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Auch eine Geschichte der Philosophie stellt im Stil einer Genealogie dar, wie die heute dominanten Gestalten des westlichen nachmetaphysischen Denkens entstanden sind. Als Leitfaden dient der Diskurs über Glauben und Wissen, der aus zwei starken achsenzeitlichen Traditionen im römischen Kaiserreich hervorgegangen ist. Auch eine Geschichte der Philosophie ist aber nicht nur eine Geschichte der Philosophie. Es ist auch eine Reflexion über die Aufgabe einer Philosophie, die an der vernünftigen Freiheit kommunikativ vergesellschafteter Subjekte festhält: Sie soll darüber aufklären, »was unsere wachsenden wissenschaftlichen Kenntnisse von der Welt für uns bedeuten – für uns als Menschen, als moderne Zeitgenossen und als individuelle Personen«.
Das bei seiner Erstpublikation 2019 gefeierte Buch erscheint nun als Taschenbuch mit einem deutlich erweiterten Gesamtinhaltsverzeichnis und einem für diese Ausgabe geschriebenen Nachwort des Autors.
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Seitenzahl: 2760
I_3Jürgen Habermas
Auch eine Geschichte der Philosophie
Band 1Die okzidentale Konstellation von Glauben und Wissen
Suhrkamp
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eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2022
Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2384.
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Umschlag nach Entwürfen von Willy Fleckhaus und Rolf Staudt
eISBN 978-3-518-76144-1
www.suhrkamp.de
I_8Ich habe während meiner aktiven Zeit als Hochschullehrer und Mitdirektor eines Max-Planck-Instituts das außerordentliche Privileg genossen, aus den konzentrierten Diskussionen mit einer vergleichsweise großen Zahl von scharfsinnigen, kritischen und einfallsreich konstruktiv denkenden Mitarbeitern sowie ehemaligen »Schülern« lernen zu können. Dieses Glück des Lernens voneinander ist mir erst in seinem vollen Gewicht zu Bewusstsein gekommen, seitdem ich es – wie bei der Abfassung dieses Buches – vermisse. In der zeitlichen Reihenfolge der jeweils engeren Zusammenarbeit danke ich dafür vor allem:
Oskar Negt
Ulrich Oevermann (1940-2021)
Claus Offe
Gertrud Nunner-Winkler
Rainer Döbert
Klaus Eder
Günter Frankenberg
Axel Honneth
Lutz Wingert
Bernhard Peters (1949-2005)
Klaus Günther
Ingeborg Maus
Rainer Forst
Cristina Lafont
Peter Niesen
Thomas M. Schmidt
Von dem Ältesten aus dieser Reihe habe ich in philosophischer Hinsicht am meisten gelernt. Seinem Andenken widme ich dieses Buch:
Albrecht Wellmer (1933-2018)
Cover
Titel
Impressum
Widmung
Inhalt
Informationen zum Buch
Cover
Titel
Impressum
Widmung
Inhalt
Vorwort
Siglen
I. Zur Frage einer Genealogie nachmetaphysischen Denkens
1. Krisenszenarien und Verfallsgeschichten in philosophischen Großtheorien des 20. Jahrhunderts
(1) Carl Schmitt
(2) Leo Strauss
(3) Karl Löwith
(4) Martin Heidegger
(5) Die Rekonstruktion von Lernprozessen und das Eigenrecht der Moderne
2. Religion als eine »gegenwärtige« Gestalt des objektiven Geistes?
(1) Der soziologische Streit über die Säkularisierungsthese
(2) John Rawls: Politische Vernunft und Religion
(3) Karl Jaspers: Philosophischer und religiöser »Glaube«
3. Der okzidentale Entwicklungspfad und der Universalitätsanspruch nachmetaphysischen Denkens
(1) Der zivilisationstheoretische Ansatz und die prägende Kraft der Weltreligionen
(2) Interkulturelle Verständigung, säkulare Denkungsart und die Sorge vor der eurozentrischen Blickverengung
4. Gesellschaftstheoretische Grundannahmen und programmatische Ausblicke
(1) Das Problem der gesellschaftlichen Integration und die Stufen der sozialen Evolution
(2) Skizze des Gedankengangs
(3) Von den Weltbildern zur Lebenswelt
II. Die sakralen Wurzeln der achsenzeitlichen Überlieferungen
1. Kognitiver Durchbruch und Bewahrung des sakralen Kerns
(1) Das Konzept der Achsenzeit
(2) Die beiden Elemente der Religion
(3) Exkurs zum Begriff der Religion
2. Mythos und Ritus
(1) Vollzug des Ritus und Aufführung des Mythos
(2) Vom Sinn ritueller Praktiken
(3) Exkurs zum Ursprung der Sprache
3. Der Sinn des Sakralen
(1) Die Selbstreferenz rituellen Verhaltens
(2) Von der symbolischen zur sprachlichen Kommunikation
(3) Der Mythos als Antwort auf die kognitive Herausforderung der Weltoffenheit
(4) Die komplementären Gefahren von Exklusion und Überinklusion
(5) Der Ritus als Quelle der Solidarität
(6) Die Sprengkraft des dissonanten Weltwissens
4. Der Weg zur achsenzeitlichen Transformation des religiösen Bewusstseins
(1) Pantheon und Glaubenspraxis in frühen Hochkulturen
(2) Götterkult
(3) Die Ausdifferenzierung der Wissensformen
III. Ein provisorischer Vergleich der achsenzeitlichen Weltbilder
1. Die Moralisierung des Heiligen und der Bruch mit dem mythischen Denken
(1) Der Abstraktionsschritt von den Göttern zum transzendenten Göttlichen
(2) Wesen und Erscheinung
(3) Denken zweiter Ordnung: Diskurs und Dogmatik
2. Die Abkehr des jüdischen Monotheismus vom »Heidentum«
(1) Vom Henotheismus zum monotheistischen Schöpfer, Gesetzgeber und Richter
(2) Der universalistische Sinn des Bundes mit dem transzendenten Gott
