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Zwei Romane in einem Band - Sklaven für Anur Ein Satellit, der einst ausgeschickt wurde, um Kontakt zu anderen Intelligenzen herzustellen, wird tatsächlich an Bord eines raumfahrenden fremden Volkes genommen und ausgewertet. Dadurch wird nicht nur die Position des bislang unbekannten Sonnensystems bekannt, sondern auch der dritte Planet und seine Bewohner. Heimlich und unerkannt statten die Fremden, deren Aussehen an Riesenfrösche erinnert und die sich selbst ›Anura‹ nennen, Terra einen Besuch ab. Sie vermessen und studieren den Planeten und das Leben seiner Bewohner. Da der technische Stand der Anura dem der Terraner deutlich überlegen ist, bleiben ihre Aktivitäten selbst der Raumüberwachung verborgen. Das Ergebnis der Untersuchung fällt positiv aus, und so ordnet der Rat der Gehirne an, eine Expedition zum Planeten Terra zu schicken. Die soll aber keine freundschaftlichen Kontakte zu deren Bewohnern aufnehmen, sondern eine ganz andere Mission erfüllen. Es geht um Sklaven für Anur. Dieser Roman erschien 1979 als Terra Astra 398. - Ufo-Kontakt Die Quam haben Hunderte von vollrobotischen Raumschiffen ins ganze ihnen bekannte Universum ausgesandt, die jeweils nur einen einzigen Passagier an Bord haben. Es sind die Botschafter von Quam. Ihre Aufgabe: Sie sollen allen Intelligenzen die Botschaft von der Philosophie von Quam überbringen. Einer dieser Botschafter ist Untong-Sri. Als sich sein kleines Fernraumschiff der gelben Sonne und ihren neun Planeten im Schutze der Deflektorschirme nähert, leitet die Automatik das Weckmanöver ein. Seit eintausendzweihundertdreizehn Quam-Jahren war der Raumer unterwegs, und zum ersten Mal registrieren die Instrumente biologisch hochstehendes Leben auf dem dritten Planeten. Das Ziel der Mission ist damit erreicht, jetzt kommt die Aufgabe von Untong-Sri. Er erwacht wie vorgesehen, doch das Lebenserhaltungssystem scheint im Verlauf der Reise gelitten zu haben. Einige Gehirnsektoren von Untong-Sri sind irreparabel geschädigt. Er kann sich nicht mehr an den Sinn der Mission erinnern, und es kommt zum Ufo-Kontakt. Dieser Roman erschien 1981 als Terra Astra 531.
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Seitenzahl: 239
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FALK-INGO KLEE
Ufo-Kontakt
HOPF Autorenkollektion
Impressum
Vorwort
Sklaven für Anur
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Ufo-Kontakt
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Originalausgabe September 2021
Text © Falk-Ingo Klee
Copyright © 2021 der E-Book-Ausgabe by Verlag Peter Hopf, Minden
Covergestaltung: etage eins, Jörg Jaroschewitz
Covermotiv © sdecoret / de.depositphotos.com
Korrektorat: Thomas Knip
ISBN ePub 978-3-86305-378-9
www.verlag-peter-hopf.com
Alle Rechte vorbehalten
Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse sind rein fiktiv.
Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.
Liebe Science-Fiction-Fans,
dies ist der erste Band von mir innerhalb der HOPF Autorenkollektion, dessen beide TERRA ASTRA-Romane inhaltlich nicht zusammengehören. Sie sind aber auch nicht einfach willkürlich ausgewählt worden, sondern haben einen thematischen Zusammenhang. Es geht um Außerirdische und es geht um die Erde. Mehr noch: Diese Extraterrestrier tauchen hier auf der Erde auf. Also zwei Seiten einer Medaille?
Weit gefehlt. Zwar ist unser blauer Planet wie erwähnt in beiden Fällen der Schauplatz, aber ansonsten handelt es sich um zwei völlig unterschiedliche Geschichten. Sie liegen auch zeitlich auseinander. »Sklaven für Anur« erschien 1979 und »Ufo-Kontakt« 1981. Spielt der ältere der beiden Romane in Moskau, Südafrika, der Türkei und Australien, liegen die Handlungszentren der anderen Story sehr viel näher hier in Europa – in London und in Gießen. Also quasi ein Heimspiel für die Terranerinnen und Terraner, die die Science-Fiction-Geschichten in diesem Taschenbuch (oder E-Book) lesen.
Tatsächlich spielt »Ufo-Kontakt« etwa zu der Zeit, in der der Roman erschien, also Anfang der 1980er Jahre. Für die etwas reiferen Jahrgänge mag da so einiges vertraut und erkennbar wirken, während es jüngeren Lesern schon wie Geschichtsschreibung vorkommen kann. Die Idee zu dem Roman kam mir nach einem England-Urlaub, bei dem die Besichtigung von London einen breiten Raum einnahm. Ich hatte einen Stadtplan der britischen Metropole, ich besaß den Plan der städtischen U-Bahn-Linien, und ich hatte ein paar Details von London und den Sehenswürdigkeiten kennen gelernt. Und in Gießen war ich auch schon seit einem Jahrzehnt zu Hause, kannte die Stadt also auch.
