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Der Quiz-Champion verrät seinen einfachen Weg zu mehr Allgemeinbildung Wann war der Prager Fenstersturz? Wie viele Bit sind ein Byte? Wie heißt die Hauptstadt von Bolivien? Egal, ob Job, Eignungstest, Vorstellungsgespräch oder Unterhaltung auf einer Party – mit einer guten Allgemeinbildung kann man überall punkten. Sebastian Klussmann, beliebter Jäger aus der erfolgreichen ARD-Quizshow »Gefragt – Gejagt«, verrät, wie man ohne viel Aufwand seinen Wissensschatz vergrößern kann. Etwa, wenn man bei einem Stadtspaziergang erkundet, auf wen ein Straßenname zurückgeht. Oder sich über Fußball Geografie erschließt. Oder Themen mit Emotionen verbindet, indem man sich von der Großmutter die Lieblingsblumen im Garten zeigen lässt. Ein unterhaltsames Buch, das einem dabei hilft, sich einfach weiterzubilden ‒ bis hin zur Quizreife.
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Das Buch
Sebastian Klussmann ist kein Gedächtniskünstler und hat kein fotografisches Gedächtnis. Er lernt auch nicht nach einer einzigen Methode, sein Ansatz ist viel umfassender, und er ist damit sehr erfolgreich. In Besserwissen mit dem Besserwisser lüftet er erstmals sein Erfolgsgeheimnis. Er zeigt auf, wie wir alle im Alltag ohne viel Aufwand unser Wissen steigern können, wie sich über Wissensumwege neue Themen erschließen lassen und welche Bücher, Podcasts oder YouTube-Kanäle man unbedingt kennen sollte. Gerade in Zeiten von Google und Wikipedia sollte man sein Hirn nicht in die Cloud auslagern, findet der »Besserwisser« aus »Gefragt – Gejagt«. Denn je mehr Wissen wir haben, desto differenzierter können wir auch die Welt wahrnehmen. Ein kluges Buch mit vielen Tipps zur besseren Allgemeinbildung.
Der Autor
SEBASTIAN KLUSSMANN, Jahrgang 1989, ist amtierender Europa-, Deutscher und Berliner Quizmeister. Vor einem Millionenpublikum tritt er regelmäßig als einer der »Jäger« der erfolgreichen ARD-Quizshow »Gefragt – Gejagt« gegen ein Kandidatenteam an. Er arbeitet als Redner, Moderator und Autor zu den Themen Bildung, Allgemeinwissen und Gedächtnis und ist der Gründungsvorsitzende des Deutschen Quizvereins. Klussmann spricht sechs Sprachen, darunter Chinesisch und Japanisch.
So trainieren Sie Ihre Allgemeinbildung
Ullstein
Originalausgabe im Ullstein Taschenbuch
1. Auflage September 2020
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ISBN 978-3-8437-2335-0
© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2020
Umschlaggestaltung: zero-media.net, München
Titelabbildung: t-online.de /Axel Krüger
E-Book: LVD GmbH, Berlin
Alle Rechte vorbehalten.
Für meine Mutter
Wenn Sie mich auf dem Cover erkannt haben, dann kennen Sie mich sehr wahrscheinlich aus der ARD-Quizshow »Gefragt – Gejagt«. Ich trete dort als »Besserwisser« gegen vier Kandidat*innen im Wissensduell an. Für alle, die die Show nicht kennen: Mein Job ist es, so viel wie möglich zu wissen und die Kandidat*innen durch den Wissensvorsprung zu besiegen.
Was genau muss ich wissen? Im Prinzip alles! Solange es zumindest halbwegs relevant ist und im weitesten Sinne zum Allgemeinwissen gezählt werden kann. Ich bin sozusagen Quiz-Profi, übe einen Beruf aus, den es vor zehn Jahren noch nicht gab. In gewisser Weise bestimmt das Quizzen fast mein ganzes Leben. Ich habe den Deutschen Quiz-Verein e. V., den »DFB des Quizzens«, gegründet, trete bei nationalen und internationalen Turnieren wie der Quiz-WM, -EM und -DM an (ja, so etwas gibt es wirklich!), referiere als Speaker bei Unternehmen, Verbänden und Bildungseinrichtungen und schreibe und beantworte ständig Wissensfragen.
Auch in diesem Buch möchte ich Antworten geben. Unter anderem auf folgende Fragen: Warum ist eine breite Allgemeinbildung auch im Zeitalter von Google von großer Bedeutung? Wie lernt man am besten und hat dabei auch noch Spaß? Wie kann man im Alltag mit spielerischen Tricks einfach sein Wissen erweitern? Wie kann man lernen, sich für verschiedene Themengebiete zu begeistern? Welche Wissensquellen zapfe ich am besten an?
