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Felicias Leben ist von Angst und Panik geprägt, seitdem ein verrückter Stalker ihr ständig nachstellt. Nirgends scheint sie allein zu sein, doch die Polizei nimmt ihren Fall einfach nicht ernst. Zeitgleich treibt in New York ein sadistischer Serienkiller sein Unwesen. Er verschleppt Frauen, um sie zu operieren, zu foltern und bis in den Tod zu quälen. Ihre bis zur Unkenntlichkeit verstümmelten Leichen legt er, nachdem er sie gebrandmarkt hat, im Central Park ab. Erst nachdem die zwei Fälle miteinander in Verbindung gebracht werden können, bekommt Felicia Gehör vom FBI. Aber ist es dann schon zu spät?
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Seitenzahl: 245
Vorwort der Autorin
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Epilog
Diese Geschichte ist das Produkt meiner Fantasie. Sämtliche Personen und die gesamte Handlung sind von mir frei erfunden. Übereinstimmungen zum realen Leben sind nur rein zufälliger Natur.
Orts- und Städtenamen dienen lediglich zur geographischen Orientierung.
Die Vergangenheit ist Geschichte,
die Zukunft ein Geheimnis,
aber jeder Augenblick mit euch ein Geschenk!
Für
Meine Familie
Meine Eltern und meine Geschwister
Claire
„Schon wieder wurde im Central Park eine stark verstümmelte Frauenleiche entdeckt, die das Zeichen des Bösen trägt. Laut den jüngsten Meldungen der Polizei…“
Blitzschnell schaltete Claire den Fernseher aus, noch bevor der Nachrichtensprecher seinen Satz zu Ende geführt hatte. Sie konnte diese ganzen Horrornachrichten einfach nicht mehr ertragen. Die wievielte Frau war das nun bereits in den letzten Wochen gewesen? Die dritte mindestens und es schien kein Ende zu geben. Die Polizei tappte im Dunkeln.
Doch es waren eigentlich nicht die Verbrechen, die Claire so zu schaffen machten, denn diese grausigen Taten gab es schon immer und überall auf der ganzen Welt. Es war vielmehr der Gedanke an ihren Sohn, der sie innerlich aufwühlte, mit welcher Leidenschaft er jeden einzelnen Mord verfolgte. Der Gedanke an das Leuchten in seinen Augen, wenn er von einem weiteren Leichenfund erfuhr, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Konnte es wirklich möglich sein, dass sein Interesse nicht nur journalistischer Natur war? Doch traute sie ihrem eigenen Fleisch und Blut so bestialische Dinge wirklich zu?
„Hey Mum, was gibt es zu essen?“
Polternd betrat in diesem Moment Jayden die Küche und holte damit seine Mutter aus ihren grübelnden Gedanken.
Erschrocken und gleichzeitig verwirrt blinzelte Claire ihren Sohn an. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass er noch im Haus war.
„Sandwiches?“
„Okay! Ist alles in Ordnung bei dir, Mum?“
Argwöhnisch musterte Jayden sie von oben bis unten.
„Natürlich! Ich war nur in Gedanken.“
Mühevoll entrang sich Claire ein Lächeln.
Großer Gott, was war nur auf einmal mit ihr los? Warum machte die Anwesenheit ihres Sohnes sie plötzlich so nervös?
„Und was waren das für Gedanken?“
Jaydens Neugierde war nun endgültig erwacht.
Innerlich stöhnte Claire über sich selbst, sie hätte doch wissen müssen, dass er nicht lockerlassen würde. Sie brauchte jetzt schnell eine gute Ausrede. Um Zeit zu schinden, kramte sie in der Speisekammer nach den Zutaten für ein Sandwich.
„Frauendinge halt. Etwas, was ich mit deiner Tante Bea besprechen würde, aber niemals mit meinem Sohn.“
Kokett grinste Claire ihren Sohn an, dabei tat es ihr im Herzen weh. Noch nie hatte sie ihren Sohn angelogen. Trotzdem hoffte sie, er würde ihre Antwort schlucken.
„Okay, wie du meinst. Ich gehe jetzt nochmal zu Dave.“
„Und das Sandwich?“
„Esse ich später. Ciao, Mum!“
Zögerlich küsste Jayden seine Mutter zum Abschied auf die Wange und betrachtete sie dabei nochmal gründlich. Dann zog er von dannen.
Erst als die Haustür hinter ihm ins Schloss fiel, atmete Claire hörbar aus. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass sie die Luft angehalten hatte.
Vielleicht hätte sie die Gelegenheit nutzen sollen und den Mut fassen, vor Jayden ihre wahren Gedanken laut auszusprechen.