Diese Kenntnisse und Informationen waren dann ideale Voraussetzungen, um den Rahmen für einen Roman zu schaffen, dessen Protagonisten sich in einem Umfeld bewegten, das ich genau beschreiben und von den Lesern auch als echt und nicht fiktiv nachvollzogen werden konnte. Auch wenn es eine Science-Fiction-Geschichte ist: Wo es möglich war, habe ich immer ein paar Fakten eingewoben, um einen SF-Roman trotz aller phantastischer Ideen und Möglichkeiten etwas glaubhafter zu gestalten.
Science-Fiction, so die landläufige Meinung, findet immer in der Zukunft statt, im Weltall oder auf völlig unbekannten Planeten. Nein, die Zukunft kann auch in der Realität stattfinden und direkt vor der Haustür. Und mit Dingen des (damaligen) Alltags wie Festnetztelefonen, die einen Hörer besaßen und eine Gabel, die den Hörer aufnahm.
Nein, über »Sklaven für Anur« werde ich jetzt nichts mehr erzählen, obwohl der Roman sicherlich nicht weniger interessant und spannend ist. Aber das müssen Sie natürlich selbst herausfinden und entscheiden.
Wie in den bisherigen Bearbeitungen auch habe ich versucht, möglichst wenig zu verändern und zu moderniesen. Es geht ja um Retro-SF, und da soll das Original so weit wie möglich erhalten bleiben, um diesen Sense of Wonder jener Zeit zu erhalten und zu vermitteln. Ich hoffe, das ist mir gelungen und springt sogar ein bisschen auf Sie über.
Bleibt mir nur noch, Ihnen ein unterhaltsames Lesevergnügen zu wünschen und verspreche Ihnen, dass Action und Spannung nicht zu kurz kommen.
Ihr
Falk-Ingo Klee
Die Hauptpersonen des Romans:
Anwer Malek und Joseph Conrad ‒ Zwei Terraner werden verschleppt
Fram-Fram ‒ Ein Außerirdischer
Fiore Scampiose ‒ Terranischer Abwehrchef
Leroy ‒ Ein Geheimdienstler
Bree Macombe ‒ Ein Dieb unter falschem Verdacht
Das Gelände der ›Chrosnowsky-Recycling-Company‹ umfasste eine Fläche von einem knappen Quadratkilometer und bestand aus einer parkähnlichen Anlage, in die Labors, Rechenzentren und Verwaltungsgebäude harmonisch eingebettet waren. Die Firma befasste sich mit der Wiederverwendung von Abfällen, insbesondere solchen aus modernem Plastikmaterial.
Einem Chemikerteam war es vor einiger Zeit gelungen, die Molekularverbindungen so aufzuspalten, dass nicht nur die Ausgangsstoffe wieder entstanden, sondern dass sie sogar in ihre Elemente zerlegt wurden. Noch waren die Experimente nicht so weit fortgeschritten, dass man an eine kommerzielle Nutzung denken konnte, aber da die Grundlage dazu geschaffen war, war das nur noch eine Frage der Zeit.
›Chrosnowsky-Recycling-Company‹ war den anderen Unternehmen der Branche somit um einiges voraus, und es lag auf der Hand, dass die Konkurrenten danach trachteten, die Forschungsergebnisse in ihren Besitz zu bringen.
Das Chrosnowsky-Management wusste um das Bemühen der anderen und hatte nicht gezögert, wirksame Abwehrmaßnahmen zu treffen. So kam es, dass aus dem idyllischen Fleckchen Erde vor den Toren Moskaus eine uneinnehmbare Festung wurde, eingehüllt in eine gewaltige Energiekuppel. In ihrem Innern gab es noch zusätzliche Alarmeinrichtungen, und etliche bewaffnete Robotpatrouillen durchstreiften das Gelände auf willkürlichen Routen.
Ein eventueller Eindringling ‒ sofern er überhaupt das Energiefeld überwinden konnte ‒ wäre nicht einmal zehn Sekunden lang unentdeckt geblieben. Das hatten die Ingenieure, die die Abwehranlagen konstruiert hatten, nicht nur versichert, sondern auch bewiesen; schließlich gehörte das System, das das Areal absicherte, zu den modernsten Einrichtungen seiner Art.
Natürlich bezog sich diese Aussage nur auf die terranische Technik, aber wer ging schon davon aus, dass es Außerirdische gab, deren Standard höher entwickelt war? Und selbst wenn das unterstellt wurde ‒ welches Volk der Milchstraße würde sich dann für irdische Abfallverwertung interessieren? Da keiner von den Anura wusste, wurden diese Fragen gar nicht erst aufgeworfen.
*
Vor vier Stunden war es dunkel geworden. Während Moskau unter dem Schleier der Nacht lag, lediglich an seinen erleuchteten Straßen und Häusern erkennbar, war die Umgebung der ›Chrosnowsky-Recycling-Company‹ in bläuliche Helligkeit getaucht. Der strahlende Energieschirm spendete so viel Licht, dass es hier niemals dunkel wurde, allenfalls ein wenig dämmrig.
