Angst verstehen und überwinden - Klaus Rudolf Berger - E-Book

Angst verstehen und überwinden E-Book

Klaus Rudolf Berger

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Beschreibung

Angst vor der Zukunft, Angst vor Menschen, Tieren, Krankheiten, Situationen – von Angst bleibt niemand verschont, auch nicht der Christ. Mit dem vorliegenden Buch will Klaus R. Berger dem Leser die Angst vor der Angst nehmen. Er will sie durchschaubar machen und ihr die Aura des Mysteriösen entreißen, dem man sich ohnmächtig ausgeliefert fühlt. Aber wer nach Lösungen sucht, muss das Problem möglichst genau kennen. Deshalb leuchtet Berger unterschiedliche Erscheinungsformen der Angst aus und erklärt ausführlich, wie und warum sie entstehen. Anhand der Bibel werden schließlich gezielte, wirksame Hilfen erarbeitet - zur eigenständigen Bewältigung der Angst. Denn wer seine Ängste selbst kontrollieren und mit Gottes Hilfe überwinden kann, vollzieht einen großen Schritt in Richtung auf ein befreites, erfülltes Leben.

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Angst verstehen und überwinden

Klaus R. Berger

Impressum

© 2015 Folgen Verlag, Wensin

Autor: Klaus R. Berger

Cover: Peter Voth, Düren

Lektorat: Mark Rehfuss, Schwäbisch Gmünd

ISBN: 978-3-944187-96-9

Verlags-Seite: www.folgenverlag.de

Kontakt: [email protected]

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Gary und Annette Vincelette

In Erinnerung an unsere Begegnungen

Inhalt

Einleitung

I. Angst – was ist das eigentlich?

Information aus der Wortgeschichte

Unterscheidung zwischen Angst und Furcht

Die Entstehung von Ängsten

II. Erscheinungsformen der Angst

III. Umgang mit unseren Ängsten: medizinisch, psychologisch, pädagogisch gesehen

IV. Angst: Verlust von Geborgenheit

V. Bewältigung der Angst ist mehr als Verhaltenstraining

VI. Überwindung der Angst

Nachwort

»Herr, ich kann mich freuen! Ich habe keine Erklärung dafür. Ich weiß nur: Das ist das Zeichen deines Geistes. Indem ich mich allein auf dich verlasse, verstehe ich, dass du mir meine Sorge und Angst abgenommen hast und Frieden und Vertrauen von dir sind.«

Verfasser unbekannt

»Der persönliche Kontakt mit dem Menschen, der uns unbedingt lieb hat, schafft ›Geborgenheit‹, und nur diese ist imstande, die Angst zu überwinden.«

Theodor Bovet

»Der Glaube glaubt gegen das Schicksal, gegen die Angst, gegen die Anfechtung;

Einleitung

Am frühen Morgen des 15. April 1986 fielen auf die libyschen Städte Tripolis und Bengasi Bomben, abgeworfen von amerikanischen Flugzeugen. Die schlafenden Bewohner wurden brutal aus ihrem Schlummer geweckt. Fernando Orgambides berichtet:

»Das Drama begann um zwei Uhr morgens, als die Stadt schlief und nur noch im Hotel Al Kabir, genauer: in den Zimmern der ausländischen Journalisten, Betrieb herrschte. Plötzlich ertönten Detonationen; am Himmel konnte man den Zickzack-Kurs verschiedener Flugzeuge erkennen. Sie wurden im Lichte der Leuchtraketen sichtbar, die unmittelbar danach von den Flakstellungen abgefeuert wurden. Es waren höllische Minuten. Die Flugzeuge warfen in zwei Wellen ihre Bomben ab und wurden von Geschossen verfolgt, während zur gleichen Zeit die ganze Stadt erzitterte und der Lärm der zusammenstürzenden Gebäude und zerspringenden Glasscheiben alles übertönte.«1

Wie mögen die betroffenen Menschen dieses unerwartet über sie herfallende Inferno aufgenommen haben? In wie vielen Häusern, auf wie vielen Straßen und Plätzen der bombardierten Städte mögen Menschen um ihr Leben gefürchtet haben? Schreien und Zittern, kopfloses Laufen und eisiger Schrecken war den am Abend dieses Tages ausgestrahlten Fernsehmeldungen zu entnehmen.

Wechsel des Schauplatzes – Lemgo, am Morgen des 15. April 1986: Auf dem Weg zur Schule höre ich im Radio, dass die Amerikaner in den frühen Morgenstunden libysche Städte zur Vergeltung der Anschläge auf amerikanische Gebäude und Bürger bombardiert haben – erste, bestürzende Informationen aus dem neuen Krisenherd Mittelmeerraum. Ich verspüre erste Betroffenheit, vage sich meldende Angst. Gerade dachte ich noch froh und zufrieden an die Schule und den beginnenden Unterricht, jetzt bin ich ganz durcheinander und beschäftige mich in Gedanken mit dem möglichen Ablauf eines sich ausbreitenden Konflikts. Aufgeschreckt durch eine Radiomeldung aus einem fernen Krisengebiet, sehe ich mich konfrontiert mit Zukunftsangst.

Sonntagnachmittag, 20. April 1986. Vom Abspülen werde ich durch den lauten Schrei meines Sohnes weggerissen. Ich eile zu meiner Frau, die sich über ihn beugt, seinen Kopf in ihren Händen hält und versucht, ihn zu beruhigen. »Mein Kopf, mein Kopf!«, schreit Kornelius immer wieder. Den Grund für seine Erregung und seine Schmerzen erfahren wir von seinen Geschwistern: Kornelius ist beim Klettern auf dem Dachboden vom Stützbalken des Daches genau auf seinen Hinterkopf gefallen! Der Pupillentest durch Leuchten mit einer Taschenlampe in seine Augen bestätigt mir eine normale Reaktion – beim Aufleuchten der Lampe ziehen sie sich zusammen, beim Erlöschen öffnen sie sich wieder. Ich atme auf. Seinen Kopf kann er auch ohne Schwierigkeiten auf seine Brust bringen, die befürchtete Gehirnerschütterung ist also ausgeschlossen. Ich bringe ihn in sein Bett, lege einen kühlen Umschlag auf seine arg dicke Beule am Hinterkopf und rede ihm gut zu, ein wenig zu schlafen. Etwa nach einer Stunde wird er wach und weint. Er klagt, er könne seine Augen nicht öffnen! Meine Gefühle schlagen Purzelbaum! Hat Kornelius etwa eine innere Verletzung? Ist vielleicht ein Blutgefäß geplatzt? Welche Ursache hat der schmerzende Augendruck? Lebensangst überkommt mich – Angst um das Leben, das Wohlbefinden meines Sohnes.

