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„Wann ist ein Mann ein Mann?", diese Frage bewegt nicht nur der Liedermacher Herbert Grönemeyer in einem seiner Lieder. Das Bild vom Mann im 21. Jahrhundert ist unscharf und beliebig geworden. Mannsein kann nicht losgelöst von Frausein und Kindsein definiert werden. Wer sind wir Männer? Wie können und wollen wir sein? Wie als Ehemänner, Väter und Freunde? Wie finden wir unsere Identität im Gegenüber zu Frausein? Wie unseren Platz in der Gesellschaft? Wie zu Verantwortung und der Bereitschaft, für Andere da zu sein? Klaus R. Berger zeigt auf, was die biblische Sicht des Mann ist und möchte Männern Mut machen, bewusst Gottes Vorstellungen vom Mann auszuleben.
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Seitenzahl: 237
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Mannsein - verstehen und leben
Klaus R. Berger
© 2014 Folgen Verlag, Wensin
Autor: Klaus R. Berger
Cover: Eduard Rempel, Düren
Lektorat: Paul Mathis, Düren
ISBN: 978-3-944187-30-3
Verlags-Seite: www.folgenverlag.de
Kontakt: [email protected]
Mannsein – verstehen und leben ist früher als Buch im Verlag und Schriftenmission der Evangelischen Gesellschaft für Deutschland, Wuppertal, erschienen.
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Karl Stollsteimer in Freundschaft und Dankbarkeit
Kornelius, Gabriel und Lucas
»Jeder Mann hat drei Identitäten, mit denen er umgehen muss: der Mann, wie er von anderen gesehen werden möchte; der Mann, der er zu sein gedenkt; der Mann, der er wirklich ist.«
Edwin Louis Cole
»Mehr als alles, was man bewahrt, behüte dein Herz!« Sprüche 4, 23
»… der Herr redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freund redet;« 2.Mose 33, 11
»Vom Herrn her werden eines Mannes Schritte gefestigt, und seinen Weg hat er gern; fällt er, so wird er doch nicht hingestreckt, denn der Herr stützt seine Hand.« Psalm 37, 23-24
Einleitung
I. Mannsein: als Mensch unter Menschen
In der Familie
Im Zusammenhang von Sozialisationserfahrungen
In der Symbiose von Mutter und Kind
Im Blickfeld der Biologie
II. Mannsein im gesellschaftlichen Umfeld
Im Brennpunkt beruflicher Aufgaben
Im Konkurrenzkampf mit Männern und Frauen
In der Herausforderung zur Wahrhaftigkeit
III. Mannsein in Konfrontation mit Männerbildern und -mythen
Der wilde Mann (Richard Rohr)
Der Eisenhans (Robert Bly)
Der König, Krieger, Magier und Liebhaber
Ausweg: der »natürliche« Mann
IV. Mannsein im Spiegel der Bibel
Als Geschöpf Gottes
Als Gegenüber zu Gott
Als Herr, aber nicht herrisch
Als »Haupt« der Frau, aber nicht unterdrückend
Als »Priester, Prophet und König«
Als Bruder unter Brüdern und Schwestern
Als Ältester in der Gemeinde
V. Mannsein in der Dimension von Ehemann
Frausein verstehen
Im Gegenüber zur Frau
Als Liebhaber
Als Freund
VI. Mannsein in der Dimension von Vater
Vater-Kind- Beziehung, eine neue Entdeckung?
Vater-Tochter-Beziehung
Vater-Sohn-Beziehung
Gott als Vater
VII. Ich und Du – von der Begegnung zur Freundschaft
Freundschaft – was ist das?
»Wahre Freundschaft«
David und Jonathan – ein Vorbild für Freundschaft
VIII. Mannsein leben
Annahme des eigenen Seins
Mut zur Verantwortung
Ja zur Liebe
Leben aus dem Gebet
Danksagung
»Wann ist ein Mann ein Mann?«, diese Frage bewegt nicht nur der Liedermacher Herbert Grönemeyer in einem seiner Songs. Das Bild vom Mann am ausgehenden 20. Jahrhundert ist unscharf und beliebig geworden. Die Sprüche und Klischees zu Mann und Männlichkeit belegen dies auf ihre Weise – »Ich sprüh‘s an jede Wand, Männer braucht das Land!« – vom Macho über den Softie bis zum »wilden Mann« mit »Feuer im Bauch«1 sind die Vorstellungen von Mann bzw. Männlichkeit im Umlauf. Für die einen ist Männlichkeit nichts mehr, aber auch nichts weniger als eine kulturelle Konzeption, damit eher ein künstlicher Zustand und eine kulturelle wie zeitgeschichtliche Herausforderung, die es für die Männer zu bestehen gilt. So ändert sich die Ansicht vom Mann und seinen Wesensarten nach dieser Auffassung mit den Zeiten und variiert von Ort zu Ort, von Land zu Land, von Kultur zu Kultur. Nimmt man diese Gedanken ernst, so erkennt man, dass es nicht einfach ist, Mann und Männlichkeit auf einen Nenner zu bringen. Entsprechend ist es wichtig, sich dem Phänomen Mannsein neu und mit Neugierde zu stellen.
Demnach gilt es zu beschreiben, wie sich Mannsein vorfindet und in den einzelnen Entwicklungsabschnitten menschlichen Lebens zeigt. Diesem Anliegen folgen besonders die ersten beiden Kapitel des Buches. Als Ergebnis solchen Vorgehens und Aufspürens von Mannsein fand ich, dass ich Mannsein nicht losgelöst von Kindsein, Frausein, ja überhaupt nicht getrennt von Menschsein näher bestimmen kann. Im Zusammenhang sozialisationsbedingter Erfahrungen im Raum der Familie und später in den verschiedenen weiteren Erfahrungszusammenhängen von Kindergarten, Schule, Ausbildung, Beruf, eigener Familie und Freundschaft wird deutlich, dass die althergebrachten Männerrollen nicht mehr der sich veränderten Gesellschaftsstruktur entsprechen. Demnach müssen sie überdacht werden. Dies soll in zweierlei Hinsicht geschehen:
bezogen auf das Rollenverhalten der Männer heute und
bezogen auf eine kritische Analyse der heutigen Gesellschaft.
Entsprechend werde ich dann nach dem zweiten Kapitel auch zeigen können, warum Mannsein für mich im Kontext der soeben genannten Phänomene und der sich aus ihnen ergebenden Daten folgendermaßen definiert werden kann, nämlich als ein Menschsein in der spezifischen Ausprägung von Mann, mit der Notwendigkeit, sich über andere Männer (z.B. die Väter, Freunde, Kollegen), Frauen und Kinder durch die Begegnung mit ihnen zu finden. Damit ist ein dynamisches Mannsein, ein dynamisches Männerbild in groben Strichen entworfen. Für mich persönlich ist der Rahmen für dieses Definitionsbild die lebendige Beziehung des Menschen zu Gott. Dies deshalb, damit der Mensch menschlich bleibt und über die Maßstäbe Gottes (die Zehn Gebote, das Doppelgebot der Liebe, die Seligpreisungen, etc.) seine Beziehung zu Gott, zu sich selbst und zu seinen Nächsten gestaltet.
Wie sich dies ganz praktisch umsetzt, wird in den Kapiteln vier bis acht entfaltet. Davor sollen aber dominierende Männerbilder und -mythen genauer betrachtet werden. Geistern doch allzu viele, teilweise sich widersprechende und die Männer im Gesamtanspruch überfordernde Vorstellungen von Mannsein durch die Medien unserer Tage. So ist etwa in der Archetypenlehre Carl Gustav Jungs (1875-1968)2 vom Mann als dem König, dem Krieger, dem Magier und dem Liebhaber die Rede. Ich werde diese Vorstellungen näher untersuchen und Stellung hierzu nehmen.
