Da kommt was runter! - Lange Finger und fette Flocken - Steffi Bunt - E-Book

Da kommt was runter! - Lange Finger und fette Flocken E-Book

Steffi Bunt

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Beschreibung

Acht Arme für alle Fälle - das sind Vicky, Jo, Rike und Kante von der Oktopus-Bande. Mit Mut, Durchblick und Fruchtgummis stürzen sich die vier Freunde in jedes Abenteuer. Acht Arme für alle Fälle, ein ausgebüxtes Waschbärenpaar, eine geklaute Olympiamedaille und jede Menge fette Flocken in Winterberg und Ulmenau: Da kommt was runter für Vicky, Rike, Jo und Kante! Als zwei Bobsportlerinnen im Grünen Winkel stranden, häufen sich plötzlich die Waschbären-Einbrüche. Mülleimer werden ausgeräumt, Süßigkeiten, ein altes Kochbuch und Rikes Plüschpinguin Herr Humboldt verschwinden. Knietief im Schnee ermitteln die Oktopusse auf den Spuren der vierpfotigen Ausbrecher. Oder hat da noch jemand anderes lange Finger im Spiel? Der Vorläufer zum zweiten Band der Reihe machte im Jahr 2020 einen rasanten Weg durch die Medien. Radio und Zeitungen berichteten über den Kinderkrimi, der auf vielen Schulhomepages und Blogs als Lesefutter für den Lockdown zu finden war und es schließlich auf Landesbildungsserver und die Homepages der Stiftung Lesen und des Legasthenieverbandes schaffte. Die Bände der Reihe können auch einzeln in beliebiger Reihenfolge gelesen werden.

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Ein ganz herzliches Dankeschön geht an meine Recherchepartner und Institutionen vor Ort, ohne die „Da kommt was runter! - Lange Finger und fette Flocken“ nur halb so lebendig wäre:

Meinolf Pape vom Förderverein Westdeutsches Wintersportmuseum e. V. in Neuastenberg/Winterberg

Albrecht Saßmannshausen, Carmen Grebe und Christoph Seifert von der Polizei Winterberg

Verena Teutenberg, Nikolas Andrejenko und das gesamte Team der Jugendherberge Winterberg

Svenja von Bargen von der Nordertorschule in Nienburg/Weser und Kathleen Schäfer

Michelle Baust vom Sportzentrum Winterberg Hochsauerland GmbH

Susanne Reiss Foodcoaching in Gütersloh

Marcus Hinker und Andrea Günnemann vom Tierpark Olderdissen in Bielefeld

Martina mit ihren Waschbären Maggie und Luise

Die Facebook-Gruppen „Interessengemeinschaft Waschbären“ und „Waschbären – Beratung und Austausch“

Tanina Rottmann und das Team von Radio Gütersloh

Ewald Martinschledde von der Polizei Rheda-Wiedenbrück

Weitere Abenteuer der „Acht Arme für alle Fälle“ sind erhältlich:

Geheimnisse im Grünen Winkel – Der doppelte Darkie

Krass von der Rolle – Corona, Chaos, Klopapier

Alles abgerupft! – Das rasende Rentier (Ein Adventskalenderkrimi in 24 Kapiteln)

Plötzlich Brause – Diebe, Liebe und zehn Ziegen

Rückmeldungen, Fragen, Anregungen, Kritik und Lob? Gern! Schreibt an [email protected]. Neuigkeiten zu den „Acht Armen für alle Fälle“ findest du auf www.lesewonne.de.

Steffi BuntSteffi Bunt schreibt, seit sie Buchstaben auf das Papier bringen kann. Als Lehrerin und Mutter von zwei Jungen und zwei Mädchen inspiriert ihr Alltag sie zu ihren Geschichten. Sie lebt mit ihrer Familie in Rheda-Wiedenbrück, wo die „Acht Arme für alle Fälle“ viele ihrer Abenteuer erleben. Das Fachwerkstädtchen an der Ems liegt ziemlich weit oben in Nordrhein-Westfalen und Vicky, Jo, Kante und Rike wohnen gleich nebenan.