Mit einem Kopfschütteln wischte Claire diese Absicht schnell beiseite. Seine Reaktion wäre einfach nicht vorhersehbar gewesen. Jayden war schon immer intelligenter als die meisten Menschen gewesen, aber auch viel jähzorniger. Von einer Sekunde zur anderen konnte stets seine Laune kippen und aus dem lieben, netten Jungen wurde ein aggressiver Rüpel, was sich seit seiner Pubertät deutlich verschlimmert hatte. Wie bei Dr. Jekyll und Mr. Hyde.
Traurig nippte Claire an ihrem bereits kalten Tee. Ihre Hände zitterten und in ihrem Kopf schwirrten die Gedanken nur so umher. Zu gerne würde sie mit jemanden reden. Doch mit wem?
Ihr fiel ihre Schwester Bea ein.
Könnte sie mit Bea über Jayden reden? – Nein, niemals! Bea mochte Jayden noch nie sonderlich, weil er angeblich ihre Kinder immer gequält hatte. Okay, Jayden war noch nie besonders nett und friedvoll mit seinen Cousins umgesprungen, aber die drei konnten auch wirklich sehr nerven. Bei jedem Zusammentreffen gab es früher viel Geschrei und noch mehr Tränen. Allerdings der Fairness halber musste Claire schon gestehen, dass es immer nur Beas Kinder gewesen waren, die heulten und das immer ausschließlich wegen Jaydens Taten. Doch wer weiß wie es jetzt sein würde, schließlich gab es schon seit vielen Jahren keine Begegnung mehr und inzwischen waren die Kinder zu jungen Männern gereift, auch ihr Jayden.
Trotzig stampfte Claire mit ihrem Fuß auf. Nein, Bea war definitiv nicht die richtige Ansprechpartnerin für sie.
Vielleicht der Pastor? – Nein, sie hatte seit Jahren keine Kirche mehr betreten und auch ihr Glaube an Gott war nur noch ein Schatten. Zu oft wurde sie von Gott, wenn es ihn denn gab, auf die Probe gestellt. Hatte er jemals ihre Gebete erhört und ihr beigestanden? Nein! Denn weder ihr Mann war aus dem Krieg zurückgekehrt, noch war ihre beste Freundin vom Krebs geheilt worden. Bea sagte oft, sie sei undankbar, weil sie all das Schöne nicht sehe, was Gott ihr schenkte. Doch Claire war es einfach leid, einen “Schönwetter-Gott“ anzubeten.
Krampfhaft überlegte Claire, wer ihr womöglich eine gute Freundin sein könnte. Konnte sie einer der Frauen, mit der sie ab und an Kontakt hatte, so sehr vertrauen und mit ihr über Jayden reden? Da gab es ihre ehemalige Klassenkameradin Donna, die in einem Frisörsalon arbeitete und immer alle Neuigkeiten kannte und auch sofort verbreitete; Donnas Zwillingsschwester Nele, die als Lustsklavin von ihrer lesbischen Partnerin gehalten wurde und sogar anschaffen ging für sie; ihre Nachbarin Rebecca, die eindeutig ein Alkohol- und Drogenproblem hatte, aber jeder Entzugsversuch bisher gescheitert war und ihre Arbeitskollegin Felicia, die mit ihrem Stalker selbst mehr als genug zu tun hatte.
Nein, Claire musste sich eingestehen, dass es so eine Freundin zum Reden nicht in ihrem Leben gab.
Kurz überlegte Claire, einen Psychiater aufzusuchen, aber dieser würde nur Unmengen an Geld verlangen, welches sie schlichtweg nicht hatte.
Ihr nächster Gedanke ließ Claire schallend loslachen. Aber dieses Lachen hielt nicht lange an, sondern wurde von bitterlichem Schluchzen nahtlos abgelöst. Nein, zur Polizei konnte sie auch nicht gehen, denn selbst wenn Jayden wirklich all diese furchtbaren Verbrechen begangen hätte, wäre es trotzdem ihre Pflicht als Mutter, ihn zu beschützen. Und ja, dies würde sie auch immer tun!
???
Er hatte sich beeilt, von zu Hause wegzukommen. Alles dort nervte ihn nur noch.
Seine Laune war auf dem Nullpunkt, als er die Tür hinter sich zuzog, aber der Gedanke an seinen neu geschmiedeten Plan wirkte augenblicklich berauschend auf ihn, als er ihm wieder in den Sinn kam.