Eines vorab: Es gibt keine Methode, die Ihr Allgemeinwissen sprunghaft ansteigen lässt, auch keine kurze Klussmann-Methode. Bildung und Wissen vermehrt man am besten auf vielfältige Weise, denn Lernen muss abwechslungsreich sein. Eine goldene Regel gibt es jedoch: Haben Sie Spaß bei der Wissenserweiterung! Das Buch soll dafür die nötigen Impulse geben. Ich bin fest davon überzeugt, dass mein umfangreiches Allgemeinwissen nicht darauf beruht, dass ich von Natur aus über ein besseres Gedächtnis verfüge. Nein, Leidenschaft und genuines Interesse führen dazu, dass ich mich für die unterschiedlichsten Themengebiete begeistern kann und so ständig neue Dinge aufschnappe. Und darüber hinaus sammle ich – wie im Trüffelschweinmodus – Fakten. Das ist übrigens eine Herangehensweise, die sich jeder bewusst aneignen kann.
Dieses Buch soll Ihren Blick gleichzeitig weiten und schärfen. Mit vielen praktischen Hinweisen und Beispielen möchte ich Ihnen näherbringen, wie Sie etwas lernen können, ohne dass es sich wie Lernen anfühlt. Auch für mich war das Entstehen dieses Buches ein spannender Lernprozess, denn viele Dinge, die ich anders mache, wurden mir beim Schreiben erst richtig bewusst.
Ein wichtiges Anliegen ist es mir auch, aufzuzeigen, dass eine breite Allgemeinbildung nicht nur für die eigene Entwicklung von großer Bedeutung ist, sondern auch einen großen gesellschaftlichen Mehrwert hat, mehr noch, für ein demokratisches Staatswesen unerlässlich ist. Wer sich ausschließlich in Filterblasen aufhält, gefährdet auch den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Eine gute Allgemeinbildung ist nicht nur ein intrinsisches Ideal, sondern hat, so gesehen, auch eine ganz praktische Bedeutung. Insbesondere im Zeitalter von Google, in dem fast jede Information nur ein paar Klicks entfernt ist, sollten wir unser Hirn nicht in die Cloud auslagern.
Besserwissen mit dem Besserwisser ist kein wissenschaftliches Werk, es soll unterhalten. Dennoch werden meine persönlichen Lernerfahrungen zum größten Teil von wissenschaftlichen Studien gestützt. Ich freue mich zudem, viele meiner liebsten Wissensquellen hier offenzulegen, und hoffe, dass Sie sie auch nutzen werden.
Und da das Buch eines Quizzers nicht ohne Quizfragen auskommen sollte, sind hier über hundert Quizfragen als Fußnoten verstreut. Im Antwortkapitel ganz am Ende gibt es dann auch viele interessante Fakten zu entdecken.
Ich danke allen, von denen ich bisher lernen durfte, insbesondere die Dinge, die weit über Fakten hinausgehen.
Herzlichen Dank auch dem Ullstein Verlag, der mir die Möglichkeit gegeben hat, mein Wissen weiterzugeben, und insbesondere meiner Lektorin Bettina Eltner für ihre Geduld und Unterstützung.
Im Sommer 2020
Sebastian Klussmann
1
Was ist Allgemeinwissen?
Mein Leben dreht sich zu einem großen Teil um die Frage »Was gehört zum Allgemeinwissen?«, schließlich beantworte ich Quizfragen in TV-Shows, entwickle solche Fragen oder halte Vorträge zu dem Thema. Dennoch muss ich gestehen: Eine abschließende Antwort habe ich nicht. Es kann sie auch nicht geben. Allgemeinwissen ist immer zeit- und ortsgebunden. Ihre Eltern werden unter Allgemeinwissen etwas anderes verstehen als Ihre Kinder. Für die Ersteren mögen die Filme Alfred Hitchcocks und das literarische Werk Heinrich Bölls zur kulturellen Grundausstattung zählen. Letztere würden eher die Comic-Verfilmungen aus dem Marvel-Universum und den professionellen E-Sport als solches werten.
Grob kann man zwischen normativem und empirischem Wissen unterscheiden. Normatives Wissen ist das, was ge- und erwünscht ist, empirisches Wissen ist das, worüber wir verfügen. Wer einen Wunsch-Zustand definiert, der geht von einem Ist-Zustand aus. Die Vorstellungen von Allgemeinwissen sind also normativ geprägt, denn es wird ein wünschenswerter Bildungskanon aufgestellt: Das sollst und musst du wissen! Natürlich ist eine solche Auffassung immer auch subjektiv. Dennoch beanspruchen viele für sich, wertend das Wissen hinsichtlich der Wünschbarkeit und der Notwendigkeit zu ordnen – insbesondere das klassische Bildungsbürgertum. Dominiert wird dies dann von Themen wie Kunst, Geografie, Geschichte, Literatur und Naturwissenschaften, also im weitesten Sinne Themen, die klassisch der Hochkultur zugerechnet werden. Musik wird angeführt von klassischer Musik, im Fokus stehen die Werke Beethovens und Bachs, ausgeschlossen werden Britney Spears und Beyoncé, eventuell rutschen noch die Beatles als Vertreter populärer Musik rein, ein bisschen moderne Musik braucht es ja, auch wenn sie schon vor über einem halben Jahrhundert modern war, aber ein Justin Bieber taucht hier sicherlich nicht auf.
