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Licht gegen Dunkelheit, Gut gegen Böse – das letzte Duell steht bevor.
Endlich kennt der junge Garion seine Bestimmung: Er muss in einem Duell den finsteren Gott Torak besiegen. Doch ihn überkommen Angst und Zweifel. Das ist einfach zu viel für ihn. Wie soll er, ein einfacher Bauernjunge, gegen einen Gott bestehen? Zum Glück ist er nicht allein. Das Auge Aldurs, ein mächtiges magisches Juwel, und seine Freunde stehen ihm bei. Und natürlich sein Großvater, der Magier Belgarath – genannt »der Ewige« …
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Seitenzahl: 559
Veröffentlichungsjahr: 2020
Buch
Endlich kennt der junge Garion seine Bestimmung: Er muss in einem Duell den finsteren Gott Torak besiegen. Doch ihn überkommen Angst und Zweifel. Das ist einfach zu viel für ihn. Wie soll er, ein einfacher Bauernjunge, gegen einen Gott bestehen? Zum Glück ist er nicht allein. Das Auge Aldurs, ein mächtiges magisches Juwel, und seine Freunde stehen ihm bei. Und natürlich sein Großvater, der Magier Belgarath – genannt »der Ewige« …
Autor
David Eddings wurde 1931 in Spokane im US-Bundesstaat Washington geboren. Während seines Dienstes für die US-Streitkräfte erwarb er einen Bachelor of Arts und einige Jahre darauf einen Master of Arts an der University of Washington. Bevor er 1982 seinen ersten großen Roman, Belgariad – Die Gefährten, veröffentlichte, arbeitete er für den Flugzeughersteller Boeing. Im Jahr 2009 starb er in Caron City, Nevada.
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DAVID EDDINGS
DER EWIGE
ROMAN
DEUTSCH VON IRMHILD HÜBNER
Die Originalausgabe erschien 1982 unter dem Titel »Enchanters’ End Game (Book 5 of The Belgariad)« bei DelRey, New York.
Dieser Roman ist bereits unter dem Titel Verwunschenes Endspiel im Knaur-Verlag und unter dem Titel Duell der Zauberer im Bastei-Lübbe-Verlag erschienen. Er wurde komplett überarbeitet.
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Copyright der Originalausgabe © 1984 by David Eddings
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2020 by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München
Redaktion: Waltraud Horbas
Umschlaggestaltung und -illustration: © Melanie Korte, Inkcraft
Karten: © Andreas Hancock
HK · Herstellung: sam
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-26164-1V001
www.blanvalet.de
Für Leigh, meine geliebte Frau, deren Hände und Gedanken jede Seite berührt haben, und die mir bei diesem Projekt beigestanden hat, wie bei allem, was ich tue
Ein Bericht über die Anfänge – und unterschiedlichen Enden
Auszüge aus dem Buch Torak*
Hört mich an, Angarakaner, denn ich bin Torak, Herr der Herren und König der Könige. Verneigt Euch vor meinem Namen, betet mich an und bringt mir Opfer dar, denn ich bin Euer Gott und herrsche über alle Reiche Angaraks. Und mein Zorn wird fürchterlich sein, solltet Ihr mein Missfallen erregen.
Ich war, noch ehe die Welt erschaffen wurde. Ich werde sein, wenn die Berge wieder zu Staub zerfallen sind, wenn die Meere sich in stehende Tümpel verwandelt haben und die Welt vergangen ist. Denn ich war vor Anbeginn der Zeit und werde auch am Ende aller Zeiten sein.
Aus den zeitlosen Reichen der Unendlichkeit habe ich in die Zukunft geblickt, und ich erkannte, dass es zwei Schicksale gab, die durch die endlosen Pfade der Ewigkeit aufeinander zusteuern. Jedes Schicksal ist absolut, und in der letzten Begegnung wird alles, was getrennt war, wieder vereint werden. In diesem Augenblick soll alles, was war, alles, was ist, und alles, was sein wird, einem Sinn und einem Ziel zugeordnet werden.
Wegen dieser Vision brachte ich meine sechs Brüder dazu, sich die Hände zu reichen, um alles zu erschaffen, was ist, und so die Erfordernisse der beiden Schicksale zu erfüllen. Wir haben die Umlaufbahnen von Mond und Sonne bestimmt und diese Welt erschaffen. Alsdann schmückten wir die Welt mit Wäldern und Gräsern und schufen Tiere, Vögel und Fische, um das Land, das Wasser und die Luft mit Leben zu erfüllen.
Aber unser Vater empfand keine Freude bei unserem Tun. Er wandte sich ab von unserem Werk, um über das Absolute zu sinnen. Allein ging ich in die Berge von Korim, die nicht mehr sind. Ich rief ihn an, er möge meine Schöpfung annehmen. Aber er wies mein Werk zurück und wandte sich von mir ab. Da verhärtete sich mein Herz, und ich verließ jenen Ort, von nun an für alle Zeiten vaterlos.
Wieder hielt ich Rat mit meinen Brüdern, und wir reichten uns die Hände und erschufen den Menschen als Werkzeug unseres Willens. Wir schufen viele unterschiedliche Völker. Und jedes Volk sollte einen von uns zum Gott wählen. Die Völker trafen ihre Wahl, und einzig Aldur wurde von keinem Volk gewählt, denn er war immer eigensinnig und unzufrieden, sodass wir ihm nicht die Herrschaft übertrugen. Dann zog Aldur sich von uns zurück und versuchte, unsere Diener mit Zaubersprüchen von uns fortzulocken. Aber es gab nur wenige, die ihm folgten.
Meine Völker nannten sich Angarakaner. Ich war zufrieden mit ihrem Tun und führte sie in die Berge von Korim, die heute nicht mehr sind. Dort enthüllte ich ihnen die Gründe, warum ich die Welt ins Leben gerufen hatte.
Sie verehrten mich mit Gebeten und brachten mir Brandopfer dar. Ich segnete sie, und sie gediehen und vermehrten sich. In ihrer Dankbarkeit errichteten sie mir einen Altar, auf dem sie mir die schönsten Mädchen und ihre tapfersten Jünglinge opferten. Und ich war erfreut und segnete sie wieder, sodass sie besser als die anderen Völker gediehen und ihre Zahl unermesslich wurde.
Da füllte sich Aldurs Herz mit Neid auf die Verehrung, die mir zuteilwurde, und Hass wuchs in ihm. In den Tiefen seiner Seele verschwor er sich gegen mich, und er nahm einen Stein und hauchte ihm Leben ein, auf dass dieser meine Pläne vereiteln solle. Und mit diesem Stein suchte er Macht über mich zu gewinnen. Aus diesem Grunde wurde Cthrag Yaska geschaffen. Und ewige Feindschaft war besiegelt zwischen Cthrag Yaska und mir. Aldur saß abseits mit jenen, die er seine Schüler nannte, und sann darüber nach, wie der Stein ihm zur Macht verhelfen konnte.
Ich sah, dass Aldur durch den verfluchten Stein mir und meinen Brüdern entfremdet wurde. Und ich ging zu Aldur und machte ihm Vorwürfe und bat ihn, die böse Verzauberung von dem Stein zu nehmen wie auch das Leben, das er ihm eingehaucht hatte. Dies tat ich, weil ich hoffte, dass Aldur seinen Brüdern wieder näher kommen möge. Ja, ich weinte sogar und erniedrigte mich vor ihm. Aber der böse Stein hatte schon Macht über Aldurs Seele gewonnen und sein Herz gegen mich verhärtet. Ich sah, dass der Stein, den Aldur geschaffen hatte, meinen Bruder für immer zum Sklaven machen würde. Und er sprach voll Verachtung zu mir und wollte mich fortjagen. Aus Liebe zu ihm und um ihn vor dem bösen Schicksal zu bewahren, das mir die Vision enthüllt hatte, schlug ich meinen Bruder Aldur nieder und nahm den verfluchten Stein an mich. Und ich trug Cthrag Yaska davon, um ihm meinen Willen aufzuzwingen und seiner Niedertracht und dem Bösen, für das er geschaffen war, Einhalt zu gebieten. So habe ich die Bürde dessen, was Aldur getan hatte, auf meine Schultern geladen.
Aldur zürnte mir. Er ging zu unseren Brüdern und verbreitete Lügen über mich. Und sie alle kamen und sprachen herablassend zu mir und forderten, dass ich Aldur den Stein zurückgeben sollte, der seine Seele verwirrt und den ich an mich genommen hatte, um ihn von dem bösen Zauber zu befreien. Aber ich weigerte mich. So rüsteten sie sich zum Krieg. Der Himmel war schwarz vom Rauch der Essen, als die Völker Waffen aus Eisen schmiedeten, um die Erde mit dem Blut meiner Angarakaner zu tränken.
Kaum ein Jahr war vergangen, da marschierten ihre Heere in die Länder meiner Völker ein, und meine Brüder marschierten drohend an der Spitze ihrer Heerscharen.
Nun war ich nicht willens, die Hand gegen sie zu erheben. Und doch konnte ich nicht zulassen, dass sie die Länder meiner Völker verwüsteten oder das Blut der Menschen vergossen, die mich verehrten, wenngleich ich auch wusste, dass aus einem Krieg zwischen meinen Brüdern und mir nur Unheil erwachsen konnte. In einem derartigen Kampf mussten sich die beiden Schicksale, die ich vorhergesehen hatte, vor der Zeit treffen, und das Universum würde bei dieser Begegnung zerfallen.
