Bianca Extra Band 93 - Marie Ferrarella - E-Book

Bianca Extra Band 93 E-Book

Marie Ferrarella

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Beschreibung

SINGLE-DAD SUCHT NANNY FÜR IMMER! von KAREN ROSE SMITH "Werden Sie unsere Nanny!" Bei Daniel Suttons Angebot schlägt Emmas Herz schneller. Der Job ist perfekt für sie, Daniels drei Töchter sind süß - und der alleinerziehende Anwalt ist ein Traummann. Aber leider steht von Liebe nichts im Vertrag … GLEICHUNG MIT EINEM SEXY UNBEKANNTEN von MARIE FERRARELLA Die brillante Mathematikerin Becky ist von der Arbeit an der Uni ausgebrannt. Zeit für etwas Bodenständiges - sie wird Haushälterin bei dem Ingenieur Steve Holder. Doch ihr sexy Boss stellt ihr schnell die schwierigste Gleichung ihres Lebens! Mit den Unbekannten Liebe, Glück und Zukunft … DER HEISSE KUSS DES PFERDEFLÜSTERERS von JOANNA SIMS Für It-Girl Bonita Delafuente ändert die schwere Krankheit ihrer Mutter alles. Statt in Washington zu studieren, zieht sie zu ihr nach Montana - ins weite Land von Pferdetrainer Gabe Brand. Ein Mann, der nicht in Bonitas Leben passt, der aber alles ist, was sie als Frau ersehnt … IMMER WENN ES TRÄUME SCHNEIT von ALLISON LEIGH Nach einer schweren Enttäuschung flieht Sydney in eine Blockhütte im winterlichen Wyoming. In der Einsamkeit taucht unvermittelt der unverschämt freche Naturbursche Derek Clay auf. Nach seinem ersten Kuss fragt Sydney sich verzweifelt: Gibt es vorm Verlieben kein Entrinnen?

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Seitenzahl: 706

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Karen Rose Smith, Marie Ferrarella, Joanna Sims, Allison Leigh

BIANCA EXTRA BAND 93

IMPRESSUM

BIANCA EXTRA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA EXTRABand 93 - 2021 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2019 by Harlequin Books S. A. Originaltitel: „The Nanny Clause“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: SPECIAL EDITION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Stephanie Thoma-Kellner

© 2018 by Marie Rydzynski-Ferrarella Originaltitel: „Adding Up to Family“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: SPECIAL EDITION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Victoria Werner

© 2018 by Joanna Sims Originaltitel: „High Country Cowgirl“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: SPECIAL EDITION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Rita Hummel

© 2012 by Allison Lee Johnson Originaltitel: „A Weaver Proposal“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: SPECIAL EDITION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Rainer Nolden

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 02/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751500333

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

KAREN ROSE SMITH

Single-Dad sucht Nanny für immer!

Drei Töchter. Eine zugelaufene Katze. Und um alle kümmert sich liebevoll die neue Nanny Emma – Daniel sollte glücklich sein! Wenn Emma bloß nicht diese verhängnisvolle Sehnsucht in ihm wecken würde …

MARIE FERRARELLA

Gleichung mit einem sexy Unbekannten

Seit sechs Jahren trägt Steve schwer am Tod seiner Frau. Doch plötzlich ist da ein Silberstreifen am Horizont namens Becky. Jung, schön, brillant – und überzeugt, dass er schon viel zu lange leidet!

JOANNA SIMS

Der heiße Kuss des Pferdeflüsterers

Für eine arrogante Erbin zu arbeiten, das ist nichts für Pferdetrainer Gabe Brand! Doch als er in den Augen der brünetten Schönheit Bonita eine tiefe Hoffnung liest, lautet seine Antwort trotzdem Ja …

ALLISON LEIGH

Immer wenn es Träume schneit

„Nennen Sie mich nicht ‚Schätzchen‘!“ Die hübsche Sydney schaut ihn so erbost an, dass Derek ihre Wut am liebsten auf der Stelle fortküssen würde. So sinnlich, dass das Eis zwischen ihnen schmilzt …

Single-Dad sucht Nanny für immer!

1. KAPITEL

Daniel Sutton musterte den Aktenberg auf seinem Schreibtisch. Da er jetzt der einzige Anwalt in Spring Forest war, schaffte er es kaum, alle Termine unterzubringen – ganz zu schweigen davon, Vorstellungsgespräche mit Kindermädchen zu führen.

Wenn nur seine Frau nicht vor zwei Jahren mit seinem Partner in der Kanzlei durchgebrannt wäre …

Seine Sekretärin klopfte leise an die Tür. Raina Clark war verwitwet, Ende dreißig und ein gutes Vorbild für seine Töchter. Sie blieb sogar dann freundlich, wenn er ihr noch mehr Arbeit aufhalste.

Von der Türschwelle aus informierte sie ihn jetzt: „Ihre Töchter sind da.“

Eine Sekunde später stürzten Paris, Penny und Pippa in sein Büro. Sogar Paris, seine älteste, die gerade in die Pubertät kam und sonst ziemlich launisch war, konnte ihre Aufregung kaum im Zaum halten.

Penny, die mittlere seiner Töchter, die die Schule hasste und Fußball liebte, erklärte mit ausgebreiteten Armen: „Das war’s, Dad! Wir haben es hinter uns. Drei Monate lang keine Schule.“

Ja, jetzt waren Sommerferien, und er musste die Mädchen daran erinnern, sich für einen Ferienkurs zu entscheiden, damit sie tagsüber etwas zu tun hatten.

Seine Jüngste, Pippa, rannte auf ihn zu, dass ihre blonden Zöpfe nur so flogen, und schlang die Arme um ihn. „Kannst du jetzt heimkommen, Daddy? Ja?“

Pippa hatte endlich aufgehört, sich nachts in den Schlaf zu weinen. Von ihrer Mutter im Stich gelassen zu werden hatte seine Töchter tief getroffen. Darum musste er eine einfühlsame Frau als Kindermädchen finden, die bereit war, sich um die Mädchen zu kümmern.

Immerhin war er allmählich ein Experte, wenn es darum ging, mit seinen Kindern zu verhandeln. Jetzt starrten ihn alle drei an und warteten ab, ob er seine Arbeit für sie hintanstellen würde. Er wünschte sich, das wäre so einfach.

Wenigstens hatte er ihre volle Aufmerksamkeit. Das kam selten vor. „Wie wäre es, wenn ihr mir fünf Minuten Zeit gebt, damit ich noch einen Anruf erledigen kann?“ Weil er ihre Enttäuschung bemerkte, fügte er hinzu: „Ihr könnt Raina Gesellschaft leisten oder in den Garten gehen.“

Diese Entscheidung fiel Penny leicht. „Lasst uns rausgehen.“

Penny rannte zur Hintertür hinaus, Pippa auf den Fersen. Paris folgte ihnen widerwillig.

Fünfzehn Minuten später beendete Daniel gerade sein Telefonat, als Penny ins Zimmer stürzte. „Dad, du musst mitkommen. Jetzt sofort.“

Er sprang auf. „Ist jemand verletzt?“

„Nein, aber komm mit.“ Sie zerrte ihn nach draußen und um die Veranda herum. Seine Töchter knieten neben der Terrasse und versuchten, durch zerbrochene Latten unter den Bretterboden zu kommen.

„Was macht ihr denn da?“, fragte er. Wenn sich da ein Waschbär oder Schlimmeres versteckt hatte …

„Es ist eine Katze“, sagte Paris, so aufgeregt, wie er sie schon lange nicht mehr erlebt hatte.

„Eine Glückskatze. Das bedeutet, ihr Fell hat drei Farben. Sie muss sich erschreckt haben, weil sie sich da unten verkrochen hat“, fügte Penny hinzu.

„Natürlich hat sie Angst“, sagte er. „Sie kennt euch drei doch nicht.“

Penny schaute zu ihm auf. „Meinst du echt, Dad? Wir machen ihr Angst?“

Paris beugte sich vor und flüsterte: „Ich glaube, sie ist trächtig.“

„Das kannst du erkennen?“, fragte er genauso leise.

Pippa machte eine Kreisbewegung mit beiden Armen. „Sie ist so fett. Sie muss trächtig sein.“

Daniel hatte keine Ahnung von Katzen. Er nahm an, die Katze könnte auch eine Krankheit haben, wegen deren sie so aufgedunsen war. Aber wenn sie tatsächlich trächtig war …

Was in aller Welt sollte er mit der Katze anstellen, wenn sie aus dem Versteck kam? Er sah seine drei Töchter an, die ihn anstarrten und hofften, dass er eine Lösung finden würde. Da erinnerte er sich an das Tierheim am Stadtrand. Er spendete dem Verein jedes Jahr etwas. Dann konnten sie sich wenigstens um diese Katze kümmern. Aber erst mal musste er sie einfangen.

„Ich glaube, ich habe eine Idee“, sagte er. „Ich suche im Bürokühlschrank nach etwas Essbarem, mit dem wir sie herauslocken können. Im Abstellraum ist auch bestimmt noch ein Karton. Da können wir sie reinsetzen und dann ins Tierheim bringen.“

„Das von Fellknäuel fürs Leben?“, fragte Penny.

„Ja. Die sorgen gut für die Tiere. Ich bin mir sicher, die können ein gutes Zuhause für sie finden.“

Pippa meldete sich zu Wort. „Wir könnten sie doch behalten, Dad.“

Diese Idee musste er im Keim ersticken. „Nein, können wir nicht. Ich kenne mich mit Katzen nicht aus. Die Leute im Tierheim wissen, wie man am besten für sie sorgt. Aber jetzt müsst ihr der Katze erst mal gut zureden, damit sie herauskommt.“

„Was sollen wir denn sagen?“, fragte Penny.