Bei meinen Vorträgen stoße ich immer wieder auf verdutzte Blicke, bisweilen sogar auf sichtbar pulsierende Halsschlagadern, wenn ich behaupte, dass die RTL-Show »Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!« eindeutig zum Allgemeinwissen gehört. Wie könne es nur sein, dass ein nachweislich hochgebildeter Mensch diese TV-Sendung dazurechne, in der sich ein Dutzend C-Promis im australischen Dschungel angafft und Schweinehoden und Schafsaugen verschlingt. Ganz einfach: Bis zu sieben Millionen Menschen sitzen gebannt am Bildschirm und verfolgen über mehrere Tage hinweg den Wettstreit um die Krone des Dschungelkönigs. Das sind herausragende Marktanteile von 30 bis 40 Prozent der werberelevanten Gruppen. Eines der wenigen Formate, dem es abseits von Fußballspielen und der Tagesschau gelingt, den Unterhaltungskonsum eines gewichtigen Teils der Gesellschaft zu synchronisieren. Wenn solche Ereignisse nicht zum Allgemeinwissen zählen, dann gibt es kaum mehr etwas, das wir so nennen können, auch wenn Bildungsbürger*innen hier wieder den »Untergang der abendländischen Hochkultur« beklagen möchten.
Der Teil der Bevölkerung, der den Schlager-Hit »Atemlos durch die Nacht« von Helene Fischer1, ganz unabhängig vom Alkoholpegel, textsicher mitsingen kann, wird sehr wahrscheinlich größer sein als der, der Ludwig van Beethovens2 5. Sinfonie erkennt. Mehr Menschen werden den Partner von Heidi Klum3 benennen können als den dritten Bundeskanzler der Bundesrepublik4und mehr den Torschützenkönig der Fußball-Bundesliga5 als den letzten deutschsprachigen Literaturnobelpreisträger.6Aber Hand aufs Herz: Können Sie die aktuellen Bundesministerinnen für Justiz, Umwelt oder Bildung benennen? Falls nein: Sie sind nicht alleine, sehr wahrscheinlich sogar Teil einer deutlichen Mehrheit.
Quiz:
1 Mit welchem Showmaster und Schlagersänger war Helene Fischer zehn Jahre liiert? Auch nach der Trennung trägt dieser das Konterfei der Sängerin als Tattoo auf seinem Oberarm. Antwort
2 Der Text des Finalsatzes von Beethovens 9. und letzter Sinfonie geht auf das Gedicht »An die Freude« welches deutschen Schriftstellers zurück? Antwort
3 Heidi Klum hieß zwischen 2009 und 2012 offiziell Heide Samuel, da sie den Nachnamen ihres damaligen Ehepartners angenommen hatte. Unter welchem Namen ist der britische Sänger bekannt, mit dem sie drei gemeinsame Kinder hat? Antwort
4 Kurt Georg Kiesinger war vor seiner Kanzlerschaft von 1958 bis 1966 Ministerpräsident welches deutschen Bundeslandes? Antwort
5 Die ersten beiden ausländischen Torschützenkönige, der Norweger Jørn Andersen und der Ghanaer Anthony Yeboah, liefen für welchen Traditionsklub auf? Auch Alex Meier schoss sich im Trikot dieses Vereins zur Torjägerkanone. Antwort
6 Das Gedicht »Lied vom Kindsein« von Peter Handke ist ein Leitmotiv welchen Films von Wim Wenders mit Bruno Ganz aus den Achtzigerjahren? Antwort
In einer von der RTL-Gruppe in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage des führenden Meinungsforschungsinstituts forsa Anfang des Jahres 2018, etwa zwei Wochen nach der Regierungsbildung, waren zumindest die allermeisten der befragten Bürger*innen überfordert. Lediglich ein Prozent konnte die CDU-Politikerin Anja Karliczek aktiv als Ressortleiterin angeben. Nun mag man einwenden, dass es auch einige Zeit braucht, bis eine eher kaum bekannte Berufspolitikerin von der Bevölkerung in ihrem neuen Amt wahrgenommen wird. Aber auch Entwicklungsminister Gerd Müller von der CSU, der bereits im vorangegangenen Kabinett Merkel das Ressort leitete, kannten lediglich zwei Prozent. Am besten schnitten Innenminister Horst Seehofer sowie Finanzminister Olaf Scholz mit 42 respektive 36 Prozent ab, beide immerhin auch seit vielen Jahren in verschiedenen Ämtern im Blickfeld der Öffentlichkeit, u. a. auch als ehemalige Landesväter. Dennoch konnten 42 Prozent der befragten Wahlberechtigten keine/n einzige/n Minister*in und das dazugehörige Ressort nennen. Unter den 18- bis 29-Jährigen war es mit 62 Prozent sogar die deutliche Mehrheit.
