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Die Blackwater-Saga gilt als eine der besten unheimlichen Erzählungen aller Zeiten. Ein über mehrere Generationen verteiltes Familienfresko. Die Publikation war ein solcher Erfolg, dass sie Stephen King (ein Bewunderer der Werke von Michael McDowell) dazu inspirierte, The Green Mile ebenfalls in sechs Bänden zu veröffentlichen. Blackwater ist anders als alles, was du je gelesen hast. Eine Familiensaga mit einer einzigartigen Atmosphäre schleichenden Grauens. Blackwater erzählt von dem verschlafenen Perdido in Alabama und den Schrecken, die Elinor Dammert über die Familie Caskey und die Stadt bringt. Blackwater Buch 2: Der Damm Die geheimnisvolle Saga der Caskeys wird weitererzählt. Ein gewaltiger Schutzdamm wird gebaut und zur Bestürzung aller taucht eine entfernte Verwandte auf. Doch das ist nicht der einzige Zuwachs in der Caskey-Familie. Stephen King: »Ein Schriftsteller für die Ewigkeit.«
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Aus dem Amerikanischen von Andreas Decker
Impressum
Die amerikanische Originalausgabe Blackwater 2: The Levee
erschienen 1983 im Verlag Avon Books.
Copyright © 1983 by Michael McDowell
Copyright © dieser Ausgabe 2024 by Festa Verlag GmbH, Leipzig
Lektorat: Joern Rauser
Titelbild: César Pardo
Alle Rechte vorbehalten
eISBN 978-3-98676-123-3
www.Festa-Verlag.de
BUCH 2
DER DAMM
1
DER BAUINGENIEUR
O Herr, beschütze uns vor Flut, Feuer, tollwütigen Tieren und entflohenen Negern.«
So lauteten die Worte von Mary-Love Caskeys Tischgebet vor jeder Mahlzeit, das sie von ihrer Mutter gelernt hatte, die Silber, Sklaven und Hühner vor der Raffgier der halb verhungerten Yankeeplünderer versteckt hatte. Aber in diesen Tagen fügten sie und Sister in Gedanken noch den Schutz vor einer vierten Gefahr hinzu: O Herr, beschütze uns vor Elinor Dammert Caskey.
Schließlich war Elinor eine Frau, die zu fürchten war. Sie hatte Ärger und Überraschungen in das wohlgeregelte Leben der Caskeys aus Perdido, Alabama, gebracht.
Nachdem sie auf mysteriöse Weise auf dem Höhepunkt der großen Flut von 1919 im Hotel Osceola aufgetaucht war, hatte sie zuerst Mary-Loves Schwager James Caskey in ihren Bann gezogen und dann ihren Sohn Oscar. Sie hatte ihn gegen ihren ausdrücklichen Wunsch geheiratet. Elinors Haar hatte die schlammig rote Farbe des Perdido River, aber sie verfügte weder über familiäre Verbindungen noch über finanzielle Mittel. Und am Ende hatte sie ihr Oscar weggenommen, ihn in das Haus nebenan geschleift und das eigene Kind als Bezahlung für die Freiheit zurückgelassen, gehen zu können. Das bewies ihrer Schwiegermutter nur, dass Elinor eine Frau war, für die auf dem Schlachtfeld kein Opfer zu groß war. Sie war eine formidable Gegnerin für Mary-Love, deren Oberherrschaft nie zuvor angezweifelt worden war.
Hatten sich Mary-Love und Sister auch schon zuvor schützend vor Baby Miriam gestellt, wie eng waren sie nun zusammengerückt! Seit Elinors und Oscars Auszug waren inzwischen zwei Wochen vergangen, und bis jetzt hatte es keinerlei Anzeichen gegeben, dass sie ihren Handel bereute. Mary-Love war 51 und würde keine eigenen Kinder mehr bekommen. Sister war noch keine 30 und hatte keine Aussichten auf eine Ehe; es schien unwahrscheinlich, dass sie jemals eine andere Tochter als die haben würde, die ihre Schwägerin für sie aufgegeben hatte. Sie ließen das Kind keinen Augenblick lang allein, und zwar aus Angst, Elinor – die bestimmt alles hinter einem der gerade erst aufgehängten Vorhänge ihres hinteren Wohnzimmers beobachtete – würde herübereilen, das Kind an sich reißen und es von hinterhältigem Triumph erfüllt mitnehmen. Keine der Frauen hatte die Absicht, Miriam gehen zu lassen, und sollten es die ganze Welt und auch das Gesetz von ihnen verlangen.