„Einfach nur, dass ihr nur wollt, dass es ihr gut geht. Ich besorge jetzt mal Futter und eine Kiste.“

So viel zum Thema, heute noch zu arbeiten. Andererseits würde er Zeit mit seinen Töchtern verbringen. Und das war dringend notwendig, bevor er sich an das Problem heranwagte, ein Kindermädchen anzuheuern.

Emma Alvarez half leidenschaftlich gern bei den Tierrettern von Fellknäuel fürs Leben aus. Das Problem war nur … sie brauchte einen richtigen Job, einen, mit dem sie Geld verdiente. Sie hatte sich erst vor Kurzem ganz spontan entschlossen, von Pennsylvania nach North Carolina zu ziehen – eine falsche Entscheidung, wie sich herausgestellt hatte. Sie war wegen eines Mannes hergekommen. Doch sie war geblieben, weil sie Spring Forest und die Menschen hier mochte. Der andere Grund, warum sie noch da war, war ihr Stolz.

Emma lächelte, als sie an der Wand vorbeiging, an der Werke von Künstlern aus der Gegend hingen, die die verschiedenen Katzen- und Hunderassen zeigten. Sie war auf dem Weg ins Foyer, um sich eine Liste mit den verfügbaren Pflegefamilien zu holen.

Dort bemerkte sie, dass die Theke gerade nicht besetzt war. Vielleicht war der freiwillige Helfer, der gerade Dienst hatte, mit einem Besucher bei den Tieren.

In diesem Augenblick wurde Emmas Aufmerksamkeit auf die Eingangstür gelenkt. Drei Kinder stürmten herein, gefolgt von einem hochgewachsenen Mann, der einen Karton trug. Einem attraktiven Mann. An den Seiten waren Löcher in den Karton gestanzt. Emma vermutete, dass sich ein Tier in der Box befand.

Der Besucher hatte dunkles Haar, das er kurz und sauber geschnitten trug. Er hatte ein weißes Anzughemd an und wirkte Respekt einflößend, als er die Mädchen mit tiefer Stimme ermahnte: „Macht mal langsam, bis wir wissen, wo wir hinmüssen.“

Vielleicht seine Töchter?

Emma hatte ihn hier noch nie zuvor gesehen.

Zwei der Mädchen plapperten ununterbrochen. Die mittlere, die aussah, als ob sie ungefähr neun Jahre alt war, hatte eine Baseballmütze verkehrt herum auf und zerrte am Ellbogen ihres Vaters. „Was werden sie mit ihr machen? Wo kommt sie hin? Wie lange behalten sie sie?“

Die kleinste schien von den Kunstwerken an der Wand fasziniert zu sein. „Ist das nicht toll?“ Sie zeigte auf das Foto von einer Katze, die durch digitale Effekte in Form von bunten Farbflächen abgebildet worden war.

Die älteste blieb scheinbar ungerührt. Elf oder zwölf, schätzte Emma. Alle drei Mädchen trugen bunte Röcke und Blusen.

Der Mann begegnete Emmas Blick. Seine Augen waren grün. Peinlicherweise schaffte sie es nicht wegzuschauen.

Zum Glück unterbrach er den Blickkontakt, indem er auf sie zuging. „Sind Sie hier zuständig?“ Er musterte sie – sie trug ein weißes T-Shirt mit dem roten Logo von Fellknäuel fürs Leben, einem Hunde- und ein Katzenprofil in einem Herzen, und Jeans. Ihre Garderobe war auf ein Minimum reduziert, weil ihr Umzug nach Spring Forest so eine spontane Entscheidung gewesen war. Eine sehr schlechte spontane Entscheidung. Als sie sich das ins Gedächtnis rief, prägte sie sich ein, dass sie sich weder von den Augen noch von den Worten oder dem Lächeln eines Mannes verzaubern lassen durfte. Nie wieder.

„Im Augenblick ja. Wie kann ich helfen?“

Die drei Mädchen scharten sich um sie. Eifrig berichtete die jüngste: „Wir haben sie in der Kanzlei von meinem Dad unter der Veranda gefunden. Wir denken, dass sie trächtig ist.“

„Es ist eine Katze“, erklärte die mittlere. „Sie ist weiß mit schwarzen und goldenen und braunen Flecken.“

„Dann ist sie eine Glückskatze“, sagte Emma.

„Mädchen, stellt euch erst mal vor. Ich bin Daniel Sutton“, sagte er. „Und das sind meine Töchter – Paris, Penny und Pippa.“

„Ich bin Penny“, sagte die mittlere und hob die Hand.

„Ich bin Emma Alvarez“, erwiderte Emma.

„Wer hat die Bilder an den Wänden gemalt?“, fragte die jüngste.

Emma lächelte das kleine Mädchen an. „Künstler hier aus Spring Forest und Umgebung. Malst du gerne?“

„Ja. Aber ich bin nicht sehr gut.“

Mit einem Lächeln – einem Lächeln, bei dem sie ein Kribbeln im Bauch bekam – fragte Daniel Sutton: „Wo sollen wir die Katze hinbringen? Ich kenne mich hier nicht gut aus. Das ist jetzt das erste Mal, dass ich hier bin seit dem Tornado im März.“

Emma wusste, dass das Tierheim seit dem Tornado umgebaut worden war. Einige Bauarbeiten waren immer noch nicht abgeschlossen. „Seid ihr sicher, dass die Katze keinem Nachbarn gehört?“, fragte Emma.

„Ich habe auf beiden Seiten nachgefragt. Die Nachbarn haben keine Katzen und kennen die Kleine hier auch nicht. Sie werden sie doch aufnehmen, oder? Ich spende dem Tierheim auch jedes Jahr etwas …“

Spenden waren wichtig, das musste Emma zugeben. Aber Spenden hatten nichts damit zu tun, ob sie ein Tier aufnahmen oder nicht. „Ich nehme sie mit nach hinten in den Quarantänebereich.“

„Was ist Quarantäne?“, fragte Pippa.

Paris ließ Emma keine Zeit, die Frage zu beantworten. „Wenn ein Tier einzeln gehalten wird, um zu sehen, ob es irgendwelche Krankheiten hat.“

„Ich will aber nicht, dass sie allein ist“, sagte Penny und verzog das Gesicht.

„Sie wird nicht ganz alleine sein“, erklärte Emma. „Nur von den anderen Tieren getrennt, bis wir sicher sind, dass sie gesund ist. Wir werden sie auch scannen, um nachzusehen, ob sie gechipt ist. Wenn ja, könnte uns das helfen, ihre Eigentümer zu finden.“

In Daniel Suttons Augen standen unzählige Fragen. Wahrscheinlich richtig schwierige Fragen, wie etwa, was sie tun würden, wenn die Katze ernsthaft krank war. Emma wollte diese Fragen nicht vor seinen Töchtern beantworten.

„Können wir mitkommen?“, fragte Pippa.

Emma ging vor Pippa in die Hocke, um ihr in die Augen sehen zu können. „Ich sag euch was. Warum begleitet ihr mich nicht ein Stück? Dann könnt ihr durchs Fenster alle anderen Katzen ansehen, die wir haben.“

„Habt ihr auch Hunde?“, fragte Paris.

„Ja, haben wir. Die könnt ihr euch auch ansehen. In der Zwischenzeit bringe ich eure Glückskatze nach hinten und rede mit unserer Tierarzthelferin. Sie wird die Katze untersuchen.“ Emma schaute wieder zu Daniel hinüber. „Ich habe ein Formular, das Sie ausfüllen müssten. Wenn Sie zusammen mit Ihren Töchtern warten wollen, bring ich es Ihnen gleich.“

Sie griff nach dem Karton. Zunächst stellte sie ihn auf einen Tisch in der Nähe. „Ich will nur mal einen Blick hineinwerfen. Ich bin sicher, Ihre Töchter wollen ihr auch noch alles Gute wünschen.“

Pippa, Paris und Penny drängten sich um die Box, als Emma den Deckel abnahm. „Oh, bist du aber eine Hübsche“, sagte Emma. Das weiße Fell war ein bisschen schmutzig, aber die Farben leuchteten.

„Werden Sie sie baden?“, fragte Pippa.

Emma lachte. „Ich glaube nicht. Wenn sie gut versorgt ist und genug zu fressen hat, macht sie sich selbst sauber. So machen Katzen das. Ich vermute, sie ist erschöpft, weil sie so viel herumgerannt ist, um einen Unterschlupf und etwas zu fressen zu finden.“

Die Mädchen hingen ihr förmlich an den Lippen.

Als Emma aufsah, bemerkte sie, dass Daniel Sutton sie beobachtete. Seine Miene war … Er sah neugierig aus, um genau zu sein. Sie war auch neugierig, was ihn anging. Aber dazu hatte sie kein Recht. Wahrscheinlich war er verheiratet.

Er hatte keinen Ring am Finger. Aber sie wusste besser als die meisten Leute, dass so ein Symbol unter Umständen nichts zu bedeuten hatte.

Sie rief sich ins Gedächtnis, dass ihr Interesse nur der Katze gelten sollte. Und vielleicht den Mädchen. Daher fragte sie: „Hat sie euch Schwierigkeiten gemacht, als ihr sie eingefangen habt?“

Daniel schüttelte den Kopf. „Sie war gefügig. Hat sogar geschnurrt, als Penny sie gestreichelt hat.“

„Haben Sie ihr was zu fressen gegeben?“

„Ich hatte Brathühnchen im Bürokühlschrank. Davon habe ich ein Stück abgeschnitten und klein gehackt. Das hat sie verschlungen.“

„Echt schnell“, fügte Pippa hinzu.

