Bianca Exklusiv Band 327 - Lilian Darcy - E-Book

Bianca Exklusiv Band 327 E-Book

Lilian Darcy

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Beschreibung

TAUSEND MAL IST NICHTS PASSIERT von MICHELE DUNAWAY Nur ein einziges Mal will Kristi nicht die Tochter des Chefs sein, sondern einfach eine heiße Nacht erleben. Und wirklich: Zwischen ihr und ihrem Kollegen Mitch knistert es vor Erotik. Kann der einfühlsame Liebhaber derselbe sein, der ihr stets nur ein guter Freund war? KEIN WORT VON LIEBE von LILIAN DARCY Aufgewühlt blickt Atlanta auf den Schwangerschaftstest. Sie trägt Nathans Baby unter dem Herzen! Neben freudiger Verwirrung verspürt die junge New Yorkerin Unsicherheit. Zwar sprühen die Funken zwischen ihr und dem faszinierenden Nathan. Aber ist er auch bereit, Vater zu werden? VOM GLÜCK ÜBERRUMPELT von KAREN TEMPLETON Beim Joggen prallt Tess unerwartet auf ihre große Jugendliebe. Ihr klopft das Herz bis zum Hals, als sie den inzwischen gefragten Möbeldesigner erkennt. Sehnsüchtige Erinnerungen branden in ihr auf. Nur zu gerne wüsste sie, ob Eli noch immer ein so guter Küsser ist wie damals …

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Seitenzahl: 594

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Michele Dunaway, Lilian Darcy, Karen Templeton

BIANCA EXKLUSIV BAND 327

IMPRESSUM

BIANCA EXKLUSIV erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Erste Neuauflage in der Reihe BIANCA EXKLUSIVBand 327 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2010 by Michele Dunaway Originaltitel: „Baby in the Boardroom“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Dr. Gesine Kiewitz Deutsche Erstausgabe 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1793

© 2010 by Lilian Darcy Originaltitel: „The Heiress’s Baby“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Patrick Hansen Deutsche Erstausgabe 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1802

© 2009 by Karen Templeton-Berger Originaltitel: „A Marriage-Minded Man“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Stephanie Thoma-Kellner Deutsche Erstausgabe 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1811

Abbildungen: Jacob Wackerhausen / Getty Images, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733748807

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Tausend Mal ist nichts passiert

1. KAPITEL

Er hat mich sitzen gelassen. Kristi Jensen warf sich gegen die Lehne des Stuhls im Thai-Restaurant. Ungläubig starrte sie Bill an. „Wie bitte?“

„Ich werde dich verlassen“, wiederholte der Mann, mit dem sie seit einem Jahr ausging. Gleichgültig stocherte er in seinen Nudeln. „Es war angenehm mit dir, und du wirst immer etwas Besonderes für mich sein, aber ich habe mich auf dem Junggesellenabschied meines Bruders verliebt.“

„Verliebt?“

Seine Augen blickten verträumt. „Ja, es war Liebe auf den ersten Blick. Sie ist einundzwanzig und macht mich wahnsinnig an.“ Nachdrücklich fuchtelte Bill mit seiner Gabel.

„Aha“, erwiderte Kristi. Der Appetit war ihr vergangen.

„Du weißt, dass es zwischen uns nie gut lief.“

Das war ihr nicht bewusst gewesen. Ihre Beziehung war nicht besonders leidenschaftlich, aber es ging ihnen nicht schlecht, und sie passten zusammen. Und ihre Eltern mochten ihn. Sie hatte eigentlich auf einen Heiratsantrag von ihm gewartet.

Jetzt begriff Kristi, dass der Sportwagen, den Bill vor einem Monat gekauft hatte, der Beginn einer Midlife-Crisis war. Er ließ sie sitzen für eine Frau, die vierzehn Jahre jünger war als er. Verliebt? Von wegen. Wie erstarrt fragte sie ihn: „War sie auch auf der Party eingeladen?“

„Nein, sie war die Stripperin“, antwortete Bill kauend. „Aber sie macht das nur, um Geld für das College zu verdienen. Sie arbeitet nicht im Rotlichtbezirk – nur auf Privatpartys. Natürlich habe ich ihr gesagt, dass sie damit aufhören muss, wenn wir heiraten. Ich bin ja in der Lage, sie zu unterhalten.“

„Na toll.“ Bills versnobte Mutter würde alles andere als begeistert sein von ihrer Schwiegertochter in spe.

Aber das konnte Kristi nun egal sein. Ihre Beziehung zu diesem Mann war beendet. Sie schob ihren Teller zurück, nahm einen Geldschein aus dem Portemonnaie, warf ihn auf den Tisch und wollte gehen.

Bill schaute sich um, als ob ihm das Ganze plötzlich peinlich sei. „Bitte bleib, Kristi. Sonst drehen sich noch die Leute nach uns um. Jeder kennt uns hier. Lass uns nachher zusammen in aller Freundschaft gehen. Ich möchte kein Aufsehen erregen. Und ich habe dich nicht betrogen, falls du das denkst.“

Kristi war daran gewöhnt, dass ihre Beziehungen aus dem einen oder anderen Grund auseinandergingen. Verzweifelt versuchte sie, ihre Würde zu wahren. „Kein Problem. Wenigstens fange ich mir dann keine Geschlechtskrankheiten ein.“

Sie stand auf. Es gelang ihr halbwegs, in ihren hochhackigen Pumps nicht zu schwanken. Nein, sie würde jetzt nicht in Tränen ausbrechen. Und auch nicht die verlorene Zeit mit Bill betrauern.

Sie glättete ihren Rock und griff nach ihrem Mantel. Wortlos ging sie hinaus und ließ Bill und die Illusion einer gemeinsamen Zukunft hinter sich.

„Verdammt“, fluchte sie, als sie in ihr Auto stieg. Heute Abend fand die Firmenweihnachtsfeier statt, und ihre Eltern würden zutiefst enttäuscht über die Neuigkeit sein.

Kristi Jensen, einziges Kind des Gründers und Geschäftsführers des größten Biervertriebs im Mittleren Westen, war wieder einmal Single. Sie musste sich jetzt zusammenreißen. Ihre heutige Aufgabenliste war endlos – Kristi würde sich in die Arbeit stürzen und alles Selbstmitleid auf morgen verschieben.

Mitch Robbins lief vor seinem Schreibtisch auf und ab. Endlich hatte er die Unterlagen für seine Versetzung unterschrieben. Er würde Kristis Abteilung verlassen.

Es war höchste Zeit. Seit fünf Jahren arbeitete er mittlerweile bei Jensen, die letzten zwei Jahre als Kristis persönlicher Assistent. Achtzehn Monate war er geblieben, länger als die meisten seiner Vorgänger. Der Job war das Sprungbrett für eine Karriere im Unternehmen.

Das einzige Problem war, dass er sich nach ein paar Monaten in Kristi verliebt hatte. Aber er war nicht so dumm gewesen, seine Chefin um ein Date zu bitten, die auch noch die Tochter des Firmeninhabers war. Das hätte nämlich sein berufliches Aus bedeutet. Und er mochte seinen Job und die Möglichkeiten, die auf ihn warteten.

Jetzt aber war er bereit dazu. Kristi hatte Mitch vor ein paar Tagen anvertraut, dass sie einen Antrag von Bill erwartete. Seitdem war sie besessen vom Heiraten.

Er konnte es nicht länger ertragen, an ihrer Seite zu arbeiten. Deshalb hatte er seine Versetzung beantragt, und da bei Jensen alles schnell ging, würde er schon Montag eine neue Tätigkeit beginnen.

Er ging zu seinem Schreibtisch zurück. Zwei Jahre seines Lebens hatte er sich nach einer Frau verzehrt, die für ihn unerreichbar war. Seine Eltern verstanden ihn nicht. Als zweiunddreißigjähriger Single war er in den Augen seiner katholischen Großfamilie spät dran.

Doch wie konnte er jemand anders heiraten, wenn die Frau seiner Träume vor ihm saß? Er liebte alles an ihr – ihr blondes Haar, die blauen Augen und ihr umwerfendes Lächeln. Trotz ihrer Herkunft war sie nicht überheblich. Ihre Nähe versetzte ihn in gute Laune.

Aber ihre Beziehung würde sich nie verändern. Kristi und er kamen aus unterschiedlichen Welten. Er gehörte nicht wie die Jensens zum Clan der reichen Familien von St. Louis. Kristi würde ihn vielleicht noch akzeptieren – niemals jedoch ihre Eltern.

Mitch wandte sich wieder dem Computer zu. Er würde Kristi die Neuigkeit mitteilen, wenn sie zurückkäme.

Sein Vorsatz löste sich in Luft auf, als sie verfrüht und mit tränengeröteten Augen ins Büro zurückkehrte. Besorgt sprang er auf. „Ist alles in Ordnung?“

„Alles okay“, brachte Kristi heraus. Sie versuchte, sich zu sammeln. „War während meiner Abwesenheit irgendetwas los?“

„Nichts Besonderes. Alle scheinen wegen der Party ziemlich beschäftigt zu sein.“

„Ist mein Kleid angekommen?“

Zur Hölle mit dem verdammten Protokoll. Mitch legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm. „Dein Kleid ist da. Und Barbara und Sara sind schon im Hotel und überwachen den Aufbau.“ Die heutige Party war allein Kristis Verdienst. Monatelang hatte sie die Topveranstaltung des Unternehmens gemeinsam mit der gesamten PR-Abteilung organisiert.

