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War das Jahr 1809 mit dem Freiheitskampf der Tiroler gegen Bayern und Franzosen ein "Heldenjahr", ein "Schicksalsjahr"? Oder war "Anno Neun" der Aufstand hinterwäldlerischer Reaktionäre gegen moderne Entwicklungen? War es ein unsinniges, weil von vornherein aussichtsloses Kräftemessen von Schießstandkönigen, Wirten, Raufbolden und Wilderern gegen die gedrillten Heere Napoleons und seiner Vasallen? Oder sind die Leistungen der Tiroler, die damals ganz Europa erstaunt haben, auch heute noch zu bewundern? Und war Andreas Hofer, der Anführer des Freiheitskampfes, nichts anderes als ein erzkonservativer, dem Trunke nicht abgeneigter religiöser Fanatiker? Oder wird er, einer der weltweit bekanntesten Tiroler, zu Recht als Freiheitsheld gefeiert? Michael Forcher, ausgewiesener Kenner der Tiroler Geschichte, gibt in seiner fundierten, spannend zu lesenden Darstellung der Ereignisse dieses einen Jahres nicht nur Antworten auf solche Fragen. Er durchleuchtet auch Vorgeschichte, Hintergründe und Nachwirkungen und versorgt selbst den eiligen Leser mit jenen Fakten und Zusammenhängen, die es ihm erlauben, Klischees zu erkennen und sich eine eigene Meinung zu bilden.
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Seitenzahl: 228
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Forcher / Anno Neun
Michael Forcher
ANNO NEUN
Der Tiroler Freiheitskampf von 1809 unter Andreas Hofer Ereignisse, Hintergründe, Nachwirkungen
Haymon
© 2008
HAYMON verlag
Innsbruck-Wien
www.haymonverlag.at
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
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ISBN 978-3-7099-7471-1
Umschlaggestaltung: Kurt Höretzeder – Büro für Grafische Gestaltung, Scheffau/Tirol, unter Verwendung eines zeitgenössischen Andreas-Hofer-Porträts im Miniaturformat der Schwazer Malerin Anna Moser (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum)
Satz und Layout: Haymon Verlag/Michael Forcher, Karin Berner
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VORWORT
Es geht in diesem Buch nicht in erster Linie um Andreas Hofer. Doch steht er nun einmal für das Jahr 1809. Stellvertretend für viele und vieles. Deshalb soll am Anfang von ihm die Rede sein.
War er ein religiöser Fanatiker, ein Fundamentalist, wie ihn jüngst ein Politiker bezeichnete und ihn mit einem afghanischen Taliban verglich? Ganz bestimmt war Andreas Hofer tief religiös und konservativ, und in dieser Haltung war er unbeugsam und kompromisslos, aber ein Fanatiker? Wohl nicht, doch von Fanatikern leicht beeinflussbar, der konservativen Geistlichkeit hörig. Ein Taliban? Unnötig, darüber zu diskutieren, denn heutige Begriffe auf historische Personen und Gegebenheiten anzuwenden, geht immer daneben.
Außerdem: Gehört es nicht längst der Vergangenheit an, jemandem seine Überzeugung vorzuwerfen, auch wenn man sie nicht teilt? Wo bleibt die Toleranz? Und warum denn nicht die Zivilcourage von jemandem bewundern, der für seine Überzeugung eintritt, ja, dafür zu kämpfen bereit ist, auch unter Opfern? Könnte ein Andreas Hofer, könnten seine Kampfgenossen in dieser Hinsicht nicht heute noch Vorbilder sein? Man muss ja nicht gleich zum Stutzen greifen. Oft reicht es, den Mund aufzumachen.
Sich zu wehren, wenn in Gefahr ist, was man für wichtig und wesentlich hält – eine jederzeit aktuelle Tugend. Heißt Freiheit nicht auch, so leben zu können, wie man es für richtig hält? Sich dafür einzusetzen, auch gegen größte Hindernisse und mit den situationsbedingten Mitteln, ist das nicht Freiheitskampf? „Kriegsheld“ ist Andreas Hofer keiner, aber ein „Held“ in der Bereitschaft, für seine Überzeugung zu kämpfen.