Und Paris sagte leise: „Sie hat sich auch an meinen Beinen gerieben. Als ob sie Freundschaft schließen wollte.“

Die Katze sah Emma an, als ob sie fragen wollte, was als Nächstes passieren würde. Emma wünschte, die Antwort auf diese Frage zu kennen. Sie konnte nur hoffen.

Daniel war aufgewühlt, als Emma Alvarez sich mit der Katze entfernte. Seit Lydia ihn verlassen hatte, hatte er sich nicht mehr zu einer Frau hingezogen gefühlt. Was in aller Welt war das jetzt?

Offensichtlich war Emma sehr mitfühlend. Nicht nur was Tiere anging, sondern auch in Bezug auf Kinder. So viel Mitgefühl hatte er bei seiner Ex-Frau nie erlebt.

Keine Vergleiche. Kein Interesse, befahl er sich. Inzwischen fühlte er sich endlich wieder wie ein richtiger Mensch. Aber dafür hatte er zwei lange Jahre gebraucht.

Dann kam ihm der Gedanke, dass Emma Alvarez ein großartiges Kindermädchen wäre. Emma gab ihm ein Gefühl, das er einfach nicht ignorieren konnte. Vor allem, nachdem er gesehen hatte, wie seine Töchter auf sie reagierten.

Als er aufschaute, bemerkte er, dass Emma gerade auf der anderen Seite des Fensters zum Katzentrakt mit einer Helferin sprach. Die Frau kam heraus und fragte Pippa, Penny und Paris, ob sie reinkommen und ein paar der Katzen streicheln wollten. Das wollten sie natürlich.

Schließlich kehrte Emma aus dem Büro auf der anderen Seite der Lobby mit ein paar Formularen an einem Klemmbrett zurück. „Warum setzen wir uns nicht, während Sie das hier ausfüllen? Wenn Sie Fragen haben, kann ich sie dann gleich beantworten“, schlug Emma vor.

Daniel klopfte leise an die Fensterscheibe, und Paris schaute auf. Er zeigte auf das Klemmbrett und in Richtung Lobby. Sie hob den Daumen, um anzudeuten, dass sie verstanden hatte.

Als sie ins Foyer gingen, berichtete Emma: „Die Katze, die Sie uns gebracht haben, war nicht gechipt. Und bei ihr muss ein Test für FIV und Katzenleukämie gemacht werden. Darüber wollte ich in Gegenwart ihrer Töchter nicht sprechen.“

„Was ist, wenn einer dieser Tests positiv ist?“

Emma sah ihn traurig an, und er wusste, was das bedeutete.

„Warum?“, fragte er, überrascht, dass ihm das wichtig war.

„Momentan laufen Forschungen, ob eine FIV-positive Katze ohne Gefahr für andere Tiere aufgenommen werden kann. Aber noch müssen beide Krankheiten als hoch ansteckend eingestuft werden.“ Sanft berührte sie seinen Arm.

Er konnte nicht glauben, wie viel Hitze von so einer leichten Berührung ausstrahlen konnte. Als er aufblickte, bemerkte er ihren beinahe überraschten Gesichtsausdruck. Spürte sie das auch?

Emma räusperte sich. Sie zeigte auf zwei Sessel in der Lobby. Nachdem sie sich gesetzt hatten, reichte sie ihm das Klemmbrett und einen Stift. Sie saßen so eng nebeneinander, dass sein Knie beinahe an ihres stieß. Er zog sein Bein nicht weg, weil das zu offensichtlich gewesen wäre. Offensichtlich, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte? Oder offensichtlich, dass er ihr ausweichen wollte?

Er legte das Klemmbrett auf seine Oberschenkel. Die Bedeutung von Emmas Erklärung traf ihn mitten ins Herz. „Wenn Sie diese Katze und ihre Kätzchen nicht retten können, werden meine Töchter am Boden zerstört sein.“

„Das verstehe ich“, sagte Emma voller Mitgefühl. „Und Sie sollten die Hoffnung nicht aufgeben – das Ergebnis kann ja negativ sein. Ich würde vorschlagen, dass Sie mit Ihren Töchtern nach Hause fahren, und ich rufe Sie später an, wenn die Ergebnisse da sind.“

„Ich gebe Ihnen meine Handynummer. Dann können Sie mich immer und überall erreichen. Haben Sie Ihr Handy da?“

Das hatte sie. Sie zog es von ihrem Gürtel ab und gab Daniels Nummer ein.

Er sollte eigentlich die Formulare ausfüllen und nicht Emma dabei zusehen, wie sie seine Daten eintippte, dachte er. Als sie ihren Blick hob und seinem begegnete, aber sich nicht sofort abwendete, überraschte ihn das.

Doch dann schaute er weg. Die Formulare waren auf einmal viel wichtiger als Emma Alvarez.

An diesem Abend saß Daniel in seinem Arbeitszimmer und hörte zu, wie seine Töchter im Wohnzimmer auf der anderen Seite der Eingangshalle sich mit einem Computerspiel beschäftigten. Der großzügige Grundriss war einer der Gründe, warum seine Ex-Frau und er das Haus gekauft hatten.

Im Wohnzimmer war Pippas Lachen zu hören. Daniel sah sich in seinem Arbeitszimmer um. Er musterte die Bücherregale, den riesigen Schreibtisch, Computer und Drucker. Ohne seine Töchter bedeutete ihm weder dieses Haus noch seine juristische Karriere irgendetwas.

Er widmete sich wieder dem Sommerferienprogramm des örtlichen Colleges. Er hoffte, dass es noch nicht zu spät war, seine Töchter anzumelden. Als er anfing, die Liste durchzugehen, vibrierte sein Handy. Er sah, dass es sich bei dem Anrufer um E. Alvarez handelte. Sein Herz klopfte schneller.

„Mr. Sutton?“, fragte sie.

„Sag doch bitte Daniel“, schlug er vor. Das war nicht zu aufdringlich, oder?

Emma zögerte. Aber dann sagte sie: „Na gut. Daniel. Die Katze ist negativ. Und wir werden sie aufnehmen. Ich habe sie wegen ihrer bunten Farben Fiesta getauft.“

„Ich bin so froh, dass sie jetzt an einem sicheren Ort ist“, sagte Daniel.

„Leider können wir uns nicht besonders intensiv um Fiesta kümmern, weil das Tierheim voll belegt ist. Ich werde mein Bestes tun, ein Auge auf sie zu haben. Aber es wäre wirklich besser, wenn sie bei dir und deinen Töchtern bleiben könnte.“

„Nein.“ Ohne auch nur darüber nachzudenken, lehnte er ab.

„Darf ich fragen, warum?“, erkundigte sie sich sanft.

Nach kurzer Überlegung sagte er ihr die Wahrheit. „Ich bin geschieden und alleinerziehender Vater von drei Töchtern, die viel Zuwendung brauchen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, auch noch mit einem Haustier fertigzuwerden.“

Emma schwieg einen Augenblick. Dann sagte sie leise: „Ich verstehe. Wenn ihr sie nicht adoptieren könnt, warum kommst du sie nicht noch mal mit deinen Töchtern im Tierheim besuchen? Ich bin sicher, ihnen würde das gefallen. Und ihr auch. Sie ist eine sehr zutrauliche Katze.“

„Ich werde darüber nachdenken“, versicherte er ihr. Vielleicht, weil er Emma Alvarez wiedersehen wollte und nicht die Katze.

„Wann immer du Zeit hast. Weißt du, wann wir aufhaben?“

„Ja. Hast du immer dieselbe Schicht?“

„Meine Schicht hängt ganz davon ab, wann das Tierheim mich braucht.“

Daran hatte er nicht gedacht.

„Wir hoffen, dass wir euch bei Fellknäuel fürs Leben bald wiedersehen werden“, sagte sie höflich. „Dann wünsche ich noch einen schönen Abend, und grüß deine Töchter von mir.“

„Mache ich.“

Nachdem Daniel den Anruf beendet hatte, wünschte er sich, das Gespräch hätte länger gedauert. Sollte er sie noch mal bei Fellknäuel fürs Leben besuchen, wenn er sich so zu ihr hingezogen fühlte?

Sein gesunder Menschenverstand sagte ihm, dass er das besser nicht tun sollte.

2. KAPITEL

Der Coffeeshop „Whole Bean“ war ein beliebter Treffpunkt in Spring Forest. Daniel war dankbar, dass seine Schwester sich an diesem Samstag um seine Töchter kümmerte. So hatte er Zeit, ein paar Besprechungen nachzuholen.

Der Coffeeshop war in der Nähe der Kanzlei. Er sah auf die Uhr und stellte fest, dass er noch zehn Minuten Zeit hatte, bevor er im Büro sein wollte.

Er ging hinein, holte sich einen Kaffee und sah sich gerade nach einem Tisch um, als er wie angewurzelt stehen blieb. Emma Alvarez saß allein an einem Tisch für zwei. Wartete sie auf jemanden?

Es sah nicht so aus. Sie hatte die Zeitung vor sich ausgebreitet und einen Stift in der Hand.

Sein Herz klopfte schneller.

Er ging zu ihrem Tisch hinüber und blieb stehen. Sie sah überrascht auf.

Bevor er sich zurückhalten konnte, fragte er: „Darf ich mich zu dir setzen?“

Sie wirkte verlegen, faltete aber die Zeitung zusammen und legte den Stift hin. „Ich habe nichts dagegen.“

Er musterte ihren Kaffee. Das sah ganz nach einem Latte aus.

