballt. Elin konnte sich denken, in welchem Dilemma er steckte. Er wollte der Prinzessin gehorchen, aber gleichzeitig wollte – brauchte – er, was nur sie ihm geben konnte.
„Dazu hast du nichts mehr zu sagen? Oh, wie tief du gefallen bist von deinem hohen Ross“, gurrte Kendra und fuhr mit der Fingerspitze an seiner Brust hinab. Ihr Publikum hatte sie offenbar vergessen – oder es war ihr schlicht egal. „Ich wünschte, der Mann, der du warst, könnte dem Mann begegnen, der du geworden bist. Dann würdest du begreifen, wie verzweifelt du dich nach der Frau verzehrst, die du einst verschmäht hast.“ Einen Moment lang dachte sie nach, dann erhellte sich ihre Miene. „Du hast Glück. Ich kann ein Treffen arrangieren.“ Flink öffnete sie das Medaillon, das sie um den Hals trug, und kratzte ein paar Krümel Frost auf ihre Fingerspitze.
„Mund auf“, kommandierte sie, und er gehorchte.
Lustvoll stöhnte er auf, als sie die Krümel auf seiner Zunge verrieb.
Durch eine so winzige Dosis würde er seine Lage erkennen, zumindest für eine kurze Zeit, wäre aber unfähig, sich den Bedürfnissen seines Körpers zu widersetzen. Um das Band zwischen Herrin und Sklave zu durchtrennen, bräuchte es weit mehr.
Angespannt beobachtete Elin ihn. Was würde geschehen, wenn ihn die Erkenntnis traf?
Es verstrich eine Minute. Dann noch eine. Dann warf er den Kopf in den Nacken und brüllte voll ungezügelter Rage.
Das Frost hatte gewirkt. Soeben hatte ein Teil von ihm begriffen, was aus ihm geworden war.
Elin schlug sich die Hand vor den Mund, um einen Ausruf des Mitleids zu ersticken.
„Ganz genau. Du betest die Frau an, die du verabscheust.“ Grinsend streckte Kendra sich auf dem Bett aus. „Ich hab’s mir anders überlegt. Du wirst mich nehmen, mein Sklave. Du wirst mich jetzt nehmen, während dein Geist mich verflucht.“
„Nein“, fauchte er, während er schon seine Erektion rieb.
„Oh doch. Tu es.“ Ihr Tonfall wurde härter. „Sofort.“
Mit zusammengebissenen Zähnen, als focht er einen innerlichen Kampf aus, riss er an ihrem Tanktop und ihren Shorts.
Wie ging er mit Frauen um, wenn er nicht unter ihrem Bann stand? Sanft? Würde es ihm etwas ausmachen, dass andere ihm beim Sex zusahen? Oder dass seine Geliebte eigentlich einem anderen gehörte?
„Ist das nicht toll?“, schnurrte Kendra. Noch nie hatte jemand eine derartige Bösartigkeit ausgestrahlt.
Wodurch war sie zu … so etwas geworden?
Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr. Sie war, was sie war.
Das waren sie alle.
Das Einmaleins des Überlebens. Kopf einziehen. Nichts sehen. Nichts sagen.
„Hasse dich“, spie Thane seiner Herrin entgegen.
Kendra lachte. „Tatsächlich? Wo du mich doch so allumfassend liebst?“
Krach. Elins Blick ruckte nach oben. Gerade hatte der Krieger ein Loch ins Kopfteil des Betts geschlagen.
„Na, na. So etwas wollen wir hier nicht“, gurrte Kendra. „Du hast einen Befehl bekommen. Führ ihn aus.“
Grob drehte Thane sie um und drückte ihr Gesicht in die Kissen. Er wollte sie nicht ansehen, obwohl er sich nach ihr verzehrte? Mit dem Knie schob er ihre Beine auseinander, und Kendra lachte erneut.
„Genau, wie ich es mag“, stichelte sie und wandte den Kopf, um ihm ein selbstzufriedenes Grinsen zuzuwerfen.
Er drehte das Gesicht zur Seite, und Elin sah die Erniedrigung und den Ekel, die seine Züge verzerrten.
Durch ihr Inneres raste ein widersprüchlicher Sturm der Gefühle. Mitleid, dass er zu so etwas gezwungen wurde. Zorn, dass Kendra ihn so behandelte. Und pure Entschlossenheit. Er war ein Sklave, genau wie sie, und er brauchte einen Retter.
Vergiss den Überlebensinstinkt.
Elin rannte ins Zelt. „Halt. Bitte, Thane. Hör auf.“
Stumm packte er seinen Penis an der Wurzel und positionierte sich, um in Kendra einzudringen.
„Thane!“, schrie sie und versuchte es noch einmal. Kämpf gegen Kendras Anziehungskraft an. Gib ihr nicht, was sie will.
Er hielt inne, kurz bevor es zu spät war, und sein gesamter Körper vibrierte förmlich, als er sich gegen die Zwänge stemmte, die sich in ihm aufbäumten.
„Bitte“, wiederholte sie und legte eine Hand an seine Schulter. „Du musst das nicht tun.“
Scharf atmete er ein, dass sich seine Nasenflügel weiteten. Dann leckte er sich die Lippen, als hätte er gerade ein verlockenderes Gericht erschnuppert.
Mich? hätte sie beinahe gequiekt.
„Wie kannst du es wagen, meinen Sklaven anzusprechen, Mensch?“ Blitzschnell holte Kendra mit einer Klaue aus, um Elins Oberschenkel aufzureißen. Nur dass Thane die Prinzessin beim Handgelenk packte und Elin vor einer zertrennten Oberschenkelarterie bewahrte. „Au! Lass los.“
„Nicht … wehtun“, presste er hervor.