Warum für mich persönlich das wahre Mannsein im Gegenüber zu Gott (vgl. viertes Kapitel in diesem eBook) sich allererst entfaltet, möchte ich vorab schon erklären. Schon seit meiner Studienzeit3 geht es mir sehr in meinen Überlegungen und Untersuchungen um die Frage nach dem Menschen. »Wer sind wir Menschen?« – »Woher kommen wir?« – »Wohin gehen wir?« – »Was ist der Sinn menschlicher Existenz und der den Menschen umgebenden Natur mit all ihren Lebewesen und Geheimnissen?«
Fragen, die mich hungrig auf Wissen und neugierig auf mögliche Antworten gemacht haben. Gleichzeitig enthielt meine eigene Sozialisationserfahrung das Erlebnis, von Gott in Jesus Christus geliebt und gesucht worden zu sein. Nach meiner Entscheidung, Jesus Christus im Glauben als meinen Retter, Heiland und Hirten anzunehmen, gestaltete sich mein Leben bis heute – nunmehr über dreißig Jahre – in dem Bewusstsein, einen Vater im Himmel zu haben, der um mich und meine Persönlichkeit besorgt ist, meine Identitätssuche begleitet und mein Mannsein formt. Aus der lebendigen Beziehung zu Gott konnte ich so zu einer Selbstannahme als Mann finden. Ich kann mir meiner selbst sicher sein, weil ich mir meines Gottes sicher werden durfte. Selbstbewusstsein ist für mich demnach auch immer von Gottesbewusstsein abhängig. Diese Erfahrung widerspricht nicht den Daten, die ich in den Wissenschaften fand, die ich studierte; wohl häufig der einen oder anderen Lehrmeinung, sofern sie ein Menschen- und Weltbild bevorzugt, das dem der biblischen Offenbarung entgegensteht.
Leben kommt allererst durch Kommunikation, Begegnung und Spiegelung des eigenen Seins zu Entfaltung, nicht durch Isolation und Rückzug auf das eigene Sein, Wesen oder die eigene Existenz. So bildet sich männliche Identität, in dem sie sich zu anderen Identitäten und Persönlichkeiten in Beziehung setzt. Nicht der Rückzug auf Männlichkeit ist nach meiner Überzeugung für uns Männer angesagt, weil die gesellschaftlichen Infragestellungen unserer Rollen größer und problematischer geworden sind, oder weil die Frauenemanzipation zugenommen hat. Statt Rückzug in Männergruppen und Männerseminare, so hilfreich sie zunächst auch sind, um zu einer Neubesinnung eigenen Seins für uns Männer zu finden, möchte ich zu einem neuen Gegenüber von uns Männern zu Frauen und Kindern, alten und jungen Menschen einen Weg zeigen und hierzu ermutigen. Gelingt dies, so wird gesamtgesellschaftlich die Suche nach den wahren Männern aufhören, weil die Gesuchten gefunden wurden.
Aufgaben, die uns Männer im gesellschaftlichen wie im familiären Bereich fordern, möchte ich gesondert ansprechen. Die Kapitel fünf, sechs und acht kommen diesem Anliegen besonders nach. Dabei wird es neu interessant sein zu fragen, in welchem Verhältnis die Aufgabe zur Gabe steht und welche Begründungen sich hierfür jeweils finden lassen. Unsere Frauen zu lieben und unseren Kindern freundschaftliche Väter zu sein ist eine große Herausforderung an uns Männer. Schließlich möchte ich im achten Kapitel sehr pragmatisch darauf eingehen, wie Mannsein konkret gelebt wird. Dabei bin ich mir bewusst, dass dieses konkrete Leben sich selbst wiederum um den Faktor der Individualität eines jeden Mannes anders zeigen kann. Mann ist nicht immer Mann, da »man« als Mensch und Persönlichkeit eine einmalige Schöpfung ist.
Nach einem Männerseminar, das im März 1994 bei uns in Lemgo stattfand und bei dem ich eingeladen war, die Vorträge zu halten, entstand für mich die Gewissheit, ein »Männerbuch« schreiben zu sollen. Gibt es nicht deren schon genügend? Ist in all diesen Büchern nicht schon alles gesagt? Was ist denn das Besondere, oder die schon vorhandenen Männerbücher Ergänzende, das der Leser in meinem Buch finden kann?
Die Zusammenstellung möglichst aller Gesichtspunkte, die das Phänomen Mannsein erscheinen lassen;
das Mannsein im Gegenüber zur Frau und den Kindern;
die Beschreibung des Mannseins aus biblischer Sicht;
die Beschreibung der Freundschaft als einen hohen, unschätzbaren Lebenswert zur Entfaltung echten Mannseins im Kontext des Menschseins.
Mannsein zu verstehen gilt nicht nur für die direkt Angesprochenen, die Männer. Sicher ist es für die Frauen ebenso wichtig, Männer zu verstehen, wie es für die Männer und für mich in diesem Buch wichtig ist, Frausein zu reflektieren und das hierauf bezogene Mannsein zu benennen. Jungen, die zu Männern heranwachsen, ist es sicher ebenso ein Bedürfnis zu erfahren, was Mannsein ist, wie für junge Mädchen, die den Wunsch nach einem richtigen Mann an ihrer Seite im Herzen tragen. Für all diese habe ich mein »Männerbuch« geschrieben. Wenn ich mich ganz kritisch selbst befrage, dann auch ein bisschen für mich selbst, um auch meine Fragen zu meinem Mannsein besser verstehen und beantworten zu können. Dabei habe ich festgestellt, dass ich – und wir Männer überhaupt – auf dem Weg sind, im Gegenüber zu Gott zu dem Mann zu werden, zu dem er uns haben möchte.
So gilt mein Dank allererst ihm, der mich in meinem Mannsein begleitet hat und weiterhin begleitet. Ferner meiner Frau, die mir treu und beharrlich hilft, Mann zu bleiben und mir zeigt, wo ich noch nicht männlich bin. Dann meinen Kindern, die mich mit Recht fordern, ihnen ein männlicher Vater zu sein. Schließlich all jenen Männern, die mir in meinem Leben begegneten und mich einige Zeit lang begleiteten: als Pflegevater, Lehrer, Lehrmeister, Professor, Kompaniechef, Brüderpfarrer, Professor, Mentor und Chef, sowie all jenen, mit denen ich in Jesus Christus brüderlich und teilweise auch freundschaftlich verbunden bin. Warum all diese Männer nicht unwichtig für die Entfaltung meiner Männlichkeit waren, wird u.a. durch die Fakten des hier vorliegenden Buches verständlich werden.
»Ich bin überreich beschenkt mit soviel Kapital, weil du mein Gott mir liebevolle Freunde schenkst, …«
1 Sam Keen, Feuer im Bauch. Über das Mann-Sein, Bergisch Gladbach 1992.
2 Vgl. hierzu die Hinweise bei Raimar Keintzel und Els Nannen, wie Anm. 98 und 128.
3 Schon während meines Theologiestudiums an dem Missionsseminar in Hermannsburg (1973-1974) beschäftigten mich die Fragen der Anthropologie des Menschen. Dies fand seine Fortsetzung während meines Studiums der Philosophie an der Universität Bielefeld ab dem Sommersemester 1980 und ist bis heute für mich nicht abgeschlossen. Vgl. zum Sinn des Lebens: Martin Jost, Sehn-Sucht Sinn, Berneck 1994.
