Aus Island: Erlebnisse und Erinnerungen - Jón Svensson - E-Book

Aus Island: Erlebnisse und Erinnerungen E-Book

Jón Svensson

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Beschreibung

Nonni wächst auf dem elterlichen Hof Mödruvellir in Nord-Island auf und liebt seinen Heimatsort aus tiefstem Herzen. Trotz Kälte und Dunkelheit, kann er sich nicht vorstellen Island je zu verlassen. Denn genauso wie die Kälte Islands ihren Bewohnern alles abverlangt, so spendet die Schönheit des Landes Freude. – Ein wunderschöner Roman, in dem Jón Svensson über seine Jugend berichtet.-

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Jón Svensson

Aus Island: Erlebnisse und Erinnerungen

Saga

Aus Island: Erlebnisse und ErinnerungenCopyright © 1939, 2019 Jón Svensson und SAGA EgmontAll rights reservedISBN: 9788711446102

1. Ebook-Auflage, 2019Format: EPUB 2.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach

Absprache mit SAGA Egmont gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

– a part of Egmont www.egmont.com

Vorwort.

Unsere Reise geht nach Island, dem goldigschimmernden Paradiese meiner wonnigen Jugendzeit, dem Traumlande meines einstigen Glückes.

Für ein paar Stunden nur möchte ich die Aufmerksamkeit meiner Leser erbitten, um ihnen diese Erinnerungen und Erlebnisse darzureichen.

Möge dieser Trunk, aus bescheidenen isländischen Blümlein bereitet, für recht viele eine Labung sein!

Jón Svensson

(Nonni).

Es ist uns eine grosse Freude, den vielen Liebhabern der Nonni-Bücher sagen zu können, dass Christian X., König von Dänemark und Island, an Ión Svensson, den wohl meistgelesenen Schriftsteller der Ultima Thule und den Künder der Schönheit des sagenumwobenen Nordlands, das Ritterkreuz des isländischen Falkenordens verliehen hat.

Der Verlag.

IIsland, die herrliche Feuerinsel im brausenden Meere

„Wie der Saga ewige Steintafel steht Island, die starke Felseninsel, im brausenden Meere.“

H. C. Andersen.

Island, „das feuergeborene Eisland“!

Welch eine Welt von Schönheit und Wundern zaubert nicht dieses eine Wort vor meine Seele!

Doch was wissen die meisten von dem geheimnisvollen Zauber und den wundervollen Naturschönheiten des grossen Eilandes, von seiner herrlichen Literatur und seinem regsamen geistigen Leben?

Den blossen Namen, und wenn es hoch geht, haben sie von der einen oder andern Sehenswürdigkeit, vielleicht von dem „Geysir“ und der „Hekla“, gehört.

Das Land ist ja so weit weg von der übrigen bewohnten Welt. Geographisch gehört es zu Amerika, nur politisch ist es mit Europa verbunden.

Island liegt oben am nördlichen Polarkreis, dort, wo die Mitternachtssonne in den Sommermonaten die ganze Nacht hindurch leuchtet mit ihren wunderbar schönen, geheimnisvollen purpurnen Strahlen, die alles, was sie berühren, in reines Gold wandeln; wo aber auch mitten im Winter das Sonnenlicht eine Zeitlang schwindet und es dem goldig-schillernden Nordlicht überlässt, für die Beleuchtung zu sorgen. Dort, wo grosse Scharen von Walfischen ihr munteres Spiel treiben, wo riesengrosse Eisberge beinahe jeden Winter sich um die hohen, senkrechten Felsenküsten tummeln und von Grönland und dem nördlichen Amerika eine Menge fremder Gäste mit sich bringen: Seehunde, Seelöwen, Vögel und — gierige Eisbären.

Vor den Eisbären hat man einen gewaltigen Respekt, wenn sie ans Land kommen.