Und so wählte ich, was ich fürchtete, und doch weniger Unheil bringen würde als die Gefahr, die ich vorhersah. Ich nahm den verfluchten Cthrag Yaska und hob ihn gegen die Erde selbst. In mir ruhte das Ziel des einen Schicksals, während das Ziel des anderen in dem Stein lag, den Aldur erschaffen hatte. Das Gewicht all dessen, was war und was sein würde, lastete auf uns, und die Erde vermochte diese Last nicht zu tragen. Die Erdkruste zu meinen Füßen zerbarst, und das Meer strömte ins trockene Land. So wurden die Völker voneinander getrennt, auf dass sie nicht zusammenkommen und ihr Blut vergießen konnten.
Aber das Böse, das Aldur in den Stein gewirkt hatte, versengte mich mit Feuer, als ich ihn hob, um die Welt zu spalten und Blutvergießen zu vermeiden. Noch als ich meinen Befehl sprach, brach aus dem Stein ein schreckliches Feuer hervor. Die Hand, in der ich den Stein hielt, wurde von den Flammen verzehrt, und das Auge, mit dem ich ihn anblickte, wurde geblendet. Feuer entstellte eine Seite meines Gesichts. Und ich, einst der schönste unter meinen Brüdern, war nun in den Augen aller schrecklich anzusehen. Ich musste mein Gesicht unter einer Maske aus Stahl verbergen, auf dass sie sich nicht gänzlich von mir fernhielten.
Zorn erfüllte mich über das Böse, das man mir angetan hatte, und Schmerz loderte in mir, der erst dann gelindert werden würde, wenn der schreckliche Stein von dem Bösen befreit wurde.
Aber das dunkle Meer stand zwischen meinem Volk und jenen, die gegen es ziehen wollten, und meine Feinde flohen voll Entsetzen vor dem, was ich getan hatte. Selbst meine Brüder flohen vor der Welt, die wir geschaffen hatten, denn sie wagten nicht länger, sich gegen mich zu erheben. Doch in geistiger Form hielten sie die Verbindung mit ihren Anhängern aufrecht.
Dann brachte ich mein Volk in die Ödnis von Mallorea, und dort ließ ich an einem geschützten Platz eine mächtige Stadt errichten. Man nannte sie Cthol Mishrak, zur Erinnerung an die Leiden, die ich für mein Volk erduldet hatte. Ich verbarg die Stadt unter einer Wolke, die immerfort darüber schweben sollte.
Dann ließ ich eine eiserne Schatulle schmieden, und in ihr barg ich Cthrag Yaska, auf dass der böse Stein, der Leben zerstören konnte, auf ewig gefangen wäre. Tausend und noch einmal tausend Jahre lang rang ich mit dem Stein, um den Fluch des Bösen von ihm zu nehmen, mit dem Aldur ihn belegt hatte. Groß waren die Zauberkräfte und Worte der Macht, die ich für den unbeugsamen Stein gebrauchte, und doch brannte das finstere Feuer, wenn ich mich ihm näherte. Ich fühlte, dass sein Fluch noch immer auf der Welt lastete.
Dann verschwor Belar, der jüngste und unbesonnenste von meinen Brüdern, sich mit Aldur gegen mich, dessen Seele noch immer voll Hass und Eifersucht gegen mich war. Und Belar sprach im Geiste zu seinem ungehobelten Volk, den Alornern, und hetzte sie gegen mich auf. Der Geist Aldurs schickte Belgarath, den Schüler, dem er seinen Hass am tiefsten eingepflanzt hatte, um sich mit ihnen zu vereinen. Und der üble Rat Belgaraths überzeugte Cherek, den Anführer der Alorner, und seine drei Söhne.
Durch böse Zauberei überwanden sie die Barriere des Meeres, die ich geschaffen hatte, und kamen wie Diebe in der Nacht nach Cthol Mishrak. Heimlich und verstohlen schlichen sie durch meinen eisernen Turm zu der Schatulle, die den unheilvollen Stein barg.
Der jüngste Sohn Chereks, den die Menschen Riva Eisenfaust nannten, war so in Zauberei und Bannsprüche eingewoben, dass er den verfluchten Stein an sich nehmen konnte, ohne zugrunde zu gehen. Und sie flohen damit gen Westen.
Mit meinen Kriegern verfolgte ich sie, auf dass der Fluch Cthrag Yaskas nicht noch einmal auf das Land losgelassen werde. Aber jener, den sie Riva nannten, erhob den Stein, entfesselte sein schreckliches Feuer und zwang mein Volk zur Flucht. Und so entkamen die Diebe und trugen das Böse des Steins in die Länder des Westens.
Darauf riss ich die mächtige Stadt Mishrak nieder, sodass mein Volk aus ihren Ruinen fliehen musste. Und ich teilte die Angarakaner in Stämme auf. Die Nadraker schickte ich nach Norden, um den Weg zu bewachen, über den die Diebe gekommen waren. Die Thulls mit ihren breiten Rücken, um Lasten zu tragen, schickte ich in das Land der Mitte. Die Murgos, das wildeste meiner Völker, schickte ich nach Süden. Und das zahlreichste behielt ich bei mir in Mallorea, damit es mir dienen und sich vermehren konnte bis zu dem Tag, an dem ich eine Armee im Kampf gegen den Westen brauchen würde.
Über all diese Völker setzte ich die Grolim und unterwies sie in Zauberkünsten und Hexerei, auf dass sie meine Priester wurden und über den Eifer der anderen wachten. Ich befahl ihnen, das Feuer auf meinen Altären in Gang zu halten und mir stetig Opfer zu bringen.
Belgarath hatte in seiner Bösartigkeit Riva mit dem verfluchten Stein den Auftrag gegeben, über eine Insel im Meer der Stürme zu herrschen. Dort ließ Belar zwei Sterne vom Himmel fallen. Aus diesen schmiedete Riva ein Schwert und setzte Cthrag Yaska auf seinen Knauf.
Und als Riva dieses Schwert ergriff, erbebte das Universum, und ich schrie auf, denn meine Vision hatte mir vieles enthüllt, das bislang verborgen gewesen war. Ich sah, dass Belgaraths zauberkundige Tochter zu gegebener Zeit meine Braut sein würde, und mein Herz füllte sich mit Freude. Aber ich sah auch, dass aus Rivas Lenden ein Kind des Lichts entspringen sollte, ein Werkzeug des Schicksals, das meinem Ziel entgegenstand. Der Tag wird kommen, an dem ich aus meinem langen Schlaf erwachen werde, um vor dem Schwert zu stehen, das das Kind des Lichts in Händen hält. An diesem Tag werden die beiden Schicksale aufeinanderprallen, und es wird nur einen Sieger geben und fortan nur ein Schicksal. Doch es wurde mir nicht enthüllt, welches.
Lange habe ich über diese Vision nachgesonnen, aber mehr wurde mir nicht enthüllt. Tausend Jahre und mehr vergingen. Dann rief ich Zedar zu mir, einen weisen und gerechten Mann, der vor den bösen Lehren Aldurs geflohen war, um mir seine Dienste anzubieten. Ich schickte ihn an den Hof des Schlangenvolkes, das in den Sümpfen des Westens lebt. Sein Gott ist Issa, aber er war schon immer faul und schlief und überließ seine Kinder, die sich Ny-Issaner nannten, einzig der Herrschaft einer Königin. Zedar machte ihr Angebote, die ihr gefielen. Und so schickte sie Mörder als Gesandte an den Hof von Rivas Nachkommen. Sie erschlugen alle aus seinem Hause, außer einem Kind, das es vorzog, sich im Meer zu ertränken.
Hier irrte also die Vision, denn wie kann ein Kind des Lichts geboren werden, wenn es niemanden mehr gibt, der es austragen kann? Und so habe ich dafür gesorgt, dass meinem Ziel gedient wird und die Bösartigkeit Aldurs und seiner Brüder nicht die Welt zerstören kann, die ich ins Leben gerufen habe.
Die Königreiche des Westens, die auf den betrügerischen Rat von bösen Göttern und Zauberern hören, werden zu Staub zerfallen. Und ich werde jene verheeren, die mich verleugnen und zugrunde richten wollen. Ich werde ihre Leiden vervielfachen. Sie sollen in den Staub gedrückt werden, vor mir auf die Knie fallen und sich als Opfer für meine Altäre anbieten.
Die Zeit wird kommen, da ich über die ganze Erde herrschen werde und alle Völker mich verehren.
Hört mich, Ihr Völker, und fürchtet mich. Beugt Euch vor mir und betet mich an. Denn ich bin Torak, für alle Zeiten König der Könige, Herr der Herren, und alleiniger Gott dieser Welt, die ich erschaffen ließ.
