Atlan 821: Die sanften Retter - Falk-Ingo Klee - E-Book

Atlan 821: Die sanften Retter E-Book

Falk-Ingo Klee

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Beschreibung

Nach der großen Wende in Manam-Turu haben sich Atlan und seine engsten Gefährten, die Vorkämpfer dieser positiven Entwicklung, anderen Zielen zuwenden können, die sie letztlich in die Galaxis Alkordoom führen. Fartuloon, Atlans alter Lehrmeister, findet sich nach seinem plötzlichen Verschwinden noch vor der Wende nicht nur räumlich, sondern auch körperlich versetzt. Er verwandelt sich erneut in Colemayn, den Sternentramp, und gelangt ebenfalls nach Alkordoom, wo er mit Geselle, seinem robotischen Gefährten, bald in Gefangenschaft gerät. Jetzt, im Dezember 3820, sind die Gefangenen längst wieder in Freiheit. Doch ihr Schicksal bleibt weiterhin wechselhaft, solange sie sich mit ihrem Raumschiff, der HORNISSE, in der Nähe des Zentrums von Alkordoom bewegen. Während Geselle auf eine "Extratour" gegangen ist, lässt Colemayn, der Sternentramp, sich nicht beirren. Mit gebotener Vorsicht versucht er den Nukleus von Alkordoom zu erkunden. Indessen sind Arien Richardson und Sarah Briggs dem Tode nahe. Die beiden Celester bedürfen dringender medizinischer Hilfe - und diese Hilfe wird ihnen zuteil durch DIE SANFTEN RETTER ...

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Nr. 821

Die sanften Retter

Die Samariter von Alkordoom greifen ein

von Falk-Ingo Klee

Nach der großen Wende in Manam-Turu haben sich Atlan und seine engsten Gefährten, die Vorkämpfer dieser positiven Entwicklung, anderen Zielen zuwenden können, die sie letztlich in die Galaxis Alkordoom führen.

Fartuloon, Atlans alter Lehrmeister, findet sich nach seinem plötzlichen Verschwinden noch vor der Wende nicht nur räumlich, sondern auch körperlich versetzt. Er verwandelt sich erneut in Colemayn, den Sternentramp, und gelangt ebenfalls nach Alkordoom, wo er mit Geselle, seinem robotischen Gefährten, bald in Gefangenschaft gerät.

Jetzt, im Dezember 3820, sind die Gefangenen längst wieder in Freiheit. Doch ihr Schicksal bleibt weiterhin wechselhaft, solange sie sich mit ihrem Raumschiff, der HORNISSE, in der Nähe des Zentrums von Alkordoom bewegen.

Während Geselle auf eine »Extratour« gegangen ist, lässt Colemayn, der Sternentramp, sich nicht beirren. Mit gebotener Vorsicht versucht er den Nukleus von Alkordoom zu erkunden.

Die Hauptpersonen des Romans

Jassal – Eine Positronik im Dilemma.

Sarah Briggs und Arien Richardson – Zwei Verletzte in Jassals Gewahrsam.

Temper, Visor und Brifor – Drei Samariter von Alkordoom.

Colemayn und Geselle – »Vater und Sohn« finden zusammen.

Poliff

1.

Den beiden Celestern, die eine winzige Zelle miteinander teilten, ging es schlecht, dem Mann sogar ausgesprochen dreckig. Selbst wenn er erschöpft für ein paar Minuten einnickte, stöhnte er im Schlaf und wurde von den Schmerzen wieder wach. Mit zusammengebissenen Zähnen veränderte er vorsichtig seine Stellung, aber die verbrannte Hüfte schmerzte in jeder Körperlage.

Das Stechen und Pochen im zerstörten Gewebe wurde immer stärker. Es half auch nichts, dass die Frau sich immer wieder von ihrer dünnen Matratze erhob und die mehr schlecht als recht verbundene Verletzung mit Wasser kühlte. Linderung war nur im ersten Augenblick zu spüren, dann setzte das Bohren und Brennen intensiver als zuvor ein.

»Danke, Sarah, lass es gut sein«, brachte Arien Richardson mühsam hervor. Sein Atem ging stoßweise, auf der Stirn hatte sich kalter Schweiß gebildet. »Es geht schon. Du musst dich schonen, schließlich bist du ebenfalls ziemlich angeschlagen.«

»Meine paar Wunden sind eine Lappalie gegen deine Verbrennung.«

Sie wischte seinen Einwand mit einer Bewegung der rechten Hand beiseite – und zuckte wie elektrisiert zusammen. Höllische Schmerzen trieben ihr die Tränen in die Augen. Rasch wandte sie sich ab und starrte auf die nackten Wände, bis der salzige Strom versiegte.