Von der Stadt her näherte sich ein Luftkissenfahrzeug, es war unbeleuchtet. Noch bevor es die helle Fläche erreichte, stoppte es ab und sank zu Boden. Pfeifend erstarb der Antrieb, eine Tür klappte, dann war es wieder still.
Aus dem Schatten des Gleiters traten zwei Männer. Einen Moment verharrten sie auf der Stelle und blickten sich aufmerksam um, bevor sie sich wieder in Bewegung setzten.
Sie wirkten unauffällig; waren in einfache Kombinationen gekleidet und führten keinerlei Gerät mit sich. Ihr Ziel war zweifellos die Energiekuppel, denn sie schritten zielstrebig darauf zu. Kurz bevor sie den von der Kuppel erleuchteten Kreis erreichten, verhielten sie erneut. Sie zupften an ihrer Kleidung, hantierten daran herum und benahmen sich, als ob sie sich selbst durchsuchen würden. Schließlich beendeten die Männer ihr merkwürdiges Tun und legten sich flach auf den Boden.
Einer zog einen dünnen Draht mit kugelförmigem Ende aus einer Anzugtasche und steckte ihn so in die Erde, dass die Kugel gerade noch aus dem Boden ragte. Wie auf Kommando hielten die beiden Männer die Ohren an die Kugel und lauschten angestrengt.
Das Ergebnis schien sie zu befriedigen, denn sie erhoben sich. Unbekümmert überschritten sie die Peripherie und betraten die erleuchtete, nur mit Gras bewachsene Fläche. Der erwartete Alarm blieb aus. Weder das im Boden eingelassene Sensorgitter noch der gleich einem Rundumradar wirkende Abtaststrahl meldete eine Annäherung unbefugter Personen. Die elektronischen Sicherungsanlagen mussten die beiden Gestalten völlig ignorieren.
Die Männer waren ihrer Sache anscheinend absolut sicher, denn sie entnahmen den Taschen ihrer Kombinationen nun mehrere kleinere Steckelemente, die sie in aller Ruhe zu einer kaum kniehohen Pyramide zusammenfügten. Deren Spitze leuchtete rötlich auf, als einer der beiden einen Hebel umlegte. Das Leuchten steigerte sich in Sekundenschnelle, dann brach ein waagerechter Lichtstrahl hervor und traf auf das Kuppelfeld.
Wechselnde Farbspiele durchzogen den Schirm an dieser Stelle, bevor er sich wieder stabilisierte und eine Öffnung von zwei Metern Durchmesser freigab. Selbst bei Ausfall der äußeren Systeme hätte die Automatik zumindest jetzt Alarm geben müssen, doch abermals nahm sie nichts wahr.
Geschmeidig glitten die Männer durch die Strukturlücke. Die hinter der Schirmfeldwandung angebrachten Energiebarrieren und Lichtschranken meldeten keine Veränderung. Für die Eindringlinge schien es keinen Anlass zu geben, die Sicherheitsanlagen zu beachten, denn wieder erfolgte kein Alarm. Eine derartige Aneinanderreihung von Unmöglichkeiten war undenkbar. Wenn es den vermeintlichen Saboteuren dennoch gelungen war, so weit vorzustoßen, gab es nur eine Erklärung: Die Männer mussten über Mittel verfügen, die auf der Erde nicht bekannt waren und den Stand terranischer Technik weit übertrafen.
Ohne zu zögern, gingen die Eindringlinge weiter. Nach knapp zehn Metern bogen sie ab und bewegten sich auf ein dreistöckiges Gebäude zu. Nur wenige, absolut vertrauenswürdige Personen wussten, dass sich in diesem Haus der Tresor befand, in dem die verschlüsselten Formeln aufbewahrt wurden.
Kein Überwachungsgerät meldete Zwischenfälle, dennoch verlangsamten die Männer ihre Gangart. Beide zogen winzige Geräte aus ihren Taschen, richteten eine klappbare Antenne aus und gingen vorsichtig weiter.
Sie, die bisher alle schwierigen Hindernisse überwunden hatten, waren ihrer Sache auf einmal gar nicht mehr so sicher und wirkten äußerst wachsam. Innerhalb der Anlage musste es also eine Einrichtung geben, die sie nicht beeinflussen konnten und vor der sie auf der Hut sein mussten.
Noch bevor sie das fragliche Gebäude erreichten, meldeten ihre Geräte zwei Streifenrobots. Augenblicklich schlugen sich die Fremden in die Büsche, doch umsonst. Die hochempfindlichen Sensoren der Automaten hatten sie bereits aufgespürt.
Mit angeschlagenen Waffenarmen brachen die Maschinen in die Sträucher ein.
*
Wer Anwer Malek zum ersten Mal sah, hielt den dreißigjährigen Blondschopf mit den blauen Augen für einen typischen Skandinavier, und sein athletischer Körperbau ließ auf einen Sportler schließen. Er war weder das eine noch das andere.