„Was ist mit dem Michelsen-Report?“

„Geschrieben, kopiert und verschickt, damit er vor dem Meeting am Dienstag gelesen werden kann.“

„Und die Preisangaben für die neuen Broschüren?“

„Warten auf die letzten Spezifikationen. Ich habe eine Erinnerungsmail an den Copyshop geschickt, dass sie Zeit bis Montagmorgen um neun Uhr haben und ansonsten nicht berücksichtigt werden. Es ist alles fertig. Was ist passiert?“

Sie hob den Kopf. Ihre Lippen bebten. „Bill hat mich verlassen.“

Mitchs Herz schlug schneller. Bill war ein Schuft. Er hatte Kristi immer wie Dreck behandelt. „Das tut mir leid“, log er. Wenn er Kristi schon nicht erobern konnte, dann wollte er sie wenigstens glücklich sehen. Sie hatte einen besseren Mann als Bill verdient.

„Wenn er anruft oder vorbeikommt – ich will ihn nicht sprechen“, sagte Kristi. Sie schaltete ihr Handy aus und steckte es in die Handtasche.

„Ich werde ihn ganz sicher nicht durchstellen“, erwiderte Mitch. Es würde ihm eine kindische Freude bereiten, Bill auszurichten, er solle sich zum Teufel scheren. „Willst du nicht früher nach Hause gehen und dich von dem Schock erholen? Ich habe alles unter Kontrolle.“

Kristi schüttelte den Kopf. Eine blonde Strähne fiel ihr aus der Hochfrisur, die sie sich eigens für die heutige Gala hatte stecken lassen. „Nein, mir geht es gut. Ich weiß nur nicht, wie ich meinen Eltern begreiflich machen soll, dass ich schon wieder eine Beziehung vermasselt habe. Mit fünfunddreißig hat man die besten Jahre hinter sich.“

„Das ist nicht wahr.“

Sie lächelte schwach. „Das sagst du nur, weil du ein Mann bist. Und du wirst auch nicht im nächsten Monat sechsunddreißig und hast keine biologische Uhr, die tickt. Dann sind da noch meine Eltern, die schon vor zehn Jahren Großeltern werden wollten, und mein Bedürfnis, Bill einen Tritt in den Hintern zu versetzen. Der heutige Abend wird ein Reinfall.“

„Wenn du eine Begleitung für die Party brauchst, stehe ich zu deiner Verfügung.“

Sie sah ihn ungläubig an.

Mitch fragte sich, wie er den Mut für dieses Angebot aufgebracht hatte.

„Du bist so lieb“, sagte Kristi schließlich und schenkte ihm ein dankbares Lächeln. „Das ist Balsam für meine Seele. Aber du hast etwas Besseres als mich verdient. Und jetzt werde ich zu arbeiten versuchen. Kannst du bitte alle meine Anrufe entgegennehmen?“

„Wird erledigt.“ Als sie die Bürotür hinter sich schloss, verfluchte Mitch das Schicksal.

Trotz Mitchs Beteuerungen fand Kristi sich uralt. Und obwohl sie dagegen ankämpfte, waren ihr auf dem Rückweg zum Büro die Tränen gekommen. Sie schlüpfte in ihr rotes Samtcocktailkleid, das sie extra für die heutige Party gekauft hatte, zog den Bauch ein und betrachtete ein letztes Mal ihren Po.

Knackig und durchtrainiert – nicht umsonst ging sie jeden Tag joggen.

Mitch hatte Wort gehalten und alle Anrufe entgegengenommen. Der Nachmittag war herrlich ruhig. Als Mitch an ihre Bürotür klopfte, kam Kristi aus ihrem privaten Badezimmer. Er schaute um die Ecke. „Wenn du jetzt nicht gehst, kommst du zu spät.“

„Danke.“ Sie winkte ihn herein. Er war ihr bislang bester Assistent, und sie schätzte seine Ehrlichkeit. „Wie sehe ich aus?“

Er verschränkte die Arme über der Brust und betrachtete sie. Normalerweise antwortete Mitch sofort.

Kristi wurde nervös – eine schlechte Nachricht am Tag reichte. „Und?“, fragte sie ungeduldig.

„Eine verdammt schwierige Frage. Soll ich politisch korrekt antworten oder wegen sexueller Nötigung gefeuert werden?“

Kristi lachte zum ersten Mal seit Langem. Mitch hatte einen wundervollen Sinn für Humor und die intuitive Fähigkeit, Dinge in die richtige Perspektive zu rücken. „Wie wäre es mit Letzterem? Ich könnte eine Aufmunterung gebrauchen, und solange du mir nicht sagst, dass ich aussehe wie eine Hexe, werde ich dich nicht feuern und es auch nicht meinem Vater erzählen.“

Ein Lächeln umspielte Mitchs Lippen. Er zwinkerte, was sie noch nie an ihm gesehen hatte. Interessant. Er konnte also tatsächlich flirten.

„Also, wenn du nicht meine Chefin wärst, würde ich dich anmachen. Das Kleid ist heiß. Du siehst toll aus, jeder Kerl auf der Party wird auf dich stehen.“

Sie hatte das Kleid gekauft, um Bill zu gefallen. Es hatte ein tiefes Rückendekolleté und vorn einen offenherzigen, doch nicht zu gewagten Ausschnitt. Aber vielleicht hätte sie sich eher ein Stripperoutfit anschaffen sollen. Sie versuchte, ihre negativen Gedanken zu verdrängen. „Danke.“

„Gern geschehen“, sagte Mitch gewohnt professionell. Auf der Weihnachtsfeier trugen die Männer traditionell schwarze Krawatten. Er zog an den Enden. „Ich kann einfach keine Krawatte binden.“

„Lass mich mal versuchen.“ Kristi stellte sich vor ihn. „Vielleicht machen es die Lastwagenfahrer der Gewerkschaft richtig: Sie feiern mit Bier und Steaks im Gewerkschaftshaus.“

Mitch lachte.

Kristi mochte sein Lachen. Es war tief und dunkel. Sinnlich. Die Frauen da draußen waren schön dumm, sich Mitch entgehen zu lassen.

„Solche Feiern sind wirklich viel entspannter als unsere vornehmen Feste!“

„Schon, aber dann könntest du dieses fantastische Kleid nicht tragen.“

Bei seinem Kompliment stieg ein warmes Gefühl in ihr auf. „Es wird nicht jedem gefallen.“

„Mir schon.“

Die Ehrlichkeit in seinen Augen verschlug Kristi den Atem. Sie nestelte an Mitchs Krawatte. Schon oft waren sie einander nahegekommen und hatten sich so manches Mal geneckt, doch zum ersten Mal hatte sie Schmetterlinge im Bauch. Mitch hatte sein gewohntes Aftershave gegen einen holzigeren Duft eingetauscht und roch fantastisch. Sexy.

Es musste der emotionale Aufruhr wegen ihrer gescheiterten Beziehung sein. Sie spielte sein Kompliment herunter. „Wenigstens dir gefällt das Kleid. Kommst du heute Abend allein?“

Er runzelte die Stirn. „Müsste ich denn in Begleitung erscheinen?“

„Nein, natürlich nicht.“ Männer ohne Begleitung wurden allgemein akzeptiert. Kristi ärgerte sich über diese Doppelmoral. „Aber du hast keine Frau gefragt?“

„Nein. Ich habe vor zwei Monaten mit Louisa Schluss gemacht und dachte, ich würde bei der Organisation mithelfen.“

Kristi hatte ihn vor drei Wochen von der Liste gestrichen. „Oh. Das mit Louisa tut mir leid.“

Er zuckte die Schultern. „Kein Problem. Wir waren eben nicht füreinander geschaffen. Ich warte auf die Frau, die zu mir passt, egal, wie lange es dauert.“

„Wenn das so einfach wäre.“ Kristi hatte in zwanzig Jahren Männerbekanntschaften mehr Niederlagen erlebt, als sie zählen konnte. „Aber du hast doch sicher keine Probleme, die Richtige zu finden.“

Mitch lehnte sich zurück. Die Krawatte hing lose um seinen Hals, und die herunterhängenden Enden kontrastierten mit einem blütenweißen Hemd, das wie angegossen saß und seinen atemberaubenden Körper erahnen ließ. „Meinst du, es ist so einfach?“

„Warum nicht? Du bist attraktiv und hast einen guten Job.“

Das war eine schamlose Untertreibung. Mit seinen einsfünfundachtzig, dem samtschwarzen Haar und den schokoladenbraunen Augen war Mitch ein wahres Prachtexemplar von einem Mann. Und er war ihr Assistent. Kristi musste sich zusammenreißen, um ihn nicht zu lange anzustarren.

„Die Frauen müssten sich doch um ein Date mit dir reißen. Ich meine, natürlich nicht ich, weil ich deine Chefin bin, aber andere Frauen.“

Seine Lippen umspielte ein Lächeln. „Danke.“

Seinen Latinowurzeln verdankte Mitch den immer leicht gebräunten Teint und die langen Wimpern. Seine sinnlichen Lippen deuteten ein unwiderstehliches Lächeln an.

Als Kristi Mitch zum ersten Mal begegnet war, hatte sie schlucken müssen. Leider hatte ihr Vater sehr genaue Vorstellungen von seinem künftigen Schwiegersohn – wohlhabend sollte er sein, erfolgreich und aus guter Familie. Mitch, der aus bescheidenen Verhältnissen stammte, hatte da keine Chance.

Kristi schüttelte den Kopf und konzentrierte sich auf ihre Arbeit und den wahren Grund, aus dem Mitch hier war. Sie band die Krawatte fertig. „Wann muss ich gehen?“

Er sah auf seine Uhr. „Eigentlich schon vor drei Minuten.“

Die Weihnachtsfeier fand im Festsaal eines exklusiven Hotels statt, zehn Minuten von der Konzernzentrale entfernt. St. Louis erwartete heute noch ein heftiges Schneetreiben, das zum Glück aber erst lange nach Mitternacht beginnen sollte. „Dann mache ich mich wohl besser auf den Weg. Kommst du mit?“

Mitch nickte und legte ihr den Arm auf den Rücken.