Diese beiden Vorfälle ereigneten sich in der Zeit, als ich an diesem Buch schrieb. Sie zeigen, wie sehr und wie oft wir Menschen Angst machenden Lebenssituationen ausgesetzt sind. Ängste begleiten uns von unserer Geburt bis zu unserem Tod.

Aus der Geborgenheit im Mutterleib wird der Mensch von seiner Mutter entbunden und in eine Welt entlassen, der er hilflos ausgesetzt ist. Wie kann es da überraschen, dass wir Menschen unserer ungewissen, lauten, uns ängstigenden Umwelt schutzsuchend gegenüberstehen?

Aus dem Schon- und Schutzraum der Familie wird der Mensch – sofern er ihn erleben durfte – zur Selbständigkeit hinaus in die Welt entlassen, bedroht von bangen Gefühlen, von ängstigenden, furchterregenden Fragen, wenn er seinen Weg nicht kennt und seine Zukunft ihm verschlossen ist.

Aber nicht nur solche Ängste beengen und erdrücken uns, die entstehen, wenn wir Lebensabschnitte, Wegstrecken unseres Lebens vor uns sehen, ohne sie übersehen und im Einzelnen verstehen zu können. Neben ihnen stehen viele andere Ängste! Jedem von uns fiele etwas ein zu den Schlagwörtern »Weltangst«, »Zukunftsangst«, »Lebensangst«, »Todesangst« …

In einem Artikel unter der Überschrift Weltangst würden wir Ausführungen über einen zu befürchtenden atomaren Holocaust vermuten, über eine neue, weltweite Inflation oder ökonomische und ökologische Krisen. Viele Veröffentlichungen der letzten Jahre enthalten Informationen zu diesen befürchteten Entwicklungen und schüren auf ihre Weise Angst um die Welt, in der wir leben. Werden wir auch in Zukunft noch menschenwürdig, in Freiheit und in Frieden leben können? Diejenigen gesellschaftlichen Kräfte, die sich politisch mit solchen Fragen befassen, besonders die »Grünen«, zeigen ein hohes Maß an Weltangst.

Zum Thema Zukunftsangst wären Ausführungen über die auf beängstigende Höhen steigende Arbeitslosigkeit der letzten Jahre denkbar. Viele sind von Arbeitslosigkeit betroffen. Sie lässt ihre Zukunft dunkel und bedrohlich erscheinen; Wolken ganz individueller Zukunftsangst ziehen auf, die jeder mehr oder weniger häufig in seinem Leben zu verarbeiten hat. Viele Jugendliche stehen heute abgestumpft und scheinbar ohne Chance vor dem Berufsleben. Was soll ich studieren? Bekomme ich überhaupt eine Lehrstelle, wenn ich den Hauptschulabschluss »in der Tasche« habe? Lohnt es sich überhaupt noch, in der Schule die notwendigen Voraussetzungen für eine Ausbildung zu erwerben, also fleißig zu lernen? – Fragen über Fragen, die vielen Jugendlichen kommen, begleitet von beklemmender Angst um die eigene Zukunft.

Wie aktuell ist schließlich immer wieder das Thema Lebens- oder Todesangst! Als ich noch Sanitäter bei der Bundeswehr war, konnte ich in meiner dienstfreien Zeit im Evangelischen Krankenhaus auf der Intensivstation (Neurochirurgie) arbeiten. Wie unmittelbar verspürte ich hier Lebensangst – die von den mir zur Betreuung anbefohlenen Patienten ebenso wie meine eigene! Die Angst vor dem nahenden Tod wurde mir stärker bewusst. Wie gerne möchten wir Menschen doch leben! Wie ängstlich sind wir, wenn wir den Schritt ins Ungewisse vollziehen müssen! Denn was wird sein, wenn wir gestorben sind? Den Betroffenen helfen keine Informationen aus der Thanatologie (Lehre von dem, was nach dem Tode sein wird) der Frau Kübler-Ross, wenn sie keine Antwort auf den Sinn ihres Lebens und damit auch ihres Leides gefunden haben. Welche Welle schlägt die Angst vor Krankheiten wie Krebs und Aids!

Menschen in Angst – wohin man schaut: Angst des Kindes vor seinen Eltern, der Frau vor ihrem Mann, des Mannes vor seiner Frau, der Schüler vor ihrem Lehrer, der Arbeiter vor ihrem Chef. Häufig ist es versteckte Angst im zwischenmenschlichen Bereich. Durch ihre Mimik und Gestik in Wort und Tat drücken Menschen überall auf der Welt Furcht, Bangen, Grauen, Entsetzen, Schrecken, Panik, Unruhe, Beklemmung und Unsicherheit aus.

Wie ein Schatten verfolgt uns die Angst und offenbart treffsicher Wesenszüge unserer Persönlichkeit, die oft von anderen als Schwäche gedeutet wird. In der Schule und am Arbeitsplatz, ja, vielleicht sogar in der Familie ist es verpönt, Angst zu zeigen und zu solchen Gefühlen zu stehen. Aber dadurch werden die Ängste noch größer, weil sie gleichzeitig den Weg zur Bewältigung – und das heißt zunächst und vor allem zur Aussprache mit einem anderen Menschen – verbauen. Oft lassen uns unsere Ängste zufrieden unseren Weg gehen; doch plötzlich, wie bei einem Überraschungsangriff, sind sie da, ergreifen von uns Besitz und quälen uns. Wo kommen sie so spontan her?