In diesem Moment kamen die Phönix-Wachen zu sich und begriffen, dass sie ihre Prinzessin beschützen mussten. Wie ein Mann griffen sie Thane an und rissen Elin von ihm fort.
Beim Anblick des Angriffs drehte sich ihr der Magen um, und mit einem schwindligen Gefühl im Kopf krabbelte sie hastig vom Kampf fort, um schließlich mit zittrigen Knien zurück in den Teich zu waten. Sie glitt unter die Oberfläche, tauchte vollständig unter und schwor sich, so lange unter Wasser zu bleiben, wie ihre Lungen es zuließen.
Feigling!
Ja. Ja, das war sie. Aber es gab nichts, was sie dagegen tun konnte. Gewalt war ihr Kryptonit, und wenn sie sich nicht versteckte, wenn sie sie geschehen sah, würde sie zusammenbrechen.
Bist du das nicht schon längst?
Wenigstens würden sie Thanes Leben verschonen. Bei seiner Ankunft im Lager war er noch klar genug gewesen, um zu begreifen, dass er mitten in einem Aufruhr gelandet war – und hatte Krull getötet, der nicht mehr wiederauferstehen würde. Nie wieder.
Kendra hatte für das bestraft werden sollen, was sie mit Ricker gemacht hatte, und um ihrer Strafe zu entgehen, hatte sie sich auf ihre alten Gewohnheiten besonnen und das Herz des einstigen Königs verspeist. Daraufhin hatte Ardeo den Thron bestiegen, und zum Dank für Thanes Rolle bei der ganzen Sache hatte er dem Himmelsgesandten ewiges Leben unter den Phönixen gewährt. Als Sklave, ja, aber immerhin Leben.
Brennende … Lungen …
Keuchend schoss Elin nach oben, um nach Luft zu schnappen, und stellte erleichtert fest, dass Thane und die Krieger fort waren. Sie wischte sich die Wassertropfen aus den Wimpern und watete ans Ufer.
„Menschenweib!“, schrie Kendra. „Wir haben was zu besprechen.“
Oh-oh. Zeit für meine nächste Tracht Prügel.
In ihrem Kopf wirbelte bereits ein neuer Plan herum. Halte aus, was auch immer jetzt kommt, erhol dich und stiehl die Würfel aus dem Medaillon. Irgendwann muss Kendra schlafen.
Thane würde wieder zu Sinnen kommen und sich den Weg freikämpfen. Dankbar für ihre Dienste würde er Elin mitnehmen. Und endlich würde sie ihr neues Leben beginnen können.
Neue Fesseln. Selbes Problem.
Selbe Lösung.
Mein Sklave riss sich los, auf in die Freiheit, und ignorierte die Schmerzen, die durch seinen Leib zuckten. Unaufhaltsam stürmte er auf den Ausgang des Zelts zu. Er wollte seine Frau so verzweifelt, dass …
Kurzzeitig abgelenkt stolperte er ein paar Schritte zurück. Er runzelte die Stirn. Gerade war ihm etwas Kleines, Eckiges und Kaltes in den Mund geschoben worden; es war süß. Er mochte es. Außerdem zog da ein seltsames Gewicht an seinen Schultern. Warum?
Er machte eine Bestandsaufnahme. Eine Frau hatte die Arme um ihn geschlungen und presste ihren kleinen Körper an ihn, während ihre Füße in der Luft baumelten.
Neues Problem.
Neue Lösung. Er packte sie bei der Taille, fest entschlossen, sie über seine Schulter zu werfen. Doch dann registrierte er ihre süßen Kurven, und abrupt überlegte er es sich anders. Sie war zierlich, wie eine exquisite Porzellanfigur, die dringend Schutz brauchte.
Er glaubte nicht, dass er je zuvor etwas so Zartes in Händen gehalten hatte.
Vorsichtig, ganz vorsichtig, legte er die Arme um sie und hielt sie an sich gedrückt, benutzte seinen Leib als Schutzschild gegen den Rest der Welt. Er würde sie beschützen.
Überrascht holte sie Luft, als hätte sie nicht mit der Umarmung gerechnet. „Dein Name ist Thane. Erinnere dich. Bitte.“
Ihre Stimme – er erkannte sie wieder. Sie war ungewöhnlich heiser, als hätte sie gerade den intensivsten Orgasmus ihres Lebens gehabt und würde sterben, wenn sie nicht gleich noch einen bekäme. Und dieser Tonfall hatte sich über die vergangenen sechs Nächte in jeden seiner Träume geschlichen, hatte etwas in ihm zum Leben erweckt … etwas beinahe Zärtliches … hatte ihn angetrieben, ihn erregt.
Eine Erregung, die er nicht verstand. Sie war nicht seine Frau.
„Thane“, hauchte sie zittrig. „Dein Name ist Thane. Kendra hat deine Dosis mindestens verdreifacht, also bitte konzentrier dich auf die Kälte, die sich gerade in dir ausbreitet. Spürst du sie? Spürst du die Kälte?“
Die Kälte – ja. Sein Inneres war von einer dünnen Eisschicht überzogen. „Ja.“
„Gut. Jetzt konzentrier dich auf mich“, bat sie, und er konnte nichts anderes tun, als ihr zu gehorchen. „Hör zu, was ich dir sage. Du bist ein Himmelsgesandter. Du bist nicht aus freiem Willen hier. Du wurdest unter Drogen gesetzt. Du stehst immer noch unter Drogen. Die Frau, die du begehrst, hat dich zu einem Gefangenen der Phönixe gemacht. Des Firebird-Clans.“
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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