Aschenbrödel - Ernst Moritz Arndt - E-Book

Aschenbrödel E-Book

Ernst Moritz Arndt

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Beschreibung

In Ernst Moritz Arndts "Aschenbrödel" entfaltet sich eine fesselnde Nacherzählung des klassischen Märchens, angereichert mit tiefgründigen psychologischen Einsichten und einer natürlichen Sprachmelodie, die den Leser von der ersten Seite an in ihren Bann zieht. Arndt nutzt eine lebendige und bildreiche Prosa, um die Themen der Entbehrung, der Hoffnung und der inneren Stärke zu beleuchten, wodurch der Text nicht nur als Kindergeschichte, sondern auch als literarisches Werk für Erwachsene verstanden werden kann. Der Autor positioniert sich damit in der Tradition des deutschen Märchenerzählens und kontextualisiert seine eigene kulturelle Identität in einem sich wandelnden Europa des 19. Jahrhunderts. Ernst Moritz Arndt, ein prominenter deutscher Dichter und Historiker, war bekannt für seine nationalromantischen Vorstellungen und sein Engagement in sozialen Fragen während der tumultartigen Zeiten der Deutschen Einigung. Geboren 1769 in Pommern, zehrte er von der reichen Folklore und den Traditionen seiner Heimat, was sich stark in seinem literarischen Schaffen widerspiegelt. Arndts Werk reflektiert seine Überzeugung von der moralischen Kraft des Individuums und seine Hoffnung auf eine bessere Zukunft für das deutsche Volk. "Aschenbrödel" ist nicht nur ein bezauberndes Märchen, sondern auch ein Spiegel der menschlichen Erfahrung und der universellen Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Selbstverwirklichung. Leser jeden Alters werden in die tiefgründige Welt des Erzählens eintauchen und sich mit den Herausforderungen und Triumphen der Heldin identifizieren. Dieses Buch ist eine bereichernde Lektüre für alle, die an der Philosophie des Märchens und der menschlichen Natur interessiert sind.

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Ernst Moritz Arndt

Aschenbrödel

Eine Märchenadaptation mit politischer Schärfe und romantischer Prosa im Deutschland des 19. Jahrhunderts
Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2024
EAN 8596547848479

Inhaltsverzeichnis

Cover
Titelblatt
Text

Aschenbrödel

Inhaltsverzeichnis
Aschenbrödel.

In einem Walde, der von der ganzen weiten Welt abgelegen war und wo man selten eine andre Stimme hörte als die Stimme der Vögelein, die da sangen, oder als das Girren der Tauben und Brüllen der Hirsche, lag von allen Menschen ungewußt zwischen höchsten Bergen ein wunderliebliches Thal, und in dem Thale stand ein kleines kleines Häuschen, mit Stroh gedeckt und mit hellen Fensterscheiben, und an dem Häuschen war ein Gärtchen wohl nicht so groß als der Garten Eden, worin Adam und Eva einst gelebt haben, aber gewiß eben so schön. Das Häuschen war wohl eines der kleinsten Häuser, die jemals gebaut sind, denn es hatte nur zwei ganz kleine Kammern, grade geräumig genug, daß in jeder ein Bett ein Stul und ein kleines Tischchen stehen konnte. In der einen Kammer wohnte ein alter Mann, dessen Kopf schon schneeweiß war und in der andern ein kleines Mädchen mit blonden Löckchen und rosenrothen Wängelein und mit den hellsten und freundlichsten himmelblauen Äugelein. Wie der Mann hieß, das weiß ich nicht, aber das kleine Mädchen hieß Nanthildchen. Diese beiden wohnten ganz allein im Hause. Sie lebten aber ganz verschieden; denn der Mann saß den ganzen Tag in seinem einsamen Kämmerchen und studierte Bücher verborgener Weisheit, das Mädchen aber lief in dem Garten herum und spielte sich von einer Blume zur andern und von einem Vogelnest zum andern. Des Nachts aber, wann das Mägdlein im süßen Schlaf lag, wandelte der Meister in dem Garten und auf der Waldhöhe und betrachtete den Lauf des gestirnten Himmels; denn er war ein gewaltiger Sternkundiger. Gesprochen, glaube ich, ist in keinem Hause auf Erden weniger als in diesem Hause, denn der Alte war fast immer still und in sich gekehrt und sprach nimmer ein Sterbenswort mit dem Kinde, als des Morgens, wo er sie im Katechismus und in Gottes Wort unterwies, und des Abends; wo er vor dem Schlafengehen mit ihr betete. Selten hat er ihr an den langen Winterabenden wohl einmal eine Geschichte erzählt, er hat ihr aber die allerhübschesten Geschicht– und Mährchen–Bücher mit den nied1ichsten Bildern geschenkt, worin sie lesen und sich die Zeit vertreiben konnte, wenn der Tag zu kurz war. Aber unendlich lieb hat der Mann das Kind gehabt und das Kind wieder den Mann, welchen es Vater nannte. Er hat es oft stundenlang auf feinem Schooß und an seiner Brust gehegt und es also an seinem Herzen einschlafen lassen; und dann sind ihm wohl die Thränen in die Augen gekommen und er hat die Hände gefaltet, gebetet, die Augen gen Himmel gehoben, und gesprochen: Allmächtiger, Barmherziger, laß dieses süße Kindlein glücklicher seyn, als ich gewesen bin! Den ganzen Tag aber, solange die Sonne am Himmel stand, spielte das Kind in seinem Garten unter den Blumen und Vögeln, die hier nie aufhörten zu blühen und zu singen. Denn in diesem freundlichen und anmuthigen Thale war ein ewiger Frühling und Sommer und Blüthen und Früchte sah man immer neben einander. Auch aßen Nanthildchen und ihr Vater nichts Anderes als Früchte und Brod und tranken Milch und Wasser dazu.