Kristi spürte eine seltsame Erregung.

„Ich begleite dich hinaus.“

2. KAPITEL

Um zehn Minuten vor sechs hatten sich Kristi und Mitch aus den Augen verloren. Er half Barbara am Begrüßungstisch. Ihr Team war so effizient, dass Kristi sich ganz auf ihre Eltern konzentrieren konnte, die wie jedes Jahr an der Gala teilnahmen.

„Das hast du ganz wunderbar gemacht, Liebes“, sagte Kristis Mutter und blickte über den Festsaal mit den elegant gekleideten Gästen. Die Deckenbeleuchtung schuf eine angenehme Atmosphäre. Überall glitzerte Kristall, und es waren keine Kosten gescheut worden. Nach dem Dessert und verschiedenen Ansprachen würde man zu den Klängen einer Band bis in die Morgenstunden tanzen. „Du hast dich selbst übertroffen.“

Die Worte ihrer Mutter taten Kristi gut. Ihre Eltern hatten hohe Erwartungen an ihre einzige Tochter, die sie bislang alle erfüllt hatte – abgesehen von der Tatsache, dass sie noch keinen Ehemann gefunden hatte. „Danke. Ich habe hervorragende Mitarbeiter, und der neue Bankettmanager des Hotels hat ganze Arbeit geleistet.“

„Ja, aber unter deiner Leitung“, erwiderte ihr Vater. Schon Larry Jensens Erscheinung flößte Respekt ein.

Er hasste es, sich wie in einem Aquarium zu fühlen, deshalb gab es kein Kopfende des Tisches. Ihre Eltern saßen mit drei weiteren Paaren an einem runden Tisch in Podiumnähe, Kristi am Nebentisch. Bill hatte neben ihr sitzen sollen.

Emma schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Sie wandte sich an ihre Tochter. „Wo ist Bill? Sollte er nicht schon längst da sein?“

Die Stunde der Wahrheit war gekommen.

„Er ist …“ Kristi geriet ins Stocken, als ihr Vater den Arm um seine Frau legte. Sie hatte einen Kloß im Hals.

Ihr Vater konnte despotisch sein, aber er liebte seine Familie.

Kristi sehnte sich zwar nach einer tiefen und leidenschaftlichen Liebe wie die ihrer Eltern, doch sie war trotzdem bereit für eine Vernunftehe mit Bill gewesen. In ihrem Alter blieb ihr keine große Wahl mehr.

Sie strich einen unsichtbaren Fussel von ihrem Rock.

„Ja, wo ist er denn?“, fragte ihr Vater. „Ich überlege gerade, Aktien von einem neu gegründeten Unternehmen zu kaufen, und brauche seinen Rat.“

„Er kommt nicht“, brachte sie heraus.

Ihr Vater runzelte die Stirn. „Warum nicht? Du hast ihn doch eingeladen, oder etwa nicht? Ist er geschäftlich unterwegs?“

Sie ließ die Schultern sinken. „Nein, er hat eine andere Frau kennengelernt und ist aus meinem Leben verschwunden.“

„Oh.“ Ihr Vater schluckte. Geschäftliche Krisen bewältigte er souverän, doch mit Kristis Beziehungsproblemen konnte er schlecht umgehen. Er verstand einfach nicht, was bei seiner perfekten Tochter falsch lief.

„Ach, Liebes, das tut mir leid. Geht es dir gut?“ Kristis Mutter umarmte sie teilnahmsvoll.

„Ich komme klar“, wiederholte Kristi die Worte, die sie sich schon den ganzen Tag vorgesagt hatte, und wand sich aus der mütterlichen Umarmung. Es war allgemein bekannt in der Firma, dass Kristi Jensen von jedem Mann verlassen wurde. Das Gerücht würde sich wie ein Lauffeuer verbreiten. Doch heute Abend wollte sie ihre Ruhe haben. „Ich erzähle euch am Sonntagabend, was passiert ist.“

„Hast du jemand anders eingeladen?“, fragte ihr pragmatischer Vater.

„Nein, Bill hat mich vorhin erst vor vollendete Tatsachen gestellt. Abgesehen davon brauche ich kein Date, denn ich arbeite heute, erinnerst du dich? Es ist mein Job, dafür zu sorgen, dass die Feier reibungslos verläuft.“

„Dafür hast du doch deine Mitarbeiter.“ Die Falten auf Larrys Stirn vertieften sich.

„Aber ich trage immer noch die Verantwortung“, beharrte Kristi und hätte sich dabei am liebsten unsichtbar gemacht.

Sie war erleichtert, als ihr Vater sie auf die Stirn küsste. „Tut mir leid, das war unsensibel. Manchmal vergesse ich, dass ich dein Vater bin. Ich kann nicht ertragen, wenn man dir wehtut. Glaub mir, ich könnte Bill umbringen.“

„Bitte geh meinetwegen nicht ins Gefängnis“, erwiderte Kristi. Es war ein alter Witz unter ihnen, der ihrem Vater ein, wenn auch trauriges, Lächeln abrang.

„Schön, aber du weißt, ich habe gute Anwälte. Ich würde davonkommen.“ Er hatte wie immer das letzte Wort.

Doch ihre Mutter runzelte die Stirn. „Ich möchte nicht, dass du allein am Tisch sitzt, Kristi. Vor allem nicht heute Abend. Wie sieht das denn aus! Was meinst du, Larry?“

Ihr Vater gab seiner Frau immer recht. Auch jetzt nickte er. „Stimmt. Der Gewerkschaftspräsident sitzt an deinem Tisch. Bald beginnen die Tarifverhandlungen. Du brauchst eine männliche Begleitung.“

Businessauftritte hatten manchmal etwas Vorsintflutliches. Kristi wollte protestieren, als sie eine männliche Stimme hinter sich vernahm. „Ich sitze neben Kristi.“

Sie drehte sich um und sah Mitch. Wie viel hatte er wohl von dem Gespräch mitbekommen?

„Ich bin auch ohne Begleitung hier, und so gibt es keine leeren Plätze“, sagte er zu ihrem Vater.

Kristi rebellierte innerlich. Sie würde das Dinner auch allein überstehen. Und der Gewerkschaftspräsident würde damit umgehen können.

„Gut“, erwiderte ihre Mutter, offensichtlich erleichtert.

„Wirklich, es gibt keinen Grund …“, protestierte Kristi, doch das Kopfnicken ihres Vaters beendete die Debatte.

„Sehr großzügig von dir, Mitch. Halt mich auf dem Laufenden. Mitchs Vater ist Handwerker …“, Larry wandte sich Emma zu, „… und seine Familie hat Erfahrung mit der Gewerkschaft.“

„Mein Vater ist seit über dreißig Jahren Mitglied“, bestätigte Mitch.

Interessiert verfolgte Kristi die Unterhaltung. Sie wunderte sich nicht, dass ihr Vater Mitchs familiären Hintergrund kannte. Mit eisernem Willen hatten Larry Jensen und seine Brüder das Unternehmen aufgebaut. Da Kristis Tischnachbar nun feststand, ging Larry mit seiner Frau zu ihrem Tisch.

Sofort wandte sich Kristi an Mitch. „Ich habe dich nicht um Hilfe gebeten.“

„Nein, aber ich brauche deine Hilfe.“ Er stand ihr so nahe, dass sie seinen Atem spüren konnte. „Lisa aus der Buchhaltung hat herausgefunden, dass ich Single bin. Und wenn ich deine Begleitung bin, ist das eine gute Methode, um sie abzuschrecken.“

„Oh.“ Sie trat einen Schritt zurück. „Dann hatte ich recht mit meiner Annahme, dass du schnell eine neue Frau kennenlernen würdest.“

Mitch nahm ein Glas Wein von dem Tablett eines Kellners und reichte es Kristi. „Es gibt nur eine Frau, die mich interessiert, und sie ist unerreichbar. Dates abzumachen – das ist für mich kein Sport.“

„Aber warum nicht Lisa? Sie ist zwar ein Vamp, aber nett.“

„Nicht mein Typ. Zwischen uns knistert es nicht.“

Ein kurzer Gongschlag ertönte als Zeichen, sich zu Tisch zu begeben.

Mitch ließ Kristi vorangehen.

„Muss es denn unbedingt knistern?“, fragte sie, als sie an ihm vorüberging.

Mitch hob die Augenbrauen. „Etwas muss da sein. Mehr als ein hübsches Gesicht und ein williger Körper.“

„Was, zum Beispiel?“

Er zog ihr den Stuhl heraus, und sie setzte sich. „Keine Ahnung. Junge Männer suchen Bestätigung, weil die Hormone verrückt spielen. Mit dem Alter wird man anspruchsvoller und sucht eine tiefere Verbindung als nur Sex.“

Kristi hatte eigentlich gedacht, dass Bill und sie Gemeinsamkeiten hätten. „Ich verstehe das nicht. Bill und ich mögen thailändisches Essen, denselben Radiosender und Spaziergänge im Park. Und jetzt verlässt er mich für eine einundzwanzigjährige Stripperin.“

„Bill ist schon immer ein Mistkerl gewesen.“

Sie sah Mitch verblüfft an. „Und das sagst du mir erst jetzt?“

Er zuckte die Achseln. „Ich bin doch nur dein Assistent. Warum sollte ich mich in dein Privatleben einmischen? Außerdem machtest du einen glücklichen Eindruck.“

„Anscheinend war ich eher blind. Ich suche mir immer die falschen Männer aus.“

Mitch setzte sich. „Du verdienst es, glücklich zu sein.“

„Ja, das verdienen wir alle. Auch du.“ Sie wollte von sich ablenken und fragte ihn: „Und was ist mit deiner unerreichbaren Traumfrau?“

Mitchs Augen nahmen einen dunklen Schimmer an. Er fixierte einen imaginären Punkt über ihren Schultern. „Vergiss es einfach.“

„Bitte erzähl mir von ihr. Ich habe dir heute auch meine Geheimnisse anvertraut.“

Sein Ton war wehmütig. „Es könnte fantastisch sein zwischen uns, aber sie weiß nicht, was ich für sie empfinde. Ich werde nie mehr als ein Freund sein.“ Er klang so überzeugt, dass ihre Knie weich wurden. Wie musste es sich anfühlen, so geliebt zu werden? Die meisten Männer in Kristis Leben hatten sich als Mitgiftjäger entpuppt. Sie hatte einfach kein Glück.