Könnte man das gelten lassen? Muss man nicht. Wer braucht schon Helden! Aber wer doch einen haben will, hat mit Andreas Hofer nicht den schlechtesten erwählt. Trotz seiner Fehlentscheidungen und trotz seines Versagens in schwerer Stunde. Ja, vielleicht sogar deswegen. Denn es zeigt letztlich, wie unendlich schwer die Aufgabe für ihn war, für die er sich nicht aufgedrängt hatte, die ihm nicht den geringsten Vorteil brachte. Er hat sich ganz einfach der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt, als er gebraucht wurde, ohne Wenn und Aber.
Doch, wie gesagt, es geht in diesem Buch nicht in erster Linie um Andreas Hofer. Er war einer unter vielen, die mitgemacht und mitgekämpft haben, mitgelitten hat fast jeder Tiroler. Es geht um das Jahr 1809 insgesamt. Meine Aufgabe war, komprimiert und anschaulich über die Ereignisse und Hintergründe zu informieren, das Wissen zu vermitteln, das notwendig ist, um sich eine eigene Meinung zu bilden.
Innsbruck, am 14. Oktober 2008
Michael Forcher
INHALT
„EIN BEWAFFNET VOLK IN DEN BERGEN“
Die freud-leidvolle Nachbarschaft der Länder Tirol und Bayern, der Krieg von 1703 und die Folgen
GEGEN REVOLUTIONÄRE IDEEN UND ARMEEN
Das Herz-Jesu-Gelöbnis, der Krieg von 1796/97 und die Ereignisse von 1805, als deren Folge Tirol zu Bayern kam
WARUM DIE TIROLER KEINE BAYERN SEIN WOLLTEN
Tirol unter bayerischer Herrschaft und die Gründe für die Volkserhebung von 1809
WETTERLEUCHTEN VOR DEM STURM
Propaganda aus Wien und die Vorbereitung der Erhebung
FÜR GOTT, KAISER UND VATERLAND
Die erste Befreiung im April 1809
GEGEN DIE MORDBRENNER!
Die Wiedereroberung des Landes durch Bayern und Franzosen und die ersten beiden Bergiselschlachten (Mai 1809)
KEIN KRIEG UND DOCH KEIN FRIEDE
Hormayrs Zeit, das Wolkersdorfer Handbillett, der Waffenstillstand von Znaim und die Folgen (Juni/Juli 1809)
ZANGENANGRIFF AUF DAS HERZ TIROLS
Die Kämpfe bei der Lienzer Klause, an der Pontzlatzer Brücke und in der Eisackschlucht (Anfang August 1809)
„DER ABGRUND KÄMPFT GEGEN DEN HIMMEL ...“
Die dritte Bergiselschlacht (13. August 1809)
EIN BAUERNREGIMENT IN DER HOFBURG
Andreas Hofer als Statthalter des Kaiser
„WAS WOLLEN DIE WAHNSINNIGEN?“
Der Friede von Schönbrunn, die vierte Bergiselschlacht (1. November 1809) und Hofers spätes Einlenken
DEM BITTEREN ENDE ENTGEGEN
Die Besetzung Bozens, Hofers Wortbruch, die Schlacht am Meraner Küchelberg und die letzten Kämpfe
DEN SIEGERN AUSGELIEFERT
Das Strafgericht, Andreas Hofers letzte Wochen und die Dreiteilung des Landes
DIE RÜCKKEHR ZU ÖSTERREICH
Befreiung, Enttäuschung und Normalisierung
VON HELDEN UND IHREN DENKMÄLERN
Erinnerung, Mythos und politische Vereinnahmung
PERSONENREGISTER
BILDNACHWEIS
LITERATURHINWEISE
Alle hundert Jahre einmal schlagen sie sich die Schädel ein, sonst sind sie fast zu gute Freunde. So hat einmal ein Kabarettist das Verhältnis zwischen Tirolern und Bayern charakterisiert. Die Wirklichkeit ist freilich vielschichtiger, komplizierter. Die manchmal zitierte „Erbfeindschaft“ beschränkt sich im Grunde auf wenige – allerdings sehr leidvolle – Kriegsjahre im Mittelalter, zu Beginn des 18. und im frühen 19. Jahrhundert. Dazwischen waren die Beziehungen der beiden Länder trotz mancher politischer Spannungen und trotz gelegentlicher Streitigkeiten der Menschen beiderseits der Grenzen durchaus freudvoll, ja sie waren so intensiv und vielfältig, dass der Begriff „Freundschaft“ nicht ausreicht, vielleicht sogar falsch ist. Man muss eher von Verbundenheit sprechen, von Gemeinsamkeiten. Deren Eckpunkte sind der intensive Bevölkerungaustausch, starke wirtschaftliche Beziehungen nicht nur in grenznahen Regionen und vor allem die gegenseitige Befruchtung in Kunst und Alltagskultur.