* Diese Version, die aus dem Buch Torakstammen soll, ist eine von mehreren Varianten, die unter den Nadrakern verbreitet war. Da nur die höchsten Grolim Zugang zu offiziellen Abschriften des Werks hatten, kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Version authentisch ist, wenn auch inhaltliche Beweise dies durchaus nahelegen. Die Bibliothek König Anhegs von Cherek soll eine echte Abschrift enthalten, diese stand jedoch nicht für einen Vergleich zur Verfügung. Anmerkung des Herausgebers
GAR OG NADRAK
Garion fand, dass die Glocken der Maultiere einen ausgesprochen klagenden Ton hatten. Ein Maultier an sich war ohnehin nicht gerade ein liebenswertes Tier, doch seine Gangart hatte etwas an sich, das der Glocke um seinen Hals einen kummervollen Klang verlieh. Die Maultiere waren Eigentum des drasnischen Kaufmanns Mulger, eines mageren Mannes mit stechendem Blick und grüner Weste, der Garion, Silk und Belgarath gegen ein Entgelt gestattet hatte, sich ihm auf seiner Reise nach Gar og Nadrak anzuschließen. Mulgers Maultiere waren mit Handelsware beladen, und Mulger selbst schien ein Bündel aus Vorurteilen und vorgefassten Meinungen mit sich herumzuschleppen, das annähernd so schwer sein musste wie die Last seiner hochbepackten Tiere. Silk und der Kaufmann hatten sich vom ersten Augenblick an nicht leiden können, und Silk vertrieb sich die Zeit damit, seinen Landsmann zu ärgern, während sie durch das hügelige Sumpfland gen Osten ritten, auf die zerklüfteten Berge zu, die die Grenze zwischen Drasnien und dem Land der Nadraker bildeten. Ihre Diskussionen, immer kurz vor dem Ausbruch offener Feindseligkeiten, zerrten jedoch fast ebenso an Garions Nerven wie das eintönige Geläut der Maultierglocken.
Garions Reizbarkeit hatte eine ganz klare Ursache: Angst. Es hatte keinen Sinn, diese Tatsache vor sich selbst leugnen zu wollen. Die geheimnisvollen Worte des Mrin-Kodex waren ihm genauestens erklärt worden. Er ritt auf eine Begegnung zu, die von Anbeginn der Zeit vorausbestimmt war, und es gab nicht die geringste Möglichkeit, sie zu umgehen. Die Begegnung war das Ergebnis nicht nur einer, sondern zweier unterschiedlicher Prophezeiungen, und selbst wenn er eine davon hätte überzeugen können, dass irgendwo ein Fehler vorlag, so würde ihn die andere trotzdem gnadenlos und ohne die geringste Rücksicht auf seine Gefühle in die vorherbestimmte Auseinandersetzung treiben.
»Ich glaube, du übersiehst den entscheidenden Punkt, Ambar«, sagte Mulger gerade in dem beißenden Ton zu Silk, der verriet, dass er seinen Gesprächspartner von ganzem Herzen verabscheute. »Mein Patriotismus oder mein Mangel daran hat nichts damit zu tun. Der Wohlstand Drasniens beruht auf dem Handel, und wenn ihr vom Außendienst euch als Kaufleute tarnt, wird es nicht mehr lange dauern, bis auch ein ehrlicher Kaufmann nirgendwo mehr willkommen ist.«
Mit dem Instinkt, der allen Drasniern angeboren zu sein schien, hatte Mulger sofort erkannt, dass Silk nicht war, was er zu sein vorgab.
»Ach, komm schon, Mulger«, erwiderte Silk herablassend, »sei nicht so naiv. Jedes Land der Welt tarnt seine geheimdienstlichen Tätigkeiten auf genau dieselbe Weise. Die Tolnedraner tun es, die Murgos tun es, selbst die Thulls tun es. Was soll ich deiner Meinung nach tun – mir ein Schild auf die Brust heften, auf dem ›Spion‹ steht?«
»Ehrlich gesagt, es interessiert mich nicht im Geringsten, was du tust«, gab Mulger zurück. »Ich kann nur sagen, dass ich es ausgesprochen leid bin, überall, wo ich hingehe, beobachtet zu werden, nur weil man euch nicht traut.«
Silk zuckte mit einem unverschämten Grinsen die Achseln. »So ist die Weit nun einmal, Mulger. Du solltest dich besser daran gewöhnen, denn sie wird sich so schnell nicht ändern.«
Mulger starrte den rattengesichtigen kleinen Mann hilflos an, dann wandte er sich abrupt ab und ritt zurück in die Gesellschaft der Maultiere.
»Treibst du es nicht ein wenig zu arg?«, meinte Belgarath, aus dem scheinbaren Halbschlaf aufblickend, in den er beim Reiten für gewöhnlich fiel. »Wenn du ihn lange genug reizt, wird er dich bei den Grenzposten anschwärzen, und dann kommen wir nie nach Gar og Nadrak.«
»Mulger wird keinen Ton sagen, alter Freund«, beruhigte ihn Silk. »Denn wenn er es tut, wird man auch ihn zur Überprüfung dabehalten, und es gibt keinen Kaufmann auf der Welt, in dessen Taschen sich nicht ein paar Dinge befinden, die dort eigentlich nicht sein dürften.«
»Warum lässt du ihn dann nicht in Ruhe?«, fragte Belgarath.
»So habe ich wenigstens etwas zu tun«, antwortete Silk mit einem Schulterzucken. »Sonst müsste ich mir die Landschaft ansehen, und Ostdrasnien langweilt mich.«
Belgarath brummte mürrisch, zog sich die graue Kapuze über den Kopf und begann wieder zu dösen.
Garion kehrte zu seinen melancholischen Gedanken zurück. Die Ginsterbüsche, die das Hügelland bedeckten, waren von deprimierender graugrüner Farbe, und die Nördliche Karawanenroute wand sich wie eine verstaubte weiße Narbe durch sie hindurch. Seit beinahe zwei Wochen war der Himmel nun schon bedeckt, aber es hatte nicht ein einziges Mal geregnet. Sie trabten weiter durch eine trübselige, schattenlose Welt auf die Berge zu, die sich drohend am Horizont erhoben. Was Garion am meisten ärgerte, war die Ungerechtigkeit, die in alldem steckte. Er hatte nie um irgendetwas gebeten. Er wollte kein Zauberer sein. Er wollte nicht der Rivanische König sein. Er war sich nicht einmal sicher, ob er Prinzessin Ce’Nedra heiraten wollte – darüber konnte er sich nie schlüssig werden. Die kleine Kaiserliche Prinzessin konnte wirklich anbetungswürdig sein – besonders, wenn sie etwas wollte. Meistens wollte sie jedoch nichts, und dann kam ihre wahre Natur zum Vorschein. Wenn er bewusst etwas davon angestrebt hätte, dann könnte er die Aufgabe, die vor ihm lag, wenigstens mit einer gewissen Resignation auf sich nehmen. Aber man hatte ihm überhaupt keine Wahl gelassen, und er verspürte immer mehr den Wunsch, dem unbeeindruckten Himmel entgegenzuschreien: »Warum ich?«
Stumm ritt er neben seinem dösenden Großvater her. Nur der murmelnde Gesang von Aldurs Auge begleitete ihn, aber selbst das war eine Quelle des Ärgers. Das Auge auf dem Knauf des großen Schwertes, das über seinem Rücken hing, sang ihm mit kindischer Begeisterung ein endlos scheinendes Lied. Offensichtlich war das Auge ganz angetan von der Aussicht auf die bevorstehende Begegnung mit Torak. Tatsache war jedoch, dass es Garion sein würde, der sich dem Drachengott von Angarak entgegenstellte, und es war Garions Blut, das fließen würde. Seiner Meinung nach war die ungetrübte Fröhlichkeit des Auges alles in allem sehr unsensibel, um es milde auszudrücken.
Die Nördliche Karawanenroute kreuzte die Grenze zwischen Drasnien und Gar og Nadrak in einer schmalen Felsenschlucht, in der sich zwei Garnisonen, eine drasnische und eine nadrakische, über ein einfaches Gatter hinweg ansahen, das nur aus einem waagerechten Balken bestand. Der Balken selbst bildete kein eigentliches Hindernis. Symbolisch jedoch war er eindrucksvoller als die Tore von Vo Mimbre oder Tol Honeth. Auf der einen Seite des Gatters lag der Westen, auf der anderen der Osten. Mit einem einzigen Schritt konnte man von einer Welt in eine vollkommen andere treten, und Garion wünschte mit aller Macht, dass er diesen Schritt nicht tun müsste.
Wie Silk vorausgesagt hatte, erwähnte Mulger weder vor den drasnischen Pikenträgern noch vor den ledergekleideten nadrakischen Soldaten etwas von seinem Verdacht, und sie gelangten ohne Zwischenfälle in die Berge Gar og Nadraks. Unmittelbar hinter der Grenze kletterte die Karawanenroute eine steile Schlucht neben einem rasch fließenden Gebirgsbach empor. Der Himmel wurde zu einem dünnen, schmutziggrauen Band, und der Klang der Maultierglocken hallte von den Felsen wider, eine Begleitmusik zum Rauschen und Gurgeln des Baches.
Belgarath erwachte und sah sich aufmerksam um. Er warf Silk einen raschen Blick zu, um ihn zu warnen, ja den Mund zu halten, dann räusperte er sich. »Wir möchten dir danken, werter Mulger, und wünschen dir viel Erfolg mit deinen Geschäften hier.«
Mulger sah den alten Zauberer scharf, mit fragendem Blick an.
»Wir verlassen dich am Ausgang der Schlucht«, fuhr Belgarath mit ausdrucksloser Miene fort. »Wir müssen in diese Richtung.«
Er machte eine sehr vage Geste.