„Und du kannst es ihr nicht sagen?“ Kristis romantisches Gemüt konnte sich nicht vorstellen, dass jemand einen Mann wie Mitch verschmähen würde.

Er schüttelte den Kopf. Das Saallicht warf einen Glanz auf sein schwarzes Haar. „Nein, unmöglich. Es gibt Dinge, die eben nicht sein sollen.“ Sein Ton war emotionslos und endgültig, als ob er diese Unvermeidlichkeit schon vor langer Zeit akzeptiert hätte. Dann stießen ihre Tischnachbarn zu ihnen, und man sprach über allgemeine Themen.

Das Dinner verlief angenehm. Mitch und Kristi plauderten mit dem Gewerkschaftspräsidenten, seiner Frau und den anderen Gästen am Tisch.

Nach dem Dessert entschuldigte sich Kristi, als sie ihre Freundin Alison entdeckte.

„He, was ist los? Wo ist Bill?“, fragte Alison, als sie zu den Toiletten gingen.

„Er hat mit mir Schluss gemacht. Mitch ist mein Alibi-Date.“

Alisons Gesichtsausdruck hätte nicht schockierter sein können. Sie fasste ihre Freundin am Arm. „Oh Kristi, das tut mir leid.“

Kristi versuchte Haltung zu bewahren. „Wem sagst du das! Ich habe dir eine SMS geschickt.“

„Ich hatte mein Handy zu Hause vergessen und im Büro den Anrufbeantworter laufen, um die Arbeitsplatztransfers der Woche abzuschließen. Entschuldige!“

„Schon gut. Ich möchte heute sowieso nicht über mein verkorkstes Liebesleben reden. Wie wäre es morgen mit einem Frauenabend?“

Alison nickte. „Klar. Ich werde die Mädchen zu meiner Mutter schicken und komme dann zu dir. Und du gönnst dir heute eine Nacht voll hemmungsloser Lust.“

„Das ist wohl deine Antwort auf alles, was in meinem Leben schiefläuft. Ich kann doch nicht einfach in eine Bar gehen und den nächstbesten Kerl aufreißen, der mir gefällt.“

„Ich weiß. Aber ist die Vorstellung nicht toll? Sex ohne Verpflichtungen. Ohne Herzschmerz.“

„Ausgehen und einen Mann behutsam kennenlernen ist wohl nicht unser Ding, wie?“, stellte Kristi fest. Sie hatten beide wenig Erfahrung mit kurzen Abenteuern, aber es machte Spaß, darüber zu fantasieren.

„Nein. Und das zweite Date ist noch schlimmer als das Erste. Aber wenigstens kann man es leichter abbrechen, weil sowieso alle Illusionen dahin sind.“

„Stimmt. Ich habe nicht mal protestiert, als Bill mir von seiner neuen Flamme erzählt hat. Irgendwie wird es einfacher.“

„Ich bin da, wenn du mich brauchst.“

„Danke.“

Kristi wusste, dass sie sich auf Alison verlassen konnte. Die beiden waren seit Collegezeiten die besten Freundinnen. Der einzige Unterschied zwischen ihnen war, dass Alison mit zweiundzwanzig geheiratet und sich zehn Jahre später wieder von ihrem Mann getrennt hatte. Sie arbeitete seit Langem bei Jensen und war alleinerziehende Mutter von zwei Kindern.

„Was ist mit Mitch?“, fragte Alison. „Er hat doch keine Freundin.“

„Moment mal, soll das heißen, dass ich mit Mitch flirten soll? Er arbeitet für mich.“

„Nicht mehr. Er hat sich versetzen lassen. Am Montag fängt er einen neuen Job an. Hat er dir nichts davon erzählt?“

Kristi runzelte die Stirn. Alison arbeitete in der Personalabteilung und war deshalb über alle betrieblichen Veränderungen informiert. „Nein. Hat er nicht.“

Alison schien erstaunt. „Na ja, es war doch klar, dass er nicht bleiben würde. Die Firma hat ihm schon lange eine passendere Stelle angeboten.“

„Stimmt. Ich frage mich, warum er es überhaupt so lange bei mir ausgehalten hat.“

„Vielleicht mag er dich.“

Kristi erinnerte sich an Mitchs heimliche Liebe. „Höchst unwahrscheinlich.“

„Ich habe nur laut gedacht. Schade, dass du ihn nicht mehr oft sehen wirst. Das Gebäude ist groß, und er wird in einem anderen Stockwerk arbeiten.“

Der Gedanke ärgerte Kristi, ebenso wie die Tatsache, dass Mitch sich hatte versetzen lassen, ohne ihr davon zu erzählen.

„Nun ja, jemand anders wird sich über ihn freuen. Ich hätte mir gewünscht, Mitch wäre in die Personalabteilung gewechselt.“ Alison strich sich eine braune Locke aus dem Gesicht. Sie hatte sich ebenso wie Kristi eine Hochfrisur stecken lassen. „Wenn etwas dazwischenkommen sollte und wir uns morgen nicht sehen, lass uns auf jeden Fall Montag zusammen zu Mittag essen. Ich muss jetzt zurück zu Winston, bevor er denkt, ich hätte ihn sitzen lassen.“

Kristi hörte Alisons resignierten Unterton. „Hast du das vor?“

„Er ist ein netter Kerl, aber zwischen uns knistert es nicht. Andererseits war es genau das, was mich zum Heiraten und in Schwierigkeiten gebracht hat.“

Schon wieder dieses Knistern, oder besser gesagt, der Mangel daran, dachte Kristi, als sie in den Saal zurückgingen.

„Sie haben angefangen zu tanzen“, meinte Alison.

Kristi spürte, dass die Tage des armen Winston gezählt waren. „Du musst doch nicht mit ihm tanzen.“

Alison seufzte. „Das sagst du so einfach.“

Kristi dachte daran zurück, wie viel Spaß sie auf Alisons Hochzeit gehabt hatten, als eine Nacht lang alles perfekt schien und jeder an die endlose Liebe geglaubt hatte.

Eine kurze Illusion. Doch es gab auch harmonische Ehen – die ihrer Eltern war der Beweis.

„Da bist du ja!“ Die Wärme von Mitchs tiefer Stimme holte sie aus ihren Gedanken. Sie drehte sich um. In seinem Smoking sah er umwerfend aus. „Möchtest du tanzen?“

Die Versuchung war groß, in seinen Armen zu liegen. Was bedeutete schon ein Tanz? „Gut. Ein Tanz. Auch zwei, wenn du gut bist.“

„Oh, du kannst mir vertrauen.“ Er zwinkerte ihr zu.

„Ach wirklich? Das werden wir sehen.“ Sie zwang sich zum Plauderton. „Übrigens wollte ich dich etwas fragen.“

„Na, das hört sich aber ernst an.“ Er geleitete sie zur Tanzfläche, wo er sie in die Arme schloss. Trotz der Sanftheit seiner Berührung versteifte sie sich. „Entspann dich“, bat er sie. „Ich beiße nicht.“

Kristi durchzuckte es wie ein Blitz, als sie seine durchtrainierten Muskeln unter ihren Fingern spürte.

Gönn dir heute eine Nacht voll hemmungsloser Lust. Alisons Worte kamen ihr in diesem Augenblick gar nicht mehr so abwegig vor.

Sie versuchte, ihren Griff zu lockern. Die Musik wurde langsamer.

Mitch zog sie näher an sich. Ihre Beine berührten sich im Rhythmus der Musik. „Du bist noch immer nicht entspannt“, tadelte er.

Wie konnte sie, wenn sie eng umschlungen mit einem so atemberaubenden Mann tanzte? „Ich versuche es.“ Sie presste die Lippen zusammen.

„Bei mir bist du sicher“, meinte er zu ihr.

Nein, ganz und gar nicht. Verbotene Gedanken jagten ihr durch den Kopf. Wie würden sich seine Lippen an ihrem Ohr, an ihrem Hals anfühlen? Würden seine Finger bei jeder Berührung sinnlich träge oder leichtfüßig über ihre Haut wandern? Wie Mitch wohl nackt aussah …?

Ihr Körper brannte lichterloh.

Sie sah zu ihm auf. Sein markantes Gesicht mit den aufregenden Lippen würde sie bestimmt nicht abkühlen. Verzweifelt platzte sie heraus: „Ich habe gehört, du hast eine andere Stelle angenommen?“

Er seufzte. Sein ganzer Körper schien sich anzuspannen. „Ich weiß es erst seit heute Morgen. Angesichts der heutigen Ereignisse fand ich es unpassend, dir davon zu erzählen.“

„Also wärst du am Montag ohne Vorwarnung gegangen?“

„Ich hätte es dir gleich am Morgen gesagt. Tut mir leid, ich wollte keine Geheimnisse vor dir haben, aber ich mochte dir nicht noch mehr Kummer bereiten.“

Sie verstand. Dennoch ärgerte sie sich, dass Mitch, wie fast alle Männer vor ihm, letztendlich etwas Besseres als sie gefunden hatten. „Schon gut.“ Wenn sie sich das Mantra noch oft genug vorsagte, würde sie es am Ende noch selbst glauben. „Jeder weiß, dass die Assistentenstelle bei mir nur ein Karriereschritt ist.“

Kristi verfiel selten in Selbstmitleid, doch heute Abend war es, als ob ihre Vergangenheit sie einholte. Mitch und sie arbeiteten so gut zusammen. Sie würde ihn ehrlich vermissen. „Wohin gehst du denn?“

„In die Finanzabteilung. Ich kümmere mich um die Rentabilität des Unternehmens während der Gewerkschaftsverhandlungen. Wenn ich gut bin, geben sie mir meine eigene Abteilung.“

„Das ist eine fantastische Möglichkeit für dich.“

Mitch verlagerte seine Hand. Ein leichtes Prickeln überkam Kristi trotz ihrer Melancholie.