Sie bemerkte seine Neugierde und bedachte daraufhin sein Getränk mit einem prüfenden Blick. „Ja, ich trinke Latte macchiato – mit Vanillegeschmack. Und du?“

Er setzte sich und deutete mit einem Kopfnicken auf seinen Becher. „Das sieht nur aus wie schwarzer Kaffee. Da ist auch noch ein Espresso drin.“

„Genug Treibstoff für den ganzen Tag?“, scherzte sie. „Oder brauchst du mittags Nachschub?“

„Ich habe mir ein Limit von zwei am Tag gesetzt. Ich habe so schon genug Schwierigkeiten durchzuschlafen.“

„Wegen deiner Töchter?“, fragte sie und wurde rot. „Tut mir leid. Ich wollte nicht neugierig sein.“

„Ich habe doch angefangen. Und jawohl, meine Töchter stören oft genug meine Nachtruhe. Pippa schreit oft im Schlaf. Seit meine Frau uns verlassen hat.“

„Du hast erwähnt, dass du geschieden bist …“

Sein Blick fiel auf ihre Hand. Kein Ring. „Ja, seit zwei Jahren. Man sollte meinen, dass ich mich inzwischen daran gewöhnt hätte, Mutter und Vater in einer Person zu sein.“

Emma schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, dass das so funktioniert. Meine Mutter ist an Krebs gestorben, als ich zwölf war. Ich werde die letzten sechs Monate ihres Lebens oder die ersten Jahre nach ihrem Tod nie vergessen. Ich vermisse sie immer noch.“

Da waren sie aber sehr schnell auf sehr schwierige Themen zu sprechen gekommen. Zeit, es langsamer angehen zu lassen. Nur wurde er abgelenkt – durch Emmas Schönheit, durch ihre langen, dunklen Locken, ihre vorwitzige Nase, ihre vollen Lippen.

Er räusperte sich und deutete mit einem Kopfnicken auf die Zeitung. „Du hast sehr ernst ausgesehen, als ich rübergekommen bin.“

„Ich suche einen Job. Bevor ich hergezogen bin, habe ich in Pennsylvania als Büroleiterin gearbeitet.“

„Und ich habe gedacht, dass du vielleicht eine Ausbildung als Tierarzthelferin machst, weil du im Tierheim arbeitest.“

„Oh, ich liebe Tiere. Aber Medizin ist nicht mein Ding. Ich kümmere mich einfach gern um Tiere. In gewissem Sinne sind Tiere ganz ähnlich wie Kinder. Wenn man sie vernachlässigt, benehmen sie sich daneben. Wenn wir mit ihnen spielen, können sie sich abreagieren. Und wenn sie wissen, dass jemand sich um sie kümmert, benehmen sie sich viel besser.“

Als er mit seinen Töchtern im Tierheim war, hatte er gleich bemerkt, dass Emma Kinder und Tiere mochte. Er nahm ein paar Schlucke von seinem Kaffee. „Bist du schon lange in North Carolina?“

„Ungefähr einen Monat.“

„Du hast gesagt, dass du in Pennsylvania als Büroleiterin gearbeitet hast. Bist du hergekommen, um Arbeit zu finden?“

Einen Augenblick lang wirkte sie unbehaglich. Dann strich sie ihre Locken hinters Ohr zurück, bevor sie antwortete: „Nein, eigentlich nicht. Das ist eine lange Geschichte. Mein Umzug hierher hat sich anders entwickelt als gedacht. Aber ich habe beschlossen, eine Weile hierzubleiben. Ich will herausfinden, ob Spring Forest vielleicht auf Dauer etwas für mich ist. Es ist eine wunderschöne kleine Stadt.“

Emma nahm einen Schluck von ihrem Latte. Offensichtlich war noch Schaum übrig, denn er umrahmte jetzt ihre Oberlippe. Daniel lächelte.

„Was?“, fragte sie, wahrscheinlich, weil er sie so eindringlich ansah.

Zu gerne hätte er den Milchschaum berührt, um herauszufinden, wie weich ihre Haut darunter war. Was für ein verrückter Gedanke. Also fuhr er sich stattdessen mit dem Finger über die eigene Oberlippe.

Sie wusste sofort, was er meinte, und lachte. „Mit Espresso muss man sich da keine Sorgen machen.“

Die Sache war ihr überhaupt nicht peinlich, und das gefiel ihm an ihr. Sie war so natürlich, kein bisschen affektiert. Authentisch.

Obwohl er nicht gehen wollte, schaute er betont auf die Uhr. Dann sagte er: „Ich hoffe, du findest, wonach du suchst. Ich muss jetzt los. Ich habe gleich eine Mandantenbesprechung.“

Sie nickte. „Ich hoffe, du hast einen schönen Tag.“

Er erhob sich. „Genieß noch deinen Latte.“

Sie lächelte ihn an, als er wegging. Das Lächeln begleitete ihn bis in die Kanzlei.

Den Rest des Vormittags hatte Daniel kaum eine Verschnaufpause, so hielten ihn Mandanten, die ein Testament machen, einen Hausverkauf abschließen oder eine Prozessvollmacht aufsetzen wollten, auf Trab.

Er hatte gerade angefangen, die Vorgeschichte einer Nachbarschaftsstreitigkeit zu lesen, als sein Handy vibrierte. Handy statt Festnetz bedeutete, dass es sich um einen privaten Anruf handelte.

„Hallo“, meldete er sich. „Viel beschäftigter Anwalt am Apparat.“

„Oh, Dad, du bist immer beschäftigt“, beschwerte sich Paris. „Ich habe ein Problem. Tante Shannon will, dass ich ein Sandwich und einen Salat esse. Ich will aber nicht. Sie ist aber so vehement, dass ich schon Angst habe, sie lässt mich zwangsernähren.“

Wann hatte Paris das Wort „vehement“ gelernt? „Soll ich mit deiner Tante reden?“

„Nein. Komm nach Hause. Ich muss abnehmen, bis die Schule im September anfängt. Das kapiert sie einfach nicht. Oh, und Penny hat heute früh ihr letztes Fußballspiel in der Saison verpasst, weil du Tante Shannon nichts davon gesagt hast.“

Daniel rieb sich die Stirn. „Warum hat Penny ihr nichts gesagt?“

Er konnte beinahe hören, wie Paris mit den Schultern zuckte. „Ich schätze, sie hat es auch vergessen. Aber das Schlimmste hab ich dir noch gar nicht erzählt.“

Jetzt hielt Daniel den Atem an. „Das Schlimmste?“

„Äh …“ Paris zögerte. Das machte Daniel noch mehr Sorgen.

„Rück schon raus damit, Paris.“

„Pippa hat etwas angestellt.“

„Soll das jetzt ein Quiz werden?“ Allmählich verlor er die Geduld.

„In deinem Schrank war eine Schuhschachtel. Mit Moms Make-up. Das hat Pippa jetzt im Gesicht.“

Daniel schob die Akten auf seinem Schreibtisch zur Seite. Als Lydia abgehauen war, hatte er zuerst gehofft, sie würde zurückkommen. Also hatte er ihre Sachen aufbewahrt. Als sie das nicht getan hatte, hatte er alles eingepackt und entsorgt. Die Schachtel im Kleiderschrank hatte er wohl vergessen.

„Was hat Pippa da überhaupt zu suchen gehabt?“, fragte er.

„Keine Ahnung. Vielleicht hat sie gesehen, wie du die Sachen da reingetan hast.“

Pippa hatte ihn mehr als einmal gefragt, warum ihre Mommy weggegangen war. Er wusste nie, was er ihr sagen sollte. Lydia schickte ihren Töchtern Geburtstagskarten und hin und wieder eine kurze Nachricht. Aber das war seit der Scheidung auch schon alles. Kein Wunder, dass sie sich im Stich gelassen fühlten.

Was hatte Emma erst heute Vormittag zu ihm gesagt? Tiere sind ganz ähnlich wie Kinder. Wenn man sie vernachlässigt, benehmen sie sich daneben.

„Ich bin in zehn Minuten zu Hause. Meinst du, ihr drei hättet Lust, Fiesta bei Fellknäuel fürs Leben zu besuchen?“

„Dad kommt nach Hause“, verkündete Paris ihren Schwestern, die anscheinend direkt neben ihr gestanden hatten.

Er hörte Jubelschreie. Dann fragte Paris ihre Schwestern: „Wollt ihr Fiesta im Tierheim besuchen?“

Die Zustimmung der Mädchen war nicht zu überhören. Ihre Bedürfnisse waren genauso wenig zu übersehen. Shannon konnte wunderbar mit ihnen, aber sie brauchten jemanden, der sich ganz auf sie konzentrieren konnte. Sie brauchten ein Kindermädchen.

Ein Geistesblitz traf ihn. Emma brauchte doch einen Job. Vielleicht würde sie in Erwägung ziehen, als Nanny für ihn zu arbeiten. Aber er konnte sie nicht einfach aus einer Laune heraus anheuern. Erst musste er mit Rebekah Taylor, der Direktorin des Tierheims, sprechen. Der Besuch bei Fiesta konnte also mehr als einem Zweck dienen.

Emma sah sie zur Tür hereinkommen. Sie hatte gerade den Papierkram für eine Adoption erledigt und einen unendlich süßen schwarzen Zwergpudel seinem neuen Herrchen übergeben.

