Anika Die Mondscheinstute - Hannelore Deinert - E-Book

Anika Die Mondscheinstute E-Book

Hannelore Deinert

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Beschreibung

Anika und Gundula sind Freundinnen. Als Annette von Wurmapfel in ihre Klasse kommt, erkor sie sich ausgerechnet Anika zu ihrer Freundin, und Annette erhält so ziemlich alles, was sie sich wünscht. Im Gegensatz zu Gundula, die ein rechter Raubauke ist, ist sie ein feines Kind, deren Eltern am Rande von Gundernhausen, einer beschaulichen Bauerngemeinde, ein Pferdegestüt betreiben. Dorthin lädt Annette von Wurmapfel Anika ein, muss aber widerwillig in Kauf nehmen, dass Anika ihre Freundin Gundula mitbringt. Während Anika draußen im sonnigen Hof das Reiten lernen darf, hilft Gundula dem Stallburschen Niklas beim Ausmisten der Pferdeboxen, dem Auslegen von frischem Heu und dem Auffüllen der Futtergrippen, eine echte Knochenarbeit. Dabei entdeckt Gundula eine junge Stute, sie heißt Dunja und ist halbblind, eine Folge der Mondkrankheit, an der sie vor einem Jahr erkrankt war, sie fristet in der hintersten Box des Stalls ein einsames Gnadendasein. Niklas gefällt Gundulas uneigennütziger Einsatz, mit dem sie sich um das vernachlässigte Pferd bemüht, er bringt die fast blinde Stute nach langer Zeit hinaus in den warmen Spätsommertag, wo Gundula, die zuvor nur von Ferne ein Pferd gesehen hatte, sie herumführen und dann auch reiten darf. Schon nach kurzer Zeit werden Pferd und Reiterin so vertraut miteinander, dass Gundula auf Sattel und Zaumzeug verzichten kann, das Pferd vertraut sich ihr sprichwörtlich blind an. Bei den Ausritten fällt Dunja durch ein merkwürdiges Verhalten auf, sie kann es offenbar nicht ertragen, Pferde vor sich her traben zu hören, sie muss sie wie unter einem Zwang überholen und ein Stück davonbrausen. Niklas vermutet, es könnte das Verfolgungs-Syndrom sein, eine seltene Nebenwirkung der Mondkrankheit. Aber sollte ausgerechnet ihre blinde Dunja es haben? Niklas war in seiner Jugend Jockey gewesen, jetzt träumt er von einer eigenen Pferdezucht, aber dazu braucht er ein ordentliches Startkapital, er würde noch lange darauf sparen müssen.

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Hannelore Deinert

Anika Die Mondscheinstute

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Aus der Dunkelheit geborgen.

Nebenwirkung mit Folgeerscheinung.

Impressum neobooks

Aus der Dunkelheit geborgen.

Annegret von Wurmapfel fuhr am ersten Tag des neuen Schuljahres, es war ihr erster Schultag in der Gundernhausener Grundschule, in einem offenen Sportwagen vor und wurde von ihrer Mutter, einer gertenschlanken, sehr eleganten Frau mit perfekt sitzender, blonder Kurzhaarfrisur und etwas hochmütigen, sorgsam geschminktem Gesicht, ins Klassenzimmer der 4b gebracht.

Die bereits anwesenden Schüler und Schülerinnen, unter ihnen die Freundinnen Anika Steinert und Gundula Fischer, beobachteten, wie sich Frau von Wurmapfel kurz mit ihrer Lehrerin, Frau Bremer, unterhielt und dann wegging. Sie hinterließ einen zarten Veilchenduft und natürlich ihre Tochter Annegret von Wurmapfel.

Die zweiundzwanzig Mädchen und Jungs der Klasse 4b, die nun schon drei Jahre zusammen die Schulstühle drückten, hingen ihre Schulranzen an die seitlich befindlichen Haken der Tische und nahmen ihre gewohnten Plätze vom Vorjahr ein. Die Neue blieb neben dem Lehrerpult bei Frau Bremer stehen.

Frau Bremer begrüßte ihre Klasse, dann stellte sie die neue Mitschülerin vor.

„Das ist Annegret von Wurmapfel“, erklärte sie, „sie wohnt seit diesem Sommer mit ihren Eltern in Gundernhausen. Sie ist noch ein wenig fremd bei uns, deshalb seid besonders nett und hilfsbereit zu ihr! Annegret, neben Norbert ist noch ein Platz frei, da kannst du dich hinsetzen!“

„Hallo!“, grüßte Annegret kein bisschen scheu in die Klasse hinein und ging zu dem ihr zugewiesenen Platz.

Die Schultische im Klassenraum waren in U Form aufgestellt, so dass jedes Kind freie Sicht zur Tafel und zum Lehrerpult hatte, umgekehrt hatte die Lehrerin ihre Schüler gut im Blick, was nicht jedem gefiel, wie man sich denken kann. Jetzt jedenfalls konnte die Neue ausgiebig studiert werden.

Sie war ein feines Mädchen, ohne Frage, ihr blondes, seidiges Haar war im Nacken mit einer Perlmuttspange zusammengehalten, ihre Jeans waren an den Taschen und Hosenbeinen mit Strass-Stickereien verziert, auch an den hellblauen Ledersandalen glitzerte es. Annegret von Wurmapfel war, kurz gesagt, ein echter Hingucker.