(3) Die Überwindung magischen Denkens und die Entzauberung des Ritus
(4) Zur singulären Stellung des Monotheismus
3. Buddhas Lehre und Praxis
(1) Der Brahmanismus, die Upanishaden und die meditative Praxis
(2) Buddhas Leben und Lehre
(3) Heilsziele und Heilswege in Buddhismus und Judentum
(4) Meditation
4. Konfuzianismus und Taoismus
(1) Entstehung des Konfuzianismus und die Zeit der »Streitenden Reiche«
(2) Konfuzius' Leben und Lehre
(3) Konfuzianismus als Ethik und Bildungsreligion
(4) Der Gegenentwurf der taoistischen Heilslehre
5. Von den griechischen »Naturphilosophen« zu Sokrates
(1) Der ganz andere Entstehungskontext
(2) Die Vorsokratiker
(3) Sokrates
6. Platos Ideenlehre – im Vergleich
(1) Aufbau des platonischen Systems
(2) Die Entkoppelung der Lehre vom Kultus
Erste Zwischenbetrachtung: Die begrifflichen Weichenstellungen der Achsenzeit
(1) Entstehung, Dynamik und Strukturwandel der Weltbilder
(2) Exkurs zum Begriff der Lebenswelt
(3) Weltbildstruktur und dogmatische Denkform
(4) Das Konzept der Achsenzeit
IV. Die Symbiose von Glauben und Wissen im christlichen Platonismus und die Entstehung der römisch-katholischen Kirche
1. Das Urchristentum: Der verkündigende und der verkündigte Jesus
(1) Das Verhältnis der frühen Christen zum Judentum
(2) Jesus – Selbstverständnis und Lehre
(3) Die paulinische Deutung des Christentums
2. Die Begegnung von Christentum und Hellenismus in der gräkoromanischen Umgebung des Kaiserreichs
(1) Die Ausbreitung christlicher Gemeinden und der Gottesdienst
(2) Das römische Kaiserreich – die politische und gesellschaftliche Umgebung
(3) Im Spannungsfeld der philosophischen und religiösen Lehren
(4) Hellenisierung des Christentums?
3. Plotin und Augustin: Die christliche Transformation des Platonismus
(1) Die Begründung des absoluten Idealismus: Der Begriff des Einen
(2) Das Christentum als die bessere Philosophie: Glauben und Wissen
(3) Der sündige Wille, die erfahrene Zeit und das performative Wissen
4. Augustin und die Kirche zwischen Heilsanstalt und weltlicher Macht
(1) Die Stellung der Staatskirche im römischen Reich
(2) Weltgeschichte und Heilsgeschehen
V. Das christliche Europa: Fortschreitende Differenzierung zwischen sacerdotium und regnum, Glauben und Wissen
1. Kirche, Gesellschaft und Staat im »christlichen Europa«
(1) Die Kirche als formierende Kraft im frühmittelalterlichen Europa
(2) Christliche Reformbewegungen, die Gregorianische Reform und die Ausdifferenzierung von kaiserlicher und päpstlicher Gewalt
2. Die Herausforderungen des Aristoteles für die Theologie des 13. Jahrhunderts
(1) Die verzögerte christliche Aristoteles-Rezeption im Hochmittelalter
(2) Die umwälzende Wissenschaftskonzeption der »Zweiten Analytik«
(3) Der Gott der Philosophen und der Gott Abrahams
(4) Die Entkoppelung der praktischen von der theoretischen Vernunft
3. Die Antworten des Thomas von Aquin
(1) Die theologische Aneignung der Aristotelischen Grundbegriffe
(2) Die Modi des Glaubens und des Wissens
(3) Theologie als Wissenschaft
4. Ontologisierung der aristotelischen Ethik und der Umbau der praktischen Philosophie
(1) Von der Handlungstheorie zur Anleitung des Willens durch praktische Vernunft
(2) Die Ethik und das »höchste Gut«
(3) Aufhebung der »Politik« in der Philosophie des Sozialen
(4) Gesetzestraktat und Rechtsphilosophie
VI. Die via moderna: Philosophische Weichenstellungen zur wissenschaftlichen, religiösen und gesellschaftlich-politischen Moderne
1. Einleitung eines Paradigmenwechsels: Duns Scotus
(1) Abkehr vom metaphysischen Gottesbegriff – Kritik der analogia entis
(2) Die transzendentalsemantische Wendung der Ontologie
(3) Allmacht Gottes, Kontingenz der Natur und empirische Erkenntnis
(4) Freiheit als Selbstbindung ans absolut verpflichtende Gesetz
2. Wilhelm von Ockham: Das doppelte Gesicht der »nominalistischen Revolution«
(1) Kritik an Duns Scotus und die Grenzen der natürlichen Vernunft
(2) Diskussion über numerische und personale Identität
(3) Vorbereitung der mentalistischen Wende
(4) Die revolutionären politischen Schriften: Armutsstreit und Kirchenverfassung
3. Die funktionale Ausdifferenzierung von Recht und Politik und eine neue Form der gesellschaftlichen Integration
(1) Ausdifferenzierung von Staat und kapitalistischer Wirtschaft in Oberitalien
(2) Marsilius von Padua über das Verhältnis von Staat und Kirche
(3) Verrechtlichung der Politik und Entpersonalisierung der Herrschaft
4. Eine funktionalistische Theorie der staatlichen Macht (Niccolò Machiavelli) und neue Legitimationsprobleme (Francisco de Vitoria)
(1) Abstrakte Macht und die Bedingungen ihrer Stabilisierung
(2) Politisierung des Naturrechts (Bauernkrieg) und Begründung des Europäischen Völkerrechts (im Zuge der Kolonialisierung der »Heidenvölker«)
VII. Die Trennung von Glauben und Wissen: Protestantismus und Subjektphilosophie
1. Der Bruch Luthers mit der Tradition und der Gestaltwandel der Theologie
(1) Ablassstreit und Rechtfertigungslehre
(2) Sola fide und der Gestaltwandel der Theologie
(3) Die Sakramentenlehre und die Semantisierung des sakralen Geschehens
(4) Der Streit mit Erasmus und Luthers Freiheitsverständnis