Inhalt

Medaillenklau im Wintersport-Museum

Kein Schnee für die Oktopusse

Alle unter Verdacht

Heiße Spur für Hündin Amber

In der Jugendherberge Winterberg

Die Komplizinnen

Flutlichtrodeln an der Postwiese

Bobfahren (im Fernsehen und im Wäschekorb)

Verfolgungsjagd im Eiskanal

Ein ziemlich wertvoller Türstopper

Krach unterm Dach

Franka lernt Blau

Waschbären-Alarm!

Krach in der Küche

Ein geklauter Schneeball

Schneewarnung für Ulmenau

Die Ulmenauer Bobmannschaft

Laubfrösche (keine echten) nach geklautem Rezept

Franka macht einen Besuch

Büfett für Mathilda und Schiefnase

Noch ein Einbruch

Kein Fall für die Oktopusse?

Ertappt

Bricklebrit!

Pipi und Tomatensoße

Rezepte für Schoko-Wölkchen und Wintertraum

Hey, ich bin Vicky und erzähle die Geschichte. Das da oben sind mein Freund Kante, mein Cousin Jo, ich und meine Freundin Rike. Eigentlich soll man ja alle anderen zuerst nennen und sich selbst zum Schluss, aber leider ging das nicht, weil wir in genau dieser Reihenfolge standen, als Kante uns im Spiegel fotografiert hat. Deshalb ist auch das R auf Rikes Pullover andersherum.

Medaillenklau im Wintersport-Museum

„Die Medaille ist weg!“, schrie mein Cousin Jo. „Ruft die Polizei, schnell!“

Im gleichen Moment rempelte etwas Schweres meine Freundin Rike und mich an. Eine Frau im grünen Mantel quetschte sich zwischen uns hindurch und zerrte ihre Einkaufstasche hinter sich her. Wo wollte die denn so schnell hin? Es war eine blaue Tasche mit Apfelsinen drauf, aus wiederverwendeten Plastikflaschen, ein großes Teil, und es war ordentlich was drin. Schleppte die Taschenfrau ihren kompletten Wochenend-Einkauf mit ins Museum? Wollte sie ihrem Brot zeigen, wie man früher Ski lief? Ich musste mich mit der Hand am Treppengeländer festhalten. Rike schubste die Tasche zur Seite.

„Hey!“, protestierte die Frau lautstark. Sie hatte eine Stimme wie eine Trillerpfeife. „Eine Tasche ist doch kein Boxsack! Und jetzt lasst mich hier durch, Mädchen, ich bin in Eile!“

Sie zerrte das Apfelsinending hoch und drückte den Klettverschluss aufeinander. Nun musste Rike sich mit der Hand am Treppengeländer festhalten, damit sie nicht hinfiel. Dabei drehten wir doch gerade unser neuestes Video! Rikes Pinguin Herr Humboldt war natürlich auch dabei. Der ist eigentlich ein Türstopper und Rike hat ihn sich vorletzte Woche im Drogeriemarkt gekauft, weil er so schön plüschig ist und so schwer, dass man das Gefühl hat, einen echten Pinguin auf dem Schoß zu haben. Er sieht aus wie ein Humboldt-Pinguin in Türkisblau mit ein bisschen Rosa am Schnabel und den kleinen Flecken auf dem Bauch. Außerdem guckt er ziemlich vornehm. Deshalb hat er auch seinen Namen bekommen und wir sagen „Sie“ zu ihm statt „du“. In unseren Videos fragen wir ihn: „Und was halten Sie davon, Herr Humboldt?“

Dann verstellt Rike ihre Stimme und lässt ihn sprechen. Und seitdem ist Herr Humboldt immer dabei, wenn wir unsere Videos drehen und so tun, als wären wir berühmte YouTuberinnen.

Gerade hielt ich Herrn Humboldt in der Hand. Zum Glück waren wir fertig, bevor die Tasche uns getroffen hatte.

„Sonst wäre es voll verwackelt“, maulte Rike und schaltete ihr Handy aus.

„Ja, ja, ‘tschuldigung“, schrillerte die Frau wieder los. Sie war etwas älter als unsere Eltern, aber noch nicht so alt wie Oma und Opa Wiesbaden.

„Woher hast du den denn?“ Die Trillerpfeifenstimme griff nach Rikes Pinguin und nahm ihn mir einfach aus der Hand!

Warum interessierte diese Frau sich für den Pinguin, wo doch die Medaille verschwunden war? Jetzt befühlte sie hektisch ihre Einkaufstasche.