Mulger brummte. »Ich will nichts davon wissen«, erklärte er dann.
»Bestimmt nicht«, versicherte ihm Belgarath. »Und bitte, nimm Ambars Bemerkungen nicht allzu ernst. Er hat einen eigenartigen Sinn für Humor und sagt Dinge, die er nicht so meint, weil er gern Leute ärgert. Wenn man ihn erst einmal besser kennt, ist er gar nicht so schlimm.«
Mulger warf Silk einen langen, bösen Blick zu, ohne darauf einzugehen. »Viel Glück, was immer ihr auch vorhabt«, sagte er widerstrebend, mehr aus Höflichkeit als aus Überzeugung. »Der junge Mann und du, ihr wart gar keine üblen Reisegefährten.«
»Wir stehen in deiner Schuld, werter Mulger«, setzte Silk spöttisch übertrieben hinzu. »Deine Gastfreundschaft war überwältigend.«
Mulger sah Silk direkt in die Augen. »Ich mag dich nicht, Ambar«, sagte er barsch. »Warum belassen wir es nicht dabei?«
»Ich bin niedergeschmettert.« Silk grinste ihn an.
»Lass gut sein«, grollte Belgarath.
»Ich habe mir wirklich alle Mühe gegeben, ihn für mich einzunehmen«, protestierte Silk.
Belgarath kehrte ihm den Rücken zu.
»Ehrlich.« Silk wandte sich an Garion, die Augen funkelnd vor gespielter Rechtschaffenheit.
»Ich glaube dir auch nicht«, sagte Garion.
Silk seufzte. »Niemand versteht mich«, klagte er. Dann lachte er und ritt, fröhlich vor sich hin pfeifend, die Schlucht hinauf.
Am Ausgang der Schlucht verließen sie Mulger und schlugen einen Weg ein, der nach links von der Karawanenroute abzweigte und durch Felsgelände und an verkrüppelten Bäumen vorüberführte. Auf dem Kamm einer Hügelkette hielten sie an und beobachteten, wie die Maultiere langsam weiterzogen und schließlich außer Sicht gerieten.
»Wohin gehen wir?«, fragte Silk und spähte zu den Wolken hinauf, die über den Himmel jagten. »Ich dachte, wir gehen nach Yar Gurak.«
»Das tun wir auch«, erwiderte Belgarath, »aber wir schlagen einen Bogen und nähern uns der Stadt von der anderen Seite. Mulgers Ansichten machen die Weiterreise mit ihm ein bisschen riskant. Ihm könnte leicht in einem unpassenden Moment ein falsches Wort herausrutschen. Außerdem müssen Garion und ich uns noch um etwas kümmern, ehe wir dort eintreffen.« Der alte Mann sah sich um. »Dort drüben wird es gehen«, sagte er und deutete auf ein flaches, grünes Tal, das verborgen auf der anderen Seite der Bergkette lag. Er ritt voran in das Tal.
Silk, der ihr einziges Packpferd am Zügel führte, hielt neben einer kleinen Quelle und band die Pferde dort an einem abgestorbenen Strauch an.
»Was müssen wir denn tun, Großvater?«, fragte Garion, während er sich aus dem Sattel gleiten ließ.
»Dein Schwert fällt zu sehr auf«, erklärte der Zauberer und stieg ebenfalls ab. »Wenn wir nicht während der ganzen Reise Fragen beantworten wollen, sollten wir es tarnen.«
»Willst du es unsichtbar machen?«, fragte Silk hoffnungsvoll.
»In gewisser Weise«, antwortete Belgarath. »Garion, öffne dem Auge deinen Geist. Lass es zu dir sprechen.«
Garion runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht.«
»Entspanne dich. Alles andere macht das Auge schon. Es ist sehr aufgeregt deinetwegen, also hör nicht zu, wenn es dir irgendwelche Vorschläge macht. Es hat nur ein sehr begrenztes Verständnis von der wirklichen Welt. Entspanne dich und lass deine Gedanken einfach treiben. Ich muss mit ihm reden, und das kann ich nur durch dich. Es würde auf niemand anderen hören.«
Garion lehnte sich gegen einen Baum, und im nächsten Moment war sein Geist voller seltsamer Bilder. Die Welt, die er in diesen Bildern sah, war in einen blassblauen Schimmer getaucht, und alles wirkte eckig, als ob es aus den Flächen und scharfen Kanten eines Kristalls bestehen würde. Er sah ein lebendiges Bild seiner selbst mit einem flammenden Schwert in der Hand, wie er schnell dahinritt und ganze Scharen gesichtsloser Männer ihm aus dem Weg sprangen. Dann tönte Belgaraths Stimme scharf in seinem Geist. »Lass das.« Die Worte waren, wie er merkte, nicht an ihn, sondern an das Auge selbst gerichtet. Dann erstarb die Stimme des Zauberers zu einem Murmeln, das erklärte, Anweisungen gab. Die Erwiderungen des anderen, kristallinen Bewusstseins klangen etwas gekränkt, aber schließlich schienen sie sich zu einigen, und Garions Geist klärte sich wieder.
Belgarath schüttelte bekümmert den Kopf. »Manchmal ist es, als ob man mit einem kleinen Kind spricht«, sagte er. »Es hat keine Vorstellung von Zahlen, und es versteht nicht einmal ansatzweise das Wort ›Gefahr‹.«
»Es ist immer noch da«, bemerkte Silk enttäuscht. »Ich kann das Schwert immer noch sehen.«
»Du weißt eben, dass es da ist«, erklärte Belgarath. »Andere Leute werden es übersehen.«
»Wie kann man denn etwas so Großes übersehen?«, wandte Silk ein.
»Das ist sehr kompliziert«, antwortete Belgarath. »Das Auge bringt die Leute einfach dazu, dass sie das Schwert nicht sehen. Wenn sie ganz genau hinsehen, merken sie vielleicht, dass Garion irgendetwas auf dem Rücken trägt, aber sie werden nicht neugierig genug sein, um herausfinden zu wollen, was es ist. Tatsächlich werden einige Leute nicht einmal Garion selbst bemerken.«
»Willst du behaupten, dass Garion unsichtbar ist?«
»Nein. Er ist im Moment nur unauffällig. Wir müssen weiter, in diesen Bergen bricht die Nacht schnell herein.«
Yar Gurak war die wahrscheinlich hässlichste Stadt, die Garion je gesehen hatte. Sie erstreckte sich zu beiden Seiten eines tosenden gelben Flusses, und schmutzige, ungepflasterte Straßen zogen sich die steilen Hänge der Schlucht hinauf, die der Fluss im Lauf der Zeit gegraben hatte. Um die Stadt herum war ein Streifen Land, das man aller Vegetation beraubt hatte. Schächte gruben sich in die Hänge, und überall waren große, tiefe Löcher zu sehen. Zwischen den einzelnen Schürfstellen entsprangen Quellen, deren schlammiges Wasser zum Fluss hinablief.
Die Stadt machte einen zusammengeschusterten Eindruck, und alle Häuser hatten provisorischen Charakter. Holzbalken und unbehauene Steine waren das am häufigsten verwendete Baumaterial, und einige Häuser hatte man mithilfe von Zeltplanen fertiggestellt.
In den Straßen wimmelte es von hageren, dunkelhäutigen Nadrakern, von denen offenbar viele betrunken waren. Als sie in die Stadt kamen, quoll aus einer Taverne eine aufgebrachte Menge, und sie mussten stehen bleiben, während sich etwa zwei Dutzend Nadraker im Schlamm wälzten und durchaus nicht uneffektiv versuchten, sich gegenseitig zu verstümmeln.
Die Sonne ging bereits unter, als sie am Ende einer der schlammigen Straßen ein Gasthaus fanden. Es war ein großes, quadratisches Gebäude, dessen Erdgeschoss aus Stein gebaut war, während das zweite Geschoss aus Holz bestand. An der Rückseite des Gebäudes befanden sich Ställe. Sie stellten die Pferde unter, nahmen ein Zimmer für die Nacht und betraten die scheunenartige Gaststube auf der Suche nach einem Abendessen. Die Bänke in der Gaststube waren wacklig, und die Tische fettverschmiert und voller Brotkrumen und Essensreste. Qualmende Öllampen hingen an langen Ketten, und der Geruch von geschmortem Kohl war überwältigend. Eine stattliche Anzahl von Händlern aus den verschiedensten Teilen der Welt saß bei ihrer Abendmahlzeit – wachsame Männer in kleinen Gruppen, die durch Mauern des Misstrauens voneinander getrennt waren.
Belgarath, Silk und Garion setzten sich an einen freien Tisch und aßen den Eintopf, den ihnen ein angetrunkener Kellner mit fettiger Schürze in hölzernen Schalen vorsetzte. Als sie ihre Mahlzeit beendet hatten, blickte Silk auf die offene Tür, die in den lärmenden Schankraum führte, und sah Belgarath fragend an.
Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Lieber nicht«, sagte er. »Nadraker sind empfindlich, und die Beziehungen zum Westen sind im Moment recht angespannt. Es hat keinen Sinn, Ärger zu riskieren.«
Silk nickte zustimmend, wenn auch betrübt, und ging nach oben voran in ihr Zimmer. Garion hielt die rußende Kerze hoch und betrachtete zweifelnd die aus Balken gezimmerten Betten an der Wand. Auf gespannten Seilen lagen strohgefüllte Matratzen, die klumpig und nicht sehr sauber aussahen. Der Lärm aus der Schankstube war deutlich zu hören.