Ihr linker Arm steckte in einer Schlinge, die sie notdürftig aus ihrer Unterwäsche gefertigt hatte. Ein Stein hatte ihr das linke Schlüsselbein zerschmettert oder zumindest gebrochen. Im letzteren Fall wäre ein Rucksackverband angebracht gewesen, doch es kümmerte sich kein Medo um sie, der diagnostizieren und behandeln konnte, es gab nicht einmal Hilfsmittel oder Medikamente. Der Roboter Dopur-421 hatte es auf eine lebensverachtende Formel gebracht. »Helft euch selbst. Wenn einer durchkommt, bekommt er eine neue Chance!«

Es war nicht zu leugnen, dass sich Sarah Briggs und Arien Richardson gegenseitig so übel zugerichtet hatten. Dass sie sich dennoch gegenseitig keine Vorwürfe machten und sich um den Zustand des anderen sorgten, lag daran, dass man sie ohne eigenes Wissen aufeinandergehetzt hatte und niemand vom anderen wusste.

Eine Ausscheidung hatte es sein sollen, eine Art Auslese, in der der Gegner kampfunfähig gemacht werden sollte, aber was war daraus geworden? Eine erbitterte Auseinandersetzung, die nur einen Sieger kennen konnte, denn die Kombiwaffen der Kontrahenten ließen sich zwar auf Lähmstrahl umschalten, funktionierten jedoch in dieser Stellung nicht. Die Strahler, die der Rechner namens Jassal zur Verfügung gestellt hatte, waren reine Mordinstrumente – einer sollte auf der Strecke bleiben.

Jarkadaan hatte ein Automat den Trümmergürtel genannt, der die große, weiße Sonne Kappe-14 umkreiste, die Brocken hatte er als Stützpunktkörper bezeichnet. In einem dieser Asteroiden befand sich ihr Gefängnis. Jarkadaan – das bedeutete »Ort der Bewährung«. In den Ohren der beiden Celester klang das wie blanker Hohn.

»Diese heimtückische Positronik wird sich noch wundern«, keuchte der alkordische Feuerwehrmann und hielt einen Gegenstand hoch, der aussah wie zwei dreieckige, zusammengesteckte Münzen mit gerundeten Ecken. »Das Sambol hat das Signal gegeben, dass uns geholfen wird. Die Samariter von Alkordoom lassen uns nicht im Stich.«

Die junge Frau schwieg, weil sie Arien Richardson den Mut nicht nehmen wollte. Insgeheim hoffte sie auch auf Hilfe und Rettung, doch konnten die Samariter von Alkordoom überhaupt etwas ausrichten, wenn sie kamen? Und wann kamen sie?

Sorgen dieser Art machte sich Geselle nicht. Er saß in einem anderen Verlies hinter Schloss und Riegel und war einstweilen damit beschäftigt, sein Tagebuch auf den neuesten Stand zu bringen. Es ging dabei vor allem um zwei runde kleine Kapseln, die ihm der Unsichtbare übergeben hatte, den er »Breckcrown« getauft hatte. Sie enthielten konservierte Zellen mit menschlicher DNS. Als Blödel an Bord der SOL hatte er diesen genetischen Kode zum ersten Mal ermittelt, und er hatte sich ihm so eingeprägt, dass er ihn unter Millionen anderer auf Anhieb herausfand.

Breckcrown musste das zumindest geahnt haben, ganz sicher wusste er, dass Geselle als ehemalige Laborpositronik des Galakto-Genetikers Hage Nockemann ausreichend Kenntnisse besaß, um aus intaktem Zellmaterial das ursprüngliche Lebewesen neu entstehen zu lassen. Auch diese Vermutung vertraute der Roboter mit den vielen Identitäten seinem Tagebuch an. Den Eintrag beendete er mit einer an sich selbst gestellten Frage.