Er schien es zu spüren. „Ich habe nicht vor, so einfach zu verschwinden.“

„Alison sagte, du arbeitest in einem anderen Stockwerk. Du weißt, wie es läuft.“

„Na und? Wir dürfen uns nicht aus den Augen verlieren. Ich habe gern mit dir zusammengearbeitet. Du bist eine gute Freundin.“

Wie oft hatte sie diese Worte schon gehört. Doch Mitch bezog sich auf die Arbeit. Sie musste sich jetzt wirklich zusammenreißen.

„Mach dir um mich keine Gedanken. Genieß einfach, was du erreicht hast. Du hast es verdient.“

„Du bist eine ganz besondere Frau, Kristi.“

Doch seine Worte konnten sie nicht trösten. Sie lag in seinen Armen, und ihr Körper verlangte nach ihm. Plötzlich spürte sie etwas, was sie noch nie zuvor empfunden hatte – mehr als ein Knistern, ein Funkenregen.

Wow. Und das mit einem Mann, den ihre Eltern niemals akzeptieren würden. Sie tanzten eine Weile, bis Mitch sie zur Bar drängte. „Was möchtest du jetzt machen?“

Das, was sie wollte, war unerreichbar. Plötzlich war es ihr sehnlichster Wunsch, eine Nacht lang nicht Kristi Jensen zu sein. Sie wollte, dass die Männer ihr zu Füßen lagen und um ihre Gunst bettelten.

Sie wollte eine Nacht voller Leidenschaft.

Sie wollte den Mann, der vor ihr stand.

„Wirst du mich wegen sexueller Nötigung verklagen, wenn ich dir jetzt etwas sage, Mitch?“

Er trank einen Schluck von seiner Rum-Cola. „Warum sollte ich? Ich dachte, wir hätten das geklärt.“

„Weil das, was ich sage, verfänglich sein könnte.“

Sein Lächeln beruhigte sie. „Ich denke, wir sind erwachsen genug, um zu wissen, was wir uns sagen.“

„Aber ich habe Angst, dass du es falsch aufnimmst.“ Sie nippte an ihrem Cocktail. „Findest du mich attraktiv?“

Er schnaubte verständnislos. „Du bist die schönste Frau des heutigen Abends.“

„Wenn ich nicht deine Chefin wäre, würdest du mich dann fragen, ob wir zusammen ausgehen?“

Er prustete, als er sich an seinem Cocktail verschluckte. „Bill ist ein Dummkopf, Kristi. Er weiß nicht, was ihm entgeht.“

Seine Worte schmeichelten ihrem angeschlagenen Selbstbewusstsein. „Wenn es so ist, kannst du mir einen letzten Gefallen tun? Ohne Verpflichtungen und ohne Erwartungen?“

Er stellte sein Glas ab. Noch nie hatte sie eine solche Intensität in seinen Augen gespürt. Es war, als ob er ihre Gedanken lesen könnte.

„Lass uns gehen. Nur du und ich. Küss mich. Ich möchte Funken spüren.“

Überrascht öffnete Mitch den Mund. Es gelang Kristi, seinem Blick standzuhalten.

Sie hatte es getan. Sie hatte all ihren Mut zusammengenommen und mit Mitch geflirtet. Zur Hölle mit den Konsequenzen. Sie versuchte, locker zu bleiben. Er würde sie zurückweisen – wie auch jeder andere Mann vor ihm. Nun ja, wenigstens einer musste ja heute Abend einen kühlen Kopf bewahren.

Hastig machte sie einen Rückzieher. „Entschuldige, das war ein Fehler. Ich stand neben mir. Bitte vergiss es, ich habe nie …“

„Ja.“

Sie hielt inne. „Ja?“

Er legte einen Finger auf ihre Lippen. „Ja.“

3. KAPITEL

Als sie gemeinsam den Festsaal verließen, fragte sich Mitch, was er da tat. Er war immer stolz auf sein gutes Urteilsvermögen und seine Charakterstärke gewesen.

Trotzdem war er jetzt mit einer Frau hier, die für ihn tabu war. Und er hatte versprochen, sie zu küssen.

In sicherer Entfernung vom Saal seufzte Kristi leise und schmiegte sich an Mitch. Tief atmete er den betörenden Duft ihres Haars und ihrer Haut ein. Nichts wünschte er sich heute Nacht mehr, als sie besinnungslos zu küssen.

Sie fanden ein lauschiges Plätzchen inmitten riesiger Pflanzen; zwar nicht so romantisch, wie er es sich gewünscht hätte – doch egal.

Ihre Lippen berührten sich. Ein lustvoller Schauer durchlief ihn, als er zum ersten Mal ihren Mund schmeckte. Als er den Kuss vertiefte, schlang Kristi die Arme um seinen Nacken. Sein Kuss wurde leidenschaftlicher, voll und verlangend. Mitch umfasste ihren Po, während sie ihn an seinem Jackenaufschlag näher zog.

„Ich habe oben ein Zimmer“, flüsterte Kristi. Aus ihren Augen sprach heiße Begierde.

Erneut küsste Mitch sie. Er liebte Kristi schon lange und konnte ihr nichts verweigern.

Sie wollte keine Verpflichtungen. Das war nicht seine Art – doch er wollte sie glücklich machen. Abgesehen davon hatten sie keine gemeinsame Zukunft. Heute Nacht würde er seine Zukunft aufs Spiel setzen, um mit Kristi Jensen zu schlafen.

Er spürte das Verlangen, sich in ihren blauen Augen zu verlieren und ihr golden schimmerndes Haar zu lösen. Sie würden ihre geheimsten Fantasien ausleben, und er wollte sie glücklich machen, wie es noch kein Mann vor ihm mit ihr gemacht hatte – und dann wieder seine eigenen Wege gehen. Keine Verpflichtungen, keine Erwartungen. Wie abgesprochen.

Sosehr ein One-Night-Stand seinen Moralvorstellungen widersprach – es war besser so. Schließlich konnte er nicht ein Leben lang auf sie warten.

Er musste seine Gefühle auf Eis legen.

Ihm blieb nur diese eine Nacht. Und die würde er nicht mit pathetischen Erklärungen zerstören.

Mitch drückte den Aufzugknopf. Jensen hatte vom Hotel einige zusätzliche Zimmer zur Verfügung gestellt bekommen, und Kristi hatte eines davon belegt. Einige glückliche Angestellte, die an der Verlosung des Unternehmens teilgenommen hatten, verfügten über die anderen Zimmer.

Als sie angekommen waren, hatte der Hotelpage Kristis Übernachtungsgepäck in ihr Zimmer getragen.

„Wir müssen das nicht tun“, sagte Mitch, als sich die Fahrstuhltür hinter ihnen schloss.

Sie schlang die Arme um seinen Nacken. „Doch. Ich vertraue dir. Zeig mir, dass ich normal bin. Dass ich aufregend bin.“

Mitch konnte es nicht fassen. Spürte sie nicht das heiße Knistern zwischen ihnen? Sein ganzer Körper bebte vor Verlangen. „Was soll das denn? Zweifelst du etwa an dir?“

„Frag meine Exfreunde. Carl meinte, ich sei gefühlskalt, Mike fand mich geschwätzig, Andrew zu wortkarg. Clay hielt mich für hochnäsig, Mark für zu nett. Für Bill war ich nicht jung und heiß genug. Entweder bin ich eine Totalversagerin oder von lauter Versagern umgeben, seit ich sechzehn bin.“

Mitch begriff, dass jeder dieser Männer Kristi ein Stück Selbstbewusstsein geraubt hatte. Sie hatte sich einen Panzer angelegt. Er streichelte ihre Wange.

„Du bist eine wunderschöne Frau. Wenn ich nicht für dich gearbeitet hätte, hätte ich mich schon vor Jahren um dich bemüht. Und das hier getan.“

Ihre Lippen berührten sich erneut. Als sie leise seufzte, wusste er, dass er rettungslos verloren war.

Wie um Himmels willen sollte er Kristi verlassen, wo er sie doch schon so lange liebte? Er war nicht mehr fähig, klar zu denken, und küsste sie leidenschaftlich. Als sie im achten Stockwerk angekommen waren, nahm er ihre Schlüssel und öffnete die Zimmertür. Abgesehen von dem übergroßen Bad war es ein typisches Hotelzimmer: Schreibtisch, zwei Stühle und ein Schrank mit integriertem Fernseher.

Nur das Bett war wichtig.

Die Tür schloss sich hinter ihnen, und Mitch küsste sie wieder.

Kristi seufzte lustvoll auf und öffnete bereitwillig den Mund, um seiner Zunge Einlass zu gewähren.

Mitch streichelte über ihren Rückenausschnitt und zog sie näher an sich heran. Er verzehrte sich nach Kristi, doch hier ging es nicht um ihn, sondern um sie, und er wollte ihr alles geben.

Leidenschaftlich stöhnte sie auf. Ihre Reaktion schürte sein Verlangen, und er strich mit dem Zeigefinger leicht über ihren Hals, bis er am Ausschnitt ihres Kleides innehielt. Seine Hand fuhr unter den Stoff, fand ihre Brustspitze und umkreiste sie.