In all den Fragen und Diskussionen um Frau- und Mannsein ist in den letzten Jahren für mich sehr deutlich geworden, wie gefährlich es ist, wenn man sie in der Isolation und Abgrenzung zum anderen (zur Frau, bzw. zum Mann) führt. Der Feminismus zeigt dies in ganz besonderer Weise, indem er sich ja gerade in der Abgrenzung und Überwindung zum Mannsein definiert und gefunden hat.4 Lutz von Padberg hat in seinen Untersuchungen zum Feminismus deutlich herausgearbeitet, dass der Feminismus als Grundstruktur des Bewusstseins5, das sich bei den Frauen geändert hat, die sich bewusst feministisch verstehen, aufgefasst werden muss. Er zeigt in seinem Buch »Feminismus – eine ideologische und theologische Herausforderung«6, welche Leitvorstellungen in der Vielschichtigkeit des Feminismus gesamtgesellschaftlich berücksichtigt werden müssen. Demnach steht der Feminismus im Kampf gegen:
den Sexismus,
das Patriarchat,
die Festlegung der Geschlechterrollen,
eine Sexualethik und
die Gesellschaft,
so dass sich dies in der Familie, der Kindererziehung und der Ethik schlussendlich widerspiegelt. Wir Männer sind bei diesen Neudefinitionen insofern betroffen, als uns durch dieselben von den Feministinnen und den ihnen nahestehenden Männern7 das tradierte Mannsein abgesprochen wird, was sich in der Rollendefinition unseres Kulturkreises als Erzeuger, Beschützer und Versorger8 versteht. Damit gehen sie recht ruppig und radikal gegen bestehende Verständnisse von Mannsein vor. Folgende Zitate belegen dies eindrücklich:
»Die Frau ist das Höchste. Mutter Erde gehört zur Frau, nicht zum Mann.«9
»Alle Männer sind Vergewaltiger, und mehr gibt es nicht über sie zu sagen.«10
»Beim Mann setzt die seelische Verkümmerung meist so frühzeitig ein, dass er weitgehend jeden menschlichen Bezug zu sich verloren hat. (…) Männer würden sich, allein unter sich, zerfleischen.«11
Solche Äußerungen mögen dem einen oder anderen Mann angst machen und das männliche Selbstbewusstsein ankratzen. Nach dem Tod des Patriarchats steht für die französische Philosophin Elisabeth Badinter die »androgyne Revolution«12 ins Haus, in der Mannsein ohne die Anteile von Frausein nicht verstanden werden kann. Doch diese Anschauung13 hat nicht nur einige Haken, sie hinkt hinten und vorne und ist letztlich nichts anderes als die Neuauflage eines alten Mythos.14 Die Utopie vom androgynen Menschen, der männliche und weibliche Eigenschaften gleichermaßen miteinander verbindet und entwickelt, »ignoriert nicht nur die Bedeutung der tatsächlichen biologischen Unterschiede, sondern übernimmt auch unhinterfragt die Bezeichnung von bestimmten Eigenschaften als ›männlich‹ oder ›weiblich‹.«15
Nach meiner Auffassung kann sich ein Mann nicht fraulich und eine Frau nicht männlich fühlen, da beide verschiedene Geschöpfe sind, eben nicht gleichartig, sondern gleichwertig, womit das Menschliche bei beiden Menschen in den Mittelpunkt tritt. Wird dies übersehen, bekämpft oder gar abgestritten, wie dies bei feministischen Frauen geschieht, die männliches Verhalten im negativsten Sinne sehen (neuere Veröffentlichungen sprechen gar von Sexismus, männlichem Chauvinismus, Männlichkeitswahn oder von Phallozentrismus)16, so besteht die Gefahr, dass Mann und Frau entgegen ihrer geschöpflichen Bestimmung, die sie aufeinander und zueinander bezogen sieht, gegeneinander kämpfen. Sind Männer für solch radikal denkende Frauen nur Unterdrücker, so mag das Exterm solcher Einstellungen dazu führen, dass für sie nur noch lesbische Lebensbeziehungen17 denk- und lebbar sind. Mannsein muss sich in solchen Zusammenhängen sicher zunächst wieder auf sich selbst besinnen, um anschließend auch solch extremen Positionen so zu begegnen, dass der Kampf der Geschlechter nicht angeheizt sondern beendet wird. Dabei ist historisch nicht von der Hand zu weisen, dass Männer Frauen gesellschaftlich und privat unterdrückt haben, so dass die Emanzipation der Frauen, die in der Frauenbewegung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts erstritten wurde, diesen eine berechtigte gesellschaftliche Achtung erwarb, die ihnen von den Männern verweigert wurde. Wenn Männer vergessen, sich für Frauen im Sinne Gottes einzusetzen – »Ihr Männer, liebet eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen, …«18 – müssen jene wohl oder übel für sich selbst streiten. Wie problematisch dies wird, ja dass dies letztlich gegen die Frauen selbst gehen kann, zeigen die Auswüchse im extremen Feminismus.19
Die Frauenbewegung hat darüber hinaus dazu beigetragen, dass Frauen ihre Identität neu bestimmten, womit sich Auswirkungen für das Mannsein im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang zwangsläufig ergaben. Walter Hollstein, Professor für Politische Soziologie in Berlin, benennt die Wirkungen wie folgt:
»Frauenemanzipation impliziert nicht nur die Veränderung von Geschlechterrollen, sondern weitgehend auch den Konflikt der Geschlechter selbst. Wenn Frauen sich gegen ihre gesellschaftlich aufgezwungenen Funktionen als Versorgerinnen von Männern wehren, als Heimchen am Herd, dann hebt das im Ergebnis, dass sich jahrhundertelang überlieferte und gelebte Beziehungsbilder von Frau und Mann grundsätzlich wandeln. Konkret bedeutet das Verhaltensunsicherheit, Orientierungslosigkeit, Auseinandersetzung und Bemühen um neue Handlungsanweisungen, Partnerschafts- und Ehekonflikte, Trennungen, Scheidungen, Kinder ohne Väter oder ohne Mütter, gesellschaftliche Unordnung.«20
In dieser gesellschaftlichen Unordnung befinden wir uns heute. Wir erleben eine gesamtgesellschaftliche Orientierungslosigkeit, die sich in einem dramatisch ansteigenden Werteverlust und einer steigenden Beziehungslosigkeit zeigt. Aber in genau dieser Gesellschaft leben wir heute. In ihr muss Mannsein verstanden, neu beschrieben und nach den Ordnungen Gottes gelebt werden. Dies bedeutet Liebe zur Wahrheit und Bereitschaft zur Veränderung von liebgewordenen Ansprüchen, Selbstverständnissen und Erwartungen aufzubringen. Überlieferte Männerbilder müssen sich auf dem Hintergrund der Forderung des Paulus an die Epheser – »Ihr Männer, liebet eure Frauen,…« – auf eine Veränderung einstellen. Mannsein bedeutet für mich in diesem Zusammenhang, willig und bereit zu sein für eine Änderung des eigenen Selbstverständnisses, wo es auf berechtigte Kritik stößt, weil es Frauen und Kinder unterdrückt, statt sie zu lieben und in ihrer Persönlichkeit zu fördern.
Wenn wir dies wollen, wozu ich mit meinem Buch ermuntern möchte, so kann es nur hilfreich sein, Fragen an die eigene Identität zuzulassen. Wir Männer scheinen uns bezüglich unserer Gefühle ja schwerer zu tun als die Frauen. Ob dies nur ein oberflächliches Klischee ist, oder ob es zutrifft, kann jeder Mann selbst bestätigen oder widerlegen, indem er sich den Fragen nach seinem eigenen Sein stellt und die erhaltenen Antworten hierauf in seinem Leben zur Auswirkung kommen lässt. Für mich ist die Frage »Wer bin ich – wie soll ich sein?«21 sehr zentral. Vor ihrem Hintergrund möchte ich nun in die Beschreibung des Mannseins einsteigen. Wo anders als in der Familie, in die wir hineingeboren werden, könnte ich dabei beginnen? Selbst wenn die Familie heute22 teilweise in Auflösung und teilweise in einer Strukturveränderung23 begriffen ist, so sind doch immer noch Frau (Mutter) und Mann (Vater) für uns notwendig, um im Leben erscheinen zu können.
