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Die Veden sind das älteste indische Schrifttum, das in Form unmittelbarer psychischer Eingebung das Wahrheitsbewusstsein zum Ausdruck bringt. Die Upanishaden sind Schriften, die diese Licht-Bewusstseinssubstanz der vedischen Seher durch die Vermittlung des erleuchteten Geistes in einer Erfahrungsphilosophie zum Ausdruck bringen, deren Ziel jedoch nicht mentale Analyse ist, sondern das Geleiten auf den Weg der Erfahrung durch eine zunehmende Läuterung und Erleuchtung des Bewusstseins. Wie in den Veden, so ist auch in den Upanishaden der psychische Innenraum, die seelische Gegenwart in den Versen die zentrale Botschaft, das Ziel und die durch Gewissheit führende Kraft der Eingebung, die den Sucher nach göttlicher Einswerdung zu dieser Erfahrung und Bewusstseinsumwandlung weist. Sri Aurobindo hat durch seine Übersetzung und Erläuterung der Upanishaden diese Erfahrungskraft mit dem Bewusstsein der supramentalen Verwirklichung gestärkt und durchdrungen, und so den Weg in die spirituelle Zukunft erneut und in größter Vollständigkeit vor der strebenden Menschheit aufgetan
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Seitenzahl: 187
Die Veden sind das älteste indische Schrifttum, das in Form unmittelbarer psychischer Eingebung das Wahrheitsbewusstsein zum Ausdruck bringt.
Die Upanishaden sind Schriften, die diese Licht-Bewusstseinssubstanz der vedischen Seher durch die Vermittlung des erleuchteten Geistes in einer Erfahrungsphilosophie zum Ausdruck bringen, deren Ziel jedoch nicht mentale Analyse ist, sondern das Geleiten auf den Weg der Erfahrung durch eine zunehmende Läuterung und Erleuchtung des Bewusstseins.
Wie in den Veden, so ist auch in den Upanishaden der psychische Innenraum, die seelische Gegenwart in den Versen die zentrale Botschaft, das Ziel und die durch Gewissheit führende Kraft der Eingebung, die den Sucher nach göttlicher Einswerdung zu dieser Erfahrung und Bewusstseinsumwandlung weist.
Sri Aurobindo hat durch seine Übersetzung und Erläuterung der Upanishaden diese Erfahrungskraft mit dem Bewusstsein der supramentalen Verwirklichung gestärkt und durchdrungen, und so den Weg in die spirituelle Zukunft erneut und in größter Vollständigkeit vor der strebenden Menschheit aufgetan.
2011
ISBN Buch: 978-3-922800-98-9 ISBN epub: 978-3-86710-063-2 ISBN mobi: 978-3-86710-018-2 ISBN pdf: 978-3-86710-019-9
© der deutschen Ausgabe: Mirapuri-Verlag, Gauting
Gesamtherstellung: Miraprint Offsetdruck, Gauting Druckrechte für die deutsche Ausgabe wurden erteilt vom Sri Aurobindo Ashram, Pondicherry, Indien
TEXT IN DEVANAGARI UND ÜBERSETZUNG
KOMMENTAR
1. Das Thema der Upanishad
2. Die Frage. Was für eine Gottheit?
3. Die Supramentale Gottheit
4. Das Ewige jenseits des Geistes
5. Das Höchste Wort
6. Die Notwendigkeit des Supramentalen
7. Geist und Supramental
8. Der Höchste Sinn
9. Der Sinn unserer Sinne
10. Das Super-Leben – Das Leben unseres Lebens
11. Der Große Übergang
12. Das Mental und das Brahman
13. Das Gleichnis von den Göttern
14. Die Verklärung des Selbstes und der Götter
15. Ein Wort zum Schluss
WEITERE KOMMENTARE
Kena Upanishad – Ein unvollständiger Kommentar. Vorwort
Das Selbst und die Sinne
I.