»Wir werden heute wohl nicht viel schlafen«, meinte er.
»Bergwerksstädte sind anders als Bauerndörfer«, erklärte Silk. »Bauern haben das Verlangen nach Schönheit – selbst wenn sie betrunken sind. Minenarbeiter sind da etwas ungehobelter.«
Belgarath zuckte die Achseln. »Sie werden bald leiser sein. Die meisten von ihnen sind lange vor Mitternacht schon bewusstlos.« Er wandte sich an Silk. »Sobald morgen früh die Läden aufmachen, möchte ich, dass du uns andere Kleider beschaffst – gebrauchte, wenn möglich. Wenn wir wie Goldsucher aussehen, wird man uns nicht allzu sehr beachten. Besorge auch Hacken und Hämmer. Wir binden sie dann gut sichtbar außen an das Gepäck unseres Lasttieres.«
»Ich habe allmählich das Gefühl, als hättest du dergleichen schon früher gemacht.«
»Von Zeit zu Zeit. Es ist eine nützliche Verkleidung. Goldgräber sind sowieso verrückt, deshalb ist man auch nicht erstaunt, wenn sie an seltsamen Orten auftauchen.« Der alte Mann lachte kurz auf. »Einmal habe ich sogar Gold gefunden – eine Ader so dick wie ein Arm.«
Silk lebte sichtlich auf. »Wo?«
Belgarath zuckte die Achseln. »Irgendwo in diese Richtung«, antwortete er. »Ich habe vergessen, wo genau.«
»Belgarath«, stöhnte Silk leicht verärgert.
»Lass dich nicht ablenken«, wies Belgarath ihn an. »Wir sollten etwas schlafen. Ich möchte morgen so früh wie möglich von hier aufbrechen.«
Die Wolkendecke der letzten Wochen war über Nacht aufgerissen, und als Garion erwachte, schien die Sonne golden durch das schmutzige Fenster. Belgarath saß an dem grob gezimmerten Tisch und studierte eine Landkarte aus Pergament. Silk war bereits unterwegs.
»Ich dachte schon, du willst bis Mittag schlafen«, sagte der alte Mann, als Garion sich aufsetzte und streckte.
»Ich konnte letzte Nacht nicht einschlafen«, erklärte Garion. »Unten war es so laut.«
»Nadraker sind nun einmal so.«
Plötzlich kam Garion ein Gedanke. »Was glaubst du wohl, was Tante Pol gerade macht?«, fragte er.
»Sie schläft vermutlich.«
»Aber doch nicht mehr so spät.«
»Da, wo sie ist, ist es noch viel früher.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Riva liegt über viertausend Meilen westlich von hier«, sagte Belgarath. »Dort wird die Sonne erst in einigen Stunden aufgehen.«
Garion blinzelte. »Daran hatte ich nicht gedacht«, gab er zu.
»Das hatte ich auch nicht angenommen.«
Die Tür ging auf, und Silk kam mit einigen Bündeln herein. Wütend warf er sein Gepäck zu Boden und stampfte, leise vor sich hin fluchend, zum Fenster.
»Und, was hat dich so aufgebracht?«, fragte Belgarath milde.
»Würdest du dir das einmal ansehen?« Silk hielt ihm ein Stück Pergament unter die Nase.
»Was ist damit?« Belgarath nahm das Pergament und las.
»Die ganze Geschichte ist vor Jahren passiert«, erklärte Silk ärgerlich. »Was soll das, dieses Ding immer noch herumgehen zu lassen?«
»Die Beschreibung ist allerdings sehr farbenfroh«, bemerkte Belgarath.
»Hast du das gesehen?« Silk war tödlich beleidigt. Er wandte sich an Garion. »Findest du, dass ich aussehe wie ein Wiesel?«
»… ein hässlicher, wieselgesichtiger Mann«, las Belgarath, »mit unstetem Blick und langer, spitzer Nase. Ein unverbesserlicher Betrüger beim Würfelspiel.«
»Würdest du bitte aufhören!«
»Worum geht es denn?«, fragte Garion.
»Vor einigen Jahren gab es ein kleines Missverständnis zwischen den örtlichen Behörden und mir«, sagte Silk verstimmt. »Wirklich nichts Ernstes – aber immer noch geht dieses Ding um.« Er deutete zornig auf das Pergament, das Belgarath mit deutlicher Belustigung in der Miene las. »Sie gehen sogar so weit, eine Belohnung auszusetzen.« Silk überlegte kurz. »Ich muss allerdings zugeben, dass die Summe schmeichelhaft ist«, setzte er dann hinzu.
»Hast du bekommen, was du kaufen solltest?«, fragte Belgarath.
»Selbstverständlich.«
»Dann wollen wir uns umziehen und verschwinden, ehe deine unerwartete Berühmtheit eine Menschenmenge anlockt.«
Die abgetragene nadrakische Kleidung war weitgehend aus Leder gefertigt – enge schwarze Hosen, knapp sitzende Westen und kurzärmelige Leinentuniken.
»Ich würde mich nicht mit den Stiefeln abgeben«, sagte Silk. »Nadrakische Stiefel sind ausgesprochen unbequem – vermutlich, weil ihnen noch nie aufgefallen ist, dass zwischen einem rechten und einem linken Fuß ein Unterschied besteht.« Er setzte sich eine spitze Filzmütze schief auf den Kopf. »Was haltet ihr davon?«, fragte er und stellte sich in Pose.
»Sieht überhaupt nicht aus wie ein Wiesel, oder?«, fragte Belgarath Garion.
Silk warf ihm einen erzürnten Blick zu, sagte aber nichts.
Sie gingen hinunter, führten die Pferde aus dem Stall und stiegen auf. Silks Miene war noch immer verfinstert, als sie Yar Gurak verließen. Als sie eine Hügelkuppe nördlich der Stadt erreicht hatten, glitt er vom Pferd, nahm einen Stein und schleuderte ihn mit aller Kraft auf die Häuser hinab, die sich unter ihnen zusammendrängten.
»Fühlst du dich jetzt besser?«, fragte Belgarath teilnehmend.
Silk schnaubte verächtlich, kletterte wieder auf sein Pferd und ritt ihnen voran die andere Seite des Hügels hinab.
In den nächsten Tagen durchquerten sie eine Wildnis aus Steinen und verkrüppelten Bäumen. Mit jedem Tag schien die Sonne stärker, und der Himmel strahlte in einem intensiven Blau, während sie tiefer und tiefer in das Gebirge mit seinen schneebedeckten Gipfeln eindrangen. Die wenigen Pfade waren kaum mehr als gewundene Spuren, die sich wie zufällig zwischen den blendendweißen Gipfeln und über die grünen Bergwiesen schlängelten, wo Wildblumen sich im Wind wiegten. Die Luft war erfüllt vom harzigen Duft immergrüner Gehölze, und hier und dort sahen sie Rotwild, das äste oder sie mit großen, verwunderten Augen ansah.
Belgarath hielt unbeirrt seinen östlichen Kurs bei, wirkte aber wachsam und angespannt. Es gab keine Anzeichen des Halbschlummers mehr, in den er auf deutlicher markierten Straßen für gewöhnlich verfiel, und irgendwie machte er hier oben in den Bergen einen jüngeren Eindruck.
Sie begegneten auch anderen Reisenden, meist in Leder gekleideten Nadrakern, aber einmal trafen sie auch auf eine Gruppe von Drasniern, die sich einen steilen Hang hinaufkämpfte, und ein andermal sahen sie in weiter Ferne eine Gestalt, die ein Tolnedraner hätte sein können. Die Gespräche mit diesen anderen Reisenden waren kurz und von Misstrauen geprägt. Die Berge von Gar og Nadrak wurden bestenfalls oberflächlich patrouilliert, daher sah sich jeder Reisende gezwungen, für seine eigene Sicherheit zu sorgen.
Die einzige Ausnahme von dieser argwöhnischen Schweigsamkeit bildete ein redseliger alter Goldgräber auf einem Esel, der eines Morgens aus den blaugetönten Schatten der Bäume auftauchte. Sein verfilztes Haar war weiß, und seine zusammengewürfelte Kleidung schien weitgehend aus Lumpen zu bestehen, die er irgendwo am Wegrand aufgesammelt hatte. Sein sonnengebräuntes, von Runzeln durchzogenes Gesicht war wettergegerbt wie altes Leder, und die blauen Augen zwinkerten fröhlich. Er schloss sich ihnen ohne einen Gruß oder die geringste Unsicherheit an, ob sie ihn willkommen heißen würden, und begann unverzüglich zu reden, als nähme er den Faden eines Gesprächs wieder auf, das erst vor Kurzem unterbrochen worden war.
In seiner Stimme und seiner Art lag etwas Eigenwilliges, das Garion sofort anziehend fand.
