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Seit Ende 2019 überrollt die Corona-Pandemie in beispielloser Weise alle Länder und Unternehmen. Das Management dieser Krise stellt bisher ungekannte Herausforderungen an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Erstmals geben die Autoren einen kompakten Überblick zum Stand von Eindämmungsstrategien wichtiger Länder, ihren Erfolgen und Schwachstellen. Sie vermitteln dabei zugleich Bestpraktiken für das Corona-Krisenmanagement. Das Glossar zum neuen Corona-Wortschatz vermittelt verständlich, was hinter den vielfach gebrauchten Schlagworten steckt.
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Seitenzahl: 76
Vorwort
Zur Vorgeschichte der aktuellen Pandemie
Die SARS-Pandemie 2002/2003 als Vorwarnung
Wuhan: Reaktionen nach Infektionsbeginn im Dezember 2019
China-Bashing im Westen statt weltweitem Alarm
COVID-19 legt Deutschland lahm
Späte Einstufung von Covid-19 als Pandemie durch die WHO
Benchmarking des Krisenmanagements
2.1 Chinas zentrale Managementstrategie
2.2 Modifiziertes Vorgehen anderer asiatischer Staaten
Südkorea
Japan
Singapur
2.3 Europas Krisenmanagement
„Gelassenheit“ vor dem Sturm
Phasenverlauf einer Pandemie
Alternative Strategien zur Begrenzung des Schadens
Ausnahmefall Deutschland?
EU-Gemeinschaft im Corona-Sturm
2.4 USA
2.5 Russland, Indien und Brasilien sowie übrige Welt
Russland
Indien und Brasilien
Entwicklungsländer
Vom Lockdown zur Exit-Strategie
Bestpraktiken des globalen Corona-Krisenmanagements
Glossar
Quellenverzeichnis
Bis vor kurzem werden die meisten Leserinnen und Leser noch nie etwas von der chinesischen Stadt Wuhan gehört haben. Im Januar 2020 erlangte die Metropole der mittelchinesischen Provinz Hubei dann traurige Berühmtheit durch den Ausbruch der inzwischen als COVID-19 weltweit gefürchteten Pandemie.
Unser Co-Autor Run Wang arbeitet an der dortigen Hubei Universität als Professor im Umweltbereich. Seine Erkenntnisse aus dem Management der Pandemiekrise vom Herd ihres Ausbruchs bestimmen unseren Blickwinkel auf den Vergleich des weltweiten Vorgehens in der Weltkrise entscheidend mit.
Unsere eigenen Erfahrungen aus langjährigen vergleichenden Studien zum Management reichen von Asien über Russland bis Amerika und schließen Hintergründe aus finanzpolitischer Sicht bis zu Vergleichen der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftssysteme ein.
Die Dynamik der globalen Corona-Krise veranlasste uns zu einer neuen Form der Publikation unter der Hauptüberschrift Corona Krisenmanagement oder „Management im Pandemismus.“ Mit dem neuen Begriff „Pandemismus“ wollen wir zeigen, dass Pandemien noch größere Veränderungen über Weltwirtschaftskrisen auslösen können als Finanzkrisen in Marktwirtschaften. Zugleich offenbart die gegenwärtige Krise, dass die Gesundheit der Menschen nicht allein marktwirtschaftlichen Kriterien unterliegen kann.
Wir gehen sogar soweit, dass die Auswirkungen der jüngsten Pandemie zu sehr gravierenden Veränderungen in allen Managementbereichen mit sehr weitreichenden Folgen führen werden.
Im vorliegenden Text steht das Benchmarking des Krisenmanagements beim Kampf gegen die Covid-19 Pandemie in den wichtigsten Weltwirtschaftszonen im Mittelpunkt, ohne die jeweils aktuellen Fallzahlen oder Letalitätsraten tagesaktuell vergleichen zu wollen.
Einleitend wird ein kurzer historischer Rückblick gegeben, der bewusst auf das 21. Jahrhundert und den Pandemieausbruch in Wuhan beschränkt wird. Der Blick zurück beweist, dass schon weit vor dem weltweiten Ausbruch der Pandemie viele Fehler gemacht wurden, die sich nun oft bitter rächen.