Leise schlich er die Treppenstufen zu ihrer Wohnung hinauf. Er wusste, dass sie nicht da sein würde. Ihren Schichtplan vom Krankenhaus kannte er auswendig. Auch die neugierige Nachbarin konnte ihm nicht in die Quere kommen, denn diese hatte er gesehen, wie sie wie jeden Mittwochnachmittag zum Einkaufen aufgebrochen war. Nun blieb ihm ein Zeitfenster von ungefähr anderthalb Stunden. Das musste reichen.
Mit geschickten Handgriffen knackte er das Schloss der Wohnungstür. Dass keine Alarmanlage vorhanden war, freute und wunderte ihn gleichermaßen.
Hier, in ihrer Wohnung, sah alles ganz anders aus, als er erwartet hatte. Irgendwie fehlte die Liebe zum Detail bei der Einrichtung. Doch diese Verfehlung würde er ihr nachsehen.
Er spürte die Bewegung in seinem mitgebrachten Beutel. Die Betäubung ließ also nach. Nun musste er sich langsam doch beeilen. Innerlich verfluchte er diesen Umstand, aber er wusste, dass es sein musste.
Verträumt verteilte er verwelkten Blätter auf dem Couchtisch und bettete dann die zuckende Katze darauf. Dieses Tier da so liegen zu sehen, war eine echte Premiere für ihn, und was er nun gleich vorhatte, auch. Mit einem gekonnten Schnitt mit dem Skalpell schnitt er die Kehle des noch immer halb betäubten Tieres durch und fing das Blut in einem Becher auf. Mit diesem Blut würde er gleich seine Nachricht schreiben. Sein Plan war wirklich genial!
Dann schlitzte er den Bauch der toten Katze auf, holte die Gedärme aus dem leblosen Körper des Tieres und verteilte anschließend das restliche Blut über ihm. Um sein Werk zu vollenden, zündete er rund um den Kadaver drei extra langbrennende Kerzen an.
Ja, genau so hatte er es sich in seiner Fantasie vorgestellt und so real war es sogar noch befriedigender geworden. Schade, dass er nicht dabeibleiben konnte. Wie gerne hätte er ihr Gesicht gesehen, wenn sie seine kleine Inszenierung in ihrer Wohnung entdeckte.
In seiner Vorstellung würde sie schreien und sich dabei die Hand vor den Mund schlagen. Sicher würde sie weinen. Augenblicklich spürte er seine Erektion anschwellen.
Diese Frau war einfach perfekt! Wäre er Gott, würden alle weiblichen Wesen aussehen wie sie. Aber leider war er nicht Gott, auch wenn er sich noch so sehr bemühte. Keine andere konnte je das Level der perfekten Vollkommenheit erreichen.
Doch er wusste, er müsse es langsam angehen. Wenn er zu schnell handelte, war seine Freude nur begrenzt. Und ja, er würde alles mit ihr genießen, aber erstmal mussten ihm seine Fantasien reichen.
Mit einem letzten Blick auf sein Meisterwerk verließ er wieder die Wohnung. Doch bevor er endgültig verschwand, versprühte er noch das Parfüm, das er eigenhändig für seine Göttin erschaffen hatte. Sie würde wissen, dass das alles hier von ihm kam.
Noch immer waren seine Gedanken in ihrer Wohnung, obwohl er schon seit Stunden in seinem Versteck war. Nach Hause wollte er auf gar keinen Fall.
Er begann seine Erektion zu reiben. Dabei dachte er an die Katze zurück. Er hatte sie schnell von ihren Leiden erlöst. Nein, Tierquälerei war nicht seins, aber es diente seinem Zweck und der Ausdruck in den Augen eines sterbenden Tieres war ähnlich dem eines Menschen, was ihn erfreute, denn er liebte diesen einzigartigen Schatten, der durch die Augen zuckte, wenn das Leben den Körper verließ. Er hatte sich seine Göttin dabei vorgestellt, wie sie ihn anbetteln würde, ihr nichts zu tun, wie es alle Weiber immer taten. Keine hatte je verstanden, dass sie selbst es waren, die ihn zu diesen Taten zwangen.
Ein Wimmern riss ihn aus seinen Gedanken. Ah, sie war also aus der Narkose erwacht. Eilig richtete er seine Hose und beachtete dabei sein steifes Glied nicht mehr.
Voller Vorfreude trat er in die kleine Kammer und betrachtete die nackte Frau, die panisch an ihren Fesseln zog. Dieser Anblick war so erregend.
Durch den Verband um ihren Kopf konnte die Frau nichts sehen und hatte ihn noch nicht bemerkt. Absichtlich stieß er gegen einen Eimer, der lautstark umfiel. Das Geräusch ließ die Gefesselte zusammenzucken.
„Wer ist da?“
Ihre Stimme war schrill, nicht so lieblich wie die seiner Göttin. Doch vielleicht war es auch nur die Angst. Behutsam streichelte er über ihre nackte Haut. Wieder zuckte sie zusammen.