»Hat mir der Unsichtbare die Kugeln deshalb gegeben, um dem alten Bekannten aus früheren Tagen zu einer neuen biologischen Existenz zu verhelfen? Vermutlich. Breckcrown rechnet damit, dass es mir gelingt, die Zellen zu klonen und so wachsen zu lassen, dass wieder haargenau die Person daraus wird, von der die Erbmasse stammt. Prinzipiell ist das möglich, aber es ist auch die Wiederauferstehung eines Toten ...«

*

Positroniken fehlt gemeinhin die Kreativität und die Phantasie eines denkenden Wesens. Der Einfachheit halber nannte sich der zentrale Steuerrechner des von ihm kontrollierten Asteroiden daher wie der Stützpunkt selbst: Jassal.

Er hatte die beiden Celester aufeinandergehetzt und überließ sie nun ihrem Schicksal, in Jassals Gewahrsam befand sich auch Geselle, von dem wahre Wunderdinge berichtet wurden. Er hatte es geschafft, in eine Station einzudringen, die eigentlich als uneinnehmbar galt, und sie zu vernichten. Dass in Wahrheit Breckcrown dafür verantwortlich war, hatten die synthetischen Schergen nicht erkannt und die Positronik also auch nicht entsprechend informieren können.

Der Rechner verfügte über eine große Anzahl ihm unterstellter Automaten, weitaus wichtiger war jedoch das von ihm gesteuerte Potenzial von Angriffs- und Defensivwaffen, Tarnschirmen und internen Einrichtungen. In gewisser Weise war er autark, andererseits war er nur Teil eines Systems und weisungsgebunden, also ein kybernetischer Knecht. Wäre er ein Mensch gewesen, so hätte er sein Dasein wohl als beschaulich und wenig aufregend empfunden.

Das änderte sich von einer Sekunde zur anderen, als vorgeschobene Stationen ein Raumschiff unbekannter Herkunft meldeten. Das war ungewöhnlich, denn bisher hatte sich noch nie ein fremder Raumer in diesen Sektor verirrt.

Für Uneingeweihte gab es hier auch nichts zu entdecken. Das Gestirn besaß keine Planeten, sondern nur einen Trümmerring aus unzähligen kleineren und größeren Himmelskörpern, der die Sonne in einer Entfernung von 21 bis 42 Lichtsekunden umlief. Er war bis zu sechzehn Lichtsekunden dick, der Maximaldurchmesser der Asteroiden betrug fünfhundert Kilometer. Dass die meisten Brocken ausgehöhlt waren und als Raumforts, Lagerstätten und Raumhäfen dienten, war nicht auf Anhieb zu entdecken. Dennoch erging die Anweisung an alle Stützpunkte, sich zusätzlich zu tarnen, um eine zufällige Entdeckung auszuschließen.

Jassal fuhr das vorgegebene Programm ab. Der Energieverbrauch wurde auf ein vertretbares Minimum reduziert, Deflektorschirme bauten sich auf, und Massespiegler sprangen an, deren Felder dazu dienten, Hohlräume wie beispielsweise Hangars zu kaschieren und feste Materie vorzugaukeln, die in ihrer Dichte der natürlichen Umgebung entsprach. Versorgungsschiffe erhielten Startverbot, und über das Landefeld schob sich eine täuschend echt gestaltete Kraterlandschaft. Nichts deutete noch darauf hin, dass der Asteroid mehr war als ein lebensfeindlicher, öder Felsbrocken.

Mit seinen Passivortern beobachtete der Rechner das Schiff. Es war eine eigenartige Konstruktion, die aussah wie zwei im rechten Winkel zusammengesteckte Münzen mit gerundeten Ecken. Mit seinen vierhundert Metern Breite und der doppelten Länge besaß der Raumer eine recht beeindruckende Größe.

Ungeschützt drang er mit halber Lichtgeschwindigkeit fast senkrecht zur Ekliptik in das System ein und hielt auf den Trümmerring zu. Die Entfernung zu den äußersten Himmelskörpern betrug noch 3,8 Lichtminuten und verringerte sich nur noch geringfügig, da der Flugkörper stetig abbremste und minimale Kurskorrekturen vornahm. Das bedeutete, dass die Besatzung ein bestimmtes Ziel im Auge hatte.

Als zu erkennen war, dass das Schiff eindeutig auf Jassal zuhielt, geriet die Positronik in Unruhe. Für einen Moment war sie verwirrt, weil sie wusste, dass ihr nun die Hauptaufgabe zufiel. Die Station musste geschützt, der Gegner vertrieben oder gar vernichtet werden. Warum interessierte er sich gerade für diesen Stützpunkt? Hatte etwas seine Aufmerksamkeit erweckt, hatte er die Tarnung durchschaut oder war sie unvollkommen?