»Muss zehn Jahre oder mehr her sein, seit ich diesen Weg genommen habe«, begann er, auf seinem Esel neben Garion her reitend. »Ich komme nicht mehr sehr oft in diesen Teil der Berge. Die Flüsse hier sind alle schon mindestens hundertmal durchkämmt worden. Wo wollt ihr denn hin?«
»Ich weiß nicht genau«, antwortete Garion vorsichtig. »Ich war noch nie hier, also reite ich einfach hinter den anderen her.«
»Wenn ihr euch weiter nördlich haltet, findet ihr besseren Kies«, riet der Mann auf dem Esel, »in der Nähe von Morindland. Da oben muss man natürlich vorsichtig sein, aber wie heißt es doch: kein Risiko, kein Gewinn.« Er betrachtete Garion neugierig. »Du bist kein Nadraker, nicht wahr?«
»Sendarer«, erwiderte Garion knapp.
»Ich war nie in Sendarien«, meinte der alte Goldgräber. »War eigentlich nie irgendwo – nur hier oben.« Er blickte liebevoll auf die Berge mit ihren tiefgrünen Wäldern und den weißen Mützen. »Wollte eigentlich auch nie woanders hin. Seit siebzig Jahren durchsuche ich diese Berge nun schon von einem Ende zum anderen und hab nie viel davon gehabt – außer der Freude, hier zu sein. Einmal habe ich zwar einen erzhaltigen Fluss gefunden, in dem so viel rotes Gold war, dass es aussah, als wäre er voller Blut. Aber der Winter hat mich dort erwischt, und ich bin fast erfroren bei dem Versuch, da wieder rauszukommen.«
»Bist du im nächsten Frühling dorthin zurück?«, konnte Garion nicht umhin zu fragen.
»Eigentlich wollte ich das, aber in dem Winter damals hab ich viel getrunken – ich hatte ja Gold genug. Jedenfalls, das Trinken hat mir irgendwie das Hirn vernebelt. Als ich im Jahr darauf loszog, nahm ich ein paar Fläschchen zur Gesellschaft mit. Das ist immer ein Fehler, glaub mir. Der Alkohol wirkt in den Bergen stärker, und man passt nicht mehr so auf, wie man sollte.« Er lehnte sich im Sattel seines Esels zurück und kratzte sich nachdenklich den Bauch. »Ich bin in die Ebenen nördlich der Berge gezogen – nach Morindland. Hab mir gedacht, ich käme in dem flachen Gelände leichter vorwärts. Aber, um es kurz zu machen, ein Trupp Morindim hat mich aufgestöbert und gefangen genommen. An dem Tag damals bin ich schon seit Stunden bis zu den Ohren im Bierfass gehangen und war völlig hinüber, als sie mich schnappten. Glücklicherweise, muss man wohl sagen. Die Morindim sind abergläubisch, deshalb haben sie gedacht, ich sei besessen. Das hat mir vermutlich das Leben gerettet. Sie haben mich fünf, sechs Jahre lang festgehalten und versucht, hinter die Bedeutung meiner Wahnsinnsanfälle zu kommen – und nachdem ich wieder nüchtern war und meine Lage erkannte, habe ich darauf geachtet, so viel irres Zeug wie möglich zu reden. Schließlich wurden sie es leid und passten nicht mehr so gut auf mich auf, sodass ich abhauen konnte. Aber da hatte ich inzwischen vergessen gehabt, wo genau der Fluss lag. Hin und wieder, wenn ich in der Gegend bin, suche ich noch nach ihm.« Er sprach anscheinend einfach drauflos, aber seine alten blauen Augen blickten sehr durchdringend. »Du hast da aber ein großes Schwert, mein Junge. Wem willst du denn damit an den Kragen?«
Die Frage kam so unvermittelt, dass Garion keine Zeit blieb, sich zu wundern.
»Komisch ist das mit deinem Schwert«, setzte der alte Mann scharfsinnig hinzu. »Es scheint sich selbst unauffällig machen zu wollen.« Dann wandte er sich an Belgarath, der ihn mit undurchdringlicher Miene ansah. »Du hast dich kaum verändert«, bemerkte er.
»Und du redest immer noch zu viel«, entgegnete Belgarath.
»Alle paar Jahre überkommt mich das Bedürfnis zu reden«, gab der alte Mann auf dem Esel zu. »Geht es deiner Tochter gut?«
Belgarath nickte.
»Schöne Frau, deine Tochter – aber launisch.«
»Das hat sich nicht wesentlich geändert.«
»Hatte ich auch nicht erwartet.« Der alte Goldsucher kicherte, dann zögerte er einen Moment. »Falls du nichts gegen einen Rat einzuwenden hast: Sei auf der Hut, wenn du planst, ins Flachland hinunterzugehen«, sagte er ernst. »Mir scheint, als würde es da unten bald anfangen zu brodeln. Viele Fremde in roten Kitteln laufen dort herum, und von alten Altären, die seit Jahren nicht benutzt worden sind, steigt frischer Rauch auf. Die Grolim sind wieder unterwegs, und ihre Messer sind frisch geschärft. Die Nadraker, die hierherkommen, blicken ständig über ihre Schulter.« Er hielt inne und sah Belgarath in die Augen. »Es hat auch noch andere Zeichen gegeben«, fügte er hinzu. »Die Tiere sind schreckhaft – wie vor einem schweren Sturm –, und manchmal, in der Nacht, wenn man genau hinhört, klingt es von Ferne wie Donner – vielleicht kommt es sogar von Mallorea her. Die ganze Welt scheint sich unbehaglich zu fühlen. Ich habe das Gefühl, dass etwas Großes geschehen wird, etwas, an dem du vielleicht beteiligt bist. Sei versichert, sie wissen, dass du hier bist. Ich würde mich nicht darauf verlassen, unerkannt durchschlüpfen zu können, ohne dass mich jemand bemerkt.« Dann zuckte er die Achseln, als sei die Sache damit für ihn erledigt. »Ich dachte nur, es könnte dich vielleicht interessieren.«
»Danke«, erwiderte Belgarath.
»Hat mich nichts gekostet. Ich glaube, ich werde da langgehen.« Der alte Mann deutete nach Norden. »In den letzten Monaten kommen mir zu viele Fremde in die Berge. Es wird mir langsam zu voll hier. Jedenfalls, ich habe jetzt genug geredet, also werde ich mich wieder zurückziehen.« Er wendete seinen Esel und trabte davon. »Viel Glück«, rief er zum Abschied über die Schulter zurück, dann verschwand er in den blauen Schatten unter den Bäumen.
»Du scheinst ihn zu kennen«, meinte Silk zu Belgarath.
Der alte Zauberer nickte. »Ich habe ihn vor ungefähr dreißig Jahren kennengelernt. Polgara war nach Gar og Nadrak gegangen, um ein paar Nachforschungen anzustellen. Nachdem sie alle Informationen gesammelt hatte, die sie brauchte, kam ich her und kaufte sie dem Mann ab, dem sie gehörte. Wir machten uns auf den Heimweg, aber ein früher Schneesturm erwischte uns hier in den Bergen. Er hat uns gefunden, als wir herumirrten, und uns mit in die Höhle genommen, wo er sich einigelt, wenn der Schnee zu tief wird. Eigentlich eine recht gemütliche Höhle, wenn man davon absieht, dass er darauf besteht, seinen Esel mit hineinzunehmen. Er und Polgara haben sich den ganzen Winter deswegen gestritten, soweit ich mich erinnere.«
»Wie heißt er?«, fragte Silk neugierig.
Belgarath zuckte die Achseln. »Hat er nie gesagt, und es wäre unhöflich zu fragen.«
Garion hatte bei dem Wort »kaufen« schlucken müssen. Ohnmächtige Wut wallte in ihm auf. »Tante Pol gehörte jemandem?«, fragte er ungläubig.
»Das ist nadrakische Sitte«, erklärte Silk. »In ihrer Gesellschaft gelten Frauen als Besitz. Es schickt sich nicht für eine Frau, ohne Besitzer zu sein.«
»Sie war eine Sklavin?«Garions Fingerknöchel wurden weiß, so heftig ballte er die Fäuste.
»Sie war natürlich keine Sklavin«, sagte Belgarath. »Kannst du dir auch nur im Entferntesten vorstellen, dass deine Tante Pol so etwas mit sich machen ließe?«
»Aber du hast gesagt …«
»Ich sagte, ich habe sie dem Mann abgekauft, dem sie gehörte. Ihre Beziehung war eine reine Formalität, nichts weiter. Sie brauchte einen Besitzer, um hier arbeiten zu können, und er hat viel an Achtung gewonnen, weil er eine so bemerkenswerte Frau besaß.« Belgarath verzog das Gesicht. »Es hat mich ein Vermögen gekostet, sie von ihm zurückzukaufen. Manchmal frage ich mich, ob sie das wirklich wert war.«
»Großvater!«
»Deine letzte Bemerkung würde sie sicher sehr interessant finden, alter Freund«, sagte Silk verschmitzt.