Als Penny und Pippa Emma entdeckten, rannten sie sofort auf sie zu. Paris folgte ihnen langsamer. Pippa schaute mit großen, schokoladenbraunen Augen zu ihr auf. „Wir sind hier, um Fiesta zu sehen. Darf sie Besuch bekommen?“

Emma lächelte. „Klar darf sie das.“

Daniel musterte Emma, und sie spürte, wie sie rot wurde. Was hatte dieser Mann nur an sich, das ihn so attraktiv machte? Sicher, er war groß. Er sah gut aus. Er kümmerte sich rührend um seine Töchter und sogar um ein herrenloses Tier, das er unter seiner Veranda gefunden hatte. Aber das garantierte ihr nicht, dass er im romantischen Sinne ein guter Partner wäre.

Keine spontanen Entscheidungen mehr, sagte sich Emma entschieden. Ihr letztes impulsives Handeln hatte dafür gesorgt, dass sie hier gelandet war. Ohne Job und ohne richtige Wohnung.

Wenn sie nicht bald Arbeit fand, musste sie nach Hause zurückkehren. Das wollte sie wirklich nicht. Denn das würde beweisen, dass ihr Vater recht gehabt hatte.

Sie zeigte den Mädchen den Weg. „Nach der ersten Tür links.“

Daniel trat zu ihr hin, und sie war sich seiner Nähe deutlich bewusst. Die marineblau gestreifte Krawatte hatte er gelockert, und die obersten zwei Knöpfe seines königsblauen Oxfordhemds waren offen. Plötzlich fasste er sie am Ellbogen, und sie hielten beide einen Moment inne. Ihr Arm fühlte sich an, als ob er sie mit seiner Hand in Brand gesetzt hätte.

„Du wirkst ja wahre Wunder“, sagte er.

Seine Berührung hatte sie überrumpelt, und die Bewunderung in seinen Augen lähmte sie. Irgendwie fand sie die Sprache wieder. „Warum sagst du das?“

„Weil Paris mit niemandem spricht, wenn es nicht unbedingt sein muss. Und sie stellt nie Fragen. Sie tut immer so, als ob sie alles wüsste. Bei dir ist sie anders.“

„Ich bin einfach noch neu für sie. Ich liebe Tiere, und vielleicht tut sie das auch.“

Daniel sah sie nachdenklich an. Schließlich sagte er: „Du kannst auch gut mit Penny und Pippa umgehen. Pippa hat es nicht leicht gehabt. Am liebsten wäre ihr, wenn ich sie ständig im Arm halten könnte.“

„Daddys kleiner Augenstern?“, fragte Emma verständnisvoll.

„Vielleicht. Ich weiß nicht, ob dir das aufgefallen ist, aber sie hat immer noch Lippenstift unter der Nase.“

„Lippenstift?“, fragte Emma verwirrt.

„Als ich heute nach Hause gekommen bin, hatte sie es geschafft, an Lydias alte Sachen ranzukommen. Sie hat sich Lippenstift um den Mund geschmiert, Lidschatten um die Augen, Rouge auf die Wangen. Sie hat ausgesehen wie ein Clown.“

„Du hast doch nicht gelacht, oder?“

„Nein. Ich war viel zu verdutzt. Aber ich habe auch nicht gesagt, dass sie schön aussieht.“

„Was hast du denn gesagt?“ Sie wusste, das würde dem Kind in Erinnerung bleiben.

„Ich habe ihr erklärt, dass sie viel hübscher ist, wenn sie keine Schminke im Gesicht hat.“

Emma musste lächeln. „Du bist ein sehr kluger Vater.“

„Penny sieht das nicht so. Wir haben beide ihr Fußballspiel heute vergessen.“

Sein schuldbewusster Tonfall war richtig süß. Emma bemühte sich, nicht zu grinsen. „Ich glaube, du gehst zu hart mit dir ins Gericht.“

„Du kennst mich doch gar nicht“, erinnerte er sie stirnrunzelnd.

„Ich kann aber sehen, dass du das Beste für deine Töchter willst.“

Wieder musterte Daniel sie, als ob er innerlich eine Debatte mit sich selbst führte. Doch dann wechselte er das Thema. „Rebekah Taylor ist doch die Direktorin des Tierheims, nicht wahr?“

„Ja, das ist sie.“

„Meinst du, ich könnte mal mit ihr reden?“

„Sie hat heute Vormittag eine Besprechung mit den Whitakers.“ Die Schwestern Bunny und Birdie Whitaker hatten das Tierheim gegründet. Obwohl Emma sie natürlich schon oft gesehen hatte, war sie ihnen noch nicht offiziell vorgestellt worden. Aber sie hatte schon viel von ihnen gehört.

„Ich kann Rebekah eine Nachricht mit deiner Nummer geben. Ich bin sicher, sie ruft zurück.“

„Das wäre schön. Danke.“

Emma könnte sich in Daniels grünen Augen verlieren. Aber das würde sie nicht tun. Auf gar keinen Fall.

Während der nächsten halben Stunde bedachten Daniel und seine Töchter Fiesta mit der Aufmerksamkeit, die sie verdient hatte.

Penny bewunderte ihre Fellfarben. „Sie ist so hübsch – weiß und schwarz und braun. Ich habe noch nie eine Katze wie sie gesehen.“

„Ich frage mich, was für eine Farbe ihre Babys haben werden“, bemerkte Paris.

„Sie könnten alle möglichen Farben haben“, erklärte Emma. „Das wird spannend, was?“

Pippa lehnte sich an Emma. „Dürfen wir dann mit den Kätzchen spielen?“

„Ich weiß es nicht, Süße“, sagte Emma. „Das hängt davon ab, ob jemand sie adoptiert, bevor die Babys da sind.“

„Daddy will keine Katze mit Babys.“

Emma konnte nicht anders, als einen Arm um Pippa zu legen. Dann begegnete sie Daniels Blick und schaffte es nur mühsam, wieder wegzusehen.

Nachdem Daniel und seine Töchter gegangen waren, konnte Emma nicht vergessen, welche Gefühle seine Berührung in ihr ausgelöst hatte. Sie konnte auch nicht vergessen, wie sehr seine Töchter sie rührten. Wieder fragte sie sich, warum Daniel mit Rebekah sprechen wollte.

Egal. Sie würde sich auf die Katze konzentrieren. Und nicht auf Daniel Sutton.

Daniel gefiel die Stimmung nicht, als er und seine Töchter Fellknäuel fürs Leben verließen. Die Mädchen waren still – viel zu still. Vielleicht sollte er doch darüber nachdenken, Fiesta zu adoptieren. Paris wirkte viel aufgeschlossener in Gegenwart der Katze. Penny und Pippa waren so offensichtlich liebevoll zu dem Tier. Wenn es um die Kinder ging, musste er flexibel sein.

Er konnte das Thema „Katzen“ zumindest mal im Internet recherchieren.

An diesem Abend tat er das dann auch. Er hatte sich noch nie dafür interessiert, was es hieß, sich um Tiere zu kümmern. Doch jetzt ging ihm auf, wie viel Arbeit die freiwilligen Helfer bei Fellknäuel fürs Leben investierten. Sie mussten das wirklich aus Liebe tun.

Da klingelte sein Telefon. Er nahm ab und warf einen Blick aufs Display – „R. Taylor“ war am Apparat. „Hallo, Miss Taylor. Ich sehe, Sie haben meine Nachricht bekommen.“

„Das habe ich. Wie kann ich Ihnen helfen?“

„Es geht um Emma Alvarez.“

„Ja?“, fragte die Tierheimdirektorin.

„Ich denke darüber nach, ihr einen Job anzubieten. Würden Sie ihr eine Empfehlung geben?“

„Ich würde Emma fünf Sterne für alles geben, was sie anpackt.“

„Hatte sie Referenzen?“

„Natürlich. Sonst hätten wir sie nicht genommen. Sogar unsere ehrenamtlichen Helfer werden überprüft. Ihre Referenzen waren erstklassig. Wenn ich eine zusammenfassende Bewertung abgeben müsste, würde ich sagen, dass sie zuverlässig ist, pünktlich und problemlösungsorientiert. Abgesehen davon, dass sie geduldig mit den Tieren ist.“

Das war alles, was Daniel wissen musste. „Können Sie mir sagen, ob sie morgen im Tierheim aushilft?“

„Das kann ich tatsächlich. Sie wird so gegen zehn da sein.“

Daniel wusste genau, wo er am nächsten Tag gleich nach der Kirche hinfahren würde – zu Fellknäuel fürs Leben, um eine Lösung für ein Riesenproblem zu finden.

3. KAPITEL

Am nächsten Vormittag legte Daniel nach dem Kirchenbesuch mit Paris, Penny und Pippa einen Zwischenstopp bei Fellknäuel fürs Leben ein.

Emma war gerade bei den Hunden, um die Zwinger sauber zu machen. Daniel klopfte an das Fenster zum Hundebereich. Emma lächelte und kam zu ihnen nach draußen.

„Können wir reinkommen und mit einem Welpen spielen?“, fragte Penny.

„Ich lasse zwei aus ihrem Zwinger“, sagte Emma. „Wir haben gerade kleine Beagles da. Die sind echt süß.“ Nachdem sie das getan hatte und die Mädchen beschäftigt waren, kehrte Emma zu Daniel zurück. „Wenn ich das richtig verstehe, wolltest du mit mir sprechen.“

„In der Tat.“ Daniel zog ein Stück Papier aus seiner Tasche. „Lass mich damit anfangen, dass ich mit Rebekah über dich gesprochen habe.“

Emma blieb der Mund offen stehen. „Habe ich was falsch gemacht?“

„Oh nein!“ Er streckte die Hand aus und hielt ihren Ellbogen fest. „Du hast absolut alles richtig gemacht laut Rebekah. Du bist eine erstklassige Helferin, sagt sie.“

Emma lächelte, aber dann verblasste ihr Lächeln. „Ich verstehe immer noch nicht, warum du mit ihr über mich sprechen musstest.“

„Du brauchst einen Job, und ich brauche ein Kindermädchen.“

Emma musterte ihn eine halbe Ewigkeit, und er bemerkte das Misstrauen in ihrem Blick. Da machte er ihr keine Vorwürfe.