Kristi begann vor Erregung zu zittern.

„Magst du das?“

„Und wie.“

„Mehr?“

„Mitch, du … machst mich wahnsinnig.“

Er lächelte in sich hinein. Sie war die begehrenswerteste Frau, die er kannte, und er würde heute Nacht ganz für sie da sein. Er schob den Stoff über ihrer Brust weg und senkte den Kopf.

Als Mitch ihre empfindsamste Stelle liebkoste, wusste Kristi, dass er schon jetzt der beste Liebhaber war, den sie jemals gehabt hatte – und sie hatten gerade erst begonnen.

Sie konzentrierte sich auf den Mann, der ihren Körper vibrieren ließ wie ein Instrument, das nach langer Zeit gestimmt worden war.

Kristi war glücklich, dass sie Mitch kannte. Sie wusste, dass er ihr geben würde, was sie so verzweifelt suchte.

Fast hätte sie Bill gedankt, dass er sie im Stich gelassen und ihr dadurch diese Leidenschaft ermöglicht hatte.

Und dann war Bill plötzlich Vergangenheit.

Bei Mitchs Berührung ging ein Prickeln durch ihren Körper. Sie stöhnte leise auf, als er ihre Haut mit der Zungenspitze erkundete. Ihr Körper erbebte. Er zog sie enger an sich heran, bis sich ihre Lenden berührten.

Spielerisch liebkoste er ihre Lippen, griff in ihr Haar und löste die Spangen. Ihr Haar ergoss sich auf ihre Brüste. Mitch führte eine Strähne an seine Lippen.

Dann küsste er ihren Hals und ging tiefer. Heißes Begehren erfüllte Kristi. Sie griff nach ihm, doch Mitch schob sanft ihre Hände weg. „Lass dich verwöhnen.“ Er begann, sie zwischen den Schenkeln zu küssen.

Und dann legte er sich auf sie und drang behutsam in sie ein.

Als er sich zurückzog, bevor er erneut in sie eindrang, begann sie zu zittern. Sie spürte, wie sich beide einem Höhepunkt von unglaublicher Intensität näherten, und als sie gemeinsam den Gipfel erreichten, war es ihr, als ob sie funkelnde Sterne erblickte.

Ermattet und erfüllt lag sie danach in seinen Armen.

„Gut?“, fragte er.

„Sehr gut“, antwortete sie. Gerade hatte sie den besten Sex ihres Lebens genossen. Sie schloss die Augen, um sich für die zweite Runde auszuruhen.

Mitch küsste ihre Schulter und streichelte ihren Arm.

Kristi verspürte plötzlich den Drang, etwas zu sagen, doch ihr fehlten die Worte. Noch nie zuvor hatte sie so etwas gemacht – und der Mann war kein Fremder für sie, sondern Mitch, ihr langjähriger Assistent.

Und er war unglaublich.

„Mach dir bitte keine Gedanken“, sagte er.

„Das tue ich auch nicht“, schwindelte Kristi.

Als er durch ihr Haar strich, spürte sie seinen warmen Atem im Nacken. „Ich kenne dich gut genug. Kein Bedauern, hatten wir vereinbart. Du kannst mir vertrauen.“

Sie runzelte die Stirn.

„Sch.“ Er streichelte weiter ihr Haar. „Hör auf deine innere Stimme. Wir wollten es doch beide.“

Seine Worte ließen sie aufhorchen. „Du wolltest mich?“

„Welcher Mann könnte dir widerstehen? Mein Gott, wie oft wollte ich unaussprechliche Dinge mit dir auf deinem Schreibtisch machen …“

Seine Direktheit war schockierend – und erregte sie. Hatte Mitch sie die ganze Zeit über begehrt? „Warum hast du mir nie etwas gesagt?“

Er zog sie enger an sich. „Weil ich an meinem Job hänge. Und weil ich nicht der passende Ehemann für dich bin.“

„Das stimmt.“ Die Worte rutschten ihr heraus. Schnell legte sie eine Hand auf ihren Mund. „Ups. Tut mir leid.“

Doch er schien nicht zu reagieren, und Kristi entspannte sich, als er fortfuhr. „Ich bin nicht beleidigt. Das ist mir schon seit Langem klar. Außerdem schläft man nicht mit seiner Chefin.“

„Aber du hast es gerade getan.“ Sie lachte leise. „Auch wenn ich nicht mehr deine Chefin bin.“

„Trotzdem. Wenn dein Vater es herausfindet, bringt er mich um.“

„Stimmt. Aber jetzt ist es sowieso zu spät.“

„Ich würde es wieder riskieren“, antwortete Mitch und strich sanft über ihre Brüste.

Erregt durch die Reaktion, die seine Berührung in ihrem Körper hervorrief, entfuhr Kristi ein lustvoller Seufzer. „Wie viel Ausdauer hast du noch?“

Anzüglich lächelnd beugte er sich über sie. Er war ein Bild von einem Mann und heute Nacht nur für sie da.

Ein Prickeln lief ihr über den Rücken. Hitze breitete sich zwischen ihren Schenkeln aus.

„Auf wie viele Arten möchtest du es?“, fragte er, während er eine Hand zwischen ihre Beine schob.

Sie keuchte, als seine Finger ihre sensible Haut streiften. „Wie viele Arten kennst du?“

„Lass es uns herausfinden.“

Als Mitch Kristi zu küssen begann, legte er einen letzten Schwur ab, bevor ihn alle Vernunft verließ.

Heute Nacht würde Kristi von einem echten Mann geliebt werden – stark, sinnlich und sicher.

Er konnte ihr nicht seine wahren Gefühle offenbaren. Sie hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass er als Ehemann nicht infrage kam.

Also teilten sie nur das Körperliche. Und er würde jeden Moment zu etwas Besonderem machen.

Danach würde er vielleicht eine nette Frau finden, sesshaft werden und eine Familie gründen – wie seine Mutter es sich für ihren Sohn wünschte.

Doch als er in Kristis erwartungsvoll begehrenden Körper eindrang, wusste Mitch, dass er sie niemals vergessen würde. Er begehrte sie schon so lange – und er wollte sie für ein ganzes Leben.

Aber er hatte nur diese Nacht. Das musste reichen.

Kristi summte, als Alison hereinkam, den Schnee von den Stiefeln abklopfte und sich den Mantel auszog. „Ganz schön kalt da draußen.“

„Aber wirklich. Hattest du Probleme beim Fahren?“

„Nein. Die Straßen sind geräumt.“

Kristi nahm Alison den Mantel ab und hängte ihn in die Garderobe. „Sie waren in Ordnung, als ich heute Nachmittag nach Hause kam.“

„Wo warst du gestern Abend? Ich hatte dich gesucht.“

„Ich habe mich eine Weile ins Hotelzimmer zurückgezogen. Magst du ein Glas Wein?“

„N…nein danke. Hast du Mineralwasser?“

„Na, zu viel getrunken gestern?“, fragte Kristi scherzhaft.

Kleinlaut erwiderte Alison: „Vielleicht. Winston war so ein schlechter Tänzer, dass ich meinen Schmerz im Alkohol ertränkt habe.“

„Na, zum Glück gibt es Wasser.“

Kristi ging in die Küche und schenkte zwei Gläser voll. Dann nahm sie eine Schale Popcorn, und sie setzten sich auf das Sofa.

„Wunderbar. Genau das, was ich jetzt brauche. Ich bin heute sogar mit den Mädchen zu McDonald’s gegangen, weil ich nicht fähig war zu kochen.“

„Und wie läuft es mit Winston?“

„Offenbar will er mich noch mal sehen. Er wollte gestern Abend darüber reden, aber je mehr er es versucht hat, desto mehr habe ich getrunken.“

„Schrecklich.“

„Ja, es ist meine Schuld. Auf dem Heimweg bin ich im Auto eingeschlafen. Vielleicht hätte ich bei dir übernachten sollen, nachdem du ja nicht mehr mit Bill zusammen bist.“

„Hm … das wäre nicht gegangen.“

Alison hob die Augenbrauen. „Warum nicht? Du warst doch allein, oder?“

„Nun …“ Kristi machte eine Pause und errötete.

„Was hast du gemacht? Besser gesagt, mit wem?“

Kristi presste die Lippen zusammen, doch dann platzte sie heraus: „Mit Mitch.“

„Du hast Mitch abgeschleppt?“

„Ja.“ Kristi durchfuhr ein wohliges Gefühl. Sie träumte vor sich hin, bis Alison eine Hand vor ihren Augen bewegte.

„Das musst du mir genau erklären.“

Als Kristi ihren Bericht beendet hatte, lehnte sich Alison fassungslos zurück. „Ich wusste nicht, dass du auf ihn stehst.“

„Ich auch nicht. Aber ich wollte ein Knistern spüren und, mein Gott, es war ein Feuerwerk.“

„Wow. Mitch also. Ich hätte es wissen müssen.“

Kristi knabberte Popcorn. „Wir haben im Bett gefrühstückt. Er ist hinreißend.“

„Hört sich gut an. Da bin ich richtig neidisch. Ich bin heute Morgen mit zwei zankenden Kindern und höllischen Kopfschmerzen aufgewacht. Willst du ihn wiedersehen?“

„Nein. Es war nur eine Nacht. Wir wollten es beide so.“

„Ihr seid erwachsen und könnt eure Meinung ändern.“

Kristi seufzte. „Da gibt es ein kleines Problem – meinen Vater.“

„Ja, er kann manchmal schwierig sein.“

„Das ist noch gelinde ausgedrückt. Du weißt, wir haben jeden Sonntagabend ein Familienessen. Meine Mutter rief mich an, um mir mitzuteilen, dass sie Freunde eingeladen haben. Sie bringen ihren Sohn Brock mit.“

Alison schauderte und pfiff dann leise. „Deine Eltern verschwenden wirklich keine Zeit. Auf zum fröhlichen Verkuppeln.“

„Genau. Und wenn es mit Brock nicht klappt, finden sie sofort ein nächstes Opfer.“

Eine Zeit lang hörte man nur das Geräusch von knackendem Popcorn.