Als sie sich nun neben Norbert setzte, begegnete sie mit ihren kornblauen Augen freimütig, man könnte beinahe sagen herausfordernd den teils abschätzenden oder bewundernden Blicken der anderen Schüler. Also, schüchtern fand Anika sie eigentlich nicht.

In der großen Pause erfuhr jeder der es hören wollte, dass Annegrets Eltern ein großes Gestüt mit vielen edlen Pferden besaßen, mit denen sie schon viele Rennen gewonnen haben. Die Kinder waren beeindruckt, auch Anika, aber nicht lange, dann war wieder das übliche Spielen und Toben angesagt. Bald kümmerten sich zu Annegrets Leidwesen nur noch sehr wenige für ihre Angebereien.

Sie näherte sich dem Klettergerüst, auf dem Anika und Gundula herumturnten, dann lächelte sie gewinnend zu Anika hinauf und fragte: „Magst du einen Schokoriegel, Anika? Du kannst gerne einen haben. Komm runter und lass‘ uns ein wenig spazieren gehen.“

Schon wollte Anika zu ihr hinunterklettern, da bemerkte sie Gundulas abweisendes Gesicht, es war nicht zu übersehen, Gundula mochte Annegret von Wurmapfel nicht besonders. „Ach, lass mal, Annegret“, meinte sie, obwohl ihr das Wasser im Mund zusammenlief. „Wir haben unser Pausenbrot schon gegessen, weißt du!“

„Na, dann eben nicht!“ Annegret schlenderte leicht gekränkt davon. Wie ein Affe auf einem Klettergerüst herumturnen, dass fand sie ausgesprochen kindisch.

Gundula Fischer war ein echter Rabauke, muss man sagen. Immer hatte sie eine verrückte Idee auf Lager, zum Beispiel im Bach einen Damm aus Schlamm und Pflastersteinen bauen oder im Dickicht nach Schnecken suchen, die unbewohnten konnte man sammeln, sie hatte schon einige Einmachgläser davon. Kein Baum war Gundula zu hoch und kein Hindernis zu schwer, aber vor allem liebte sie alles, was vier Pfoten oder vier Hufe hatte oder auf mehreren Beinen krabbelte. Gundula war ungemein tierlieb.

Über ihr Aussehen machte sich Gundula normalerweise keine Gedanken, es sei denn, sie erblickte sich zufällig in einem Spiegel, dann konnte es sein, dass sie sich genauer unter die Lupe nahm. Dann fand sie ihre kreisrunden Nasenlöcher zu groß, die Augenbrauen über den goldbraunen, kecken Augen zu üppig, den flaumigen Leberfleck daneben unmöglich und erst recht die verschieden großen Ohren, die sie, wenn sie sich Mühe gab, einzeln bewegen konnte. Das und das Faxen machen übte sie dann eine Weile, denn damit konnte man wunderbar Leute erschrecken oder zum Lachen bringen, so wie die Anika. Aber das waren Äußerlichkeiten, damit hielt sich Gundula nie lange auf, sie war vielmehr von ihren inneren Werten überzeugt. Ihr dichtes, sonnenmelierte Braunhaar hatte einen pflegeleichten Pagenschnitt und zumindest in ihrer Freizeit lief sie ausschließlich in verwaschenen, geräumigen Latzhosen herum. Anika und Gundula waren allerbeste Freundinnen.

Nun aber erkor sich Annegret von Wurmapfel ausgerechnet Anika zur Freundin, und Annegret bekam im Allgemeinen was sie sich wünschte.

Anika wohnte mit ihren Eltern und dem Bruder am Rande von Gundernhausen, einer beschaulich in Äcker und Wiesen eingebetteten, kleinen Gemeinde. Hinter den Gärten der Einfamilienhäuschen an Bahnhofstraße, in der auch sie wohnte, gluckerte in einem Graben ein Bächlein vorbei.

Gundula, die gegenüber in einem Wohnblock wohnte, holtejeden Mittwochnachmittag ihre Freundin und deren älteren Bruder Max zur Singstunde ab, auch heute.

Sie gingen zusammen zum nahegelegenen evangelischen Gemeindehaus neben der kleinen, hübschen Kirche. Am Kirchenportal wurde derzeit auf einem schönen Plakat ein Singspiel angekündigt, es hieß „Peter und der Wolf“, war nach einem russischen Märchen verfasst und sollte im Herbst vom Kinderchor aufgeführt werden.

Im Aufenthaltsraum des Gemeindehauses stand ein Klavier, dort übten die Chorkinder mit dem jungen Chorleiter Kabusch einmal in der Woche dieses angekündigte Singspiel ein. Max, der einzige Junge im Chor, sang mit seiner hellen, klaren Stimme den Solopart des Peters.

Als sie nun den Chorraum betraten, waren die anderen Chorkinder und Herr Kabusch schon da. Es waren zehn begeisterte kleine Sänger, auf die sich Herr Kabusch verlassen konnte, die Kinder wussten, dass es in dem kleinen Chor auf jedes Kind und auf jede Übungsstunde ankam. Als alle Kinder ihre Plätze eingenommen hatten, setzte sich Herr Kabusch an das Klavier und gab mit Hilfe einer Stimmgabel den Ton an.

„Wir fangen wie immer mit der Tonleiter an, Kinder“, meinte er aufmunternd. „Denkt daran die Münder weit aufzumachen, damit ein klarer Ton herauskommen kann. Eins, zwei und ...!“

Da ging die Tür auf und Annegret von Wurmapfel kam in Begleitung eines großen, kräftigen Mannes herein, er trug eine Reiterhose und glänzend polierte Reitstiefeln.