Anwer Malek saß in der Überwachungszentrale der ›Chrosnowsky-Recycling-Company‹ und blickte gelangweilt auf die Bildschirme. Die automatischen Kameras übermittelten in wechselnder Reihenfolge die aufgenommenen Bilder ihres Sektors. Ab und zu waren die Streife gehenden Robots zu sehen, ansonsten waren die Aufnahmen von ermüdender Eintönigkeit.
Malek hatte sich schon oft gefragt, ob seine Arbeit ‒ oder besser gesagt seine Anwesenheit ‒ überhaupt nötig war. Gewiss, man hatte ihm versichert, dass er das letzte und zugleich wichtigste Glied in der Kette der Sicherungseinrichtungen sei, aber er hatte doch erhebliche Zweifel an dieser Aussage.
Der autarke Rechner, der die gesamte Abwehranlage steuerte und auch die Robotwachen koordinierte, war in der Lage, bei Funktionsstörungen ohne menschliches Zutun Reparaturschaltungen zu aktivieren und den Schaden selbst zu beheben. Maleks Aufgabe, seinerseits die Elektronik zu überwachen, war demnach eine Farce und bedeutete für Anwer an drei Tagen in der Woche je fünf Stunden Langeweile.
Er arbeitete bereits seit acht Monaten hier, und obwohl schon mehrmals versucht worden war, einzudringen, hatte die Automatik das stets ohne seine Mitwirkung vereitelt.
Anwer gähnte ungeniert. Es würde wieder eine ereignislose Wache werden. Gerade hatte er sich eine Zigarette angezündet, als sich Robotstreife 7-II über die ständig auf Empfang geschalteten Lautsprecher meldete.
»Eindringlinge in Sektor Rot-Sieben-Sieben. Wir stellen sie. Ende.«
Malek saß wie vom Donner gerührt. Eindringlinge? Wie mochten sie es geschafft haben, die Abwehreinrichtungen zu überwinden? Warum hatte der Rechner keinen Alarm gegeben, warum hatten die Instrumente keine Abweichung angezeigt? Das ging nicht mit rechten Dingen zu!
Entschlossen gab Malek Vollalarm, dann schaltete er die für Sektor Rot-Sieben-Sieben zuständige Ausschnittkamera ein und stellte sie fest. Ein Schirm war jetzt nur für diese Bilder reserviert.
Deutlich sah Malek, dass zwei Männer aus einem Gebüsch sprangen. Inmitten der Gehölzgruppe waren heftige Bewegungen zu erkennen, die nur von den verfolgenden Robots stammen konnten.
Unvermittelt stach aus den Büschen ein greller Lichtblitz hervor, der Anwer blendete. Als er die Augen wieder öffnete, waren die Fremden verschwunden. Die Sträucher waren zu Asche verbrannt, von den Automaten waren nur noch zwei nachglühende, verschmolzene Metallklumpen übrig.
»Sektor Rot-Sieben-Sieben umstellen, die Streifen l-III, 4-III, 8-II und 9-II sichern Block A 3!«, schrie Malek in sein Mikrofon. »Gesucht werden zwei Männer. Sie sind unter allen Umständen festzusetzen.«
Mehr konnte er im Augenblick nicht tun, aber er war absolut sicher, dass die Fremden keine Chance mehr hatten, ihren Verfolgern zu entkommen. Er hob die Arretierung für die Ausschnittkamera wieder auf.
Auf einem separaten Bildschirm war der Tresorraum zu sehen. Alles war unverändert. Anwer lächelte. Selbst wenn die Eindringlinge den Maschinen entkommen sollten ‒ in den doppelt und dreifach gesicherten Tresorraum würden sie nie gelangen.
Oder doch? Immerhin hatten sie bisher ja auch die gesamten positronischen Abwehranlagen genarrt.
Die Positronik, was war mit ihr los? Malek schaltete den Kommunikator ein.
»Warum wurde gegen die Eindringlinge nichts unternommen?«, fragte er.
»Ich verstehe den Sinn Ihrer Frage nicht, Sir«, schnarrte der Rechner. »Von welchen Eindringlingen reden Sie?«
Malek holte tief Luft. »Du hast also nichts bemerkt?«
»Keine Vorkommnisse, Sir.«
»Du hast keine Veränderung in der Kuppelstruktur registriert, keinen Kontakt des Sensorgitters oder des Abtaststrahls?«
»Nein, Sir.«
»Was ist mit den Energiebarrieren und den Lichtschranken?«
»Nichts, Sir. Warum fragen Sie? Haben Sie eine Veränderung der Anzeigen erkannt, Sir?«
»Nein, zum Teufel, deshalb frage ich dich ja!«, schrie Anwer aufgebracht.
»Aber Ihre Frage ist unlogisch, Sir. Wenn meine Überwachungssensoren keine Normabweichung verzeichnet haben, ist auch nichts verändert oder manipuliert worden; folglich ist niemand eingedrungen.«
»Aber ich habe die Männer mit eigenen Augen gesehen!«, rief Malek.
»Das ist unmöglich, Sir!«, beharrte der Rechner.