Im zentralen zweiten Abschnitt geht es darum, sehr fokussiert zu zeigen, wie die Führungssysteme ihre Konnektivität in der Krisenlage unter Beweis stellen und welche Schlussfolgerungen daraus für die Zukunft des Managements im Pandemie-Zeitalter und für die Herausbildung ganz neuer Managementlehren abzuleiten sind.
Der dritte Teil umreißt die Ansätze zum Wiederhochfahren des gesamten gesellschaftlichen und vor allem wirtschaftlichen Lebens mit sehr kurz gefassten Tipps für Bestpraktiken im Corona-Management.
Die Begriffserläuterungen des Glossars sollen vor allem kompakt zusammenfassen, was überwiegend unter den häufig gebrauchten Termini der Corona zu verstehen ist.
Die Autoren Berlin und Wuhan, im Frühjahr 2020
Vor knapp zwanzig Jahren trat erstmals weltweit eine schwere akute Atemwegserkrankung auf, die als SARS bezeichnet wurde. Der Begriff leitet sich vom Englischen severe acute respiratory syndrome (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom) ab. Die Krankheit wurde als SARS-Coronavirus rasch vor allem durch die weltweite Medienaufmerksamkeit, die sie erzeugte, bekannt.
Der Erstausbruch erfolgte in Südchina im High-Tech Zentrum Shenzhen schon im November 2002. Die Ansteckung wurde jedoch nicht so verfolgt, wie bei einer Epidemie anzustreben ist, sondern als neue Krankheit in China vor der WHO zunächst vertuscht. Erst als sich durch einen selbst infizierten chinesischen Arzt, der in der Boulevardpresse als „superspreader“ bezeichnet wurde, in einem Hongkonger Hotel mehrere Ausländer infizierten, breitete sich die neue Atemwegskrankheit rasch weltweit aus.
Die Folgen der SARS-Pandemie 2003 waren weit geringer als die heute noch gar nicht voll absehbaren von Covid-19.
Besonders interessant ist jedoch, wie schnell nach dem relativ glimpflichen Verlauf von SARS in Deutschland die Forschungen zu dessen Ausbreitung und für einen Impfstoff eingestellt wurden. Rolf Hilgenfeld vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung an der Universität Lübeck beklagte im Deutschlandfunk Anfang April 2020, dass schon zwei Jahre nach SARS für die Fortsetzung der Forschungen keine Finanzierung mehr bereitgestellt wurde. Er hofft, dass sich das nunmehr angesichts der weit größeren Folgen von Covid-19 ändert.1 Im Klartext bedeutet das, es wurde rund 15 Jahre zu wenig über die gefährlichen Viren geforscht und offenbar die damit verbundene Gefahr grob unterschätzt.
Obwohl die WHO Chinas Herangehen an das Eindämmen der noch unbekannten Corona Krankheit 2020 ausdrücklich lobte, gab es zweifellos im Dezember 2019 Fehleinschätzungen der Lage. Übereifrige örtliche Funktionäre versuchten, den Arzt Li Wenliang aus Wuhan davon abzuhalten, Alarm zu schlagen und schüchterten ihn sogar mit Drohungen ein, keine „Gerüchte“ zu verbreiten oder Kollegen falsch zu informieren Es gehört zur Tragik des frühen Corona-Geschehens, dass der Arzt aus Wuhan an der Infektion verstarb, bevor ihn die Regierung rehabilitierte und postum ehrte.
Durch Probleme bei kompletten Schutzausrüstungen für alle Behandelnden und das Pflegepersonal, kam es naturgemäß zu weiteren Infizierungen und wurde Wuhan weltweit erstes Pandemiezentrum.
Über die Entstehungsquelle viel zu spekulieren, hilft nur wenig. Sicher sind die Markt- und Essgewohnheiten in allen Ländern sehr verschieden und gehören der Verkauf lebender Fledermäuse, Hunde oder Katzen nicht gerade zum europäischen Speiseplan. Asiatische Märkte unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von unseren Standards und es gibt erste Schlussfolgerungen und Verbote für solche traditionellen Praktiken. Wie die von US-Präsident entfachte Diskussion um den eventuell künstlich in Wuhan-Militärlabors entstandenen Virus ausgeht, kann hier final nicht beurteilt werden. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig.