„Bitte, wer ist da? Wo bin ich? Was wollen Sie von mir?“
Was er von ihr wollte? Dass sie zu SEINER Göttin werde. Doch dafür waren noch einige Veränderungen von Nöten. Eilig zog er einen Stift aus der Tasche und skizzierte schon einmal grob die offensichtlichen Dinge, die an dem Körper der Nackten nicht stimmten. Ihre Brüste waren zu groß und auch nicht fest genug und auch der Bauch musste gestrafft werden. Um die Details würde er sich dann später kümmern. Alles auf einmal konnte er sowieso nicht herrichten.
Ohne jede Eile trat er zu seiner Musikanlage und schaltete die bereits eingelegte CD ein. Wenige Augenblicke später durchfluten klassische Klavierklänge den kleinen Raum.
„Was soll das? Bitte reden Sie mit mir! Wer ist da?“
Er musste sie zum Schweigen bringen! Mit ihren Fragen und dieser schrillen Stimme ruinierte sie noch alles.
Gewissenhaft zog er eine Spritze auf und spritzte den Inhalt in die Kanüle in ihrer Hand. Augenblicklich verstummte die Frau. So war es eindeutig besser!
„Willkommen, Projekt 10!“
Sein Lachen klang fies durch den Kellerraum.
Er drehte die Musik lauter und nahm das Skalpell in die Hand. Es wurde Zeit, seinem Ziel näher zu kommen.
Felicia
Automatisch suchte Felicia mit ihren Augen die Straßen ab. Sie wusste genau, dass er irgendwo da draußen war und sie beobachtete. Wahrscheinlich machte dieser kranke Spinner auch wieder Fotos von ihr, die er ihr sicher bald wieder zuschicken würde.
Anrufe gab es dank der neuen Geheimnummer zum Glück keine mehr seit einigen Wochen, aber Briefe und Pakete erreichten sie weiterhin täglich. Manche Briefe waren geradezu liebevoll verfasst, beinhalteten schöne Gedichte oder Liebesbekundungen. Doch die Mehrheit von ihnen war angsteinflößend und grausam geschrieben.
Die Polizei hatte Felicia bestätigt, dass es sich immer um dieselbe Handschrift handelte. Nur warum waren die Briefe so verschieden? Genau wie die Inhalte der Päckchen. Mal waren es kleine Geschenke, wie zum Beispiel Schmuck, Konzertkarten und Blumen, oder aber, sie bekam kaputte Puppen und sogar tote Tiere zugeschickt.
Zweimal war sie nun schon umgezogen, aber immer hatte sie kurz danach wieder Post erhalten.
Felicia war es einfach leid, erneut umzuziehen, daher hatte sie für sich selbst beschlossen, ihre Lebensumstände mit diesem Unbekannten zu akzeptieren. An einigen Tagen gelang es ihr erstaunlich gut, ihn fast sogar ganz zu vergessen, aber oftmals litt sie sehr unter der Panik und der Angst, was wohl noch kommen möge.
Felicia war froh, endlich ihr Wohnhaus erreicht zu haben. Langsam schritt sie die Treppenstufen zu ihrer Wohnung empor und blieb wie angewurzelt auf der der obersten Stufe stehen, als sie ihre, einen Spalt geöffnete, Wohnungstür erblickte.
Kurz überlegte Felicia, ob sie womöglich vergessen hatte, die Tür zu verriegeln. Aber dies war schier unmöglich, da sie sich sicher war, dies am Morgen noch einmal überprüft zu haben.
Angst kroch durch ihre Glieder, trotzdem stieß sie mutig ihre Wohnungstür auf. Ein ihr bereits vertrauter Geruch stieg ihr sofort in die Nase. Ja, genau so rochen auch immer seine Briefe und Päckchen. Nun war sie sich sicher: Er war hier gewesen! Oder war er es womöglich immer noch? Leise schlich sie den Flur entlang, der sie in ihr üppiges Wohnzimmer führte.
Ein schriller Schrei entfuhr Felicias Kehle und sie torkelte vor Schreck zurück. Dies musste eindeutig ein schlechter Traum sein, nichts davon, was gerade geschah, konnte wirklich wahr sein, oder?
Plötzlich stieß sie an jemanden, der hinter ihr im Flur stand. Mit einem erneuten Schrei drehte sie sich hektisch um. Die Angst und die Panik standen ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
„Ich habe einen Schrei gehört und wollte nachschauen…“
Neugierig blickte Felicias Nachbarin ins Wohnzimmer und stoppte ihre Worte mitten im Satz, als sie die aufgeschlitzte Katze mitten auf dem Wohnzimmertisch erblickte.