4 Lutz von Padberg, Feminismus- eine ideologische und theologische Herausforderung, Wuppertal 1985; Lutz von Padberg, New Age und Feminismus. Die neue Spiritualität, Asslar 1987.
5 Herrad Schenk, Die feministische Herausforde-rung. 150 Jahre Frauenbewegung in Deutschland, 2. Auflage, München 1981.
6 Wie Anm. 4, S. 102-107.
7 Vgl. hierzu etwa Veröffentlichungen und Äußerungen von Franz Alt und Eugen Drewermann.
8 Tim Rohrmann, Junge, Junge - Mann, o Mann. Die Entwicklung zur Männlichkeit, Reinbek bei Hamburg 1994, S. 68.
9 Ebd., S. 62.
10 Ebd.
11 Ebd.
12 Elisabeth Badinter, Ich bin Du. Die neue Bezie-hung zwischen Mann und Frau oder Die androgyne Revolution, München, Zürich 1987.
13 Das androgyne Konzept von Badinter trägt auch New-Age-Züge.
14 Hintergründe des androgynen Mythos sind in der fernöstlichen Philosophie des Taoismus zu finden und tauchen heute wieder im Selbstverständnis der Hexen auf.
15 Wie Anm. 8, S. 65.
16 Ebd., S. 64.
17 Ebd., S. 65.
18 Epheser 5, 25.
19 Der extreme Feminusmus wird von Mary Daly vertreten (vgl Padberg wie Anm. 4) und erscheint heute im Selbstverständnis der Frau als »Wolfsfrau« (vgl. Clarissa P. Estes, Die Wolfsfrau. Die Kraft der weiblichen Urinstinkte, München 1993).
20 Walter Hollstein, Nicht Herrscher, aber kräftig. Die Zukunft der Männer, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 198f.
21 Klaus Berger, Wer bin ich - wie soll ich sein? - Kind, Frau, Mann in der Identitätsfindung -, Wuppertal 1991.
22 Rudolf Bauer, Ist die Familiengründung zu kostspielig? Bewertung in alten und neuen Bundesländern, in: Rheinische Post, vom 15.07. 1994.
23 Ulrich Beck, Elisabeth Beck-Gemsheim, Das ganz normale Chaos der Liebe, Frankfurt am Main 1990.
Wir werden nicht gefragt, ob wir ins Leben treten wollen. Wir werden ungewollt geboren. Leben beginnt damit schon schicksalhaft für uns. Mutter und Vater können wir uns nicht aussuchen, auch die Geschwister nicht. Ob wir welche vorfinden, ob wir selbst das erste Kind sind oder in der Geschwisterreihe an zweiter, dritter, vierter usw. Stelle stehen24, alles ist bedeutsam, doch von uns als Geborene nicht beeinflussbar. Wurden wir von unseren Eltern angenommen, so wie wir sind? Waren wir Wunschkinder, die mit Sehnsucht erwartet wurden, oder nur geduldete? Haben unsere Eltern nach unserem Wesen, unseren Eigenschaften und Begabungen Ausschau gehalten, oder mussten wir das tun und werden, was wir nach ihren Vorstellungen sein sollten?
Diese Fragen haben Konsequenzen für die Entwicklung eines Säuglings, Kleinkindes, Kindes und Jugendlichen in der Familie. In der Familie liegt somit die Möglichkeit zur Entfaltung all der Anlagen, die wir mit unserer Erscheinung mit ins Leben bringen, aber auch die Verunmöglichung, wenn das Leben, unser Leben, als Geschenk für die, die uns ins Leben setzten, nicht gesehen wird. Mannsein beginnt demnach mit Säuglingsein. Schon als kleiner Mensch sind wir in unserem Geschlecht eindeutig festgelegt und zeigen Verhaltensweisen, die eben jenem entsprechen. In der Zusammenarbeit zwischen empirischer Säuglingsforschung und psychoanalytisch orientierter Psychologie fand man heraus, dass der Säugling erstaunliche Fähigkeiten besitzt, seine Umgebung abzutasten und sich auf sie einzustellen.
»Bereits Neugeborene erkennen ihre Mutter an Stimme und Geruch und reagieren auf sie mit einer ›Grußreaktion‹ (Öffnen des Mundes, Schürzen der Lippen usw.), die sich von der Reaktion auf Spielzeug deutlich unterscheidet. Sie sind hungrig auf neue Erfahrungen und schauen weg, wenn das Erblickte sie langweilt. Babys nehmen nicht nur aktiv am Dialog mit der Mutter teil, sondern initiieren ihn oft sogar. Die erstaunlichen Fähigkeiten des Säuglings betreffen nicht nur seine Wahrnehmungsfähigkeit, sondern auch die Entwicklung eines beachtlichen Gedächtnisses schon in den ersten Lebensmonaten. Es versucht, die Welt zu begreifen und freut sich, wenn seine Erwartungen eintreffen. Die Eltern wiederum haben die Fähigkeit, die Bedürfnisse des Babys zu beantworten. (…). Alle diese Ergebnisse haben weitreichende Konsequenzen für die Beziehung des Säuglings zu seiner Umwelt und zu sich selbst.«25
Der kleine »Mann«, die kleine »Frau« erleben demnach schon in ihrer Säuglingszeit sehr intensiv ihre Welt. Für die Eltern und die Erwachsenen, die in Stellvertreterposition der Eltern die Säuglinge betreuen, ist die Art und Weise ihrer Interpretation des Säuglingsverhaltens bewusst zu machen.
»Eltern brauchen und möchten meist Hinweise darauf was sich in bestimmten Augenblicken im Kopf ihres Kindes abspielt.«26
Die Bereitschaft der Eltern, sich in die Gefühle und in die Welt des Kindes hineinzuversetzen ist enorm wichtig für die Entwicklung der Beziehung zwischen beiden.
Sie setzt unter anderem auch die Grundlage für die Entfaltung einer gesunden Persönlichkeit des Kindes voraus. Schließlich wird die Liebe der Eltern zu ihren Kindern auch ein hilfreicher Antrieb für sie sein, dem kindlichen Verhalten deutend auf der Spur zu bleiben. Für den Säugling und das Kleinkind sind solche Deutungen wichtig, weil sie noch nicht in der Lage sind, ihre Gefühle im Gewirr der Beziehungen zwischen Mutter und Vater, den Geschwistern und all den Bekannten und Freunden der Familie, richtig zu lokalisieren.
»Erst ihre Deutung hilft ihm daher bei der Klärung und Strukturierung seiner Welt.«27
So geben die Deutungen der Eltern in gewisser Weise schon sehr früh dem Kind zu verstehen, wann, warum und weshalb es angenommen ist oder nicht. Die frühe Prägung dieser Art ist ferner auch nicht unbeteiligt an dem sich herausbildenden Selbstverständnis, ein Junge bzw. ein Mädchen zu sein. Für die Eltern ist es deshalb wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass sie fortlaufend eine Biografie ihres Kindes zusammenstellen.28
Wenn in den beiden ersten Lebensjahren des Kindes notwendigerweise die subjektive Deutung des kindlichen Verhaltens, Wollens und Handelns durch die Eltern ohne Austausch mit dem Kind hierüber bleibt, so sollte umso mehr ab der Zeit, wo das Kind sich zunehmend subjektiv verständlich machen kann, die Überprüfung der zusammengestellten »Biografie« mit dem, was das Kind von sich aus äußert, vorgenommen werden. Sonst könnte es dazu kommen, dass Eltern ihre Kinder und jene ihre Eltern nicht verstehen, nur weil die Eltern nicht bereit waren, ihre Deutungsmuster und ihre geheime Biografie der Kinder durch das Eigenleben der Kinder korrigieren zu lassen.