Wir Menschen können uns mit Hilfe unseres Verstandes unsere jeweiligen Empfindungen (Freude, Angst, Hoffnung, Leid usw.) bewusst machen. Zur ersten, allgemeinen Angstbekämpfung sollten wir uns deshalb über Wesen und Ursprung der Angst klarwerden. Weiter sollten wir genau fragen, wie wir persönlich mit unseren Ängsten umgehen, wie wir auf sie reagieren und wie wir sie bewältigen, wenn uns das überhaupt möglich ist. Wir werden dabei Aufschluss über unsere Persönlichkeit bekommen, weil Angst ganz treffsicher an den empfindlichen Punkten unseres Charakters angreift.

Sind wir dem Angstphänomen erst einmal auf der Spur und verstehen wir unsere eigene Veranlagung bezüglich unserer Ängste im geistigen, körperlichen und seelischen Bereich, so müssen wir nach Überwindungsmöglichkeiten Ausschau halten. An einigen Beispielen werden wir das im Grundsatz herausarbeiten.

Angstbewältigung zeigt sich in verändertem Denken und Handeln. Wenn der Leser das versteht, ist er gefordert, den allgemeinen Grundsätzen zu folgen und selbst zu versuchen, »seiner« Angst ins Auge zu sehen. Sicher werden ihm zunächst Wege der körperlichen Angstverarbeitung auffallen, die jeder Mensch kennt. Sie treten im Zusammenspiel des vegetativen Nervensystems mit den Gefühlen auf. Ferner wird anzusprechen sein, wie über Verstehen und Vermeiden von Angstsituationen Ängste ausgeschaltet werden können.

Bis hierher sind menschliche Ratschläge gut, menschliches Beobachten und Nachdenken hilfreich. Ängste, die uns weiter innen überfallen, Ängste um unser Leben, unsere Zukunft, unsere Beziehung zu anderen Menschen usw. lassen sich nicht durch Menschenhand vertreiben. Sie sind sozusagen aufgrund unseres eigenen Wesens in uns lebendig; sie fesseln uns wie ein Netz, das man uns übergeworfen hat. Wir schlagen und zappeln, reißen und ziehen, doch das Netz nimmt uns unsere Bewegungsfreiheit; es fesselt uns an uns selbst und lässt uns auf der Stelle treten. Wer hat dieses Netz auf uns geworfen? Woher ist es gekommen? Antworten auf diese Fragen finden wir in der Bibel. Durch sie wollen wir neu verstehen lernen, woher unsere inneren Ängste kommen und wie sie bewältigt werden können.

Wenn wir – dies mag vielleicht den einen oder anderen Leser wundern – zur Angstbewältigung Aussagen, Hinweise, Beschreibungen und Erklärungen der Bibel heranziehen, so aus dem Grund, weil sie den Anspruch erhebt, von Gott zu berichten. Gott – wenn wir Menschen dieses Wort im Munde führen, sollten wir grundsätzlich bereit sein, uns ein Wesen vorzustellen, das mehr umfasst als menschlich denkbar ist. Sind wir dazu nicht bereit, sollten wir redlich zugeben, dass wir nur von unserem idealisierten Ich sprechen.

Wir Menschen stoßen mit unseren inneren Ängsten an unsere Grenzen; wir können uns nicht selbst von ihnen befreien und eine Befreiung wohl auch nur in den seltensten Fällen von anderen Menschen erhoffen. Wagen wir es, Gott ins Problem einzubeziehen! Gehen wir sogar noch weiter: ohne seine Hilfe, ohne seine Nähe und Liebe ist eine Bewältigung der zentralen Ängste unseres Daseins unmöglich. Diese klare Aussage gründet sich auf die Bibel, die in Gott die Quelle des Lebens sieht und in seinem Sohn Jesus Christus den Überwinder der Zukunfts-, Lebens- und Todesangst der Menschen.

Das vorliegende Buch enthält also den Versuch, das Leben des Menschen in seinem Problemfeld Angst zu sehen, und zwar aus der Perspektive der natürlichen menschlichen Erfahrung und aus der Sicht Gottes. Wir können darüber in der Bibel Aufschluss erhalten. Voraussetzung ist, die Bibel als Offenbarung Gottes an uns Menschen zu lesen. Wer Gott ist und wer der Mensch ist, wird erfahrbar, wenn man als Leser nicht immer sein eigenes Gottesbild gegen das der Bibel ausspielt, sondern bereit ist, es durch die Bibel korrigieren zu lassen. Damit ist eine bewusste Erfahrungshaltung angesprochen, zu der ich den Leser auffordern möchte. Lesen wir doch einmal die Bibel mit der Erwartung, endlich zu erfahren, wer Gott ist und warum es auf dieser Welt sinnvolles, erfülltes Leben gibt, auch und besonders für uns Menschen.

Wir kommen somit zurück zu einer Theologie, die Gott im Mittelpunkt sieht und deshalb ganz bewusst Lebensfragen an ihn stellt. Das ist keineswegs müßig, wie so manch akademisch gebildeter Theologe vielleicht annimmt, der sein eigenes Konzept von Gott der Bibel entgegenhält. Es wirkt sich vor allem auf die praktischen Dinge des Lebens aus, und damit knüpfe ich wieder an meine einleitenden Bemerkungen an. Das aktuelle, praktische Lebensgeschehen bestätigt die lebensfördernde Weisheit und Kraft, die vom Wort Gottes ausgeht. Im Leben eines wahren Christen zeigt sich, dass Jesus Christus als Gottes Sohn in die Welt kam, Mensch wurde, am Kreuz auf Golgatha starb, am dritten Tage auferstand und nun zur Rechten Gottes sitzt. All dies, im Glauben angenommen, bildet gleichzeitig die Grundlage eines Lebens, das Freud und Leid, Hoffnung und Zweifel, Angst und Verzagtheit kennt und durch die Nähe Gottes verstehen und bejahen, tragen und überwinden kann. An der Grenze der eigenen Ohnmacht steht in allen Lebenssituationen das Kreuz Christi, die Liebe Gottes und die Kraft des Heiligen Geistes.