Am Anfang hatten sich Mary-Love und Sister seelisch und moralisch gegen die unvermeidlichen ständigen Besuche Elinors gewappnet. Garantiert würde sie Vorschläge machen, wie man dieses oder jenes besser machen konnte, sie würde in Tränen ausbrechen und sie anflehen, Miriam jeden Morgen nur für eine Stunde zu bekommen, über dem Kinderbett ihrer Tochter klagen und ununterbrochen auf die Gelegenheit lauern, sie zu stehlen. Aber Elinor tat nichts dergleichen. Tatsächlich besuchte sie ihre Tochter nie. Sie schaukelte seelenruhig auf dem Schaukelstuhl auf der Vorderveranda ihres neuen Hauses und korrigierte Zaddie Sapps Aussprache, die mit einem Lesebuch für die sechste Klasse zu ihren Füßen saß. Elinor nickte ihrer Schwiegermutter und ihrer Schwägerin höflich zu, wenn sie sie sah oder es zumindest unmöglich war, so zu tun, als hätte sie sie nicht gesehen. Aber sie bat niemals darum, das Kind sehen zu dürfen. Mary-Love und Sister, die noch nie zuvor bei irgendeiner Sache so vereint gewesen waren, steckten die Köpfe zusammen und versuchten zu ergründen, ob man Elinor trauen konnte oder nicht. Um der Sicherheit willen entschieden sie, dass dieses distanzierte Benehmen als Taktik zu betrachten sei, damit sie in ihrer Aufmerksamkeit nachließen. Also blieben sie wachsam.
Sonntags ging nur eine von ihnen zum Gottesdienst, während die andere auf das Kind aufpasste. Jeweils eine saß neben Elinor auf derselben Kirchenbank, nickte ihr höflich zu und sprach mit ihr, falls es die Gelegenheit erlaubte. Aber dann schlug Mary-Love vor, dass sie und Sister beide die Kirche besuchten, um Elinor zu verhöhnen. Wenn sie sie dort sah, würde ihr klar sein, dass die kleine Miriam allein in der Obhut von Ivey Sapp bleiben würde – aber sie würde den Gottesdienst nicht verlassen können, um ihre Tochter zu holen. Sister und Mary-Love achteten immer streng darauf, das Haus am Sonntagmorgen nicht zu verlassen, bevor sie gesehen hatten, wie Oscar und seine Frau zusammen zur Kirche fuhren – aus Angst, sie könnte eines Tages zu Hause bleiben und ihre Tochter noch vor dem ersten Kirchenlied zu sich holen.
Aber an einem Sonntag standen weder Mary-Love noch Sister bei Oscars Abfahrt am Fenster.
Sie gingen davon aus, dass Elinor ihn begleitete. Doch in der Kirche entdeckten sie zu ihrer Bestürzung, dass sie zu Hause geblieben war, um Zaddie zu pflegen, die Mumps hatte. Ihre Stimmen zitterten bei den Liedern, sie hörten kein Wort der Predigt, sie vergaßen aufzustehen, wenn sie aufstehen mussten, und blieben stehen, wenn sie wieder hätten Platz nehmen müssen.
Sie eilten nach Hause, um Miriam fest schlafend in der Weidenkrippe vorzufinden, die auf der Seitenveranda stand. Ivey Sapp summte ihr eine wortlose Melodie vor. Im Haus nebenan saß Elinor Caskey mit dem Mobile Register auf der Vorderveranda. Nichts auf der Welt wäre einfacher für sie gewesen als den Hof zu überqueren, die Veranda zu betreten, Ivey Sapp mit einem strengen Wort in ihre Schranken zu weisen, Miriam aus der Krippe zu heben und auf direktem Weg mit ihr zurück nach Hause zu gehen. Aber sie hatte nichts dergleichen getan.
Mary-Love und Sister kamen zu dem Schluss, dass sie ihre Tochter gar nicht zurückhaben wollte.
Davon überzeugt, dass Elinor ihre Tochter tatsächlich aufgegeben hatte – auch wenn ihnen völlig unverständlich war, wie sie so etwas hatte tun können –, fragten sie sich, was Oscar von der ganzen Geschichte hielt. Gelegentlich besuchte er seine Mutter und Schwester, aber er aß nie mit ihnen, und er setzte auch keinen Fuß mehr in das Haus, sondern beschränkte seine Besuche auf die Seitenveranda. Entdeckte er die beiden am späten Nachmittag auf der Veranda, kam er gelegentlich herüber und setzte sich ein paar Minuten auf die Hängeschaukel. Er begrüßte Schwester und Mutter, dann beugte er sich über die Krippe und sagte: »Miriam, wie geht es dir?«, als würde er erwarten, von einem sechs Monate alten Kind eine Antwort zu bekommen. Er schien nicht besonders an seiner Tochter interessiert zu sein und nickte lediglich und lächelte kurz, wenn Sister ihm von einem überraschend fortgeschrittenen oder faszinierend witzigen Vorkommnis in ihrer Entwicklung berichtete. Bald brach er wieder mit der Entschuldigung auf, dass seine Frau sich sicher schon frage, wo er war und was er tat. Dann sagte er etwas wie: »Bis demnächst, Mama. Bye-bye, Sister. Mach’s gut, Miriam.« Durch die Wiederholung dieses Musters, das nur betonte, welch geringe Bedeutung ihre Gesellschaft und Nähe für ihn hatten, begriffen Mary-Love und Sister, dass sie, indem sie Miriam bekommen hatten und Elinor losgeworden waren, auch Oscar verloren hatten.
