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Das Leben ist endlich, besonders wenn jemand anderes dafür sorgt. Ob Verwandte, Nachbarn oder Fremde. Jeder kann den Tod bringen, manchmal auf humorvolle Weise, manchmal dramatisch und manchmal mit viel Blut. In fünfzehn kriminellen Kurzgeschichten zeigt Tannhäuser, wie komisch das Sterben sein kann.
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Seitenzahl: 129
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Das Leben ist endlich, besonders wenn jemand anderes dafür sorgt. Ob Verwandte, Nachbarn oder Fremde – jeder kann den Tod bringen, manchmal auf humorvolle Weise, manchmal dramatisch und manchmal mit viel Blut.
Sylke TannhäuserSchreibt Kriminalromane sowie Kurzgeschichten und Regionalliteratur und arbeitet als Schreibcoachwww.sylke-tannhäuser.com
Chippendales mit Mischgemüse
Hilfe, der Klempner kommt
Mutter Pritz muss putzen
Mattheis Plan
Meißner Landidyll
Ausgetrickst
Friedhofsgeflüster
Aller guten Dinge sind vier
Ene, mene, meck und du bist weg
Alle meine Entchen
Abserviert im Zillertal
Verliebt, verlobt, tot
Abgetaucht
Feldversuche
Gute Nacht, Frau König
Arno Düstermann, 52 Jahre, verheiratet und kinderlos, wohnte in Berlin, in einem Viertel, das sich in den letzten Jahren zu einer gehobenen Gegend gemausert hatte.
Seine Nachbarin war Leonore Vandermei, eine bekannte Filmschauspielerin, die eine Villa von mindestens 500 qm ihr Eigen nannte, das Grundstück nicht mitgerechnet.
Auf einem Gebiet derselben Größe lebten in Asien mehrere Familien, also einige hundert Menschen, und es war noch Platz für eine Kompostieranlage, ein Hotel mit einem Einkaufscenter und eine Hochleistungsfabrik, in der Markenklamotten gefälscht wurden.
Die Vandermei wohnte allein, und deshalb fühlte sich Arno den Asiaten verbundener als ihr. Er hatte sein Haus von den Eltern geerbt und hasste jeden Einwohner der Gegend, der mit Hilfe seiner finanziellen Überlegenheit aus dem früher beschaulichen Stadtteil ein Schickimicki-Viertel machte. Ihm selbst lag Protzerei fern, und eigentlich wollte er nur in Ruhe seine Bedürfnisse pflegen. Die bestanden vorwiegend darin, den Job als Einkäufer einer mittelgroßen Drogeriekette möglichst ohne Probleme zu erledigen und außerdem seinem Hobby zu frönen.
Eine Nachbarin wie die Vandermei passte weder zu ihm noch zu seinen Lebensvorstellungen.
Hilli, Arnos Frau, mochte die Vandermei genau so wenig wie er, vor allem, weil das Düstermannsche Haus nur halb so groß wie das der berühmten Nachbarin war. Außerdem war es seit derem Einzug aufgrund des Partylärms mit Hillis Nachtruhe vorbei. So auch an diesem Abend.
Hilli hatte bereits drei Pillen eingeworfen, doch an Schlaf war nicht zu denken. Sie rüttelte Arno, bis er munter war, und wühlte sich aus den Laken. »Die Dame kann etwas erleben.«
»Lass es doch«, beschwor Arno sie, obwohl er ahnte, dass sein Appell hoffnungslos sein würde. War Hilli erst in Fahrt, konnte sie nichts und niemand mehr aufhalten.
Wie erwartet machte sich Hilli nicht einmal die Mühe, ihm zu antworten, sondern warf sich den rosafarbenen Bademantel über und marschierte mit kämpferischer Miene hinaus.
Kurz darauf war Arno wieder eingeschlafen.
Als er am nächsten Morgen in die Küche kam, saß Hilli schon am Frühstückstisch. »Ich habe eine große Überraschung für dich«, begrüßte sie ihn.
Wenn Hilli in diesem Tonfall von Überraschungen sprach, war Vorsicht geboten. Arno wusste nie so ganz, wie viel potentieller Stress sich hinter dem harmlos klingenden Wort verbarg, und sogleich wurde ihm ein bisschen flau in der Magengegend.