„Seit die letzte Nanny gekündigt hat, hat sich meine Schwester Shannon um die Mädchen gekümmert, wenn ich jemanden gebraucht habe. Aber sie hat selbst ein dreijähriges Kind. Meine Töchter sind mir immer wichtiger als meine Arbeit, aber ich muss unseren Lebensunterhalt verdienen.“

„Warum ich?“, fragte Emma. Jetzt wirkte sie möglicherweise ansatzweise interessiert.

„Weil Paris, Pippa und Penny positiv auf dich reagieren. Du bist mitfühlend und fürsorglich, und du scheinst besser mit ihnen umgehen zu können als ich.“

„Ich habe noch nie als Kindermädchen gearbeitet. Ich war Büroleiterin.“

„Wenn du Mitgefühl, Freundlichkeit und Entschiedenheit als Qualifikationen berücksichtigst, ist da kein großer Unterschied, meinst du nicht?“

Emma lächelte bei seinem trockenen Tonfall. „Also, ich weiß nicht so recht, Daniel …“

Er reichte ihr das Blatt Papier. „Das hier ist eine Liste meiner Referenzen. Du kannst sie alle überprüfen.“

Als sie immer noch zu zögern schien, fügte er hinzu: „Der Job beinhaltet Kost und Logis. In einer Einliegerwohnung.“

Emma musterte seine Aufstellung. „Ich werde deine Referenzen überprüfen und über dein Angebot nachdenken. Das ist alles, was ich im Augenblick sagen kann.“

„Wenigstens hast du nicht Nein gesagt.“ Er grinste und hoffte, sie würde merken, dass er kein übler Bursche war.

Dann nickte er ihr zu. „Wir haben noch Zeit, bis wir fürs Mittagessen zu Shannon fahren müssen. Vielleicht könntest du diese Zeit mit meinen Töchtern verbringen?“

Ohne Zögern nickte Emma. „Ich schlage vor, wir beide spielen mit den Beaglewelpen und mit deinen Töchtern.“

Weil er wusste, dass das eine Verbindung zwischen ihnen aufbauen konnte, hielt er die Tür auf und ließ Emma vorangehen.

Als Daniel am Montag in seiner fast makellosen Küche stand, wurde ihm klar, wie glücklich es ihn machte, dass Emma auf sein Angebot eingegangen war. Sie hatte ihn am Vorabend angerufen, um zuzusagen. Pippa und Penny hüpften gerade aufgeregt durchs Haus. Paris war nicht so aufgekratzt, aber sie wirkte auch nicht so ernst wie sonst.

Daniel hatte dafür gesorgt, dass sich kein schmutziges Geschirr im Spülbecken türmte. Er hatte das Wohnzimmer so gut aufgeräumt, wie es ging. Er hatte seine Töchter gebeten, wenigstens eine halbe Stunde zu warten, bis sie alles wieder ins Chaos stürzten.

Die Mädchen hatten nur gelacht.

Er schaute zum zehnten Mal aus dem Fenster.

Da hörte er ein Auto in der Einfahrt. Ein sportlicher, blauer Kompaktwagen. Genau wie Emma hatte er Klasse und Power.

Er beobachtete, wie Emma ausstieg. Sein Puls beschleunigte sich, als erst ein nacktes Bein und dann das andere zu sehen war. Als sie die Fahrertür zumachte, blieb ihm die Luft weg. Sie trug blassrosa Shorts – in einer durchaus konservativen Länge – und eine leichte, weiße Bluse mit Puffärmeln. Ihre Locken flatterten im Wind. Er bemerkte, dass ihre Sandalen mit winzigen Perlen geschmückt waren. Pippa würde das gefallen.

Jetzt nahm Emma einen kleinen Koffer vom Rücksitz.

„Ich helfe Emma, ihre Sachen reinzutragen“, erklärte Daniel und eilte zur Tür hinaus. Als Emma ihn erblickte, lächelte sie.

Dieses Lächeln.

Vielleicht hatte er einen Riesenfehler gemacht. Er fühlte sich sogar noch mehr zu ihr hingezogen, als ihm bislang klar gewesen war.

Aber er brauchte wirklich ein Kindermädchen. „Willkommen bei den Suttons.“

„Es ist schön, hier zu sein. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie dankbar ich für den Job bin.“

„Wenn du noch mehr Gepäck hast, können die Mädchen helfen.“

Emmas Lächeln schwand. „Nur das hier.“

Lydia fuhr nie irgendwohin, nicht mal für ein Wochenende, ohne mindestens drei Koffer. Das hier war Emmas ganzer Besitz … in einem Reisetrolley?

Sein Gedankengang musste sich auf seinem Gesicht abgezeichnet haben.

„Ich bin ganz spontan nach Spring Forest gezogen“, erklärte Emma. „Meine Sachen wollte ich mir später liefern lassen. Aber weil ich nur ein winziges möbliertes Apartment hatte, ist es nie dazu gekommen.“

„War das auch eine impulsive Entscheidung, als du diesen Job angenommen hast?“ Schließlich musste er ihr Fragen stellen, um sie kennenzulernen.

„Ich bin mir nicht sicher“, sagte sie und sah ihm in die Augen.

Als sie nichts weiter sagte, beschloss er, es fürs Erste dabei zu belassen. Er hatte noch viel Zeit, Emma Alvarez kennenzulernen. Schließlich würden sie jetzt im selben Haus leben.

Kurze Zeit später, nachdem Daniel widerwillig zur Arbeit gegangen war, zeigten Pippa, Penny und Paris Emma das Haus. Es war groß, mit einer überdachten Haustür, die in eine Eingangshalle führte. Links befand sich Daniels Arbeitszimmer. Rechts ging es ins Wohnzimmer. Geradeaus konnte sie einen großen Raum mit hohen Decken erkennen, bei dem es sich um eine Art Salon handelte, von wo aus man in Küche und Esszimmer gelangte. Eine Treppe führte nach oben. Es gab auch noch einen Schmutzraum und eine Waschküche sowie ein Gästebad.

Penny warf ihrer älteren Schwester Paris einen Blick zu. „Zeigen wir ihr doch jetzt ihr Zimmer.“

Emma war schon gespannt darauf, wo sie untergebracht war.

Die Mädchen führten sie wieder in die Eingangshalle. Dann wandten sie sich nach links. Als Emma eintrat, wurde ihr klar, dass es sich bei dem Zimmer eher um ein Studio handelte. Es gab ein Doppelbett, einen Wohnbereich und eine Kochzeile. Das eigene Bad bedeutete, dass sie absolute Privatsphäre haben würde. Wenn sie sich abends zurückzog, musste sie den Rest des Hauses nicht mehr betreten. Sie fühlte sich sofort wohler. Das Haus war ordentlich, aber Emma konnte erkennen, dass schon lange kein Staub gewischt worden war und die Teppiche gesaugt werden mussten.

„Wie lange ist euer letztes Kindermädchen schon weg?“

„Zwei Wochen“, antwortete Paris. Mehr sagte sie nicht.

„Als Erstes müssen wir hier mal sauber machen“, sagte Emma. „Könnt ihr mir zeigen, wo die Putzsachen sind?“

„Ich habe gedacht, du würdest Zeit mit uns verbringen“, beschwerte sich Penny.

„Oh, das werde ich. Ihr werdet mir nämlich helfen.“

„Niemals“, murmelte Paris. Pippa und Penny sahen aus, als ob sie auch gleich rebellieren würden.

„Ich sag euch was. Wir machen ein Spiel daraus. Und die Belohnung für eure Hilfe ist ein Besuch bei Fiesta. Was meint ihr?“

„Wir können wirklich Fiesta besuchen?“, fragte Pippa.

„Klar. Ich bin sicher, dass sie sich über Gesellschaft freuen würde. Ich schreibe jede Aufgabe auf ein Stück Papier. Dann ziehen wir einen Zettel nach dem anderen wie Lose. Wie klingt das?“

„Können wir tauschen?“

„Wenn du jemanden findest, der mit dir tauschen will“, erklärte Emma zustimmend.

„Können wir Musik dabei hören?“, fragte Pippa.

„Ich habe eine Playlist auf meinem Handy. Oder wenn ihr ein Radio habt, können wir einen Sender einstellen, der euch gefällt.“

Penny und Pippa wirkten angetan. Paris nicht. Während sie ihre Arbeiten erledigten und dann zum Lunch eine Pause einlegten, wirkte Paris geradezu unnatürlich still im Vergleich zu ihren lebhaften Schwestern. Emma war sich nicht ganz sicher, was sie tun sollte. Wie drang man zu einer Elfjährigen durch?

Zu Emmas Überraschung sichtete sie gegen vier Uhr Daniels Auto in der Einfahrt. Als er hereinkam, warf Pippa sich ihm in die Arme und war schon dabei, ihm alles zu erzählen, bevor er sie abgesetzt hatte. „Emma hat gesagt, wir können Fiesta besuchen, wenn wir mit der Hausarbeit fertig sind.“

„Soso, hat sie das?“, fragte Daniel.