In einer vom Printmagazin Stern in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 ermittelte ebenfalls forsa, dass 49 Prozent der Befragten keine/n einzige/n FDP-Politiker*in benennen konnte. Bei aller Häme, die die gelbe Traditionspartei in den letzten Jahren getroffen hat, ist dies doch ein durchaus erstaunlicher Wert. Insbesondere zu Wahlkampfzeiten sind wir schließlich auf den Straßen umzingelt von Politiker*innen, die auf Plakaten um unsere Stimme buhlen und in den Medien omnipräsent sind – ob in Talkshows, Rede-Duellen oder als Zielscheibe von Satireshows.
Im Gegensatz dazu genießen Stars aus Sport und Unterhaltung in der Bevölkerung eine deutlich größere Prominenz. So kam der ehemalige Fußballnationalspieler des FC Bayern München, Thomas Müller, im Juni 2018 auf eine visuelle und namentliche Bekanntheit von 88 Prozent, das heißt, dass fast jede*r neunte Befragte angab, das Bayern-Urgestein dem Aussehen und dem Namen nach zu kennen. Natürlich sind diese Daten mit den Erhebungen zu den Politiker*innen nur bedingt zu vergleichen. Es ist jedoch schwer vorstellbar, dass neun von zehn Menschen in Deutschland Außenminister Heiko Maas erkennen würden. Womöglich würde der saarländische Spitzenpolitiker das eine oder andere Bekanntheitsduell gegen einen Spitzenkicker dann doch gewinnen, denn kaum jemand wird so gut erkannt wie der sympathische Münchner Stürmer. Den sechsfachen Weltfußballer des Jahres, Lionel Messi, erkennen nur 55 Prozent der Deutschen auf einem Bild, immerhin 83 Prozent ist der argentinische Ausnahmespieler zumindest ein Begriff. Der zwei Mal zu Afrikas Fußballer des Jahres gekürte ägyptische Nationalspieler Mohamed Salah kommt da nur auf 40 Prozent. Sein Trainer beim FC Liverpool hingegen ist 91 Prozent der Befragten visuell und namentlich bekannt, kein Wunder, dass man Jürgen Klopp auch als Werbebotschafter und nicht nur auf dem Spielfeldrand erlebt.
Wenn die Bekanntheitswerte einer Tatjana Gsell (50 Prozent) und einer Natascha Ochsenknecht (62 Prozent) höher ausfallen als die von wichtigen politischen Entscheidungsträger*innen, dann mag man das bedauern, leugnen sollte man es nicht. Auch das gehört zum Allgemeinwissen, ob es ins gewünschte Weltbild passt oder nicht.
Allgemeinwissen kann im empirischen Sinne als die Schnittmenge des Wissens einer Gesellschaft verstanden werden. Wenn allerdings die Wissenswelten immer weiter auseinanderdriften, dann wird es schwierig, eine solche repräsentative Schnittmenge zu finden. Man könnte also einen anderen Wert zugrunde legen, beispielsweise sagen, wenn ein bestimmter Fakt 10 Prozent der Bevölkerung bekannt ist, dann zählt dieser zum Allgemeinwissen. Eine solche Definition ließe dann die Inklusion ganz unterschiedlicher Perspektiven und Lebenswelten zu.
Leider ist mir keine repräsentative Untersuchung dazu bekannt. Es wäre doch interessant zu erfahren, inwiefern unsere persönlichen Vorstellungen von dem, was andere wissen, abweichen und wie viel von diesem gesellschaftlich verbreiteten Wissen wir teilen. Große Subkulturen, die nur eine geringe Rezeption im Mainstream finden, zählten dann dazu, obwohl mehr als die Hälfte der Menschen nichts damit anfangen könnte; beispielsweise die riesige Szene des E-Sports und der Videospiele, die millionenfach geklickt werden und deren Wettkämpfe Fußballarenen füllen. Oder Musik-Genres wie Deutschrap, deren treue Fans die Songs regelmäßig auf die Spitze der Charts hieven, ohne dass die Hits auf den meisten Radiostationen laufen. Otto Normalverbraucher hält die Künstler Fero47, Ufo361 und Apache207 für Kaffeemaschinenmodelle und Mero, Eno und Nimo für eine fremdsprachige Version von Tick, Trick und Track. Oder erkennen Sie die Verbindung zwischen den Begriffen Hefe, Ludwig und Valencia? Bei der Quiz-Olympiade 2016 war ich jedenfalls noch ahnungslos, dass es allesamt Bilderfilter der audiovisuellen Plattform Instagram sind, die zumindest 2019 in Deutschland laut eigener Aussage 27 Prozent der 14- bis 59-jährigen Befragten nutzen.