In diesem Bewusstsein entfaltet sich ein Christenleben, das das Leben auf dieser Erde als von Gott gewollt bejaht, durch Gottes Kraft die Verstrickungen der weltlichen, teuflischen Systeme durchschaut und sie durch Christi Tod am Kreuz auf Golgatha besiegen kann.2 Und damit ist auch erklärt, warum die Hilfen zur Angstbewältigung mit Glaube (Annahme der Bibel als Gottes Wort, Bejahung des Kreuzestodes Christi zur Vergebung der Sünden usw.) und Denken (Berücksichtigung von beobachtbaren Fakten menschlichen Verhaltens durch Medizin, Psychologie und Verhaltensforschung) zusammenhängen. Wir wollen praktisch vorgehen und ausführlich Menschen der Bibel zu Wort kommen lassen, die »Menschen wie du und ich« waren und auch ihre Ängste hatten. Schließlich werden wir über Jesus sprechen, der seinen Jüngern sagte: »In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.«3

1 Fernando Orgambides, Um zwei Uhr brach die Hölle los, in: Die Zeit, Nr. 17, 18. April 1986, S. 3

2 1. Johannesbrief 5, 4

3 Joh. 16, 33

I. Angst – was ist das eigentlich?

Eine Geschichte von dem Dichter, Zeichner und Maler Wilhelm Busch (1832-1908), »Adeles Spaziergang«, gibt uns auf die Frage nach dem Wesen der Angst Auskunft:

»Ein Mädchen, schön und voll Gemüt, Geht spazieren, wie man sieht. Sie pflückt auf frühlingsgrüner Au Vergissmeinnicht, das Blümlein blau. Ach Gott! da hüpft ein grüner, nasser, Erschrecklich großer Frosch im Wasser. Adele, die ihn hüpfen sah, Fällt um und ist der Ohnmacht nah.«

In diesem Gedicht ist eine Froschphobie (Batrachophobie) beschrieben. Wir lesen vom Auftauchen des Angstauslösers (»Grüner, nasser, erschrecklich großer Frosch«), vom typischen Auftreten einer automatischen Angstreaktion und vom Fluchtverhalten – Adele fällt in Ohnmacht! Menschliches Verhalten scheint demnach vor allem als Folge von Reaktionen auf Reize abzulaufen. Wie das im Einzelnen bei weiteren Ängsten von außen geschieht und was man dagegen ausrichten kann, soll im nächsten Kapitel besprochen werden. Zunächst wollen wir erst einmal fragen, was Angst unter Berücksichtigung der geschichtlichen Bedeutung dieses Wortes eigentlich ist. Darüber hinaus soll der Unterschied zwischen Angst und Furcht erarbeitet werden. Für die gedankliche Mitarbeit des Lesers wäre es gut, wenn er jetzt im Lesen innehielte und sich selbst einmal die Frage nach dem Wesensunterschied von Angst und Furcht beantworten würde. (Machen Sie sich einige Notizen auf einem Zettel!)

Es bleibt nicht ganz aus, dass wir zusammen mit dem Erarbeiten und Verarbeiten unserer Probleme auch nach ihrem Ursprung fragen. Deshalb müssen wir uns auch die Fragen nach der Entstehung oder nach dem Ursprung der Angst stellen. Wortgeschichte und Unterschied zur Furcht sind wichtig, um Angst definieren zu können, der Ursprung, um sie erklären zu können. Alles zusammen bildet eine wichtige Voraussetzung zur Angstbewältigung.

Informationen aus der Wortgeschichte

Viele Menschen benutzen in ihren Gesprächen Begriffe, von denen lediglich die subjektive Bedeutung bekannt ist. In den wenigsten Fällen bedienen wir uns der Begriffe nach ihrem eigentlichen Sinn, geschweige denn entsprechend ihrer Wortgeschichte. So kann es hochinteressant sein, einmal in einem Herkunftswörterbuch, zum Beispiel im Duden, Band 7, einzelne Wörter nachzuschlagen. Ich selbst habe das während meiner Studienjahre häufig gemacht und dadurch viel über die in den Wörtern enthaltene Weisheit der Menschen vergangener Zeiten gelernt.

Angst, erfahren wir, ist ein Lehnwort und leitet sich von dem lateinischen angustiae ab. Es bedeutet »Enge«, »Beengung«, »Bedrängnis«. Weiter lässt sich das Wort auf das lateinische ango zurückführen, was so viel wie »zuschnüren«, »beklemmen« heißt. Fühlen wir uns nicht tatsächlich wie zugeschnürt, wenn wir Angst haben? Adele fiel gar in Ohnmacht, anders ausgedrückt: ihr »blieb die Luft weg« – sie war plötzlich wie zugeschnürt! Angst scheint regelrecht von unten nach oben durch unseren Körper zu ziehen und uns schließlich die Luftwege zu blockieren. So jedenfalls empfinden wir es hinterher. Wie befreit können wir doch nach der überstandenen Angst wieder atmen!

Die Wortgeschichte von Angst verweist also auf ein häufig mit Gefahr- und Bedrohniserlebnissen verbundenes Befinden, auf eine meist im Brustraum und im Hals erfahrbare Enge. Wir werden später einiges zu den »inneren« Reaktionen unseres Körpers sagen, die ablaufen, wenn uns »angst und bange« ist.

Dass Angst sich besonders als Gefühl äußert und sich in körperlichen Reaktionen zeigt, bestätigt die Wortgeschichte. Wir können ihr weiter entnehmen, was wir in Angstsituationen empfinden: wir fühlen uns dann oft unfrei, beengt, in unserer Entfaltung blockiert und zurückgeworfen auf unser eigenes hilfloses Selbst.

