Briefe über den Yoga Bd. 4 - Sri Aurobindo - E-Book

Briefe über den Yoga Bd. 4 E-Book

Sri Aurobindo

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Beschreibung

Sri Aurobindos grundlegendes und gewaltiges Lehrgebäude der Briefe in 4 Bänden erklärt in fundamentaler Weise die Lehre und Methode seines Yoga und greift Fragen der spirituellen Praxis auf. Nachdem sich Sri Aurobindo 1926 fast völlig von der Aussenwelt und vom persönlichen Kontakt mit seinen Schülern zurückgezogen hatte, forderte er diese auf, sich mit ihren Problemen und Fragen schriftlich an ihn zu wenden. So entstanden zwischen 1927-38 die Letters on Yoga ? Briefe, die in die Tausende gingen und jeden erdenklichen Aspekt des Integralen Yoga behandeln. Die Antworten auf Fragen seiner Schüler sind von eindrücklichster Klarheit und Unmittelbarkeit. Sie sprechen den spirituell Ausgerichteten an, interessieren durch Umfang und Vollständigkeit an vermitteltem Wissen den Intellektuellen und sind in ihrer Tiefe auch anderen von Nutzen.

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Seitenzahl: 892

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SRI AUROBINDO

BRIEFE ÜBER DEN YOGA

Die Umwandlung

Band 4

Nicht für mich, der ich nichts brauche und weder einer Erlösung noch sonst etwas bedarf, wird mein Yoga getan, sondern allein für das Erdbewusstsein – um dem Erdbewusstsein einen Weg aufzutun, damit es sich wandle.

– Sri Aurobindo

Inhaltsverzeichnis

Impressum

DIE UMWANDLUNG DES MENTALS

DIE UMWANDLUNG DES VITALS

DIE UMWANDLUNG DES PHYSISCHEN

DIE UMWANDLUNG DES UNTERBEWUSSTEN UND UNBEWUSSTEN

DIE SCHWIERIGKEITEN DES PFADES

DER WIDERSTAND DER FEINDLICHEN KRÄFTE

ANHANG

Zu den Briefen Sri Aurobindos

Zeittafel

Glossar

Impressum

Zweite Auflage 1995 Copyright 1983 bei Sri Aurobindo Ashram Trust, Pondicherry

Titel der englischen Ausgabe: „Letters on Yoga“ Autorisierte deutsche Übersetzung: Elisabeth Beck

Verlag: Sri Aurobindo Ashram, Publication Department, Pondicherry 605002

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Deutsche E-Book Ausgabe: Briefe über den Yoga Bd. IV Die Umwandlung

Erste Auflage Februar 2015

ISBN 978-3-937701-29-5

© 2015 Verlag Wilfried Schuh Sri Aurobindo Digital Edition Wiesbaden www.auro.media

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Teil IV

DIE UMWANDLUNG

DIE UMWANDLUNG DES MENTALS

Es gibt keinen Grund, warum man [das Licht usw.] über das denkende Mental nicht empfangen sollte, genauso wie man über das Vital, das Emotional und den Körper empfängt. Das denkende Mental besitzt wie diese die Fähigkeit zu empfangen, und da es wie das übrige umgewandelt werden muss, sollte es im Empfangen geschult werden – andernfalls könnte seine Umwandlung nicht stattfinden.

Es ist die gewöhnliche, unerleuchtete Tätigkeit des Intellektes, die ein Hindernis für die spirituelle Erfahrung darstellt, genauso wie die gewöhnliche, ungeläuterte Tätigkeit des Vitals oder das dunkle, sich töricht widersetzende Bewusstsein des Körpers ein Hindernis ist. Wovor der Sadhak hinsichtlich der falschen Denk-Vorgänge besonders gewarnt werden muss, ist erstens, mentale Ideen und Eindrücke oder intellektuelle Schlussfolgerungen für die Verwirklichung zu halten, und zweitens vor der rastlosen Tätigkeit des reinen Mentals, welche die spontane Genauigkeit der seelischen und spirituellen Erfahrung beeinträchtigt und für die Herabkunft des wahren, erleuchtenden Wissens keinen Platz lässt oder aber sie entstellt, sobald die menschlich-mentale Ebene voll berührt wird oder sogar noch vorher. Es gibt natürlich auch die üblichen Untugenden des Intellektes – sein Hang zu fruchtlosem Zweifel anstelle eines klaren Empfangens und einer ruhigen, erleuchteten Unterscheidung; seine Arroganz, welche ihn Dinge beurteilen lässt, die über ihn hinausreichen, ihm unbekannt sind und gemessen an den Normen seiner eigenen begrenzten Erfahrung zu tief für ihn sind; seine Versuche, das Überphysische mit Hilfe des Physischen zu erklären oder seine Forderung, höhere und okkulte Dinge mit Hilfe von Kriterien zu beweisen, die der Materie und dem Mental in der Materie eigen sind; andere mehr, die zu zahlreich sind, um hier aufgezählt zu werden. Ständig ersetzt er das wahre Wissen durch seine eigenen Darstellungen, Gestaltungen und Meinungen. Wenn aber der Intellekt hingegeben, offen, ruhig und aufnahmebereit ist, besteht kein Grund, warum er nicht ein Instrument für den Empfang des Lichtes oder ein Hilfsmittel für die Erfahrung spiritueller Zustände und die Fülle einer inneren Wandlung sein sollte. Einen entwickelten Intellekt zu haben, ist immer förderlich, wenn man ihn von oben erleuchten und einem göttlichen Zweck zuführen kann.

*

Auch der Tumult der mentalen (intellektuellen) Aktivität muss zum Schweigen gebracht werden, genauso wie die vitale Aktivität des Begehrens, damit Ruhe und Frieden vollkommen werden. Wissen darf nur von oben kommen. In dieser Ruhe werden die üblichen mentalen Tätigkeiten ebenso wie die gewöhnlichen vitalen Tätigkeiten zu Oberflächenbewegungen, mit denen das schweigende innere Selbst nicht verbunden ist. Die Befreiung ist notwendig, damit die Tätigkeiten der Unwissenheit durch das wahre Wissen und die wahre Lebens-Tätigkeit ersetzt oder umgewandelt werden können.

*

Intellektuelle Tätigkeiten sind nicht Teil des inneren Wesens – der Intellekt ist das äußere Mental.

*

Der Intellekt kann ein ebenso großes Hindernis sein wie das Vital, wenn er beschließt, seine eigenen [Gedanken-] Konstruktionen der Wahrheit vorzuziehen.

*

Der Intellekt ist ein Teil des Mentals und wie das übrige Mental ein Instrument der Halb-Wahrheit.

*

Was du gesagt hast, ist durchaus in Ordnung. Die Wahrheit zu erkennen, hängt nicht von einem großen oder kleinen Intellekt ab. Es hängt davon ab, ob man mit der Wahrheit in Verbindung steht und ein schweigsames und ruhiges Mental sie empfangen kann. Die größten Intellektuellen können die gröbsten Fehler begehen und Wahrheit mit Falschheit verwechseln, wenn sie nicht den Kontakt mit der Wahrheit oder die unmittelbare Erfahrung [davon] haben.

*

Die Aufgabe des Intellektes besteht darin, von den Wahrnehmungen des Mentals und der Sinne her zu urteilen, Schlussfolgerungen zu ziehen und die Dinge in logische Beziehung zueinander zu bringen. Ein wohl geübter Intellekt ist eine gute Vorbereitung des Mentals für größeres Wissen, vermag als solcher aber nicht, yogisches Wissen zu vermitteln oder das Göttliche zu erkennen – er kann vom Göttlichen nur Vorstellungen haben, doch bedeutet Vorstellungen zu haben nicht Wissen. Der Intellekt muss im Verlauf der Sadhana in das höhere Mental umgewandelt werden, das als solches ein Übergangsstadium auf dem Weg zum wahren Wissen ist.

*

Der Intellekt der meisten Menschen ist höchst unvollkommen, schlecht geschult und halbentwickelt – daher sind die intellektuellen Folgerungen der meisten voreilig, unbegründet und irrig oder, wenn richtig, dann mehr aus Zufall als aus [eigenem] Verdienst oder einwandfreiem Funktionieren. Die Folgerungen werden ohne Kenntnis von Tatsachen oder von korrekten oder hinreichenden Daten gezogen, einfach durch einen voreiligen Rückschluss, wobei der Vorgang, durch den man von den Gegebenheiten zu den Rückschlüssen gelangt meist unlogisch und fehlerhaft ist – und da der Vorgang, durch den man zur Folgerung gelangt, anfechtbar ist, ist aller Voraussicht nach auch die Folgerung trügerisch. Dabei aber ist der Intellekt meist arrogant und dünkelhaft und verficht seine unvollkommenen Rückschlüsse vertrauensselig als Wahrheit, während er solche, die nicht damit übereinstimmen, als fehlerhaft, dumm oder töricht herabsetzt. Selbst wenn er voll geübt und entwickelt ist, vermag der Intellekt nicht zur absoluten Gewissheit oder vollständigen Wahrheit zu gelangen; er kann aber zu einem Aspekt oder einer Seite der Wahrheit sowie zu einer vernünftigen oder glaubhaften Bestätigung kommen; ungeschult hingegen ist er ein reichlich unzulängliches Instrument – zur gleichen Zeit voreilig und keinen Widerspruch duldend, unsicher und unzuverlässig.

*

Das Mental berichtet über die Dinge nicht wie sie sind, sondern wie sie ihm erscheinen. Es erfasst einzelnes, übersieht anderes; später vermischen sich Erinnerung und Einbildung und geben eine ganz andere Darstellung der Sache.