In dem großen neuen Haus an der Stadtgrenze richteten sich Oscar und Elinor in ihren 16 Zimmern ein. Am Abend setzten sich er und seine Frau an den Tisch im Frühstückszimmer und aßen die kalten Reste des späten Mittagessens. Die Küchentür blieb geöffnet, damit sich Zaddie, die an der Theke stand und das gleiche Essen verspeiste, nicht einsam fühlte. Alle 14 Tage besuchten sie – bei Programmwechsel – das Ritz Theater. Obwohl der Eintritt nur fünf Cent betrug, gaben sie Zaddie stets einen Vierteldollar, damit sie auf den Balkon für die Schwarzen konnte, ob sie sie nun begleitete oder nicht. Nach ihrer Heimkehr setzten sie sich auf eine der vier Schaukelbänke der Schlafveranda im ersten Stock. Während Oscar die Schaukel halbherzig mit der Schuhspitze betätigte, legte Elinor den Kopf in seinen Schoß. Durch das Fliegengitter betrachteten sie gemeinsam den vom Mond erleuchteten Perdido, der fast lautlos hinter dem Haus floss. Wenn Oscar überhaupt sprach, dann über die Arbeit oder den Fortschritt der Wasser-Eichen, die nach nur zwei Jahren Wachstum beinahe neun Meter hoch waren. Oder er berichtete von dem Klatsch, den er am Morgen beim Friseur gehört hatte.
Aber nie erwähnte er seine Tochter, obwohl das Fenster von Miriams Zimmer von ihrer Schaukel aus zu sehen und dieses Fenster manchmal erleuchtet war. Und gelegentlich waren die zielstrebigen Bewegungen von Mary-Love und Sister erkennbar, die sich um die Tochter kümmerten, die für ihn so sicher verloren war, als wäre sie von Zigeunern gestohlen oder im Fluss ertränkt worden.
Elinor erwartete schon wieder ein Kind, aber Oscar hatte den Eindruck, dass diese Schwangerschaft bedeutend langsamer als die erste verlief. Der Bauch seiner Frau schien weniger und später anzuschwellen, und er drängte sie, Dr. Benquith zu besuchen. Elinor kehrte mit dem Bericht zurück, dass alles in Ordnung war. Aber sie fügte sich Oscars Wunsch, im Herbst nicht wieder als Lehrerin zu arbeiten, und zu seiner Überraschung schien sie damit zufrieden zu sein, den ganzen Tag zu Hause zu bleiben. Aus Gründen der Schicklichkeit und um Oscars Besorgnis auszuräumen, gab sie ihre morgendlichen Schwimmausflüge im Perdido auf. Aber trotz der Vorsichtsmaßnahmen seiner Frau und Dr. Benquiths Versicherungen blieb Oscars Unbehagen. Er war unzufrieden.
Mary-Love Caskey wäre hocherfreut gewesen, hätte Perdido den Sieg über ihre Schwiegertochter zur Kenntnis genommen. Und wie hätte Perdido nicht daran glauben können, da sie doch die Beute besaß? Selbst wenn Baby Miriam sie die Zuneigung ihres Sohnes gekostet hatte, früher oder später wäre er mit einer anderen Frau davongegangen. Außerdem, welcher Sohn blieb seiner Mutter für alle Ewigkeit entfremdet? Eines Tages würde Oscar zu ihr zurückkommen, da hatte sie nicht den geringsten Zweifel, und dann würde ihr Sieg über Elinor Caskey süß und vollständig sein!
Aber zu ihrer Bestürzung sah Perdido die Dinge ganz und gar nicht so.
Nachdem sich der Rauch vom Schlachtfeld verzogen hatte, sah Perdido eine Elinor Caskey, die oben auf dem Berg saß und eine unversehrte Flagge ohne die geringsten Blutflecke schwenkte. Sie hatte ihr einziges Kind aufgegeben, aber allem Anschein nach schien sie das nicht im Mindesten zu stören.
Und was viel wichtiger war, Elinor Caskey benahm sich keineswegs wie eine besiegte Frau. Auch wenn sie ihre Schwiegermutter und ihre Schwägerin und ihre verlassene Tochter nie besuchte, begegnete sie ihnen in der Öffentlichkeit nicht anders als höflich und freundlich. Nichts in ihrem Tonfall deutete auf Ironie oder Sarkasmus hin oder sollte den Konflikt weiter schüren; niemand hörte je ein böses Wort gegen Mary-Love oder Sister von ihr. Sie hatte auch keine Anstrengungen unternommen, Caroline DeBordenave oder Manda Turk zu einer Rebellion gegen Mary-Love anzustiften, indem sie enge Bande zu den Frauen oder deren Töchtern knüpfte.
