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EIN MEER VON ANGST UND LIEBE von CYNTHIA EDEN Reporterin Casey will über den Serienkiller in Florida berichten - und gerät selbst in den Fokus des Mörders! Zwischen ihr und ihrem Tod steht nur Ex-SEAL Josh Duvane. Ein Mann mit Geheimnissen, so tief und dunkel wie das Meer, in dem er nach den Opfern taucht … DIE SCHÖNE ZEUGIN NEBENAN von LENA DIAZ Warum ist Julie Webb in diese menschenleere Ecke von Tennessee gezogen? fragt sich Police Officer Chris Downing. Und warum ist seine hübsche neue Nachbarin so unglaublich distanziert? Die Antwort erhält er, als er sie eines Nachts in Todesangst schreien hört … TÖDLICHE SEHNSUCHT IN KILLER COVE von CARLA CASSIDY Eigentlich wollte die schöne Lehrerin Claire dem attraktiven Bo McBride dabei helfen, den Mörder seiner Freundin zu finden und seine Unschuld zu beweisen. Aber plötzlich braucht sie Bo, um selbst zu überleben! Denn sie hat einen Stalker, der sie offenbar mörderisch begehrt …
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Seitenzahl: 603
Cynthia Eden, Lena Diaz, Carla Cassidy
BACCARA SPEZIAL BAND 4
IMPRESSUM
BACCARA SPEZIAL erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA SPEZIALBand 4 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
© 2017 by Cindy Roussos Originaltitel: „Hunted“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: INTRIGUE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Anna-Pia Kerber
© 2017 by Lena Diaz Originaltitel: „Mountain Witness“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: INTRIGUE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Andrea Cieslak
© 2015 by Carla Bracale Originaltitel: „Scene of the Crime: Killer Cove“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: INTRIGUE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Juliane Zaubitzer
Abbildungen: Kiuikson, WerksMedia_Getty Images, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 02/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733729257
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
Attraktiv, fit, in ihren Zwanzigern: Drei junge Frauen hat ein Serienkiller in dem floridianischen Städtchen Hope umgebracht. Was FBI-Spezialist und Ex-SEAL Josh Duvane bei seinen Ermittlungen wirklich nicht braucht, ist die Reporterin Casey Quinn! Ihre neugierigen Fragen irritieren sie – und ihre Schönheit könnte sie zum nächsten Opfer machen …
Er hat sie gefunden! Julie gefriert das Blut in den Adern. Bis in die Smoky Mountains ist sie geflohen, um sich vor ihrem Noch-Ehemann zu verstecken, der versucht hat, sie umzubringen. Wie kann es sein, dass er sie in dieser Einsamkeit aufgespürt hat? Und hört ihr neuer Nachbar Chris sie schreien, als sie mit einer kalten Messerklinge attackiert wird?
Der Tod seiner Mutter lässt Bo McBride keine Wahl: Er muss zurück in seine Heimatstadt, wo ihn alle hassen, weil sie ihn für den Mörder seiner Freundin vor zwei Jahren halten. Alle – bis auf die bildhübsche Lehrerin Claire Silver. Sie glaubt nicht nur an seine Unschuld, sondern ist auch bereit, ihm dabei zu helfen, den echten Mörder zu finden!
Josh Duvane durchbrach die Wasseroberfläche und tauchte inmitten der graublauen Wellen auf. Er nahm das Mundstück des Atemreglers heraus und zog die Tauchmaske nach oben. „Wir haben sie“, rief er seinem Team zu, das auf dem Boot wartete.
Er hörte jemanden fluchen. Wahrscheinlich den örtlichen Sheriff. Josh wusste, dass der Mann gehofft hatte, das Opfer noch lebend zu finden. Vergebens.
Josh schwamm zum Boot zurück. Der Ozean war dunkel und aufgewühlt. Ein Sturm zog auf, und mit etwas Glück würde es ihnen gelingen, das Opfer zu bergen, bevor das Unwetter über sie hereinbrach.
Mit etwas mehr Glück.
Er griff nach der Leiter am Heck des Bootes und zog sich aus dem Wasser.
„Sind Sie sicher, dass es sich um Tonya handelt?“, fragte Sheriff Hayden sofort, während er die Hand ausstreckte und Josh an Bord half.
Tonya. Tonya Myers. Die zweiundzwanzigjährige College-Studentin, die vor einer Woche verschwunden war. Ja, leider war er sich dessen sicher. „Sie ist es.“
Er warf einen Blick zurück auf das Wasser. Die Wellen schlugen gegen das Boot. Josh gehörte zu einer Eliteeinheit des FBI, zum USERT – Underwater Search and Evidence Response Team. Als Profi-Taucher wurde er in die Tiefe geschickt, um Beweise zu sichern und bei der Aufklärung von Mordfällen zu helfen.
Für gewöhnlich suchte er nach Gegenständen: Beweismittel, Ausrüstung oder Tatwaffen. Aber an einem verdammt schlechten Tag – so wie heute – hatte er es auch mit Leichen zu tun.
„Das macht drei Tote“, knurrte Hayden zwischen zusammengebissenen Zähnen. Das Sonnenlicht, das langsam von dichten Wolkenbergen verschluckt wurde, glänzte auf seinem blonden Haar. „Drei Tote in den letzten drei Wochen.“
Deswegen war Josh hier. Das ruhige Küstenstädtchen wurde offenbar von einem Serienkiller heimgesucht, deswegen hatte man Verstärkung angefordert.
In der Vergangenheit hatten sich Joshs und Haydens Wege schon einmal gekreuzt. Vor einer gefühlten Ewigkeit hatten sie gemeinsam ihre Ausbildung bei den Navy SEALs absolviert. Die Navy SEALs waren eine Spezialeinheit der U.S. Marine, eine Elitetruppe, die militärische Operationen zu Wasser, zu Land und in der Luft durchführte.
Damals waren Josh und Hayden gemeinsam an einigen Einsätzen beteiligt gewesen, dann hatten sich ihre Wege getrennt. Josh war zum FBI gegangen, und Hayden – nun, Josh hätte nie geglaubt, dass der Kerl Sheriff in einer Kleinstadt werden wollte.
Auch deine Menschenkenntnis versagt manchmal.
„Diese Stadt hat bereits genug gelitten“, murmelte Hayden. „Was die Menschen brauchen, ist Frieden, nicht noch mehr Angst.“
Mehr Taucher stiegen nun ins Wasser. Josh hatte seine Aufgabe erledigt. Er hatte die Leiche geortet, die anderen Teammitglieder würden sie nun bergen.
„Wir haben gerade erst einen Serienmörder hinter Gitter gebracht.“ Hayden fuhr sich mit der Handfläche über das Gesicht. Der Stern auf seiner Uniform schimmerte im ausgehenden Licht. „Theodore Andersons Verurteilung ist noch nicht lange her, und nun kommt so ein weiterer Irrer und terrorisiert mein Hope.“
Es war viel mehr als Terror. Der Täter tötete ohne Gnade. Alle Opfer waren junge Frauen um die zwanzig, attraktiv, sportlich. Und sie waren keine Einheimische.
Hope war ein Badeort an der Golfküste von Florida und bekannt für seine makellosen, weißen Strände, die besonders im Frühsommer beliebt waren. Bei allen Opfern handelte es sich um Touristinnen.
Der Täter zeigte eine sonderbare Vorgehensweise. Er entführte die Frauen, um gleich darauf das Büro des Sheriffs anzurufen. Er riet den Polizisten, sich zu beeilen und das Opfer zu finden, bevor es zu spät sei. Fast so, als wolle er sie verhöhnen.
Bisher waren sie immer zu spät gekommen. Jedes Opfer wurde erstochen. Die ersten beiden Frauen wiesen fünf Stichwunden auf. Danach hatte man ihnen den Hals aufgeschlitzt.
Josh war ziemlich sicher, dass der Gerichtsmediziner dieselben Verletzungen an Tonya Myers Körper finden würde.
Nachdem der Täter die Leichen ins Wasser geworfen hatte, rief er die Behörden ein zweites Mal an. Ein kurzer Anruf, in dem er ihnen die Koordinaten der Position mitteilte, wo er sich seines Opfers entledigt hatte.
Nach Joshs Erfahrung gab es nicht viele Killer, die solche Informationen lieferten. Es konnte nur eines bedeuten: Der Täter wollte Aufmerksamkeit.
Er will, dass die ganze Welt davon erfährt, was er getan hat.
Und er bekam diese Aufmerksamkeit. Dutzende Reporter hatten sich in Hope eingefunden und versuchten eifrig, jedes Informationshäppchen zu dem Fall zu erhaschen, der die gesamte Nation in Atem hielt.
Mord war immer ein großes Geschäft.
„Er wird sich bald ein neues Opfer suchen“, bemerkte Josh ruhig. Sein Taucheranzug klebte an seinem Körper, während er über das Heck schritt. „Jeder Deputy sollte in höchster Alarmbereitschaft sein. Und Sie sollten die Einwohner dazu auffordern, besonders wachsam zu bleiben. Denn wenn wir nicht aufpassen …“ Der Satz blieb unvollendet.
Der Killer war sehr vorsichtig. Er hinterließ keine Spuren, und keiner der Anrufe hatte sich zurückverfolgen lassen. Stets war er der Polizei einen Schritt voraus. „Wenn wir nicht aufpassen, müssen wir bald nach der nächsten Leiche suchen.“
Sie hatten die vermisste Frau gefunden.