„Die Medaille ist weg?“, fragte Rike. „Welche denn?“

Hier gab es ziemlich viele davon, denn wir waren im Wintersportmuseum in Neuastenberg im Sauerland.

„Die Olympiamedaille dort vorn, in der Vitrine!“, berichtete Jo aufgeregt. Unser Freund Kante kam ebenfalls zur Treppe. Wir sind die Oktopusse, acht Arme für alle Fälle.

„Wohin wollen Sie denn?“, erkundigte sich Kante bei der Taschenfrau.

„Leute, eine Medaille wurde geklaut!“, schaltete Jo sich wieder ein. „Wenn wir hier noch lange herumlabern, ist der Dieb über alle Berge!“

„Da hast du recht, mein Junge!“, rief die Taschenfrau und versuchte, sich an uns Oktopussen vorbeizudrängeln, aber Kante rührte sich nicht von der Treppe.

„Mach Platz!“, fuhr die Trillerpfeifenstimme ihn an.

„Wenn Sie mir verraten, wohin Sie so schnell müssen“, gab Kante ungerührt zurück.

„Eine Medaille wurde geklaut?“, rief Tante Natalie.

Sie ist Jos Mutter und wir alle waren zusammen zum Museum gefahren, also wir Oktopusse, Tante Natalie und Onkel Ralf, Mama und Papa und mein großer Bruder Till mit seinem Freund Arne. Die beiden sind schon siebzehn.

Es war wie bei der Stillen Post in der Schule, nur dass es nicht still war und plötzlich aus allen Ecken des Museums ertönte: „Eine Medaille wurde gestohlen?“

„Ich hole Herrn Pape!“, rief Jo.

Das ist der nette ältere Herr, der uns vorhin durchs Museum geführt hatte. Er hatte Rike und mir erlaubt, zu filmen.

Herr Pape weiß eine Menge über Wintersport und die Gegend. Früher waren die Leute hier sehr arm und Herr Pape hatte uns gezeigt, wie sie mit Löffelschnitzen Geld verdient hatten. Und natürlich mit Skiern! Die kamen aus der Stellmacher-Werkstatt, die es hier zu sehen gibt, mit Holz und Werkzeug und allem, so dass wir uns vorstellen konnten, dass der Stellmacher gleich zurückkommt.

Die Taschenfrau gab mir den Pinguin zurück. Plötzlich hatte sie es gar nicht mehr so eilig, sondern beäugte sie nun interessiert das Handy in Rikes Hand.

„Habt ihr etwa gefilmt?“, fragte sie empört.

„Wir haben vorher gefragt“, erklärte Rike.

„Was habt ihr da aufgenommen?“ Die Taschenfrau griff nach Rikes Handy, doch meine Freundin wich mit einer geschickten Bewegung aus.

„Ähem“, machte ich, denn das wollte ich eigentlich nicht so gern sagen, was Rike und ich aufgenommen hatten, weil wir ja so taten, als wären wir You-Tuberinnen mit ganz vielen Zuschauern.

„Welche Medaille?“, fragte nun auch Papa.

„Die Bronzemedaille von den Olympischen Spielen“,

berichtete die Frau und ihr Blick klebte noch immer an Rikes Handy.

„Olympische Spiele?!“ Herr Pape kam gerade die Treppe herauf. Jo folgte ihm.

„Ja, ja“, begann die Taschenfrau mit der schrillen Stimme noch einmal. „Der Gerd Winkler hat sie in der Biathlon-Staffel gewonnen! Bronze! Als Schlussläufer! Der kommt aus dem Nachbardorf!“

Die Trillerpfeifenstimme kannte sich ja gut aus im Wintersport.

Beim Biathlon muss man zuerst eine Runde Ski fahren und dann auf eine Scheibe zielen.

„Gerd Winkler hat uns die Medaille als Leihgabe zur Verfügung gestellt“, sagte Herr Pape. „Die ist weg?

Das kann doch nicht sein!“

Mit schnellen Schritten ging er zur Vitrine.

Die Medaille war sicher ganz furchtbar wertvoll, weil sie doch ein Preis von den Olympischen Spielen ist.

Jemand hat dafür ganz lange trainiert und sich angestrengt und sich dann sicher unglaublich gefreut, als er die Medaille um den Hals gehängt bekam. So ist das ja immer bei Sport-Wettkämpfen.