Elinor beschwerte sich auch kein einziges Mal über Oscars Besuche im Haus seiner Mutter, und sie redete ihm deswegen nicht einmal Schuldgefühle ein. Sie schickte Zaddie sogar mit Kisten voller Pfirsiche und selbst gemachtem Brombeernektar vorbei.
Aber sie selbst setzte keinen Fuß in Mary-Loves Haus, erkundigte sich nie nach der Gesundheit ihrer Tochter und lud ihre Schwiegermutter und ihre Schwägerin auch nicht ein, damit sie sich ansehen konnten, wie das neue Haus nun vollständig möbliert aussah.
Nachdem Mary-Love davon überzeugt war, dass es keinen Versuch geben würde, Miriam zurückzuholen, kam zu sie dem Schluss, dass Elinor nicht ausreichend gedemütigt worden war, und sie hielt Ausschau nach einer Gelegenheit, ihre Schwiegertochter zu vernichten.
Anderthalb Jahre zuvor, einen Tag nachdem Elinor ihre erste Schwangerschaft verkündet hatte, war ein Mann namens Early Haskew in Perdido eingetroffen. Er war 30 Jahre alt, hatte braunes Haar, braune Augen und einen dicken braunen Schnurrbart. Seine Haut war von der Sonne verbrannt, seine Arme stark und seine Beine lang, und seine Garderobe schien nur aus Kakihosen und weißen Hemden zu bestehen. Er hatte an der Universität von Alabama studiert und war am Ufer der Marne leicht verwundet worden. Und während des Militärdienstes in Frankreich hatte er alles über Erdbau gelernt, was es zu wissen gab. Tatsächlich schien Erde sein Bewusstsein zu durchdringen, und er fühlte sich nie richtig wohl, solange er seine großen Füße nicht auf festen Boden gepflanzt hatte. Erde schien auch immer unter seinen Fingernägeln und in den Falten seiner sonnenverbrannten Haut zu kleben, was aber niemand einer oberflächlichen persönlichen Hygiene zuschrieb. Der Schmutz schien lediglich ein Teil dieses Mannes zu sein und nichts, was man beanstanden konnte. Er war Bauingenieur – und nach Perdido gekommen, um herauszufinden, ob es möglich war, die Stadt durch die Konstruktion einer Reihe von Dämmen entlang der Ufer des Perdido und des Blackwater vor zukünftigen Überschwemmungen zu schützen.
Unterstützt von zwei Landvermessungsstudenten von der Fachhochschule in Auburn kartografierte er die Stadt, lotete die Tiefe der Flüsse aus, maß die Höhen über dem Meeresspiegel, untersuchte die Aufzeichnungen im Rathaus und notierte die verblassenden Hochwassermarken der Flut von 1919. Er sprach mit den Vorarbeitern der Sägewerke, die die Flüsse zum Holztransport benutzten, machte Fotos von den Stadtteilen, die sich in der Nähe der Flussufer befanden, schickte Fragebogen an Bauingenieure in Natchez und New Orleans und bekam ein Gehalt, das – wie nur die Mitglieder des Stadtrates wussten – von James Caskey ganz allein bezahlt wurde. Nach acht Wochen, in denen er mit seinen Karten, Instrumenten, Notizbüchern, Kameras, Bleistiften und Assistenten überall zu sein schien, verschwand Early Haskew wieder. Er hatte versprochen, innerhalb von drei Monaten detaillierte Pläne zu liefern, aber kurz nach seiner Abreise erhielt James Caskey einen Brief, in dem der Bauingenieur mitteilte, dass er den Termin nicht einhalten konnte, weil das Militär ihn für eine Baumaßnahme in Camp Rucca angefordert hatte. Early Haskew war noch immer Reservist.
Aber jetzt hatte er seinen Abschied von der Reserve genommen und kehrte mit der Absicht nach Perdido zurück, seine Pläne so schnell wie möglich zu vollenden. Wer konnte schon wissen, wann das Wasser wieder steigen würde?
Early Haskew hatte mit seiner Mutter in einer winzigen Stadt namens Pine Cone gelebt, am Rand der Wiregrass Region in Alabama. Sie war kürzlich verstorben, und so hatte Early keinen Grund gesehen, nach Pine Cone zurückzukehren. Also verkaufte er das Haus seiner Mutter und schrieb James Caskey, fragte den Sägewerkbesitzer, ob er so freundlich sei, ihm eine Unterkunft zu besorgen. Early hoffte nicht nur, die Pläne ausarbeiten, sondern auch den Bau des Damms überwachen zu können – falls der Stadtrat meinte, er sei für den Posten geeignet. Also würde er möglicherweise zwei Jahre in der Stadt verbringen. Und zwei Jahre waren genug Zeit, um den Kauf eines Hauses zu rechtfertigen.