So hatte das Kind in seiner Einfalt und Unschuld fortgespielt und war zwölf Jahre alt geworden unter seinen Blumen und unter den Engelein Gottes, die oft unsichtbar und in der Gestalt von Vögeln und Schmetter1ingen um sie scherzten, und war gewiß das allerholdseligste und freundlichste Kind auf Erden. Da hatte sich einmal ein Prinz, und zwar ein königlicher Prinz und der einzige Sohn des Königs, der über die Länder herrschte, auf der Jagd in den Bergen verirrt und war in das heimliche verborgene Thal hinabgekommen und zu dem Gärtchen, worin das Mägdlein spielte. Und das Kind hatte sich über den schönen Jüngling gefreut und hatte ihm Lilien und Rosen gebracht, und er hatte sich auch gefreut und das Kind auf seinen Arm genommen und es viel tausendmal geküßt und geherzt. Und darauf als er die Jagdhörner seiner Begleiter heranblasen gehört, hatte er es freundlich gegrüßt und war weggegangen einen Seitenpfad den steilen Berg hinan, und hatte bei’m Abschiede gerufen: Spiele fröhlich, Nanthildchen, ich komme bald wieder und bringe dir was Schönes mit. Und als der Abend gekommen war, hatte Nanthildchen dem Vater alles erzählt, und er hatte den Kopf dazu geschüttelt und bedenklich ausgesehen. Das hatte ihm aber am wenigsten gefallen, daß das Kind, als sie von dem Jüngling erzählte, einmal über das andre ausrief: O er war auch gar zu schön, viel, viel schöner als du, wenn du mich am allerliebsten hast und mir das Liedchen singst

Nanthilde, süßes Röselein, Blüh, blüh im hellen Sonnenschein! Blüh, blüh, mein süßes Röselein, Geschirmt von Gottes Engelein!

Bei diesen letzten Worten des Kindes waren ihm die hellen Thränen in die Augen getreten, was ihm nicht leicht geschah, und er hatte aufstehen und weggehen müssen, damit er dem Kinde die Bewegung feines Herzens verbärge.

Und als der dritte Tag nach diesem vergangen war und der vierte kam, da kam auch der schöne Prinz wieder geritten; und er kam diesmal in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit in einem goldnen Kleide mit Knöpfen von Demanten besetzt. Und er hat wohl an die zwei Stunden mit dem süßen Mägdlein in dem Garten gesessen und mit ihr gespielt und sich ihre Blumen und Vogelnester zeigen lassen, und sie dann auf den Schooß genommen und ihr allerlei anmuthige Geschichten erzählt. Endlich hat er ihr ein blaues seidnes Kleidchen gegeben und ein feines Goldringelein, in welchem ein Demant funkelte, und dabei gesprochen: behalte das, Nanthildchen, und trag’ es zu meinem Andenken. Darauf hat er das Kind auf seinen Arm gehoben und es geküßt, und ist weggeritten, und hat ihm noch mit den Händen zugewinkt und zugerufen: Gott behüte dich! ich komme bald wieder. Und als die Sonne untergegangen war und das Kind den Abend zu seinem Vater in das Kämmerchen trat, sprach er: Mein Kind Nanthildchen, was ist dir? du siehst ja so roth aus, als wenn du eben auf der Schmetterlingsjagd gewesen wärest. Und sie hat geantwortet: O er ist wieder da gewesen, der schöne junge Mann, von welchem ich dir jüngst erzählte; und er war noch viel schöner als damals, und er war so prächtig und hatte Knöpfe an seinem Rock, die wie die Sterne funkelten, und ich habe mit ihm im Garten umherspringen und ihm alle meine schönsten Blumen zeigen und mit ihm spielen müssen; und er ist viel länger geblieben als das erste Mal und hat mir noch viel freundlicher gedäucht; und er will auch oft wiederkommen und mit mir spielen, hat er gesagt; und sieh mal, was er mir Schönes geschenkt hat! Und sie zeigte in heller Freude das seidene Kleid und den goldnen Ring. Und der Alte besah sich das und ward blaß wie der Schnee, als er den Ring umkehrte und die Worte las, die darin geschrieben standen. Aber er schwieg und sagte kein Wort. Als aber das Kind zu Bett gegangen war, trieb es ihn unruhig hinaus, und er schaute in den Sternenhimmel, und rief mit großer Bewegung: O du ewiger Sternenfürst! noch keinen Frieden? und ich muß wieder von hinnen und all diese stille Traulichkeit und Lieblichkeit verlassen? denn auch hier finden mich, die mir nach der Seele stehen. Ja fort! fort! und morgen noch fort, ehe die Sonne über die Berge ins Thal guckt!