Dieser Gerd Winkler hatte mit seiner Mannschaft bei Olympia auf dem Treppchen gestanden und nun war sie weg, die Medaille, die er dem Museum geliehen hatte!

Jo wusste Bescheid. „Bei Versteigerungen ab viertausend Euro zu kriegen, so eine Bronzemedaille.“

Er wünscht sich jedes Jahr zu Weihnachten das Rekordebuch und da steht so etwas drin.

„Ja, ja, je älter, desto wertvoller“, ergänzte die Taschenfrau.

Hatte nur ich das Gefühl oder sagte sie wirklich sehr oft „Ja, ja“?

„Ja, ja, die geklaute Medaille stammt von den Olympischen Spielen in Lake Placid in den USA!“, fuhr sie fort.

„Frau Jaja“, flüsterte Rike mir zu und wir mussten grinsen.

„Wann waren die Spiele denn?“, erkundigte sich Kante.

„1980“, antwortete Herr Pape, der die Vitrine inspizierte und ziemlich fassungslos aussah. „Das gibt es doch gar nicht!“

Das gab es aber offenbar doch, denn die Samtschachtel, in der vorhin noch die Bronzemedaille am hellblau-weiß gestreiften Band gelegen hatte, war leer.

Das grüne Trikot, das Gerd Winkler bei der Biathlon-Staffel getragen hatte, hing noch in der Vitrine.

„Die Medaille bringt auf Versteigerungen mindestens das Doppelte“, berichtete Jo. „Vor ein paar Jahren wurde eine Goldmedaille für fünfundvierzigtausend Euro versteigert! Und die teuerste jemals hat über eine Million eingebracht! Die war von einem Läufer!“

„Ich muss dann mal wohin“, sagte Frau Jaja, grabschte sich mit einer schnellen Handbewegung Rikes Handy und rannte treppabwärts.

„Halt!“, rief Herr Pape mit scharfer Stimme. „Niemand verlässt den Saal!“

„Entschuldigen Sie mich, Herr Museumsleiter“, schrillerte Frau Jaja los, „ich muss unbedingt aufs Klo! Das muss ich immer, wenn ich aufgeregt bin!“

„Warum ist die denn so aufgeregt?“, flüsterte Rike mir zu.

„Verdächtig“, murmelte Kante, „höchst verdächtig.“

„Ich gucke, dass sie nicht abhaut!“, rief Jo und sprintete hinterher.

Herr Pape folgte ihm. Wenig später kamen sie mit der Trillerpfeifenstimme im Schlepp wieder ins Dachgeschoss.

Mittlerweile waren fast alle Besucher oben angekommen und drängten sich um die Vitrine. Herr Pape seufzte. „Diese Medaille war die höchste Auszeichnung im nordischen Bereich, die ein Bewohner des Sauerlandes jemals erreicht hat! Unser wertvollstes Stück Sportgeschichte! Die gehört uns nicht einmal und nun ist sie weg?!“

Herr Pape betrachtete die Vitrine eingehend von allen Seiten, doch nirgends fehlte eine Scheibe und es war auch kein Loch reingeschlagen oder reingeschnitten worden.

Herr Pape inspizierte das Vitrinenschloss über den Rand seiner blauen Brille hinweg. „Unversehrt“,

murmelte er und wischte sich mit dem Ärmel seines braunen Strickpullovers über die Stirn. Dann griff nach dem Schloss, hielt aber in der Bewegung inne.

„Niemand fasst etwas an!“, rief er und lief nach unten.

Zuerst war es ganz still im Dachgeschoss und wir guckten uns so komisch betreten an, dann fingen plötzlich alle an, durcheinander zu reden. Denn eins war klar: Einer von uns hier im Raum musste die Medaille gestohlen haben! Außer uns Oktopussen, meiner Familie und Arne waren noch zehn andere Personen im Museum: Ein Mann und eine Frau mit drei kleinen Jungs, zwei Mädchen, die ungefähr so alt wie Till und Arne waren, außerdem zwei ältere Männer und die Frau mit der Trillerpfeifenstimme natürlich.

Kein Schnee für die Oktopusse

„Das war ja eine Spitzenidee, heute ins Wintersport-Museum zu gehen“, sagte Onkel Daniel und knuffte Tante Natalie in die Seite.