Als Kinder haben wir Menschen unsäglich darunter zu leiden, wenn wir immer nur dem entsprechen müssen, was andere von uns erwarten, wenn dabei nicht gleichzeitig von ihnen auch die Frage bewegt wird, wer wir denn eigentlich sind. Sicher sind wir Menschen zeitlebens auf die Interpretation unseres Verhaltens angewiesen. Doch können wir mit zunehmendem Alter unsere Interpretation mitteilen und fragen, ob der oder diejenige, die wir so oder so verstanden oder gedeutet haben, dies auch für sich so sehen. Bezogen auf das Phänomen Mannsein lernen wir aus der frühen Kindheit, sensibel für die kleinen »Männer« zu sein und später, wenn es möglich ist, ihr Verhalten, Wollen und Handeln mit ihnen zu kommunizieren, unsere Interpretationen mit ihnen abzugleichen.
Für mich ist es wichtig, meine Kinder und darüber hinaus all jene Menschen, mit denen ich es zu tun habe und die mir begegnen, in solch eine offene Begegnung einzuführen. Hierdurch werden Vorurteile abgebaut und teilweise schon mit der Wurzel entfernt oder sogar überhaupt nicht gezüchtet. Am Anfang steht das subjektive Erleben29 des Säuglings. Es steht von Anfang an in einer Beziehung zu anderen, so dass es nie isoliert ist und auch nicht vereinzelt gesehen werden darf (vgl. Kapitel »Im Zusammenhang von Sozialisationserfahrungen«). Nach Daniel Stern gibt es vier Arten des Selbstgefühls, die sich in sensiblen Phasen aufeinander aufbauend entwickeln.30 Die erste Phase bezeichnet er als einen Zustand aufmerksamer Untätigkeit, in der der Säugling von Geburt an schon zwei Stunden täglich sein kann. Äußerlich wirkt er ruhig, ist aber innerlich sehr aktiv.
Innerhalb der ersten beiden Monate entwickelt sich die Verbindung von Wahrnehmung und Gefühl. In diesem Zusammenhang spricht Stern davon, dass das Selbst auftaucht, das sich dann zwischen dem zweiten und siebten Monat im Organisationsprozess zum Kern-Selbstgefühl entfaltet. Stern ist der Überzeugung, dass sich das Kind »schon in dieser Zeit als von der Mutter getrennt erleben und seine eigenen Handlungen kontrollieren kann.«31 Zwischen dem siebten und neunten Monat entwickelt sich nach Sterns Ansicht das Gefühl eines subjektiven Selbst.32 In dieser Zeit ist es wichtig, dass Eltern und Kind es lernen, sich gefühlsmäßig aufeinander einzustimmen:
»Die durch diese Einstimmung entstandene zwischenmenschliche Gemeinsamkeit ist aber Voraussetzung für die Erkenntnis des Säuglings, dass innere Gefühlszustände Formen menschlicher Erfahrung sind, die man mit anderen Menschen gemeinsam hat.«33
Ab dem 18. Monat beginnen Kinder, sich selbst objektiv wahrzunehmen. Damit entsteht ein »objektives« Selbst gegenüber dem vorherigen »subjektiven« Selbst.
Über den Spracherwerb bildet sich dann das Gefühl eines sprachlichen Selbst. Für das Modell der »Selbstbildung« nach Stern gilt, dass die von ihm genannten Erlebniswelten sich nicht wie in Phasenmodellen der Entwicklung ablösen, weil eine folgende Phase erreicht wurde, sondern »Themen und Erlebnisqualitäten jeder Stufe finden sich auch im späteren Leben immer wieder.«34 Jeder weiß, wie zu unterschiedlichen Zeiten im Leben die Frage nach der eigenen Identität aufbricht und nach Beantwortung verlangt. Unter Berücksichtigung der Untersuchungen von Stern gilt für die Gestaltung der Männlichkeit, dass sie sich im Kontext der Familie vom Beginn des Lebens an nicht nur auf die Mutter, sondern auch auf den Vater und auf andere Personen bezieht, wobei dies in diesem frühen Stadium für das betroffene Subjekt noch nicht als Problemstellung erscheint. Sterns Ergebnisse berücksichtigen den Geschlechtsunterschied zwischen Jungen und Mädchen nicht. Da seine Überlegungen und Forschungen aber sehr deutlich die Entfaltung des Selbst zeigen konnten, können wir daraus auch schließen, dass es sich geschlechtstypisch entfaltet.
In der Familie erleben wir uns immer im Umschluss mit anderen Menschen. Wichtig ist, dass wir von ihnen angenommen sind. Dies gilt für mich in einem ganzheitlichen Sinne: körperlich, gefühlsmäßig und geistig. Identität wird ja ganzheitlich erfahren, so dass die Entfaltung der körperlichen, emotionalen und geistigen Fähigkeiten innerhalb der Familie gefördert, zugelassen und begleitet werden sollten. Wenn wir dies in unseren Familien wieder bewusster sehen, tragen wir als Eltern positiv dazu bei, dass die Sozialisation unserer Kinder für sie nicht so schmerzhaft verläuft. Wenn wir Zuhause sagen dürften, was wir denken, man uns dazu anregt und unterstützt, werden wir es auch später im Kindergarten, in der Schule und schließlich im Beruf nicht unmöglich finden, unsere Einstellung, Meinung und Überzeugung kundzutun.
24 Kirsten Sorrig, Oulf Martensen-Larsen, Große Schwester, kleiner Bruder. Prägung durch die Familie. Wie man Schlüsselerlebnisse in der eigenen Familiengeschichte erkennen, interpretieren und für den eigenen Lebensweg nutzen lernt, Bern, München, Wien 1991.
25 Wie Anm. 8, S. 24.
26 Daniel N.Stern, Tagebuch eines Babys. Was ein Kind sieht, spürt, fühlt und denkt, München 1991, S. 10.
27 Ebd., S. 11.
28 Ebd., S. 13.
29 Wie Anm. 8, S. 25.
30 Ebd., S. 25 if.
31 Ebd., S. 25.
32 Ebd., S. 26.
33 Ebd.
34 Ebd.
Unter der Sozialisation des Menschen versteht man dessen Hineinwachsen in die Gesellschaft. Für viele Soziologen ist es klar, dass Männlichkeit und Weiblichkeit soziokulturell bedingt sind und eben nicht naturgegeben. Ich möchte untersuchen, welche Erfahrungen wir als Jungen in unserer Sozialisation gemacht haben und dabei beobachten, inwiefern diese Erlebnisse unsere Auffassung vom Mannsein prägen.
Dabei bediene ich mich verschiedener Forschungsergebnisse und beginne mit einer kleinen Definition von verschiedenen Begriffen der Gruppen- und Gesellschaftssoziologie, da sie uns helfen, die Mächtigkeit von Schichtenzugehörigkeit, Rollenerwartungen und Statussymbolen für die Bedeutung dessen, was Männlichkeit innerhalb unserer Gesellschaft ist, zu verstehen. Hierbei möchte ich gleichzeitig ab und zu einen kleinen »Ausflug« in die Völkerkunde (Ethnologie) unternehmen, um hierdurch im Kontrast zu unserer Kultur und über sie hinausgehend Männlichkeit in universaler Dimension von Menschsein als Mannsein, benennen zu können.