II. Der Geist
Ein Kommentar zur Kena Upanishad – Vorwort
Drei Kommentarfragmente
Kena Upanishad – eine teilweise Übersetzung mit Anmerkungen
Verlagshinweise
Text in Devanagari und Übersetzung
1. Von wem entsandt senkt sich der Geist und trifft sein Ziel? Wer spannte ins Joch den ersten Lebensatem, der voranschreitet auf seinen Wegen? Wer gab den Anstoß zu diesem Wort, das Menschen sprechen? Welcher Gott setzte Auge und Ohr ein für ihre Tätigkeiten?
2. Was Hören ist unseres Hörens, Geist unseres Geistes, Sprechen unseres Sprechens, das ist auch Leben unseres Lebensatems und Sehen unseres Sehens. Die Weisen werden drüben befreit, und sie gehen aus dieser Welt und werden unsterblich.
3. Dort regt sich nicht Sehen noch Sprechen noch Geist. Wir kennen Es nicht, auch können wir nicht erkennen, wie Es gelehrt werden soll: denn Es ist anders als das Bekannte; Es ist dort über dem Unbekannten. Es ist so, wie wir von Menschen der alten Zeit hörten, die Das verkündeten für unser Verständnis.
4. Das, welches nicht ausgedrückt wird mit dem Wort, das, vermöge dessen das Wort ausgedrückt wird, erkenne Das als das Brahman, und nicht dieses, dem die Menschen hier nachfolgen.
5. Das, welches nicht mit dem Geist denkt (1), das, vermöge dessen der Geist gedacht wird, erkenne Das als das Brahman und nicht dieses, dem die Menschen hier nachfolgen.
6. Das, welches nicht mit dem Auge sieht (2), das, vermöge dessen das Sehen des Auges gesehen wird, erkenne Das als das Brahman und nicht dieses, dem die Menschen hier nachfolgen.
7. Das, welches nicht mit dem Ohr hört (3), vermöge dessen das Hören des Ohres gehört wird, erkenne Das als das Brahman und nicht dieses, dem die Menschen hier nachfolgen.
8. Das, welches nicht mit dem Atem atmet (4), das, vermöge dessen der Lebensatem auf seinen Wegen vorangeführt wird, erkenne Das als das Brahman und nicht dieses, dem die Menschen hier nachfolgen.
Fußnoten: (1) Oder: „Was man nicht mit dem Geist denkt...“ (2) Oder: „Was man nicht mit dem Auge sieht...“ (3) Oder: „Was man nicht mit dem Ohr hört...“ (4) Oder: „Was man nicht mit dem Atem atmet (das heißt: riecht) ...“
1. Wenn du denkst, du kennst Es gut, kennst du freilich die Form des Brahman wenig. Das von Ihm, das du bist, das von Ihm, das in den Göttern ist, dies hast du durchzudenken. Ich halte Es für bekannt.
2. Ich denke nicht, dass ich Es gut kenne, und doch weiß ich, dass Es mir nicht unbekannt ist. Wer von uns Es kennt, kennt Das; er weiß, dass Es ihm nicht unbekannt ist.
3. Wer Es nicht durchgedacht hat, hat den Gedanken von Ihm; wer Es durchgedacht hat, kennt Es nicht. Es ist dem Scharfblick derer, die Es erkennen können, unbekannt; die Es nicht zu erkennen suchen, von denen wird Es erkannt.
4. Wenn Es bekannt ist durch Wahrnehmung, die Es widerspiegelt, dann hat man den Gedanken von Ihm, denn man findet Unsterblichkeit; durch das Selbst findet man die Kraft des Erlangens, und durch das Wissen findet man Unsterblichkeit.
5. Wenn man hier zu diesem Wissen gelangt, dann ist man wahrlich; wenn man hier nicht zum Wissen gelangt, dann ist das Verderben groß. Die Weisen können Das in allen Arten des Werdenden unterscheiden und sie gehen von dieser Welt aus vorwärts und werden unsterblich.
