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Conni und ihre Freunde verbringen wie jedes Jahr ihre Sommerferien auf der Kanincheninsel vor den Toren von Neustadt. Doch das Kinder- und Naturparadies ist in Gefahr. Conni nimmt den Kampf auf: Rettet die Kanincheninsel!
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© 2017 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg
Alle Rechte vorbehalten
Umschlaggestaltung: Nadine Jessler unter Verwendung des Conni-&-Co-Filmplakatmotivs mit freundlicher Genehmigung von Warner Bros. Entertainment GmbH 2017
Herstellung: Derya Yildirim
Satz und E-Book-Umsetzung: Dörleman Satz, Lemförde
ISBN 978-3-646-92983-6
Eine Sache hat Conni bei allen Sommerferien festgestellt: Es gibt immer mindestens zwei supermegaextrakrasscoole Tage … Den allerersten Ferientag, an dem sie viel zu früh wach wird, weil sie noch nicht wirklich kapiert hat, dass Ferien sind. Da will sie sich gerade mürrisch aus dem Bett kämpfen, den Wecker an die Wand werfen und unter die Dusche schlurfen, bis es ihr wieder einfällt:
Ich hab Feeeeerien!
Der zweite Tag ist irgendwo mittendrin. An dem Tag wird Conni morgens wach und hat die Schule komplett vergessen. Schule? Ach, ist das nicht dieses grottenhässliche Haus, wo Lehrer eingesperrt werden? Ab diesem Tag kommt es ihr vor, als würde der Sommer niemals enden. Dieser zweite Tag ist heute.
Er fängt nämlich schon damit an, dass Conni auf die beste aller möglichen Arten geweckt wird: sehr spät und von einer rauen Hundezunge, die ihre Füße ableckt. Sie blinzelt an ihre Zimmerdecke, an der Sonnenstrahlen tanzen. Es muss also schon ziemlich spät sein. Die Zunge leckt weiter hingebungsvoll an ihren Füßen. Sie gehört Frodo, der eigentlich bei Connis Oma wohnt, weil Connis kleiner Bruder eine Hundehaar-Allergie hat. Gestern hat Jakob aber bei einem Freund übernachtet und Frodo deshalb ausnahmsweise in Connis Zimmer. Dafür musste Conni ihrer Mama bloß versprechen am Nachmittag extra gründlich Staub zu saugen. Ein kleiner Preis, um Frodo die ganze Nacht und den ganzen Tag bei sich zu haben. Vor allem, weil Conni vorhat diesen Tag mit ihren Freunden am Wasser zu verbringen.
Kaum dass sie ihr Müsli verdrückt hat und Frodo seine Chief-Hundemahlzeit, sind sie auch schon aus der Tür und liefern sich ein Wettrennen durch die Stadt bis zum Neustädter See. Als sie am Steg ankommen, keuchen beide. Frodo wedelt mit dem Schwanz und blickt abwechselnd Conni an und auf den See hinaus. »Los, jetzt mach mal endlich voran!«, heißt dieser Blick. Frodo freut sich genauso wie Conni auf die kurze Bootsfahrt und den langen Tag am Wasser …
Sie fahren auf die Kanincheninsel!
Conni streckt die Hand nach der alten Kuhglocke aus, die am Steg hängt, und bimmelt laut. Endlich! Frodo dreht sich aufgeregt im Kreis, wickelt sich dabei die Leine um die kurzen Beinchen und bellt, um die Kuhglocke zu unterstützen. Dabei trägt ihr Läuten mühelos über den ganzen Neustädter See und hinüber zu der kleinen Insel, die mittendrin liegt. Conni wirft einen Blick durch das Fernglas am Steg und sieht, wie an der Insel-Station gegenüber die Haselfähre ablegt.
Der Kapitän steuert das alte Holzboot geschickt zum Festland. Heute ist Conni spät dran – sie ist die Einzige an der Fährstation. Auf der Insel warten längst Anna, Billi und Paul auf sie. Wahrscheinlich hätte Conni schon tausend Nachrichten von den dreien, wenn es auf der Kanincheninsel Handy- und Internetempfang geben würde. Gibt es aber nicht, oder fast nicht. Nur an manchen Stellen – und für die muss man mit dem Handy im Wasser herumwaten.