Cassandra „Casey“ Quinn beobachtete aus der Entfernung, wie der schwarze Leichensack vom Boot gehoben wurde. Ihr Körper verspannte sich unangenehm. „Noch eine“, flüsterte sie, und ihr Herz schien sich schmerzhaft zusammenzuziehen. Eine weitere Frau hatte ihr Leben verloren, hier in dieser kleinen, beschaulichen Küstenstadt.
„Soll ich anfangen zu filmen?“, wollte die Kamerafrau wissen.
Casey hätte Ja sagen sollen. Die anderen Filmteams waren bereits am Drehen und fingen eifrig den Moment ein, in dem der Leichensack vom Boot auf eine Trage gehoben wurde. Der Gerichtsmediziner war eingetroffen. Er würde den Körper in sein Institut bringen und eine Autopsie durchführen.
„Casey?“
Wie lange hatte die Frau im Wasser gelegen? Einen Tag? Zwei? Tonya Myers hatte vor zwei Wochen ihren Bachelor an der Florida State University gemacht. Sie war nach Hope gekommen, um zu feiern. Um sich nach den Abschlussprüfungen am Strand zu entspannen.
Nicht, um zu sterben.
„Wir verpassen den Einsatz, Casey“, blaffte Katrina Welch nun zunehmend gereizt.
Richtig. Der Einsatz. Die Story. Deswegen war sie schließlich hier. Deswegen war sie von New York nach Florida gekommen, in diese glühend heiße Hitze. „Richte die Kamera auf mich und auf den Sheriff“, wies sie an.
Nicht auf den Leichensack. Ich … ich kann das einfach nicht.
„Vielleicht kann ich ihn dazu bringen, dass er mir ein Exklusivinterview gibt.“ Unwahrscheinlich. Bisher hatte sich Sheriff Hayden so undurchdringlich und verschlossen gezeigt wie eine Auster.
Aber Casey war ziemlich gut darin, verschlossene Austern zu knacken.
Am Hafenkai hatte sich ein halbes Dutzend Reporter versammelt. Sie filmten den Leichensack, stürzten sich auf den Gerichtsmediziner – und zwei von ihnen hatten sich bereits an Sheriff Haydens Fersen geheftet.
Er vollführte eine unwirsche Handbewegung, und Casey konnte ein bissiges „Kein Kommentar“ vernehmen.
Das hatte sie erwartet. Entgegen des Klischees eines charmanten Südstaatlers hatte Hayden bisher kein sonniges Gemüt gezeigt. Auch wenn er wie der typische Floridianer aussah: groß, blond, braun gebrannt, muskulös …
Die Art, wie er mit energischen Schritten den Hafen entlangging, verriet höchste Alarmbereitschaft. Er war angespannt, und seinem Gesichtsausdruck nach gefiel ihm gar nicht, was in seiner kleinen Stadt vorging. Überhaupt nicht.
Aber da war noch ein weiterer Mann. Sein Haar war ebenfalls blond, aber eine Nuance dunkler und wesentlich zerzauster als das des Sheriffs.
Er bewegte sich mit der Geschmeidigkeit und Stärke eines Raubtiers, und sein Blick erforschte die Szenerie mit einer Intensität, als würde er überall mit Gefahren rechnen.
Gefährlich. Dieser Typ ist zweifellos gefährlich.
„Das ist dieser Typ vom USERT, oder?“ Katrina drängte sich näher heran. „Ich habe ihn vorhin an Bord gehen sehen. Er hat die Leiche gefunden.“
Opfer. Nicht Leiche.
„Der Typ sieht echt stinksauer aus.“ Katrina hob die Kamera und richtete sie auf das Gesicht des Sheriffs. „Der aber auch.“
„Wahrscheinlich finden sie nicht gerne tote Frauen.“ Casey schluckte. „Und ja, er ist vom USERT. Er leitet das Team. Sein Name ist Josh Duvane.“
Sobald das USERT in der Stadt aufgetaucht war, hatte sie nach Informationen gegraben. Das war ihr Ding – Informationen ausgraben und sammeln.
Sie hatte es sich so zur Gewohnheit gemacht, dass sie nicht einmal mit einem Mann ausging, ohne vorher seine Vergangenheit durchleuchtet zu haben. Casey wusste, dass das ein bisschen sonderbar war. Aber bei ihrer Vergangenheit lag es nahe, vorsichtig zu sein. „Ehemaliger Navy SEAL, knallharter Typ, schwimmt wie ein Fisch.“ Und er war derjenige, der alle drei Opfer gefunden hatte.
Sie schluckte. „Vielleicht wird er reden.“ Vielleicht. Sie strich sich über das dunkle, schulterlange Haar, glättete ihre ohnehin schon perfekt glatte weiße Bluse und reckte das Kinn. „Lass es uns einfach probieren.“ Energisch ging sie den beiden Männern entgegen, dicht gefolgt von Katrina.
„Sheriff Hayden“, rief sie betont freundlich. „Können Sie bestätigen, dass die Leiche von Tonya Myers gefunden wurde?“
Hayden wandte sich ihr zu. Seine Augen waren von einer goldbraunen Farbe, doch in diesem Moment sprühten sie zornige, goldene Funken. „Kein Kommentar, Ms. Quinn. Überhaupt keiner.“
Ja, das passte. Dieser Kerl war sogar noch verschlossener als eine Auster.
Sie ließ das Mikrofon sinken. Mit leiserer Stimme fragte sie: „Glauben Sie nicht, dass die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat, zu erfahren, was hier vorgeht? Menschen sterben, Sheriff. Und wenn Sie Tonya Myers Leiche gefunden haben, bedeutet das, es wird bald ein weiteres Opfer geben.“
Er starrte sie an. Dann nickte er grimmig. „Filmen Sie mich.“
Ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen. Hektisch gab sie Katrina ein Zeichen. Film den Mann! bevor er es sich anders überlegen konnte.
Hayden blickte unverwandt in die Kamera. „Es gibt einen Mörder in unserer Stadt. Jeder Bürger wird angehalten, besondere Vorsicht walten zu lassen. Wenn Sie irgendetwas Verdächtiges bemerken, zögern Sie nicht, es zu melden. Vor allem junge Frauen um die zwanzig werden gebeten, vorsichtig zu sein …“
„Weil der Sandy Shore Killer nach einem bestimmten Muster vorgeht?“, fragte Casey dazwischen. „Junge Frauen, die in Hope Ferien machen? Sie sind nicht von hier?“
Sheriff Haydens Augen begannen gefährlich zu glitzern. „Schalten Sie die Kamera ab.“
Nun, sie hatten immerhin etwas erfahren. Casey drehte sich zu Katrina um und machte eine Handbewegung, bei der sie den Zeigefinger rasch einmal quer über den Hals zog – Das war’s! Kamera aus!
Katrinas Seufzen war überdeutlich und laut.
„Der Sandy Shore Killer?“ Die Frage kam nicht von Hayden.
Sie kam von dem FBI-Agenten – dem USERT-Leiter Josh Duvane. Seine Stimme war tief, dunkel und sexy. Nicht dass Casey den Kerl sexy gefunden hätte.
Sie befanden sich inmitten eines Mordfalls, um Himmels willen! Sie hatte ihren Job zu machen. Und nicht einen FBI-Agenten anzuschmachten.
Sie musterte Josh Duvane genauer. Er war groß, mindestens eins fünfundachtzig, und hatte breite Schultern. Sein dichtes, dunkelblondes Haar war noch immer ein wenig feucht. Seine Haut war gebräunt – wahrscheinlich von den Stunden, die er draußen auf dem Wasser verbrachte –, und sein scharfkantiges Kinn schien frisch rasiert.
Auf seiner rechten Wange befand sich eine verblasste Narbe. Die Haut war dort sehr hell, demnach war es eine alte Verletzung. Seine Augen waren haselnussbraun. Kein warmes, tröstliches Braun – im Augenblick wirkten sie eiskalt.
Trotz der Hitze lief ihr ein leiser Schauer über den Rücken.
Lass dich nicht einschüchtern, dachte sie.
Offenbar konnte Agent Josh Duvane sie nicht leiden. Das war zu schade, denn je weniger eine Quelle einen mochte, desto weniger Informationen war sie bereit herauszurücken.
„Wer zur Hölle hat sich diesen Namen ausgedacht? Sandy Shore Killer?“ Joshs Stimme wurde so schneidend wie sein Blick.
Sie nickte einmal. „Das war dann wohl ich.“
Er wandte die Augen zum Himmel und fluchte. „Lady, wenn Sie dem Kerl so viel Aufmerksamkeit schenken, dann …“
„Cassandra. Oder Casey. Wie Sie möchten.“
Seine Lippen – sehr fein geformte Lippen – wurden zu einer schmalen Linie. „Wenn der Kerl Aufmerksamkeit bekommt, wenn er einen verdammten Namen bekommt, wird ihn das bloß noch mehr anstacheln. Sie bauen ihn damit auf, während wir ihn vernichten wollen.“
Sie ließ sich nichts anmerken. Ihr Gesicht verriet keine Regung. Auch wenn es nicht sie gewesen war, die dem Killer einen Namen geben wollte, sondern ihr Produzent. Er hatte sogar darauf bestanden. „Sie können ihn nicht für immer den unbekannten Täter nennen, das wissen Sie, oder?“
Casey deutete auf den Strand. „Der Täter entledigt sich seiner Opfer ja auch jenseits des sandigen Ufers. Der Name schien durchaus passend.“
„Es sind Geier wie Sie, die den Schaden noch vergrößern.“ Josh wandte sich ab. „Sie tun nichts, um zu helfen.“
Nur mühsam gelang es ihr, nicht sichtbar zusammenzuzucken. Doch seine Worte hatten sie getroffen. Mitten ins Herz.