„Ich rufe die Polizei!“
Mit diesen Worten eilte Ingrid Miller aus der Wohnung.
Felicia war nicht in der Lage, sich zu bewegen. Wie hypnotisiert starrte sie die mit Blut an die Wand geschmierten Worte an: Bald bist du mein!
„Die Tür wurde offensichtlich nicht aufgebrochen. Sie sind sich sicher, dass niemand einen Zweitschlüssel hat?“
Noch immer wie in Trance nickte Felicia dem Police Officer zu. Der Polizist, ein muskulöser, mürrisch dreinschauender Kerl, machte sich Notizen und blickte dann prüfend auf Felicia herab, die sich kraftlos auf den Boden neben der Wohnzimmertür mit angezogenen Knien zusammengekauert hatte.
„Und Sie wissen auch nicht, wer das getan haben könnte?“
Tränen liefen über Felicias Wangen. Was für ein Alptraum!
„Vielleicht ein wütender Ex-Mann?“
Plötzlich spürte Felicia die Wut in sich aufkommen.
„Seit über vier Jahren geht das nun schon! Seit über vier Jahren bin ich Stammkundin in Ihrem Polizeirevier, mache eine Anzeige nach der anderen. Und was hat es mir gebracht? Es wird immer schlimmer! Scheinbar beherrscht niemand bei Ihnen seinen Job! Wenn ich wüsste, wer all den kranken Scheiß macht, hätte ich nicht Sie gerufen, sondern einen Auftragskiller!“
Wutentbrannt war Felicia aufgesprungen. Sie schrie ihre Worte und funkelte dabei Officer McBlance böse an. Dieser hob beschwichtigend die Hände.
„Okay, ich verstehe Sie ja, Miss Sun! Es ist nur so, wir kommen in Ihrem Fall einfach nicht weiter.“
„Ach, ehrlich? Das ist mir ja noch gar nicht aufgefallen!“
Der Sarkasmus in ihrer Stimme war unüberhörbar, aber der Officer ignorierte ihn geflissentlich.
„Gut, fangen wir doch noch einmal von vorne an. Und bitte seien Sie etwas umsichtig mit mir, ich habe Ihren Fall erst heute Abend auf den Schreibtisch bekommen.“
Erwartungsvoll blickte der Polizist Felicia an, die müde nickte.
„Wollen wir uns nicht erst einmal setzen?“
Voller Abscheu schaute Felicia noch einmal den blutverschmierten Tisch an. Die Katze hatte die Spurensicherung zum Glück schon mitgenommen.
„Kaffee?“
„Sehr gerne, Miss Sun! Danke!“
„Also, es begann alles mit einer Lieferung roter Rosen. Es war eine kleine Karte dabei gewesen: ‘Für die schönste Frau der ganzen Welt!‘ Selbstverständlich hatte ich mich geschmeichelt gefühlt, aber egal wen ich fragte, von niemanden kam das Geschenk. Darauf folgten immer mehr Geschenke und Briefe. Schon damals war mir dieser Geruch aufgefallen…“
„Was für ein Geruch?“
„Ich weiß nicht, so ein eigenartiger. Weder gut noch schlecht. So roch es vorhin auch, als ich in den Flur trat.“
„Wurde das im Labor untersucht?“
„Keine Ahnung!“
„Okay, das werde ich in Erfahrung bringen. Bitte fahren Sie fort!“
„Also, weil ich immer noch nicht wusste, von wem die Briefe und Geschenke kamen, hatte ich mich an die Zeitung gewandt, um meinem Rosenkavalier zu danken und vielleicht sogar zu finden. Aber niemand meldete sich. Dann lagen plötzlich Fotos in den Briefumschlägen. Fotos, die alle mich zeigten. Das war das erste Mal, dass ich es mit der Angst zu tun bekam und ich wandte mich an die Polizei. Doch laut des Polizisten lag kein Verbrechen vor, wenn jemand von mir Fotos machte und mir Geschenke schickte. An diesem Abend erhielt ich den ersten Anruf. Es war ein Mann. Normale Stimme, kein Akzent. Er fragte nur, warum ich zur Polizei gegangen sei. Mehr nicht.“
Müde rieb sich Felicia übers Gesicht. McBlance sah ihr deutlich an, wie schwer es ihr fiel, ihm alles zu erzählen.