Emma machte einen Schritt auf ihn zu. Daniels Miene war unergründlich. Sie konnte nicht sagen, ob er das billigte. „Die Mädchen haben mir beim Putzen geholfen. Also habe ich ihnen versprochen, dass wir Fiesta besuchen. Willst du mitkommen?“

„Gib mir fünf Minuten Zeit zum Umziehen. Wir können meinen SUV nehmen, da passen wir alle rein.“

Daniel hielt Wort und war in fünf Minuten wieder da, diesmal in Jeans und rotem T-Shirt. Emma spürte ein Kribbeln im Bauch, als ihre Blicke sich begegneten. Sie konnte nicht anders, als seine Muskeln unter dem T-Shirt zu bemerken, seine langen Beine und wie ihm das Haar in die Stirn fiel.

Auf dem Parkplatz vor dem Tierheim sprangen die Mädchen sofort aus dem Auto und rannten hinein.

Emma löste den Sitzgurt. Vielleicht war jetzt ein guter Augenblick, um sich kurz zu unterhalten.

„So aufgeregt habe ich Paris den ganzen Tag nicht erlebt. Ihr scheint Fiesta wirklich wichtig zu sein. Aber da ist mehr im Busch, fürchte ich. Beim Lunch hat Paris nur den Salat und den Schinken gegessen und das Brot liegen lassen.“

„Sie glaubt, sie muss auf ihre Ernährung achten“, sagte Daniel.

Das kam Emma nicht richtig vor. Aktive Mädchen in diesem Alter mussten nicht darauf achten, was sie aßen. Vor allem nicht, wenn es sich um gesundes Essen handelte. „Paris war auch den ganzen Tag sehr still. Ich frage mich, ob es ihr vielleicht nicht gefällt, eine andere Frau im Haus zu haben.“

Jetzt drehte sich Daniel zu Emma um. Er hatte die Zähne zusammengebissen, und in seinen Augen lag keinerlei Wärme. „Kindermädchen, Haushälterinnen und Babysitter waren für Paris noch nie ein Problem. Und als das habe ich dich eingestellt. Nicht als Ernährungsberaterin oder Psychologin. Sei einfach nur ihre Nanny, Emma. Dann kommen wir alle bestens miteinander aus.“

Als Daniel ausstieg, sagte sich Emma, dass sie keinen Grund hatte, verletzt zu sein. Aber er hatte sie definitiv in ihre Schranken verwiesen. Und sie wusste genau, was sie jetzt zu tun hatte.

Emma wartete, bis Daniels Töchter im Bett waren, um zu Daniels Arbeitszimmer zu gehen. Die Tür war nur angelehnt. Sie klopfte und vergewisserte sich, dass sie ihr Tablet sicher in der anderen Hand hatte.

„Komm rein“, rief Daniel, offensichtlich überrascht. „Auch eine Nachteule?“, fragte er lächelnd. Anscheinend hatte er seine Verärgerung vom Nachmittag vergessen.

„Nein. Ich wollte nur mit dir reden.“

Er zog fragend die Augenbrauen hoch. „Fühlst du dich etwa schon überfordert?“

„Nein, keineswegs. Aber ich habe eine Frage.“

„Nur zu“, sagte er.

Sie schluckte schwer und hielt ihr Tablet hoch. „Ich möchte wissen, was genau meine Aufgaben sind. Ich will mich nicht noch mal in Dinge einmischen, die mich nichts angehen.“

Daniels Gesichtsausdruck änderte sich. Zuerst wirkte er stoisch. Dann konnte sie sehen, dass er verstand, worum es ging. „Emma …“, setzte er an.

Doch sie musste deutlich bleiben. „Ich will nicht, dass es weitere Missverständnisse gibt.“

Daniel ging auf sie zu, bis er direkt vor ihr stand. Ihr fiel auf, wie sein Brusthaar sich im V-Ausschnitt seines T-Shirts kräuselte.

„Es tut mir leid, wenn ich deine Gefühle verletzt habe. Ich will nicht, dass du dir wegen Paris Sorgen machst. Das ist nicht dein Job. Das ist mein Job.“

„Ich werde aber wahrscheinlich mehr Zeit mit ihr verbringen als du“, erinnerte Emma ihn.

Er verzog das Gesicht. „Das weiß ich. Ich plane immer, mehr Zeit mit ihnen zu verbringen. Aber es kommt ständig irgendwas dazwischen. Und dann fühle ich mich schuldig.“

„Solange du dein Bestes tust und sie lieb hast, solltest du dich nicht schuldig fühlen.“

Er hob die Hand und fuhr sich über den Nacken. „Ich schätze, so bin ich einfach erzogen worden. Mein Vater und meine Mutter haben mir von Anfang an Verantwortungsbewusstsein beigebracht. Sie waren streng, aber fair.“

„Und du willst deine Töchter auch so großziehen.“

„Ich möchte weniger streng sein.“

„Ich denke nicht, dass du streng bist“, sagte Emma.

Er lachte. „Du hast noch nicht viel Zeit mit mir und den Mädchen verbracht.“

„Ja. Aber ich habe bemerkt, wie gut du dich um Fiesta gekümmert hast. Und heute, als ich den Ausflug zum Tierheim vorgeschlagen habe, hast du gleich zugestimmt. Das ist doch nicht streng.“

Daniel sah sie so eindringlich an, dass ihr der Atem stockte. Um genau zu sein, hatte sie fast den Eindruck, dass er sich vorbeugte, während sie sich aufrichtete. Wenn sie den Kopf hob und er …

Sie räusperte sich. „Eltern wissen nie, ob sie alles richtig machen. Aber das hier ist deine Familie. Du entscheidest, wie hier alles läuft. Und ich möchte deine Regeln befolgen. Also, kannst du sie mir bitte erläutern?“

Daniel wich nicht zurück, aber er hob die Hand und hielt einen Finger hoch. „Kümmer dich um die Bedürfnisse von Paris, Penny und Pippa. Wenn es ein Problem gibt, dann will ich, dass du mir das sagst.“

„Das war dir heute aber nicht recht“, erinnerte sie ihn.

„Ich weiß.“ Er rieb sich das Kinn – ein markantes Kinn, mit einem Grübchen in der Mitte. „Ich denke, ich habe so defensiv reagiert, weil mir das auch schon aufgefallen ist. Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Sie isst nicht so viel, wie ein Mädchen in ihrem Alter es sollte. Sie will diesen Sommer beim Schwimmteam mitmachen, damit sie nicht zunimmt.“

„Erlaubst du das?“

„Ja. Und das ist eine Sache, die du organisieren sollst. Sie muss sich auch noch einen Kurs im Sommercamp beim hiesigen College aussuchen. Die bieten alles Mögliche an. Das wäre auch der nächste Punkt auf meiner Liste. Dass du die Kurse der Mädchen organisierst und sie hinfährst und abholst.“

„Wenn du ‚Sommercamp‘ sagst, meinst du damit Zelten? Draußen? In richtigen Zelten?“

Er lachte. „Nein, keineswegs. Obwohl es das vermutlich auch gibt. Das sind alles pädagogische Angebote. Sommerferienkurse mit qualifizierten Lehrern. Ich drucke dir die Infos aus und gebe sie dir morgen früh.“

Sie deutete auf ihr Tablet, wo sie seine Anweisungen festgehalten hatte. „Das wären jetzt nur zwei Aufgaben.“

„Die Fahrerei wird ziemlich viel Zeit in Anspruch nehmen. Die dritte Aufgabe wäre, das Haus in Ordnung zu halten. Aber das ist weniger wichtig. Wenn die Mädchen lieber was unternehmen wollen, wäre es mir lieber, wenn du das machst. Wenn das Putzen zu viel wird, stelle ich lieber noch eine Putzfrau ein.“

Sie stand nah genug vor ihm, dass sie ohne Schwierigkeiten die Fältchen um seine Augen herum erkennen konnte. Stammten sie davon, dass er viel mit seinen Töchtern lachte? Oder davon, dass er zu hart arbeitete? Oder waren es Sorgenfalten von seiner Scheidung? Das war viel zu persönlich. Also dachte sie an ihre nächste Frage. „Ich würde gerne weiter im Tierheim aushelfen, wenn du denkst, dass das möglich ist.“

„Wenn du das möchtest. Wenn ich zu Hause bin, sollst du nicht das Gefühl haben, dass du deine Zeit mit meinen Töchtern verbringen musst. Ich werde auch mit dir nicht streng sein, Emma.“

Sie spürte, wie ihr Gesicht glühte, weil sie sich in die Augen sahen. Ihr Herz schien so laut zu schlagen, dass sie sich schon fragte, ob er das hören konnte. Sein Gesichtsausdruck brachte sie dazu, sich danach zu sehnen, noch einen Schritt auf ihn zuzumachen. Aber das tat sie nicht. Das würde sie nicht tun. Das konnte sie nicht tun.

Ab morgen würde sie ignorieren, wie attraktiv er war. Sie würde versuchen zu vergessen, was für Gefühle sie für ihn hegte. Ab morgen würde sie wirklich von vorn anfangen. Das war schließlich genau das, was sie wollte.

4. KAPITEL

Am nächsten Tag war Emma überrascht, als ihr Handy vibrierte und Rebekah sich meldete.

„Hi, Rebekah“, meldete sie sich. „Brauchst du mich im Tierheim? Ich könnte wahrscheinlich eine Abendschicht übernehmen. Ich arbeite jetzt als Kindermädchen bei Daniel Sutton.“

„Dann hast du den Job also bekommen. Gratuliere!“

„Ich bin gestern eingezogen. Wie kann ich dir helfen?“

„Ich möchte mit dir über Fiesta reden. Sie braucht mehr Zuwendung, als unsere Helfer ihr geben können. Am schlimmsten ist, dass sie nicht so frisst, wie sie sollte. Wäre es irgendwie möglich, dass du sie in Pflege nimmst?“

„Ich weiß es nicht. Daniel ist nicht so scharf darauf, eine trächtige Katze im Haus zu haben.“

„Das verstehe ich. Schau einfach mal, was du tun kannst, und sag mir dann Bescheid.“

„Danke, Rebekah. Für alles.“

Als Emma ihr Handy wieder in die Tasche steckte, standen Pippa, Penny und sogar Paris vor ihr.