Anknüpfend an vorhin angestellte Überlegungen erscheint der einzelne in der Gemeinschaft seiner Familie. Unter Gemeinschaft versteht man die auf gefühlsmäßiger Nähe beruhende, besonders enge Verbundenheit der Mitglieder. Gemeinschaft pflegen wir dementsprechend in Liebesgemeinschaften, in Freundschaften und in der Familie. Jede Gemeinschaft hat ihre eigene Dynamik, wenn es darum geht, die Wertigkeit des einzelnen Mitgliedes zu bestimmen. Entsprechend bedeutsam sind Gemeinschaften für die Akzeptanz dessen, was Männlichkeit und Weiblichkeit ist oder sein soll. In der Familie, einer soziologisch definierten »Gruppe besonderer Art, da sie eine bestimmte Rollenstruktur (Vater / Mutter / Tochter / Sohn / Enkel / Schwester usw.) aufweist; für diese ist die Geschlechts- und Generationsdifferenzierung bestimmend (Zwei- oder Mehr-Generationen; weiblich / männlich) (…) Dieser Gruppe besonderer Art wird ferner von der jeweiligen Gesellschaft, in der sie eingebunden ist, die Erfüllung ganz besonderer Funktionen übertragen.«35
Im Rückblick auf die Geschichte und im Kulturvergleich zeigt sich, dass diese Funktionen variieren können. Dennoch hat die Familie universal die biologische und soziale Reproduktionsfunktion ihrer Gesellschaft inne. Damit sind an ihre jeweiligen Mitglieder bestimmte Anforderungen gestellt, die sie zu erfüllen haben. Mit einem sich wandelnden Rollenverständnis von Frau und Mann innerhalb einer Gesellschaft ändert sich auch die Struktur und Funktion der Familie. Im Rückblick aufgezeigt: Wir kennen in Deutschland seit dem 16. Jahrhundert sprachgeschichtlich die Familie. Von der Großfamilie, in der mehrere Generationen zusammenlebten, zur Kleinfamilie, in der Vater, Mutter und Kind bzw. Kinder leben, bis hin zur Wechsel- und Verhandlungsfamilie36, in der Kinder erleben, dass ihre Elternteile wechseln, weil die Eltern sich trennen oder scheiden und die Kinder entsprechend um den neuen Partner mit dem zurückgebliebenen verhandeln, hat sich in unseren Tagen die Familie verändert. Für die Ausprägung der Männlichkeit bedeutet dies häufig den Verlust des Vaters für die Jungen, bzw. das Erleben von verschiedenen, mehreren »Vätern«, wobei die Sehnsucht nach »meinem Vater« häufig auf der Strecke bleibt. Nicht umsonst, und in dem soeben aufgezeigten Zusammenhang der Familienveränderung wird dies ja auch ganz deutlich, spricht man zu Recht heute von der vaterlosen Generation. Die Väter sind nicht im Krieg geblieben, obwohl sie auf andere Art durch »Ehekrieg«, »Familienkrieg« ihren Kindern verloren gehen. Auf einer Fachtagung »Zukunft der Familien gestalten«, die an der Universität Bielefeld im Sommer 1994 durchgeführt wurde, kam als Ergebnis heraus, dass die Familie trotz aller Unkenrufe nach wie vor einen hohen Stellenwert in der Akzeptanz durch die Gesellschaft bei deren Mitgliedern hat.
Prof. Franz-Xaver Kaufmann führte aus:
»Es wird immer kostspieliger, sich eine Familie zu leisten, so dass sich der weit verbreitete Wunsch nach Partnerschaft und Familie nach dem Bewusstsein von immer mehr Menschen nicht in einer stabilen Form verwirklichen lässt … Man kann den Sachverhalt, um den es hier geht, auf die Formel bringen, dass moderne Gesellschaften eine strukturelle Rücksichtslosigkeit gegenüber Familien entfalten, was es in früheren Gesellschaftsformen, die geradezu auf den Familien- und Verwandtschaftsstrukturen aufgebaut waren, nicht gegeben hat.«37
Einen wesentlichen Grund für die Gedanken- und Rücksichtslosigkeit gegenüber der Familie liegt nach Kaufmann in der Unkenntnis der Leistungen, die die Familie mit Kindern für die Allgemeinheit, für den Staat und die Zukunft erbringt.
»Für die menschliche Gesellschaft bleibt die Familie38 unersetzbar. Hier werden Leistungen erbracht, die weit über die materielle Daseinsfürsorge für die einzelnen Familienmitglieder hinausreichen. Familie ist die entscheidende Bedingung für die Vermittlung grundlegender kultureller und sozialer Werte und gleichzeitig Voraussetzung einer auf Zukunft hin orientierten Gesellschaft.«39
Wenn dies so ist, wie wichtig ist es dann, Werte, Ziele und zeitgeistige Entwicklungen innerhalb der Gesellschaft, in der wir leben, zu verfolgen, um den Bestand und die Bedeutung der Familie für die Gesellschaft zu sichern. Je maroder und konfuser es in den Familien zugeht, desto problematischer wird auch das gesellschaftliche Miteinander der Menschen sein.
Diesen Sachverhalt können wir täglich bestätigt finden. Wo in den Familien der brutale Individualismus mit seinen Auswüchsen an Rücksichtslosigkeit gegenüber den anderen Familienmitgliedern zunimmt, findet er sich auch in der Gesellschaft wieder. Nicht umsonst rufen verantwortliche Politiker40 und Zeitgenossen nach der Notwendigkeit eines neuen Wir-Bewusstseins, einer Gemeinschaftsgesinnung, einem Kommunitarismus, der das »Wir« und das »Wir gemeinsam« wieder in den Mittelpunkt stellt.41 Für die Besinnung auf Männlichkeit werden in diesem Zusammenhang die Prägungen in der Familie wichtig, da sie im Zuge der frühen Sozialisation auch Werte, Einstellungen und Meinungen ihrer Mitglieder formt.
Wissenschaftlich formuliert ist Sozialisation der Prozess »der Aneignung von und Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Werten, Normen und Handlungsmustern, in dessen Verlauf ein Gesellschaftsmitglied die soziale Handlungsfähigkeit erwirbt.«42 Neuere Ansätze der Sozialisationsforschung betonen die Verbindung von Sozialisationserfahrungen in der Familie und den weiteren Beziehungsgeflechten wie Kindergarten, Schule, Beruf etc. mit ihrer Wirkung auf die Persönlichkeitsbildung des Menschen. Im Mittelpunkt des Sozialisationsprozesses steht dann die Persönlichkeit des Menschen. Diese wird beschrieben »als das spezifische Gefüge von Merkmalen, Eigenschaften, Einstellungen und Handlungskompetenzen, das einen einzelnen Menschen kennzeichnet. Entstanden ist dieses organische Gefüge auf der biologischen Lebensgrundlage des Menschen durch die Erfahrungen, die der einzelne im Laufe seiner Lebensgeschichte gemacht hat.«43 Der einzelne wird nun in der Gruppe, in der er lebt, auch im Hinblick auf seine Persönlichkeit gefordert und geformt, so dass er sich in diesem Zusammenhang immer wieder neu seiner Identität vergewissern muss, sofern diese von der Gruppe angetestet wird. Im Alltag sind wir Menschen in verschiedenen Gruppen eingebunden (Familie, Arbeits- und Lerngruppe etc.). Drei Mitglieder zählt die kleinste Gruppe.
Beliebig viele dann die Großgruppe. Wie wichtig die Gruppe für den einzelnen Menschen ist, hat Leon Mann in seiner Sozialpsychologie anschaulich beschrieben. Während Sie jetzt das Zitat lesen, stellen Sie sich doch die Frage, inwiefern das hier Gesagte nicht auch auf Sie als Leser zutrifft.