Josh und der Sheriff gingen in Richtung Parkplatz.
„Ich will hier keinen Schaden anrichten.“ Vielleicht hätte sie den Mund halten sollen, doch er hatte sie gerade beleidigt. Sie verdiente zumindest eine Chance, sich zu verteidigen. „Ich versuche, bei den Ermittlungen zu helfen. Ich versuche, den Opfern zu helfen. Sie verdienen Gerechtigkeit.“
Josh legte die Hand auf die Schulter des Sheriffs und sagte leise etwas zu ihm. Daraufhin nickte Sheriff Hayden und ging zu seinem Polizeiwagen.
Josh drehte sich noch einmal zu ihr um.
„Wenn Blicke töten könnten“, murmelte Katrina, „wärst du jetzt vermutlich hinüber.“
Casey schluckte trocken. Katrina hatte recht. Joshs Blick schien sogar noch eine Spur kälter geworden zu sein. „Warum gehst du nicht schon einmal zurück zum Hotel? Ich komme bald nach.“
Katrina nickte und eilte davon, indem sie die Kamera und Caseys Mikrofon mitnahm. Ihr feuerroter Pagenkopf wippte im Wind und strich um ihr zartes Gesicht. An ihrer Persönlichkeit war allerdings gar nichts zart. Entsprechend ihrer Haarfarbe war sie ein echter Feuerball, ein wahres Energiebündel, und für gewöhnlich liebte Casey es, mit ihr zu arbeiten.
Aber jetzt brauchte sie Zeit. Zeit mit Josh. Denn sie wollte ihm klarmachen, dass sie keine von den Bösen war.
Josh kreuzte die Arme vor der Brust und musterte sie vom Kopf bis zu den Zehen. Was er wohl dachte? Was sah er in ihr, wenn sie …
„Sind High Heels wirklich eine gute Wahl für den Strand?“
Sie spähte hinab auf ihre Füße. Nein, sie waren überhaupt nicht geeignet für den Strand. Eine miserable Wahl. Aber als sie vorhin das Hotel verlassen hatte, war ihr noch gar nicht klar gewesen, dass sie an den Strand gehen würde. Sie war davon ausgegangen, dass sie Sheriff Hayden in der Polizeistation treffen würde. Und vor der Kamera musste sie stets korrekt gekleidet sein.
Sie machte einige Schritt auf ihn zu und geriet auf dem unebenen, sandigen Boden des Parkplatzes tatsächlich ein bisschen ins Wanken. Zur Rechten führte ein schmaler Pfad direkt vom Parkplatz zu dem endlosen, weißen Sandstrand. Der salzige Geruch des Ozeans drang in ihre Nase.
„Ich bin nicht Ihr Feind“, sagte sie und schenkte ihm ein – wie sie hoffte – warmes Lächeln. Dieses Lächeln hatte sie lange geübt, bevor sie zum ersten Mal vor die Kamera getreten war.
Und dieses Lächeln mochte es gewesen sein, dass sie aus ihrer Kleinstadt in Illinois hinaus und in die ganz große Welt des News-Business katapultierte hatte, direkt in das Herz von New York City.
Das war ihre Stärke: Ihr Produzent meinte, sie wirke zugänglich. Mitfühlend.
Und in Wahrheit … war sie wirklich mitfühlend. Oftmals viel zu viel. Sie konnte sich nicht von den Fällen distanzieren, die sie ins Fernsehen brachte. Und dann, spätnachts, wenn sie allein in ihrem Apartment war, kamen die Bilder wieder hoch und ließen sie nicht los.
„Verstehen Sie? Ich bin nicht Ihr Feind.“
„Das habe ich auch nie gesagt.“ Er neigte den Kopf, während sie näherkam, und musterte sie aufmerksam.
„Aber das haben Sie gedacht. Und Sie haben mich einen Geier genannt.“
Die anderen Reporter hatten sich inzwischen zerstreut. Die Leiche war abtransportiert worden. Der Sheriff war weggefahren.
Abgesehen von einigen wenigen Schaulustigen am Dock war sie alleine mit Josh.
„Ich kenne Ihre Arbeit. Ich weiß, wie Sie vorgehen, Ms. Quinn.“
„Cassandra“, korrigierte sie automatisch. „Oder …“
„Casey, richtig.“
Seine Miene blieb hart und verriet keine Regung. Er war ein attraktiver Mann, aber es ging etwas Gefährliches von ihm aus. Etwas Undurchdringliches.
„Offenbar haben Sie keinerlei Achtung vor Reportern“, murmelte sie.
Er sah sie an, doch dann flog sein Blick über ihre Schulter und hinaus aufs Wasser. Dann straffte er die Schultern und seufzte.
Es war, als würde etwas von der Anspannung aus seinem Körper fließen, die ihn bisher zusammengehalten hatte. Sein Gesichtsausdruck wurde zwar nicht direkt freundlich, doch zumindest weniger … hart? Ärgerlich? „Wissen Sie was? Mein Fehler. Tut mir leid.“
Moment mal – meinte er das ernst?
„Das war wirklich nicht nett von mir und ich entschuldige mich.“
Ja, es klang tatsächlich so, als würde er es ernst meinen.
„Das war ein harter Tag, und wenn man da draußen etwas findet …“
Er sprach nicht weiter, doch sie wusste, was er meinte. Wenn man da draußen eine Leiche findet …
„Dann bin ich nicht ganz auf der Höhe. Aber das war kein Grund, Sie zu beleidigen.“
„Entschuldigung angenommen“, sagte sie leise.
Er sah sie aufmerksam an. „Darf ich Ihnen eine Geschichte erzählen, Ms. Quinn?“
„Casey …“
Er trat dicht vor sie, und für einen Moment vergaß sie zu atmen. Er war definitiv … stark. Er trug ein weißes T-Shirt und Shorts, und sie vermutete, dass er sich auf dem Boot umgezogen hatte. Seine Arm- und Brustmuskeln dehnten den Stoff des Shirts. Er sah überhaupt nicht aus wie der typische, prüde FBI-Agent.
Wahrscheinlich war er das auch nicht.
„Vor einigen Monaten habe ich an diesem großen Fall in Fairhope, Alabama, gearbeitet. Wir haben nach dem ‚Studentinnen-Schlitzer‘ gesucht. Haben Sie davon gehört?“
Mit einem Mal schlug ihr das Herz bis zum Hals. „Jeder hat davon gehört.“
„Noch so ein dummer Name für einen Serienkiller. Man hätte ihn einfach Dr. Cameron Latham nennen sollen. Der geniale Psychologieprofessor, der entdeckt hat, wie viel Spaß ihm das Töten macht.“ Seine Lippen formten ein bitteres Lächeln. „Eine Reporterin der Lokalzeitung hatte sich des Falles angenommen. Sie sorgte für die krassesten Schlagzeilen und versuchte, sich damit einen Namen zu machen.“
Sie rang schwer nach Atem. „Ich … ich weiß, was mit der Reporterin passiert ist.“ Jeder wusste das. Weil eine so grauenvolle Geschichte nicht in Vergessenheit geriet.
„Nein, Sie wissen bloß, was darüber berichtet wurde. Sie wissen, dass Dr. Latham die Reporterin umgebracht hat. Er wollte eine eindeutige Botschaft senden, und sie war die perfekte Zielscheibe. Das ist es, was die Leute darüber denken. Aber ich war da.“
Er kam ihr sehr nahe. Senkte den Kopf – und seine Stimme. Sie berührten sich flüchtig. „Ich weiß, was er ihr angetan hat. Und alles, was ich jetzt sage, ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.“
Sie hätte zurückweichen sollen. Abstand zwischen sich und diesen Fremden bringen. Aber das tat sie nicht. Sie blickte auf und sah ihm in die Augen. Er will dich bloß einschüchtern. Aber ich lasse mich nicht einschüchtern.
„Ich habe es gesehen. Der Raum, in dem man sie fand, war buchstäblich mit Blut durchtränkt. Ich sah die Leiche. Er hatte sie förmlich zertrümmert. Es gefiel ihm, ihr wehzutun, und ihre letzten Momente in diesem Leben – sie waren voll Schmerz und Angst. Er hat sie noch lebend zurückgelassen, müssen Sie wissen. Er wusste, dass es nicht mehr lange dauern wird. Der Tod war schon so nahe – und sie konnte überhaupt nichts tun, um ihn aufzuhalten.“
Caseys Zunge fuhr über ihre Lippen. Ihr Mund fühlte sich so trocken an wie eine Wüstenlandschaft.