James Caskey erwähnte das eines Abends seiner Schwägerin gegenüber. James hatte es zwar für interessant, aber für nicht weiter wichtig befunden, und so überraschte ihn die Vehemenz, mit der sich Mary-Love Caskey darauf stürzte.
»O James«, rief sie, »lass diesen Mann kein Haus kaufen!«
»Warum denn nicht?«, fragte James leichthin. »Wenn er es möchte und das nötige Geld hat?«
»Er verschwendet sein Geld!«
»Was soll der Mann denn deiner Meinung nach tun, Mama?« Sister saß am Tisch auf ihrem Stuhl und spielte mit Miriam Hoppe, hoppe, Reiter auf ihrem Knie, während die neunjährige Grace neben ihr saß und dem Baby einen Finger hinhielt, damit es sich festhalten und sicher fühlen konnte.
»Ich möchte nicht, dass er sein Geld verschwendet«, sagte Mary-Love. »Ich will, dass er bei uns wohnt. Oscars ehemaliges Zimmer steht doch leer. Es hat sein eigenes Bad und ein Wohnzimmer, in dem er sein Zeichenbrett aufstellen kann. Vielleicht besorge ich ihm sogar selbst eins«, fügte sie nachdenklich hinzu oder tat zumindest, als würde sie überlegen. »Das wollte ich immer schon haben.«
»Wolltest du nicht«, sagte Sister und widersprach ihrer Mutter in einem Tonfall, in dem sie genauso gut hätte sagen können: »Gibst du mir bitte die Erbsen?«
»Das wollte ich sehr wohl!«
»Warum soll Mr. Haskew denn hier wohnen?«, fragte James.
»Weil Sister und ich einsam sind und Mr. Haskew eine Unterkunft braucht. Er wird sicher nicht allein leben wollen. Wer sollte für ihn kochen? Seine Wäsche waschen? Er ist ein freundlicher Mann. Bei seinem vorherigen Besuch war er einmal zum Abendessen hier, erinnerst du dich? James, schreib dem Mann und sage ihm, dass er bei uns in diesem schönen großen Haus wohnen kann.«
»Er hat seine Erbsen mit dem Messer gegessen«, meinte Sister. »Mama, du hast gesagt, du hättest noch nie gesehen, dass sich ein anständiger Mann in der Öffentlichkeit so benimmt. Du hast dich gefragt, welche Kinderstube er wohl hatte. In diesem Haus war ich die Einzige, die nett zu ihm war. Eines Abends kam Mr. Haskew vorbei, um Oscar zu sprechen, und Elinor stand sofort auf und ging. Sie ließ sich ihm nicht einmal vorstellen. So etwas Unhöfliches habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.«
»Warum hat sie das getan?«, wollte James wissen, den plötzlich eine Ahnung beschlich, worum es bei Mary-Loves energischem und unerwartetem Vorschlag ging.
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Mary-Love schnell. »Aber ich möchte jetzt wissen, ob du diesen Brief schreibst, James. Oder soll ich es tun?«
James zuckte mit den Schultern, obwohl er nicht wusste, was aus der Sache werden würde. »Ich schreibe ihm morgen vom Büro aus.«
»Warum nicht gleich heute Abend?«
»Woher willst du wissen, dass der Mann damit einverstanden ist? Vielleicht mag er ja gar nicht hier wohnen.«
»Warum denn nicht?«
James dachte kurz nach. »Vielleicht will er nicht in einem Haus wohnen, in dem ständig ein Baby schreit.«
»Miriam schreit nicht«, sagte Sister indigniert.
»Das weiß ich«, erwiderte James, »aber Babys tun so etwas nun einmal, und du kannst nicht von Early Haskew erwarten, dass er weiß, dass er es hier mit einem besonderen Fall zu tun hat.«
»Dann erklär ihm das«, verlangte Mary-Love, und James willigte ein, den Brief noch heute Abend zu schreiben.
»Ach, und James«, sagte Mary-Love im Flüsterton, als sie ihren Schwager an diesem Abend zur Tür brachte, »noch eins. Kein Wort darüber zu Oscar und auch nicht zu Elinor. Ich möchte, dass alles geregelt ist, bevor wir etwas sagen – ich möchte, dass es eine schöne Überraschung wird!«
2
PLÄNE UND PROPHEZEIUNGEN
Early Haskew empfing Briefe sowohl von Mary-Love Caskey wie auch von ihrem Schwager James, die die Gastfreundschaft von Mary-Loves Haus und Tisch für die Dauer des Aufenthalts des Bauingenieurs in Perdido anboten. Early lehnte das Angebot in höflichen, wenn auch ungeschliffenen Worten ab und betonte, er wolle keinen Vorteil aus der Stadt und erst recht nicht aus der einen Familie ziehen, die ihm für einen längeren Zeitraum eine lukrative Stellung geben wollte. Daraufhin wurden augenblicklich zwei weitere Briefe abgeschickt; James behauptete, Mary-Loves Angebot würde ihn zu nichts verpflichten, und da kein Haus zum Verkauf stand, sei es eine Lösung, die für alle Parteien die beste zu sein schien. Mary-Love klagte, sie habe gerade ein Zeichenbrett erstanden … und was sie damit in aller Welt nur anstellen solle, falls Early Haskew sich ein Zimmer im Hotel nahm. Von dieser zweiten Salve geschwächt, kapitulierte Early Haskew höflich. Aber der Mann bestand darauf, für Kost und Logis zehn Dollar in der Woche zu zahlen.