2. Theologische, gesellschaftliche und politische Weichenstellungen für das moderne Vernunftrecht
(1) Luther zu Gesetz, Staat und Kirche, Glaubensfreiheit und Widerstandsrecht
(2) Calvinistische Lehren des Rechts auf politischen Widerstand
(3) Exkurs zum Naturrechtsdenken
3. Der Kontext des Vernunftrechts: Gesellschaftsgeschichtliche Dynamik und Wissenschaftsentwicklung
(1) Tendenzen zur Verrechtlichung der politischen Herrschaft
(2) Von der Theologie zur Naturwissenschaft: Francis Bacon
(3) Descartes und Pascal
4. Der Paradigmenwechsel zur Subjektphilosophie und das Folgeproblem der Begründung bindender Normen
(1) Thomas Hobbes
(2) Baruch Spinoza
(3) John Locke
Zweite Zwischenbetrachtung: Die Zäsur der Trennung von Glauben und Wissen
(1) Die philosophische Aneignung religiöser Einstellungen und Gehalte
(2) Die innovativen Anstöße für Politik- und Rechtsphilosophie
(3) Die Herausforderung durch die modernen Naturwissenschaften
(4) Abschied vom Zeitalter der Weltbilder
VIII. An der Wegscheide nachmetaphysischen Denkens: Hume und Kant
1. Humes Dekonstruktion des theologischen Erbes der praktischen Philosophie
(1) Grundbegriffe der empiristischen Erkenntnistheorie
(2) Religionsanthropologie und Religionsskepsis
(3) Die psychologische Analyse der Naturkausalität
(4) Die Dekonstruktion der Grundbegriffe der praktischen Philosophie
2. Die anthropologische Erklärung von Recht und Moral
(1) Eine emotivistische Erklärung der Tugenden
(2) Die Nützlichkeit sozialer Tugenden
(3) Der problematische Übergang von attraktiven Werten zu verpflichtenden Normen
(4) Die Deflationierung des Normativen und das verleugnete Problem des Vernunftrechts
3. Kants Antwort auf Hume: Der praktische Sinn und der religionsphilosophische Hintergrund der transzendentalphilosophischen Wende
(1) Das transzendentale Ich und der rekonstruierende Nachvollzug seiner Operationen
(2) Kritik und aneignende Übersetzung des lutherischen Erbes
4. Die nachmetaphysische Rechtfertigung eines der Vernunft innewohnenden Interesses
(1) Von der theoretischen zur praktischen Philosophie: Begriff der Autonomie und Geltungsmodus des Sollens
(2) Die Motivationsschwäche der Vernunftmoral und der Vernunftglaube
(3) Kritik der Postulatenlehre und die Idee des ethischen Gemeinwesens
(4) Das Interesse der Vernunft am weltbürgerlichen Zustand
(5) Ausblick auf Motive der Kantkritik
IX. Sprachliche Verkörperung der Vernunft: Vom subjektiven zum »objektiven« Geist
1. Politische, wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Anstöße zum Paradigmenwechsel
(1) Die beiden Verfassungsrevolutionen und die Theorie der Menschenrechte
(2) Industriekapitalismus und Politische Ökonomie
(3) Historisches Bewusstsein, Historik und Hermeneutik
(4) Herders Sinn für die Individualität geschichtlicher Phänomene
2. Motive zur linguistischen Wende bei Herder, Schleiermacher und Humboldt
(1) Herder
(2) Schleiermacher
(3) Humboldt
3. Hegels Assimilation von Glauben an Wissen: Die Erneuerung metaphysischen Denkens nach Kant
(1) Hegels Kritik an Schleiermachers nonkognitivistischem Verständnis von Religion
(2) Über Metaphysik und Kant hinaus zur »dritten Stellung des Gedankens«
(3) Die Menschwerdung Gottes als Modell der Selbstvermittlung des Absoluten
4. Vernunft in der Geschichte: Autonomie versus Selbstbewegung des Begriffs
(1) Historische Fortschritte im kollektiven Bewusstsein der Freiheit
(2) Bildungsprozess des freien Willens in Recht, Moral und Sittlichkeit
(3) Kritische Gesellschaftstheorie, konservative Staatstheorie
(4) Die Kontroverse über das Verhältnis von Moralität und Sittlichkeit
(5) Ausblick auf Motive der Hegelkritik
Dritte Zwischenbetrachtung: Vom objektiven Geist zur kommunikativen Vergesellschaftung erkennender und handelnder Subjekte
(1) Eine formalpragmatische Analyse des Hegelschen Begriffs der Totalität
(2) Der Paradigmenwechsel von der Bewusstseins- zur Sprachphilosophie
(3) Folgeprobleme des zerfallenden Hegelschen Systems
X. Die Zeitgenossenschaft der Junghegelianer und die Probleme des nachmetaphysischen Denkens
1. Ludwig Feuerbachs anthropologische Wende: Zur Lebensform organisch verkörperter und kommunikativ vergesellschafteter Subjekte
(1) Brief an Hegel und Das Wesen des Christentums
(2) Naturabhängigkeit und kommunikative Vergesellschaftung der »leidenschaftlichen« Subjekte
2. Karl Marx zum Thema der geschichtlichen Freiheit produktiv tätiger und politisch handelnder Subjekte
(1) Aufhebung des Staates in der Gesellschaft?
(2) Der historisch-materialistische Begriff der Gesellschaft
(3) Der ambivalente Sinn der »Naturwüchsigkeit« des Bestehenden
(4) Produktivkraftentfaltung und politische Emanzipation
(5) Das kapitalistische System als Reich der Notwendigkeit und das »Reich der Freiheit« als schlechte Abstraktion
3. Der religiöse Schriftsteller Sören Kierkegaard zur ethisch-existentiellen Freiheit des lebensgeschichtlich individuierten Einzelnen
(1) Die Paradoxie des Glaubensinhalts und die Authentizität des gelebten Glaubens
(2) Geschichtlichkeit der Existenz und die zur »Selbstwahl« führenden Lebensstadien
(3) Die Kantische Sokrates und die ethische Lebensführung als Alternative zur ethisch-religiösen Konversion?