Unterscheidung zwischen Angst und Furcht

Was gibt es doch alles, das uns Angst macht! Fragen Sie sich einmal selbst und schreiben Sie sich auf, vor was Sie sich fürchten, bzw. ängstigen. Bestimmt entsteht eine lange Liste. Vielleicht ist sie in einigen Punkten identisch mit der, die ich aus Forschungsarbeiten zu dieser Frage4 zusammengestellt habe:

Ich habe Angst (da)vor …

Leichen

in einem engen Raum eingeschlossen zu sein

mich einer Operation unterziehen zu müssen

Naturkatastrophen

Ratten und Mäusen

Prüfungssituationen

dem Alleinsein

offenen Wunden

in eine Schlägerei verwickelt zu werden

geisteskrank zu werden

im Leben zu versagen

Feuersbrünsten

im Flugzeug zu fliegen

großen Menschenmassen

Herzklopfen

dumm auszusehen

Blitzen

Dunkelheit

lauten Stimmen

Reisen im Auto

Bazillen

Hunden

in einer Gesellschaft unpassend angezogen zu sein

hohen Gebäuden

Fremden

Schmutz

bei der Arbeit beobachtet zu werden

plötzlichen Geräuschen

tiefem Wasser

Würmern

mit Angehörigen des anderen Geschlechts zusammen zu sein

Versagen

Aufzügen

überfüllten Räumen

neuen, unbekannten Dingen

Krach mit den Eltern

Befehle zu erteilen

Intimität

Schwindelgefühlen

Erröten

Unfällen

Entscheidungen zu treffen

Lösen alle diese Angstobjekte und die von Ihnen vielleicht noch ergänzten nun tatsächlich Angst aus oder vielmehr Furcht? Angst und Furcht werden im alltäglichen Sprachgebrauch und im subjektiven Empfinden scheinbar wie Synonyme gebraucht. Gibt es überhaupt einen klar definierbaren Unterschied zwischen Angst und Furcht? Der dänische Theologe und Philosoph Sören Kierkegaard (1813-1855) verwies als Erster auf einen zentralen Unterschied. Nach seinem 1844 in Kopenhagen erschienen Werk »Der Begriff der Angst« bezieht sich Angst auf einen undurchsichtigen, unbestimmten und vom Menschen nicht näher zu bestimmenden Gegenstand. Anknüpfend an diese Ausführungen schreibt der Philosoph Martin Heidegger (1889-1976): »Die Angst weiß (…) nicht, wovor sie sich ängstigt.« Dies erklärt ein wenig, warum wir in Momenten der Angst anfänglich rat- und hilflos sind. Im Gegensatz zur Angst ist die Furcht auf ein Objekt bezogen, näher bestimmbar. Anders gesagt: Angst ist die unbestimmte, gegenstandslose, anonyme, unmotivierte Gefühlsempfindung. Furcht hingegen ist die bestimmte, auf einen bedrohlichen Gegenstand oder eine gefährliche Situation gerichtete, benennbare, entsprechend motivierte Gefühlslage und damit als Furcht »vor etwas« gekennzeichnet.

Half die Berücksichtigung der Wortgeschichte und -bedeutung, Angst in ihrer Wirkung zu erfassen, so zeigt die Unterscheidung von Angst und Furcht, dass das Angstobjekt für den sich ängstigenden Menschen zunächst unbekannt ist. Nicht jeder reagiert auf die gleichen Ängste und Furchtgegenstände. Auch die Angst- und Furchtreaktion selbst ist individuell verschieden. Diese Feststellung ist wichtig, weil sie die Aufgabe nahelegt, nach grundsätzlichen Abläufen im Verhalten bei Angst zu suchen.

Trotz dieser auf den ersten Blick brauchbaren Unterscheidung von Angst und Furcht, die wir unseren Ausführungen zur weiteren Hilfestellung zugrunde legen, muss darauf hingewiesen werden, dass sie von manchen abgelehnt wird. So meint etwa der Sprachforscher Mario Wandruszka, diese Unterscheidung sei nicht gerechtfertigt. Zwischen Angst und Furcht könne nach seinen Untersuchungen der europäischen Sprachen nicht unterschieden werden. Immanuel Kant (1724-1804), der große deutsche Philosoph, könnte zur Unterstützung von Wandruszkas Ansicht herangezogen werden; er schreibt: »Bangigkeit, Angst, Grauen, Entsetzen sind Grade der Furcht, d. i. des Abscheus vor Gefahr.«5

Nun, wie dem auch sei, wenn man es im Einzelnen nach den verschiedenen Wissenschaften (Linguistik, Philosophie, Psychologie) prüft – halten wir fest:

Im allgemeinen Bewusstsein werden die Begriffe Angst und Furcht synonym verwendet und nur nach dem persönlichen Bedarf voneinander unterschieden oder nicht.

Angst, so wollen wir zum besseren Verständnis übereinkommen, ist ein Gefühl, dessen Ursprung man zunächst nicht genau erfassen, wohl aber in einigen Fällen erahnen kann.

Die Entstehung von Ängsten

Einer der Ersten, die Angst in einen Erklärungszusammenhang brachten, war der Wiener Arzt und spätere Psychoanalytiker Sigmund Freud (1856-1939).6 Er kam aufgrund seiner Beobachtungen, Forschungen und Behandlungen zu der Ansicht, bei der Angst müssten zwei verschiedene Formen auseinandergehalten werden. Er unterschied zwischen der Realangst und der krankhaften neurotischen Angst. (Unter einer Neurose versteht man ein abweichendes Verhalten mit seelischen Auswirkungen.) Der Realangst liegt ein Verhalten zugrunde, das sich auf eine erkennbare äußere Gefahr bezieht. Als ich im letzten Jahr auf einer Fahrt von Rostock (DDR) zurück nach Lemgo war, es war Anfang November, geriet ich ganz plötzlich in einen Hagel- und Schneeregen, der die Fahrbahn im Nu in eine Eisbahn verwandelte. Ich war gerade im Gespräch mit meinen Mitfahrenden gewesen und hatte mich nicht so sehr auf die Straße konzentriert. Deshalb kam die Gefahr ganz überraschend. Erst im letzten Moment konnte ich – Gott sei Dank – meine Fahrtgeschwindigkeit herabsetzen und ein Auffahren auf den Fahrzeugstau vor mir vermeiden. Mir klopfte noch Minuten später das Herz »bis zum Hals«.

Die krankhafte neurotische Angst hat die vielfältigsten Ausprägungen und Gesichter. Sie ist meistens eingebettet in einen umfangreichen Verhaltenskomplex und in der Lebensgeschichte des von ihr »befallenen« Menschen verwurzelt.