Sie werden als ungebetene Gäste betrachtet, die man sich so schnell wie möglich durch eine wohlgezielte Kugel vom Halse zu schaffen sucht; denn ihr Appetit ist gross, und sie verschmähen es nicht, ihren Hunger mit Lämmern, Ochsen und Kühen, Pferden und Hunden, ja selbst mit Menschen zu stillen, wenn sie solche Leckerbissen erwischen können.

Dort oben in weiter Ferne liegt die ehrwürdige Sagainsel wie ein alter Einsiedler in stiller Einsamkeit, umgeben von den brausenden Fluten des Nordatlantischen Ozeans.

Island ist grösser, als die meisten glauben. Es ist beinahe so gross wie Bayern, Sachsen und Württemberg zusammengenommen und mehr als doppelt so gross wie die Schweiz.

Allerdings steht die Einwohnerzahl in einem ganz andern Verhältnis. Während die Schweiz, Bayern, Württemberg und Sachsen blühende, volkreiche Städte und Millionen von Einwohnern besitzen, zählt Island im ganzen nur ein wenig mehr als 80 000 Einwohner und seine Hauptstadt Reykjavik nur 12 000 Seelen.

Der grösste Teil der Insel ist unbewohnbar, da ihr Inneres fast nur aus öden und unfruchtbaren Lava- und Sandfeldern und ungeheuren Gletschern besteht.

Und trotzdem hat dies kleine altgermanische Inselvolk ein so unvertilgbares Nationalgefühl, dass man gewiss noch niemals einen Isländer gefunden hat — selbst wenn er die längste Zeit seines Lebens im Auslande zugebracht —, der nicht sein Vaterland mehr als alle Länder der Welt liebt, und für den Island nicht ein Magnet ist, der ihn immer wieder anzieht.

Die Naturschönheiten seiner Insel haben es ihm angetan. Trotz allem Eis und Schnee, trotz der unfruchtbaren Lava- und Sandwüsten im Innern, trotz aller Armut ist Island doch ein farbenglühendes, prächtiges Land.

Von den Naturwundern des einsamen Eilandes will ich hier nur zwei etwas näher schildern: die goldig-purpurne Mitternachtssonne und das feenhaft leuchtende Nordlicht.

In unsern mehr nach dem Süden gelegenen Gegenden geht die Sonne jeden Morgen im Osten auf und jeden Abend im Westen unter. In Island tut sie das nicht, wenigstens nicht immer. Sie hat dort ihre eigene Art.

Es kommt im Sommer eine Zeit, wo man mitten in der Nacht Sonnenaufgang und Sonnenuntergang gleichzeitig hat. Abendrot und Morgenrot ist dann eins und dasselbe.

Ein paar Tage später gibt es kein Abendrot und kein Morgenrot mehr; denn die Sonne geht dann nicht mehr unter. Sie bleibt am Himmel Tag und Nacht. Und dann leuchtet sie mitten in der Nacht, ganz anders als sonst, mit einem geheimnisvollen, unvergleichlich prächtigen Glanze.

Das ist die Mitternachtssonne.

Um Mitternacht die Sonne am Himmel! Man sieht sie schweben am nördlichen Horizont wie eine grosse goldig-rote Kugel. Ihre Strahlen sind lauter Purpur und Gold. Und alles, was sie berühren, Wiesen und Felder, Hänge und Halden, Berg und Tal, Häuser und Höfe und das grosse, unermessliche Meer — alles zeigt sich in einem feenhaften Schimmer.

Und ist man gerade um die Zeit in einem Kahne auf dem Meere draussen, und ist die Wasseroberfläche ruhig und still und glatt wie ein Spiegel, dann sieht man auf dem Wasser, vom kahn aus bis zur Sonne, soweit das Auge reichen kann, eine über alle Massen wundervolle goldene Strasse, eine Strasse wie aus Feuer und Flammen.

Da flimmert und flackert, da glitzert und glüht und blitzt alles in märchenhafter Beleuchtung. Es ist, als wenn diese königliche Strasse mit Milliarden von rotfunkelnden Rubinen, blitzenden Perlen und andern Edelsteinen gepflastert wäre.