Sollte sie es ihnen sagen oder nicht?

Paris meldete sich als Erste zu Wort. „Du hast über Fiesta geredet. Stimmt was nicht?“

„Du siehst besorgt aus“, fügte Penny hinzu.

Pippa nahm Emmas Hand. Diese Geste ließ ihr die Tränen in die Augen steigen.

„Es ist so, dass Fiesta besondere Pflege braucht. Der Tierarzt sagt, sie frisst nicht genug. Fallen euch vielleicht irgendwelche Freunde ein, die eine trächtige Katze bei sich aufnehmen würden?“

Penny sprang auf und nieder. „Wir wollen sie bei uns aufnehmen.“

„Euer Dad nicht“, erinnerte Emma sie.

„Aber wenn wir ihn ganz lieb bitten, erlaubt er es vielleicht doch“, fügte Paris hinzu.

Emma war sich nicht ganz sicher, ob dieser Plan die beste Strategie war. Aber den drei Mädchen bedeutete die Katze wirklich viel, und ihr selbst lag das Tier auch am Herzen. Es konnte ja nichts schaden, Daniel zu fragen. Wenigstens glaubte sie das … bis sie ihn tatsächlich fragten.

Bis sie mit dem Abendessen fertig waren, erwähnte niemand die Katze. Daniel hatte der Hackbraten mit Makkaroni und Käse und grünen Bohnen gut geschmeckt. Sie beobachteten beide Paris, die in ihrem Essen herumstocherte.

Als Emma zum Nachtisch frische Erdbeeren mit Vanilleeis servierte, lächelte Daniel. „So was habe ich schon Ewigkeiten nicht mehr gegessen.“

„Dann genieß es“, sagte sie, während Pippa, Penny und Paris sie ansahen, als ob sie wissen wollten, ob sie jetzt fragen durften.

Emma nickte kurz.

Als Älteste machte Paris den Anfang. „Dad, können wir mit dir über etwas reden?“

Er nahm noch einen Bissen Eis. „Klar, über alles, jederzeit.“

Penny meldete sich als Nächste zu Wort. „Emma hat heute einen Anruf bekommen, und der hat ihr zugesetzt. Und uns auch, als sie uns davon erzählt hat.“

Daniel warf Emma einen Blick zu. „Schlechte Nachrichten von daheim?“

„Nein“, sagte Emma sanft. „Es war Rebekah vom Tierheim. Es gibt Probleme mit Fiesta.“

Pippa erklärte, was los war. Als sie das tat, runzelte Daniel die Stirn. Dann verzog er das Gesicht zu einem finsteren Blick. Der Emma galt.

„Warum erlaubst du uns nicht, sie herzubringen, Dad?“, bat Paris.

Pippa ging zu ihrem Dad und umarmte ihn. „Bitte, Daddy. Dann könnten wir miterleben, wie die Kätzchen auf die Welt kommen.“

Penny klang viel zu erwachsen, als sie hinzufügte: „Das würde uns wirklich viel bedeuten, Dad.“

Daniel musterte seine Töchter. Emma sah er nicht an. „Wir haben oben ja noch ein Zimmer frei. Wir könnten sie dort unterbringen.“

Die Mädchen jubelten. Dann sagte Daniel: „Warum geht ihr nicht in eure Zimmer? Ich möchte mit Emma unter vier Augen reden.“

Seine Töchter rannten davon, während sie sich darüber unterhielten, was für Vorbereitungen sie für Fiesta treffen sollten.

Sobald die Mädchen weg waren, zeigte Daniel mit dem Finger auf Emma. „Das war ein Hinterhalt.“

„Das ist nicht wahr“, protestierte Emma. „Was sollten sie denn tun? Dir einen Brief schreiben?“

„Du hättest mich vorwarnen können. Stattdessen haben mich alle drei auf einmal damit überfallen, während du im Hintergrund die Fäden gezogen hast.“

„Ich habe überhaupt nichts gezogen. Die Katze liegt den Mädchen am Herzen.“

Er schüttelte den Kopf. „Du hättest nicht mit ihnen über die Katze sprechen sollen, ohne mit mir vorher darüber zu reden. Sie haben schon genug Verlust erlitten. Was ist, wenn Fiesta oder eines der Kätzchen stirbt? Und ich will kein Haus voller Katzen.“

Bis zu diesem Augenblick hatte Emma es geschafft, ihr Temperament im Zaum zu halten. Aber diese Worte waren der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Sie stand auf. „Wenn ich deine Töchter den ganzen Tag betreuen soll, dann bedeutet das, dass ich zu ihrem Leben dazugehöre. Ich wollte ihnen von dem Anruf nichts sagen, aber sie haben gehört, wie Fiestas Name gefallen ist. Ich wollte sie nicht anlügen. Und ich denke, dass sie viel lernen können, wenn sie sich um eine trächtige Katze kümmern.“

Bevor sie in Tränen ausbrach, warf sie die Serviette auf den Tisch. „Ich mache später sauber.“

Sie rannte aus der Küche, bevor sie noch mehr von ihren Gefühlen verriet.

Daniel räumte den Tisch ab und schaltete die Spülmaschine ein. Das war seine Methode, mit seinen aufgewühlten Emotionen fertigzuwerden. Emma hatte ihn ganz schön durcheinandergebracht. Als er mit der Küche fertig war, wusste er, was er zu tun hatte.

Sich zu entschuldigen fiel ihm nicht leicht. Vielleicht war das einer der Gründe, warum Lydia ihn verlassen hatte.

Als er die Halle zu ihrem Zimmer durchquerte, wusste er, dass die Möglichkeit bestand, dass Emma gerade ihre Sachen packte. Lief sie vor Auseinandersetzungen weg? Oder behauptete sie sich?

Er klopfte an Emmas Tür.

Als Emma die Tür öffnete, weitete sie überrascht die Augen. Sie hatte ihn offensichtlich nicht erwartet. Sie hatte sich umgezogen und trug jetzt ein Schlafanzugoberteil und Shorts mit einem Muster aus bunten Pfotenabdrücken. Bei dem Anblick musste er beinahe lächeln.

„Ich würde gerne mit dir reden“, sagte er.

Sie straffte die Schultern. Vielleicht dachte sie, dass er sie feuern würde. Nie im Leben. „Darf ich reinkommen?“

Sie sah aus, als ob sie Nein sagen wollte. Aber das tat sie nicht. Er sagte sich, dass er auf Distanz achten sollte. Stattdessen deutete er auf das Sofa. „Können wir uns setzen?“

„Meinetwegen“, antwortete sie misstrauisch.

Nachdem sie sich beide gesetzt hatten, sagte er ohne Umschweife: „Es tut mir leid, was ich vorhin gesagt habe.“

Leise erwiderte sie: „Ich hätte nicht so antworten sollen, wie ich es getan habe. Du bist mein Arbeitgeber und …“

Er unterbrach sie: „Arbeitgeber oder nicht, ich will, dass du ehrlich zu mir bist. Ich möchte dir erklären, warum ich so reagiert habe.“

Ihr Gesichtsausdruck wurde sanfter. „Daniel, das musst du nicht.“

„Ich denke schon. Vielleicht verstehst du mich und meine Töchter dann besser.“

„Na gut.“ Sie wirkte immer noch skeptisch

„Meine Ex-Frau hat oft eigenmächtig Entscheidungen getroffen, die uns alle betroffen haben. Die letzte dieser Entscheidungen war, ihre Familie zu verlassen.“

Emma musterte ihn. „Das hast du nicht kommen sehen?“

Er runzelte die Stirn. „Nein. Ich bin nicht sicher, was das über mich als Ehemann aussagt. Aber ich habe nichts geahnt. Mein Kanzleipartner und ich hatten einen Prozess gewonnen, der uns im ganzen Land bekannt gemacht hat. Wir haben beide Jobangebote von einer renommierten Kanzlei in Alexandria in Virginia bekommen. Lydia wollte, dass ich annehme. Aber ich wollte, dass unsere Töchter in einer kleinen Stadt aufwachsen, wo man sich noch kennt und umeinander kümmert.“

„So habe ich das von Anfang an hier erlebt“, stimmte Emma zu.

Er nickte. Dann fuhr er fort: „Ich habe das Angebot abgelehnt, aber Allen hat es angenommen. Lydia ist mit ihm auf und davon, weil sie ein anderes Leben führen wollte. Das war ihr wichtiger als ihre Töchter.“

Emma legte ihre Hand auf seine. „Das tut mir so leid. Hält Lydia denn Kontakt zu den Mädchen?“

„Sie schickt ihnen Geburtstagskarten. Letzte Weihnachten hat sie angerufen. Danach hatte Pippa wieder Albträume. Penny hat sich beschwert, dass sie ihre Mom nie sehen, also haben sie eigentlich keine. Paris war eine Woche nach dem Anruf sogar noch stiller als sonst. Pippa hat mich mehr als einmal gefragt, ob ihre Mommy sie noch lieb hat. Ich weiß nicht, was ich ihr darauf antworten soll.“

„Daniel …“

„Das habe ich dir nicht erzählt, damit du Mitleid mit uns hast. Wir kommen schon klar. Aber ich will, dass du uns verstehst. Ich werde versuchen, aufgeschlossen zu sein. Ich bin zwar immer noch skeptisch, was die Katze angeht. Aber damit werden wir fertig.“ Er schenkte ihr ein schiefes Lächeln.