Neben der Freudschen Angsterklärung gibt es vielfältige Erklärungsversuche, die sich jeweils ganz verschiedenen Aspekten der Angst widmen. So zeigte der amerikanische Psychologe Watson, dass Neugeborene vom ersten Tag an auf bestimmte Umweltreize ängstlich reagieren. Laute Geräusche, Schmerz verschiedenster Art oder plötzliche Hilflosigkeit ließen bei den Säuglingen Furchtreaktionen erkennen. Ferner zeigte der englische Psychologe Jeffrey A. Gray, dass alle Reize, die Angst oder Unbehagen in uns auslösen, nach vier Kategorien unterschieden werden können; er konnte nach

ihrer Intensität (1),

ihrer Neuheit (2),

ihren besonderen Gefahrenreizen (3) und

den Reizen, die dem sozialen Zusammenleben entstammen (4),

Unterschiede feststellen.

Die ersten beiden Reizkategorien herrschen besonders im Kleinkindalter vor und lösen Angst aus. Ein Beispiel, in dem alle vier Reizkategorien enthalten sind, wäre folgendes: »Ein Gewitter zieht auf. Es donnert und blitzt: wir erschrecken. Die Reize treten unerwartet, plötzlich und intensiv auf.«7

Andere Erklärungsversuche der Angst beziehen sich darauf, wie Angst erlernt wird und wie sie mit Frustration zusammenhängt. So wird ein Kind, das ständig geschlagen wird, sich schon ängstigen, wenn ihm gegenüber bloß jemand die Hand erhebt.

Neben diesen und weiteren Angsterklärungen, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen8, soll für die Bewältigung unserer inneren Ängste auf die Angsterklärung der Bibel zurückgegriffen werden. Bei diesem Rückgriff sind für mich einige Voraussetzungen wichtig, die ich kurz erläutern möchte:

1. Die Bibel ist für mich das geoffenbarte Wort Gottes. Sie wurde nach meinem Verständnis von Menschen geschrieben, die, getrieben vom Heiligen Geist, das Denken, Handeln und die Wesenseigenschaften Gottes sowie die Grundsätze seines Willens aufschrieben. Auch vom Menschen, von seiner Erschaffung und Geschichtlichkeit, ist in diesem Buch ausführlich die Rede.9

2. Die Bibel ist für mich eine einzigartige Beschreibung der Menschheitsgeschichte (vgl. 1), in der ich mich selbst wiedergefunden habe. Ich entdeckte in ihr Antworten auf die Fragen meines Woher, Wozu und Wohin und glaube, dass die Bibel allen Menschen diese Fragen beantworten kann. Von dieser Aussage bin ich nach meinem Studium (Biologie, Philosophie, Germanistik, Psychologie und in Teilen Theologie) mehr denn je überzeugt. Deshalb kommt für mich der Bibel Bedeutung für die wesentlichsten Menschheitsfragen überhaupt zu.

3. Unter der Voraussetzung von 1 und 2 gibt die Bibel Antworten auf alle wesentlichen Fragen menschlichen Lebens, zum Beispiel auf die folgenden:

Was ist Liebe?

Was ist Wahrheit?

Was ist der Sinn des Lebens?

oder:

Wie können wir Menschen mit unseren Aggressionen

10

, Ängsten, unseren Neid- und Hassgefühlen, unserem Egoismus und Machtstreben fertig werden?

Wenn ich unter diesen drei Voraussetzungen die Bibel lese, dann finde ich zum Phänomen Angst folgende Erklärung:

Die Angst des Menschen hat ihre letzte Ursache darin, dass der Mensch wegen seiner Sünde die Nähe Gottes verloren hat. Er kann die Geborgenheit in Gott nicht mehr unmittelbar spüren und keine Selbstsicherheit finden, weil er gottlos und damit seiner selbst unsicher ist.

In Wissenschaft und Technik, Kultur und Religion präsentiert sich uns ein scheinbar unabhängiger, selbstsicherer Mensch. Er bestimmt frei seine eigenen Werte, sucht frei seine eigene Religion. Bei alledem bleibt er aber letztlich ein von Angst, Egoismus und Lieblosigkeit gequältes, einsames, hoffnungsloses und zielloses Wesen, das seinen Lebenssinn, sein Wozu und Wohin sucht. Die steigende Zahl psychisch kranker, drogenabhängiger und hilfloser Menschen führt uns das Dilemma des modernen, gottlosen Menschen eindrucksvoll vor Augen.

Wieso kann die Angst als Verlust der Nähe Gottes, der Geborgenheit und Selbstsicherheit in Gott, bezeichnet werden? Hat sich Gott zurückgezogen? Ist er gar tot oder eine Projektion des Menschen, wie Friedrich Nietzsche (1844-1900) und Ludwig Feuerbach (1804-1872) meinten? Suchen wir die Antwort auf diese Fragen so in der Bibel, wie vorhin beschrieben, und in der Hoffnung, ehrliche Antworten und hilfreiche Anweisungen zu finden.

Nach Aussage der Bibel schuf Gott Himmel und Erde. Er schuf den Menschen als ein Wesen, das Gott gleich sei, als ein Wesen »nach seinem Bilde« (nach seinen Wesenseigenschaften). Der Mensch »war« also ein vollkommenes Wesen, perfekt gestaltet nach Leib, Seele und Geist. Diese Aussage mag vielen unserer Zeitgenossen überholt und märchenhaft erscheinen. Über die Entstehung des Lebens und insbesondere des Menschen werden heute in Schule und Universität, in Büchern und Zeitschriften ganz andere Informationen vermittelt. Die Erde mit ihren Lebewesen samt dem Menschen sei, so heißt es, durch Evolution entstanden, durch einen Entwicklungsprozess über viele Milliarden Jahre. Der Mensch schließlich sei in diesen Prozess der Höherentwicklung eingebunden und das unmittelbare Entwicklungsprodukt dieses Prozesses. Er wird eingeordnet in die Reihe der Affen, die schon lange vor ihm existierten.