Die Wissensvermittlung in Schulen und Universitäten geschieht natürlich nach gewissen normativen Leitlinien. Dazu muss festgelegt werden, welches Wissen in welchem Detail vermittelt werden soll. Solche Lehrpläne wiederum sind einem stetigen Wandel unterworfen. Die Inhalte in naturwissenschaftlichen Fächern beispielsweise müssen neueren Forschungsergebnissen angepasst, oder in Politikkursen sollte auf aktuell relevante Debatten Bezug genommen werden. Ältere, schwer zugängliche und der heutigen Lebenswelt entrückte Werke, die noch bei früheren Generationen zur Pflichtlektüre zählten, müssen durch modernere Texte ersetzt werden, und selbst im Mathematikunterricht werden zumindest die Textaufgaben aktualisiert. Aufgrund der begrenzten Zeit und Ressourcen müssen deshalb oftmals schwierige Entscheidungen getroffen werden: Wie viel Raum gibt man im Geschichtsunterricht außereuropäischer Geschichte? Fragen Sie sich einmal selbst, was Sie über Afrika, Südamerika und Asien gelernt haben, Wissen, das über Christopher Kolumbus und das Alte Ägypten hinausgeht? Meist waren die kurzen Unterrichtseinheiten dann auch noch eurozentrisch ausgerichtet, etwa, indem die Geschichte Südamerikas erzählt wurde durch den Blickwinkel der Eroberung spanischer Konquistadoren im 16. Jahrhundert und das Alte Ägypten anhand der in Berlin befindlichen Büste der Nofretete, der Beziehung Kleopatras7 zu Gaius Julius Caesar und Marcus Antonius und der Entdeckung des Grabes von Tutanchamun durch Howard Carter im Jahre 1922.
Quiz:
7 Kleopatra VII. war der letzte weibliche Pharao und Königin des ägyptischen Ptolemäerreiches, welches auf Ptolemaios I. zurückgeht, einem Offizier von welchem großen Feldherrn? Antwort
Die Zusammenstellung der Unterrichtseinheiten unterliegt gewissen Überzeugungen von Relevanz und Notwendigkeit, und sie ist immer ein Ergebnis von unterschiedlichen Interessen und Vorstellungen. Schüler*innen sollen sowohl Fähigkeiten und Kenntnisse erlangen, um für die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts gerüstet zu sein, als auch, um eigenständig denkende, mündige Bürger*innen einer demokratischen Gesellschaft zu werden.
Der Versuch, Allgemeinwissen zu definieren, dieses gar festlegen zu wollen, ist eigentlich von vornherein zum Scheitern verurteilt. Wenngleich ich jedoch den Reiz einer solchen Herausforderung nicht ganz abstreiten kann. Zu den bekanntesten deutschsprachigen Versuchen zählt das im Jahre 1999 veröffentlichte Buch »Bildung. Alles, was man wissen muß« des Anglisten und Literaturwissenschaftlers Dietrich Schwanitz. Ein überaus vollmundiger Titel mit einem nicht einlösbaren Versprechen, das dank dieser Fallhöhe aber auch die Auflagenhöhe nach oben trieb. Schwanitz nimmt den Leser in diesem Bildungs-Handbuch mit auf eine flott geschriebene Reise durch Geschichte, Philosophie, Kunst, Literatur und Musik. Bei der Themenauswahl fehlten jedoch auch essenzielle Wissenswelten, und so erschien einige Jahre später die kritische Erwiderung »Die andere Bildung. Was man von den Naturwissenschaften wissen sollte« des Wissenschaftshistorikers Ernst Peter Fischer – dem Klagen des Physikers und Schriftstellers C. P. Snow folgend, der einmal wohl leider zu Recht behauptete, dass jeder Shakespeare zur Bildung zähle, aber nicht den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Im Doppelpack stellen beide, mittlerweile zwar etwas in die Jahre geratenen Bücher immer noch ein gutes Fundament dar. Dennoch fehlen auch hier weiterhin große Allgemeinwissensbereiche wie Sport, Ernährung und Film und Fernsehen. Sicherlich kann man darauf verweisen, dass Bildung nicht deckungsgleich mit Allgemeinwissen ist. Aber warum sollten Kompositionen bewegter Bilder heutzutage weniger relevant sein als das geschriebene Wort großer Dichter?