„Am darauffolgenden Tag kam der erste Brief an, in dem er mich als ‘undankbare Hure‘ beschimpfte und im nächsten Paket lag eine tote Ratte. Beides brachte ich wieder aufs Polizeirevier und wieder wurde ich quasi einfach nur weggeschickt. Jeden Tag bekam ich irgendeine Lieferung. Also hatte ich mir ein neues Apartment gesucht, aber auch dort bekam ich Post. Mal nette Briefe und Geschenke, mal Drohungen und Beschimpfungen und in den Paketen waren tote Tiere, zerstückelte Puppen, Tierkot, Insekten. In jedem dieser unschönen Briefe oder Pakete, ich meine die mit den furchtbaren Inhalten, stand immer dieselbe Nachricht:“
Bedeutungsvoll drehte sich Felicia um und zeigte auf die rote Schrift an der Wand.
„‘Bald bist du mein!‘ Mein Telefon klingelte oftmals stundenlang, ohne dass sich jemanden meldete, wenn ich den Hörer abnahm. Ich hörte immer nur den Atem des Anrufers. Und natürlich kamen immer mehr Fotos von mir: Beim Einkaufen, bei der Arbeit, mit Freunden. Er scheint immer irgendwie in meiner Nähe gewesen zu sein. Es ist einfach alles so schrecklich!“
Felicia begann heftig zu schluchzen. Ihre Kraft drohte abzubrechen.
„Ich weiß, es ist schwer für Sie!“
Aufmunternd tätschelte Officer McBlance Felicias Hand und lächelte ihr zu.
Es war wie Balsam für ihre Seele. Endlich hörte ihr jemand zu. Also straffte Felicia ihre Schultern und nippte an ihrem kalten Kaffee, der wirklich furchtbar schmeckte.
„Nachdem ich wieder bei der Polizei gewesen war und mir dort bestätigt wurde, dass es sich bei allen Nachrichten um dieselbe Handschrift handelte, hatte ich eine Geheimnummer bei der Telefongesellschaft geordert und mir diese Wohnung gesucht. Anrufe kamen seither zum Glück keine mehr, aber weiterhin Briefe und Pakete. Und nun dies…“
Felicia deutete auf den blutverschmierten Tisch und Officer McBlance wusste, was sie meinte, ohne dass sie es laut aussprechen musste.
„War das Ihre Katze?“
„Nein!“
„Hmmm, verstehe.“
„Wirklich?“
Skeptisch musterte Felicia den Polizisten ihr gegenüber.
„Leider nein, aber ich verspreche Ihnen, dass ich Ihren Fall ab sofort ernster nehme, als das scheinbar meine Kollegen in der Vergangenheit getan haben! Trotzdem kann ich Ihnen nur ans Herz legen, über Personenschutz nachzudenken.“
„Und wie soll ich so jemanden von meinem Krankenschwesterngehalt bezahlen?“
Umständlich kramte Officer McBlance in seiner Jackeninnentasche nach einem Stift und einer Visitenkarte, auf der er etwas notierte. Dann reichte er Felicia die kleine Karte.
„Hier, wenn etwas ist, rufen Sie mich an, egal zu welcher Uhrzeit! Und das ist die Nummer eines Freundes, der Ihnen sicher helfen kann.“
Barney
So eine Frau wie Felicia Sun hatte er noch nie getroffen. Bildschön, aber eindeutig eine der Frauen, die sich ihrer Schönheit und Wirkung auf Männer gar nicht bewusst war. Als er sie das erste Mal sah, schob sie sich gerade eine ihrer blonden Haarsträhnen hinters Ohr und lächelte ihn schüchtern an. Sofort war es um ihn geschehen. Eigentlich müsste er väterliche Gefühle für sie hegen, war sie doch höchstens halb so jung wie er, aber er fühlte sich sofort auch körperlich zu ihr hingezogen. Und nicht nur das, der ganze Fall reizte ihn aufs äußerste.
Dass Charly McBlance ihn empfohlen hatte, ehrte ihn sehr. Für Barney war seit Felicias Anruf klar, dass er alles dafür tun würde, um dieser jungen Frau zu helfen. Das war er seinem alten Freund schuldig, wo dieser ihm doch schon so oft den Arsch gerettet hatte.
Seine Gedanken schweiften immer wieder ab. „Konzentriere dich jetzt endlich O‘Neill!“, schimpfte er gedanklich sich selbst. Was war er, ein liebestoller Teeny? So ging das einfach nicht mehr weiter!
Laut schnaufend erhob Barney seinen fülligen Körper und schlürfte in die Küche. Whisky würde jetzt seine Nerven beruhigen, aber da es erst früh am Morgen war, entschied er sich für Kaffee.
Zurück an seinem Schreibtisch studierte er noch einmal Felicias Akte und machte sich am Rand Notizen, welche Sicherheitsvorkehrungen unbedingt getroffen werden mussten.