Viele halten diese Informationen für wissenschaftlich bestätigt und deshalb für wahrhaftig und zutreffend. Sie sehen keine Notwendigkeit mehr, der Bibel und ihren Aussagen über den Menschen Glauben und Vertrauen entgegenzubringen oder Wahrhaftigkeit zuzugestehen. Gott wird vom Nachdenken, Forschen und Fragen ausgenommen. Seinen Platz hat der Mensch eingenommen. Dreist und anmaßend hält er seine eigenen Aussagen über seinen Ursprung denen der Bibel als tatsächlich wahr entgegen. Die Vermessenheit dieses Denkens wird deutlich, wenn man sich vor Augen stellt, dass der Mensch selbst Geschöpf ist und ihm dies auch überall begegnet. Er denkt über sein Woher nach, leugnet aber sein Geschaffensein und seine Geschichtlichkeit. Er steigt aus beiden sozusagen aus und tut so, als könne er – sich selbst zur Seite stehend – seinen Ursprung erklären. Dieses Verhalten charakterisierend, sagt die Bibel über den Menschen: »Da sie (die Menschen, K. B.) sich für weise hielten, sind sie zu Narren geworden« (Römer 1, 22). Welche Narretei die »Evolution des Lebens« letztlich ist, zeigen Publikationen verschiedener Wissenschaftler, die ihre Disziplin gut kennen und sowohl der Geschichtlichkeit des Menschen als auch den Aussagen der Bibel Rechnung tragen.11

Als bittere Konsequenz der Evolutionslehre bleibt die Leugnung Gottes als Lebensschöpfer. Das gilt, wenn man den Aussagen der Bibel über die Entstehung des Lebens und des Menschen völlig absagt, aber auch, wenn man der Bibel die Evolutionstheorie unter Akzeptieren Gottes als Anreger der Schöpfung quasi unterschiebt. Beides ist im Grunde identisch, auch wenn man im letzteren Fall angeblich Gott einbezieht.12 Aber das geschieht nach menschlichem Gutdünken. Man relativiert die biblischen Aussagen, gewinnt aber nicht an Wahrhaftigkeit – im Gegenteil: man verführt viele, einer »göttlichen Evolution« Glauben zu schenken, die jedoch jeglichem aufrichtigen Denken widerspricht.13

Wir haben allen Grund, der Bibel als Quelle wahrer Erkenntnis zu folgen. Zur Anknüpfung an die Aussagen über Gott als Schöpfer der Menschen sei die Bibel zitiert:

»Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib« (1. Mose 1, 26-27).

Dieser geschaffene Mensch lebt zunächst in enger Gemeinschaft mit seinem Schöpfer. Gott spricht sogleich mit ihm – Vertrautheit und Nähe in der Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf (vgl. 1. Mose 1, 28-30). Aber das ändert sich: Der mit Verstand und Geist begabte Mensch (vgl. 1. Mose 2, 7) lässt sich verführen, die Ordnungen Gottes zu missachten.

Wie genau das menschliche Leben zu seiner rechten Entfaltung in Ordnungen eingebunden ist, zeigt die Funktionsweise und Leistungsfähigkeit des menschlichen Körpers vorbildlich. Nach genau bestimmten »Anweisungen« wird unsere Nahrung chemisch zerlegt und unseren Organen zugeführt. In genau festgelegtem Rhythmus schlägt unser Herz, atmet unsere Lunge, reagieren unsere Hände und Füße, wenn das Gehirn seine »Befehle« erteilt. Warum sollte Gott da nicht auch für unser Verhalten, Wollen und Denken einen Ordnungsrahmen gestaltet haben, der für ein sinnvolles, erfülltes Leben seiner Geschöpfe notwendig ist?

Sicher, der Mensch nach dem Sündenfall erkennt diese Zusammenhänge erst, wenn er mit seinem eigenen »Latein« am Ende ist. Er kann seinen Willen durch seinen Verstand steuern. Hier ist er frei, wenn er auch körperlich an einwandfreie Funktion innerhalb bestimmter Gesetzmäßigkeiten gebunden ist. Doch gerade seine Fähigkeit zu denken sollte den Menschen lehren, die Gesetze zu studieren, die im Reich des Lebens so wunderbar und einzigartig die Schöpferkraft Gottes offenbaren. Welche Schönheit bricht hervor, wenn Bäume im Frühling mit zunehmender Wärme ihre Blütenpracht zum Anlocken der Insekten und zur Freude des Menschen entfalten! Welch ein Wunder ist der Mensch in seiner Entwicklung von der Zelle zum Säugling! Wie viel könnten wir lernen, wenn wir am Beispiel der Ordnungen in der Natur erfassen würden, dass ein Leben ohne Ordnung im Chaos endet! Gewiss, der Mensch ist frei, er ist »der erste Freigelassene der Schöpfung«, um mit Johann Gottfried Herder (1744-1803) zu sprechen. Doch wie schnell wird diese Freiheit zu seinem Verhängnis, wenn er sich damit immer weiter von seinem Schöpfer entfernt?

Der Mensch, von Gott geschaffen und in einen gebotenen und geordneten Lebenszusammenhang entlassen, bricht aus dieser Ordnung aus, und mit dem Griff nach der verbotenen Frucht überkommt ihn plötzlich die Angst:

»Aber die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Felde, die Gott der Herr gemacht hatte, und sprach zu dem Weibe: Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten?

Da sprach das Weib zu der Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret sie auch nicht an, dass ihr nicht sterbet!

Da sprach die Schlange zum Weibe: Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, sondern Gott weiß: An dem Tage, da ihr davon esset, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.

Und das Weib sah, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte. Und sie nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Mann, der bei ihr war, auch davon, und er aß.

Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze.

Und sie hörten Gott den HERRN, wie er im Garten ging, als der Tag kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seinem Weibe vor dem Angesicht Gottes des HERRN unter den Bäumen im Garten.

Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Und er sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum verstecke ich mich.

Und er sprach: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du nicht gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot, du solltest nicht davon essen?

Da sprach Adam: Das Weib, das du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum, und ich aß.