1. Das Ewige siegte für die Götter und im Sieg des Ewigen wuchsen die Götter zur Größe. Dies war es, was sie sahen: „Unser ist der Sieg, unser die Größe.“
2. Das Ewige kannte ihr Denken und erschien vor ihnen; und sie wussten nicht, was dieser mächtige Dämon war.
3. Sie sprachen zu Agni: „O du, der du alles Geborene kennst, erfahre von diesem Ding, was dieser mächtige Dämon sein mag.“ Und er sprach: „So sei es.“
4. Er stürmte zum Ewigen und Es sprach zu ihm: „Wer bist du?“ „Ich bin Agni“, sprach er, „ich bin der, der alles Geborene kennt.“
5. „Da du solches bist, was für eine Kraft ist in dir?“ „Eben dies alles könnte ich verbrennen, alles, was auf der Erde ist.“
6. Das Ewige legte einen Grashalm vor ihn hin: „Verbrenne dies!“ und er näherte sich mit seiner ganzen Schnelligkeit, aber er konnte ihn nicht verbrennen. Da gab er auf und kehrte zurück. „Ich konnte von Ihm nicht erfahren, was dieser mächtige Dämon sein könnte.
7. Dann sprachen sie zu Vayu: „O Vayu, erkenne dies, was dieser mächtige Dämon ist.“ Er sprach: „So sei es.“
8. Er stürmte auf Das zu; Es sprach zu ihm: „Wer bist du?“ „Ich bin Vayu“, sprach er, „und ich bin der, der sich in Der Mutter der Dinge ausbreitet.“
9. „Da du solches bist, was für eine Kraft ist in dir?“ „Eben dies alles kann ich für mich nehmen, alles dies, das auf der Erde ist.“
10. Das legte einen Gashalm vor ihn hin: „Nimm dies!“ Er lief mit seiner ganzen Schnelligkeit darauf zu und konnte ihn nicht nehmen. Da gab er auch auf, auch er kehrte von dort zurück: „Ich konnte Das nicht erkennen, was dieser mächtige Dämon ist.“
11. Dann sprachen sie zu Indra: „Meister der vollkommenen Fülle, bringe du das Wissen, was dieser mächtige Dämon ist.“ Er sprach: „So sei es.“ Er stürmte zu Dem. Das schwand hinweg vor ihm.
12. Er begegnete in demselben Äther Der Frau, eben Ihr, die in viele Formen ausstrahlt, Uma, Tochter der schneeigen Gipfel. Zu ihr sprach er: „Was war dieser mächtige Dämon?“
1. Sie sprach zu ihm: „Es ist Das Ewige. Vom Ewigen ist dieser Sieg, in dem ihr zur Größe erwachsen sollt.“ Da erst erfuhr er, dass dies das Brahman war.
2. Daher sind diese Götter gewissermaßen jenseits aller anderen Götter, eben Agni, Vayu und Indra, denn sie kamen mit Dem in allernächste Berührung... (1)
3. Daher ist Indra sozusagen jenseits aller anderen Götter, weil er mit Dem in allernächste Berührung kam, denn er erfuhr zuerst, dass es Brahman war.
4. Nun ist dies das Anzeichen von Dem – wie es dieser Blitzstrahl über uns ist oder wie dieses Fallen des Augenlids, so in dem, was von den Göttern ist.
5. Dann in dem, welches vom Selbst ist – wie die Bewegung dieses Geistes Das zu erreichen scheint und durch ihn danach der Wille im Denken fortwährend Dessen eingedenk ist.
6. Der Name von Dem ist „Die Wonne“; als Der Wonne folge man Ihm nach. Wer Das so kennt, nach dem haben wahrlich alle Existenzen Sehnsucht.
7. Du sagtest: „Sprich zu mir Upanishad (2)“; Upanishad ist zu dir gesprochen worden. Vom Ewigen wahrlich ist die Upanishad, die wir gesprochen haben.
8. Von diesem Wissen sind Nüchternheit, Selbstüberwindung und Werke die Grundlage, die Veden sind alle seine Glieder, Wahrheit ist seine Wohnstatt.
9. Wer dieses Wissen weiß, wehrt das Übel von sich ab und in jener weiträumigeren Welt und jenem unendlichen Himmel findet er seine Grundlage, fürwahr, er findet seine Grundlage.