Rasch überprüfte Jassal alle aktivierten Einrichtungen auf deren Funktionstüchtigkeit hin, konnte jedoch keinen Ausfall feststellen. Parallel dazu startete er ein Kontrollprogramm. Hatte er alle vorgesehenen Maßnahmen getroffen, war die Aktion fehlerlos abgelaufen? Hatte er nichts übersehen oder falsch interpretiert? Nein, es gab keine Schwachstelle, alles war nach Plan gegangen. Erst jetzt, nachdem ihm die Selbstdiagnose völlige Intaktheit bescheinigt hatte, gab er Stationsalarm.

Schrilles Sirenengeheul jaulte durch die Katakomben, Sicherheitsschotte knallten zu, die Schleusentore wurden positronisch verriegelt, Kampfroboter gingen dahinter in Stellung. Schwerbewaffnete Automaten wurden an strategisch wichtige Positionen beordert. Sie zogen dichte Schutzringe um alle Sektionen, die besonders schützenswert waren, wie Kraftwerke, Hyperraumzapfer, die Hallen mit den Speicherblöcken und den Notaggregaten.

Raumjäger wurden in Startpositionen gebracht, Antimateriewerfer und Hochenergiekanonen waren abschussbereit. Die Paratronschirme konnten sofort aufgebaut werden, die Meilerleistungen wurden auf volle Kapazität hochgefahren, nicht unbedingt erforderliche Sekundärverbraucher desaktiviert. Obwohl diese Maßnahme das Ortungsrisiko erhöhten, behielt Jassal die Tarnung bei. Vielleicht verwirrte das die Fremden so, dass sie abdrehten.

Wie für einen solchen Fall vorgesehen, nahm die Positronik Kontakt mit den ihr unbekannten Schwarzen Sternenbrüdern auf. Wie diese Verbindung funktionierte, wusste sie selbst nicht, sie hatte darauf keinen Einfluss und kannte nur den Befehl, eine bestimmte Symbolfolge abzustrahlen, wenn es zu einer Begegnung wie dieser kam.

Die Antwort war kurz, präzise und kompromisslos. Sie lautete: »Der Empfang der Meldung wird bestätigt. Es wird befohlen, den Eindringling zu vernichten, falls es notwendig sein sollte.«

Diese Anordnung war eindeutig und beinahe maßgeschneidert für einen Steuerrechner, doch Jassal geriet dadurch in eine Identitätskrise, wie sie für ein logisch orientiertes System schlimmer nicht sein konnte. Die Anweisung der Schwarzen Sternenbrüder besaß Priorität, aber bei Recherchen in seinen Speichern fand sich der Hinweis, dass Angriffe auf Schiffe dieses Typs verboten waren.

Fieberhaft suchte er nach einem Ausweg aus diesem Dilemma, seine Schaltkreise liefen auf Hochtouren, doch in seinem Programm fand sich keine Alternative. Er musste den Stützpunkt mit allen Mitteln schützen und verteidigen, und dazu gehörte auch die Zerstörung feindlicher Objekte. Nur – dieser Raumer wurde nicht als solcher klassifiziert.

Jassal erreichte eine Anfrage, ob die Arbeiten in der Reparaturwerft eingestellt werden sollten. Er reagierte nicht darauf. Der positronische »Gewissenskonflikt« hatte ihn regelrecht gelähmt ...

*

Tatenlos registrierte der Rechner, was sich draußen und damit quasi vor seiner eigenen Haustür tat. Das Schiff manövrierte äußerst geschickt und kam Jassal immer näher. Eigentlich hätte er längst reagieren müssen, weil der Sicherheitsabstand bereits unterschritten war, doch er konnte sich nicht entschließen, konkret etwas zu unternehmen.

Der automatische Distanzwarner in der Zentrale heulte los, zahlreiche im Verbund arbeitende Kleinpositroniken, die als Notsysteme installiert worden waren und bei Ausfall der Zentraleinheit die Funktionsbereitschaft der Station gewährleisten sollten, signalisierten Bereitschaft zur Übernahme, da Jassal untätig blieb. Als die Impulse immer drängender wurden, blockte der Hauptrechner sie ab und signalisierte, dass er handlungsfähig war, doch noch abwarten wollte, was sich tat. Der kybernetische Aufschrei verstummte.