(4) Wirkungsgeschichte des religiösen Schriftstellers und die offene Frage des Ritus
4. Interpretationsprozesse zwischen Wahrheitsbezug und Handlungsbezug: Peirce als Initiator des Pragmatismus
(1) Kritik der Subjektphilosophie und die Konsequenzen aus der semiotischen Wende
(2) Rationalität und Freiheit: Die pragmatistische Auffassung des problemlösenden Handelns kommunikativ vergesellschafteter Subjekte
5. Zum Modus der Verkörperung der Vernunft in Praktiken der Forschung und der Politik
(1) Die pragmatischen Ermöglichungsbedingungen kooperativer Forschung
(2) Die Praktiken der Vernunftmoral und des demokratischen Verfassungsstaates
Postskriptum
Dank
Nachwort zur Taschenbuchausgabe
Namenregister
Fußnoten
Informationen zum Buch
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Ein Motiv, das mich auch zu der müßigen und ziemlich lange anhaltenden Altersbeschäftigung mit der Geschichte der Philosophie geführt hat, möchte ich nicht verschweigen. Es hat mir einfach Spaß gemacht, die Lektüre vieler bedeutender Texte, die ich nie gelesen hatte, nachzuholen, und viele andere Texte, die ich in aktuellen Zusammenhängen schon so oft konsumiert hatte, wieder zu lesen – aber dieses Mal aus der Sicht eines alt gewordenen, auf sein eigenes, vergleichsweise verschontes Leben zurückblickenden Philosophieprofessors: Zum ersten Mal habe ich die Werke nicht nur systematisch verarbeitet und »gebraucht«, in vielen Fällen habe ich sie nun auch mit einem gewissen biographischen Interesse an den herausfordernden Lebensumständen ihrer Autoren wahrgenommen.[1] Das rechtfertigt natürlich nicht ein so waghalsiges, eigentlich unseriöses Unternehmen, bei dem mir auf jeder Seite bewusst war, in meinem Alter Bibliotheken von Sekundärliteratur nicht mehr berücksichtigen zu können. Also kann es bei diesem erneuten Durchgang durch die Geschichte der westlichen Philosophie bestenfalls um die Plausibilisierung einer Lesart gehen, und zwar im Hinblick auf eine, wie man heute wohl sagt, metatheoretische Frage: Was kann heute noch ein angemessenes Verständnis der Aufgabe der Philosophie sein?
Das Buch sollte ursprünglich heißen: »Zur Genealogie nachmetaphysischen Denkens. Auch eine Geschichte der Philosophie, am Leitfaden des Diskurses über Glauben und Wissen«. Die Bedenken des Verlages gegen eine solch barocke Ausschweifung hätten mich nicht gestört, aber vor Abschluss des Manuskripts habe ich mich für die melancholische Kurzfassung des geplanten Titels entschieden – in Anspielung auf einen berühmten Essay von Johann Gottfried Herder. Nachdem ich die »Dritte Zwischenbetrachtung« fertiggestellt hatte, wurde mir nämlich klar, dass ich nur noch in der Traditionslinie von Kant und Hegel das Frühstadium des nachmetaI_10physischen Denkens um die Mitte des 19. Jahrhunderts grob würde skizzieren können. Die Darstellung der verzweigten Argumentationsketten, die sich seitdem in der Tradition von Hume und Bentham einerseits, von Kant, Schelling und Hegel andererseits ausdifferenziert haben, vor allem ein erneuter analytischer Durchgang durch jene Diskussionen, die sich zwischen diesen »Lagern« an zentralen Problemen entzündet haben, hätte mich bis tief in die Debatten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, also meiner eigenen Lebenszeit verwickeln müssen. An diesen Kontroversen war mir als einem teilnehmenden Beobachter aufgefallen, dass sich in der Konkurrenz der Ansätze immer wieder dieselbe Differenz von Hintergrundannahmen spiegelt – ob nun in den Wahrheits-, Rationalitäts- oder Sprachtheorien, ob in der Logik und Methodologie der Sozialwissenschaften, in den ethischen Ansätzen oder, und vor allem, in den Moral-, Rechts- und Politiktheorien. Die eine Seite setzt ihre Analysen bei den Vorstellungen und Intentionen, Verhaltensweisen und Dispositionen der einzelnen Subjekte an, während die andere Seite bei denselben Fragen von intersubjektiv geteilten Symbol- und Regelsystemen, von Sprachen, Praktiken, Lebensformen und Traditionen ausgeht, um dann erst, anhand der entsprechenden Diskurstypen, die notwendigen subjektiven Bedingungen für die Beherrschung dieser Strukturen und den Erwerb entsprechender Kompetenzen zu untersuchen.[2] Diese Konkurrenzlage darzustellen, hätte mindestens ein weiteres Buch erfordert, und dafür reichen meine Kräfte nicht mehr aus. Ich habe andernorts die wichtigsten Argumente, die aus meiner Sicht in diesen Kontroversen von paradigmatischer Relevanz den Ausschlag geben, ohnehin schon behandelt.[3]
Dann drängt sich allerdings die Frage auf, warum die Vorgeschichte dieser Paradigmenkonkurrenz, die sich auch noch innerhalb der Sprachphilosophie des 20. Jahrhunderts fortgesetzt hat,[4] von InteI_11resse ist: Wozu soll eine ausschweifende Genealogie der entsprechenden theoretischen Weichenstellungen dienen? Die Kontroversen selbst sollten doch zur Klärung der systematischen Fragen genügen. Die kurze Antwort lautet: Weil es mir um ein anderes Thema geht, nicht um eine Reihe kontroverser Grundfragen, sondern um das implizite Verständnis von Philosophie, das sich in den paradigmatischen Voraussetzungen für die Behandlung dieser Fragen ausdrückt. Gründe im Streit um das professionelle Selbstverständnis der Philosophie sind auch Gründe für und gegen eine bestimmte »Lesart« der Geschichte der Philosophie. Freilich erheben sich gegen die Fruchtbarkeit einer solchen Fragestellung sogleich Einwände. Sprießen nicht Auffassungen von der eigentlichen Aufgabe philosophischen Denkens wie Zweige am Stamm der durchgeführten philosophischen Untersuchungen – und fallen sie nicht davon auch wieder wie dürre Zweige ab? Verdrängt nicht ein professionelles Selbstverständnis das nächste? Weiß man überhaupt, welche Art von Argumenten in einem solchen Streit zählen kann? Jeder überzeugende philosophische Ansatz spricht doch für sich selber; mit jedem neuen zeigt sich, was Philosophie leisten kann und was sie sein soll. Zu diesem Einwand passt das Kuhn'sche Bild vom kontingenten Auf und Ab der wissenschaftlichen Paradigmen; und aus der Sicht des mittleren Foucault lassen sich, wenn man will, hinter der Maske der Diskurse auch noch die herrschenden gesellschaftlichen Mächte entdecken.