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Es ist nicht Willensschwäche oder ein Ergebnis der Passivität, sondern eine übereilte Entscheidung aufgrund eines mentalen Impulses. Das ist die gewöhnliche Bewegung des Mentals – und manchmal das Ergebnis einer bestimmten Art von sattwischem Eifer. Aufgrund der Eile aber nimmt man sich nicht genügend Zeit, die andere Seite zu sehen, die Mängel der getroffenen Entscheidung oder den etwaigen Einwand, der vorgebracht werden könnte. Friede ist die Grundlage, aber zum Frieden muss sich das Wirken eines bestimmten Lichtes von oben gesellen, wodurch jedes Ding in seinen richtigen Dimensionen als Ganzes erscheint – denn das Mental ist ohne die Führung durch ein solches höheres Licht bestenfalls unvollkommen und in seinen Wahrnehmungen meist einseitig.

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Die meisten Menschen ohne [echtes] Wissen neigen zur Starrsinnigkeit – sie haben ihre Ideen und wollen nicht, dass sie geändert werden oder ihre Starrheit beeinträchtigt wird.

*

Der springende Punkt ist, dass sich die Menschen nicht die Mühe nehmen zu erkennen, ob ihnen ihr Intellekt die richtigen Gedanken, die richtigen Folgerungen, die richtigen Ansichten über Dinge und Personen vermittelt sowie die richtigen Hinweise über ihr eigenes Verhalten, ihre eigene Handlungsweise. Sie haben ihre Idee und akzeptieren sie als Wahrheit oder folgen ihr, einfach weil es ihre Idee ist. Selbst wenn sie erkennen, dass ihr Mental Fehler begangen hat, messen sie dem keinerlei Bedeutung bei und bemühen sich auch nicht um größere mentale Umsicht. Im vitalen Bereich wissen die Menschen, dass sie ihren Begierden und Impulsen nicht folgen dürfen ohne sie zu zügeln oder zu kontrollieren; es ist ihnen bekannt, dass sie ein Gewissen oder ein moralisches Empfinden haben sollten, das zwischen dem unterscheidet, was sie tun können oder sollten, und dem, was sie nicht tun können oder sollten; im intellektuellen Bereich ist man nicht so umsichtig. Es wird von den Menschen erwartet, dass sie ihrem Intellekt folgen, dass sie ihre eigenen Ideen haben und, ob richtig oder falsch, sie ohne Überprüfung geltend machen; der Intellekt ist, wie es heißt, des Menschen höchstes Instrument und hat seinen Ideen gemäß zu denken und zu handeln. Das aber ist nicht wahr; der Intellekt bedarf ebensosehr wie das Vital eines inneren Lichtes, das ihn führt, prüft und kontrolliert. Es gibt etwas, das über dem Intellekt steht, das man entdecken muss, und der Intellekt sollte lediglich ein Mittler für das Wirken jener Quelle des wahren Wissens sein.

*

Menschliches Denken erkennt, dass jedes Ding stets viele Seiten hat und es entscheidet seiner eigenen Neigung oder Vorliebe oder seinen gewohnten Ideen gemäß oder aus einem Grund, der sich dem Intellekt als der beste anbietet. Es gelangt zur wirklichen Wahrheit erst dann, wenn es durch etwas anderes ein höheres Licht empfängt – wenn die Seele oder Intuition es berührt und zum Fühlen oder Erkennen bringt.

*

Viele Dinge sind nur deshalb schlecht, weil die Menschen sie so sehen. Dinge, die du für richtig hältst, empfinden andere als schlecht; was du für schlecht ansiehst, finden andere ganz in Ordnung.

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Die wahre Sache ist, alles mit unbewegter Ruhe zu betrachten – sowohl das „Gute“ als auch das „Schlechte“ als Oberflächen-Bewegung der Natur zu sehen. Dies aber in Wahrhaftigkeit ohne Irren, Egoismus oder falsche Reaktionen zu tun, bedarf eines Bewusstseins und Wissens, die nicht persönlichkeitsgebunden und begrenzt sind.

*

Es ist durchaus üblich, dass intuitive Suggestionen auf diese Weise kommen und dass sie vom Mental nicht beachtet werden. Der Grund hierfür ist, dass das Mental daran gewöhnt ist, seinem eigenen (Denk-]Prozess zu folgen, und die Intuition, wenn sie kommt, weder erkennt noch ihr vertraut. Das Mental muss lernen, diese Dinge wahrzunehmen, wenn sie eintreten, und ihnen Wert beizumessen, wenn die Erfahrung ihre Wahrheit bestätigt.

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In der Sphäre des Spirits gibt es nur ewige Wahrheiten – dort ist alles in sich ewig, es gibt keine Entwicklung, nichts Unverwirklichtes, nichts, was danach trachtet, sich zu erfüllen. Etwas Derartiges wie Möglichkeiten gibt es daher [dort] nicht.

Im Leben hingegen ist alles ein Spiel von Möglichkeiten – nichts ist verwirklicht, alles trachtet danach, sich zu verwirklichen oder, wenn es noch nicht danach trachtet, wartet es hinter dem Schleier darauf. Nichts ist in seiner höchsten Form verwirklicht, in seiner Wahrheit oder Vollständigkeit, aber alles ist möglich. Alle diese Möglichkeiten stammen von den Wahrheiten über uns, zum Beispiel die Möglichkeit des Wissens, die Möglichkeit der Liebe, die Möglichkeit der Freude, usw.

Intellekt, Wille usw. sind Vermittler, die versuchen von den verborgenen höheren Wahrheiten etwas zu erhaschen, um sie in das Leben zu bringen, oder aber das Leben zu ihnen zu erheben, damit jene Möglichkeiten des Daseins hier [auf Erden] die vollendeten Wirklichkeiten werden mögen, die über uns bereits bestehen.

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Der Intellekt setzt sich aus Vorstellungen, Wahrnehmungen, Rückschlüssen zusammen. Der reine Verstand ist etwas ganz anderes, doch sind nur wenige fähig, ihn zu gebrauchen. Was das Wissen im Yoga anbelangt, so kommt es zuerst vom höheren Mental, das aber selbst nicht die volle Wahrheit, sondern nur Teile davon erkennt.

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Der reine Verstand befasst sich mit den Dingen als solchen, mit Ideen, Begriffen, mit der essentiellen Natur der Dinge. Er lebt in der Welt der Ideen. Seiner Natur nach ist er philosophisch und metaphysisch.

*

Alles hängt von der Bedeutung ab, die du den verwendeten Worten verleihst; es ist eine Frage der Terminologie. Im allgemeinen sagt man, dass ein Mensch Intellekt habe, wenn er richtig denken kann; die Art, der Ablauf und der Bereich des Denkens spielen keine Rolle. Wenn du den Intellekt so auffasst, dann kannst du sagen, dass er verschiedene Bereiche habe und Ford dem einen Bereich des Intellektes angehöre und Einstein einem anderen – Ford hat einen praktischen, ausübenden Geschäfts-Intellekt, Einstein einen wissenschaftlichen, entdeckenden und theoretisierenden Intellekt. In seinem Bereich theoretisiert, erfindet, entdeckt aber auch Ford. Dennoch, würdest du Ford als einen Intellektuellen oder einen Mann von Intellekt bezeichnen? Ich würde es vorziehen, für die allgemeine Fähigkeit des Mentals das Wort Intelligenz zu gebrauchen. Ford hat eine große und machtvolle praktische Intelligenz, scharfsinnig, rasch, sicher, dynamisch. Er hat einen Kopf, der auch mit Gedanken umzugehen weiß, aber selbst hier herrscht sein Hang zum Praktischen vor. Er glaubt zum Beispiel an Wiedergeburt (Metempsychose) nicht aus irgendeinem philosophischen Grund, sondern weil sie das Leben als eine Schule der Erfahrung erklärt, in dem man immer mehr Erkenntnis sammelt und sich hierdurch weiterentwickelt. Einstein andererseits hat einen hohen wissenschaftlichen Entdecker-Intellekt – nicht wie Marconi, der eine machtvoll praktische, einfallsreiche Intelligenz zur Anwendung wissenschaftlicher Entdeckungen besitzt. Alle Menschen haben natürlich irgendeine Art von „Intellekt“; zum Beispiel können alle diskutieren und debattieren (wofür, wie du richtig sagst, der Intellekt gebraucht wird); aber erst dann, wenn man sich in den Bereich der Ideen erhebt und sich dort frei umherbewegt, sagt man, „dieser Mensch hat Intellekt“. Wende dich an eine Versammlung von Bauern, und du wirst sehen, dass sie dir, wenn du ihnen Spielraum [für ihre Phantasie] gibst, ihren Standpunkt darlegen und Fragen stellen, die oft einen Parlaments-Abgeordneten nach Luft schnappen lassen würden. Wir aber begnügen uns damit zu sagen, dass diese Bauern viel praktische Intelligenz besitzen.

Die Fähigkeit zu diskutieren und debattieren ist, wie ich sagte, eine allgemeine menschliche Eigenschaft – und Gewohnheit. Vielleicht beginnt hier der Mensch, sich vom Tier zu unterscheiden; denn Tiere besitzen große Intelligenz, und viele Tiere, sogar Insekten, haben eine elementare Fähigkeit des praktischen Folgerns; aber soweit uns bekannt ist, kommen sie nicht zusammen, um ihre Anschauungen über Dinge zu vergleichen oder sich in einer Debatte an den Kopf zu werfen1 wie es selbst die ungebildetsten Menschen tun können – und sehr ausgiebig tun.