Was viele nach Ausbruch der Pandemie für unmöglich hielten, geschah dann tatsächlich in Wuhan. Es wurden strikte Maßnahmen zur Selbstisolation und Ausgehverbote ausgesprochen. Die 11-Millionen Metropole wurde vollständig vom Außenverkehr abgeschnitten und strenge Ausgangssperren durchgesetzt. Niemand konnte weder die Stadt verlassen noch in sie hinein, bis auf wenige Ausnahmen, etwa zur Evakuierung von Ausländern.
Weltweit viel Beachtung fand ein zentral angeordnetes Bauvorhaben. In weniger als 14 Tagen sollte der Neubau eines Krankenhauses für 1000 Corona-Patienten auf Beschluss der KP Chinas und des Präsidenten Xi Jinping buchstäblich aus dem Boden gestampft werden.
Angesichts deutscher Planungsvorschriften, die in diesem Zeitraum nicht einmal einen Baubeginn, geschweige eine Vollzugsmeldung ermöglicht hätten, wirft das Fragen der Wettbewerbsfähigkeit im Pandemiezeitalter auf, denen lieber ausgewichen wird oder die mit vereinfachten Hinweisen auf diktatorische Maßnahmen abgetan werden.
Die folgenden Bilder stammen aus Wuhan von der Grundsteinlegung des neuen Huoshenshan Hospitals bis zum Betrieb.
Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3
Abb. 4
Abb.5
Abb. 1 - 5: Huoshenshan Hospital aus Wuhan, Provinz Hubei, China, Foto: Run Wang
Zu den bei uns besonders diskutierten zentral angeordneten Maßnahmen gehörte das schnelle komplette Eingrenzen der Bewegungsfreiheit in Wuhan und die Abriegelung von der Außenwelt. Obwohl anhand der exponentiell gestiegenen Fallzahlen aus Wuhan und sehr großer Offenheit der chinesischen Behörden klar wurde, dass es sich um einen gefährlichen neuen Typ der Lungenkrankheit SARS handelte, reagierte die westliche Öffentlichkeit weltweit vor allem gewohnt politisch und ideologisch voreingenommen. In gewohnter Weise wurde zunächst auf die notwendige Einhaltung der Menschenrechte nach Verhängen der Ausgangssperre verwiesen. Mitte Januar dominierte in deutschen Medien ein Berichtston, der vor allem auf Kritik an der Führung der KP und des Staates hinauslief. Als Ministerpräsident Li Keqiang mit Mundschutz in Wuhan gefilmt wurde und aufmunternde Gesten zeigte, gab es eher verwunderte Kommentare seitens des ARD-Korrespondenten vor Ort in der Tagesschau. Auf wachsende Bürgerwut wurde hingewiesen und ein Ansehensverlust der chinesischen KP vorausgesagt.2 Negative Nachrichten aus sozialen Netzen erfahren regelmäßig hohe Aufmerksamkeit und selbst der von Millionen Chinesen verfolgte Aufbau des Krankenhauses in Rekordzeit wurde qualitativ wie zeitmäßig in Frage gestellt.
Inzwischen weiß jeder in Deutschland, ganz Europa und auch den USA, dass zeitlich verzögert fast alle mit einem zweifelnden Unterton kommentierten Maßnahmen der Chinesen offenbar Erfolg brachten. Noch interessanter ist, dass mit etwa vier bis sechs Wochen Verzögerung, fast alle Maßnahmen inzwischen bei uns selbst durchgesetzt wurden, was im Januar noch kaum einer für möglich hielt, auch wenn meist Restzweifel an den chinesischen Statistiken bewusst eingestreut bleiben. Das bezieht sich besonders auch auf das Tragen von Mund- und Nasenschutz, dem man bei Reisen in Asien ohnehin viel öfter begegnet als bei uns auch außerhalb von Pandemiezeiten.
Man kann davon ausgehen, dass die besonders schweren Verläufe und exponentiellen Anstiege der Fallzahlen weltweit hätten eingedämmt werden können, wenn Chinas Vorgehen einfach objektiver ausgewertet worden wäre und natürlich auch die Chinesen selbst schon im Dezember 2019 offener über den neuen Virustyp informiert hätten.
Als eine der ersten Institutionen weltweit macht sich die Johns Hopkins University (JHU) aus North Baltimore in den USA mit ihren Berichten über die weltweiten Fallzahlen einen Namen.3 Es ist erstaunlich, wieso eine in den USA agierende Universität stets andere und überwiegend höhere Fallzahlen zumindest für Deutschland meldet als das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin als zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und –prävention.4