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Fluch des Wissens – Hase und Igel laufen Marathon
Laut einer Schrift des römischen Redners und Staatsmannes Cicero8 soll Sokrates9, der große Philosoph der Antike, einmal selbstkritisch und bedeutungsschwer folgende Erkenntnis geäußert haben: »Ich weiß, dass ich nichts weiß.« Dieser berühmte Ausspruch zählt heute wohl zu den populärsten Zitaten philosophischer Laien überhaupt. Ungeachtet der Tatsache, dass es sich hierbei eigentlich um einen Widerspruch handelt, denn wenn man etwas weiß, dann kann man schließlich nicht nichts wissen, hat Sokrates diese Worte so wohl nie gesagt. Auch schriftlich ist nichts dazu überliefert. Das mag nicht überraschen, schließlich fehlen jegliche Schriftstücke aus der Hand dieses Denkers. Unser Wissen um die frühe Philosophie im Ursprungsgebiet demokratischer Herrschaftsformen beruht vornehmlich auf den Schriften von Platon10, dem bedeutendsten Schüler von Sokrates. Aber auch in seinen zahlreichen in Dialogform überlieferten Werken findet man diesen Satz nicht.
Quiz:
8 Auf welche für Hummus und Falafel essenzielle Hülsenfrucht lässt sich der Name »Cicero« zurückführen? Antwort
9 Die bevorzugte Gesprächstechnik von Sokrates war bei Dialogen die Mäeutik, im Prinzip das Gegenteil des Frontalunterrichts. Durch viele geeignete Fragen brachte er seine Gesprächspartner dazu, selbst Erkenntnisse hervorzubringen. Der Begriff »Mäeutik« geht zurück auf den Beruf, den seine Mutter ausübte. Welchen Beruf hatte sie? Antwort
10 Platons Schüler Aristoteles war der Erzieher und Lehrer von welchem makedonischen Feldherrn? Antwort
In der falschen Überlieferung steckt aber durchaus eine wichtige Beobachtung. Man könnte es im wahrsten Sinne des Wortes folgendermaßen relativieren: Je mehr ich weiß, desto mehr weiß ich, was ich nicht weiß. Man beginnt mit der bewussten Bildung einer Wissensbasis einen Wettlauf, den man niemals beenden kann. Und je schneller man läuft, desto weiter entfernt sich das trügerische Ziel des universellen Wissens. Eine paradoxe Mischung aus immer schneller werdendem Hamsterrad und Hase-Igel-Rennen.11
Quiz:
11 »Hase und Igel« ist 1979 der erste Preisträger welcher jährlichen Auszeichnung geworden? Weitere Gewinner in der jüngeren Vergangenheit waren »Azul«, »Just One« und »Kingdomino«. Antwort
Dass dies durchaus auf das Gemüt schlagen kann, erfuhr ich 2010 bei meiner ersten Quizeuropameisterschaft im englischen Derby.12 Am späten Abend nach den Wettbewerben saß ich noch mit einigen erfahrenen Quizzern bei ein paar Gläsern englischem Ale zusammen. Dabei kam ich mit dem jungen Stadtplaner Jesse Honey ins Gespräch, Mitglied der fast unschlagbaren englischen Nationalmannschaft und Shootingstar der Szene. Der erst 33-Jährige hatte sich binnen weniger Jahre in die Weltspitze manövriert und genoss nicht nur großen Respekt unter seinen Mitstreitern, sondern aufgrund seiner stets positiven Ausstrahlung ebenso große Sympathien. Was er mir damals jedoch offenbarte, verblüffte mich. Quizzen sei eigentlich nicht das Richtige für ihn, sagte er halb im Scherz. Wenn man als Stadtplaner in der Millionenmetropole London lange diensttauglich bleiben möchte, so sollte man auf frustrierende Hobbys verzichten. Zwar mache es zweifelsohne immer Spaß, aber ihn belaste durchaus die Vorstellung, dass er nie genug wissen könne. Jesse Honey wurde zwei Jahre später mit einer Rekordpunktzahl Weltmeister. Wiederum zwei Jahre später trat er zurück. Und im Gegensatz zu vielen Sportlern13 und Musikern blieb er seiner Entscheidung treu.
Quiz:
12 Das am häufigsten ausgetragene Derby Europas ist das Fußballspiel »Old Firm«, das in welcher britischen Stadt stattfindet? Die Rangers führen 2020 hauchdünn mit 162 Siegen. Antwort
13 Michael Jordan beendete 1993, etwas verfrüht, seine Basketballkarriere, um welchen Sport professionell zu betreiben? 1995 stand er dann für die Chicago Bulls auf dem Parkett. Antwort
Ich habe seine Aussage schon damals nicht ganz nachvollziehen können, und bis heute teile ich auch nicht ihre Konsequenz. Eine Lösung gibt es nicht – wie bei jedem Dilemma. Aber es gibt zumindest eine Möglichkeit, dem Problem aus dem Weg zu gehen: Wem das sich beschleunigende Hamsterrad bewusst ist und wer diesen Umstand akzeptiert, kann einen Ausweg aus dieser psychologischen Falle durch einen ebenso paradoxen Konter finden: indem man nämlich den Wunsch nach umfassender Bildung verwirft. Der Weg ist das Ziel. Das Erlangen von Wissen ist ein Prozess, ein Ende gibt es nicht, denn tagtäglich wird so viel Wissenswertes hervorgebracht, dass es unmöglich von einer Person verarbeitet und aufgenommen werden kann. Das Ziel ist also lebenslanges Lernen.