Es kann gut sein, dass die Erwachsenen auch deshalb nie etwas dagegen haben, wenn die Neustädter Kinder jede freie Sommerminute auf der Insel verbringen. Connis Oma sagt, das war schon immer so, schon, als sie selbst noch ein Kind war. An jedem Sommermorgen hat sich Oma Marianne ihr Handtuch geschnappt und ist zur Fährstation gelaufen. Okay, damals war sie noch keine Oma, sondern bloß die kleine Marianne. Die Fähre hieß damals aber schon Haselfähre und die Insel hieß immer Kanincheninsel. Und wer sich traute, vom Springturm auf der Badeplattform in den See zu hüpfen, der durfte seinen Namen in ein kleines Holzbrettchen ritzen und es an den Marterpfahl nageln. Conni hat den Namen ihrer Oma auf dem Pfahl entdeckt. Und Annette und Jürgen, die Namen ihrer Eltern. Sogar die Kuhglocke, mit der man die Fähre rufen kann, und das Fernglas mit Blick zur Insel gab es damals schon. Nur hat Oma Marianne die Überfahrt mit der Fähre nicht in Euro bezahlt, sondern in Pfennig.
Conni wühlt in ihrer Tasche nach dem Ticket, als ihr einfällt, dass sie womöglich etwas Wichtiges verpasst: Hoffentlich ist nicht ausgerechnet heute der Tag, an dem Billi sich zum ersten Mal traut vom Sprungturm zu hüpfen! Die anderen haben das alle längst gemacht, aber die sind auch mindestens ein Jahr älter als Billi und einen Kopf größer als sie. Das stimmt allerdings nur äußerlich, denn was in Billis Kopf drinsteckt, das ist mehr als groß genug. Immerhin hat sie schon eine Klasse übersprungen und trotzdem nur Einsen im Zeugnis. Manchmal hat Conni sogar den Verdacht, dass Sibylla Verdi noch eine weitere Klasse überspringen könnte, wenn sie bloß wollte. Conni möchte gar nicht daran denken, dass Billi nächstes Schuljahr nicht mehr neben ihr sitzen könnte, den Kopf über die Bücher gebeugt. Ihr Magen zieht sich zusammen. Ein Glück, dass Billi das genauso sieht.
Als Conni und Paul vor einem Jahr die Schule wechseln mussten, hätten die beiden nie gedacht, dass sie am Lessing-Gymnasium so gute Freunde finden würden. Und jetzt können sie sich kaum noch daran erinnern, dass sie mal nicht mit Billi, Anna, Yasin und Mark befreundet gewesen sind. Was gibt es Besseres, als mit seinen besten Freunden in dieselbe Klasse zu gehen? Sogar die Lehrerin Frau Lindmann hat sich als nett entpuppt und Connis Noten sind noch richtig gut geworden.
Eigentlich, denkt Conni, war es ein echt cooles Schuljahr, so alles in allem. Und die Ferien werden sogar noch besser, da ist sie ganz sicher. Obwohl ihre Eltern ihr eröffnet haben, dass sie dieses Jahr nicht verreisen können. Papas Firma hat gerade keine Aufträge. Conni stört das kein bisschen. Nicht, dass ihr Papa keine Aufträge hat – das tut ihr wahnsinnig leid, weil Conni sieht, dass ihr Papa deshalb irgendwie leise und klein ist in den letzten Wochen. Aber dass sie nicht wegfliegen in den Ferien, das stört sie nicht. Zum Glück sind nämlich nur Tim und Mojo mit ihren Eltern verreist. Alle anderen bleiben auch in Neustadt. Alles gut so weit. Alles. Bis auf –
»Conniiiiiiie!«
Mit dem Schrei trommeln auch schon laufende Füße über den Holzsteg. Frodo fängt an zu bellen und zerrt aufgeregt an seiner Leine. Er hat die Stimme genauso erkannt wie Conni. Allerdings freut sich Frodo deutlich mehr darüber. Es ist Jakob.
Mist, nur zwei Minuten später, und Conni wäre mit der Fähre auf dem Weg zur Insel gewesen. Nicht, dass sie ihren kleinen Bruder nicht lieb hat. Aber Conni ist zwölf Jahre alt – und Jakob ist erst sieben und spielt am liebsten mit Sachen, die Lärm machen. Wie mit seinem beknackten Plastik-Dinosaurier, der echte Saurierschreie ausstößt.
Seufzend dreht Conni sich zu ihm um, als Jakob auch schon bei ihr ankommt. Die blonden Locken sind zerzaust, der Gesichtsausdruck mürrisch. Natürlich hat er den Dino auch wieder dabei! Dabei hat der Tag so gut angefangen …
»Du sollst mich doch mitnehmen, hat der Papa gestern extra gesagt!«, schnauft Jakob beleidigt.
Die Fähre ist jetzt schon ganz nahe am Steg, gleich wird sie anlegen.