Und trotzdem oder vielleicht gerade deswegen wollte die überwiegende Mehrheit der Tiroler nicht unter bayerischer Herrschaft leben. Der Tiroler Freiheitskampf von 1809 richtete sich nicht – wie immer noch viele meinen – gegen Napoleon, sondern gegen die aufgezwungene Angliederung des Landes an Bayern, das damals allerdings ein treuer und folgsamer Vasall des Franzosenkaisers war, und gegen die verhassten Maßnahmen der Münchner Regierung. Der Versuch, die Fremdherrschaft abzuschütteln, war – aus damaliger Sicht der Tiroler – kein revolutionärer Akt, sondern erfolgte im Rahmen des von Österreich an Bayern erklärten Krieges und in Absprache und mit Billigung, teilweise sogar mit militärischer und moralischer Unterstützung des habsburgischen Kaiserhauses, dem sich die Tiroler seit 450 Jahren zugehörig fühlten.
Die bayerischen Herzöge hatten im 13. Jahrhundert die Herauslösung ihres „Landes im Gebirge“ und die Entstehung der reichsunmittelbaren Grafschaft Tirol hinnehmen und 1369 deren kurz zuvor vollzogene Verbindung mit den österreichisch-habsburgischen Ländern anerkennen müssen. Im Jahr 1500 gewann König Maximilian I. als Belohung für seine Vermittlerrolle im innerbayerischen Erbfolgestreit die Gerichte Kufstein, Rattenberg und Kitzbühel für Tirol. Bald bildete sich auch hier eine tirolische Identität heraus, was der bayerische Kurfürst Max Emanuel bitter erfahren musste, als er 200 Jahre später im Verlauf des europaweit ausgetragenen Spanischen Erbfolgekrieges als Verbündeter Frankreichs in Tirol einmarschierte und wenigstens in den ehemals bayerischen Gebieten auf wiedererweckte altbayerische Gesinnung und entsprechende Unterstützung von Seiten der Bevölkerung hoffte. Sein Versuch, Tirol zu erobern, endete nach anfänglichen Erfolgen in einer schmählichen Niederlage – nicht gegen reguläres Militär, sondern gegen ein bewaffnet Volk in den Bergen, wie der Kurfürst seiner Fau nach München schrieb.
Die kriegerischen Ereignisse von 1703, von den Tirolern verharmlosend „Boarischer Rummel“ genannt, hinterließen auf beiden Seiten tiefe Wunden. Und weil die Erinnerung daran auch über hundert Jahre gegenseitiges Misstrauen wachhielt, gehören sie zur Vorgeschichte der Geschehnisse von 1809.
Im Streit um das spanische Erbe war Bayern auf die Seite Frankreichs getreten. Kurfürst Max Emanuel erwartete sich davon größere Chancen auf Land- und Machtgewinn und holte die alten Ansprüche auf Tirol hervor. Dass kaum reguläre Truppen im Land standen und die Behörden sich trotz der offensichtlichen Gefahr eines bayerischen Angriffs nicht zu wirkungsvollen Verteidigungsmaßnahmen aufraffen konnten, musste ihn in seinem Vorhaben ermutigen.
Als am 15. Juni 1703 in Innsbruck die Nachricht eintraf, der Kurfürst ziehe mit 10.000 Mann eigener Truppen und 2500 Franzosen von Rosenheim gegen Tirol, war es natürlich zu spät, obwohl sich sofort tausende Bauern sammelten, um Munition zu fassen und Befehle entgegenzunehmen. Doch da stand das bayerische Heer schon vor Kufstein. Die starke Festung fiel durch einen Handstreich, kurz darauf war auch Rattenberg im Besitz der Angreifer. Das schwache österreichische Militär floh über den Brenner, und als der siegreiche Feldherr am 2. Juli mit großer Pracht in der Tiroler Hauptstadt einzog, huldigten ihm Regierung und Beamtenschaft als dem neuen Landesfürsten.