Fußnoten:(1) Durch einen Fehler früher Memorierer oder späterer wurde der Schluss des Verses hoffnungslos verdorben. Er lautet: „Sie erfuhr er zuerst. dass es das Brahman war“, was keiner Tatache entspricht und ohne Sinn und Grammatik ist. Der Schluss des dritten Verses schlich sich ein und ersetzte den ursprünglichen Schluss des zweiten Verses.(2) Upanishad bedeutet inneres Wissen, das, welches in die letzte Wahrheit mündet und in ihr zur Ruhe kommt.
Die zwölf großen Upanishaden sind um einen einzigen Kern uralten Wissens herum geschrieben worden; doch gehen sie ihn von verschiedenen Seiten an. Jede betritt das große Reich des Brahmavidya durch ihre eigenen Tore, folgt ihrem eigenen Weg oder Umweg, strebt ihrem eigenen Zielpunkt zu. Die Isha wie die Kena Upanishad befassen sich beide mit derselben großen Frage nach dem Erreichen des Zustandes Der Unsterblichkeit, nach den Beziehungen des göttlichen, allbeherrschenden, allbesitzenden Brahman zur Welt und zum menschlichen Bewusstsein, nach dem Weg, der aus unserem gegenwärtigen Zustand des geteilten Selbstes, der Unwissenheit und des Leidens in die Einheit, Wahrheit und göttliche Glückseligkeit führt. Schließt die Isha mit dem Streben nach der höchsten Glückseligkeit, so die Kena mit der Definition des Brahman als Der Wonne und mit der Auflage, Das als Die Wonne zu verehren und sie zu suchen. Dennoch ist eine Variante im Ansatz, ja im Standpunkt vorhanden, und auch in der Haltung ist eine gewisse Abweichung spürbar.
Denn das eigentliche Thema der beiden Upanishaden ist nicht identisch. Die Isha befasst sich mit dem ganzen Problemkreis von Welt, Leben, Werken und menschlicher Bestimmung in ihrem Bezug zur höchsten Wahrheit des Brahman. In ihren achtzehn kurzen Versen werden die meisten Grundfragen Des Lebens erfasst, und sie werden anhand der Idee des Höchsten Selbstes und seiner Werdensweisen, des Höchsten Herrn und Seines Wirkens als dem Schlüssel, der alle Tore aufschließen soll, rasch und genau geprüft. Ihr Haupttenor ist die Einheit alles Seienden.
Die Kena Upanishad geht ein enger begrenztes Problem an, beginnt mit einer präziseren und gründlicheren Untersuchung. Sie befasst sich nur mit der Beziehung des Geistesbewusstseins zum Brahman-Bewusstsein und schweift nicht über die strengen Grenzen ihres Themas hinaus. Die materielle Welt und das physische Leben werden als gegeben angesehen, sie werden kaum erwähnt. Doch existieren die materielle Welt und das physische Leben für uns nur vermöge unseres inneren Selbstes und unseres inneren Lebens. Unser äußeres Leben und Dasein wird so sein, wie unsere mentalen Instrumente uns die äußere Welt darstellen, wie unsere Vitalkraft sich im Gehorsam gegenüber dem Geist mit den Einwirkungen und Objekten der Welt beschäftigt. Die Welt ist für uns, nicht grundsätzlich, doch auf jeden Fall praktisch, das, was unser Geist und unsere Sinne von ihr behaupten; das Leben ist das, was es nach der Bestimmung unserer Mentalität oder wenigstens unseres halbmentalisierten Vitalwesens werden soll. Die Upanishad stellt die Frage: Was sind eigentlich diese mentalen Instrumente? Was ist dieses mentale Leben, das das Äußere benutzt? Sind sie die letzten Zeugen, die höchste, letztgültige Macht? Sind Geist, Leben und Körper alles oder ist diese menschliche Existenz nur ein Schleier vor etwas Größerem und Mächtigerem, das weiter entfernt und tiefer liegt als sie?