Allgemeinwissen ist das Produkt eines Ultra-Marathons, keines Sprints. Mein Wissen hat sich über dreißig Jahre in unzähligen Episoden verschiedenster Lernerfahrungen gefestigt. Übrigens genauso wie bei Ihnen auch. Wenn Sie nun fünf Power-Sprints hinlegen und so hoffen, ins Ziel zu kommen, erwarten Sie zu viel. Die Ziellinie eines Marathons erreichen Sie so nicht, egal, wie schnell Sie sprinten, und Sie geben im schlimmsten Fall aus Enttäuschung auf.
Ich treffe regelmäßig auf Menschen, die unbedingt so schnell wie möglich ihr Wissen erweitern möchten. So erlebe ich immer wieder, dass Quizneulinge an unseren Turnieren teilnehmen und sehr ehrgeizige Ziele haben, nur um wenig später enttäuscht mit dem Quizzen wieder aufzuhören, weil sich ihre Platzierungen und Punkte nicht ihren Erwartungen entsprechend entwickelt haben. Man kann innerhalb eines Jahres nicht das Wissen verdoppeln, das man sich zuvor in über dreißig Jahren angeeignet hat, es sei denn, man ging früher mit Scheuklappen durch die Welt. Wir alle lernen ja jeden Tag, ob wir das nun bewusst machen oder nicht, wir nehmen ständig Informationen auf. Natürlich kann man das Lernen und die Informationsaufnahme verbessern und beschleunigen, kognitive Wurmlöcher gibt es jedoch nicht, es braucht Zeit. Und je mehr der Prozess des Lernens selbst Spaß macht, unabhängig vom jeweiligen Ziel, desto eher sind wir gewillt, diesen immer wieder aufs Neue einzugehen.
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Quizzen ist kein Gedächtnissport
Noch eine kleine Klarstellung: Ich bin kein Gedächtniskünstler und habe kein fotografisches Gedächtnis. Ich lerne nicht mit einer einzigen Methode, mein Ansatz ist umfassender und natürlicher und beinhaltet viele kleine Schritte, mit denen ich langfristig mein Allgemeinwissen aufbaue. Gedächtniskünstler*innen nutzen im Gegensatz zu mir meist eine oder zwei Methoden, um kurzfristig große Informationsmengen mental abzuspeichern.
Einige konnten ihre Fähigkeiten einem Millionenpublikum in der von Jörg Pilawa moderierten Fernsehshow »Deutschlands Superhirn« im ZDF unter Beweis stellen. Eine der atemberaubenden Leistungen absolvierte u. a. eine 14-jährige Schülerin, die das komplette Fernstreckennetz der Deutschen Bahn und auch alle dazugehörigen Bahnhöfe erfolgreich memorierte. Bei den Gedächtnisweltmeisterschaften gehören deutsche Mentalathlet*innen zur Spitze, schon vier Mal ging der Titel nach Deutschland. Die Weltmeisterschaft besteht aus zehn Disziplinen. In verschiedenen Zeitvorgaben müssen Zahlen, Wörter, Spielkarten, Namen und Bilder möglichst fehlerfrei und schnell auf die geistige Festplatte gebracht werden. Die Leistungen sind höchst beeindruckend. Dennoch, bei aller Faszination, die sie zu Recht auslösen, es handelt sich hier eigentlich um eine Orgie des Bulimie-Lernens. Warum sollte man sich auch fiktive Daten langfristig merken? Vielleicht nur, um am Ende des Tages einen Pokal in die Höhe zu strecken und sich Weltmeister nennen zu dürfen?
Einer der Pioniere des Gedächtnissports ist der Brite Dominic O’Brien, achtfacher Gedächtnisweltmeister und ehemaliger Wettkönig des Fernsehklassikers »Wetten, dass ..?«.14 Ebenso erfolgreich ist er in der Vermarktung seiner Techniken. So schrieb er u. a. das Buch »How to Develop a Brilliant Memory Week by Week. 50 Proven Ways to Enhance Your Memory«. Unter den fünfzig Schritten, die er anpreist, finden sich viele kreative, gut anwendbare und sinnvolle Memotechniken, die durchaus hilfreich sind, wenn man sich die eigene IBAN-Nummer besser merken möchte. Allerdings rät O’Brien auch, sich damit die Namen der Filme, die einen Oscar bekommen haben, oder sonst irgendwelche historisch bedeutsame Daten zu merken. Meiner Meinung nach ist dieser Ansatz höchst fraglich und darüber hinaus auch wenig Erfolg versprechend.