„Und sehen Sie, deswegen bin ich ein bisschen … sensibel, was Reporter angeht. Weil ich glaube, dass der Tod dieser Reporterin – Janice Beautfont – nicht hätte passieren müssen. Er war so unnötig. Ein weiteres junges Leben. Sie wollte mit aller Macht ins Rampenlicht, und er hat sie zum Opfer gemacht. Wenn ich die Reporter sehe, die hier herumschwirren und ganz scharf darauf sind, diese kranken Geschichten ins Scheinwerferlicht zu zerren … dann denke ich an Janice. Und ich hasse, was passiert ist. Ich hasse es, dass ein kranker Typ auch noch Aufmerksamkeit bekommt für das, was er tut, und ich wünschte, Sie würden alle einen Gang zurückschalten.“
Sie fröstelte. An einem Sommerabend an der Golfküste Floridas. Aber die Kälte kam auch nicht von außen. Sie kam von innen. Kroch wie ein stilles Tier hervor und legte sich als Gänsehaut auf ihre Arme. „Ich will nicht ins Rampenlicht.“
Er hob die Braue.
Sie räusperte sich. „Sie kennen mich nicht. Und ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Aber was mich angeht, liegen Sie falsch. Ich bin auf der Seite der Opfer. Sie verdienen die Aufmerksamkeit. Sie verdienen Gerechtigkeit.“
„Deswegen bin ich hier“, sagte er leise. „Und es ist sehr viel einfacher, meinen Job zu machen, wenn sich kein Reporter an meine Fersen heftet.“
So viel zum Thema Zusammenarbeit. Doch noch war sie nicht bereit aufzugeben. Sie wagte einen letzten verzweifelten Versuch. „Ich kann Ihnen helfen. Ich habe mit den Familien und Freunden der Opfer gesprochen. Ich weiß etwas über ihre Persönlichkeit. Vielleicht könnte ich helfen, ein Profil auszuarbeiten und …“
„Für diese Aufgabe haben wir beim FBI speziell ausgebildete Leute.“
Er wollte sie ausschließen. Ein für alle Mal.
„Passen Sie auf sich auf, Ms. Quinn“, wiederholte er, doch dieses Mal sprach er nicht über High Heels und unebenen Boden. „Sie können nie wissen, wann ein Killer in der Nähe ist.“
Dann wandte sich der Kerl einfach ab und ließ sie stehen.
Mit der rechten Schuhspitze tippte sie auf den Boden. „Casey“, rief sie ihm nach. „Mein Name ist Casey. Das sollten Sie sich merken – denn Sie werden mich wiedersehen.“ Wenn er glaubte, sie nun einfach loswerden zu können, lag er falsch. So schnell gab sie nicht auf, auch wenn er fast erfolgreich versucht hatte, ihr Angst einzujagen.
Aber Aufgeben lag nicht in ihrer Natur.
Wenn Josh Duvane nicht bereit war, mit ihr zu sprechen, würde sie einen anderen finden. Eine gute Reporterin gab niemals auf.
Und Casey wollte nicht einfach nur gut sein in ihrem Job.
Sie wollte großartig sein.
Sie hatten Tonya gefunden.
Er hatte zugesehen, wie sich Reporter und Beamte nach und nach vom Ort des Geschehens zurückgezogen hatten. Dieses Mal hatte man sie schneller gefunden als sein letztes Opfer.
Allerdings hatte er Tonya auch nicht so weit hinaus aufs Meer gebracht wie die andere. Er war dichter an der Küste geblieben, weil er es eilig hatte. Er musste die Leiche rasch loswerden, um sich dem nächsten Opfer zuwenden zu können.
Denn er hatte bereits eine Wahl getroffen.
Sein Opfer befand sich in unmittelbarer Nähe. Er konnte sie genau sehen.
Sie stand inmitten des Parkplatzes und tippte nervös die Spitze ihres High Heels auf den Boden. Ihr dunkles Haar fiel glatt auf ihre Schultern, und selbst das feuchte, schwere Florida-Klima konnte ihrer tadellosen Frisur nichts anhaben. Sie trug eine frische weiße Bluse und einen eng anliegenden schwarzen Bleistiftrock.
Sie war hübsch … beinahe vollkommen mit ihren feinen, zierlichen Gesichtszügen. Er hatte sie oft genug angesehen, kannte jedes Detail ihres Gesichts auswendig. Ihre weit auseinander stehenden, dunklen Augen, ihr hübscher, bogenförmiger Mund, das sanfte Kinn. Er hatte sie in den Nachrichten gesehen, hatte gestaunt darüber, wie sie ihn direkt anzublicken schien.
Als ob sie ihn sehen würde.
Ich sehe dich. Er hatte sie schon immer gesehen. Hatte alles beobachtet, was sie getan hatte. Alle Geheimnisse, die sie vor anderen zu bewahren versuchte. Alle Sünden, von denen sie glaubte, niemand wisse davon … er hatte alles gesehen.
Sie glaubte, sie sei in Sicherheit. Sie glaubte, niemand wisse, was sie getan hatte.
Aber er wusste es.
Und hatte es immer gewusst.
Und noch bevor er mit ihr fertig war, würde sie darum betteln, der Welt ihre Geschichte zu erzählen.
Sie fingen immer an zu betteln.
Und dann starben sie.
Casey schlich um die Ecke der Polizeistation. Zugegeben, das hier war nicht ihre löblichste Tat – einem jungen Deputy Officer aufzulauern, von dem sie wusste, dass er um acht Uhr Dienstschluss hatte. Und von dem sie wusste, dass er leichter zu knacken war als Sheriff Hayden.
Sie schauerte. Knacken war nun wirklich nicht das passende Wort. Aber einen jungen Deputy konnte man leichter zum Reden bringen als einen alten Hasen.
Finn Patrick war schon einmal so nett gewesen, ihr eine Insider-Information zu verraten, und sie hoffte, dass er das auch heute Abend tun würde.
Als sich die Tür öffnete, setzte Casey ihr warmes, offenes Lächeln auf. Es war eine schwere Metalltür, die aus dem hinteren Teil des Gebäudes auf den Mitarbeiterparkplatz führte.
Casey wartete im Schatten darauf, Finns dunklen Schopf zu entdecken. Doch was sie sah, war – blondes Haar.
Das Lächeln gefror auf ihren Lippen. War das Sheriff Hayden, der aus dem Gebäude trat? Nein. Dafür war das Haar eine Spur zu dunkel.
Josh Duvane schloss die Tür hinter sich. Plötzlich spannte er die Schultern und sah sich um. Sein Blick glitt in die Schatten – genau in ihre Richtung.
Er hatte sich noch einmal umgezogen, und nun wirkte er mehr wie ein FBI-Agent. Khakifarbene Hose, ein geknöpftes Hemd und Pistolenhalfter.
Danach griff er nun, während seine Augen sich verengten und sein Blick in die Schatten drang.
„Warten Sie!“, rief Casey. Sie verließ die Schatten und eilte auf ihn zu – noch immer in High Heels, da sie zwischenzeitlich nicht im Hotel gewesen war. „Ich bin es nur.“
Seine Miene schien sich zu verdüstern. „Ich hätte wissen müssen, dass Sie hier noch irgendwo herumschleichen.“
„Schleichen?“, wiederholte Casey unbehaglich. Das war keine besonders schmeichelhafte Wortwahl.
„Richtig, herumschleichen. Herumlungern. Immer in der Hoffnung, das schwächste Glied der Kette zu erwischen, um Informationen aus ihm herauszukitzeln.“
Er stemmte die Hände auf die schmale Hüfte. „Ich weiß, dass Finn Ihnen das letzte Mal einen Tipp gegeben hat.“ Er schüttelte traurig den Kopf. „Gefällt es Ihnen, zwanzigjährige Deputies auszuhorchen? Der Junge ist noch unerfahren, und das wissen Sie genau. Sie haben ihm vertrauliche Informationen entlockt, die das Gelingen der gesamten Operation in Gefahr bringen könnten.“
Ärgerlich ging sie ihm entgegen. „Ich habe gar nichts in Gefahr gebracht. Er hat mir lediglich die Anzahl der Stichwunden verraten, die den Opfern zugefügt wurde, und …“
„Und Sie haben es direkt ausgeplaudert und damit jedem Nachahmungstäter Tür und Tor geöffnet.“
Sie holte hörbar Atem. „Sie können mich nicht leiden.“ So schnell waren sie wieder beim Thema.
„Ich kenne Sie nicht, wie Sie vorhin selbst gesagt haben.“
Sein Blick umfing den dunklen Parkplatz. „Und davon abgesehen, Lady, warum sind Sie alleine hier draußen? Sie wissen, dass Sie in das Opferprofil des Täters passen, richtig?“
„Ich …“ Nun, okay, vielleicht wusste sie das. Aber sie befand sich hinter der Polizeistation. Sollte das nicht der sicherste Ort in der Stadt sein?
Plötzlich ergriff er ihr Handgelenk. Es war nicht die blitzschnelle Geste, die sie überraschte, sondern die Art, wie er ihr Handgelenk umschlossen hielt. So unerwartet sanft. Sein Daumen strich über ihren Puls.
Ein sanfter Schauer rann über ihren Nacken.
„Sheriff Hayden hat jeden dazu angehalten, besonders vorsichtig zu sein. Auch Sie. Und was tun Sie? Sie rennen los und suchen sich einen finsteren, verlassenen Parkplatz.“
„Ich kann auf mich aufpassen.“
„Ich bin sicher, das haben die anderen Opfer auch gedacht.“ Sein Blick streifte über den Parkplatz. „Wo zur Hölle ist Ihr Auto?“
„Bis zu meinem Hotel sind es bloß vier Blocks. Ich bin gelaufen, weil …“
„Weil Sie gerne gefährlich leben?“
Im Stillen zählte sie bis zehn, dann antwortete sie: „Sie bringen nicht gerade meine beste Seite zum Vorschein.“
Daraufhin lächelte er. Nur ganz kurz, doch das Lächeln brachte dieses Grübchen hervor, das … eigentlich weniger Grübchen war als vielmehr eine kleine Kerbe auf seiner rechten Wange. „Wenn Sie wütend werden, ist Ihre Stimme eiskalt.“
Dann würde er bald daran erfrieren.