Diese Fähigkeit aber, obwohl ein Allgemeingut der Menschheit, wird sehr häufig auf eine [negative] Weise spezialisiert, so dass jemand, dem in einer Debatte über Literatur oder Wissenschaft zu begegnen gefährlich ist, wie ein Narr in einem Sumpf von Fehlern und Trugschlüssen umherwaten kann, wenn er über Politik und Wirtschaft oder meinetwegen Spiritualität und Yoga diskutiert. Seine einzige Rettung ist die segensreiche Tiefe seiner Unwissenheit, die ihn daran hindert zu erkennen, was er angerichtet hat. Und dennoch, ein Mensch mag in Fragen des Rechts oder der Politik, die einander meist die Hand reichen, scharfsinnig debattieren können, ohne intellektuell zu sein. Ich gebe zu, dass man einen gewissen logischen Intellekt haben muss, um gut debattieren zu können. Doch ist es schließlich das Ziel der Debatte, als Sieger hervorzugehen, seinen Standpunkt darzulegen, was man auch dann tun kann, wenn der Standpunkt falsch ist; der Erfolg und nicht die Wahrheit ist das Ziel einer Debatte. Deshalb stimme ich dir mit Vorbehalt zu.

Ich gehe auch damit einig, dass etikettierte Aufschriften, selbst wenn weniger entwickelte Personen damit versehen werden, unbefriedigend sind. In Wirklichkeit greifen wir nur ein hervorstechendes Merkmal heraus und etikettieren damit die Person als ob sie hieraus allein bestünde. Aber ohne [diesen Vorgang] ist eine Klassifikation unmöglich, und der Intellekt des Menschen hat immer das Bedürfnis zu klassifizieren, Unterscheidungen festzulegen und eine Sache mit einem Etikett versehen auf die Seite zu stellen. Die Philosophen haben darauf hingewiesen, dass dies von der Wissenschaft auf zu starre Weise gehandhabt werde und fälschlich die Wahrheit der Dinge durchschneide. Aber ohne das können wir keine Wissenschaft haben.

1 Vielleicht tun es die Krähen manchmal im Krähenparlament.

*

Selbst wenn der Intellektuelle einen immer größeren Horizont, eine immer größere [geistige] Weite erlangt, können wir dann auch erwarten, dass seine Inbrunst, Tiefe und Süße der des emotionalen Menschen ebenbürtig ist?

Möglicherweise wird der homo intellectualis in einer größeren Weite, der homo psychicus hingegen tiefer im Herzen weilen (selbst wenn das innere Mental des letzteren sich öffnet).

Verwechsle nicht höheres Wissen mit mentalem Wissen. Der intellektuelle Mensch wird fähig sein, dem was er an höherem Wissen empfängt, einen reicheren und geordneteren Ausdruck zu verleihen als der homo psychicus; daraus folgt aber nicht, dass er mehr [Wissen als jener] besitzt. Das wird erst dann der Fall sein, wenn er sich zu einer den höheren Wissensebenen entsprechenden Weite, Plastizität und Einsicht erhebt. Dann wird er seine mentale durch seine über-mentale Fähigkeit ersetzen. Für viele sogenannte Intellektuelle aber kann die Intelligenz ein Hindernis sein, da sie sich an mentale Begriffe binden oder da sie ihr seelisches Feuer unter dem schweren Gewicht des rationalen Denkens ersticken. Auf der anderen Seite habe ich verhältnismäßig ungebildete Menschen gekannt, die höheres Wissen mit einer erstaunlichen Vollständigkeit, Tiefe und Genauigkeit zum Ausdruck brachten, was man angesichts der Schwerfälligkeit ihrer geistigen Bewegungen niemals für möglich gehalten hätte. Warum also wollen wir von vornherein auf mentale Weise bestimmen, was erreichbar ist und was nicht, wenn das Über-Mental herrscht? Was sich das Mental als das muss sein vorstellt, braucht nicht das Maß für das es wird sein zu sein. Dieser oder jener homo intellectualis mag sich als ein inbrünstigerer Gott-Liebender erweisen als der überschäumende emotionale Mensch; dieser oder jener emotionale Mensch mag ein höheres Wissen empfangen und ausdrücken als sein Intellekt oder gar als der Intellekt des Intellektuellen hätte fassen oder aufbauen können. Es ist besser, die Erscheinungsformen des höheren Bewusstseins durch die Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten einer niedrigeren Ebene nicht festzulegen.

*

DIE UMWANDLUNG DES VITALS

Die beiden Vorgänge, deren scheinbarer Widerspruch deinen Geist verwirrt, sind die beiden Enden eines einzigen Bewusstseins, dessen Bewegungen – noch voneinander getrennt – sich vereinigen müssen, wenn die Lebens-Macht eine immer vollendetere Tätigkeit und Erfüllung oder die erhoffte Umwandlung erreichen soll.

Das eine dieser Enden ist das vitale Wesen, das die Lebens-Kraft enthält; das andere Ende ist eine latente dynamische Macht des höheren Bewusstseins, durch welche die Göttliche Wahrheit wirken und das Vital und seine Lebenskraft erfassen kann, um sie für ein größeres Ziel hier zu gebrauchen.

Die Lebens-Kraft im Vital ist das unerlässliche Instrument für jegliches Einwirken der Göttlichen Macht auf die stoffliche Welt und physische Natur. Es kann daher erst dann ein göttliches Leben geben, wenn dieses Vital umgewandelt und zu einem reinen und starken Instrument der Göttlichen Shakti gemacht wurde. Erst dann kann eine erfolgreiche Umwandlung der physischen Natur oder ein freies, vollendetes göttliches Einwirken auf die äußere Welt stattfinden; denn mit unseren gegenwärtigen Mitteln ist jedes derartige Einwirken unmöglich. Deshalb hast du die Empfindung, dass die vitale Bewegung alle Energie verschafft, deren man bedarf, dass alle Dinge mit Hilfe dieser Energie möglich sind und du damit jede gewünschte Erfahrung haben kannst – gute oder schlechte, des gewöhnlichen oder des spirituellen Lebens; und deshalb fühlst du auch, wenn diese Energie kommt, wie das Körperbewusstsein und seine Substanz von Macht erfüllt werden. Was den Kontakt mit der Mutter im Vital anbelangt und dein Gefühl der schönen, der großartigen Erfahrung, die es war – auch das ist natürlich und richtig; denn das Vital muss ebenso wie die Seele und jeder andere Teil des Wesens die Göttliche Mutter fühlen und sich ihr ganz geben.

Eines jedoch darf nie vergessen werden, dass das vitale Wesen und die Lebens-Kraft im Menschen vom Göttlichen Licht getrennt sind und daher ein Instrument für jegliche Macht sein können, die von ihnen Besitz ergreift, sei sie erleuchtet oder dunkel, göttlich oder ungöttlich. Meist dient die vitale Energie den allgemeinen dunklen oder halb-bewussten Bewegungen des menschlichen Mentals und Lebens – seinen üblichen Ideen, Interessen, Leidenschaften und Begierden. Es besteht aber die Möglichkeit, dass sich die vitale Energie über ihre gewöhnlichen Grenzen hinaus steigert, und wenn das der Fall ist, kann sie einen Aufschwung, eine Intensität, Stimulierung und Sublimierung ihrer Kräfte erlangen, durch die sie ein Instrument entweder der Göttlichen Mächte, der Mächte der Götter oder asurischer Kräfte werden kann – oder beinahe werden muss. Oder wenn eine geordnete zentrale Kontrolle in der menschlichen Natur fehlt, kann ihr Wirken zu einem wirren Durcheinander dieser Gegensätze werden oder in unschlüssigem Schwanken einmal den einen und dann den anderen Kräften dienen. Es ist dann nicht genug, dass eine große vitale Energie in dir wirkt; sie muss mit dem höheren Bewusstsein in Verbindung gebracht werden, sie muss dem wahren Bewusstsein überantwortet werden, sie muss der Herrschaft des Göttlichen untergeordnet werden. Daher wird manchmal gegenüber dem Wirken der vitalen Kraft Verachtung oder Missbilligung empfunden, weil ihr Licht und ihre Macht unzureichend und an eine unwissende, ungöttliche Bewegung gebunden sind. Und das ist auch der Grund, weshalb es erforderlich ist, sich der Inspiration und Macht von höherem Ursprung zu öffnen. Die vitale Energie als solche führt nirgendwohin, sie verläuft in wechselvollen, oft leidvollen und verderblichen Kreisen und wendet sich sogar dem Abgrund zu, weil sie die rechte Führung nicht hat; sie muss sich mit der dynamischen Macht des höheren Bewusstseins und der Göttlichen Kraft verbinden, die durch sie für einen großen und leuchtenden Zweck wirkt.

Um diese Verbindung herzustellen, sind zwei Bewegungen notwendig. Die eine ist nach oben gerichtet; das Vital erhebt sich zur Vereinigung mit dem höheren Bewusstsein und wird vom Licht und Impuls einer höheren Kraft durchdrungen. Die andere ist nach unten gerichtet; das Vital verharrt schweigend, ruhevoll, rein, frei von den gewöhnlichen Bewegungen, und wartet bis die dynamische Macht von oben herabkommt, es in sein wahres Selbst wandelt und seine Bewegungen mit Wissen und Macht füllt. Das ist der Grund, weshalb der Sadhak manchmal die Empfindung hat, dass er in ein glücklicheres und edleres Bewusstsein aufsteigt, dass er in einen lichteren Bereich und eine reinere Erfahrung eintritt; manchmal jedoch fühlt er im Gegenteil die Notwendigkeit, sich in das Vital zurückzuwenden, dort die Sadhana zu tun und das wahre Bewusstsein dorthin herabzubringen. Zwischen diesen bei den Bewegungen besteht kein echter Widerspruch; sie ergänzen sich und sind aufeinander angewiesen – der Aufstieg ermöglicht die göttliche Herabkunft, die Herabkunft erfüllt das, wonach der Aufstieg strebt, und lässt es unumgänglich werden.