Dem steht entgegen, dass Paradigmenwechsel auch in der Philosophie von Lernprozessen angestoßen werden und dass selbst das falsche Feyerabend'sche Bild vom zufälligen Auf- und Abstieg der Paradigmen noch eine gewisse Kontinuität voraussetzt: dass es überhaupt Theorien gibt, die sich als eine Fortsetzung der bisherigen Philosophiegeschichte zu erkennen geben. Bisher konnte man davon ausgehen, dass es auch weiterhin ernstzunehmende Versuche geben wird, Kants Grundfragen zu beantworten: »Was kann ich wissen?«, »Was soll ich tun?«, »Was darf ich hoffen?« und: »Was ist der Mensch?«. Aber ich bin unsicher geworden, ob die Philosophie, wie wir sie kennen, noch eine Zukunft hat – ob sich nicht das Format jener Fragestellungen überlebt hat, sodass die Philosophie als Fach nur noch mit ihren begriffsanalytischen Fertigkeiten und als die VerI_12walterin ihrer eigenen Geschichte überlebt. Die Philosophie folgt wie alle Disziplinen dem Zug zu einer immer weitergehenden Spezialisierung. An einigen Orten geht sie schon in der Rolle einer begriffsanalytischen Dienstleistung für die Kognitionswissenschaften auf; an anderen zerfasert der Kern der Disziplin in nützlichen Angeboten für einen wachsenden wirtschafts-, bio- oder umweltethischen Beratungsbedarf.
Solche aufgelesenen Beobachtungen müssen noch nicht viel heißen. Beunruhigender ist die Unvermeidlichkeit, ja Wünschbarkeit der fortschreitenden Spezialisierung, mit der auch die Philosophie der inneren Dynamik jeder wissenschaftlichen Arbeitsteilung und dem normalen Gang des wissenschaftlichen Fortschritts folgt; denn die Spezialisierung stellt für unsere Disziplin eine Herausforderung der besonderen Art dar. Was für andere Wissenschaften nur Fortschritte bringt, bedeutet für die Philosophie, die ja das Ganze nicht aus dem Auge verlieren darf, auch eine Herausforderung für jene Grundfragen, über die sie sich bisher definiert hat. Wenn sich die Philosophie »am Ganzen« orientieren soll, kann eine solche Formulierung heute natürlich nicht mehr auf ein metaphysisches, auch nicht auf ein sogenanntes »wissenschaftliches« Weltbild abzielen. Das Zeitalter der Weltbilder ist seit dem 17. Jahrhundert aus guten Gründen vorbei. Mich bewegt die Frage, was von der Philosophie übrigbleiben würde, wenn sie nicht nach wie vor versuchte, zur rationalen Klärung unseres Selbst- und Weltverständnisses beizutragen – dabei markiert der Bindestrich genau jenes Thema, das im Fortgang der Spezialisierung unter die Räder zu geraten droht.
Auch die Philosophie ist eine wissenschaftliche Denkungsart, aber sie ist keine Wissenschaft, die daran arbeitet, immer mehr über immer »weniger«, das heißt enger und genauer definierte Gegenstandsbereiche zu lernen; sie unterscheidet nämlich zwischen Wissenschaft und Aufklärung, wenn sie erklären will, was unsere wachsenden wissenschaftlichen Kenntnisse von der Welt für uns bedeuten – für uns als Menschen, als moderne Zeitgenossen und als individuelle Personen. Und dieser praktische Selbstbezug auf unsere Lebensführung stiftet bei der Verarbeitung jedes weiteren Lernfortschritts, jedes revisionistischen Zuwachses an Weltwissen erst den festzuhaltenden Bezug zum Ganzen eines immer unüberschaubarer werdenden I_13Wissenskosmos. Die Philosophie würde gleichwohl, wie ich meine, ihr Proprium verraten, wenn sie – und sei es auch im begründeten Bewusstsein einer Überforderung – den holistischen Bezug auf unser Orientierungsbedürfnis preisgäbe. Aber in diese Zone gerät eine Praxis und eine Auffassung von Philosophie, die sich ihrer Aufklärungsrolle entledigt und einem szientistischen Selbstmissverständnis erliegt, indem sie sich an der Seite der objektivierenden Wissenschaften vom selbstreferenziellen Bezug eines Beitrags zur rationalen Welt- und Selbstverständigung verabschiedet.[5] Sie darf von Haus aus nicht vor dem Komplexitätswachstum unserer Gesellschaft und unseres immer weitergehend spezialisierten Wissens von der Welt resignieren, wenn sie – wie Kant zu seiner Zeit – ihre Zeitgenossen nach wie vor mit Gründen dazu ermutigen will, von ihrer Vernunft einen autonomen Gebrauch zu machen und ihr gesellschaftliches Dasein praktisch zu gestalten.[6]
Allerdings ist dieser Impuls zur Aufklärung, der sich im praktischen Bezug des philosophischen Denkens zum Orientierungsbedürfnis der Menschen angesichts der jeweils aktuellen Herausforderungen äußert, alles andere als selbstverständlich. Er zehrt nämlich von einer rätselhaften Initiative zum Gebrauch unserer vernünftigen Freiheit. Dieses große Thema hat die Philosophie von Kant bis Marx beschäftigt, ja okkupiert, und es bildet auch den roten Faden meiner Untersuchung. Demgegenüber begegnet man heute in szientistischer Gestalt einem modernen Wiedergänger des antiken Nezessitarismus, wobei der Widerspruch zum performativen Handlungsbewusstsein mit dem Pflaster eines kompatibilistischen Begriffs von Willensfreiheit zwar verdeckt, aber nicht aufgelöst wird. Darin spieI_14gelt sich ein Fatalismus, der sich in dem Maße ausbreitet, wie sich die Menschheit in die Komplexität der unbeherrschten Nebenfolgen ihrer selbsterzeugten