„Finn kommt nicht raus. Er hat eine weitere Schicht übernommen. Und selbst wenn er rauskäme, dürfte er nicht mit Ihnen reden. Sheriff Hayden hat es ihm eingebläut. Er wird mit keinem Reporter sprechen – auch nicht mit hübschen Brünetten, die nach Zucker riechen.“
Ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen. „Nach Zucker?“
„Ist Ihnen noch nicht aufgefallen, was? Das tun Sie aber.“
Ihre Wangen brannten.
Er wandte sich ab, hielt ihr Handgelenk aber weiterhin fest umschlossen. Er zog sie mit sich zum anderen Ende des Parkplatzes, wo ein schwarzes Motorrad stand. Ein riesiges, beinahe einschüchternd mächtiges Monster von einem Motorrad.
„Ich bringe Sie zu Ihrem Hotel zurück. Ich kann nämlich ein netter Typ sein.“
Er stieg auf das Motorrad und versuchte, sie hinter sich auf den Sitz zu ziehen.
Casey rührte sich keinen Zentimeter.
Er seufzte. Irgendwie tat er das öfter in ihrer Gegenwart. „Gibt es ein Problem?“
„Ich mag keine Motorräder.“ Nun, dann klang sie eben spröde und spießig. Na und? Sie war sich ja nicht einmal sicher, ob sie ihn mochte. „Sie sind zu schnell, zu wackelig und sie bieten überhaupt keinen Schutz, wenn man …“
„Sie gehen nicht gerne ein Risiko ein, wie? Dann habe ich Sie vielleicht doch falsch eingeschätzt.“ Er musterte sie vom Gesicht bis hinab auf ihre hohen Absätze. „Das liegt an den Schuhen. Wenn eine Frau sexy Schuhe trägt, denken Männer, sie wäre … abenteuerlich unterwegs.“
„Wollen Sie mich anmachen? Oder beleidigen?“ Langsam wollte sie wirklich Klarheit in die Sache bringen. „Vorhin haben Sie mich als Geier bezeichnet. Und jetzt …“
Da ließ er ihr Handgelenk los – doch bloß, um ihr einen Helm zu reichen. „Das wird Ihren Kopf schützen. Und Ihr hübsches Gesicht.“
„Sie machen mich wirklich an.“ Sie nahm den Helm entgegen, ohne auf das Motorrad zu steigen. „Sie sollten Ihre Taktik noch einmal überdenken.“
„Ich habe mich seit unserer letzten Begegnung ein bisschen schlau gemacht über Sie.“
Ihr Griff um den Helm wurde fester. Nicht zu viel in der Vergangenheit graben. Nicht zu viel …
„Sie haben eine Menge Preise gewonnen, stimmt’s? Sie gehören zu den investigativen Journalisten, die man im Auge behalten sollte. Sie nehmen sich immer die finstersten Killer vor, nicht wahr?“
Ihr Herz schlug zu schnell und zu hart in ihrer Brust. „Ich gehe dorthin, wo ich gebraucht werde. Vielleicht gefällt es Ihnen nicht, was ich tue, aber irgendjemand muss diesen Opfern eine Stimme verleihen.“
„Und das tun Sie.“
Das versuchte sie zumindest.
Er ließ die Maschine an. Sie klang wie ein machtvolles, grollendes Biest.
„Sie sagten, Ihr Hotel ist nur vier Blocks entfernt. Das ist kaum weit genug, um echte Geschwindigkeit aufzunehmen. Und wenn Sie dabei sind …“ Auf seinem Gesicht zog ganz langsam ein Lächeln auf, das ihn ein bisschen weniger gefährlich aussehen ließ. Nur ein bisschen. „Dann fahre ich besonders vorsichtig. Versprochen.“
Ihr Blick huschte über den Parkplatz. Es war rasch dunkel geworden. Sehr dunkel. Und ja, sie passte genau in das Opferprofil, das wusste sie. Sie hatte das passende Alter, kam nicht aus Hope, hatte hier weder Freunde noch Verwandte … „Wehe, Sie überschreiten die erlaubte Geschwindigkeit.“
Das brachte ihn zum Lachen. Es war ein unerwartet herzliches, warmes Lachen, das sie ein wenig aus der Fassung brachte. „Ich gehöre zum FBI. Vertrauen Sie mir.“
Sie stieg auf das Motorrad. Dabei rutschte ihr Rock nach oben – sehr viel höher, als sie beabsichtigt hatte. In der Dunkelheit konnte man die zart gebräunte Haut ihres Oberschenkels sehen.
Ihre Schuhe suchten Halt auf den Stützen, und dann wusste sie einen Moment lang nicht, wohin mit ihren Händen. Sie wandte den Kopf. Hinter ihr befand sich ein Griff.
„Halten Sie sich an mir fest.“
Genau das hatte sie befürchtet. Langsam schlang sie die Arme um seinen Körper.
„Fester.“
Warum? „Ich dachte, wir werden nicht schnell fahren.“
„Du musst dich trotzdem gut festhalten, Casey.“ Es war das erste Mal, dass er sie duzte. Es klang rau und sexy und … sie musste unbedingt damit aufhören, ihn sexy zu finden.
Er war ein FBI-Agent. Der hier an einem Fall arbeitete.
Sie war Reporterin.
Sie würde ihn vielleicht bearbeiten, um an Informationen heranzukommen, aber sie würde keinerlei echte, persönliche Beziehung mit ihm eingehen.
Sie ging nie Beziehungen ein. Und es gab viele Gründe, warum sie niemanden zu nahe an sich herankommen ließ.
Vorsichtig schob sie die Arme unter seinen Ellenbogen hindurch und verschränkte die Hände vor seinem Bauch.
„Wie heißt dein Hotel?“
Die Straße entlang gab es einige, alle mit Blick auf den Strand und das Meer. „West Winds.“
Das musste ausreichen. Noch fester würde sie die Arme nicht um ihn legen.
Das Motorrad machte einen Satz vorwärts, und instinktiv klammerte sie sich an ihn wie eine Ertrinkende, so fest, dass ihre Brüste seinen Rücken berührten.
Er hielt sich tatsächlich an die Geschwindigkeitsbegrenzung, doch irgendwie war es seltsam, mit ihm auf dem Motorrad zu fahren. Der Wind kühlte ihre Beine nach dem langen, heißen Tag, und das Motorrad vibrierte unter ihr mit gleichförmiger, zuverlässiger Kraft.
Joshs Körper war stark und muskulös, und Casey ertappte sich bei dem Gedanken, dass … zu einer anderen Gelegenheit, an einem anderen Ort, vielleicht … vielleicht wären sie und Josh keine Gegenspieler gewesen.
Sondern etwas viel Aufregenderes.
Viel zu schnell erreichten sie das Hotel. Hier wohnten auch andere Reporter, darunter mindestens fünf, die Casey von früheren Fällen kannte. Außerdem ihr Produzent und ihre Kamerafrau. Dies war ein sicherer Ort für sie.
Josh schaltete den Motor aus und ließ die Seitenstütze herunter.
Als ihr bewusst wurde, dass sie sich noch immer an ihn klammerte, ließ sie sofort los und sprang vom Motorrad.
Josh bewegte sich nicht, aber sein Blick musterte ihren Körper aufmerksam.
Ein wenig nervös gab sie ihm den Helm zurück. „D-danke.“
Sie hasste es, zu stottern. Das tat sie nie. Zumindest hatte sie sehr hart daran gearbeitet, es nicht zu tun. Als sie noch jünger war, hatte sie immer dann zu stottern begonnen, wenn sie sich gefürchtet hatte.
Und es hatte einen guten Grund gegeben, sich zu fürchten. Während ihres ersten Jahrs auf dem College hatte sie beinahe jede Nacht unter Albträumen gelitten.
Josh befestigte den Helm hinter sich auf dem Motorrad. Dann sah er sie an.
Nicht weit entfernt rauschten die Wellen in der Dunkelheit an den Strand.
Sollte sie sich einfach umdrehen und gehen? Vermutlich.
„Findest du das nicht auch merkwürdig?“
„Was denn?“ Worauf wollte er nun hinaus?
Er deutete auf das Hotel. „So viele Reporter … Seid ihr nicht erst vor einigen Wochen hier gewesen, um über den Theodore-Anderson-Fall zu berichten?“
Theodore Anderson. Sie kreuzte die Arme vor der Brust. Ja, dieser Mann war der Grund gewesen, warum man sie zum ersten Mal nach Hope geschickt hatte. Man hatte ihn verhaftet, weil man ihn für die Entführung und den Mord an mehreren jungen Mädchen verantwortlich machte.
Einige dieser Verbrechen lagen bereits Jahre zurück, aber erst vor Kurzem hatte man sie mit den Fällen aus der jüngsten Vergangenheit in Verbindung gebracht.
Das Schlimmste an dem Fall – zumindest für Casey – war die Tatsache, dass er auch seine eigene Tochter umgebracht hatte. Christy Anderson hatte mit gerade mal dreizehn Jahren einen gewaltsamen Tod gefunden.