Wenn du mit dem Vital von seinen niederen Bereichen aufsteigst und es mit der Seele verbindest, wird dein vitales Wesen erfüllt von dem reinen Streben, der reinen Weihung, die der Seele angeboren sind; gleichzeitig verleiht es den Gefühlen seine eigene überfließende Energie und macht sie dynamisch für die Wandlung der gesamten Natur bis hinab zum ganz Physischen sowie für das Herabbringen des göttlichen Bewusstseins in die Erd-Substanz. Wenn das Vital nicht nur die Seele berührt, sondern auch mit dem höheren Mental verschmilzt, kann es mit einem größeren Licht und Wissen in Kontakt kommen und ihnen folgen. Meist wird das Vital entweder vom menschlichen Mental gelenkt sowie von seinen mehr oder weniger unwissenden Befehlen beherrscht, oder es bemächtigt sich selbst ungestüm dieses Mentals und gebraucht es zur Befriedigung seiner eigenen Leidenschaften, Impulse und Begierden. Oder es verquickt diese beiden Bewegungen miteinander; denn das gewöhnliche menschliche Mental ist zu unwissend für ein besseres Wirken oder eine vollkommene Führung. Wenn aber das Vital mit dem höheren Mental in Verbindung steht, kann es von einem größeren Licht und Wissen geleitet werden, von einer höheren Intuition und Inspiration, einer wahreren Unterscheidung und einigen Enthüllungen der göttlichen Wahrheit und des göttlichen Willens. Dieser Gehorsam gegenüber der Seele und dem höheren Mental kennzeichnet das beginnende Hervortreten des yogischen Bewusstseins in seiner dynamischen Einwirkung auf das Leben.

Aber auch das genügt nicht für das göttliche Leben. Mit dem höheren Mental-Bewusstsein in Kontakt zu kommen, ist nicht genug, es ist nur ein unerlässliches Stadium. Es muss eine Herabkunft der Göttlichen Kraft aus immer höheren und machtvolleren Bereichen stattfinden. Ohne diese herabkommende Kraft aus noch unsichtbaren Höhen ist eine Umwandlung des höheren Bewusstseins in ein supramentales Licht und eine supramentale Macht, eine Umwandlung des Vitals und seiner Lebens-Kraft in ein reines, weites, ruhiges, intensives und machtvolles Instrument der göttlichen Energie, eine Umwandlung des eigentlichen Physischen in eine Form göttlichen Lichtes, göttlichen Wirkens, göttlicher Stärke, Schönheit und Freude unmöglich. Das ist der Grund, weshalb in diesem Yoga der Aufstieg zum Göttlichen, den er mit anderen Yoga-Pfaden gemein hat, nicht genug ist; es muss auch eine Herabkunft des Göttlichen stattfinden, um alle Energien des Mentals, Lebens und Körpers umzuwandeln.

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Alle reine Wahrheit ist auf die eine oder andere Weise der unmittelbare Ausdruck des Göttlichen Bewusstseins. Leben ist der dynamische Ausdruck der Bewusstseins-Kraft, wenn sie hinausgesandt wird, um sich in konkreten Harmonien der Formbildung zu verwirklichen; Liebe ist ein intensiver Selbst-Ausdruck der Seele des innersten Anandas, und Licht ist das, was das supramentale Bewusstsein immer begleitet und seine wesentlichste Macht darstellt.

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Ja, das ist die Natur des Vitals. Es kann sich sowohl Unumschränkt und enthusiastisch hingeben als auch jede nur denkbare Störung verursachen. Ohne das Vital gibt es in der Schöpfung oder Manifestation keine Lebens-Kraft; es ist ein notwendiges Instrument des Spirits für das Leben.

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Ja. Selbst der Spirit, wenn er sich in der Materie manifestieren will, muss sich des Vitals bedienen. Das ist das Gesetz der Dinge.

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Das Vital ist ein unerlässliches Instrument – ohne es ist keine Schöpfung oder kraftvolle Tat möglich. Es geht ganz einfach darum, es zu meistern und in das wahre Vital zu verwandeln, das stark und zugleich ruhig sowie einer großen Intensität fähig ist, frei vom Ego.

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Das Vital bedarf der Überwachung, es darf ihm nicht erlaubt werden, das zu tun, was es will. Du darfst nicht vom Vital beherrscht werden, sondern das Vital muss durch dich beherrscht werden.

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Die Befreiung von der blinden Vital-Energie muss durch eine Wandlung im Vital herbeigeführt werden – durch das Hervortreten des wahren Vitals, das stark und weit und friedvoll ist, ein williges Instrument des Göttlichen und nur des Göttlichen.

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Es bedeutet die Lebens-Energie, die von innen kommt und in Einklang steht mit dem seelischen Wesen – es ist die Energie des wahren vitalen Wesens, die aber im gewöhnlichen, unwissenden Vital zur Begierde deformiert ist. Du musst das Vital beruhigen und läutern und das wahre Vital hervortreten lassen. Oder du musst die Seele hervortreten lassen, und die Seele wird das Vital läutern und durchseelen, und dann wirst du die wahre vitale Energie haben.

*

Von dem, was durch das Leben in das vitale Gefäß eingebracht wurde, kann man sich befreien, indem man es umwendet und auf das Göttliche hin ausrichtet und nicht auf sich selbst. Du wirst dann feststellen, dass das Vital ein ausgezeichnetes Instrument, aber ein schlechter Meister ist.

*

Das menschliche Vital hat nahezu immer diesen Charakter, was aber kein Grund dafür ist, das als unveränderliche Tatsache zu akzeptieren und einem rastlosen Vital zu erlauben, dich anzutreiben wie es will. Ganz abgesehen vom Yoga, auch im gewöhnlichen Leben haben nur diejenigen ihr volles Menschsein erreicht oder werden aller Wahrscheinlichkeit nach mit ihren Idealen oder Unternehmungen erfolgreich sein, die dieses rastlose Vital in die Hand nehmen, es konzentrieren, kontrollieren und disziplinieren. Es geschieht durch die Ausübung des mentalen Willens, durch die sie es dazu zwingen, nicht das zu tun, was es will, sondern was die Vernunft oder der Wille als das Richtige oder Wünschenswerte erkennt. Im Yoga gebraucht man den inneren Willen und zwingt das Vital, sich der tapasya zu unterwerfen, damit es ruhig, stark und gehorsam werde – oder aber man ruft die Stille von oben, die das Vital nötigt, dem Begehren zu entsagen und ruhig und aufnahmebereit zu werden. Das Vital ist ein gutes Instrument, aber ein schlechter Meister. Wenn du ihm erlaubst, seinen Neigungen und Abneigungen, seinen Launen, Begierden und schlechten Gewohnheiten zu folgen, wird es dein Meister werden, und Friede und Glück sind nicht länger möglich. Es ist dann nicht mehr dein Instrument oder das der Göttlichen Shakti, sondern ein Instrument jeglicher Kraft der Unwissenheit oder sogar einer feindlichen Kraft, die es zu ergreifen und zu gebrauchen vermag.

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Der Widerstand und die sich widersprechenden Eingebungen stammen von der vitalen Natur, die in allen Menschen dunkel und mit gewöhnlichen Ideen und Absichten verhaftet ist und auf solche Einfälle und Suggestionen, wie du sie erwähnst, allzu leicht eingeht. Glaube und Weihung kommen aus der Seele, und nur dann, wenn sich das Vital völlig der Seele unterordnet hat, kann man wahrhaft das spirituelle Leben führen.

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Es ist ein großer Fortschritt, wenn du das jetzt tun kannst. Das hauptsächliche Hindernis für ein Leben im Licht, im Frieden und in der Kraft, ist die verworrene und trübe Rastlosigkeit der vitalen Natur des Menschen. Wenn sie zur Ruhe gekommen ist, ist die größte Schwierigkeit überstanden. Was übrig bleibt, ist die Behinderung durch das fehlende Verständnis oder die Trägheit der physischen Natur – sie kann aber leichter bewältigt werden, da sie mehr von der Art eines ruhigen, wenngleich hartnäckigen Widerstandes als der einer Störung ist. Wenn einmal die vitale Unruhe überwunden ist, wird mit Sicherheit auch die physische Dunkelheit oder das Unverständnis verschwinden.

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Die Jagd nach Vergnügen ist nicht eine Eigenschaft des ganzen Vitals, sondern ein Ausdruck des physischen Vitals – des animalischen Teils des menschlichen Wesens. Selbstverständlich kann es nicht durch mentale Begründungen irgendwelcher Art überzeugt werden. In den meisten Menschen ist sie [die Jagd nach Vergnügen] die natürliche und gebilligte Einstellung gegenüber dem Leben, beschönigt durch eine Art von konventionellem Moralismus und Idealismus als Zugeständnis an das Mental und höhere Vital. In einigen wenigen wird dieser Teil des Wesens [das physische Vital] ergriffen und dem mentalen oder höheren vitalen Ziel untergeordnet – es wird gezwungen, einen zweitrangigen Platz einzunehmen, damit das Mental nachhaltig von mentalen Unternehmungen oder Idealen oder von großen politischen oder persönlichen Bestrebungen absorbiert werden kann (Lenin, Hitler, Stalin, Mussolini). Der Asket und der Puritaner machen den Versuch, es großenteils oder vollständig zu unterdrücken. Das Prinzip in unserem Yoga ist, dass alles ein Instrument des Spirits werden muss und dass jene Teile, die das Vergnügen suchen, den Ananda in den Dingen und nicht das animalische Vergnügen der Oberfläche kosten sollen. Doch wird der Ananda weder kommen noch verweilen, solange dieser Teil nicht bekehrt ist, sondern auf seinem eigenen Weg der Befriedigung besteht.