ökonomischen und technologischen Wachstumsdynamik verstrickt. Aber das Thema des Gebrauchs vernünftiger Freiheit kehrt in seiner ganzen Wucht zurück, sobald sich die Philosophie ihres eigenen Entstehungskontextes vergewissert. Sobald sie erkennt, dass sie nicht mit einem absoluten Anfang beginnen kann und der Unterstellung eines view from nowhere entsagen muss, kann sie die Unabhängigkeit ihres Urteils nur durch einen historischen Selbstbezug sichern. Dieser Selbstbezug darf sich freilich nicht kurzatmig in der Reflexion auf die Bindungen des jeweils aktuellen Nachdenkens an den historischen Ort seiner gesellschaftlichen Bezüge und politischen Herausforderungen erschöpfen. Die historische Selbstvergewisserung muss weiter ausholen und sich auf eine Rekonstruktion von beiden Strängen des philosophischen Erbes erstrecken: Erst im Lichte des Erbes, von dem sich die Philosophie in ihrer nachmetaphysischen Gestalt gelöst hat, erkennt man das Erbe, das sie angetreten hat, in seinen richtigen Proportionen: die Emanzipation zum Gebrauch der vernünftigen Freiheit bedeutet Befreiung und normative Bindung in einem. Erst das Verständnis der Gründe, die seit der Reformation die Subjektphilosophie zur anthropozentrischen Blickwendung, vor allem zur nachmetaphysischen Verabschiedung des Glaubens an eine restituierende oder »rettende« Gerechtigkeit genötigt haben, öffnet die Augen für das Maß an Kooperationsbereitschaft, das kommunikativ vergesellschaftete Subjekte dem Gebrauch ihrer vernünftigen Freiheit zumuten müssen.
In ihren Anfängen gehörte die Philosophie zu den an einer Hand abzählbaren metaphysischen und religiösen Weltbildern der Achsenzeit. Das ist ihr zum Schicksal geworden. Denn seit der Entstehung des christlichen Platonismus im römischen Kaiserreich gewinnt der Diskurs über Glauben und Wissen für die weitere Entwicklung des philosophischen Erbes der Griechen eine konstitutive Rolle. Daher dient mir dieser Diskurs als Leitfaden für die Genealogie eines nachmetaphysischen Denkens, die zeigen soll, wie sich die Philosophie – komplementär zur Ausbildung einer christlichen Dogmatik in Begriffen der Philosophie – ihrerseits wesentliche Gehalte aus religiöI_15sen Überlieferungen angeeignet und in begründungsfähiges Wissen transformiert hat.[7] Genau dieser semantischen Osmose verdankt das an Kant und Hegel anschließende säkulare Denken das Thema vernünftiger Freiheit und die bis heute maßgebenden Grundbegriffe der praktischen Philosophie. Während die griechische Kosmologie entwurzelt worden ist, sind semantische Gehalte biblischen Ursprungs in die Grundbegriffe des nachmetaphysischen Denkens überführt worden.[8]
Die Frage, was sich die Philosophie noch zutrauen kann und soll, entscheidet sich heute, ungeachtet ihres unverhohlen säkularen Charakters, an jenem transformierten Erbe religiöser Herkunft. Dieses ist allerdings nur in eine der beiden heute konkurrierenden Gestalten nachmetaphysischen Denkens eingegangen. Dieser Umstand wird so interpretiert, dass eine konsequente Lösung vom religiösen Erbe nur auf der empiristischen beziehungsweise naturalistischen Linie nachmetaphysischen Denkens gelungen ist. Gegen diese Annahme spricht der tiefe Einschnitt jener radikalen Religionskritik, mit dem sich das zugleich historische und materialistische Denken I_16der Junghegelianer bei aller Kontinuität von Hegel abwendet – freilich ohne damit das Interesse an den Spuren der Vernunft in der Geschichte und allgemein ein Verständnis ihrer philosophischen Arbeit aufzugeben, das auf die Beförderung vernünftiger Lebensverhältnisse ausgerichtet ist. Ein solches professionelles Selbstverständnis lässt sich mit einer plausiblen Lesart der Geschichte der Philosophie stützen, wenn sich diese Geschichte über Abgründe hinweg auch als eine unregelmäßige Folge von kontingent ausgelösten Lernprozessen begreifen lässt. Im Verlauf der in diesem Sinne »genealogischen« Darstellung sollen nicht nur die kontingenten Umstände deutlich werden, die jeweils zu Lernprozessen herausgefordert haben, sondern auch die Gründe, die dafür sprechen, an einem komprehensiven Begriff der Vernunft und einem entsprechend anspruchsvollen Selbstverständnis des philosophischen Denkens festzuhalten.
Die Arbeit an einem Buch und die Konzentration, die das erfordert, zehren auch an der Lebenszeit. So hätte die länger als ein Jahrzehnt währende Beschäftigung mit demselben Thema in der Einsamkeit und Freiheit eines Emeritiertendaseins leicht die Form eines bedrückenden Exerzitiums annehmen können. Dass es dazu nicht gekommen ist, verdanke ich Ute – und ich denke dabei nicht allein an die Anregungen aus den fortgesetzten Gesprächen mit ihr über die Themen des soeben Gelesenen, sondern überhaupt an die einfache, aber schwer in Worte zu fassende Tatsache ihrer Präsenz. Was diese für mich bedeutet, ließe sich auch mit einer Widmung nicht abgelten.
Starnberg, im Dezember 2018
J. H.
I_23The idea of a self-limiting secularization, reinstated as a regulative principle of modernity, would reopen and perpetuate the mutual interrogation of philosophy, science and religion.