„Also, dafür kann ich nun wirklich nichts“, gab sie zurück.

Denn eigentlich hatten wir gar nicht vorgehabt, zum Museum zu fahren. Wir waren doch zum Rodeln im Sauerland! Dort, wo wir herkommen, in Ulmenau, schneit es leider fast nie. Und wenn doch, dann sind es nur so ein paar matschige Flocken, die nicht liegen bleiben.

„Wenn der Schnee nicht zu uns kommt, müssen wir halt zum Schnee fahren“, hatte Mama gesagt und Tante Natalie hatte „Au ja, ins Sauerland!“, gebrüllt, sich Jos Laptop gegriffen und wir hatten Glück! Für das Wochenende war Schnee im Sauerland angesagt! In der Jugendherberge in Winterberg sind um diese Zeit eigentlich keine Zimmer frei, weil dort im Winter Hochsaison ist, hatte eine Verena Teutenberg am Telefon gesagt, aber es gab eine Lücke, weil eine Gruppe absagen musste!

Leider konnten wir nur eine Nacht bleiben, mehr war nicht frei.

Doch mit dem Rodeln hatte es bis jetzt nicht geklappt und das kam so: Am Donnerstagabend hatten sich nämlich die Schneewolken im Wetterbericht verzogen. Sie waren einen Tag weitergerückt und nun sollte es erst ab Sonntag schneien. Tante Natalie meinte, das wäre nicht so schlimm. Sie hätte da einen Geheimtipp, wo sie früher immer gerodelt waren, als sie ein Kind war. „Da war es nicht so voll und Eintritt hat es auch nicht gekostet.“

„Gab es dort eine Schneekanone?“, hatte Papa gefragt, weil ja nichts vom Himmel kam und mit einer Schneekanone kann man einen Rodelhang künstlich vollschneien.

Tante Natalie hatte mit den Schultern gezuckt.

„Weiß ich nicht. Muss aber wohl, weil wir immer Schnee hatten, jedes einzelne Mal.“

Also waren wir losgefahren und hatten nach dem Geheimtipp gesucht. Das hatte eine Weile gedauert, weil Tante Natalie sich nicht mehr so genau erinnerte, wo der Geheimtipp-Rodelhang war. Sie war zuletzt als Kind dort gewesen. Doch schließlich hatten wir den Parkplatz gefunden und da stand außer unseren beiden kein anderes Auto drauf. Das fand ich schon ein bisschen seltsam. Als wir um die Ecke guckten, wussten wir dann auch, warum wir die einzigen waren. Es gab nämlich keine Schneekanone und der Rodelhang war eine grüne Wiese!

Danach waren wir zum Skikarussell Winterberg gefahren.

Das ist das größte Wintersportgebiet im Sauerland. Dort hatten sie es wirklich schneien lassen und ich war schon ganz aufgeregt. Es war furchtbar voll und während Papa und Onkel Daniel noch nach Parkplätzen suchten, gingen Tante Natalie und Mama vor, um zu gucken, wie es am Rodelhang aussah. - Leider nicht gut für uns, denn es gab keine Tickets mehr.

Da musste ich vor lauter Enttäuschung heulen. Jo auch. Er hat zu Weihnachten einen Schlittenbob bekommen, für zwei Personen, und den konnte er bis jetzt kein einziges Mal benutzen. Rike tippte auf ihrem Handy herum und Kante starrte missmutig aus dem Fenster. Tante Natalie meinte, dass es noch mehr Rodelhänge gibt, einer heißt Sahnehang, ob wir da nicht gucken wollen.

Aber Till meinte, dass er keine Lust hat, den ganzen Nachmittag durch die Gegend zu gondeln und am Ende gar nichts zu machen, weil es an den anderen Hängen bestimmt auch so voll ist. Da sagte Mama, dass es hier ein Wintersport-Museum gibt und dass es da sicher nicht so voll wäre. Damit hatte sie recht.

Die anderen waren ja alle auf dem Rodelhang.

Herr Pape kam zurück, gleich hinter ihm Frau Jaja, die die ganze Zeit auf ihn einredete.