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Es gibt viele Menschen, die nicht dem Glück nachjagen und es nicht für das wahre Ziel des Lebens halten. Es ist das physische Vital, welches das Glück sucht, das größere Vital hingegen ist bereit, es zu opfern, um seine Leidenschaften, sein Machtstreben, seinen Ehrgeiz, seine Ruhmsucht oder irgendein anderes Motiv zu befriedigen. Deine Behauptung, dass die eigentliche Ursache das Glücksgefühl ist, das durch die Macht, den Ruhm usw. entsteht, hat keine generelle Richtigkeit. Macht vermag alles andere zu geben, im allgemeinen aber nicht Glück – sie ist ihrer eigentlichen Natur nach nur mühsam und höchst schwierig zu erreichen, zu bewahren oder auszuüben; natürlich meine ich Macht im gewöhnlichen [nicht im yogischen] Sinn, Ein Mensch kann zwar wissen, dass er niemals in seinem Leben Ruhm erlangen wird, sich aber dennoch in der Hoffnung auf den Nachruhm einsetzen und ihm nachjagen. Er mag wissen, dass ihm die Befriedigung seiner Leidenschaft alles andere als Glück bringt – vielmehr Leiden, Qual, Verderben –, und dennoch wird er seinem Impuls folgen. Ebensowenig ist das Mental und größere Vital an die Suche nach dem Glück gebunden. Sie suchen viel eher die Wahrheit oder den Sieg einer guten Sache. Alles auf eine einzige, hedonistische Linie zu reduzieren, scheint mir eine recht armselige Psychologie zu sein. Weder die [menschliche] Natur noch der weite Spirit in den Dingen ist derart begrenzt und eingleisig.

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Die meisten Menschen tun Dinge, weil sie sie tun müssen, nicht wegen des Glücks, das sie in den Dingen finden. Nur in ihren Hobbys und Neigungen findet die [menschliche] Natur etwas Glück, meist aber nicht in der Arbeit – es sei denn, die Arbeit selbst entspricht einem Hobby oder einer Neigung und kann nach Wunsch aufgenommen oder niedergelegt werden.

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Das menschliche Dasein, so wie es normalerweise betrachtet wird, ist ein vitales Leben – „ein wenig höher als das des Tieres“ aufgrund einer gewissen mentalen Tätigkeit –, das auf den Tod hinausläuft. Und dennoch gibt es ein Streben nach etwas, das darüber hinausgeht – es wird aber von den Religionen aufgegriffen, die es in etwas für das Leben Sinnloses einengen, und die Dinge bleiben so wie sie sind. Über diese Beschränkung gelangen tatsächlich nur wenige hinaus.

Das „schließlich“2 ist in Wirklichkeit nur eine Ausflucht. Niemand kann über sein Menschsein hinauswachsen, solange er sich weigert, sein Ego zu opfern – denn „Menschsein“ bedeutet ein vitales, animalisches Ego, das durch ein wenig äußerliches Denken und Wissen mentalisiert ist. Solange dich das befriedigt, wirst du menschlich bleiben, „sogar hier“ oder anderswo.

2 „Schließlich sind wir Menschen, wir sind noch nicht Götter geworden.“

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Natürlich leben die meisten Menschen in ihrem physischen Mental und Vital, mit Ausnahme einiger weniger Heiliger und einer verhältnismäßig großen Zahl Intellektueller. Das ist der Grund – wie man jetzt weiß –, weshalb die Menschheit in den letzten drei Jahrtausenden wenig Fortschritte gemacht hat, es sei denn an informativen Kenntnissen und materiellem Rüstzeug. Vielleicht gibt es etwas weniger Grausamkeit und Brutalität, mehr Flexibilität des Intellekts innerhalb der Elite, eine raschere Wandelbarkeit in den Formen – das ist alles.

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Die gegenwärtige Zeit ist sowohl schlechter als auch besser als die von Wordsworth – auf der einen Seite findet ein Sturz in die übelsten Teile der menschlichen Natur statt, ein Aufruhr der vitalen Kräfte; was aber andererseits durch ein stärkeres Suchen nach etwas Jenseitigem ausgeglichen wird, einem Suchen das mehr Licht und Wissen enthält.

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Der Mensch ist ein mentales Wesen und kann nicht vom Vital stammen, wenn auch ein Teil von ihm auf der vitalen Ebene leben mag oder, besser gesagt, damit in Verbindung steht. Die meisten Menschen leben tatsächlich sehr im Vital und bei der Ausübung der Sadhana finden sie sich daher zuerst auf der vitalen Ebene wieder, in Träumen, Erfahrungen usw. Wenn sich das Supramental öffnet, wird in jeden Menschen entsprechend seiner Bereitschaft etwas vom Supramental herabkommen und in ihm einen supramentalen Purusha formen. Das was er jetzt ist, kann dem, was er werden wird, keine Schranken setzen.

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Mit physischer Arbeit oder mit Studium beschäftigt zu sein, heißt nicht, im Vital zu leben – das sind nur physische und mentale Beschäftigungen. Im Vital zu leben ist ein psychologischer Zustand.

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Die meisten Menschen leben im Vital. Das bedeutet, dass sie in ihren Wünschen, Wahrnehmungen, Emotionen und vitalen Vorstellungen leben und alles von diesem Standpunkt aus betrachten, erfahren und beurteilen. Es ist das Vital, wovon sie beherrscht werden, und das Mental ist sein Diener und nicht sein Herr. Auch im Yoga wird die Sadhana von vielen Menschen von dieser [vitalen] Ebene her ausgeübt, und ihre Erfahrungen sind voll vitaler Visionen, Gestaltungen, Geschehnisse aller Art, doch herrscht weder mentale Klarheit oder Ordnung, noch erheben sie sich über das Mental hinaus. Nur eine Minderheit von Menschen lebt im Mental oder in der Seele oder macht den Versuch, auf der spirituellen Ebene zu leben.

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Im gewöhnlichen Leben akzeptieren die Menschen vitale Regungen, wie Ärger, Begehren, Gier, Sex usw., als natürliche, zulässige und berechtigte Dinge, die gleichsam zur menschlichen Natur gehören. Nur insoweit die Gesellschaft sie missbilligt oder darauf besteht, dass sie innerhalb festgelegter Grenzen gehalten werden oder eine schickliche Zügelung erfahren und ein schickliches Maß nicht überschreiten, versuchen die Menschen, sie zu kontrollieren, damit sie der gesellschaftlichen Norm und Regel entsprechen. Im Gegensatz hierzu wird im Integralen Yoga wie im ganzen spirituellen Leben die Bewältigung und völlige Meisterung dieser Dinge gefordert. Das ist der Grund, weshalb der Kampf stärker empfunden wird; nicht etwa, weil sich diese Dinge in den Sadhaks stärker als in gewöhnlichen Menschen erheben würden, sondern wegen der Intensität des Kampfes zwischen dem spirituellen Mental, das Kontrolle fordert, und den vitalen Bewegungen, die rebellieren und im neuen Leben fortbestehen wollen, so wie sie es im alten taten. Was die Vorstellung anbelangt, dass die Sadhana alle Dinge dieser Art aufwühlt, so ist das nur insofern richtig, als es erstens vieles im gewöhnlichen Menschen gibt, dessen er sich nicht bewusst ist, weil das Vital es vor dem Mental verbirgt und sich daran ergötzt, ohne dass das Mental erkennt, welche Kraft dahintersteckt – auf diese Weise werden die Dinge, die unter dem Vorwand von Altruismus, Philanthropie, Dienst [an der Menschheit] usw. geschehen, in großem Umfang vom Ego geleitet, das sich hinter diesen Rechtfertigungen verbirgt; im Yoga aber muss das geheime Motiv hinter dem Schleier hervorgezogen und enthüllt werden, und man hat sich davon zu befreien. Zweitens, im gewöhnlichen Leben werden manche Dinge verdrängt und bleiben in der [menschlichen] Natur zurück, unterdrückt, aber nicht ausgemerzt; sie können sich jederzeit erheben oder in mannigfachen nervösen Formen oder anderen Störungen des Mentals, Vitals oder Körpers zum Ausdruck kommen, ohne dass ihre wahre Ursache ersichtlich ist. Diese Tatsache wurde kürzlich durch europäische Psychologen unter viel Aufhebens entdeckt und erfährt in einer neuen Wissenschaft, der sog. Psychoanalyse, eine übertriebene Bewertung. In der Sadhana hingegen muss man sich dieser unterdrückten Impulse bewusst werden und sie ausmerzen – das kann „Aufwühlen“ genannt werden, bedeutet aber nicht, dass sie durch das Aufwühlen aktiviert werden sollen; vielmehr sollen sie vor das Bewusstsein treten, um aus dem Wesen getilgt zu werden.

Die Ursache dafür, dass einige Menschen der Kontrolle fähig sind, während andere fortgerissen werden, liegt in einem unterschiedlichen Temperament. Einige Menschen sind sattwisch veranlagt, und es ist ihnen ein leichtes, sich zu kontrollieren – bis zu einem gewissen Grad jedenfalls; andere sind eher rajasisch und finden die Selbst-Kontrolle schwierig, häufig sogar unmöglich. Einige haben ein starkes Mental und einen ausgeprägten mentalen Willen, andere wiederum sind vitale Menschen, in denen die vitalen Leidenschaften kraftvoller und mehr an der Oberfläche sind. Einige halten die Kontrolle für überflüssig und lassen sich gehen. – In der Sadhana muss die mentale oder moralische Kontrolle durch spirituelle Meisterung ersetzt werden; denn diese mentale Kontrolle ist etwas Einseitiges – eine Kontrolle ohne Befreiung; nur die Seele und das Spirituelle können die Befreiung bewirken. In dieser Hinsicht ist das der hauptsächliche Unterschied zwischen dem gewöhnlichen und dem spirituellen Leben.