Johann P. Arnason über Jan Patočka
Seit der Spätantike hat sich die Selbstvergewisserung des christlichen Europas in immer neuen Schüben wiederholt. Bis zur Moderne kehrt dabei das Muster einer Spiegelung der jeweiligen Gegenwart an der Vergangenheit der griechisch-römischen Antike wieder. Dieser Selbstverständigungsprozess hat sich in Stellungnahmen zu den als »klassisch« geltenden, den Zeitenabstand überdauernden Werken der Literatur und der Kunst, der Philosophie und der Wissenschaft der Griechen und der Römer vollzogen – auch in der Bewunderung und Nachahmung der politischen Gestalten von Stadt und Republik. Bezugspunkte sind vor allem die klassischen Epochen Athens und der römischen Republik. Seit der karolingischen Renaissance waren es stets die moderni, die ihr Selbstverständnis in der aneignenden Auseinandersetzung mit den klassischen Vorbildern erneuert haben; seit dem hohen Mittelalter war es die via moderna, auf der Theologen und Philosophen dieses Geschäft der Erneuerung besorgten. In der bildenden Kunst des 17. Jahrhunderts, die sich inzwischen aus dem sakralen Bereich ausdifferenziert hatte, fand es seine Fortsetzungen in der berühmten »Querelle des Anciens et des Modernes«. Und darauf reagierten wiederum Winckelmann und Lessing, Schlegel und Schiller, Schelling und Hegel auf so überzeugende Weise, dass noch Marx zögern wird, die Schönheit der antiken Statuen ganz und gar den soziologischen Erklärungen des Historischen Materialismus auszuliefern.[9] Weil sich bis dahin das jeweils Eigene I_24nur über eine größere Distanz hinweg in seinem Anderen spiegelte, entstand eine ganz neue Art von »Moderne«, als sich mit der Wissenschaft und Philosophie des 17. Jahrhunderts eine ähnliche Distanz auch zum Christentum anbahnte, aus dessen Blickwinkel die Antike immer wieder als das schlechthin Maßgebende angeeignet worden war. Mit der Reflexion auf die neuen mathematisierten Naturwissenschaften und mit der philosophischen Verarbeitung der von der Reformation ausgehenden Anstöße bildete sich nun auch ein distanzierender Blick auf das, freilich als kirchenpolitische Gewalt noch gegenwärtige Christentum heraus. Aber nicht nur in seinen historischen Wurzeln wurde dieses, zum Beispiel als Gegenstand der Bibelkritik, der eigenen Gegenwart entrückt, sondern auch in der Universalität seines kirchlichen Geltungsanspruchs – das »Katholische« war in Frage gestellt.
Schon die reformatorischen Bewegungen, die der Luther'schen Reformation vorausgegangen, aber innerkirchlich noch aufgefangen worden waren, sind zugleich Protestbewegungen eines verinnerlichten Glaubens und gleichzeitig Schübe zur Verweltlichung, das heißt zu einer »Säkularisierung« gewesen. Aus der Perspektive der Kirche trugen die sich abspaltenden Sekten den Glauben »in die Welt«, das heißt über die Kirchengemeinden hinaus.[10] Für den Protestantismus ist dieselbe Dialektik von Vertiefung und sozialer Ausbreitung der Glaubensströme charakteristisch. Aber mit dieser Bewegung verselbständigt sich die »Säkularisierung« und schlägt auf Kirche und Glauben selbst zurück. Mit einer gewissen Zeitverzögerung antworten dann Hobbes und Spinoza auf Luthers entschieden theologische Entkoppelung des Glaubens vom Wissen mit einer philosophischen Distanzierung der Wissenschaft vom historisierten Glauben. Bis dahin hatten sich die abendländischen »Renaissancen« noch selbstverständlich aus dem Horizont des Alten und des Neuen Testaments heraus auf die Vergangenheit der griechisch-römischen Antike als ihr Anderes bezogen. Nun aber rückte mit jenen Philosophen, die von ihren Zeitgenossen als Atheisten wahrgenommen und denunziert werden, auch dieser Glaube, der so lange a tergo das Selbst der I_25Selbstreferenz gebildet hatte, auf Distanz. Die christliche Welt, die so lange der Terminus a quo einer Spiegelung des Eigenen im Anderen gewesen war, wird seit dem 17. Jahrhundert für die Philosophen – als Gegenstand der anthropologischen Neugier, der historischen Forschung und der politischen Theorie – zum Terminus ad quem. Wenn auch zunächst nur für wenige Intellektuelle, so werden die gegenwärtigen Gestalten und die historischen Zeugnisse des Christentums (und nun allgemein »der« Religion) zu dem Anderen einer säkularen Philosophie, die – ihrem eigenen Anspruch nach frei von theologischen Prämissen – nach dem methodischen Vorbild der mathematischen Naturwissenschaften verfahren will. Das Verhältnis zu diesem auf Distanz gebrachten und verfremdeten Eigenen – das nun einen anderen Bestandteil der antiken Welt bildet – ist freilich nicht bewundernd, sondern zuerst behutsam, dann offensiv ablehnend, ja polemisch, da das Christentum nicht wie die griechisch-römische Antike Teil einer bereits abgeschlossenen Vergangenheit ist, sondern eine gegenwärtige, zudem als repressiv erfahrene Macht, von der sich die Gegenwart erst emanzipieren soll.