„Und der Sex war gut, hm?“, fragte Alison.

Kristi nickte. „Der Beste, den ich je hatte. Ich bedaure absolut nichts.“

Sieben Wochen später

„Das muss ein Scherz sein.“ Mit offenem Mund starrte Kristi den Arzt an. „Bitte sagen Sie das noch mal.“

„Sie sind schwanger.“ Dr. Joftus, bei dem sie seit vielen Jahren Patientin war, wirkte sichtlich verlegen. „Keine Magen-Darm-Grippe. Sondern schwanger.“

Kristi schüttelte den Kopf. „Unmöglich. Ich nehme die Pille.“

Dr. Joftus blickte verständnisvoll. „Die Testergebnisse sind eindeutig. Um sicherzugehen, sollten Sie aber bei Ihrer Frauenärztin noch einen Ultraschall oder eine Blutuntersuchung vereinbaren.“

Kristi hatte einen Termin abgemacht, weil ihr ständig übel war. Sie hatte nicht erwartet, die Praxis als werdende Mutter zu verlassen.

Ihre Frauenärztin schob sie noch am gleichen Nachmittag dazwischen und bestätigte Dr. Joftus’ Diagnose.

„Sehen Sie das winzige Etwas in Reiskorngröße?“ Dr. Krasnoff deutete auf den Bildschirm. „Das ist Ihr Baby.“

Kristi spürte keinerlei Mutterfreuden. Stattdessen ergriff sie Panik. Sie war vor einer Woche sechsunddreißig geworden und fühlte sich in letzter Zeit nicht sehr wohl. Doch nie hätte sie an eine Schwangerschaft gedacht. „Ich verstehe immer noch nicht, wie so etwas trotz Verhütung möglich ist.“

„Verhütungsmittel sind nie hundertprozentig sicher. Vielleicht haben Sie die Pille nicht regelmäßig eingenommen. Hatten Sie Antibiotika verschrieben bekommen?“

Eine Woche vor der Weihnachtsfeier hatte sie eine Nebenhöhlenentzündung gehabt. „Ja.“

„Es braucht nur ein Spermium zur Befruchtung, und Antibiotika können die Effizienz der Pille einschränken. Sollen wir über die verschiedenen Möglichkeiten sprechen?“

Dr. Krasnoff entfernte die Sonde von Kristis Bauch und wartete.

Kristi reckte das Kinn vor. „Ich will es behalten, auch wenn ich alleinerziehende Mutter werde.“

Die Ärztin rieb das Gel ab. „Ihren Worten entnehme ich, dass der Vater nichts davon weiß.“

Darin lag das Problem. „Ich habe ihn seit jener Nacht nicht mehr gesehen.“

Mitch hatte Montag seine neue Stelle angetreten, und Dienstag hatte Molly, Kristis neue Assistentin, seinen Schreibtisch übernommen.

Sie war froh darüber, dass Jensen ein großes Unternehmen war und Mitch sein Wort gehalten hatte, sie nicht zu kontaktieren. Auch sie hatte keinen Grund gehabt, mit ihm zu sprechen. Zwar sehnte sie sich nach einer weiteren Nacht mit ihm, aber sie wusste, dass es nie dazu kommen durfte. Mit Komplikationen hatte sie nicht gerechnet.

„Wenn es keine Probleme gibt, kommen Sie in einem Monat wieder“, sagte Dr. Krasnoff und gab Kristi ein Rezept über Vitaminzusätze. „Vereinbaren Sie am Empfang einen Termin.“

Den Rest des Tages verbrachte Kristi in einem Zustand völliger Verwirrung. Am Abend ging sie zu Alison. Sie hatte eigentlich ihr gemeinsames Abendessen absagen wollen, hatte aber weder den Mut noch eine geeignete Entschuldigung gefunden.

„Und ich dachte schon, du würdest mir schon wieder einen Korb geben“, scherzte Alison, als sie die Tür ihres Bungalows öffnete.

„Ich leide unter dem Wetter“, sagte Kristi, als sie eintrat und ihren Mantel auszog.

„Es wird besser. Wenn man der Vorhersage glauben darf, ist der Winter vorbei.“

Zwei Mädchen von fünf und sieben Jahren rutschten die Diele entlang. „Hallo, Tante Kristi“, sangen sie im Chor und fingen dann an, Jagd auf die Katze zu machen, die sich gerade ausruhte.

„Sie wollen Fluffy bürsten“, sagte Alison. „Aber die Katze ziert sich wieder mal. Alter Softie!“

„So bleiben sie fit“, bemerkte Kristi, als sie Alison in die Küche folgte. Auf dem Herd köchelte ein Eintopf.

„Wein?“, fragte Alison.

„Nein, lieber Wasser.“

Alison hob die Augenbrauen. „Seit wann trinkst du Wasser? Bist du krank?“

„Mir ist heute Abend nicht nach Alkohol.“ Kristi warf ihren Mantel über die Stuhllehne und setzte sich. Alison reichte ihr ein Glas Eiswasser. Kristi streckte die Füße aus.

„Du steckst doch hoffentlich nicht an, oder?“

Kristi schüttelte den Kopf und unterdrückte ein hysterisches Lachen. Schwangerschaft war eine emotionale Achterbahn. Kein Wunder, dass sie in letzter Zeit so launisch war. „Nein, ich war beim Arzt. Es ist nichts Ansteckendes.“

Als Alison den Wein entkorkte, kam Carly, die jüngere der beiden Schwestern, in die Küche gehüpft. „Mom, Kelsey lässt mich nicht Fluffy bürsten.“

Alison wischte sich die Hände an der Küchenschürze ab, ging zur Tür und rief: „Kelsey, lass Carly auch mal an die Katze. Oder soll ich zu euch reinkommen?“

„Bringt das etwas?“, fragte Kristi, als Alison zurückkam.

Alison schenkte sich ein Glas Rotwein ein. „Keine Ahnung. Es gibt Tage, wo ich alles infrage stelle und das Gefühl habe, die schlechteste Mutter der Welt zu sein.“ Sie hob ihr Glas. „Bist du sicher, dass du nichts möchtest? Schmeckt köstlich.“

„Ganz sicher“, erwiderte Kristi.

„Auch gut, dann bleibt eben mehr für mich übrig.“

Alison nippte an ihrem Wein, und Kristi lief das Wasser im Mund zusammen. Da sie keine Schwangerschaft geplant hatte, hatte sie nicht im Geringsten daran gedacht, dass es Dinge gäbe, die sie nicht mehr essen, trinken oder machen könnte. Die anstehenden Veränderungen überforderten sie.

„Und wie war dieser letzte Kerl, mit dem du ausgegangen bist?“, fragte Alison.

„Okay.“ Kristi hatte seit ihrem Treffen vor einer Woche nicht mehr an James gedacht – ein Blind Date, das ihr Vater arrangiert hatte.

Alison verschränkte die Arme und wartete.

Kristi seufzte. Sie konnte ihrer Freundin nichts verheimlichen. „Okay, es war langweilig. Wir sind gemeinsam mit meinen Eltern in ein Sinfoniekonzert gegangen. Er ist nett, aber mehr auch nicht.“

„Er ist eben nicht Mitch“, schloss Alison.

„Keiner ist wie Mitch“, gab Kristi zu.

„Zumindest hattest du eine fantastische Nacht mit Mitch.“

„Und genau das wollte ich“, sagte Kristi schnell und wünschte, sie hätte ein Glas Wein vor sich stehen, um sich von Mitch abzulenken. Doch sie bereute nichts.

Alison ging zum Herd und rührte im Kochtopf. „Fertig.“ Sie rief die Mädchen.

„Kann ich dir helfen?“, fragte Kristi.

„Nein, du bist mein Gast. Mache es dir bequem und entspann dich.“

Kristi trank einen Schluck Wasser. Ihr Magen meldete sich – ein gutes Zeichen. In letzter Zeit hatte sie nicht viel bei sich behalten.

Nachdem alle vier das Tischgebet gesprochen hatten, verteilte Alison den Eintopf auf den Tellern. Kelsey reichte Brot und Salat herum.

Als Kristi den Salat mit dem weißen Dressing sah, geriet ihr Magen in Aufruhr. Normalerweise liebte sie diese Soße. Heute aber stellte sie die Schüssel unangerührt auf den Tisch zurück.

„Kein Salat?“, fragte Alison stirnrunzelnd.

„Nein. Ich habe wenig Hunger.“ Kristi nahm die Gabel und probierte vom Eintopf. „Aber es riecht köstlich.“

„Danke. Das ist meine Spezialität. Das Geheimnis ist eine dieser Fertigsoßen aus dem Supermarkt.“

„Das muss ich auch mal ausprobieren.“

„Na klar. Als ob du jemals kochen würdest.“ Alison schnaubte verächtlich.

„Ich kann Spaghetti kochen“, verkündete Kelsey.

„Das ist toll.“ Kristi hatte schon oft bei Alison zu Abend gegessen, auch als die Mädchen noch ganz klein waren. Sie war der dritte Mensch gewesen, der Kelsey gehalten hatte. Im September würde sie ihr eigenes Kind bekommen. Der Gedanke machte ihr Angst.

So wie Alison zuerst an ihre Töchter dachte, musste Kristi nun an ihr Baby denken.

Unbewusst legte sie eine Hand auf ihren Bauch. Sie hatte nur ein paar Stunden gehabt, um die Nachricht ihrer Schwangerschaft zu verdauen.

„Tante Kristi, ich habe beim Nachtisch mitgeholfen. Es gibt Brownies“, tönte Carly.