»Was ist nun der Ursprung der Gruppenanziehung? Die Individuen sind in erster Linie bei der Befriedigung der meisten ihrer Wünsche von den anderen abhängig, andererseits erleichtert die Gruppe ihren Mitgliedern die Verwirklichung einer Reihe von Zielen. (…) Übereinstimmende Interessen, Einstellungen und Wertvorstellungen sind wichtige Aspekte der Anziehung für jede Gruppe, da die Mitglieder ihre eigene Meinung ausdrücken und in Gegenwart anderer bestätigt sehen möchten. (…) Das Individuum ›testet‹ sich in der Gruppe und vergleicht sich mit den anderen Mitgliedern – eine Prüfung, die es ihm erlaubt festzustellen, ob seine Ansichten, Vorstellungen und Urteile der sozialen Wirklichkeit entsprechen. (…) Der Einzelne ist auf die Zugehörigkeit zur Gruppe angewiesen, da sie zum großen Teil sein Eigenwertgefühl, sein Ansehen und seinen Stolz festlegt.«44
Wenn Sie als Leser für sich persönlich festgestellt haben, dass die Aussagen von Leon Mann zutreffen, so sollten Sie sich neu fragen, ob Sie mit den Menschen zusammen sind, von denen Sie erwarten können, dass sie es ernst mit Ihnen meinen. Sofern wir die Wahl der Gruppenzugehörigkeit haben (in der Familie, der Schule und evtl. auch am Arbeitsplatz, hier wohl weniger, bis überhaupt nicht), sollten wir sie auch bewusst treffen, da von ihr für unsere Persönlichkeit enorm viel abhängt. Innerhalb der Gruppe erhalten wir dann Rollenzuschreibungen, so dass es wichtig ist zu wissen, was unter einer Rolle zu verstehen ist. Man versteht unter ihr in der Soziologie »ein Bündel von Erwartungen, die sich in einer gegebenen Gesellschaft an das Verhalten der Träger von Positionen knüpfen (…) Insofern ist jede einzelne Rolle ein Komplex oder eine Gruppe von Verhaltenserwartungen.«45 Bezogen auf Mannsein ist der Rollenbegriff zu problematisieren, weil »Männer- und Frauenrolle, (…) anders als andere Rollen, untrennbar mit biologischen Gegebenheiten verknüpft«46 sind. Dennoch gibt es Rollenerwartungen, die sich in geschlechtstypischem Verhalten niederschlagen. So wird vom Mann die Arbeit und damit die materielle Versorgung der Familie erwartet und von der Frau die Kinderaufzucht und die Erziehung gewünscht.
Wenn beide Erwartungen heute teilweise ideologisch durchsetzt (etwa im Feminismus) sind, so bestehen sie dennoch unwiderruflich. Die Aufgabe der Mutter bedingt dann auch, dass »beide Geschlechter (…) ihre primäre Beziehungs- und Liebesfähigkeit fast ausschließlich in der Beziehung zur Mutter«47 entwickeln. Der Vater ist ja zum großen Teil abwesend, da er die Versorgung sichern muss. Solche Konstellationen, die sich im Prozess der Sozialisation ergeben, sind zu berücksichtigen, wenn Mannsein und Männerrolle diskutiert wird. Nicht grundsätzlich sind wir Männer gefühlsärmer oder Kindern gegenüber gleichgültiger, wir haben entsprechend unserer Sozialisationserfahrungen auch viel aufzuarbeiten, um unsere gelernten Verhaltensmuster zu überprüfen, sie abzulegen und uns auf das einzustellen, was Frauen und Kinder berechtigterweise von uns wünschen: Liebe, Aufmerksamkeit, Fürsorge und Geborgenheit. War hierfür in unserer Familie die Mutter zuständig und beharrte sie sogar darauf, hierfür in Sonderheit zuständig zu sein, so haben wir es schwer, umzulernen. Doch hierzu möchte ich ausdrücklich Mut machen. Wir können diesbezüglich sehr viel von Jesus Christus lernen (vgl. weiteres zu diesem Gedankenkomplex in den Kapiteln vier bis sechs).
Wie sieht es in anderen Kulturen aus, wenn es um die Sozialisation von Mannsein geht? Eine regelrechte Fundgrube zu diesem Thema bietet das Buch von David D. Gilmore mit dem Titel: »Mythos Mann. Rollen, Rituale, Leitbilder«.48 Gilmore lehrt als Professor für Anthropologie an der State University of New York. Die Geschlechterrollen in den verschiedenen Gesellschaften sind das Grundthema seiner anthropologischen Studien. So motiviert konnte er der Frage nachgehen, was es heißt, ein Mann zu sein. Er fand zunächst, dass auch in Kulturen von eingeborenen Völkern den Männern die sozialen Funktionen von Erzeuger, Beschützer und Versorger zugewiesen werden. Ich werde später zeigen, dass diese Erwartungen an uns Männer der Schöpfungsordnung Gottes entsprechen, die er für den Mann vorgesehen hat. Insofern findet sich in ihnen eine anthropologische Konstante, die universal verbreitet ist und für alle Männer aller Völker und Nationen zutrifft. Die Kindheit der Jungen ist ebenfalls wie in unserer Kultur bei den eingeborenen Völkern »durch das Aufwachsen in der Nähe der Mutter stark weiblich geprägt.«49 Damit der Junge zum Mann werden kann, muss er von der Mutter und der Welt seiner Kindheit getrennt werden. Schließlich erwartet man von richtigen Männern, »dass sie sich in der Sexualität aktiv und potent zeigen. Sie müssen Tapferkeit beweisen und Abhängige vor Gefahren schützen. Und schließlich müssen sie arbeiten, um ihre gesamte Familie und Verwandtschaft zu ernähren.«50 So sind verschiedene Initiationsriten erforderlich, um den Jungen zum Mann zu machen. Wer hieran Interesse hat, möge zu dem Buch von Gilmore greifen. Mir war nach dessen Lektüre die Frage gekommen, in welcher Weise der Junge in unserer Kultur und Gesellschaft zum Mann gemacht wird. Was bestimmt bei uns die Männlichkeit? Stärke steht nach wie vor an erster Stelle. Doch was kommt dann? Sicher wird das Folgende in den unterschiedlichen Schichten der Gesellschaft etwas anders definiert. Was ist es? Lässt es sich aus den verschiedenen Geschlechtsrollen, wie sie für Mädchen und Jungen bestehen, ableiten? Zunächst wird mit dem Begriff »Geschlechtsrollen« eine kulturell vorherrschende Erwartung sozialer Normen »hinsichtlich der für Angehörige des weiblichen und des männlichen Geschlechts typischen und angemessenen Fähigkeiten, Persönlichkeitseigenschaften, Einstellungen, Motive und Verhaltensweisen«51 gekennzeichnet. So gilt es in unsere Gesellschaft als weiblich, Aggressionen zu unterdrücken, aufs Äußere zu achten, gefühlsbetont und freundlich im sozialen Bereich aufzutreten.
Für männlich gilt es, Aggressivität zu zeigen, leistungsorientiert zu sein, Gefühle zu unterdrücken und besonders mutig zu sein. Werden hier nicht Klischees transportiert, die an dem eigentlichen Mannsein vorbeigehen? Auch diese Fragen werden wir näher in den Kapiteln vier bis sechs beantworten. Untersuchungen, die sich auf den Unterschied von Jungen und Mädchen konzentrierten, belegen deutlich, dass es einen Verhaltensunterschied gibt. Er wird sich auf die Geschlechterrollen zurückführen lassen. Ich gebe hierzu einige Beispiele aus dem Verhalten von Jungen und Mädchen in der Grundschule, da sie hier als deutlich voneinander abgegrenzte Gruppen erscheinen.
»Jungen spielen eher an öffentlichen Orten, eher ›draußen‹ als ›drinnen‹. Jungen spielen in größeren Gruppen, Mädchen dagegen häufiger zu zweit oder zu dritt. Jungen finden eher über Gruppenaktivitäten und Gruppenspiele, oft Wettbewerbsspiele, zusammen. Ihr Spiel ist ›rauer‹ als das der Mädchen.«52
Der Unterschied zwischen den Geschlechtern zeigt sich sehr deutlich in der Art und Weise, wie sie die Sprache verwenden.