»Hast du denn die Meldung der Robots nicht erhalten?«
»Doch, Sir, aber das sind nur einfache Automaten, die diese Situation nicht beurteilen können. Es wird sich um einen Schaltfehler gehandelt haben. Da beide Roboter zerstört sind, lässt sich das leider nicht mehr nachprüfen.«
»Aha. Und kannst du mir sagen, wer sie zerstört hat?«
»Ihre Fragestellung ist falsch, Sir. Es muss heißen: Was hat sie zerstört? Die Antwort darauf lautet: Eine Explosion. Wahrscheinlich ein Schaltfehler, wie ich schon sagte.«
»Du bist doch der größte Dummkopf, der mir je untergekommen ist. Hast du die Aufnahmen der Sektorkamera Rot-Sieben-Sieben überprüft?«
»Ja, Sir. Sie zeigen die Explosion der Robotstreife 7-II.«
»Sonst nichts?«
»Sonst nichts, Sir.«
»Spiele die Szene ab!«, befahl Malek.
Ungläubig verfolgte er die Aufzeichnung. Der Computer hatte recht. Auf dem Film waren keine Männer zu sehen.
»Aber ich spinne doch nicht«, polterte er los.
»Vielleicht sind Sie übermüdet, Sir.«
»Ach, halte den Mund«, sagte er grob und schaltete den Kommunikator ab.
Die Eindringlinge mussten über Mittel verfügen, die sie für Ortungs- und Überwachungsanlagen unsichtbar machten, lediglich optisch waren sie auszumachen. Aber warum waren sie dann auf dem Film nicht zu erkennen?
Malek wusste darauf keine Antwort. Er sah auf das Chronometer. Seit dem Alarm waren knapp sechs Minuten vergangen, ohne dass die Robots bis jetzt einen Erfolg gemeldet hatten. Ob ihnen die Männer entkommen waren?
Auf dem Bildschirm blitzte es auf. »Robotstreife 3-II explodiert«, meldete der Rechner emotionslos.
»Welcher Sektor?«
»Rot-Zwei-Zwei.«
»Sie kommen immer näher«, murmelte Malek unbehaglich.
Die Überwachungszentrale lag ebenfalls in Block A 3, im ersten Stock, eine Etage über dem Tresorraum.
»Robotpatrouille l-III. Lähmstrahler unwirksam, erbitten Anweisung, ob Strahler eingesetzt werden können. Ende.«
»Ja, setzt Strahler ein, aber vorsichtig, ich will die Burschen lebend haben. Und schaltet eure Schutzschirme ein.«
»Bereits bei Alarm geschehen, Sir. Ende.«
Malek war plötzlich sehr nachdenklich. Die Fremden mussten über hervorragende Geräte und Waffen verfügen, denn sie hatten ja nicht nur den Rechner überlistet, sondern verwandelten auch die Automaten trotz der Individualschirme in glühenden Schrott.
Wieder blitzte es auf dem Schirm auf. Malek sah, dass die Maschinen die Männer gestellt hatten und unter Beschuss nahmen. Ein Strahlenbündel traf einen der beiden am Bein. Das Bein glühte auf, schien von innen heraus zu leuchten, dann verpuffte der Strahl wirkungslos im Nichts. Der Mann war unversehrt.
Die Robots konzentrierten nun ihr Feuer auf eine Person ‒ ohne Erfolg. Dafür gingen die Eindringlinge ihrerseits zum Angriff über. An zwei Stellen flammten Lichtblitze auf.
Monoton meldete der Rechner: »Robotpatrouillen l-III und 4-III zerstört.«
Die Männer wurden Anwer unheimlich. Er sah ein, dass es ihm ohne Verstärkung nicht gelingen würde, sie zu vertreiben oder gar festzusetzen. Entschlossen drückte er die Notruftaste, die ihn mit dem Polizeihauptquartier in Moskau verband. Innerhalb von zehn Minuten würde es hier von bewaffneten Uniformierten nur so wimmeln.
In der Zwischenzeit waren die Robots weiter dezimiert worden. Robotpatrouillen 6-III und 5-IV existierten nicht mehr. Es wäre sinnlos gewesen, noch weitere Maschinen zu opfern. Malek gab daher den Befehl, die beiden Männer nur zu stören und zu versuchen, sie aufzuhalten. Dabei sollten die Automaten darauf achten, dass die Waffen der Eindringlinge ihnen nicht gefährlich werden konnten.
Jetzt musste es sich zeigen, ob die Anlagen von A 3 und dem Tresorraum ausreichten, die Anlage wirkungsvoll zu schützen. Auf dem Monitor sah Anwer, dass sich einer der Fremden an der Hauswand zu schaffen machte, während der andere die Robots im Auge behielt.
Die Männer gingen drei Schritte zurück. Malek entdeckte, dass sie in Augenhöhe ein winziges Kästchen an der Mauer befestigt hatten. Er vermutete, dass es sich um einen Sprengsatz handelte; doch er wurde sogleich eines Besseren belehrt. Mit ungläubigem Staunen registrierte er, dass der Rechner die Männer als ›befugt‹ akzeptierte und die Sperren und Energieschirme deaktivierte. Ungehindert betraten die Fremden das Gebäude.