Theodore hatte für Schlagzeilen gesorgt, und die Reporter waren wie Heuschrecken über die kleine Stadt hergefallen.
Man hatte ihn in allen Punkten schuldig gesprochen und dafür gesorgt, dass er niemals wieder das Tagelicht zu Gesicht bekam.
Alle hatten sich auf Theodore konzentriert, doch dann hatte sich jemand anders einen grausigen Namen gemacht: der Sandy Shore Killer.
„Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit“, überlegte Josh laut – mit dieser rauen, anziehenden Stimme –, „dass es in einer verschlafenen kleinen Stadt wie dieser nicht nur einen, sondern gleich zwei Serienkiller gibt?“
Sie befeuchtete ihre Lippen. „Wenn man bedenkt, wie selten es überhaupt Serienmörder gibt … würde ich sagen, die Wahrscheinlichkeit geht gegen null. Aber du bist doch der FBI-Mensch. Du solltest es besser wissen als ich.“
„Die Wahrscheinlichkeit ist null. Zufälle wie diesen gibt es nicht.“ So einfach war das. Für ihn.
„Aber … es passiert trotzdem.“
„Etwas hat diesen Typ angelockt. Etwas hat ihn hergeführt …“ Er neigte den Kopf und sah an ihr vorbei zum Hotel. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass … du das warst.“
Sie wich einen Schritt zurück. Er weiß es. Er hat in meiner Vergangenheit gewühlt. Er hat herausgefunden, was ich …
„Du und all die anderen Reporter“, fügte er hinzu. Er blickte sie an. „Es hat ihm nicht gefallen, dass Theodore Anderson alle Aufmerksamkeit bekommt. Also hat er beschlossen, ihm die Show zu stehlen. Und ihr Reporter – ihr füttert das Monster. Mit einer reißerischen, groß angelegten Berichterstattung im Sekundentakt, praktisch zeitnah an den Geschehnissen. Ihr sorgt dafür, dass er eine Bühne hat.“
Casey schüttelte den Kopf. „Du glaubst, dass der Mörder hergekommen ist, weil hier so viele Reporter waren? Ist das die Theorie des FBI?“
Er hob die Hand und legte sie behutsam an ihr Kinn. „Das hier sind vertrauliche Informationen. Zu vertraulich.“
Seine Handfläche und seine Finger waren ein wenig rau, doch sie mochte das Gefühl auf ihrer Haut.
„Wie gesagt, es ist mehr als unwahrscheinlich, dass es in einer kleinen Stadt gleich zwei Serienmörder gibt. So etwas ist unmöglich. Das kann kein Zufall sein. Dein ‚Sandy Shore Killer‘ ist aus einem bestimmten Grund hergekommen.“
Sie musste ihm mehr Details entlocken. „Gibt es irgendeine Verbindung zwischen den Opfern?“
„Du weißt bereits einiges über die Opfer. Es waren alles junge, attraktive Frauen um die zwanzig, alle nur hier, um Urlaub zu machen. Keine persönlichen Verbindungen zu Hope. Und das ist alles, was ich sagen werde.“
Er ließ die Hand sinken und umfing den Lenker des Motorrads. Die Maschine erwachte grollend zum Leben.
Das Geräusch holte sie zurück in die Gegenwart.
Richtig. Er verließ sie. „Danke fürs Mitnehmen.“
Sein intensiver Blick ruhte auf ihrem Gesicht. Sie begann sich zu fragen, ob er es spüren konnte – diese knisternde, beinahe mit den Händen greifbare Spannung zwischen ihnen. War das bloß Einbildung, oder flogen da buchstäblich Funken zwischen ihnen?
Sein Blick brannte auf ihren Wangen.
Er spürte es.
„Gute Nacht, Casey.“
Ja, er spürte es, aber Josh würde sich darauf nicht einlassen. Diese FBI-Typen, die sich immer an die Regeln hielten. Die waren sowieso nicht ihr Typ. Zumindest sollten sie das nicht sein.
„Ich warte, bis du im Hotel bist.“ Er hielt einen Moment inne. „Ein Gentleman geht nicht, bevor die Lady sicher im Haus ist.“
„Bist du das? Ein Gentleman?“
Darüber schien er einen Augenblick nachzudenken. Dann sagte er: „Vielleicht. Vielleicht könnte ich alles sein, was du willst.“
Casey wandte sich ab und eilte die Stufen zum Hotel hinauf. Als sie in der Lobby war, drehte sie sich noch einmal um. Er wartete tatsächlich noch auf dem Motorrad. Und sah sie an.
Und sah dabei definitiv zu sexy aus.
Sie hob die Hand und winkte einmal.
Er schien die Stirn in kleine Fältchen zu legen, doch dann winkte er zurück – und fuhr davon.
Einige Gesichter in der Lobby kamen ihr bekannt vor, doch Casey war nicht nach Gesellschaft zumute. Sie huschte unerkannt durch die Halle und betrat den Fahrstuhl. Sobald sich die Türen hinter ihr schlossen, streifte sie die Schuhe ab.
Viel besser.
Auf ihrem Stockwerk angekommen, nahm sie die High Heels in die Hand und schritt barfuß über den dicken Teppich zu ihrem Zimmer. Es befand sich im obersten Stock und bot einen wunderbaren Ausblick über den Strand.
Mit der Plastikkarte öffnete sie die Tür und trat ein. Der Raum war dunkel und eiskalt, weil sie am Vormittag die Klimaanlage aufgedreht hatte.
Casey legte den Lichtschalter neben der Tür um. Offenbar war das Zimmermädchen zwischendurch hier gewesen, denn das Zimmer war makellos, die Kissen aufgeschüttelt und der Raum durchdrungen von einem leichten Limonenduft.
Sie ließ die Schuhe fallen und durchquerte das Hotelzimmer, um die Balkontür zu öffnen.
Draußen nahm sie zuerst das laute Rauschen der Wellen wahr, dann drang der salzige Geruch in ihre Nase. Am Himmel schimmerte eine Handvoll Sterne, und in dem spärlichen Licht konnte sie noch einige wenige Menschen ausmachen, die am Strand entlangspazierten.
Eine Minute lang gab sie sich ganz diesem friedvollen Anblick hin. Doch es schien ihr ungerecht zu sein – ein so schöner Ort, verbunden mit so viel Leid und Tod. Wenn sie allerdings etwas im Leben gelernt hatte, dann war es, dass sich hinter Schönheit oft sehr viel Böses verbarg.
Hinter einem Lächeln konnte Gefahr lauern. Hinter einem Versprechen warteten Schmerz und Angst.
Sie drehte sich um und griff nach der Balkontür. Aber …
Hatte sie nicht das Licht im Zimmer eingeschaltet? Drinnen war es stockdunkel. Durch das Glas der Balkontür konnte man kaum noch etwas erkennen.
Ich habe es eingeschaltet, als ich hereinkam. Das mache ich immer.
Zumindest glaubte sie sich daran zu erinnern. Doch vielleicht war der Strom ausgefallen. Oder die Glühbirne war durchgebrannt. Sie musste die Rezeption anrufen, um das Problem beheben zu lassen.
Sie öffnete die Tür und glitt ins Zimmer. Von draußen drang gerade so viel Helligkeit in den Raum, dass sie das Tischchen neben dem Bett fand. Dort stand das Telefon. Und dort befand sich auch eine kleine Tischlampe. Wenn sie die einschaltete, dann …
Sie wurde von großen, starken Händen gepackt, die sich von hinten um sie legten. Dann drang ein schwerer, bitterer Geruch in ihre Nase. „Hab ich dich.“
Sie holte tief Luft, um zu schreien, doch der Angreifer stieß sie vorwärts und rammte ihren Kopf gegen die Wand über der Tischlampe.
Der Aufprall war so hart, dass sie ins Wanken geriet.
Sie hatte nicht einmal mehr die Chance, zu schreien.
Und keine Chance, sich zu wehren.
Ein zweites Mal schleuderte er ihren Kopf gegen die Wand.
Wie damals …
Nein!
Ihr Körper wurde schwer und gefühllos. Sie verlor das Bewusstsein.
Das Letzte, was sie hörte, war ein raues, mitleidloses Lachen.
Meile um Meile legte er auf dem Motorrad zurück, ohne Plan und ohne Ziel. Er ließ sich einfach den Fahrtwind ins Gesicht wehen und versuchte, nicht an den heutigen Tauchgang zu denken.
Anfangs hatte er gehofft, sie würden das Opfer noch lebend finden.
Diese Hoffnung hatte sich zerschlagen.
Das Erste, was er entdeckt hatte, war das Haar des Mädchens. Im Wasser war es immer das Haar, das man zuerst sah, weil es um den Kopf herum schwebte. So, als ob es an die Wasseroberfläche fliehen wollte.
Zunächst hatte er das Haar gesehen, dann Tonyas Gesicht. Doch dies war nicht mehr das hübsche Gesicht von dem Foto. Es war kalkweiß. Aufgedunsen.
Tot.
Er schaltete den Motor aus und setzte sich auf eine Bank mit Blick auf den Strand – erstaunt darüber, dass er sich in der Nähe von Caseys Hotel wiederfand. Er hatte nicht vorgehabt, zurückzukehren. Oder?
Casey Quinn.