„Ein bewaffnet Volk in den Bergen“: Die Vernichtung einer bayerisch-französischen Einheit in der Schlucht vor Prutz im Oberinntal auf einem zeitgenössischen Stich
Kurfürst Max Emanuel und sein Stab hoch zu Ross vor dem bayerischen Lager in Wilten bei Innsbruck (Fresko von Kaspar Waldmann in der Wiltener Stiftskirche, Ausschnitt)
Die über das Verhalten der Obrigkeit empörte Landbevölkerung ließ sich aber nicht einschüchtern und stoppte am Brenner den bayerischen Vormarsch nach Süden. Da sich gleichzeitig im Inntal das Volk gegen die Besatzer erhob und in der Schlucht zwischen Landeck und Prutz eine bayerisch-französische Abteilung von den Schützen und Landstürmern der Umgebung aufgerieben wurde, musste der Kurfürst eilends umkehren, um sich den Rückweg offenzuhalten. Dies gelang durch die Eroberung von Tiroler Schanzen bei Kematen und am Fuß der Martinswand bei Zirl.
Aus Zorn über die bei diesen Kämpfen erlittenen Verluste brannten Max Emanuels Truppen die Dörfern dieser Gegend und zahlreiche Einzelhöfe nieder, vor dem Rückmarsch ins Innsbrucker Lager wurde geplündert und sinnlos gemordet. Angesichts der kampfbereiten Bauernscharen und einer anrückenden österreichischen Heeresabteilung entschloss sich der Kurfürst zum Rückzug über Seefeld und den Scharnitzpass. Am Abend des 26. Juli war Innsbruck wieder frei. Es war der Feiertag der hl. Anna, weshalb die Tiroler Landstände die später zum Dank für die Befreiung in der Innsbrucker Neustadt (heute Maria-Theresien-Straße) errichtete Mariensäule auch mit einer Statue der hl. Anna schmückten und eine jährliche Prozession dorthin am St.-Anna-Tag gelobten. So erhielt die Mariensäule im Volk den Namen Annasäule.
Bei der Verfolgung der bayerischen Truppen fielen Tiroler Sturmscharen im Gefolge des kaiserlichen Militärs nun ihrerseits in Bayern ein, um zurückzuholen, was ihnen vorher die Bayern genommen hatten. Natürlich traf es völlig Unschuldige, als nun vom Tegernsee bis zum Lech Klöster, Dörfer und Höfe in Flammen aufgingen, Viehherden weggetrieben und Häuser ausgeraubt wurden. Wenn jemand um Gnade und Erbarmen bettelte, sollen die Tiroler – so wird überliefert – ungerührt zur Antwort gegeben haben, das Rauben und Stehlen habe man nur von den Bayern gelernt. Als Landstürmer und Soldaten nach drei Tagen das Plündern beendeten, brachten sie viel Geld, wertvolle Sachgüter und 8000 Stück Rindvieh mit nach Hause, die allerdings zum Großteil zur Versorgung der Truppen verwendet wurden.
In der Kufsteiner Gegend dauerte die Schreckenszeit bis Herbst 1704, weil die Festung noch in bayerischer Hand blieb und beide Kriegsparteien abwechselnd über die Grenze zogen, um Dörfer zu zerstören und Beute zu machen. Dann kehrte zumindest in Tirol wieder Friede ein, als Bayern den Krieg gegen Österreich verlor und der Kurfürst ins niederländische Exil ziehen musste. Am 29. November 1704 verließ die unbesiegte bayerische Festungsbesatzung Kufstein. Die folgende Besetzung Bayerns durch die Österreicher mit all ihren negativen Auswirkungen hat mit der damals sehr leidvollen bayerisch-tirolischen Nachbarschaft nichts mehr zu tun. Der berühmte Bauernaufstand von 1705/06 mit der legendären Heldentat des Schmieds von Kochel richtete sich gegen das österreichische Besatzungsregime in München, und an der Niedermetzelung der bayerischen Freiheitskämpfer in der Sendlinger Mordweihnacht waren keine Tiroler beteiligt.