»Du weißt doch noch, dass ich gestern zu unserer Nachbarin rübergegangen bin? Sie war sehr nett und hat mich eingeladen zu bleiben, wo ich doch ohnehin nicht schlafen konnte. Also bin ich geblieben und habe mitgefeiert. Ich bin auch gar nicht aufgefallen mit meinem Frotteemantel. Die Leute in der Showbranche sind ja so tolerant, was das Outfit betrifft. Es war sehr lustig, sogar eine Tanzeinlage gab es, und weißt du, von wem?« Hilli beugte sich vor. »Von den Chippendales. Das sind die jungen Männer, die tanzen und sich ausziehen. Die aus dem Fernsehen, du weißt schon.«
Arno wusste es nicht, nickte aber vorsichtshalber.
Hilli nahm ein Brötchen und schnitt es auf. »Ich habe noch nie einen so tollen Abend wie gestern erlebt, und deshalb habe ich entschieden, die Jungs für deinen Geburtstag zu engagieren. Und Leonore lade ich ebenfalls ein.«
»Leonore?«
»Seit gestern sind wir per du. Vielleicht sogar Freundinnen. Wie gesagt, wir laden sie ein. Du wirst sehen, dein Geburtstag wird wundervoll.«
Arno traute sich nicht, ihr zu widersprechen. Wehmütig dachte er daran, wie schön das Leben vor seiner Ehe gewesen war, und er überlegte, was er tun könnte, um es wieder so schön werden zu lassen. Allerdings kam er zu keinem Entschluss, weil Hilli ihm keine Zeit zum Nachdenken ließ, sondern lautstark erläuterte, wie sie sich die Feierlichkeiten vorstellte. Erst der tiefe Klang des Regulators aus dem Wohnzimmer rettete ihn vor ihrer Begeisterung. Acht dunkle Schläge. Die Arbeit wartete.
Der Tag verlief ohne nennenswerte Vorkommnisse. Der übliche Einkaufstermin beim Großhändler und das Ordern von Toilettenpapier, drei- oder vierlagig, geriffelt oder glatt, beanspruchte seine ganze Aufmerksamkeit.
Erst auf dem Nachhauseweg fiel ihm ein, welcher Tag heute war. Ein Mittwoch, und allmählich keimte Freude in ihm auf.
»Gut, dass du endlich auftauchst«, wurde er von Hilli begrüßt, kaum dass er das Haus betreten hatte. »Ich habe für das Wochenende eine kleine Feier organisiert. Als Test für deinen Ehrentag. Dein Chef hat sein Kommen bereits zugesagt, und er bringt seine neue Frau mit.«
Arno atmete tief ein und verzog sich resigniert in den Hobbyraum.
Das Zimmer wurde diesem Namen nicht ganz gerecht. An den Wänden standen Regale, die bis unter die Decke mit Kartons gefüllt waren. Karten- und Gesellschaftsspiele aller Art stapelten sich darin. Nur die Utensilien, die seinem tatsächlichen Hobby dienten, die waren gut verborgen.
Er öffnete sein Geheimversteck und kramte den braunen Gummianzug hervor. Schnell verstaute er ihn in seinem Rucksack und legte nach kurzem Überlegen auch den Beißkorb dazu.
Die Türglocke schellte, und eine schrille Stimme ließ ihn zusammenzucken. Frieda, Hillis beste Freundin, kam wie jeden Mittwoch zu Besuch, während ihr Mann im Kaninchenzüchterverein den Hasen die Löffel langzog.
»Ist Arno schon unterwegs?«, hörte er Frieda durch die halbgeöffnete Tür fragen.
»Fast«, antwortete Hilli. »Er packt seine Sachen. Dreimal die Woche geht er zu seinem Spieleabend.«
Arno grinste. Hilli würde aus den Latschen kippen, wenn sie wüsste, welche Spiele er heute geplant hatte. Hunderitt war eines davon. Dazu kettete ihn die Domina an ein Gitter und traktierte ihn mit Fußtritten. Das vertrieb alle anstrengenden Gedanken. Wenn man einem Stiefel mit Metallspitze ausweichen musste, dachte man immer nur an das Naheliegendste: das Überleben.