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Der Grund dafür, dass Menschen im gewöhnlichen Leben Ruhe und Selbst-Kontrolle bewahren, liegt in einem gesellschaftlichen Zwang, begleitet von einer gewissen gewohnheitsmäßigen mentalen Kontrolle, die aus diesem gesellschaftlichen Zwang hervorging – keinesfalls aber im [inneren] Frieden. Wenn der gesellschaftliche Zwang auch nur teilweise gelockert wird, lassen die Menschen sich gehen – so wie es kürzlich in Amerika und England geschah – und geben ihren vitalen Impulsen nach, statt sie zu kontrollieren; ausgenommen jene natürlich, die sich an die religiösen und moralischen Ideale der Vergangenheit halten, selbst wenn sie von der Gesellschaft allmählich fallen gelassen werden.

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Zwischen den höheren Teilen und dem niederen Vital besteht auch im gewöhnlichen Leben sehr häufig eine Kluft – im Yoga hat sie die Neigung, sich zu vertiefen, bis sich das niedere Vital wandelt; wenn wir aber die Mehrzahl der Menschen hier betrachten, können wir feststellen, dass diese Wandlung ganz außergewöhnlich schwierig ist.

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II.

Gegenwärtig finden deine Erfahrungen auf der mentalen Ebene statt, aber das ist so in Ordnung. Viele Sadhaks sind zu einem Fortschritt unfähig, weil sie die vitale Ebene öffnen, bevor das Mental und die Seele dafür bereit sind. Nach einem gewissen Beginn echter spiritueller Erfahrungen auf der mentalen Ebene erfolgt eine vorzeitige Herabkunft [der Yoga-Kraft] in das Vital, die mit großer Verworrenheit und Störung verbunden ist. Davor muss man sich hüten. Noch schlimmer ist es, wenn die vitale Begierden-Seele sich der Erfahrung öffnet, bevor das Mental durch die Dinge des Spirits berührt wurde.

Strebe immer danach, dass das Mental und das seelische Wesen mit dem wahren Bewusstsein und der wahren Erfahrung erfüllt und bereitgemacht werden. Du musst besonders nach Ruhe streben, nach Frieden, nach einem stillen Glauben und einer immer größeren Weite, nach mehr und mehr Wissen, nach einer tiefen und intensiven, aber ruhigen Weihung.

Lass dich durch deine Umgebung und ihren Widerstand nicht stören. Solche Umstände werden einem zu Beginn oft als eine Art Prüfung auferlegt. Wenn du ruhig und unbeirrt bleiben und deine Sadhana fortsetzen kannst, ohne dich durch diese Umstände innerlich stören zu lassen, wird dir dies zu einer dringend benötigten Stärke verhelfen; denn der Pfad des Yoga ist immer mit inneren und äußeren Schwierigkeiten übersät, und der Sadhak muss eine ruhige, feste und solide Stärke entwickeln, um ihnen begegnen zu können.

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Früher fand deine Sadhana hauptsächlich auf der vitalen Ebene statt. Die Erfahrungen der vitalen Ebene sind für den Sadhak sehr fesselnd, sie sind aber vermischt, das heißt, dass nicht alle mit der höheren Wahrheit verbunden sind. Eine größere, reinere und festere Grundlage muss für die Sadhana geschaffen werden – die seelische Grundlage. Das ist der Grund, weshalb all die alten Erfahrungen aufhören. Das Herz muss zum Zentrum werden, du musst durch bhakti und Streben das seelische Wesen hervortreten lassen, um in eine enge Fühlungnahme mit der Göttlichen Shakti einzutreten. Wenn du hierzu fähig bist, wird deine Sadhana neu beginnen und ein besseres Ergebnis zeitigen.

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Es ist ganz offensichtlich, dass deine Sadhana bislang mental war; aus diesem Grund ist es dir auch leicht gefallen, dich am Scheitelpunkt des Hauptes zu konzentrieren – weil das dortige Zentrum unmittelbar den gesamten mentalen Bereich regiert. Das beruhigte Mental, das unter den Auswirkungen der Sadhana stand, besänftigte die vitale Störung, aber klärte und wandelte die vitale Natur nicht.

Nun scheint die Sadhana in das Vital herabzukommen, um es zu läutern und zu wandeln. Das erste Ergebnis ist, dass sich die Schwierigkeit des Vitals gezeigt hat – die widerwärtigen Bilder und alarmierenden Träume kommen von einer feindlichen vitalen Ebene, die sich der Sadhana widersetzt. Von dort stammt auch die erneute Unruhe, die Abneigung und der Widerstand gegen die Sadhana. Das bedeutet nicht die Rückkehr in den alten Zustand, sondern ist das Ergebnis eines Druckes der Yoga-Kraft auf das Vital, um das zu wandeln, was sich widersetzt.

Diese Herabkunft der Sadhana zur Befreiung des vitalen Wesens lässt dich die Notwendigkeit der Konzentration im Herz-Bereich fühlen; denn im Herz-Bereich ist das seelische Zentrum, während sich darunter, hinter dem Nabel, das vitale Zentrum befindet. Wenn diese beiden [Zentren] erweckt und von der Yoga-Kraft ergriffen werden können, wird die Seele (die Seelen-Macht) den vitalen Bereich lenken und die vitale Natur läutern, beruhigen und dem Göttlichen zuwenden. Es wird das beste sein, wenn du lernst, dich nach Wunsch in der Herz-Region oder am Scheitelpunkt des Hauptes zu konzentrieren, denn das verleiht der Sadhana eine vollständigere Macht.

Deine anderen Erfahrungen zeichnen den Beginn der Wandlung im Vital ab, zum Beispiel Friede mit dir selbst und mit jenen, von denen du annimmst, dass sie dir Unrecht getan hätten, Freude und Unabhängigkeit von allen weltlichen Sorgen, Wünschen und Bestrebungen. Auch diese [Erfahrungen] kamen mit dem beruhigten Mental, können aber nur dann gefestigt werden, wenn das Vital befreit und zur Ruhe gelangt ist.

Welche Schwierigkeiten oder Sorgen sich auch immer einstellen mögen, das einzige ist, ruhig weiterzugehen, in vollem Glauben an die Göttliche Macht und Führung, die stetig und immer mehr das ganze Wesen dem Wirken der Sadhana öffnen, bis alles bewusst wird und der erforderlichen Wandlung zustimmt.

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III.

Dieses Schwanken wird durch etwas im widerstrebenden Teil (nicht in dem ganzen) ausgelöst, da ihm der Ruf nach Wandlung noch missfällt. Wenn irgendein vitales Element enttäuscht und unzufrieden ist, wenn es zur Wandlung aufgefordert oder gezwungen wird, aber dazu noch nicht willens ist, schafft das die Neigung einer Abwehr oder eines passiven Widerstandes im Vital und lässt das Physische dumpf und gleichgültig ohne vitalen Auftrieb zurück. Mit dem wachsenden seelischen Druck wird dieses Überbleibsel des Widerstandes verschwinden.

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Das Vital mag verstehen, doch ist das nicht genug; es muss aus ganzem Herzen den Frieden und die Umwandlung wünschen. Vermutlich ist ein großer Teil des Vitals unfähig, seine Haltung zu ändern und seine Launen aufzugeben oder seine Art und Weise, etwas zu empfangen; sonst könnten diese Depressionen nicht so akut sein. Es gibt keinen Grund, warum du nicht zum Frieden gelangen solltest – aber das muss sich ändern.

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Es scheint mir eine Art tamas oder Trägheit zu sein, die sich über das System herabsenkt. Das geschieht manchmal, wenn das Vital mit den Umständen oder dem Erreichten unzufrieden wird und die Mitarbeit verweigert oder passiven Widerstand leistet, indem es sich auf den Standpunkt stellt, „da ich nicht zufriedengestellt bin, werde ich an nichts Interesse zeigen oder dir in keiner Weise bei irgend etwas helfen“.

Der Grund dafür mag sein, dass ich dich aufforderte, das Meditieren einzustellen und zu warten. Das Vital mag nicht warten. Dir das zu sagen, war aber nötig im Hinblick auf das [von dir geschilderte] Brennen der Zentren, die Schlafstörungen und alles übrige – all das muss aufhören, bevor du auf die richtige Weise und mit Erfolg meditieren kannst. Wenn du jetzt überhaupt meditierst, sollte es nur in der Stille und im Frieden geschehen, mit einem sehr ruhigen Streben danach, dass die göttliche Stille, der göttliche Friede in dich herabkommen mögen.

Vielleicht ist die Ursache auch in deinem Hang nach Nirvana zu suchen. Denn das Verlangen nach Nirvana bringt leicht einen derartigen Zusammenbruch der Energien mit sich. Nirvana ist nicht das Ziel meines Yoga – doch sei es nun für Nirvana oder für diesen Yoga, Stille und Frieden im ganzen Wesen sind die unumgängliche Grundlage jeglicher siddhi.

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Ich habe dir immer geraten, weder das Dichten noch ähnliche Tätigkeiten einzustellen. Es ist falsch, das aus Asketizismus oder aus einer Idee der tapasya heraus zu tun. Man kann diese Dinge [Dichten usw.] eindämmen, wenn sie von selbst über einen kommen, weil man so von Erfahrungen absorbiert und derart am inneren Leben interessiert ist, dass man keine übrige Energie für irgendetwas Sonstiges hat. Selbst dann aber gibt es keine Regel, dass man sie aufzugeben hat; denn es besteht kein Grund, warum Dichten usw. nicht ein Teil der Sadhana sein sollte. Was aufgegeben werden muss, ist das Verlangen nach Beifall, nach Ruhm, die Ego-Reaktion; das aber ist möglich, ohne die Tätigkeit als solche aufzugeben. Dein Vital braucht eine Tätigkeit – die meisten Vitale brauchen das –, und es würde mürrisch, gleichgültig und mutlos werden oder aber bereit sein, in jedem Augenblick zu rebellieren und die Flinte ins Korn zu werfen, wenn man es dieses Ventils berauben würde, eines Ventils, das hilfreich sein kann und nicht schädlich zu sein braucht. Ohne den Aufstieg des Vitals ist es schwierig, die Sadhana auszuüben – es würde passiven Widerstand leisten oder mit grimmiger, wenn auch schweigender Missbilligung beobachten und in jedem Augenblick zu Zweifel und Leugnung bereit sein; oder es würde eine wilde Anstrengung machen, nur um wieder zurückzufallen und zu sagen: „Ich habe nichts erreicht“. Das Mental als solches vermag nicht viel auszurichten, es braucht die Unterstützung durch das Vital, und hierfür muss das Vital in einem frohen und fügsamen Zustand sein. Ihm ist die Freude des Erschaffens eigen, und schöpferische Tätigkeit ist spirituell nicht falsch. Warum verweigerst du deinem Vital diese Freude des Aus-sich-Herausgehens?