Er kannte ihre Reportagen, so wie die meisten Menschen. Aber sie arbeitete nicht für irgendeinen Lokalsender – sie war eine Größe im Fernsehen. Zur Hauptsendezeit. Auf einem der ganz bekannten landesweiten Kanäle.
Bei seiner ersten oberflächlichen Recherche über Casey war ihm aufgefallen, dass sie sich stets die ganz finsteren Fälle vornahm. Allerdings richtete sie den Fokus nicht auf die blutrünstigen Details, sondern auf die persönlichen Geschichten, die dahinterstanden. Die zerstörten Leben der Hinterbliebenen, die das Monster zurückließ.
Casey war zum ersten Mal nach Hope gekommen, um über Theodore Anderson zu berichten. Diesen kranken Bastard, der Mädchen entführt und getötet hatte. Sogar seine eigene Tochter.
Casey und die anderen Reporter hatten versucht, sowohl Theodore als auch seinen Sohn Kurt zu interviewen. Aber Kurt hatte mit niemandem gesprochen. Noch nicht.
Es überraschte Josh ein wenig, dass Casey mit ihrer charmanten Art Kurt noch nicht herumgekriegt hatte. Mit einem Lächeln wie dem ihren … konnte sie Männer sicher zu fast allem bewegen.
Ein Lächeln, das sich langsam in ihre Mundwinkel stahl und schließlich das gesamte Gesicht erfasste, bis es ihre Augen zum Strahlen brachte.
Kaum verwunderlich, dass der junge Finn darauf angesprungen war. Aber Josh und Sheriff Hayden hatten dafür gesorgt, dass der Deputy sich nicht noch einmal hinreißen lassen würde.
Josh erhob sich, drehte sich um und blickte zu Caseys Hotel auf.
Er hatte sie berührt, und die zarte Haut ihrer Wange hatte sich wie Seide angefühlt. Das Bild, wie sie vor ihm stand, hatte er sich tief eingeprägt. In diesen unglaublich sexy Schuhen, und der blütenweißen Bluse, die ihre zarte Haut golden erscheinen ließ. Ihr dunkles Haar war verführerisch auf ihre Schultern gefallen.
Sie war von schmaler, zierlicher Gestalt, doch ihre Figur war auch weiblich und kurvig an genau den richtigen Stellen. Als sie hinter ihm auf dem Motorrad gesessen hatte …
Hör auf zu schmachten, schwing dich aufs Motorrad und lass das hinter dir.
Er hatte nicht vor, sich mit einer Reporterin einzulassen. Ein hübsches Gesicht und ein heißer Körper ließen ihn nicht gleich seinen Job vergessen. Er war schließlich nicht der junge Finn.
Er straffte die Schultern.
Los, weg hier.
Trotzdem flog sein Blick ein letztes Mal zum Hotel hinauf, bevor er sich abwandte.
Sie hatte Schmerzen.
Casey stöhnte und versuchte vorsichtig die Augen zu öffnen. Ihr gesamter Körper tat weh. Sie lag auf einer harten, glatten Fläche. Seltsam. Das Hotelbett war doch weich, es fühlte sich an wie eine Wolke, wenn man sich nach einem langen Arbeitstag hineinfallen ließ, und …
Ich bin nicht im Hotel.
Sie riss ruckartig die Augen auf. Voll Entsetzen sah sie sich um. Sie war nicht im Hotel. Sie war … Wo zur Hölle befand sie sich?
Als sie versuchte, sich zu bewegen, wurde ihr klar, dass ihre Hände und Füße gefesselt waren. Man hatte ihr die Hände auf dem Rücken zusammengebunden, offenbar mit einem rauem Seil, das schmerzhaft in ihre Handgelenke schnitt.
Sie wand sich, und ihre Körper rutschte über … über Plastik?
Ja, sie lag auf einer großen Plastikplane. Der Geruch von frischem Holz lag in der Luft. Hektisch sah sie sich um. Das hier war zwar ein Haus, doch ganz offensichtlich befand es sich noch im Rohbau. Die Wände waren noch unverputzt, und über sich konnte sie blanke Holzbalken ausmachen.
Und ich liege auf einer Plastikplane.
Oh. Mein. Gott.
Denn sie wusste, warum ein Entführer seine Opfer auf Plastik drapierte. Damit er die Schweinerei leichter beseitigen kann, sobald er mit mir fertig ist.
Sie drehte und wand sich, bis es ihr endlich gelang, sich aufzusetzen. Da bemerkte sie den Lichtstrahl, der durch das Fenster zu ihrer Rechten hereinfiel.
Und dann hörte sie das Wellenrauschen.
Ich bin am Strand. In einem Rohbau. Vielleicht wird das hier ein Ferienhaus oder eine Mietwohnung oder …
Nein, es ist ein Strandhaus. Denn sie konnte sich daran erinnern, dass sie etwa vier bis fünf Gebäude am Strand gesehen hatte, die sich noch im Rohbau befanden. Und zwar am westlichen Ende ihres Strandes.
Es waren große, ausladende Häuser auf Holzstelzen, die nach schwerreichen Käufern zu rufen schienen. Die Stelzen sollten es vor Sturmschäden und Überflutungen bewahren, die es in diesem Landstrich häufiger gab.
Wenn dies eine Baustelle war, wo befanden sich dann die Arbeiter? Wo waren die Bauarbeiter, die Statiker, irgendjemand, der ihr helfen …
„Hilfe!“, rief Casey. Ihr Hals war trocken und ihre Stimme klang schrecklich schwach in der Stille des leeren Hauses. Sie holte tief Luft und versuchte es noch einmal. „Hilfe!“
Sie versuchte sich zu erinnern, was passiert war.
Sie hatte sich in ihrem Hotelzimmer befunden, und dann war da – jemand gewesen. Er hatte sie gepackt. Hatte ihren Kopf gegen die Wand geschlagen. Hatte sie – gestochen? Hatte er ihr irgendetwas injiziert?
Sie war gefallen. Alles um sie herum war schwarz geworden.
Aber sie glaubte sich daran zu erinnern, dass er gelacht hatte.
Die Wellen rauschten fortwährend an den Strand. Sie kniff die Augen zusammen und konzentrierte sich auf das Fenster.
Noch war es nicht vollständig hell draußen. Es musste noch sehr früh am Morgen sein. Vielleicht waren die Bauarbeiter schon auf dem Weg hierher? Vielleicht würden sie jeden Moment …
Heute ist Sonntag. Sie schloss die Augen. Nein. Heute würde hier niemand auftauchen.
Mit aller Kraft robbte sie durch den Raum. Die Plastikplane wellte sich unter ihrem Körper und schlug Falten, und sie versuchte, nicht darüber nachzudenken – oder über den Mann, der sie entführt hatte. Jeden Augenblick könnte er hier auftauchen. Der Mann, der …
„Ich habe dich schreien gehört, Casey Quinn.“
Sie erstarrte.
Casey wollte nicht über die Schulter blicken.
Er war hinter ihr.
Wenn sie ihn ansah, wenn sie sein Gesicht sah …
„Das heißt wohl … ich sollte jetzt anfangen.“
Da musste sie doch hinsehen. Ruckartig wandte sie den Kopf.
Er stand unter dem Türrahmen, von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet. Mit einer schwarzen Skimaske, die sein Gesicht komplett verhüllte.
Selbst seine Augen konnte sie nicht sehen, weil sich darüber eine Art feiner Netzeinsatz befand.
„Rühren Sie mich nicht an“, sagte sie laut. Sie hasste es, wie ihre Stimme zu zittern begann.
Er lachte – dasselbe Lachen, an das sie sich erinnern konnte – und zog ein Messer hervor.
Die Plastikplane … sie soll das Blut auffangen.
„Das muss ich aber“, erklärte er. „Ich habe hier etwas zu erledigen.“
„S-Sie werden mir … fünf Stiche zufügen?“ Denn das hatte er jedes Mal getan. Mit allen seiner Opfer. Dann schlitzte er ihnen den Hals auf und warf sie ins Meer.
Ich passe in sein Opferprofil. Josh hat sogar gesagt … Nein. Nein, das darf nicht wahr sein!
Langsam kam er auf sie zu. Bückte sich. Zeigte ihr das Messer aus nächster Nähe.
Sie wand und drehte sich, doch die Fesseln gaben nicht nach.
Er legte das Messer an ihre Wange. Drückte gerade so fest zu, dass ein Blutstropfen über ihre Haut rann. „Hetz mich nicht“, murmelte er. „Auf diesen Augenblick habe ich sehr lange gewartet.“
Was?!
„Wir werden uns unterhalten. Nur du und ich. Du wirst mir all deine Geheimnisse verraten.“
Nein. Ganz gewiss nicht.
„Oder ich schlitze dich auf.“
Er nahm das Messer von ihrer Wange und hob die Klinge hoch.
Darauf hatte sie gewartet. Er hatte sich dicht neben ihr auf den Boden gehockt – ein Fehler. Er glaubte, bloß weil sie gefesselt war, sei sie hilflos.
Er täuschte sich.
Sie hob beide Füße – wünschte, sie würde noch immer die High Heels tragen – und rammte sie mit aller Kraft in seinen Schritt.
Er stöhnte auf und taumelte rückwärts. Das Messer fiel ihm aus den Händen.