Als er am Abend ins Bett fiel, fühlte er sich wie erschlagen, doch zugleich war er sehr zufrieden. Bis zu dem Moment, in dem Hilli ihn kurz vor dem Einschlafen aus dem angenehmen Dämmerzustand riss. Und das nur, um ihn zu fragen, ob sie zu der geplanten Wochenendparty Pilze oder Mischgemüse servieren sollte.
Halblaut etwas Nichtssagendes murmelnd drehte er sich auf die Seite, aber Hilli ließ nicht locker. Lang und breit wog sie die Vor- und Nachteile der einzelnen Gemüsesorten gegeneinander ab. »Pilze sind nicht jedermanns Sache«, sagte sie. »Mischgemüse hingegen essen alle, aber sie sind ziemlich bürgerlich. Vor allem, wenn die Chippendales tanzen. Pilze oder Mischgemüse – das ist die Frage.«
Arno zog sich die Decke über die Ohren. »Mischgemüse. Pilze sind zu teuer.«
Offensichtlich hatte er einen wunden Punkt bei Hilli getroffen, denn verschnupft fragte sie, warum er nicht wenigstens reich wäre, wo er doch nicht einmal besonders schön sei. Das war der Augenblick, in dem er beschloss, sie loszuwerden.
Die restliche Nacht und auch am folgenden Tag wälzte er verschiedene Mordmethoden im Kopf hin und her, doch er kam zu keinem Ergebnis. Alle erschienen ihm zu gefährlich zu sein, man würde ihn sofort als Täter überführen.
Auf dem Heimweg kam er an einem Lebensmittelmarkt vorbei, und da hatte er die zündende Idee. Kurzentschlossen kaufte er eine Tüte Mischgemüse.
Im Eichenwäldchen um die Ecke wusste er eine Stelle, an der besonders viele Knollenblätterpilze wuchsen. Es dauerte keine zehn Minuten, da hatte er ein halbes Kilo zusammen. Zu Hause warf er die Pilze in eine Pfanne und briet sie in reichlich Kräuterbutter, bis sie einen graubraunen Matsch bildeten, den er unter die erhitzten Erbsen und Karotten rührte.
Hilli staunte nicht schlecht, als er sie zum Verkosten rief. Mehr noch, sie lobte ihn sogar. »Ein guter Kompromiss«, befand sie. »Mischgemüse mit Pilzen, das passt zu unseren Gästen und auch zu den Chippendales.«
Löffel für Löffel wanderte in ihren Mund, nicht das geringste Stückchen ließ sie für Arno zurück, aber er hätte das Zeug ohnehin nicht gewollt.
Es dauerte geschlagene zwölf Stunden, bis Hilli endlich den Geist aufgab und Arno den Notarzt rufen konnte. Der kam nicht umhin, ihren Tod festzustellen, und als Arno ihm die noch in der Bratpfanne klebenden Reste der Pilze zeigte, registrierte er, dass Hilli sich wohl vergiftet haben musste. Ein bedauerlicher Irrtum, wenn man sich nicht gut mit Pilzen auskannte und die giftigen für genießbar hielt – mitunter kamen solche Verwechslungen vor. Tragisch. Der Doktor informierte die Polizei und die Staatsanwaltschaft, die daraufhin Männer schickte, um Hillis sterbliche Hülle zur Untersuchung in die Rechtsmedizin zu bringen.
Kaum waren sie aus dem Haus, telefonierte Arno mit den Gästen, die Hilli für das Wochenende eingeladen hatte, und sagte die Party ab. Danach packte er seinen Koffer. Eine Reise in den Süden würde ihm jetzt guttun. Einfach weg und was anderes sehen. Vielleicht auch ein paar neue Spielchen machen. Außer dem Hunderitt gab es noch zahlreiche weitere Optionen, und jetzt musste er sich nicht mehr verstecken, um sie auszukosten.
Es gab nur zwei Dinge, auf die er gut und gern verzichten konnte: die Chippendales und Mischgemüse.
Uschi betrat mit ihrem Nachwuchs auf dem Arm das Badezimmer. »Jetzt machen wir Badibadi«, sagte sie.
Ein freudiges Krähen antwortet ihr, und sie lächelte sanft.