Die Upanishad antwortet, dass es dahinter solch ein größeres Sein gibt, das für den Geist und seine Instrumente, für die Lebenskraft und ihr Wirken das ist, was sie selbst für die materielle Welt sind. Die Materie kennt Den Geist nicht, Der Geist kennt Die Materie; erst wenn das in Der Materie verkörperte Geschöpf den Geist entwickelt und das Mentalwesen wird, kann es sein mentales Selbst erkennen und durch dieses Selbst auch Die Materie in ihrer Wirklichkeit für Den Geist. So kennt auch Der Geist nicht Das, das hinter ihm steht, Das kennt den Geist; und erst, wenn das im Geist enthaltene Wesen sein wahres Selbst aus der Scheinhaftigkeit entlassen kann, kann es Das werden und als sich selbst erkennen; und damit erkennt es auch Den Geist in seiner Wirklichkeit in Bezug auf das, das mehr Wirklichkeit besitzt als Der Geist. Für das Mentalwesen wird dann das höchste Ziel, sein allerwichtigstes Existenzproblem, wie es sich über den Geist und seine Instrumente hinaus erheben, wie es zu sich selbst kommen und zum Brahman gelangen kann.
Denn angenommen, es gibt ein wirklicheres Dasein als das mentale, ein höheres Leben als das physische, dann folgt daraus, dass das niedrigere Leben mit seinen Formen und Freuden, denen die Menschen hier normalerweise ausschließlich huldigen und nachjagen, kein Wunschziel für den erwachten Spirit mehr sein kann. Er muss darüber hinausstreben; er muss sich von dieser Welt des Todes und bloßer Erscheinungen befreien, um in seinem wahren Zustand der Unsterblichkeit jenseits davon sich selbst zu werden. Nur dann existiert er wirklich, wenn er sich hier, gerade in diesem sterblichen Leben, vom sterblichen Bewusstsein befreien und das Unsterbliche und Ewige erkennen und sein kann. Sonst glaubt er sich selbst verloren zu haben, von seinem wahren Heil abgefallen zu sein.
Doch stellt die Upanishad dieses Brahman-Bewusstsein nicht als etwas dar, das der mentalen und physischen Welt völlig fremd und fern ist und in keiner Weise auf sie einwirkt oder mit ihren Tätigkeiten befasst ist. Im Gegenteil, es ist Der Herr und Herrscher der ganzen Welt; die Energien der Götter im sterblichen Bewusstsein sind seine Energien; wenn sie siegen und zur Größe erwachsen, dann deshalb, weil Brahman kämpfte und gewann. Diese Welt ist daher ein niedrigeres Wirken, eine Oberflächen-Darstellung von etwas unendlich viel Größerem, Vollkommenerem, Wirklicherem, als sie selbst es ist.
Was ist dieses Etwas? Es ist die Allseligkeit, die unendliches Sein und unsterbliche Kraft ist. Dieser reinen, höchsten Seligkeit und nicht den Begierden und Freuden dieser Welt sollten die Menschen huldigen, sie sollten sie suchen. Wie man sie suchen soll, das ist die eine Frage, auf die es ankommt; ihr mit ganzem Wesen nachzufolgen, das ist die einzige Wahrheit und die einzige Weisheit.
Der Geist ist die Hauptwirkkraft des unteren oder phänomenalen Bewusstseins; die Vitalkraft oder der Lebensatem, Sprechen und die fünf Sinne der Erkenntnis sind die Instrumente des Geistes. Prana, die Lebenskraft im Nervensystem, ist in der Tat das Hauptinstrument unseres mentalen Bewusstseins; denn durch Prana kommt der Geist in Berührung mit der Welt durch die Organe der Erkenntnis Gesicht, Gehör, Geruch, Gefühl und Geschmack, und er reagiert auf sein Objekt durch Sprechen und die anderen vier Organe des Handelns; alle diese Sinne sind für ihr Funktionieren auf die Nerven-Lebenskraft angewiesen. Die Upanishad beginnt daher mit der Frage nach dem letzten Ursprung beziehungsweise der Steuerung der Tätigkeiten von Geist, Lebenskraft, Sprache und den Sinnen.