Das ist ein Schauspiel, das man nie mehr vergisst, wenn man es einmal gesehen hat.

So scheint die isländische Sonne im Hochsommer. Wie ist es aber im Winter?

Ja, da ist es eben das Gegenteil.

Eines schönen Tages geht die Sonne erst etwas vor Mittag auf, leuchtet nur ein klein wenig am Himmel und verschwindet dann eilig wieder hinter dem Horizont.

In den folgenden Tagen geht sie immer später auf und immer früher unter, bis endlich der Sonnenaufgang und der Sonnenuntergang, das Morgenrot und das Abendrot wieder eins und dasselbe ist.

Dann kommt bald ein Tag, wo man gegen Mittag nur einen kleinen Lichtschimmer sieht, dort, ganz tief im Süden, wo die Sonne an den Tagen vorher aufzugehen pflegte.

Und dann bleibt sogar diese Helle, dieser schwache, letzte Schimmer ganz aus: die Sonne ist vollständig verschwunden und lässt einige Wochen lang nichts mehr von sich sehen. Während dieser Zeit gibt es keinen Tag mehr, sondern nur eine einzige ununterbrochene, lange, stille Nacht.

Nun soll man aber nicht meinen, dass man deshalb auf der Sagainsel die ganze Zeit trübselig und trauernd im Finstern sitzt. O nein! Diese lange Nacht hat auch ihre lichten, schönen Seiten; ja sie kann oft geradezu feenhaft schön sein.

Nicht nur glänzen dann Mond und Sterne viel heller als in unsern Gegenden, sondern es kommt noch ein wundervolles Licht hinzu, das man in Deutschland kaum von Angesicht kennt — und das ist das Nordlicht.

Fast jede Nacht hat ihr Nordlicht. Und wie herrlich das Spiel desselben am Himmel ist, davon kann man sich kaum eine Vorstellung machen.

Unzählige Male habe ich es gesehen und mich daran erfreut.

Eines Abends, gerade vor dem Schlafengehen, lief ich aus der warmen Wohnstube ins Freie hinaus. Es war mitten im Winter. Der klare gestirnte Nachthimmel strahlte in seiner schönsten Pracht und Herrlichkeit. Mond und Sterne leuchteten um die Wette.

Alles war in dem geheimnisvollen, sanften goldenen Mondschein gebadet, und die Erde war wie von einem einzigen schweren Riesenteppich aus blendend weissem Schnee überzogen.

Da auf einmal sah ich unten am Horizont eine grosse funkelnde Kugel. Sie war goldig-gelb und warf helleuchtende Funken nach allen Seiten in den weiten Himmelsraum hinein.

Plötzlich fing sie an sich um sich selbst zu drehen, und zwar mit einer so rasenden Schnelligkeit, dass es mir in den Augen weh tat, als ich den merkwürdigen Vorgang in den atmosphärischen Höhen verfolgte.

Bald rollte die leuchtende Nordlichtkugel sich ab in ein langes, goldig leuchtendes Band und dehnte sich in ein paar Sekunden von einem Horizont zum andern.

Auch dieser wunderbar leuchtende Streifen blieb keineswegs ruhig an seiner Stelle; er bewegte sich unablässig und wand sich mit einer erstaunlichen Schnelligkeit wie eine Riesenschlange am nächtlichen Himmel herum. Dabei sprühte er immerfort in seinem Farbenglanz und warf wie ein künstlicher Feuerregen goldig-leuchtende Lichtfunken nach allen Seiten hin.

Es wurde immer heller und heller. Ich hätte beim Schimmer, der vom Nordlichte zu mir drang, ganz leicht in einem Buche lesen können.

Nach einigen Minuten rollte sich plötzlich die prächtige Riesenschlange wieder zu einem Lichtknäuel zusammen, drehte sich wie vorher mit erstaunlicher Schnelligkeit rund um sich selbst herum, um dann auf einmal vollständig zu verschwinden.