Seit Chantal-Cloe-Mathilda in ihr Leben getreten war, sah Uschi die Welt in rosaroten Farben. Dabei hatte sie ursprünglich die Hoffnung auf ein eigenes Kind längst aufgegeben. In erster Linie, weil ihr kein Mann als Erzeuger gut genug erschienen war. Bis sie vor anderthalb Jahren Urlaub in Italien gemacht hatte. Dort war sie auf Umberto gestoßen. Er war gut gebaut, charmant und nach eigener Aussage Inhaber einer Professur für Philosophie an der Aristoteles-Universität in Thessaloniki. Schönheit und Intellekt in perfekter Symbiose, dazu eine gehörige Portion Sexappeal, und das alles ganz unverbindlich, denn Umberto hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er lediglich auf einen Flirt aus war.
Das Testosteron in ihr war vor Freude auf- und abgesprungen, also hatte sie nicht gezögert und die gute Gelegenheit beim Schopf gepackt. Das Resultat war neun Monate später da, ihre Chantal-Cloe-Mathilda.
Damit hatte sich bewahrheitet, was schon Uschis Oma oft behauptet hatte: Was lange währt, wird gut.
Denn eines stellte Uschi immer wieder fest: Ihr Baby war das allerschönste Baby der ganzen Welt.
Sacht setzte Uschi die Schönste der Schönen auf den flauschigen Vorleger und drehte den Wasserhahn auf. Mit dem Ellenbogen prüfte sie die Temperatur und ließ die Kleine vorsichtig in die Wanne gleiten.
Die Schönste quietschte vergnügt und strampelte kräftig mit ihren strammen Beinchen. Doch bevor sie völlig in das Wasser eintauchen konnte, wurde der Strahl aus dem Hahn dünner und dünner, bis sich nur noch zwei, drei Tropfen herausquälten. Ein trockenes Röcheln folgte, dann war auch damit Schluss.
»Jetzt ist das Badibadi leider vorbei«, verkündete Uschi, hob Chantal-Cloe-Mathilda aus der nur mäßig gefüllten Wanne und rubbelte mit einem Handtuch das Wasser von der ohnehin noch trockenen Fontanelle bis zum nassen Zeh. Die Schönste zog einen Flunsch und schrie, was ihre kleinen Lungen hergaben, wodurch wiederum Uschi litt, wie nur Mütter leiden können, sobald der Nachwuchs ein Problem hat.
»Gutschigutschi, alles wird wieder gut«, versprach sie schnell, brachte Chantal-Cloe-Mathilda in ihr Himmelbettchen und wählte die Telefonnummer des Hausmeisters. In Anbetracht ihres energischen Tonfalls versprach der ihr, umgehend einen Klempner vorbeizuschicken.
Tatsächlich tauchte keine zwei Stunden später ein Mann vor Uschis Haustür auf, der den Geschichten über Lolek und Bolek zu entstammen schien und auch so sprach.
»Es handelt sich um einen äußerst dringenden Notfall«, empfing Uschi ihn, wurde jedoch sogleich unterbrochen, indem der Mann einen unverständlichen Namen murmelte und Polski hinzusetzte. Wahrscheinlich um anzudeuten, dass sie sich ihren Wortschwall sparen konnte, da er ohnehin kein Deutsch verstand.
Dafür marschierte er schnurstracks ins Badezimmer.
Inzwischen war die schöne Chantal-Cloe-Mathilda aufgewacht.
Uschi beeilte sich, sie auf den Arm zu nehmen und folgte dem Polen. Sie drückte der Kleinen die Badeente in die Hand und beobachtete von der Tür aus, wie der Mann die Armatur begutachtete und daran herumrüttelte.
»Kaputttt, das Leitung«, stellte Lolek-Bolek schließlich fest und nickte gewichtig.
Die Schönste, naturgemäß in ihrem zarten Alter nicht fähig, solcherart Ansagen zu verstehen, warf ihm die gelbe Badeente an den Kopf.
Lolek-Bolek lächelte gequält und nahm den Wasserhahn auseinander. Er ruckte kräftig an der Zuleitung, einmal, zweimal, und auf den Fliesen bildeten sich Risse. Außerdem vibrierten sie bedenklich.