Ich hatte dir bereits angedeutet, dass fähig zu sein, auf die göttliche Gnade zu warten (nicht in tamasischer Haltung, sondern mit sattvischem Vertrauen), der beste Weg für dich sei. Auch das Gebet, aber nicht ein Gebet, das auf sofortiger Erfüllung beharrt, sondern ein Gebet, das als solches eine Gemeinschaft des Mentals und Herzens mit dem Göttlichen ist und an sich selbst Freude und Befriedigung findet, in vollem Vertrauen auf die Erfüllung durch das Göttliche zur rechten Zeit. Meditation? Ja, aber deine Meditation ist in ein falsches asana geraten, dem eines übereifrigen und ungestümen Ringens, dem bittere Verzweiflung folgt. Es ist nutzlos, auf diese Weise fortzufahren. Es ist besser, die Meditation so lange zu unterlassen, bis du ein neues asana gefunden hast. (Ich beziehe mich auf die alten Rishis [rsi], die ein asana bestimmten, das heißt einen Ort, an dem sie in einer festgelegten Körperhaltung unbeweglich saßen, bis sie die siddhi erlangt hatten; wurde aber das asana durch falsche Kräfte, wie asuras, apsaras usw., erfolgreich gestört, gaben sie es auf und suchten ein neues.) Zudem fehlt deiner Meditation die Ruhe; du meditierst mit einem ringenden Mental, doch sind, und darin stimmen alle Yogis überein, Erfahrungen nur in einem ruhigen Mental möglich – das regungslose Wasser, das die Sonne auf die rechte Weise widerspiegelt, der Becher, der geleert werden muss, bevor der somarasa [der Saft des mystischen Weines soma] des Spirits hineingegossen werden kann. Bereite dein Mental und Herz vor, bis die Dinge in spontanem Fließen in sie hineinzuströmen beginnen.

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Ja, die Dürre tritt meist dann auf, wenn das Vital – hier sicherlich das vitale Physische – eine Bewegung, einen Zustand oder die Zurückweisung seiner Begierden missbilligt und passiven Widerstand zu leisten beginnt. Doch manchmal muss man einen derartigen Zustand auf sich nehmen, zum Beispiel die neutrale oder trockene Ruhe, die zuweilen eintritt, wenn man sich von den gewöhnlichen Bewegungen befreit hat, aber noch nichts Positives an ihre Stelle getreten ist (wie zum Beispiel Frieden, Freude, ein höheres Wissen oder eine höhere Kraft und Tätigkeit).

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Die übliche Frische, Energie und Begeisterung der Natur stammen vom Vital, entweder direkt, wenn es seine eigenen Instinkte und Impulse befriedigt, oder indirekt, wenn es mit den mentalen, physischen oder spirituellen Tätigkeiten zusammenwirkt oder ihnen zustimmt. Wenn das Vital grollt, herrschen Aufruhr und Kampf. Wenn das Vital zwar nicht länger auf seinen eigenen Impulsen und Instinkten besteht, aber die Mitarbeit verweigert, kommt entweder die Dürre auf oder es tritt ein neutraler Zustand ein. Die Dürre entsteht dann, wenn das Vital ruhig, doch auf passive Weise weder willens noch interessiert ist – der neutrale Zustand, wenn es weder zustimmt noch abgeneigt ist, einfach ruhig und passiv. Doch kann sich durch einen größeren Einfluss von oben der neutrale Zustand in positive Stille und Frieden verwandeln, der das Vital nicht nur ruhig, sondern mindestens auch passiv fügsam sein lässt. Mit dem aktiven Interesse, der aktiven Zustimmung des Vitals wird der Frieden ein glücklicher, freudiger Frieden oder ein starker Frieden, der die Tätigkeit oder aktive Erfahrung stützt und in sie eintritt.

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Wenn alles reibungslos verläuft, ist das Vital in Ordnung; nehmen die Schwierigkeiten aber zu, dann sackt es ab und wird gleichgültig. Wenn dagegen dem vitalen Ego ein Köder hingehalten wird, kann es enthusiastisch und aktiv werden.

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Es kam daher, weil das Vital sehr stark von seinen Begierden beherrscht wurde; und nun, nachdem es jetzt selbständig tätig ist und durch den mentalen Willen nicht kontrolliert wird, nörgelt und schreit es, wann immer seine Wünsche nicht befriedigt werden. Das ist die gewöhnliche Bewegung des menschlichen Vitals, sobald es vom mentalen Willen nicht gelenkt und auf seinen Platz verwiesen wird.

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Kein Zweifel, es war das Schweigen – die leichte Dürre muss die Reaktion im Physischen Vital gewesen sein, verursacht durch die Gleichgültigkeit gegenüber äußeren Dingen –, da das physische Vital sehr stark von diesem äußeren Interesse abhängig ist. Wenn es sich besser an die Stille gewöhnt hat, wird die Dürre verschwinden.

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Das Nervenwesen [Nervensystem] steht unter dem Einfluss der vitalen Kräfte; wenn sie geleugnet oder fortgedrängt werden, wird es verzagt und möchte sie zurückrufen – denn es ist daran gewöhnt, die Freude und Lebenskraft von den vitalen Bewegungen zu empfangen und nicht von der spirituellen oder göttlichen Kraft oben.

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Das Gefühl der Wüste entsteht durch den Widerstand des Vitals, welches will, dass das Leben vom Begehren beherrscht wird. Wenn dem nicht stattgegeben wird, betrachtet es das Dasein als eine Wüste und zwingt dem Mental diesen Eindruck auf.

Die Shakti im Herzen ist die seelische Kraft.

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Es ist bestimmt besser, wenn sich das Vital der wahren Bewegung überlässt, seine falschen Bewegungen zurückweist und nur um das Wachsen der Selbst-Verwirklichung, der seelischen Liebe und der Durchseelung der Natur bittet. Es ist aber möglich, sich selbst mit einem neutralen Vital [durch einen Einfluss] von oben von den wirksameren Formen des Widerstandes zu befreien.

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IV.

Der fundamentale Defekt, das, was immer im Wege stand und jetzt auf extreme Weise im Vordergrund isoliert ist, hat seinen Sitz oder konzentriert sich zumindest gegenwärtig im niederen vitalen Wesen. Ich meine jenen Teil der vital-physischen Natur mit seinem kleinlichen und hartnäckigen Egoismus, der die äußere menschliche Persönlichkeit in Gang hält – das, was ihre Oberflächen-Gedanken stützt und ihre gewohnten Wege des Empfindens, der Verhaltensweise und der Tat beherrscht. Ich beziehe mich hier nicht auf die anderen Teile des Wesens und spreche nicht von etwas im höheren Mental, dem seelischen Selbst oder der höheren und größeren vitalen Natur; denn wenn sich das niedere Vital erhebt, werden jene in den Hintergrund gedrängt und zeitweilig sogar durch dieses niedere vitale Wesen und die äußere Persönlichkeit verdeckt. Was immer auch in den höheren [Wesens-] Teilen sein mag, das Streben nach der Wahrheit, die Weihung oder der Wille zur Überwindung der Hemmnisse und feindlichen Kräfte, es kann nicht das ganze Wesen erfassen, es kann nicht unvermischt und unverdorben bleiben oder anhaltend wirksam sein, solange das niedere Vital und die äußere Persönlichkeit das Licht nicht akzeptiert und der Wandlung nicht zugestimmt haben.

Es war unvermeidlich, dass im Verlauf der Sadhana diese niederen Teile der Natur hervortreten würden, damit sie, wie das übrige Wesen, die entscheidende Wahl träfen und die Umwandlung entweder annehmen oder ablehnen. Meine ganze Arbeit hängt von dieser Bewegung ab; es ist die ausschlaggebende Feuerprobe in diesem Yoga. Denn das physische Bewusstsein und das materielle Leben können sich nicht wandeln, wenn dies nicht gewandelt wird. Nichts von dem, was zuvor stattgefunden haben mag, keine innere Erleuchtung und Erfahrung, keine Macht des Anandas hat irgendeinen Wert, wenn das nicht geschehen ist. Wenn die kleine äußere Persönlichkeit darauf besteht, ihr dunkles und beschränktes, ihr kleinliches und unwürdiges, ihr selbstsüchtiges, falsches und dummes menschliches Bewusstsein beizubehalten, dann läuft das auf eine glatte Leugnung der Arbeit und Sadhana hinaus. Ich habe nicht die Absicht, einer Neuausgabe des alten Fiaskos, einem teilweisen und vorübergehenden spirituellen Sich-Öffnen im Inneren ohne die wahre und radikale Wandlung des Gesetzes der äußeren Natur zuzustimmen. Wenn sich also in der Praxis ein Sadhak weigert, dieser Wandlung zuzustimmen, oder wenn er sich gar weigert, dem Erfordernis irgendeiner Wandlung seines niederen vitalen Wesens und seiner gewöhnlichen, äußeren Persönlichkeit zuzustimmen, muss ich mit Recht annehmen, dass er – welcher Art auch immer seine Beteuerungen sein mögen – weder mich noch meinen Yoga akzeptiert hat.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass diese Wandlung nicht einfach ist, der dynamische Wille hierfür kommt nicht auf einmal, und es ist schwierig, ihn zu bewahren, und selbst zu einem späteren Zeitpunkt fühlt sich der Sadhak oft hilflos gegenüber der Macht der Gewohnheit. Da uns dies bekannt ist, beweisen die Mutter und ich hinreichende Geduld – und tun es weiterhin –, um dem wahren Spirit Zeit zu lassen, hervortreten, Form annehmen und erfolgreich im äußeren Wesen jener Menschen, die um uns sind, wirken zu können. Wenn aber in irgendjemanden dieser Teil nicht nur widerspenstig, anmaßend oder aggressiv wird, sondern vom Mental und Willen sogar unterstützt und gerechtfertigt wird, und wenn er versucht, sich in der Atmosphäre auszubreiten, ist das eine andere und sehr ernste Sache.