Als Malek sich von seiner Überraschung erholt hatte, standen die Eindringlinge bereits im Tresorraum. Auch hier geschah wieder das Gleiche: Der Computer gab seinen elektronischen Segen und öffnete den ›Befugten‹ die tonnenschwere Tür des Panzerschranks.
Anwer sprang auf. Er konnte unmöglich zulassen, dass die Männer die geheimen Unterlagen stahlen. Mit einem Satz stand er neben der Tür, löste die elektronische Verriegelung und riss seinen Strahler an sich.
Die entsicherte Waffe in der Hand, stürmte er den Gang entlang und schwang sich in den Magnetabsteiger. Als er die Ebene des Tresorraums erreichte, wurde er bereits erwartet. Bevor er abdrücken konnte, traf ihn ein Lähmstrahl direkt am Kopf. Besinnungslos sackte er zusammen.
*
Der Rückzug der Diebe gestaltete sich völlig undramatisch. Von der Positronik als Befugte eingestuft, verhielten sich auch die Automaten passiv und ließen die Männer, die Malek mitschleppten, anstandslos passieren.
Als wenige Minuten später die Polizisten eintrafen, waren die Einbrecher mit ihrem Gefangenen bereits verschwunden. So fanden die Uniformierten nicht nur nichts vor, sondern standen auch hilflos vor der wieder intakten Energiekuppel, die ihnen das Betreten des Geländes unmöglich machte.
Es dauerte eine gute Stunde, bis endlich eine autorisierte Person der Firmenleitung eintraf und dem Rechner Anweisung gab, die Leute einzulassen.
Der Computer wurde über den Grund des Alarms befragt, doch er vermochte keine Hinweise zu geben. Malek war verschwunden, und so blieb nur eine einzige, allerdings sehr merkwürdige Spur am Tatort zurück. Es waren seltsam strahlende Abdrücke, die von den Füßen eines überdimensionalen Frosches stammen mussten.
Der protzige Name ›Interstellar-Mining-Ltd.‹ wollte nicht so recht zu den baufälligen Gebäuden am Stadtrand Johannesburgs passen. Es handelte sich um ein halbes Dutzend heruntergekommener Lagerhallen, die bereits ein Jahrhundert oder mehr auf dem Buckel haben mussten. Im 20. Jahrhundert hätte der Volksmund sie treffend als ›Bruchbuden‹ bezeichnet.
Das von Unkraut überwucherte Areal war von einem einfachen elektrischen Zaun umgeben, die aus Schlacke und Schotter bestehende Zufahrt an der Grundstücksgrenze durch ein altersschwaches, stark verrostetes Tor verschlossen.
Je drei der verkommenen Hallen standen links und rechts der kaum als Straße zu bezeichnenden Zufahrt. Zwischen ihnen lagen Berge von Gerümpel, Abfällen und defekten, teilweise schon zersetzten Geräten. Sogar ein demoliertes Gleiterwrack befand sich darunter, das nur noch darauf warten mochte, dass ihm der Rost vollends den Garaus machte.
In den Gebäuden selbst lagerten, gestapelt bis zur Decke, alte, taube Bohrproben.
Die letzte, rechts vom Weg stehende Halle war relativ leer. Hier lagerten einige zerschrammte Container, beschädigte und veraltete Bohrgeräte, eine antiquierte Planierraupe und zwei Kräne, die jedes Museum dankbar abgenommen hätte. Auch hier war alles unordentlich und verwahrlost. Kein Mensch wäre auf den Gedanken gekommen, dass das Gebäude außer Schrott und Gerümpel noch etwas beherbergte, und doch war es so.
Die ›Interstellar-Mining-Ltd.‹ war aus der ›South-Africa-Mining-Ltd.‹ hervorgegangen und hatte ihren Sitz in Terra-City. Eines Tages erinnerte man sich wieder des Grundstücks bei Johannesburg. Es ging nämlich darum, wertvolle, fündige Bohrproben von Vorkommen aufzubewahren, die noch nicht ausgewertet werden konnten. Kurz entschlossen hatte man unter der erwähnten Halle einen Bunker angelegt, der mit einer wirksamen Alarmanlage und zahlreichen elektronischen Sicherungen geschützt war. In ihm verwahrte man die Proben.
Der beste Schutz der Anlage war jedoch die Umgebung. Niemand wäre darauf verfallen, ausgerechnet hier, inmitten von Plunder und wertlosem Zeug, nach etwas zu suchen, dessen Wert mehr als eine Solarmark betrug. Gelegentlich wühlten Kinder in dem Schutt herum, manchmal tauchte ein Amateurgeologe auf, um einige Gesteinsbrocken zu stibitzen, doch professionelle Diebe und Einbrecher hatten noch nie versucht, hier etwas zu entwenden. Für Nichteingeweihte gab es auch wirklich keinen Grund dazu.