Der Bauingenieur traf im März 1922 in Perdido ein. Bray Sugarwhite holte ihn mit Mary-Loves Automobil in Atmore an der Bahnstation ab und traf an diesem Mittwoch noch rechtzeitig zum Mittagessen wieder zu Hause ein.
Sister fühlte sich in Early Haskews Gegenwart sofort gehemmt, denn der Mann war groß, ansehnlich und auf eine Weise unbefangen, die so gar nicht charakteristisch für die männliche Bevölkerung von Perdido war. Er unterschied sich von Oscar, der still und – auf seine Weise – subtil auftrat. Und mit James hatte er anscheinend nicht das Geringste gemeinsam, dessen leise Art und noch ausgeprägtere Subtilität deutlich erkennbar von Femininität gefärbt waren. An Early Haskew war gar nichts still, subtil oder feminin. Beim Essen an diesem Abend wurde sein Teller mehrere Male beinahe auf die Tischdecke umgekippt, er klapperte mit dem Besteck, Tee schwappte aus seinem Glas, seine Serviette war in ständiger Benutzung. Dreimal wurde Ivey gerufen, um seine Gabel zu ersetzen, wenn diese wieder einmal auf dem Boden gelandet war. Als er im Verlauf der Unterhaltung erwähnte, dass seine Mutter so gut wie taub gewesen war, schien das seine Gewohnheit, jedes Wort übermäßig zu betonen und laut zu sprechen, ausreichend zu erklären. Er verriet auch, dass er seinen ungewöhnlichen Vornamen der Tatsache zu verdanken hatte, dass seine Mutter in Early in Fairfax County, Virginia, geboren worden war. Mit seinen weiträumigen Gesten und den kleinen Tischunfällen ließ er das Zimmer etwas zu klein erscheinen, als hätte der Riese in einem Zirkus in den Wohnwagen der Kleinwüchsigen einziehen müssen.
Sister konnte sich nicht entsinnen, dass so ein Mann jemals zuvor am Tisch ihrer Mutter gesessen hatte. Mary-Love Caskey war bis in die Fingerspitzen vornehm. Sister wunderte sich über ihre Nachsicht, was Earlys Plumpheiten betraf, und über ihre herzliche Gastfreundschaft für den Bauingenieur.
»Ich hoffe, Mr. Haskew«, sagte Mary-Love mit einem Lächeln, das man nur als schadenfroh bezeichnen konnte, »dass Sie mich und meine Familie vor dem Hochwasser retten wollen.«
»Genau das habe ich vor, Miz Caskey«, erwiderte Early Haskew mit einer Lautstärke, die sie auch noch an dem Esstisch in Elinors Haus erreicht hätte. »Darum bin ich hier. Und mein Zimmer oben gefällt mir sehr. Ich wünschte nur, Sie hätten für dieses Zeichenbrett nicht so tief in die Tasche gegriffen.«
»Wenn uns dieses Zeichenbrett vor einer weiteren Überflutung retten kann, wird es jeden Penny wert sein, den ich dafür ausgegeben habe. Davon abgesehen glaube ich nicht, dass Sie zu uns gekommen wären, hätte ich dieses Ding nicht für Sie bereitgehalten.«
Als James nach dem Essen ins Sägewerk zurückgekehrt war und Mary-Love und Sister mit ihrem Gast mit gefüllten Teegläsern auf der Seitenveranda saßen, sahen sie Zaddie Sapp vorbeigehen, die offensichtlich gerade einen Botengang für Elinor erledigte. »Sister, sag Zaddie, sie soll eine Minute herkommen«, befahl Mary-Love schnell und mit leiser Stimme.
Die Aufforderung überraschte Zaddie, denn sie war wie allseits anerkannt Elinors Geschöpf und darum kaum in diesem Haus willkommen, nicht einmal auf dieser Veranda. Sie harkte noch immer jeden Morgen Mary-Loves Hof, aber die Frau konnte sich kaum dazu überwinden, der Zwölfjährigen zum Gruß auch nur zuzunicken. »Hallo, Zaddie, komm herein«, rief jetzt Mary-Love. »Hier ist jemand, den du kennenlernen sollst.« Zaddie öffnete die Fliegengittertür und betrat die Seitenveranda. Sie starrte Early Haskew an, und er starrte sie an.