„Sie können doch nicht einfach die Tür abschließen, Herr Museumsleiter! Ich verpasse die Autogrammstunde mit Dana und Dorkas Brenner! Kennen Sie die?“

Herr Pape drehte sich um und blickte Frau Jaja an, als hätte sie nicht mehr alle Tassen im Schrank. Das ist aber wirklich auch ein bisschen schräg, wenn man den Gästeführer im Wintersportmuseum fragt, ob er die blauen Blitze kennt!

So werden die Zwillingsschwestern nämlich genannt, weil sie blaue Helme tragen, wenn sie in ihrem Bob die Eisbahn herunterrasen und so richtig schnell sind sie auch. Und berühmt!

Jo guckt immer in der Fotobox im Internet, was Dana und Dorkas machen. Da posten sie jeden Tag ein Bild, wo sie trainieren, was sie essen und so etwas und irgendwie haben wir Oktopusse das Gefühl, die beiden schon richtig gut zu kennen. Sie mögen am liebsten gefüllte Pfannkuchen!

Unten gab es so einen Aufsteller aus Pappe mit den beiden in ihrem Bob, so groß wie in echt und zum Vergleich stand ein alter Bob davor. Der sah aber mehr wie zwei Schlitten mit einem Brett drüber und einem Lenkrad vorn dran aus.

Herr Pape räusperte sich. „Ich bitte Sie alle, hierzubleiben, bis die Polizei eingetroffen ist“, sagte er und zog sich ein Paar Einmalhandschuhe an. Dann griff er sich das Vitrinenschloss und rüttelte daran.

Doch der Glasschrank war fest verschlossen.

„Die muss herausteleportiert worden sein“, sagte Jo.

„Und was ist jetzt mit meinem Handy?“, fragte Rike.

„Wurde das etwa auch geklaut?“, erkundigte sich Herr Pape.

„Ja, ja, dein Handy!“, schrillerte es von der Treppe.

„Da ist nichts drauf!“

„Das kann ja gar nicht sein!“, rief Rike.

„Ich wollte nur hilfreich sein“, legte Frau Jaja los, „könnte ja sein, dass auf dem Film, den ihr gedreht habt, was drauf ist, was die Polizei gebrauchen kann.“

Meine Freundin guckte mich an.

„Hello Marshmallow“, flüsterte sie mir zu. Damit fangen wir unsere Videos immer an. Als wir das erste bei uns zu Hause im Kastanienweg 18 im Hauptquartier auf dem Dachboden gedreht haben, hatten wir nämlich zufällig Marshmallows, vegetarische aus dem Bioladen. Rike und ich hatten die ganze Zeit schon überlegt, was wir zur Begrüßung für unsere Zuschauer sagen sollen, denn „Hey Leute“ oder „Hallo zusammen“ sagt ja jeder. Da hatte Rike einen Marshmallow in die Luft geworfen, ihn mit dem Mund aufgefangen und „Hello Maafmello“ gesagt und da mussten wir beide ganz furchtbar lachen und wussten, dass dies unsere Begrüßung sein soll.

Zum Schluss sagen wir immer „Tschau, Kakao“, das ist von Jo, der kam nämlich rein, als wir das erste Video beinahe zu Ende gedreht hatten. Herrn Humboldt hatte Rike da noch nicht. Wir haben unser Hauptquartier gezeigt und die Detektivausrüstung.

Jeder von uns hat eine Bauchtasche mit allem, was man als Detektiv so braucht, und als wir fast fertig waren, kam Jo rein. Papa hatte nämlich schon zweimal gerufen. Jo meinte, dass wir gleich „Tschau Kakao“, sagen könnten, wenn wir nicht bald kommen, weil er dann unseren Kakao mittrinkt, wenn wir den nicht wollen. Und da haben wir halt „Tschau Kakao“

gesagt, mussten nochmal ganz furchtbar doll lachen und dann sind wir runtergegangen, um den Kakao zu trinken. Und deshalb sagen wir am Ende von unseren Videos jetzt immer „Tschau, Kakao“.

„Und deshalb nehmen Sie Rike das Handy weg?“,

hakte Tante Natalie bei der Taschenfrau nach. Ihre Stimme klang scharf wie ein Schälmesser.

„War sowieso zu spät“, gab die Schrillerstimme patzig zurück.

„Wie, zu spät?“, fragte Rike.