Sie schnappte danach, rollte vorwärts und rieb über den harten Boden. Die Klinge schnitt in ihre Finger, doch sie spürte es kaum. Hektisch begann sie mit dem Messer an den Seilen zu säbeln, die ihre Handgelenke umschlossen hielten. Da – seine Faust landete auf ihrer Wange, so hart, dass kleine Lichtpunkte vor ihren Augen zu tanzen begannen. Ihr Kopf wurde gegen die harte Erde geschleudert, und das Messer fiel ihr aus den Händen.
Fluchend griff er in ihr Haar und riss ihren Kopf in die Höhe.
Ihre Hände griffen ins Leere, doch dann schnitt etwas in ihren kleinen Finger. Es war ein Nagel, der aus dem blanken Boden ragte.
Ein Nagel.
„Werd jetzt bloß nicht ohnmächtig. Wir müssen telefonieren. Das ist Schritt eins. Wir lassen sie wissen, wer hier das Sagen hat.“
Sie hielt die Hände am Boden, suchte erneut den Nagel und begann, das Seil daran zu reiben. Gab es ein Geräusch? Konnte er das Kratzen und Schaben hören? Mit dem Messer hatte sie das Seil beinahe zerschnitten, und mit etwas Glück würde der Nagel den Rest erledigen.
Er ließ sie am Boden knien, richtete sich auf und zog ein Mobiltelefon aus der Tasche.
Während sie mit den Handgelenken das Seil an dem Nagel zerrieb, fiel ihr Blick auf seine Hände. Er trug Handschuhe, doch zwischen Handschuh und Ärmel hatte sich ein schmaler Spalt aufgetan, durch den man seine Haut sehen konnte.
Sie sah genauer hin. Ein weißer Mann, mit sonnengebräunter Haut, etwa eins achtzig groß, um die neunzig Kilo, und er …
„Ich habe wieder jemanden“, raunte er ins Telefon. „Schon sehr bald, Sheriff Hayden, werden Sie sie finden.“
Er hatte den Sheriff angerufen. Tat er das nicht immer?
Rief er nicht an, während seine Opfer noch am Leben waren?
Dieses Detail war der Öffentlichkeit bisher vorenthalten worden. Kaum verwunderlich, dass Sheriff Hayden zunehmend mürbe wurde. Er hatte hart dafür gekämpft, die Opfer noch lebend zu finden. Und verloren.
Nun glitten die Finger ihres Entführers über das Display. Anscheinend trug er solche Handschuhe, die den Umgang mit einem Touchscreen erlaubten.
Dann erfüllte Haydens Stimme den Raum.
„Geben Sie mir einen Beweis dafür, dass sie noch am Leben ist“, bellte der Sheriff.
Ihr Entführer lachte. Sie verkrampfte sich. Beinahe hätte sie aufgehört, an dem Nagel zu kratzen. Aber nur beinahe.
Dieses Lachen war kein gutes Zeichen. Sheriff Hayden wollte einen Beweis. Im schlimmsten Fall bedeutete das, der Kerl in der Skimaske würde sie irgendwie zum Schreien bringen.
Über dieses Wie wollte sie allerdings nicht nachdenken.
Casey holte tief Atem und schrie aus vollen Lungen: „Hier ist Casey Quinn! Ich bin in einem Rohbau am westlichen Ende des Strandes – helfen Sie …“
Der Entführer ließ das Telefon fallen und warf die Hand auf ihren Mund.
Wie? Hatte er geglaubt, sie wüsste nicht, wo sie sich befanden?
Als sie nach Hope gekommen war, hatte sie sich die Gegend sehr genau angesehen. Und einige Aufnahmen gemacht. Eine gute Reporterin kannte ihre Umgebung.
Sie starrte ihn an.
„Du hältst dich für ganz schlau, was?“
Inzwischen glaubte sie, dass sie eine Chance hatte. Hayden würde losrasen wie der Teufel, um sie zu retten. Und vielleicht … vielleicht würde er noch rechtzeitig kommen.
„Das war ein Fehler. Du bist so gut wie tot.“
Nein, war sie nicht. Noch nicht. Glaubte er etwa, dass sie zu viel Angst hatte, um sich zu wehren?
Sie spürte, wie sich das Seil um ihre Handgelenke lockerte. Jetzt waren ihre Hände frei. Nun musste sie noch die Fesseln um ihre Knöchel loswerden.
Sie sah zu ihm auf. Die Augen hinter dem Netzeinsatz waren kaum zu erkennen.
Ihr Herz raste.
„Sie sollten fliehen“, flüsterte sie. „Der Sheriff wird jeden Augenblick hier sein.“
„Ich gehe nirgendwohin.“ Er drehte sich um. Bückte sich. Hob das Telefon auf. Sie konnte das zersplitterte Display sehen. „Noch nicht.“
Er hatte ihr den Rücken zugewandt.
Das Messer lag auf dem Boden. Er hatte es nicht aufgehoben, nachdem er sie geschlagen hatte.
Blitzschnell langte sie nach vorn, packte das Messer und versteckte es hinter ihrem Rücken.
Als er sich wieder umdrehte, hielt sie die Hände so, als seien sie noch immer gefesselt.
„Ich habe so lange darauf gewartet, dich zu kriegen, Casey.“ Seine Stimme war aufgesetzt rau, sein Ton seltsam vertraulich. „So sollte es nicht enden.“
Es wird überhaupt nicht enden. Sie hatte sich nicht schon einmal den Weg aus der Dunkelheit erkämpft, um jetzt auf diese Weise zu sterben.
Er straffte die Schultern. Dann schritt er durch den Raum, den Blick auf den Boden geheftet. Er hob ein Stück Plastik auf. Was suchst du? Das Messer? Ist dir jetzt erst aufgefallen, dass es weg ist?
Sein Kopf fuhr herum.
Sie reckte das Kinn.
Er lächelte. „Gib es mir.“ Er trat einen Schritt auf sie zu.
Da er schon danach fragte …
Er schnappte nach ihrem Arm.
Da stach sie zu.
Der Bastard hatte Casey entführt.
Die Angst lag wie ein harter, kalter Stein in Joshs Magen. Gerade hatte Sheriff Hayden angerufen, um ihn einzuweihen. Josh verlangte dem Motorrad alles ab, um so schnell wie möglich bei den Strandhäusern zu sein.
Er war schneller als der Sheriff und sein Team, weil er sich in der Nähe aufgehalten hatte. Außerdem brach er jegliche Verkehrsregeln, um Casey zu retten.
Ich hätte sie nicht allein lassen sollen.
Noch immer sah er sie vor sich stehen, in diesen schwindelerregend hohen Schuhen, das dunkle Haar ihre Wangen umspielend.
Hatte er nicht gesagt, dass der Verrückte es auf Frauen wie sie abgesehen hatte?
Auf sie?
Josh fuhr um eine enge Kurve und sah die Häuser vor sich am Strand liegen.
Das Motorrad war kaum zum Stehen gekommen, als er bereits absprang und losrannte. „Casey!“
In welchem der Häuser befand sie sich?
Josh riss die Pistole aus dem Halfter. „Casey, wo bist du?“ Lebe. Lebe, Casey! Antworte mir!
Vor seinem inneren Auge sah er Tonya Myers.
Ihr bleiches Gesicht im Wasser, das Haar, das um ihren Kopf schwebte wie wirre Algen.
Casey darf das nicht passieren.
Er flog die Stufen hinauf und durchsuchte das erste Haus. Eine Plastikplane schlug ihm ins Gesicht. Überall lag Bauschutt herum. Doch die Räume waren leer. Kein Zeichen von Casey.
Josh rannte zurück nach draußen. Die aufgehende Sonne goss ihr Licht über dem Meer aus. „Casey!“
Wie viel Zeit war vergangen, seit der Entführer Sheriff Hayden angerufen hatte? Zehn Minuten? Fünfzehn? Zwanzig?
Das Sterben dauerte nur einen Augenblick. Einen einzigen Augenblick.
Er rannte zum zweiten Haus.
„H-Hilfe …“
Er hielt inne. Der Hilferuf – er war aus diesem Strandhaus gedrungen. Direkt vor ihm. Eine behelfsmäßige Tür war in den Rahmen eingelassen, und anstatt sich mit dem Griff aufzuhalten, trat Josh die Tür kurzerhand ein. „Casey!“ Seine Stimme hallte in dem leeren Raum.
Dann sah er sie.
Sie stand auf der Treppe zum oberen Stockwerk und klammerte sich an das unfertige Geländer. Die rechte Seite ihres hübschen Gesichts war rot und geschwollen. Blut schimmerte auf ihrer Wange. Sie war sehr blass, zitterte am gesamten Körper und …
Mit zwei Sätzen war er bei ihr.
Ihre Augen weiteten sich, als sie ihn erkannte. Sie hob den Arm, und da erkannte er das blutige Messer in ihrer Hand.
„J-Josh?“
„Du bist in Sicherheit.“ Er wollte sie in die Arme nehmen. Wollte sie festhalten und wiegen und ihr sagen, dass jetzt alles gut war. „Wo ist er?“
Sie blinzelte. Sie sah so verloren aus. So verängstigt. Und …
Verletzt. Er hat sie verletzt.
Josh wollte den Mann umbringen.
„Ich … ich weiß nicht.“ Ihr Blick huschte hin und her. Ihre Hand zitterte, doch sie ließ das blutige Messer nicht los. „Er … ich hab ihn mit dem Messer erwischt. Er ist rausgerannt. Er … hat mich zurückgelassen.“
Josh wurde mit grimmigem Stolz erfüllt, als er das hörte.