Die Frage lautet: kena, durch wen oder was? Nach der alten Vorstellung vom Universum wird unser materielles Dasein von den fünf Elementarzuständen Der Materie gebildet: Äther, Luft, Feuer, Flüssiges und Festes; alles, was mit unserem materiellen Dasein zu tun hat, wird das Elementare genannt, adhibhuta. In diesem Materiellen regen sich nicht-materielle Kräfte, die sich durch Die auf die Materie einwirkende Geistes- und Lebenskraft hindurch manifestieren, und diese werden Götter oder Devas genannt; alles was mit dem Wirken des Nicht-Materiellen in uns zu tun hat, wird adhidaiva genannt, das zu den Göttern Gehörende. Doch über den nicht-materiellen Kräften, sie enthaltend und größer als sie, ist Das Selbst oder Der Spirit, atman, und alles, was mit diesem höchsten Sein in uns zu tun hat, wird das Spirituelle genannt, adhyatma. Für die Absicht der Upanishad bedeutet adhidaiva das Subtile in uns; es ist das, was Geist und Leben, als der groben Materie entgegengesetzt, darstellen; denn in Geist und Leben haben wir das charakteristische Wirken der Götter.
Die Upanishad befasst sich nicht mit dem Elementaren, dem adhibhuta; sie befasst sich mit der Beziehung zwischen dem subtilen Sein und dem Spirituellen, dem adhidaiva und dem adhyatma. Aber Geist, Leben, Sprache und Sinne werden von kosmischen Kräften regiert, von Göttern, von Indra, Vayu und Agni. Sind diese subtilen kosmischen Kräfte der Beginn des Daseins, die wahren Beweger von Geist und Leben, oder gibt es irgendeine höhere, vereinende Kraft, eins in sich, hinter ihnen allen?
Durch wen oder was wird der Geist entsandt zu seinem Auftrag, so dass er sich auf sein Ziel senkt wie ein Pfeil, den ein geschickter Bogenschütze auf die vorbestimmte Zielscheibe abschießt, wie ein Bote, ein Gesandter, den sein Herr zu einem bestimmten Zweck an einen bestimmten Ort schickt? Von was, in uns oder außer uns, wird der Geist zu seinem Auftrag ausgeschickt? Was führt ihn zu seinem Ziel?
Dann ist da die Lebenskraft, das Prana, das in unserem Vitalwesen und Nervensystem wirkt. Die Upanishad spricht von ihm als Dem ersten oder höchsten Atem; an anderen Stellen in den Heiligen Schriften wird von ihm als vom Haupt-Atem oder Dem Atem des Mundes gesprochen, mukhya, asanya; es trägt in sich Das Wort, den schöpferischen Ausdruck. Im Körper des Menschen sollen angeblich fünf Tätigkeiten der Lebenskraft, die fünf Pranas genannt, enthalten sein. Eine eigens Prana genannte bewegt sich im oberen Teil des Körpers; sie ist vornehmlich der Atem des Lebens, denn sie bringt die universale Lebenskraft in das physische System und gibt sie dort zur Verteilung weiter. Eine zweite im unteren Teil des Rumpfes, mit dem Namen Apana, ist der Atem des Todes; denn er nimmt die vitale Kraft aus dem Körper. Eine dritte, Samana, regelt den Austausch dieser beiden Kräfte an ihrem Treffpunkt, gleicht sie aus und ist die wichtigste Wirkkraft bei der Erhaltung des Gleichgewichts der Vitalkräfte und ihrer Funktionen. Eine vierte, Vyana, die alles durchdringt, verteilt die Vitalenergien überall im Körper. Eine fünfte, Udana, bewegt sich aufwärts vom Körper zum Kopfwirbel und ist ein regelrechter Verbindungskanal zwischen dem physischen Leben und dem größeren Leben des Spirits. Keiner von diesen ist Der erste oder höchste Atem, obwohl das Prana ihn am reinsten darstellt; Der Atem, dem in den Upanishaden so viel Bedeutung zukommt, ist die reine Lebenskraft selbst – erster, weil alle anderen ihm nachgeordnet, aus ihm entstanden sind und nur als seine Sonderfunktionen existieren. Er wird im Veda bildlich als Pferd dargestellt; seine verschiedenen Energien sind die Kräfte, die die Streitwagen der Götter ziehen. Das vedische Bild wird durch die von der Upanishad gewählten Ausdrücke wachgerufen, yukta, angeschirrt, ins Joch gespannt, praiti, geht vorwärts, wie ein vom Wagenlenker getriebenes Pferd auf seinem Weg vorantrabt.