»Jungen setzen Worte dazu ein, die eigene dominante Position zu behaupten, eine Zuhörerschaft anzuziehen und zu unterhalten und um sich zu behaupten, wenn andere Sprecher an der Reihe sind. Mädchen dagegen verwenden Sprache, um nahe und gleichberechtigte Beziehungen aufzubauen, andere in höflicher ›akzeptabler‹ Weise zu kritisieren und die Beiträge anderer Mädchen zu bestätigen.«53
Jungen und Mädchen, Männer und Frauen sind verschieden – müssen wir dies immer wieder belegen? Wissen wir es nicht schon solange, wie wir uns gegenseitig als Jungen und Mädchen wahrnehmen? Wäre der andere für uns überhaupt anziehend, wenn er nicht anders wäre?
Wenn die Andersartigkeit uns auch hilft, das Wesen der eigenen Art zu verstehen, so sollten wir uns aber davor hüten, hieraus ein Gegeneinander oder eine Qualifikationsbeschreibung in Richtung von »besser als« – zu entwickeln. Die Andersartigkeit ist nach meiner Überzeugung als attraktive Ergänzung des jeweils anderen sinnvoll und notwendig. Doch hierzu auch in den späteren Kapiteln mehr (vgl. wieder in den Kapiteln vier bis sechs!). Die Geschlechterrollen lernen wir von Kindheit an und nehmen sie auch ernst. Wenn wir Kinder nach dem Wesen von Jungen bzw. Mädchen fragen, so nennen sie diese präzise.
Das sollte uns doch dazu ermutigen, das jeweils Männliche und Weibliche als solches zu achten. Dann wird es auch nicht mehr zu einem Problem, wenn man männlich bzw. weiblich in der Gemeinschaft, der Gruppe und der Gesellschaft auftritt und sich entsprechend verhält. Die Soziologie bestätigt den Unterschied, ich möchte ihn nicht verleugnen noch verdrängen. Wer dies tut, muss sich hingegen fragen lassen, warum er nicht zu sich stehen kann. Nicht als Mann und nicht als Frau. Ein Anfang zur Identitätsannahme ist überall dort gemacht, wo Männer Frauen und Frauen Männer in der Weise annehmen, wie sie sind. Es bleibt danach noch genug zu tun, um die gesellschaftlichen Erwartungen und Neudefinitionen von Mann- und Frausein zu verarbeiten. Die Anstrengung hierfür lohnt sich, da wir ja schließlich alle Teile der Gesellschaft sind und über dieses Bewusstsein dann auch indirekt Frausein und Mannsein gesellschaftlich mitdefinieren.
35 Rosemarie Nave-Herz, Familiensoziologie, in: Günter Endruweit, Gisela Trommsdorff (Hrsg.), Wör-terbuch der Soziologie, Bd. 1, Stuttgart 1989, S. 193 ff.
36 Wie Anm. 23.
37 Wie Anm. 22.
38 Vgl. Brigitte Berger, Peter L.Berger, In Verteidi-gung der bürgerlichen Familie, Frankfurt am Main 1984.
39 Wie Anm. 22.
40 Wolfgang Schäuble, Und der Zukunft zugewandt, Berlin 1994, S. 110-127.
41 Unter Kommunitarismus versteht man eine Bewegung, die wieder neu das Wirgefühl und den Zusammenhalt im gegenseitigen Miteinander betont.
42 Klaus Hurrelmann, Elisabeth Nordlohne, Sozialisation, in: Wie Anm. 35, S. 604 ff.
43 Klaus-Jürgen Tillmann, Sozialisationstheorien. Eine Einführung in den Zusammenhang von Gesellschaft, Institution und Subjektwerdung, Reinbek bei Hamburg 1989, S. 11.
44 Leon Mann, Sozialpsychologie, München, B. Auflage, Weinheim 1987, S. 50 ff.
45 Dahrendorf, S. 26.
46 Wie Anm. 8, S. 48.
47 Ebd., S. 52.
48 David D. Gilmore, Mythos Mann. Rollen, Rituale, Leitbilder, München, Zürich 1991.
49 Wie Anm. 8, S. 40.
50 Ebd., S. 50.
51 Hanns Martin Trautner, Geschlechterrollen, in: Wie Anm. 35.
52 Wie Anm. 8, S. 108.
53 Ebd., S. 24.
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Immer wieder ist meine Frau diejenige, die in Geduld und Verständnis meine Buchprojekte begleitet. Ihr gilt mein besonderer Dank dafür, dass sie selbst in schwierigen und belastenden Arbeitsphasen wartet, bis ich meine Arbeit beendet habe. Sie ist mir in jeder Weise eine gute »Gehilfin« und ein kritisches Gegenüber. Den Männern des Männerseminars im März 1994 in Lemgo danke ich für ihre Offenheit, mit der sie sich selbst in das Seminarwochenende einbrachten. Durch sie erhielt ich wesentliche Ideen zu dem vorliegenden Buch.
Frau Anneliese Kilian, die gut, gewissenhaft und verlässlich meine Arbeit lektorierte, möchte ich hierfür herzlich danken.
Schließlich sei meinem Freund Paul Mellies für die hilf-reichen Tipps zur Textgestaltung des Buches gedankt. Ein Buch zu schreiben und herzustellen gelingt immer dort, wo der Autor Freunde zur Seite hat, die sein Projekt begleiten und ihm kritisch zur Seite stehen. In diesem Sinne möchte ich meinem Verleger Herbert Becker herzlich dafür danken, dass er in den letzten Jahren meine Anliegen unterstützte und meine Bücher verlegte.
Klaus R. Berger
Rudolf K. Berger: Wer bin ich - wie soll ich sein
Folgen Verlag, ISBN: 978-3-944187-45-7
Der Mensch leidet heute vielfach unter Orientierungslosigkeit und Manipulation. Dennoch bohrt die Frage »Wer bin ich?« in uns allen den Nerv unserer Identität an. Im Spiegel der Gesellschaft und in dem der Bibel soll gezeigt werden, wie wir uns als Kinder, Frauen und Männer neu finden und begreifen können.Ganz wesentlich ist hierfür die Begegnung mit dem anderen Menschen und mit Gott durch Jesus Christus.
Hanniel Strebel: Vom Glück vier Jungen zu erziehen
Folgen Verlag, ISBN: 978-3-944187-57-0
Als fünffacher Jungenvater mit Söhnen im Alter zwischen 5 Monaten und 8 Jahren ist die Erlebnisdichte hoch. Beim Verarbeiten hilft mir das Schreiben. Lesen, schreiben und singen - das sind meine drei Lieblingsbeschäftigungen. Alle drei Tätigkeiten lassen sich mit Kindern umsetzen. Was erwartet Sie? 115 kurze Berichte, im Alltag verfasst, in den ursprünglichen, umgangssprachlichen Wendungen belassen. Für das Lesen eines Berichts benötigen Sie zwischen 30 und 60 Sekunden; für das Umsetzen brauchen Sie (aus Erfahrung) einige Monate. Ich wünsche viel Ausdauer und Spaß!
Hanniel Strebel: Fünf Jungen und kein Chaos in Sicht
Folgen Verlag, ISBN: 978-3-944187-56-3
Während den Monaten vor und nach der Geburt meines fünften Sohnes habe ich Lernerlebnisse aus der Sicht eines Vaters festgehalten. Es sind kurze Einträge in Form eines Tagebuchs. Den Stil habe ich, abgesehen von einer sanften Überarbeitung, beibehalten. Sie können ruhig zwischen Staubsaugen, Wickeln, Vorlesen und Spaziergang eine Einheit lesen und die Lektüre danach wieder weglegen.