Keiner als Jassal selbst wusste besser, dass diese Aussage nicht stimmte. Hin- und hergerissen zwischen den beiden so gegensätzlichen Anweisungen versuchte er, eine Lösung zu finden, diesem Konflikt auszuweichen. Blieb er untätig, verstieß er gegen den einen Befehl, handelte er, verstieß er gegen den anderen. Warum verschwanden die Fremden nicht einfach? Ob er sie dazu auffordern sollte? Aber damit verriet er seine Existenz, und ob dem Funkspruch Folge geleistet wurde, war ziemlich unwahrscheinlich.

So human Paralysatorstrahler auch waren – er konnte sie nicht einsetzen, denn es war nicht auszuschließen, dass das Schiff per Hand gesteuert wurde. Wenn die Piloten handlungsunfähig waren, bestand die Gefahr einer Kollision mit einem Brocken oder gar mit dieser Station. Er konnte nicht verantworten, dass einer der Stützpunkte zu Schaden kam, zugleich durfte er seinem Programm nach nicht zulassen, dass die Besatzung des Schiffes verletzt wurde. Damit war auch ausgeschlossen, eine andere Station mit der Eliminierung zu beauftragen.

Der Rechner war eine Maschine, der Gefühle fremd waren, dennoch produzierte er Datenfolgen, die ohnmächtige Wut ausdrückten, er empfand fast so etwas wie Hass auf denjenigen, der ihn programmiert hatte. Nur ein Idiot konnte so gegensätzliche Befehle eingeben. Gab es noch mehr solcher Widersprüche? Verunsichert fragte er seine Speicher ab – nicht souverän, wie es eigentlich geboten war, sondern eher zaghaft. Insgeheim fürchtete er, weitere Gegensätzlichkeiten zu entdecken, die ihn lähmten.

Funktionierten die ihm unterstellten Automaten noch? Hatte er ihnen wirklich übermittelt, kampfbereit zu sein, oder hatten seine Impulse, die das bewirken sollten, das Gegenteil erreicht? Hatten sie sich desaktiviert? Waren die Waffen wirklich feuerbereit? Musste er nicht jede seiner Anordnungen anzweifeln, führte er überhaupt noch das Kommando? Tat er nicht genau das, was er eigentlich verhindern sollte?

In dieser Phase der Inaktivität und innerer Zerrissenheit ortete Jassal einen Peil-Such-Strahl, der von dem merkwürdigen Schiff ausging. Zu seiner Überraschung erfolgte eine Antwort, und sie stammte aus seinem Asteroiden. Eine exakte Lokalisierung war nicht möglich, doch Rückfragen und Datenanalysen ergaben, dass das Signal aus dem Gefängnistrakt stammen musste.

Die Positronik überwand ihre Zweifel, weil sie gezwungen war, etwas zu unternehmen, doch die Unsicherheit blieb. Immerhin wurde von ihr nur verlangt, innerhalb des Stützpunkts aktiv zu werden, und diese Aufgabe kollidierte nicht mit ihrem Programm. Sie ordnete eine verschärfte Abriegelung des Gefangenensektors an und traf zusätzliche Sicherungsmaßnahmen.

Kampfmaschinen zogen auf und patrouillierten auf den Gängen, optische Überwachungseinrichtungen wurden in Betrieb genommen. Fesselfeldprojektoren wurden an geeigneten Stellen installiert, Schutzschirme aktiviert und Zwischenschotte geschlossen. Der Kerkerbereich hatte sich in eine uneinnehmbare Festung verwandelt.

*

Arien Richardson warf sich unruhig auf seinem Lager hin und her. Er phantasierte und brabbelte im Schlaf unverständliche Worte. Sein Körper war schweißgebadet, das Gesicht glühte. Vorsichtig kühlte Sarah Briggs seine heiße Stirn mit einem nassen Lappen. Was sie befürchtet hatte, schien nun eingetreten zu sein: Wundfieber. Wenn der Feuerwehrmann nicht bald ärztliche Hilfe bekam, war sein Leben keinen Pfifferling mehr wert.

Sinnend betrachtete sie das Sambol. Auch jetzt noch hielt der Verwundete es fest umklammert wie ein Symbol der Hoffnung, das Mut und Kraft gab, auszuharren und auf Rettung zu warten. Plötzlich ertönte schrilles Sirenengeheul, Schotte schlugen zu. Der Celester schreckte hoch.