»Du musst sie ja nicht unbedingt vor ihr wiederholen, Silk.«
»Das kommt darauf an.« Silk lachte. »Vielleicht brauche ich ja eines Tages einmal etwas von dir.«
»Du bist furchtbar.«
»Ich weiß.« Silk grinste und sah sich dann um. »Dein Freund hat einige Mühen auf sich genommen, um dich zu treffen. Was steckt dahinter?«
»Er wollte mich warnen.«
»Dass sich die Lage in Gar og Nadrak zuspitzt? Das wussten wir schon vorher.«
»Seine Warnung war sehr viel dringlicher als nur das.«
»Es klang aber nicht sehr dringend.«
»Das liegt daran, dass du ihn nicht kennst.«
»Großvater«, sagte Garion plötzlich, »wie kommt es, dass er mein Schwert sehen konnte? Ich dachte, dafür hätten wir gesorgt.«
»Er sieht alles, Garion. Er kann einen Blick auf einen Baum werfen und dir zehn Jahre später genau sagen, wie viele Blätter er hatte.«
»Ist er ein Zauberer?«
»Nicht dass ich wüsste. Er ist nur ein seltsamer Mann, der die Berge liebt. Er weiß nicht, was in der Welt vor sich geht, weil er es nicht wissen will. Wenn er wirklich wollte, könnte er wahrscheinlich alles herausfinden, was in der Welt geschieht.«
»Dann könnte er ein Vermögen als Spion verdienen«, bemerkte Silk.
»Er will kein Vermögen. Ist das nicht offensichtlich? Wenn er Geld braucht, geht er einfach zu dem Fluss, von dem er erzählt hat.«
»Aber er hat doch gesagt, er hätte den Weg dorthin vergessen«, protestierte Garion.
Belgarath schnaubte. »Er hat in seinem Leben noch nie etwas vergessen.« Dann schweifte sein Blick in die Ferne. »Es gibt ein paar Menschen wie ihn auf der Welt – Menschen, die kein Interesse an dem haben, was andere tun. Vielleicht ist das gar kein so schlechter Weg. Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich es vielleicht machen wie er.«
Dann sah er sich aufmerksam um. »Wir nehmen den Pfad dort drüben«, schlug er vor und deutete auf einen kaum sichtbaren Weg, der vor ihnen abzweigte und über eine mit ausgebleichten Baumstümpfen übersäte Wiese führte. »Wenn es stimmt, was er sagt, sollten wir größere Ansiedlungen meiden. Der Pfad verläuft weiter nördlich, wo nicht so viele Leute sind.«
Kurz darauf begann sich das Gelände allmählich zu senken, und die drei ritten zügig von den Bergen hinab auf den riesigen Wald von Nadrak zu. Die Berggipfel machten bewaldeten Hügeln Platz. Als sie auf einer Kuppe standen, lag unter ihnen ein endloses Meer aus Bäumen, das sich bis zum Horizont und darüber hinaus erstreckte, dunkelgrün unter dem blauen Himmel. Ein schwacher Wind wehte, und wenn sein Seufzen durch die Bäume strich, dann lag eine traurige Erinnerung an all die Frühjahre und Sommer darin, die nie wiederkommen würden.
Ein Stück oberhalb des Waldes befand sich ein Dorf, das sich neben einem riesigen Loch duckte, das roh und hässlich in den roten Lehm des Hügels gegraben worden war.
»Eine Minenstadt«, sagte Belgarath. »Wir wollen ein bisschen herumschnüffeln und sehen, was sich hier so tut.«
Wachsam ritten sie den Hügel hinab. Als sie näher kamen, konnte Garion sehen, dass das Dorf denselben provisorischen Eindruck machte wie Yar Gurak. Die Häuser waren in der gleichen Art gebaut – unbearbeitete Holzbalken und grober Stein –, die niedrigen Dächer mit Steinen beschwert, damit die Winterstürme die Schindeln nicht wegwehten. Nadraker schienen sich nicht um die äußere Erscheinung ihrer Häuser zu kümmern. Sobald Dach und Wände fertiggestellt waren, schienen sie zufrieden einzuziehen und sich anderen Dingen zu widmen, ohne jene letzten Handgriffe auszuführen, die einem Haus einen dauerhaften Charakter verliehen und die ein Sendarer oder Tolnedraner für unabdingbar halten würde. Die ganze Siedlung trug ein »Das-reicht-jetzt« zur Schau, das Garion aus irgendeinem Grund beleidigte.
Einige der Bergarbeiter, die in dem Dorf lebten, kamen auf die Straße, um die Fremden zu sehen. Ihre schwarze Lederkleidung war rotfleckig von der Erde, in der sie gruben, und aus ihren Augen sprach Misstrauen. Eine furchtsame Wachsamkeit lag über dem ganzen Ort, gewürzt mit trotziger Streitlust.
Silk deutete mit dem Kopf auf ein großes, niedriges Gebäude, vor dessen Doppeltüren ein Schild hing, das eine schlecht gemalte, im Wind baumelnde Weintraube zeigte. Eine große, überdachte Veranda umgab das ganze Haus, und ledergekleidete Nadraker hockten auf Bänken und beobachteten einen Hundekampf, der sich mitten auf der Straße abspielte.
Belgarath nickte. »Aber lasst uns auf die Seite gehen«, schlug er vor, »falls wir eilig aufbrechen müssen.«
Sie stiegen an der Seitenveranda ab, banden ihre Pferde ans Geländer und gingen hinein.
Das Innere der Taverne war verqualmt und schummrig, da Fenster in nadrakischen Häusern zu den seltenen Ausnahmen zählten. Die Tische und Bänke waren roh gezimmert, und das spärliche Licht kam von rauchenden Öllampen, die an Ketten von den Deckenbalken hingen. Der Fußboden war schmutzig und voller Essensreste. Hunde liefen ungestört unter Tischen und zwischen den Bänken herum. Der Gestank nach schalem Bier und ungewaschenen Körpern hing schwer in der Luft, und obwohl der Nachmittag gerade erst anbrach, war das Lokal schon voll besetzt. Viele der Männer in dem großen Raum befanden sich bereits in fortgeschrittenem Zustand der Trunkenheit. Es war sehr laut, denn die Nadraker, die an den Tischen hockten oder durch den Raum schwankten, schienen gewohnheitsgemäß mit voller Lautstärke zu sprechen.
Belgarath kämpfte sich einen Weg bis an einen Ecktisch frei, an dem ein einzelner Mann mit trübem Blick und schlaffem Mund saß und in seinen Bierkrug starrte.
»Du hast doch nichts dagegen, wenn wir uns mit an den Tisch setzen, oder?«, fragte er den Mann barsch und setzte sich, ohne eine Antwort abzuwarten.
»Würde es etwas ausmachen, wenn?«, fragte der Mann mit dem Bierkrug. Er war unrasiert, und seine vorstehenden Augen waren blutunterlaufen.
»Nicht viel«, erwiderte Belgarath unverblümt.
»Ihr seid neu hier, nicht wahr?« Der Nadraker betrachtete die drei neugierig, wobei er einige Mühe hatte, den Blick geradeaus zu richten.
»Ich finde nicht, dass dich das etwas angeht«, entgegnete Belgarath grob.
»Du hast eine scharfe Zunge für einen Mann, der seine besten Jahre hinter sich hat«, meinte der Nadraker und verschränkte seine Finger unheilvoll.
»Ich bin hergekommen, um zu trinken, nicht um zu streiten«, erklärte Silk rau. »Vielleicht ändere ich meine Meinung noch, aber im Augenblick habe ich einfach nur Durst.« Er ergriff den Arm eines vorbeieilenden Kellners. »Bier«, befahl er. »Und mach nicht zu lange.«
»Nimm deine Finger weg«, sagte der Kellner. »Gehört ihr zu ihm?« Er deutete auf den Nadraker, an dessen Tisch sie saßen.
»Wir sitzen bei ihm, oder?«
»Wollt ihr drei Krüge oder vier?«
»Ich will einen – im Moment. Bring den anderen, was sie wollen. Die erste Runde geht an mich.«
Der Kellner brummte mürrisch und zwängte sich durch die Menge, wobei er einen Hund mit einem Fußtritt aus dem Weg beförderte.
Silks Angebot schien die Streitlust ihres nadrakischen Gefährten besänftigt zu haben. »Ihr habt euch eine schlechte Zeit ausgesucht, um in die Stadt zu kommen«, meinte er. »Die ganze Gegend wimmelt von malloreanischen Rekrutenanwerbern.«
»Wir waren in den Bergen«, sagte Belgarath. »In ein oder zwei Tagen werden wir wohl auch dahin zurückgehen. Was hier unten passiert, interessiert uns nicht besonders.«
»Solange ihr hier seid, solltet ihr euch aber dafür interessieren – es sei denn, ihr wollt das Armeeleben kennenlernen.«
»Gibt es denn irgendwo Krieg?«, fragte Silk.
»Wahrscheinlich – so heißt es jedenfalls. Irgendwo in Mishrak ac Thull.«
Silk schnaubte. »Ich habe noch nie einen Thull gesehen, für den sich das Kämpfen gelohnt hätte.«
»Es geht auch nicht um die Thulls. Es sollen die Alorner sein. Sie haben eine Königin – falls ihr euch so etwas überhaupt vorstellen könnt –, und sie will ins Land der Thulls einmarschieren.«
»Eine Königin?«, höhnte Silk. »Das kann ja dann keine besondere Armee sein. Sollen die Thulls doch selbst kämpfen.«
»Erzähl das mal den malloreanischen Anwerbern«, meinte der Nadraker.
»Musstest du das Bier erst brauen?«, fuhr Silk den Kellner an, der mit vier großen Krügen wiederkam.
»Es gibt noch andere Tavernen, Freundchen«, antwortete der Kellner. »Wenn dir unsere nicht gefällt, geh doch woanders hin. Das macht zwölf Kupferpfennige.«
»Drei Kupferpfennige für einen Krug?«, rief Silk aus.