»Jakob, ich kann nicht schon wieder auf dich aufpassen! Anna, Billi und Paul warten auf mich. Ich bin nicht bloß dein Babysitter – ich hab ein Leben, okay?«
Jakob guckt stur aufs Wasser und verschränkt die Arme. »Du musst aber, weil, der Papa hat den Termin in der Stadt und die Mama ist den ganzen Tag in der Praxis.«
Conni kaut auf ihrer Unterlippe und überlegt. »Willst du nicht lieber zur Oma?«
»Nö. Was soll ich denn da?«
»Da kriegst du Eis – vor dem Essen. Mit Schokosoße. Alles, was Doktor Mama doof findet.«
»Nee, da muss ich bloß wieder den Stall ausmisten. Kein Bock!«
Die Fähre legt an. Ein letztes Mal versucht es Conni noch: »Ich geb dir zwei Euro, wenn du nach Hause gehst … fünf!« Damit könnte sie zwar kein Eis mehr kaufen und zu Mittag keine Pommes mit Ketchup, aber sie hätte den ganzen Tag allein auf der Insel mit ihren Freunden, ohne dauernd darauf aufzupassen, dass Jakob keinen Blödsinn macht.
Doch Connis kleiner Bruder klettert schon auf die Fähre. »Fünfzigtausend Achzilliarden«, verlangt er dickköpfig, weil ihm nicht einfällt, was noch mehr Geld sein könnte als eine Milliarde.
Conni sieht ein, dass sie Jakob nicht loswird. Heute Abend muss sie mal mit Mama und Papa darüber reden. Jetzt will sie sich davon nicht den Tag verderben lassen. Sie klettert mit Frodo auf das Holzboot, begrüßt den Kapitän und stellt sich ganz nach vorn in den Bug, wo ihr der Wind um die Nase weht, als sie losfahren. Dabei stößt sie sich das Knie an einem der beiden roten Feuerlöscher. Die sind bestimmt nicht ohne Grund auf dem uralten Holzboot, aber das ist schon der dritte blaue Fleck, den Conni ihnen verdankt. Mal ehrlich – wie groß ist die Gefahr, dass ein Boot im Wasser abbrennt?
»Gruuuarrrh!«, kommt ein Brüllen aus dem hinteren Teil des Bootes. Jakobs dämlicher Dino. Frodo beäugt das Plastikspielzeug misstrauisch, bellt aber nicht mal. Offenbar hält er den Saurier nicht für groß genug, um eine Gefahr darzustellen. Conni grinst.
Der letzte Rest von Grummeligkeit verfliegt, sobald sie am Ufer der Kanincheninsel die Sandburgen erkennen kann. Inzwischen sind es so viele, dass es aussieht wie eine richtige Stadt, die umgeben ist von riesigen Bäumen. Oder wie eine winzige Zwergenstadt umgeben von normal großen Bäumen.
Möwen kreisen über dem Wasser und stoßen ihre spitzen Schreie aus. Auf dem Schild an der Fährstation sitzt ein großer Graureiher, der den Kopf dreht und der Fähre entgegenblickt. Als sie anlegt, hebt er vom Steg ab und fliegt elegant davon.
Jakob und Frodo springen aus dem Boot und landen sehr viel weniger elegant auf dem Steg.
»Immer langsam!«, ruft der Kapitän. »Läuft euch nicht weg, die Insel.«
Conni klettert auf den Steg und bedankt sich für die Überfahrt. Der Kapitän lächelt und blinzelt in die Sonne, die vom wolkenlos blauen Himmel strahlt. Das Wasser rund um die Insel funkelt, als wären haufenweise Diamanten im See versunken.
»Wie im Paradies, oder?«, sagt er und zwinkert Conni und Jakob zu. »Viel Spaß, ihr drei! Letzte Rückfahrt ist neunzehn Uhr, klar? Wer zu spät kommt –«
»– schwimmt mit den Fischen zurück oder schläft auf der Insel bei den Kaninchen!«, ergänzen Conni und Jakob im Chor. Das sagt der Kapitän jeden Tag nach jeder Fahrt zur Insel.
Frodo läuft als Erster los. Jakob ist ihm dicht auf den Fersen. Conni hat es nicht ganz so eilig. Sie weiß, dass die anderen nicht übermäßig glücklich sein werden ihren kleinen Bruder zu sehen. Gestern hat Jakob Erdbeereis auf Annas T-Shirt gekleckert und Pauls heiliges Manga-Heft geknickt.