Es wurde bereits dunkel, als Barney bei Felicia Suns Wohnung ankam. Er hatte alles dabei, was er fürs Erste benötigen würde. Nachdem er das Sicherheitsschloss und eine alte, aber noch funktionstüchtige Alarmanlage montiert hatte, setzte er sich zu Felicia aufs Sofa und betrachtete das heute eingetroffenen Foto. Es zeigte Felicia beim Shoppen mit ihrer Arbeitskollegin Claire.
„Wissen Sie noch, an welchem Tag das war?“
Felicia schüttelte verneinend den Kopf. Sie schien wie erstarrt.
„Ich weiß, dass das schwer für Sie ist, aber bitte überlegen Sie noch einmal.“
Umständlich zog Felicia ihren Terminkalender aus ihrer Handtasche und blätterte mit zitternden Fingern darin herum.
„Das muss vor zwei Wochen gewesen sein, vor dem Spätdienst.“
Gedankenverloren drehte Felicia das Bild um und wurde urplötzlich weiß wie eine Kalkwand.
Barney, dem Felicias Veränderung nicht entging, nahm ihr das Foto aus den eiskalten Händen und studierte die geschriebenen Worte: Deine Haare… Warum hast du das nur gemacht?
„Was könnte er damit meinen?“
„Ich war gestern spontan beim Frisör.“
„Oh!“
Mehr fiel Barney dazu nicht ein. Diese Frau stand scheinbar wirklich immer unter Beobachtung.
Augenblicklich wurde Barney klar, dass er ihr alleine nicht helfen konnte. Was Felicia Sun brauchte, war eine vierundzwanzig Stunden Bewachung und das sieben Tage in der Woche, ohne Ausnahme. Doch solche Schutzmaßnahmen waren teuer, das wusste er und ganz ohne finanzielle Hilfe konnte auch er nichts für sie tun.
Er brauchte einen Plan B! Doch wen könnte er als Geldgeber gewinnen? Gab es da nicht Stiftungen, die den Opfern halfen? Oder so etwas wie Zeugenschutzprogramme? Doch Felicia Sun war weder eine Zeugin, noch ein richtiges Opfer, denn so lange nichts passierte, war die Polizei machtlos. Und auch war das ganz sicher noch kein Fall für das FBI, erst müsste schlimmeres passieren, als eine tote Katze und unzählige Briefe. Doch dann war es sicher für Felicia schon längst zu spät, vermutete Barney.
Frustriert raufte er sich sein bereits ergrautes schütteres Haar. Sicher konnte er ein paar Gefallen von seinen Kollegen einfordern, aber das würde einfach nicht genug sein.
In der Nacht kam ihm die zündende Idee. Er hatte vor einigen Jahren einem Milliardär das Leben gerettet und dieser schuldete ihm noch einen Gefallen. Barney war sich selbst nicht sicher, warum er unbedingt dieser Felicia helfen wollte, aber Fakt war, er wollte es mit jeder Faser seines Körpers.
???
Stolz betrachtete er sein Werk. Ja, die Perfektion schien zum Greifen nahe. Nur noch wenige Änderungen und er hatte es geschafft.
Geradezu zärtlich streichelte er über die winzig kleinen Narben an ihrem Körper, die seine Veränderungen quittierten und eine Welle von Hochmut durchströmte ihn, als er bemerkte, dass sein Projekt 7 bei seiner Berührung nicht wie sonst zusammenzuckte. Es bestand also wirklich Hoffnung!
„Wirst du mir ein gutes Weib sein und tun, was ich sage?“
Sein Dreitagebart kratzte grob am Ohr der jungen Frau und seine raue Stimme ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Ängstlich nickte sie und traute sich dabei nicht, ihren Peiniger anzusehen.
„Gut! Dann werde ich jetzt deine Fesseln lösen. Aber denke nicht einmal daran, abzuhauen! Das Halsband, das du trägst, sendet Signale. Damit weiß ich nicht nur, wo du bist, sondern wenn du dich entfernst, kommen Stromstöße, die mit jedem Meter, den du dich entfernst, heftiger werden. Bist du zu weit gegangen, explodiert es. Nimmst du es ab, explodiert es auch. Kapiert?“
Seine Worte ließen sie fast ohnmächtig werden. Nur mit Mühe brachte sie ein erneutes Nicken zustande.
„Okay, meine Schöne, dann wollen wir mal!“
Mit aller Ruhe zerschnitt er die Kabelbinder, die ihre Hand- und Fußgelenke an das Bett fesselten.
Die Gelenke der Frau schmerzten und sie rieb augenblicklich die blutunterlaufenden Striemen.