Wer also hat diese Lebenskraft an die vielen Tätigkeiten des Daseins angeschirrt, oder durch welche Kraft, höher als sie selbst, schreitet sie auf ihrem Weg voran? Denn sie ist nichts Ursprüngliches, nicht aus sich selbst bestehend oder ihre eigene Wirkkraft. Wir sind uns einer Kraft dahinter bewusst, von der sie geführt, angetrieben, kontrolliert, benützt wird.
Die Kraft des vitalen Atems befähigt uns, dieses Sprechen, mit dem wir uns auszudrücken pflegen, heraufzubringen und aus dem Körper hinauszubefördern, die Willensregungen und Denkformationen des Geistes in eine Welt des Handelns und der Neuschöpfung hinauszuschleudern. Es wid vorwärtsgetrieben von Vayu, dem Lebensatem; es wird geformt von Agni, der geheimen Willenskraft und feurig gestaltenden Energie in Geist und Körper. Doch dies sind die Wirkkräfte. Wer oder was ist Die geheime Kraft, die dahintersteht, der Herr des Wortes, das die Menschen sprechen, sein wahrer Former und der Ursprung von dem, was sich ausdrückt?
Das Ohr hört den Klang, das Auge sieht die Form, aber Hören und Sehen sind besondere Tätigkeiten der Lebenskraft in uns, die der Geist benutzt, um mit der Welt, in der das Mentalwesen wohnt, in Verbindung zu treten und sie in Sinnesformen zu interpretieren. Die Lebenskraft gestaltet diese, der Geist benutzt sie, aber etwas anderes als Geist und Lebenskraft befähigt sie, ihre Objekte und Instrumente zu gestalten und zu benutzen. Welcher Gott setzt Auge und Ohr für ihre Tätigkeiten ein? Nicht Surya, der Gott des Lichtes, nicht Äther und seine Bereiche; denn diese sind nur Bedingungen für das Sehen und Hören.
Die Götter verbinden, wobei jeder seinen Beitrag leistet, die Prozesse der physischen Welt, die wir beobachten, wie der mentalen Welt, die unser Beobachtungsmittel ist; doch das ganze universale Wirken ist eines, nicht eine Summe zufälliger Atome; es ist eines, angeordnet in seinen Teilen, verbunden in seinen vielfältigen Funktionsweisen vermöge eines einzigen bewussten Seins, das niemals aufgebaut oder zusammengesetzt (akrta) werden kann, sondern auf ewig allen diesen Tätigkeiten vorausgeht. Die Götter wirken nur durch diese ihnen selbst vorausgehende Macht, sie leben nur durch deren Leben, denken nur durch deren Denken, handeln nur für deren Zwecke. Wir schauen in uns selbst und in alle Dinge hinein und bemerken sie da, ein „Ich“, ein „Ist“, ein Selbst, das anders ist, fester, weiter als jedes abgetrennte oder individuelle Wesen.
Da es aber nicht etwas ist, das der Geist zu seinem Objekt machen kann oder die Sinne für den Geist in eine Form bringen können, was ist es dann – oder wer? Was für ein absoluter Spirit? Welche eine, höchste und ewige Gottheit? Ko devah.
Die ewige Frage wurde gestellt, die die Augen des Menchen vom Sichtbaren und Äußeren weg zu dem hin wendet, das tief im Innern liegt, weg von der kleinen, bekannten Größe, die er geworden ist, zu dem unermesslich großen Unbekannten, das er hinter diesem Äußeren ist und in das er doch noch hineinwachsen und das er sein muss, denn dies ist seine Wirklichkeit, und aus aller Maskerade der Erscheinung und des Werdens muss das Wirkliche Wesen sich schließlich selbst befreien. Die menschliche Seele, einmal ergriffen von der starken Verlockung dieser Richtung, kann sich nicht mehr mit der Aussicht auf Sterblichkeiten und Scheinhaftigkeiten durch jene Pforten des Geistes und der Sinne hindurch zufriedengeben, die Der Selbst-Seiende zur Öffnung auf eine Welt von Formen geschaffen hat; es drängt sie, nach innen in eine neue Welt von Wirklichkeiten zu schauen.