Als Conni zur Inselspitze mit dem kleinen Sandstrand kommt, sieht sie Paul und Anna schon an einer Holzkiste sitzen und Karten spielen. Genau in dem Moment rast Jakob auf die zwei zu, springt über die Holzkiste – und wirft sie dabei um. Conni schlägt sich die Hand gegen die Stirn. Super! Das fängt ja bestens an.
Zur gleichen Zeit kommen Connis Eltern mit dem Auto vor einem Hochhauskomplex außerhalb der Stadt an. Beide sind nervös. Jürgen hat wochenlang an den Entwürfen für ein Hotel gearbeitet, das er gleich präsentieren muss. Manchmal sind Erwachsene vor Geschäftsterminen genauso nervös wie Schulkinder vor Prüfungen. Jürgen sitzt auf dem Beifahrersitz, hat einen brandneuen Anzug an und das Modell von seinem Hotel auf dem Schoß. Immer wieder wandert sein Blick über die Fensterfront, die Dachterrasse und den Park mit Springbrunnen und Bäumen. Ist es wirklich gut? Plötzlich kommt Jürgen das Ganze nämlich gar nicht mehr so großartig vor wie noch vor einer Woche.
Zwar haben ihm Annette, Conni und Jakob gesagt, dass sie sein Hotel toll finden – aber die eigene Familie ist nun mal leider nicht der Bauherr. Was, wenn der es ganz doof findet? Oder wenn er es nur nett findet und ein anderes Modell viel besser?
Jürgens Firma »Assheuer & Wiese« hat es dieses Jahr nicht leicht gehabt. Für alle möglichen Projekte hat sich das Ingenieursbüro beworben – und kein einziges bekommen. Die Aufträge gingen jedes Mal an größere Firmen in größeren Städten. Aber dieses Projekt soll tatsächlich in der Nähe von Neustadt gebaut werden.
»Sie haben Ihr Ziel erreicht«, sagt die Frauenstimme im Navi. »Ihr Ziel liegt einhundert Meter voraus.«
Annette folgt dem Weg und bremst dann mit einem Ruck vor einem Bürogebäude ab. Das war keine Absicht. Bei Annettes Auto muss man viel kräftiger auf die Bremse treten. Bei dem Ruck klappt die Sonnenblende auf der Beifahrerseite runter und ein paar Matchboxautos fallen heraus. Sie landen genau auf Jürgens Hotelmodell.
Jürgen sammelt die Autos ein und stopft sie in die Tasche.
»Jakob!«, seufzt er. »Wo der überall seine Spielsachen verteilt.«
Normalerweise ist Jürgen das egal. Aber jetzt ist er nervös und da ist ihm gar nichts egal. Annette weiß das und lächelt ihn aufmunternd an.
»Mach dir keine Sorgen, Schatz! Dein Hotel ist super. Die Ausschreibung gewinnst du mit links.«
Annette hilft ihm beim Aussteigen mit dem riesigen Modell und gibt ihm einen Kuss auf die Wange. Jürgen ist in Gedanken längst bei seiner Präsentation. Auf dem Weg zum Eingang murmelt er schon die Einleitung vor sich hin.
Eine Drehtür führt in die Lobby. Ganz kurz hat Jürgen ein Bild vor Augen: dass sein Modell durch die Drehtür zerquetscht wird wie ein Kartenhaus unter einem Elefantenhintern.
Erleichtert atmet er auf, als er endlich in der Lobby steht und sein Modell heil ist. Die Erleichterung dauert genau fünf Sekunden. Dann fällt ihm auf, wie viele Männer und Frauen in Anzügen und Kostümen in der Lobby warten, jeder mit einem Modell auf dem Schoß. Die Präsentationen werden Stunden dauern! Die anderen Bewerber haben ihre Modelle mit Tüchern zugedeckt, aber eins kann Jürgen trotzdem erkennen: die Hotels der anderen sind viel größer als seines. Super, denkt er, das fängt ja bestens an.
»Hallo, Paul! Hallo, Anna!«, ruft Jakob im Vorbeilaufen. Dass er die Kiste umgeworfen hat, merkt er gar nicht. Er lässt sich auf den Boden fallen und nimmt den Rucksack ab. Wetten, da sind noch mehr Saurier drin?
Conni hat ja damit gerechnet, dass Paul sich beschweren würde – aber dass sogar Anna ihr jetzt einen genervten Blick zuwirft! Dabei hat Jakob diesmal nur die Holzkiste mit den Spielkarten umgeworfen. Er hat niemanden mit Eis oder Limonade bekleckert, mitsamt Klamotten vom Steg geschubst oder Pauls kostbare Mangas zertrampelt.
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