Da sprach Gott der HERR zum Weibe: Warum hast du das getan? Das Weib sprach: Die Schlange betrog mich, so dass ich aß.

Da sprach Gott der HERR zu der Schlange: Weil du das getan hast, seist du verflucht, verstoßen aus allem Vieh und allen Tieren auf dem Felde. Auf deinem Bauch sollst du kriechen und Erde fressen dein Leben lang« (1. Mose 3, 1-14).

Dieser Bibeltext zeigt deutlich, wie der Mensch die Nähe Gottes verliert, wenn er seine Gebote missachtet. Jetzt, nachdem der Mensch eigenmächtig, in Übertretung der Gebote Gottes gehandelt hat, fürchtet er sich plötzlich vor Gott! Warum? Er weiß nicht, was jetzt mit ihm passieren wird! Wie wird Gott reagieren? Adam kann das nicht abschätzen, weil er vor dieser Übertretung immer innerhalb der Gebote Gottes gelebt hat und sich in der Nähe Gottes geborgen und seiner selbst sicher gefühlt hat. Aber durch das Verlassen des Ordnungsrahmens entfernt sich Adam selbst von Gott. Unsicherheit und Furcht, Anzeichen echten Angstverhaltens, trennen ihn von seinem Schöpfer.

Eine eindeutige Ursache, d. h. die Wurzel der Angst, liegt in der Sünde des Menschen. »Sünde« ist die Einstellung des Menschen, entgegen den Geboten und Ordnungen Gottes in eigener Selbstüberhebung zu leben.

Von dem Tag an, als Adam und Eva die Gebote Gottes missachtet und nach ihren eigenen Gedanken gehandelt hatten, waren sie von Gott getrennt, begleitete sie die Angst. Schon hier, bei dem ersten Menschenpaar, lässt sich Angst als Unsicherheit, als Rat- und Hilflosigkeit charakterisieren. Sie entsteht, weil der Mensch Gottes Nähe und die damit verbundene Geborgenheit verloren hat und nun selbst entscheiden muss, was richtig und gut bzw. falsch und böse ist. Der Wunsch »zu sein wie Gott«, der keinem Menschen, ja, überhaupt keinem geschaffenen Wesen zusteht, war des Menschen Fall. Zurückgeworfen auf sich selbst, geriet er in eine zweifelhafte, künstliche Selbstsicherheit. Bis heute ist die Menschheit davon gezeichnet. Angst und Egoismus, Aggression und Lieblosigkeit sind den Menschen seit jener Zeit angeboren, gehören zu ihrem Leben, begegnen ihnen in der Welt, in die sie hineingeboren werden.

Mit den Folgen der Sünde in Bezug auf die Angst (Verlust der Geborgenheit, der Liebe und der Selbstsicherheit) sind gleichzeitig die Auswege angesprochen. Sie heißen: Geborgenheit in Gott, Annahme seiner Liebe und damit Selbstsicherheit, weil der von Angst bedrohte Mensch sich dann der Nähe Gottes sicher ist.

Wie sich dies im Einzelnen für die praktische Angstbewältigung auswirkt und wie man diese Gewissheit Gottes glaubend ergreifen und in ihr leben kann, werden die Kapitel 4-6 verdeutlichen.

4 Gerd Hennenhofer, Klaus D. Heil, Angst überwinden, Reinbek bei Hamburg, 1975, S. 70-74; Herbert Fensterheim, Jean Baer, Leben ohne Angst! (dtsch.) München, 1980, S. 45 f., S. 50 f.

5 Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, in: Vermischte Schriften, Leipzig, 1912, S. 447

6 Vgl. zu Freuds Leben und Werk: Klaus Berger, Vergewaltigung der Seele – Sigmund Freud, Berneck 2/1985

7 Hennenhofer/Heil (wie Anm. 4), S. 29

8 Vgl. Michiaki und Hildegard Horie, Umgang mit der Angst, TB, Wuppertal, 1986

9 Vgl. Werner Gitt, Das Fundament. Zum Schriftverständnis der Bibel, Neuhausen-Stuttgart, 1985; René Pache, Inspiration und Autorität der Bibel, Wuppertal 3/1985; Helge Stadelmann, Grundlinien eines bibeltreuen Schriftverständnisses, Wuppertal, 1985

10 Auf der Basis der Bibel versuchte ich, in Auseinandersetzung mit den Humanwissenschaften dem Phänomen der Aggression auf den Grund zu kommen. Vgl. Klaus Berger, Aggression – Das Böse, Berneck, 1983

11 Vgl. Bibliographie in: Klaus Berger, Wie entstand das Leben? Berneck 2/ 1983

12 Werner Gitt, Das biblische Zeugnis der Schöpfung, Neuhausen-Stuttgart, 1983, S. 121 ff.

13 Unter wahrhaftigem Denken verstehe ich die Bereitschaft, alle meine Überzeugungen an infrage stellenden Argumenten aufrichtig zu prüfen.

II. Erscheinungsformen der Angst

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe.

III. Umgang mit unseren Ängsten: medizinisch, psychologisch, pädagogisch gesehen

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe.

IV. Angst: Verlust von Geborgenheit

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe.

V. Bewältigung der Angst ist mehr als Verhaltenstraining

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe.

VI. Überwindung der Angst

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe.

Nachwort

In dem vorliegenden Buch ist der Versuch unternommen worden, die Wahrheiten der Bibel in den Zusammenhang erfahrungswissenschaftlicher Fakten zu stellen, ohne ihnen das Profil zu rauben. Nicht das Revidieren biblischer Aussagen verhilft zu einem sinnerfüllten Leben, sondern deren Annahme. Und mit der Annahme sollte sich die Bereitschaft verbinden, die aufgezeigten Überwindungsmöglichkeiten der Angst in der Praxis, in der unmittelbaren Betroffenheit, auszuprobieren. So wünsche ich allen Lesern, dass sie durch die persönliche Begegnung mit Jesus Christus über die Bibel, die Predigt, das Zeugnis von Christen und vielleicht auch dieses Buch erleben, dass Christus sie frei macht – auch von ihrer Angst!

»Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr recht frei« (Joh. 8, 36).

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