Ben Normon liebte dieses stille Plätzchen. Der dunkelhäutige Alte hatte schon bessere Tage gesehen, nun war er ähnlich heruntergekommen wie die Gebäude und lebte nur noch für die Flasche. In einem der leeren Container hatte er sein Lager aufgeschlagen und für seinen Geschmack behaglich eingerichtet. Ab und zu war er einem Steinsammler dabei behilflich, ein schönes Stück zu organisieren. Er hatte dann jedes Mal neben seiner Altersversorgung ein kleines Trinkgeld zusätzlich, das er auch absolut wörtlich nahm.
Ein guter Kunde war Joseph Conrad, ein kraushaariger junger Mann von etwa zwanzig Jahren. Joseph war ein begeisterter Amateurgeologe, der davon träumte, sein Hobby eines Tages zu seinem Beruf machen zu können.
»Hallo, Ben!«, rief Conrad, als er durch die unverschlossene Tür in die letzte Halle trat.
Der alte Trunkenbold fuhr aus seiner Kiste hoch. »Ach, du bist es, Joseph«, sagte er mit brüchiger Stimme. »Hast du nicht fünf klitzekleine Mark für mich?«
»Wenn du mir ein seltenes Exemplar zeigen kannst, gebe ich dir fünf Solarmark.«
»Wirklich, Joseph? Du bist ein guter Junge. Kannst du mir das Geld gleich geben?«
»Erst die Ware, dann das Geld.«
»Nun gut. Komme mit in Halle 3, dort habe ich ein wunderbares Stück gesehen.«
Ächzend kletterte der Alte aus dem großvolumigen Container und schlurfte zum Ausgang. »Was ist, worauf wartest du?«
»Sei still, Ben. Hörst du nichts?«
Der Alte blieb stehen und lauschte. »Nein«, er schüttelte den Kopf, »ich höre nichts.«
»Doch, ein Luftkissengleiter nähert sich.«
»Jetzt höre ich es auch«, bestätigte Normon. »Er fliegt direkt auf dieses Gebäude zu.«
»Los, wir müssen uns verstecken. Schnell!«, rief Conrad, als der alte Mann immer noch unschlüssig dastand.
»Komm, wir verbergen uns hinter der Raupe.«
Joseph packte den Trunkenbold am Arm und zog ihn mit sich.
Draußen erstarb das Antriebsgeräusch. Schritte wurden hörbar, dann öffnete sich quietschend die Tür. Zwei Männer traten in den Raum. Sie hatten nichtssagende Gesichter und trugen einfache Kombinationen. Rasch sahen sie sich um, dann, als sie nichts Auffälliges bemerkten, gingen sie zielstrebig auf die Rückseite der Halle zu. Zehn Meter von der Stelle entfernt, wo die Rückwand und die rechte Mauer zusammenstießen, gingen sie in die Hocke und holten aus ihren Anzugtaschen zwei apfelgroße Kugeln hervor. Die beiden unbemerkten Lauscher waren nur wenige Schritte entfernt und konnten alles genau beobachten.
Die Männer öffneten die Unterseite der Kugeln und zogen jeweils sechs dünne Tentakeln hervor, dann klappten sie die Bällchen wieder zu und drückten einen Knopf ein.
Sofort setzten sich die Bälle in Bewegung und staksten auf ihren dünnen Beinchen eine imaginäre Linie entlang. Geräuschlos fuhren sie ein Fühlerpaar aus, das ständig kreiste. Wenig später wuchsen aus den Seiten spiralige Fäden, die sich auf den Boden senkten und heftig vibrierten.
Conrad konnte sich auf dieses seltsame Verhalten keinen Reim machen. Die Kugeln kamen ihm bekannt vor. Er hatte etwas Ähnliches bereits als robotisches Kinderspielzeug gesehen, aber was taten zwei erwachsene Männer damit?
Der Alte neben ihm wollte etwas sagen, doch Conrad bedeutete ihm mit einem Rippenstoß, zu schweigen. Gespannt sah er zu, wie es weiterging. Er brauchte nicht lange zu warten. Die Kugeln verharrten auf der Stelle. Einer der Männer presste ein flaches Kästchen auf den Boden.
Knirschend fuhr eine quadratmetergroße Platte in die Höhe und drehte sich zur Seite. Aus der darunter liegenden Öffnung drang helles Licht. Conrad rieb sich erstaunt die Augen. Was ging hier vor?
Er sah Normon fragend an. Der Alte wollte gerade etwas sagen, aber Joseph presste ihm rasch die Hand auf den Mund.
»Verhalte dich ruhig!«, zischte er ihm ins Ohr.
Die Männer waren inzwischen in dem unterirdischen Gewölbe verschwunden. Schon wenig später tauchten sie wieder auf. Sie schoben eine Schwebeplatte vor sich her, auf der ein gutes Dutzend beschrifteter Bohrproben lagen. Ohne sich um die Umgebung zu kümmern, schoben sie die Plattform zum Ausgang und verschwanden nach draußen.
»Hast du etwas von der unterirdischen Anlage gewusst?«, raunte der junge Mann.