»Zaddie, das ist Early Haskew«, verkündete Mary-Love. »Das ist der Mann, der Perdido vor der nächsten Flut retten wird.«
»Ma’am?«
»Mr. Haskew wird einen Damm bauen, der Perdido retten kann!«
»Ja, Ma’am«, sagte Zaddie höflich.
»Wie geht es dir, Zaddie?«, brüllte Early Haskew, und die Wucht seiner Stimme ließ Zaddie blinzeln.
»Es geht mir gut, Mr. Skew.«
»Haskew, Zaddie«, korrigierte Sister.
»Es geht mir gut«, wiederholte Zaddie.
»Zaddie, bedank dich doch bei Mr. Haskew dafür, dass er dich vor der nächsten Flut retten wird«, befahl Mary-Love.
»Danke, Sir«, sagte Zaddie gehorsam.
»Keine Ursache, Zaddie.«
Zaddie und Early Haskew sahen sich verblüfft an, denn keiner von ihnen hatte eine Ahnung, warum man sie einander vorgestellt hatte. Zaddie fragte sich, warum man sie gerufen hatte, um einen weißen Mann zu begrüßen, obwohl man sie doch noch an diesem Morgen bei dem Versuch, einen Blick in Miriams Kinderwagen zu werfen, weggescheucht hatte. Und Early fragte sich, ob seine Gastgeberin die Absicht hatte, ihn jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind – weiß, farbig und indianisch – vorzustellen, deren Leben und Besitz von dem Damm beschützt werden würde, den er in der Stadt errichten wollte.
Sister glaubte die Antwort zu kennen. In der Verbreitung von Informationen war Zaddie so effizient wie ein Telegraf, und Elinor würde so sicher von Early Haskews Anwesenheit in Mary-Loves Haus erfahren, als hätte der Mann der Western Union an die Tür geklopft und das Telegramm mit der Nachricht in einem gelben Umschlag abgegeben.
»Jetzt haben wir dich aufgehalten, Kind«, bemerkte Mary-Love. »Musst du nichts für Elinor erledigen?«
»Ja, Ma’am«, erwiderte Zaddie. »Ich muss Paraffin besorgen.«
»Dann geh«, sagte Mary-Love, und das Mädchen rannte los.
Mary-Love wandte sich an Early. »Zaddie gehört zu Elinor und Oscar. Sie haben meinen Sohn ja schon kennengelernt.«
»Ja, Ma’am.«
»Aber seine Frau Elinor, meine Schwiegertochter, kennen Sie noch nicht?«
»Nein, Ma’am.«
»Sie werden sie bestimmt noch kennenlernen«, sagte Mary-Love ganz plötzlich. »Jedenfalls hoffe ich, dass Sie die Gelegenheit bekommen. Sie wohnen dort drüben in dem großen weißen Haus. Ich habe es für sie als Hochzeitsgeschenk bauen lassen.«
»Das ist ein sehr schönes Haus.«
»Das weiß ich. Aber wenn Sie eine Weile hier sind, Mr. Haskew, werden Sie bemerken, dass zwischen diesen beiden Häusern nicht viel Kontakt besteht.«
»Nein, Ma’am«, sagte Early Haskew höflich, als würde er das alles begreifen.
»Nun …«, erwiderte Mary-Love zögernd, um das Thema dann abrupt zu beenden. »Das ist alles.«
An der Sitzung des Stadtrates an diesem Abend nahmen nicht nur die direkt gewählten Mitglieder teil – Oscar, Henry Turk, Dr. Leo Benquith und drei weitere Männer –, sondern auch James Caskey und Tom DeBordenave als wichtige interessierte Parteien und als Sägewerkbesitzer. Diesen Männern präsentierte Early Haskew die ungefähren Pläne, die Termine und die Kosten für den Bau des Dammprojektes.
Der Damm würde aus drei Teilen bestehen. Der größte und wesentliche Teil würde an beiden Ufern des Perdido unterhalb des Zusammenflusses entstehen. Er würde die Innenstadt und die Gegend mit den Häusern der Sägewerkarbeiter im Westen des Flusses beschützen sowie Baptist Bottom im Osten. Die Brücke über den Perdido direkt unterhalb des Hotels Osceola sollte verbreitert und auf Dammhöhe erhöht werden, dazu brauchte man neue Auffahrten. Größtenteils handelte es sich hier um einen kommunalen Damm, denn er beschützte in erster Linie die Wohn- und Geschäftsviertel von Perdido. Ein zweiter Damm mit einer Länge von einer halben Meile, der mit dem ersten verbunden sein würde, würde am Südufer des Blackwater River entstehen, der von seiner Quelle im Zypressensumpf durch den nordöstlichen Teil der Stadt floss. Dieser Teil des Damms würde die drei Sägewerke schützen. Der dritte Teil war zugleich der kürzeste; er würde oberhalb des Zusammenflusses am Südufer des Perdido verlaufen und die fünf Häuser schützen, die Henry Turk, Tom DeBordenave, James Caskey, Mary-Love Caskey und Oscar Caskey gehörten. Dieses Teilstück würde ungefähr 100 Meter jenseits der Stadtgrenze enden. Traten die Flüsse wieder über die Ufer, was irgendwann passieren musste, würden die einzelnen Dammteile die Stadt schützen, und nur das unbewohnte Tiefland südlich der Stadt würde überflutet werden.