Die Schwierigkeit im niederen vitalen Wesen ist die, dass es noch an sein altes Selbst gekettet ist und gegen das Licht rebelliert; es hat sich weder einer größeren Wahrheit noch mir oder der Mutter überantwortet und hat bislang auch keine derartige Absicht und kaum eine Vorstellung davon, was wahre Überantwortung ist. Wenn das niedere Vital diese Haltung einnimmt, geht es davon aus, die alte Persönlichkeit sowie die vergangenen Ausdrucksformen der niederen Natur zu unterstützen. Nach jeder Niederlage bestärkt es sie [erneut], holt sie zurück und verficht sein Recht auf Freiheit – die Freiheit, seine unreifen und egoistischen Ideen, Begierden, Launen, Impulse oder Annehmlichkeiten zu bejahen und ihnen zu folgen, wann es will. Es beansprucht im geheimen oder mit vielen Worten das Recht, seiner Natur zu folgen – seiner menschlichen, ungeläuterten Natur –, das Recht darauf, es selbst zu sein, und zwar sein natürliches, ursprüngliches, ungewandeltes Selbst mit all der Falschheit, Unwissenheit und Widersprüchlichkeit, wie sie diesem Teil des Wesens eigen sind. Und es erhebt – wenn nicht in der Theorie, so in der Praxis – den Anspruch auf das Recht, all diesen unreinen und minderwertigen Stoff in Rede, Tat und Verhalten auszudrücken. Es verteidigt, beschönigt, es stellt die Dinge auf bestechende Weise dar und versucht, die früheren, gewohnten Wege des Denkens, Sprechens und Fühlens unbegrenzt aufrecht zu erhalten und die Entstellungen und Verformungen des Charakters zu verewigen. Dies geschieht manchmal durch offene Anmaßung und Rebellion, indem es alles, was dagegen getan oder gesagt wird, als Irrtum, Unterdrückung oder Ungerechtigkeit brandmarkt – manchmal hinter einem Schleier der Selbsttäuschung oder einer Maske der Heuchelei, indem es sich zu einer Sache bekennt, aber eine andere praktiziert. Oft versucht es, sich selbst zu überreden und andere zu überzeugen, dass all das die einzig vernünftige und richtige Handlungsweise für sich und andere oder sogar ein Teil der wahren Yoga-Bewegung sei.

Wenn man diesem niederen vitalen Wesen erlaubt, die Handlungsweise zu beeinflussen, wie es geschieht, wenn der Sadhak irgendwie seine Einflüsse billigt, wird sein Verhalten – ob verhüllt oder zutage tretend – einen beträchtlichen Teil seiner Rede und Handlungsweise diktieren, und er wird keinen ernsthaften Widerstand dagegen leisten. Wenn er sich selbst und der Mutter gegenüber ehrlich ist, wird er die Quelle und Natur des Hemmnisses zu erkennen beginnen und bald den direkten Weg zu seiner Richtigstellung und Wandlung einschlagen. Solange er aber unter dem feindlichen Einfluss steht, weigert er sich hartnäckig dies zu tun; er zieht es vor, diese Bewegung unter jeder Art von Verschleierung, Leugnung, Rechtfertigung, Entschuldigung oder anderen Ausflüchten zu verbergen.

In der [ menschlichen] Natur nimmt der Widerstand gewisse charakteristische Formen an, welche die Verwirrung und auch die Schwierigkeit der Umwandlung vergrößern. Es ist notwendig, einige dieser Formen in groben Zügen darzustellen, da sie recht allgemein in Erscheinung treten – bei den einen mehr, bei den anderen weniger –, um sie scharf und klar zu enthüllen.

1. Eine gewisse Eitelkeit, Arroganz und ein anmaßender rajasischer Ungestüm in diesem kleinen vitalen Wesen bei solchen Menschen, die in diesen Teilen ausgesprochen stark sind, die Deformierung der vitalen Kraft sowie der Veranlagung des Führens und Herrschens, die ihnen durch bestimmte Fähigkeiten im höheren Vital verliehen wurden. Dies wird begleitet von einem übermäßigen amour-propre [Selbstbewusstsein], durch den das Bedürfnis entsteht, sich ins rechte Licht zu setzen und unter allen Umständen eine Stellung und ein Prestige aufrechtzuerhalten, sich sogar vor anderen in Positur zu werfen und sie zu beeinflussen, zu kontrollieren oder ihnen „zu helfen“, sowie die Rolle eines überlegenen Sadhaks mit größerem Wissen und okkulten Kräften zu spielen. Selbst das größere vitale Wesen muss seine Mächte und Fähigkeiten der Göttlichen Shakti überantworten, von der sie stammen, und darf sie nur als Instrumente der Mutter und ihren Anweisungen gemäß gebrauchen; wenn es sich mit den Forderungen seines Egos einmischt und sich zwischen die Mutter und die Arbeit stellt oder zwischen sie und andere Sadhaks, weicht es, welcher Art auch immer seine natürliche Macht sein mag, vom wahren Weg ab, verdirbt die Arbeit, öffnet sich feindlichen Kräften und falschen Bewegungen und schadet jenen, denen es zu helfen vermeint. Wenn nun diese Dinge auf die Kleinheit der niederen vitalen Natur und die äußere Persönlichkeit übertragen werden und niedrigere, kleinlichere Formen annehmen, werden sie gegenüber der [Göttlichen] Wahrheit noch falscher, widersinniger und absurder und können gleichzeitig, obwohl in kleinerem Ausmaß, auf schlimme Weise schädlich sein. Es ist der sicherste Weg, die feindlichen Kräfte in die allgemeine Arbeit eindringen zu lassen oder die eigene Sadhana zu verfälschen oder sie dem Einfluss dieser Kräfte auszusetzen. In kleinerem Umfang bestehen diese Mängel der Eitelkeit, Anmaßung und rajasischen Heftigkeit in den meisten menschlichen Naturen. Sie nehmen andere Formen an, sind aber auch dann ein großes Hindernis für jegliche wahre spirituelle Wandlung.

2. Ungehorsam und Disziplinlosigkeit. Dieser niedere Teil des Wesens ist immer ziellos, unberechenbar, selbst-anmaßend und nicht willens, die Auferlegung irgendeiner Ordnung und Disziplin, die von seinen eigenen Vorstellungen oder Impulsen abweichen, anzunehmen. Schon von Anfang an hemmen seine Mängel die Bemühungen des höheren Vitals, der Natur eine wahrhaft regenerierende tapasya aufzuerlegen. Diese Gewohnheit des Ungehorsams und der Missachtung der Disziplin ist so stark, dass sie nicht immer absichtlich zu sein braucht; die Reaktion darauf scheint intuitiv, unwiderstehlich und instinktiv zu sein. So kommt es, dass der Mutter wiederholt Gehorsam versprochen oder vorgetäuscht wird, die Handlungsweise oder der eingeschlagene Weg aber häufig das genaue Gegenteil der Beteuerung oder des Versprechens ist. Diese anhaltende Disziplinlosigkeit ist ein fundamentales Hindernis für die Sadhana und das denkbar schlechteste Beispiel für andere.

3. Heuchelei und Falschheit in der Rede. Das ist eine außergewöhnlich schädliche Gewohnheit der niederen Natur. Diejenigen, die nicht freimütig sind, können von der Hilfe der Mutter nicht profitieren, denn sie weisen diese selbst zurück. Wenn sie sich nicht ändern, besteht keine Hoffnung auf die Herabkunft des supramentalen Lichtes und der supramentalen Wahrheit in das niedere Vital und die physische Natur; sie bleiben in ihrem eigenen, selbstgeschaffenen Schlamm stecken und können nicht weiterkommen. Und oft wird die echte Wahrheit, die sich im Sadhak abzeichnet, nicht nur durch reine Übertreibung oder falschen Gebrauch der Einbildungskraft ausgeschmückt, sondern auch durch eine regelrechte Leugnung und Verstellung sowie eine verfälschende Verschleierung der Tatsachen. Manchmal geschieht es, um Ungehorsam oder eine falsche oder fragwürdige Handlungsweise zu verdecken, manchmal, um seine Stellung gegenüber anderen aufrechtzuerhalten und seine eigene Auffassung durchzusetzen oder seinen bevorzugten Gewohnheiten oder Wünschen nachzugeben. Durch diese Art vitaler Gewohnheit wird sein [des Sadhaks] Bewusstsein sehr häufig getrübt und er erkennt nicht einmal die Falschheit dessen, was er sagt oder tut; doch für vieles, was er sagt und tut, ist es ganz unmöglich, ihm selbst diese schwache Entschuldigung zuzubilligen.