»Nein, das schwöre ich dir«, beteuerte der Alte. »Wir sollten …«
»Nicht so laut!«, fauchte Conrad. »Sei still, sie kommen zurück.«
Die Schatten der Männer fielen in den Raum. Ohne Hast betraten sie wieder die Halle und dirigierten die Platte zum erleuchteten Einstieg. Erneut verschwanden sie in der subplanetaren Anlage, und abermals tauchten sie mit beladener Schwebeplattform wieder auf. Der Vorgang wiederholte sich noch drei Mal. Als sie dann wieder in die Halle zurückkehrten, unterhielten sie sich in einer fremden Sprache. Sie schoben die Transportplatte in das Loch und drehten die Abdeckung in ihre ursprüngliche Lage zurück. Erst jetzt nahmen sie die Kugeln und das Kästchen auf und steckten alles ein.
»Teufel, jetzt brauche ich einen kräftigen Schluck!«
Das Geschehen hatte Conrad so in seinen Bann gezogen, dass er gar nicht mehr auf den Trinker geachtet hatte. Er fuhr erschrocken herum, um den Alten am Sprechen zu hindern, doch es war bereits zu spät. Die Männer hatten sie entdeckt und kamen in drohender Haltung auf sie zu.
Conrad hatte nur einen Gedanken: Flucht.
Und als die beiden Fremden nur noch drei Meter entfernt waren, sprang er unvermittelt auf und rannte zum Ausgang; aber er kam nicht weit. Plötzlich schien etwas in seinem Gehirn zu explodieren und ihn zu lähmen. Er wollte noch einen Schritt machen, aber seine Glieder gehorchten ihm nicht mehr. Ohnmächtig sank er zu Boden.
Der Alte begann zu zittern, als er sah, dass der junge Mann zusammenbrach.
»Aber, er hat euch doch nichts getan«, stammelte Normon. »Bitte, tut mir nichts. Ich werde euch nicht verraten, ich sage bestimmt nichts. Ich weiß von nichts, ich habe euch nie gesehen.«
Wimmernd sank er auf die Knie.
»Bitte, tut mir nichts. Ich bin doch nur ein einsamer alter Mann, ein Säufer, dem ohnehin keiner glaubt.«
Die Männer starrten auf das Häuflein Mensch, das sich vor ihnen am Boden wand und um sein Leben flehte.
»Du trinkst also gerne?«, fragte einer.
»Ja, ja, ich trinke gerne.«
»Hast du Schnaps hier?«
Angst und Alkohol hatten Normons Gehirn so benebelt, dass ihm die holprige Sprechweise des anderen gar nicht auffiel.
»Sicher, meine Herren, sicher!«
Er dienerte unterwürfig und eilte zu seiner Schlafkiste. Triumphierend zog er zwei volle Flaschen hervor.
»Du trinkst jetzt eine halbe Flasche und den Rest, wenn wir gegangen sind, hast du verstanden?«
»Aber ja. Das tue ich mit dem größten Vergnügen.«
Er setzte eine Flasche an und trank sie halb aus.
»Gut. Versuche nicht, uns zu folgen, und halte dich an unsere Anweisung. Wenn du versuchst, dich darüber hinwegzusetzen, ergeht es dir schlecht.«
Ohne sich noch weiter um den Trunkenbold zu kümmern, nahmen sie Conrad auf und verließen den Raum. Erst als draußen der Antrieb aufheulte und schließlich immer leiser wurde, getraute der Alte sich, seinen Platz zu verlassen. Abermals trank er, dann hatte er genug Mut, um nachzusehen, ob die Männer tatsächlich verschwunden waren. Vorsichtig öffnete er die Tür. Niemand war zu sehen, alles sah aus wie immer.
»Der arme Junge«, murmelte er bedrückt, »das hat er nicht verdient.«
Er leerte die Flasche und warf sie achtlos fort. Jetzt fühlte er sich stark genug, sein unter Druck abgegebenes Versprechen zu brechen; das war er Joseph schuldig.
Langsam, die volle Flasche wie einen Schild vorgestreckt, ging er auf die Stelle zu, die er als Einstieg in Erinnerung hatte. Auf halbem Weg zögerte er und sah sich furchtsam um. Nichts geschah. Hastig schraubte er die Flasche auf und nahm einen tiefen Zug. Sein Selbstbewusstsein wuchs wieder. Er schritt nun forscher aus und betrat die Platte. Der genossene Alkohol machte sich bemerkbar. Normon stolperte und fiel hin.
»Ich finde den Mechanismus«, lallte er. »Die werden sich wundern.«
Mühsam kroch der Alte über den schmutzigen Boden. Als er glaubte, eine Fuge ertastet zu haben, zog er aus seiner schmierigen Kleidung ein abgebrochenes Messer und versuchte, es in die Ritze zu schieben.
Es dauerte einige Minuten, bis ihm dies mit seinen zittrigen Händen gelang. Eine Weile mühte er sich vergebens, die Steinplatte mittels der Klinge zu bewegen, dann gab er es auf und stärkte sich mit einem Schluck Schnaps. Der alte Trunkenbold ahnte nicht, dass er mit seiner Aktivität Alarm ausgelöst hatte.
»Ich finde den Mechanismus«, brabbelte der Alte mit schwerer Zunge.
Mit der Flasche im Arm schlief er ein.
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