»Sind halt schwere Zeiten.«
Schimpfend bezahlte Silk.
»Danke«, sagte der Nadraker und nahm sich einen der Krüge.
»Schweig«, brummte Silk mürrisch.
»Was machen die Malloreaner denn hier?«, fragte Belgarath.
»Sie holen alle zusammen, die stehen, Blitze sehen und Donner hören können. Sie verpassen den Leuten Fußketten, deshalb ist es nicht so leicht, sich zu weigern. Außerdem haben sie Grolim dabei, die ihre Messer immer griffbereit haben, um klarzumachen, was mit denen geschieht, die sich zu sehr wehren.«
»Vielleicht hattest du recht, als du sagtest, wir hätten uns eine schlechte Zeit ausgesucht, um von den Bergen herunterzukommen«, sagte Silk.
Der Nadraker nickte. »Die Grolim sagen, dass Torak sich schon im Schlaf bewegt.«
»Das sind keine guten Neuigkeiten«, meinte Silk.
»Darauf können wir wohl alle trinken.« Der Nadraker hob seinen Krug. »Habt ihr in den Bergen etwas gefunden, wonach es sich zu graben lohnt?«
Silk schüttelte den Kopf. »Nur ein paar Spuren. Wir haben in den Flüssen nach Gold gesucht, weil wir nicht die Ausrüstung haben, um Stollen in die Berge treiben zu können.«
»Ihr werdet nie reich, wenn ihr an einem Fluss hockt und Sand siebt.«
»Wir kommen durch.« Silk zuckte die Achseln. »Eines Tages stoßen wir vielleicht auf so viel, dass wir uns eine Ausrüstung anschaffen können.«
»Vielleicht regnet es auch eines Tages Bier.«
Silk lachte.
»Habt ihr schon mal daran gedacht, noch einen Partner aufzunehmen?«
Silk betrachtete den unrasierten Nadraker. »Bist du schon mal dort gewesen?«, fragte er.
Der Nadraker nickte. »Oft genug, um zu wissen, dass es mir nicht gefällt – aber ich schätze, dass mir das Armeeleben noch viel weniger gefällt.«
»Wir wollen noch einen trinken und darüber reden«, schlug Silk vor.
Garion lehnte sich gegen die raue Balkenwand in seinem Rücken. Nadraker schienen gar nicht so übel zu sein, wenn man einmal von ihrer rauen Schale absah. Sie waren barsch und etwas mürrisch, aber sie hatten nicht diese eiskalte Feindseligkeit gegenüber Fremden, die er bei den Murgos bemerkt hatte.
Seine Gedanken schweiften zu dem zurück, was der Nadraker von einer Königin erzählt hatte. Er verwarf rasch die Vorstellung, dass eine der Königinnen, die sich zurzeit in Riva aufhielten, gleichgültig unter welchen Umständen, eine derartige Autorität angenommen hatte. Dann blieb nur noch Tante Pol. Die Information des Nadrakers mochte etwas entstellt sein, aber in Belgaraths Abwesenheit konnte es möglich sein, dass Tante Pol das Kommando übernommen hatte – auch wenn es ihr ganz und gar nicht ähnlich sah. Was mochte dort bloß geschehen sein, dass sie zu solch extremen Handlungen gezwungen war?
Während der Nachmittag verstrich, wurden mehr und mehr Männer in der Taverne so betrunken, dass sie schwankten, und gelegentlich brach Streit aus – wenn die Kämpfe auch meist darin bestanden, wild um sich zu schlagen, denn kaum einer war noch nüchtern genug, um einen gezielten Hieb anzubringen. Ihr Tischgenosse trank stetig, legte dann schließlich den Kopf auf die Arme und begann zu schnarchen.
»Ich glaube, wir haben alles erfahren, was es zu erfahren gab«, sagte Belgarath leise. »Lasst uns verschwinden. Nach allem, was unser Freund hier sagt, halte ich es für keine gute Idee, in der Stadt zu übernachten.«
Silk nickte zustimmend, und die drei erhoben sich und bahnten sich ihren Weg durch die Menge zur Seitentür.
»Willst du Vorräte mitnehmen?«, fragte Silk.
Belgarath schüttelte den Kopf. »Ich habe das Gefühl, dass wir so schnell wie möglich von hier verschwinden sollten.«
Silk warf ihm einen raschen Blick zu, dann banden sie die Pferde los, stiegen auf und ritten in die schmutzigen Straßen. Sie ritten im Schritttempo, um jedes Aufsehen zu vermeiden, aber Garion hatte das dringende Bedürfnis, diese schlammige Stadt hinter sich zu lassen. Etwas Bedrohliches lag in der Luft, und die goldene Spätnachmittagssonne wirkte wie von einer unsichtbaren Wolke verdunkelt. Als sie das letzte baufällige Haus am Rande der Stadt passierten, hörten sie hinter sich alarmierte Schreie. Garion drehte sich schnell um und sah eine Gruppe von etwa zwanzig Berittenen in roten Tuniken, die in vollem Galopp auf die Taverne zustürmten, die sie gerade verlassen hatten. Mit einer Geschicklichkeit, die lange Übung verriet, schwangen sich die rotgekleideten Fremden aus dem Sattel und besetzten sofort alle Türen, um denen, die in der Taverne saßen, jede Fluchtmöglichkeit zu nehmen.
»Malloreaner!«, knurrte Belgarath. »Ab unter die Bäume!«
Damit trieb er seinem Pferd die Fersen in die Flanken. Sie galoppierten über die verkrautete, mit Baumstümpfen übersäte Lichtung, die sich rings um die Siedlung zog, auf den Waldrand und die damit verbundene Sicherheit zu. Es gab jedoch weder einen Aufschrei, noch wurden sie verfolgt. Der Fang in der Taverne schien groß genug zu sein, um das malloreanische Netz zu füllen. Von einem sicheren Aussichtspunkt unter ausladenden Zweigen aus beobachteten Garion, Silk und Belgarath, wie eine Reihe verzweifelter Nadraker, an den Knöcheln mit einer Kette aneinandergefesselt, aus der Taverne in den roten Staub der Straße getrieben wurde und unter den wachsamen Augen der malloreanischen Anwerber Aufstellung nehmen musste.
»Sieht aus, als wäre unser Freund nun doch noch zur Armee gekommen«, stellte Silk fest.
»Besser er als wir«, erwiderte Belgarath. »Wir wären ein wenig fehl am Platz inmitten einer Horde von Angarakanern.« Er spähte zu der rötlichen Scheibe der untergehenden Sonne empor.
»Reiten wir. Wir haben noch ein paar Stunden, bis es dunkel wird. Sieht so aus, als wäre der Militärdienst in dieser Gegend ansteckend, und ich möchte ihn nicht erleben.«
Der Wald von Nadrak schien anders als der Wald von Arendien, der so weit im Süden lag. Die Unterschiede waren nur geringfügig, und Garion brauchte mehrere Tage, bis er erkannte, woran es lag. Zum einen wirkten die Pfade, denen sie folgten, nicht so dauerhaft. Sie wurden so selten benutzt, dass sie nicht fest in den lehmigen Waldboden eingezeichnet waren. In den arendischen Wäldern gab es überall Spuren der menschlichen Gegenwart, aber hier war der Mensch ein Eindringling, nur auf der Durchreise. Mehr noch, der Wald in Arendien hatte deutliche Grenzen, aber dieses Meer aus Bäumen erstreckte sich bis an den Rand des Kontinents, und es gab ihn schon seit Entstehung der Welt.
Der Wald wimmelte von Leben. Gelbbraune Hirsche tauchten flüchtig zwischen den Bäumen auf, und große, zottige Bisons, deren gekrümmte schwarze Hörner wie Onyx schimmerten, grasten auf den Lichtungen. Einmal trottete ein Bär, gereizt vor sich hinbrummend, quer über ihren Pfad. Kaninchen huschten durchs Unterholz, und Rebhühner stoben mit atemberaubendem Flügelschlag aus dem Gebüsch auf. Die Teiche und Flüsse waren von Fischen, Bisamratten, Ottern und Bibern bevölkert. Wie sie bald entdeckten, gab es auch kleinere Lebensformen. Die Moskitos kamen ihnen nur wenig kleiner als Spatzen vor, und eine lästige, kleine braune Fliegenart biss alles, was sich bewegte.
Die Sonne ging früh auf und spät unter und sprenkelte den Waldboden mit goldenen Lichtflecken. Obwohl es Hochsommer war, wurde es niemals wirklich heiß, und in der Luft lag der schwere Duft drängenden Wachstums, der den Ländern des Nordens eigen war, wo die Sommer kurz und die Winter sehr lang sind.
Seit sie im Wald waren, schien Belgarath überhaupt nicht mehr zu schlafen. Jeden Abend, wenn Silk und Garion sich müde in ihre Decken rollten, schlüpfte der alte Zauberer wieder zurück unter die Bäume und verschwand. Einmal, einige Stunden nach Einbruch der Dunkelheit in einer sternklaren Nacht, erwachte Garion kurz und hörte, wie weiche Pfoten leichtfüßig über eine mit Laub bedeckte Lichtung sprangen; und während er schon wieder einschlief, verstand er. Der große silbergraue Wolf, der sein Großvater war, streifte durch die Nacht und suchte im Wald nach Spuren von Gefahr oder Verfolgern.