Quiz:
14 Welcher ehemalige »Wetten, dass ..?«-Moderator ist gebürtiger Österreicher? Antwort
Damit Sie besser verstehen, was ich meine, will ich Ihnen das an einem ganz konkreten Beispiel aufzeigen: Um sich die mit dem Oscar ausgezeichneten Filme in chronologischer Reihenfolge merken zu können, empfiehlt O’Brien die Anwendung der sogenannten Loci-Methode. Dabei werden Fakten – in der gewünschten Reihenfolge – in einer Bilderserie entlang eines uns bekannten Weges zu einer Geschichte miteinander verbunden. Wenn man nun also die letzten zehn Sieger später aufzählen möchte, dann soll man sich vorstellen, dass man sein Ticket bei einem König kauft (»The King’s Speech«), ein stummer Jack-Russell-Terrier (»The Artist«) das Popcorn übergibt, Ben Affleck mit Argusaugen die Ticketkontrolle vollzieht (»Argo«), jemand auf dem Gang ausgepeitscht wird (»12 Years a Slave«), auf dem Nachbarsitz sich ein Mann mit Vogelkopf breitmacht (»Birdman«), der Film mit einem grellen Licht beginnt (»Spotlight«), Sie aus dem Kino spätabends in die dunkle Nacht bei Mondlicht hinaustreten (»Moonlight«), es auf dem Nach-Hause-Spaziergang zu regnen beginnt (»Shape of Water«), was Muammar al-Gaddafi nicht davon abhält, Ihnen sein politisches Buch zu überreichen (»Green Book«), in dem Sie allerlei Ungeziefer finden (»Parasite«).
Eine durchaus bemerkenswerte Geschichte, die gerade deshalb auch einprägsam ist. Und ja, ich bin mir sicher, dass ich mir die Reihenfolge der Oscargewinner mithilfe dieser abstrusen Story durchaus besser einprägen kann. Ein Effekt, der aber auch eingetreten wäre, wenn ich dieselbe Zeit, die ich für die Konstruktion der Geschichte aufwenden musste, dafür eingesetzt hätte, um noch etwas mehr über die Filme zu erfahren. Was passiert nun aber, wenn jedes Jahr ein neuer Film dazukommt? Eine unendliche Geschichte!15 Bei mindestens 24 Kategorien, in denen die knapp vier Kilogramm schwere, mit 24-karätigem Gold überzogene Statuette aus Britanniametall vergeben wird, sprengen die zur Memorierung notwendigen Geschichten jedes geistige Budget. Dennoch hat die Vorstellung eines Kinosaals gefüllt mit Meryl Streeps und Katherine Hepburns etwas Magisches.
Quiz:
15 Der Titelsong der Verfilmung aus dem Jahre 1984 von Michael Endes »Die unendliche Geschichte« stammt von Christopher Hamill, der unter welchem Anagramm seines Nachnamens auftrat? Antwort
Eine solche Übersetzung von Informationen in absurde Geschichten ist für die Entwicklung von Allgemeinwissen eher ein Bremsstein. Ich kenne jedenfalls keinen Quizchampion, der diese Methode für sich nutzt. Ich finde sogar, dass Eselsbrücken grundsätzlich kognitiver Ballast sind. Sie sind nur dann sinnvoll, wenn man ein Thema weder verinnerlicht noch verstanden hat. »Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimmel« ist zwar ein süßer Merkspruch, mit dem man die Reihenfolge der Planeten unseres Sonnensystems leicht memorieren kann. Wenn ich aber weiß, dass der siebte Planet, Uranus, im Jahre 1781 von dem in Hannover geborenen deutsch-britischen Astronomen Wilhelm Herschel entdeckt worden ist und es weitere 75 Jahre dauerte, bis der Deutsche Johann Gottfried Galle in der Berliner Sternwarte den achten Planeten, Neptun, erspähte – übrigens aufgrund der Vorberechnungen seines französischen Kollegen Urbain Le Verrier –, dann brauche ich ihn nicht. Mehr noch: Als Pluto 2006 auf der Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union vom Planeten zum Zwergplaneten degradiert worden ist, musste ich zumindest den Merkspruch nicht überarbeiten.
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Allgemeinwissen – wozu?
Binnen nur weniger Sekunden und Klicks auf dem Smartphone können wir uns Fakten ergoogeln. Wikipedia bereitet das gesammelte Weltwissen auf, das gedruckt in kein Bücherregal mehr passen würde. Vorbei sind die Zeiten, in denen noch lange Diskussionen über recht einfache Wissensfragen geführt wurden, denn es kann heutzutage schnell geklärt werden, wer recht hat. Ich vermisse diese Diskussionen nicht, und viele frühere Generationen hätten uns um die heutigen Möglichkeiten sicher beneidet. Noch nie konnten so viele Informationen so einfach abgerufen werden.
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