»Das Mauerrr ich muss prrrüfen. Ist wegen Festigkeit.«
Mit einem Hämmerchen hackte er die Leitung frei. Die Fliesen polterten von der Wand und zersprangen auf dem Boden, direkt an der Stelle, wo vor kurzem noch der flauschige Badvorleger gewesen war. Sie hinterließen ein unschönes Loch.
»Huch«, sagte Lolek-Bolek und griff kopfschüttelnd nach Hammer Nummer zwei, dem größeren Kollegen des Hämmerchens. Damit wummerte er eine Bresche in die Wand. »Um zu kommen mit Schweißbrrrennerrr an Leitung von Wasserrr«, wie er erklärte.
Zwischendurch hielt er immer wieder inne, um neue Kraft zu schöpfen.
Angesichts des Lärms, den die herabknallenden Ziegelsteine verursachten, schrie die Schönste wie am Spieß und strampelte auf Uschis Arm, was das Zeug hielt.
Lolek-Bolek – fertig mit der Wand - untermalte ihr Heulen mit dem Presslufthammer, um nun auch das Loch auf dem Boden auf etwa zwei Quadratmeter auszuweiten.
»Fürrr Abfluss, das besserrr.« Seine Augen glänzten.
Das Bad sah aus wie ein Trümmerhaufen, aber Lolek-Bolek pfiff vor sich hin. Genauso schief, wie er die Leitung wieder zusammenflickte.
Mittlerweile hatte sich das Gesicht der Schönsten vor Anstrengung dunkelrot gefärbt. Aus dem kleinen Mund kam nur noch ein Wimmern.
Uschi konnte nicht länger mitansehen, wie ihr Sonnenscheinchen litt. Sie musste dem ein Ende bereiten.
Ein Hieb mit Hammer Nummer zwei – dem großen - ließ Lolek-Bolek zu Boden gehen, direkt in das Loch im Fußboden. Uschi schüttete den von Lolek-Bolek angemischten Fertigmörtel darüber und strich alles schön glatt.
Danach korrigierte sie die schiefe Leitung und verankerte sie wieder in der Wand. Einige Kellen Mörtel davor, Farbe dran, und alles sah aus wie neu. Den Fußboden flieste sie bei der Gelegenheit gleich mit. Zuletzt besorgte sie einen anderen Wasserhahn und schloss ihn an.
»Jetzt machen wir aber wirklich Badibadi«, versprach sie ihrer Chantal-Cloe-Mathilda.
Ein freudiges Krähen antwortete ihr. Uschi lächelte glücklich und breitete die Badematte aus. An der Stelle, wo sie Lolek-Bolek wusste, der die Schönste der Schönen nie wieder ärgern würde.
»Sehr gemütlich haben Sie es hier, Frau Pritz.« Bodo Manzold, Journalist der örtlichen Tageszeitung, schaute sich im Pritzschen Wohnzimmer um, das aus einem Rosamunde-Pilcher-Roman zu stammen schien. Begleitet von einem Schnaufen ließ er sich in den geblümten Sessel vor dem Kamin fallen. Es war ihr Lieblingsplatz. Niemand außer ihr durfte ihn benutzen.
Für einen winzigen Augenblick runzelte Mutter Pritz die Stirn. »Möchten Sie etwas trinken? Einen Kaffee, vielleicht? Ich habe ihn eben erst gekocht.«
»Ein Kognak wäre mir lieber.« Manzold räkelte sich.
Mutter Pritz starrte auf seine Beine. Sie waren weit auseinandergespreizt. Genauso hatte Hugo, ihr Mann, immer dagesessen. »In diesem Haus gibt es keinen Alkohol«, erwiderte sie.
Manzold verzog den Mund. »Dann also Kaffee.«
Während sie die Tassen aus dem Buffetschrank holte, verharrte ihr Blick auf Manzolds Schoß. Erneut runzelte sie die Stirn. Wenn sich ein Mann auf diese Art und Weise niederließ, beanspruchte er mehr Raum als ihm zustand. Indem er sich breitmachte, blieb seiner Nachbarin nichts anderes übrig, als bis zur äußersten Kante des eigenen Sitzes zu rutschen. Vor allem in der Straßenbahn. Oder im Bus. Oder im Warte