Die Tiroler Landstände richteten in den folgenden Jahren mehrmals an den Kaiser den Wunsch, er möge doch als Ausgleich für die erlittenen Schäden vom besetzten Bayern die fruchtbaren Landstriche am Inn abtrennen und sie mit Tirol vereinen, damit das Land seinen Bedarf an Getreide nicht länger im Ausland decken müsse. Trotz verschiedener Tauschpläne blieben jedoch im endgültigen Friedensschluss von 1714 die Grenzen zwischen Österreich und dem einem Staatsbankrott nahen Bayern unverändert. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern normalisierten sich zwar bald, Max Emanuels Sohn Karl Albrecht vermählte sich sogar mit einer Tochter Kaiser Josefs I., doch das gegenseitige Vertrauen war erschüttert. In Tirol versuchte man, die Grenzfestungen gegen Bayern in Ordnung zu halten, auch neue wurden gebaut, zum Beispiel im bisher fast ungeschützten Achental. Als Kurfürst Karl Albrecht während des Polnischen Erbfolgekrieges (1733–1735) eine unklare Haltung einnahm und mit Truppenaufmärschen die Unsicherheit vergrößerte, rückte das Tiroler Schützenaufgebot an die bayerische Grenze, was für das Land eine arge Belastung bedeutete, auch wenn es zu keinen Kampfhandlungen kam.
Schon ein paar Jahre später gab es wieder Krieg, da Karl Albert nach dem Tod des österreichischen Herrschers Karl VI. und dem damit verbundenen Aussterben der Habsburger im Mannesstamm Erbansprüche auf ganz Österreich stellte. 1741 drang der Kurfürst mit eigenen und französischen Truppen in Oberösterreich ein. Natürlich war auch Tirol in Gefahr, das Landesaufgebot wurde an die Grenze geschickt. Zu Kämpfen kam es jedoch zunächst nirgends. Karl Albrecht konnte Prag erobern und wurde zum deutschen Kaiser gewählt, doch sein Land war wieder einmal österreichischen Angriffen und Verwüstungen ausgesetzt. Die Tiroler überschritten die Grenze nicht, konnten sich also zugute halten, an den Gräueln, die über ihre Nachbarn hereinbrachen, nicht schuld zu sein.
Dann wendete sich das Kriegsglück, 1744 kehrte Karl Albrecht als Kaiser Karl VII. nach München zurück. Damit wurde es auch an der Tiroler Grenze wieder brenzlig. Bei Windhausen wehrten die Schützen einen bayerischen Angriff ab. Am 20. Jänner 1745 starb Karl Albrecht, sein Nachfolger Max III. Joseph schloss in Füssen Frieden mit Österreich – und für das nächste mehr als halbe Jahrhundert wurden die tirolisch-bayerischen Beziehungen durch keine diplomatischdynastischen Verwicklungen und kriegerischen Ereignisse mehr getrübt.
Als von 1796 bis 1800 die europäischen Kriege gegen das revolutionäre Frankreich Tirol in Mitleidenschaft zogen, waren Bayern und Österreich noch verbündet. Fünf Jahre später stand das inzwischen mit der Pfalz vereinte Kurfürstentum auf der Seite des neuen französischen Kaiserreichs. Max IV. Joseph aus der pfälzisch-wittelbachschen Nebenlinie Zweibrücken hatte mit Napoleon ein Schutz- und Trutzbündnis abgeschlossen, als Siegespreis im bevorstehenden Krieg winkte – Tirol.
Ereignisse und Gedankengut der Französischen Revolution wurden auch in Tirol bekannt und heftig diskutiert. Dann brachten die revolutionären Armeen den Krieg ins Land. Als im Frühjahr 1796 der junge General Napoleon Bonaparte die Österreicher zum Rückzug aus der Lombardei gezwungen hatte, rückten Schützenkompanien an die bedrohte Südgrenze. Den Feind von Tirol fernzuhalten, geboten nicht nur Freiheitsliebe und Patriotismus, sondern auch die Treue zu Religion und Kirche, die unter der Revolution in Frankreich und in den von ihren Armeen eroberten Ländern zu leiden hatten.
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