„Wenn du machst, was ich sage, verspreche ich dir, dir nicht weh zu tun. Versagst du dich mir allerdings, wird es mir eine Freude sein, dich zu maßregeln. Ich bin kein reiner Sadist, aber ich foltere gern. Merk dir das! Und nun blas!“
Sein Ton ließ keinen Widerspruch zu und instinktiv wusste die Frau, dass sie gehorchen musste, wenn sie überleben wollte. Angeekelt nahm sie seinen harten Penis in den Mund und ertrug tapfer, was er von ihr verlangte.
Ein spitzer Schrei entfuhr ihrer Kehle, als sie ihr Gesicht im Spiegel erspähte. Großer Gott, was hatte er mit ihrem Gesicht gemacht? Sie sah aus wie…
Sie wusste nicht, wie wer sie jetzt aussah. Ihre Wangenknochen saßen höher, ihre etwas zu große Nase war nun eine zarte Stupsnase, ihre Lippen waren voller, ihre Stirn war glatt und faltenlos, ihre Augen wirkten größer und ihre Haare waren bedeutend kürzer als vorher mit mehr blonden Strähnen. Vorsichtig betrachtete sie den Rest ihres nackten Körpers. Ihre Brüste waren deutlich praller und ihr Bauch und Hinterteil um einiges dünner. Da war ein wahrer Meister am Werk gewesen, das konnte sie sofort erkennen und die kleinen zarten Narben würden sicher auch bald nur noch erahnbar sein.
Nachdem sie den ersten Schock überstanden hatte, musste sie zugeben, dass ihr ihr Spiegelbild sehr gefiel. Augenblicklich fühlte sie sich sexy und war dem Schöpfer ihres neuen Aussehens dankbar.
Doch so schnell wie sie das Hochgefühl durchströmt hatte, folgte sogleich Scham. Wie konnte sie einem Mann dankbar sein, der sie verschleppt hatte, sie gegen ihren Willen festhielt, sie etliche Male operiert hatte und sie jeden Tag mehrfach missbrauchte? Zudem musste sie doch immer um ihr Wohl und ihr Leben fürchten. Diese kontroversen Gefühle setzten ihr wirklich sehr zu. Was sollte sie denn nur machen?
Erschöpft legte sich die verängstigte Frau in das Bett, das mitten im Raum stand, und weinte sich leise in den Schlaf.
Felicia
Es kam ihr vor wie eine realgewordene Filmszene. Dieser Barney O’Neill war ein wahrer Zauberkünstler. Anders konnte sich Felicia nicht erklären, dass dieser Mann geschafft hatte, eine vierundzwanzig Stunden Bewachung für sie zu organisieren, ohne dass sie auch nur einen Penny beisteuern musste. Bei Gelegenheit musste sie sich erkenntlich zeigen, nur wusste sie noch nicht genau wie. Vielleicht würde sie ja etwas bei ihren Weihnachtseinkäufen für Barney entdecken.
Gerade war sie mit Sally, eine von Barneys ausgesuchten Personenschützern, unterwegs zur Manhattan Mall. Wenn sie in diesem Einkaufszentrum nicht fündig werden sollte, standen die Sterne schlecht, überhaupt etwas für Barney zu finden. Aber so pessimistisch wollte Felicia erst gar nicht denken.
Mit Sally shoppen zu gehen, war eine gelungene Abwechslung, denn die hochgewachsene Blondine hatte eindeutig Stil und einen guten Geschmack.
„Hier, Miss Sun, probieren Sie das an. Das steht Ihnen sicher ausgezeichnet.“
Breitgrinsend hielt Sally ein dunkelblaues Cocktailkleid in die Luft, das so atemberaubend schön aussah, dass Felicia buchstäblich die Luft wegblieb.
„Meinen Sie wirklich?“
Die Blondine nickte ihr tatkräftig entgegen und ehe sich Felicia versah, stand sie auch schon mit dem Kleid in der Anprobe.
Das Kleid passte wie angegossen und Felicia drehte sich bewundernd vor dem Spiegel hin und her.
„Ich wusste doch, dass es Ihnen steht, Miss Sun.“
Noch einmal lächelte Felicia ihrem Spiegelbild entgegen und ging dann in die Ankleidekabine zurück. Als sie wieder herauskam, hängte sie schweren Herzens das Kleid zurück an seinen Platz.
„Sie kaufen es nicht, Miss Sun?“
Verwundert blieb Sally stehen.
„Dafür habe ich im Moment kein Geld.“
Schulterzuckend und mit erhobenem Kopf schritt Felicia an Sally vorbei in Richtung Ausgang. Diese musterte sie von unten bis oben, sagte aber kein Wort.