In vier Monaten würde Early detaillierte Pläne vorweisen können. Die Bauarbeiten würden sofort danach beginnen. Die Arbeiten für die beiden Dämme am unteren Perdido würden mindestens 15 Monate in Anspruch nehmen, die sekundären Dämme jeder sechs Monate. Die geschätzten Kosten würden ungefähr 1.100.000 Dollar betragen, eine Summe, die den Stadtrat erst einmal erschütterte.
Early schwieg während des Rests der Versammlung, während Perdidos Führung weiter über die Frage debattierte. 1919 hatte die Stadt beträchtlich mehr Geld als die veranschlagten Kosten für das Bauprojekt verloren. Falls die Stadt größer wurde und die Sägewerke mehr Bäume fällten und mehr Bauholz produzierten, würde Perdido bei einer erneuten Hochwasserkatastrophe sogar noch mehr verlieren. Falls das Geld irgendwie aufgebracht werden konnte, sollte der Damm gebaut werden. James und Oscar verständigten sich mit einem knappen Nicken und boten an, Earlys Honorar zu übernehmen, während er detaillierte Pläne für den Dammbau anfertigte. Das würde der Beitrag der Caskeys für die Stadt sein, in der sie groß geworden waren. Auf diese Weise autorisiert verließ Early die Sitzung.
Nachdem der Bauingenieur gegangen war und viele zum Ausdruck gebracht hatten, welch eine hohe Meinung sie von ihm hatten, studierten die Stadträte Earlys Zahlen erneut und kamen zu dem Schluss, dass der kommunale Damm 700.000 Dollar kosten würde; der Damm am Blackwater würde 250.000 Dollar kosten und der Damm am oberen Perdido hinter den Häusern der Werksbesitzer 150.000. Unter vier Augen entschieden die Werksbesitzer, dass sie die Baukosten hinter ihren Grundstücken selbst tragen und die Kosten des Damms, der die Sägewerke beschützte, mit der Stadt teilen wollten. Das senkte die Last für die Stadt auf 825.000 Dollar, was sich zumindest sehr viel besser anhörte als 1.100.000 Dollar.
James erklärte sich bereit, nach Bay Minette zu fahren und mit dem Abgeordneten von Baldwin County zu sprechen, um zu sehen, ob man vielleicht eine Anleihe vom Bundesstaat bekommen würde. Tom DeBordenave wollte sich mit den Banken in Mobile unterhalten.
Nach der Versammlung fühlten sich alle besser. Die Flut von 1919 war so verheerend, so unerwartet und die Stadt so unvorbereitet gewesen, dass dem Stadtrat dieser erste Schritt zu einem Schutz bedeutsam erschien. Sie stellten sich vor, wie das Leben mit einem Damm aussehen würde.
Der Perdido und der Blackwater traten wieder über die Ufer und stemmten sich gegen Early Haskews Erdwall, aber die Kinder der Stadt würden fröhlich auf dem trockenen Boden, der weit unter dem Pegel des dunklen, wirbelnden Wassers lag, das unheilvoll auf der anderen Seite schwappte, Seilchen springen und mit Murmeln spielen.
Während Oscar der Stadtratssitzung beiwohnte, saß Elinor mit ihrer Stickarbeit auf der Schlafveranda. Zaddie gesellte sich zu ihr und erzählte von der seltsamen Geschichte, die sie an diesem Nachmittag bei Miss Mary-Love erlebt hatte.
»Warum wollte sie, dass ich diesen Mann kennenlerne?«, fragte Zaddie neugierig und fest davon überzeugt, dass Elinor darauf eine Antwort wissen würde.
Elinor hatte die Stickarbeit weggelegt.
Ihre Lippen waren fest aufeinandergepresst. Sie stand auf und ging zum Verandageländer. Ihr schwangerer Leib bewegte sich bei ihren zielgerichteten Schritten kaum.
»Weißt du es denn nicht, Zaddie?«
»Nein, Ma’am.«
Elinor drehte sich um und sagte mit kaum unterdrücktem Zorn: »Du solltest diesen Mann kennenlernen, damit du es mir erzählen kannst, darum!«
»Ma’am?«
»Du weißt doch, dass Miss Mary-Love mir nicht einmal die Uhrzeit verraten würde?«