Eine operative Bedeutung erhält diese neue Spiegelfläche des vom – ungläubig gewordenen – säkularen Wissen auf Abstand gebrachten christlichen Glaubens für den europäischen Selbstverständigungsdiskurs freilich erst im Zuge des Aufklärungszeitalters. Erst mit der staatlichen Säkularisierung der Kirchengüter und der politischen Entmachtung der katholischen Kirche im Gefolge der Französischen Revolution verkehrt sich schließlich die ursprüngliche Bedeutung des Ausdrucks »säkular« in den polemisch besetzten Gegenbegriff zur christlichen Welt. Die Rolle von Kirche und Religion, die aus der Sicht der Aufklärung als ein gewissermaßen fremdes Element in die Gegenwart hineinreichen, werden als gegenwärtige Gestalt des Geistes problematisch. Die Verdrängung aus dem Präsens der neuen Zeit ist aber auch eine Voraussetzung für das romantische Verhältnis einer Wiederaneignung aus der Distanz. Kirche und Religion werden als vergangene, romantisch vergegenwärtigte Macht zum Gegenstand von Renaissancen einer neuen Art – jetzt geben die Brüder Boisserée den Anstoß zur Restaurierung und Vollendung des seit Jahrhunderten brachliegenden, zur Ruine verfallenen Kölner Doms. Der Ausdruck »Säkularisierung« verbindet sich seitdem mit I_26den konträren Bewertungen der streitenden Parteien. In der christlichen Geschichtsphilosophie verdankt sich der Epochenbegriff des Säkulums der Verzeitlichung der »Welt« als eines heilsgeschichtlichen Durchgangsstadiums im Sinne des »Diesseits«. Die negative Konnotation von »dieser« Welt trifft sich nun mit der Einschätzung des revolutionären Aktes einer »widerrechtlichen« Enteignung der Kirchengüter, während der positiv konnotierte Begriff der Verweltlichung von der Assoziation mit dem inzwischen eingebürgerten Begriff der »Neuen Welt« und dem Aufbruch in ein neues Säkulum, in die »Neue Zeit« zehrt. Die Begriffsgeschichte von »Säkularisierung« ist gut erforscht.[11]
Mich interessiert dieser Einschnitt, weil das von der Philosophie eingeleitete Aufklärungszeitalter für die säkular gewordene Philosophie eine Wegscheide bedeutet, an der das nachmetaphysische Denken selbst sich gabelt. Mit Hume und Kant verzweigen sich die Pfade. Das nachmetaphysische Denken entfaltet sich auf der einen Seite, gewissermaßen vorbei am sogenannten deutschen Idealismus, zu Spielarten einer im engeren Sinne »wissenschaftlichen« Philosophie, während es sich auf der anderen Seite – seit Feuerbach, Marx und Kierkegaard – weiterhin an der Gedankenbewegung von Kant bis Hegel abarbeitet. Diese Tendenzen lassen sich bis weit ins 20. Jahrhundert auf die mentalen Profile einzelner Schulen oder auf die Interessenschwerpunkte einzelner einflussreicher Philosophen beziehen.[12] Erst seit der Mitte dieses Jahrhunderts gewinnen sie jedoch Trennschärfe für das professionelle Selbstverständnis der Philosophie als solcher: Versteht sie sich als eine wissenschaftliche Disziplin unter anderen, als Fach unter Fächern, gar als Dienstleistung für die Kognitionswissenschaften, oder will und soll sie bei fortschreitender Spezialisierung weiterhin einen komprehensiven Anspruch auf die Beförderung des rationalen Welt- und Selbstverständnisses der zeitgenössischen Generationen verfolgen? Beide Denkungsarten setzen ein im 17. Jahrhundert wurzelndes säkulares Denken fort, das I_27sich im Laufe des 18. Jahrhunderts nicht nur von religiösen, sondern auch von metaphysischen Weltbildkonstruktionen verabschiedet hat. Rückblickend erkennen wir aber, dass sich in diesem neuen Horizont nachmetaphysischen Denkens zwei Varianten des Verständnisses von dem, was Philosophie ist und sein soll, herausgebildet haben. Der Trend zu einer Verwissenschaftlichung der Philosophie, den ich selbst 1971 noch vorbehaltlos begrüßt habe,[13] hat heute nicht mehr nur den klaren methodischen Sinn der Einhaltung bewährter Argumentationsstandards, sondern den inhaltlichen Sinn einer Einschränkung auf philosophische »Forschung«. Weil sich das systematische Interesse wesentlich auf die begriffsanalytische Klärung der subjektiven Bedingungen kognitiver Prozesse einschließlich der wissenschaftlichen Erkenntnis selbst richtet, ist für diese szientistische Strömung die Geschichte der Philosophie von Plato bis Wittgenstein nur noch historisch als Teil der Wissenschaftsgeschichte interessant oder pädagogisch als Bestandteil eines verblassten Bildungskanons – verblasst deshalb, weil mit dem Problem der Selbstverständigung auch die Spiegelung des Eigenen im Anderen ihre existentielle Bedeutung verloren hat. Was dabei aus dem Blick gerät, ist ein systematisches Interesse an Stationen der Geschichte der Philosophie als einem fortschreitenden Prozess der Lösung von Problemen eigener Art.
Aus meiner Sicht unterscheiden sich die philosophischen von wissenschaftlichen Problemen nicht durch einen vagen Holismus, nicht durch eine Abkehr von wissenschaftlicher Methode und Denkungsart, nicht durch eine weniger technische Handhabung analytischer Mittel, auch nicht notwendigerweise durch einen geringeren Grad an Spezialisierung, sondern durch die synthetische Kraft, gleichwohl an zwei epistemisch relevanten Bezügen festzuhalten. Der Rahmen, in dem sich das philosophische Denken seit seinen Anfängen bewegt hat, zeichnet sich zum einen durch den Bezug zur Welt im Ganzen aus, also zu dem, was wir von der Welt zum gegebenen historischen Zeitpunkt wissen, sowie zum anderen durch die systematische Selbstreferenz der Forscher zu sich als Menschen, sowohl als I_28Individuen wie als Personen überhaupt, sodann zu sich als Angehörigen einer sozialen Gemeinschaft und schließlich als Zeitgenossen einer geschichtlichen Epoche. Die klassische Philosophie hat über viele Jahrhunderte mit den religiösen Weltbildern die globale Frage nach der »Stellung des Menschen in der Welt« geteilt und damit, wie wir sehen werden, auch einen funktionalen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration geleistet. Daher erklärt sich die Eigenart philosophischer Probleme im Vergleich zu wissenschaftlichen Problemen aus dem Bezug des jeweils verfügbaren Weltwissens auf die eigene Person, auf die eigene Gesellschaft und Kultur oder allgemein auf einen unter dem Titel »Mensch« oder »Menschheit« festgehaltenen Referenten. Die relevanten Fragen stellen sich im Rahmen eines generalisierten und vernünftigen, kritisch geprüften und rational ausgearbeiteten