In letzter Zeit hatte Kristi viele Stimmungsschwankungen. Als Alison vor Jahren schwanger war, war sie auch launenhaft gewesen. Fing das schon so früh an? Kristi beschloss, sich eines dieser Schwangerschaftsbücher zu kaufen.

„Bist du sicher, dass es dir gut geht?“ Alison hatte aufgehört zu essen und warf Kristi einen besorgten Blick zu.

„Ja.“ Ihr Magen grummelte verdächtig.

„Wirklich? Du bist ein bisschen grün im Gesicht, und ich habe noch nie jemanden mit meinem Essen vergiftet.“

Kristis Magen rumorte. Sie presste sich die Serviette an die Lippen.

„Ist dir schlecht, Tante Kristi?“, fragte Carly.

Kristi versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. „Nein, Süße. Ich muss nur kurz auf die Toilette.“

„Hier entlang“, wies ihr Kelsey hilfsbereit den Weg, den Kristi kannte.

Fünf Minuten später rüttelte Alison an der Türklinke. „Was ist los? Ich komme jetzt rein.“

„Mir geht es gut“, brachte Kristi hervor, aber Alison war schon im Bad. Als sie Kristi auf dem Boden sitzen sah, verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Ich bin sicher, dass das hier nicht von dem bisschen Eintopf kommt, den du gegessen hast.“

„Nein.“

„Lass mich raten. Wenn du heute beim Arzt warst und es nicht ansteckend ist, dann gibt es nur noch eine Möglichkeit. Ich kenne die Anzeichen. Schließlich habe ich es selbst zweimal mitgemacht. Du bist schwanger, richtig?“

„Ist das so offensichtlich?“

„Ich habe fünf ältere Schwestern. Es gibt kein Symptom, das ich nicht entweder selbst gehabt oder bei einer von ihnen gesehen habe. Die ersten drei Monate sind am schlimmsten.“

„Und ich dachte bis heute, ich hätte eine Magen-Darm-Grippe. Ich habe nichts bemerkt.“ Kristi hoffte, dass ihr Magen sich inzwischen beruhigt hatte, stand auf und wusch sich die Hände. Alison warf ihr ein Handtuch zu. „Also, von wem ist es? Und weiß er es schon?“

„Ist die Auswahl so groß?“

„Na ja, nach Bill warst du mit Mitch zusammen.“

„Es ist nicht von Bill.“

Alison faltete die Hände. „Dann bist du zum Glück nicht bis ans Lebensende an diesen Versager gebunden.“

„Ich möchte mich aber auch nicht an Mitch binden.“

„Wirst du es ihm sagen?“

„Ich habe erst heute von meiner Schwangerschaft erfahren und noch nicht einmal Zeit gehabt, darüber nachzudenken. Im Moment stehe ich immer noch ziemlich neben mir.“ Kristi folgte Alison in die Küche. Die Mädchen hatten fertig gegessen, und sie waren allein.

„Was ist, wenn Mitch nicht Vater werden will?“, fragte Alison. „Ich glaube, du solltest es ihm nicht sagen. Er wird sich verpflichtet fühlen.“

„Mitch würde mich nicht zu einer Heirat zwingen“, verteidigte sich Kristi.

Alison spielte an ihrem Weinglas. „Ja, aber willst du es riskieren? Du wirst genug Probleme mit deinem Vater haben. Wenn er herausbekommt, dass das Baby von Mitch ist, wird er ihn sofort entlassen. Mitch entspricht nicht dem, was sich deine Eltern als Schwiegersohn vorstellen.“

Kristi dachte nach. „Was für ein Chaos.“

„Du weißt, dass du auf mich zählen kannst“, sagte Alison.

Kristi nickte. „Ich weiß. Danke. Aber bitte sag es niemandem. Ich brauche Zeit zum Nachdenken.“

Alison tat beleidigt. „Was hältst du von mir? Ich bin doch keine Klatschbase.“

Kristi runzelte die Stirn. Sie musste plötzlich an etwas denken. „Es wäre schlimm, wenn Gerüchte über meine Schwangerschaft im Country Klub kursierten. Mir ist es egal, aber ich bin nicht sicher, wie meine Eltern es aufnehmen würden.“

Alison tätschelte ihre Hand. „Deine Eltern sind zäh. Dein Vater leitet eines der erfolgreichsten Unternehmen in der Stadt. Gerüchte würden sich nicht lange halten – die Leute haben Angst vor ihm.“

„Jeder wird fragen, wer der Vater ist.“

„Sag einfach, du weißt es nicht. Deine Eltern haben dich mit so vielen Männern konfrontiert, dass sie denken werden, du hast mit einigen von ihnen geschlafen.“

Kristi erschauerte. „Meine Eltern werden mich für ein Flittchen halten. Und ich kann ihnen nicht erzählen, dass es von Mitch ist. Du hast recht, mein Vater würde ihn vor die Tür setzen. Ich habe ihm versprochen, keine Verpflichtungen – und gibt es eine größere Verpflichtung als ein Kind?“

„Dann erzählst du es weder ihm noch deinen Eltern. Schütz dich vor Verstrickungen. Erzähl den Leuten, dass du zu einer Samenbank gegangen bist, oder so etwas.“

„Wir werden sehen“, sagte Kristi.

4. KAPITEL

Zwei Wochen später hatte Kristi eine neue Dinnerparty und den letzten Kuppelversuch ihrer Mutter überlebt.

Bryan war wundervoll und entsprach allen gesellschaftlichen Anforderungen: Er war charmant, hatte gute Beziehungen und eine vielversprechende Karriere als Strafverteidiger vor sich. Außerdem hatte er blaue Augen, war tadellos gekleidet und auffallend gut aussehend.

Aber es knisterte nicht. Nicht im Geringsten. Einfach deprimierend.

„Bryan ist doch sehr sympathisch, oder?“, fragte ihre Mutter, als sie mit einem Glas Brandy in den Flur kam.

„Wir müssen miteinander sprechen“, gab Kristi zurück und folgte ihr in die Bibliothek, wo ihr Vater ebenfalls mit einem Glas Brandy im Lehnstuhl saß.

Larry, der nie ein Blatt vor den Mund nahm, fragte: „Nun, was hältst du von Bryan?“

„Er ist nett“, erwiderte Kristi ausweichend. Sie setzte sich neben den Kamin.

„Und er mag dich“, sagte ihre Mutter.

Kristi schöpfte tief Atem. Sie ertrug es nicht, ihre Eltern zu enttäuschen, doch sie wusste auch, dass sie die Neuigkeit nicht länger hinausschieben konnte. Die Stunde der Wahrheit war gekommen. „Es geht nicht.“

Ihre Mutter runzelte die Stirn. „Warum denn nicht? Er ist ein wundervoller junger Mann. Und genauso alt wie du.“

„Er hat sich bis jetzt auf seine Karriere konzentriert und deshalb nur wenige Freundinnen gehabt. Dieses Jahr ist er Juniorpartner geworden. Er hat großes Potenzial“, fügte ihr Vater hinzu.

Kristi legte die Hände in den Schoß und atmete tief durch. „Ich möchte nicht, dass ihr für mich weiterhin Verabredungen arrangiert.“

Ihre Eltern schienen bestürzt. „Wir dachten, du brauchst unsere Hilfe.“

„Du wirst nicht jünger“, erklärte ihr Vater. „Wie willst du jemals einen Ehemann finden?“

Bei dieser Anspielung zuckte Kristi zusammen. „Ich weiß, wie alt ich bin.“

Ihr Vater blickte finster. „Wo ist dann das Problem?“

„Möchtest du denn gar nicht heiraten?“ Die leise Frage ihrer Mutter ließ erahnen, wie sehr ihr diese Vorstellung das Herz brach.

„Doch, aber ich habe noch anderes vor.“

Ihr Vater verkniff sich einen weiteren Kommentar hinsichtlich ihres Alters.

Emma beugte sich nach vorn. „Ich weiß, dass Bill dir das Herz gebrochen hat, aber es ist schon Monate her, und nicht alle Männer sind wie er.“

„Ich entwickle mich gerade weiter. Und ich möchte ein Baby haben.“

Ihr Vater verschüttete fast seinen Brandy. „Du bist nicht verheiratet.“

Sie hatte sich tagelang überlegt, wie sie es ihnen am besten sagen sollte. „Frauen müssen nicht verheiratet sein, um Kinder zu haben, Dad.“

„In meinem Haus schon.“

„Ich lebe seit fünfzehn Jahren allein.“

„Sicher hast du dir alles gut überlegt. Aber es stimmt, ein Kind braucht beide Eltern“, erwiderte ihre Mutter beschwichtigend.

„Jetzt ist es zu spät, um sich darüber noch Gedanken zu machen“, sagte Kristi.

„Was soll das heißen?“ Ihr Vater wurde hellhörig.

„Herzlichen Glückwunsch, Mom und Dad – ihr werdet Großeltern.“

Wenn sie Freudenausbrüche erwartet hatte, wurde sie enttäuscht. Ihre Eltern starrten sie mit offenen Mündern an. Ihr Vater fand zuerst die Sprache wieder. „Du siehst nicht schwanger aus.“

„Ich bin es aber. Ich war schon beim Arzt. Das Baby kommt im September.“

Das traf ihren Vater unvorbereitet. „Wie konnte das passieren?“

„Auf die übliche Weise.“ Kristi wich den bestürzten Blicken ihrer Eltern aus.

Ihre Mutter lächelte schwach. „Nun ja, Larry, wir wollten schon lange Großeltern werden.“

„Aber nicht unter diesen Umständen“, grollte ihr Vater.

„Ich bin kein Teenager mehr, der noch auf die Highschool geht. Insofern dürfte es kein gesellschaftliches Problem sein.“

„Doch. Du bist nicht verheiratet.“