„War ja nichts drauf.“ Frau Jaja gab meiner Freundin das Handy zurück. „Das müsst ihr aus Versehen gelöscht haben.“

„Ganz bestimmt nicht!“ Rike fing an, hektisch darauf herumzutippen. „Das gibt’s doch nicht!“ Sie funkelte die Taschenfrau vorwurfsvoll an. „Der Film ist tatsächlich weg! Und alle anderen auch!“

Wir hatten mittlerweile mindestens zehn davon aufgenommen. Dort, wo sonst die Filme alle angezeigt wurden, war nur noch eine große, schwarze Fläche zu sehen!

Plötzlich hatte die Taschenfrau es gar nicht mehr eilig und irgendwie sah sie ziemlich zufrieden aus.

Jede Wette, dass sie unsere Filme gelöscht hatte!

„Zeig mal.“ Kante griff sich das Handy.

„Ja, ja, Technik!“, fing Frau Jaja wieder an. „Da kann man nichts machen. Weg ist weg.“

„Vielleicht nicht“, mischte Till sich ein.

„Hast du eine SD-Karte drin?“, fragte Arne.

Rike wusste nicht, ob sie so etwas hat. Sie gab Arne das Handy. „Hast du“, stellte er fest und wandte sich an Herrn Pape. „Haben Sie einen Computer?“

Herr Pape nickte. „Kommt mit ins Büro!“

„Aber nein!“, legte die Trillerpfeifenstimme da wieder los. „Das ist gefährlich! Da kann jede Menge kaputtgehen, wenn ein Virus kommt!“

Arne musste laut lachen.

Alle unter Verdacht

„Hat hier jemand etwas gesehen? Weiß jemand, wer das war?“, fragte Kommissar Saßmannshausen von der Polizei Winterberg.

Er war zusammen mit Kommissarin Grebe im Streifenwagen zum Wintersportmuseum gekommen und Herr Pape hatte ihnen die Vitrine mit der leeren Schachtel gezeigt.

Ziemlich wahrscheinlich wusste es jemand. Die Trillerpfeifenstimme lehnte am Treppengeländer und wippte mit dem Fuß.

„In welchem Zeitraum ist die Medaille verschwunden?“, erkundigte sich Herr Saßmannshausen bei Herrn Pape.

Frau Grebe ging währenddessen ins Dachgeschoss und schickte alle Besucher runter, die noch in der oberen Etage waren. Dann sperrte sie den Treppenaufgang mit rotweißem Flatterband ab, auf dem „Polizei“ stand, so dass niemand mehr raufkonnte.

Es war beinahe wie bei den Chilischoten, der Lieblingsserie von uns Oktopussen.

„Als ich um vierzehn Uhr meinen Rundgang gemacht habe, war die Medaille noch da“, antwortete Herr Pape.

„Vor zwanzig Minuten war sie auch noch in der Vitrine“, fügte Jo hinzu. „Vicky und Rike haben sie nämlich gefilmt!“

„Es gibt eine Filmaufnahme?“, fragte Herr Saßmannshausen.

„Also … vielleicht“, antwortete ich. „Meine Freundin und ich haben ein Video gedreht, aber das war plötzlich weg …“

„Alles wieder da!“, ertönte Tills Stimme im Flur. Er kam mit Rike, Arne und Kante aus dem Büro und alle vier strahlten wie die Honigkuchenpferde. Frau Jaja seufzte.

„Hier, guck mal, Vicky.“ Rike hielt mir das Handy hin.

Und tatsächlich, dort, wo vorhin die schwarze Fläche gewesen war, waren nun alle unsere Videos wieder zu sehen.

„Aber wie …?“, fragte ich verblüfft.

„Wir haben die SD-Karte des Handys in den Kartenleser des Computers gesteckt, ein Recovery-Werkzeug aus dem Internet runtergeladen und das hat den Job gemacht“, erklärte Arne.

„Darf ich mal schauen?“ Herr Saßmannshausen kam zu uns herüber.

Da kann man ja nun schlecht Nein sagen, auch, wenn der Film vielleicht ein bisschen peinlich ist.

„Klar.“ Rike reichte dem Polizisten ihr Handy.

Herr Saßmannshausen tippte auf den Startbutton.

„Der Teil an der Vitrine kommt kurz vorm Ende“, sagte Rike und dann konnte man die Medaille sehen, wie sie in der Samtschachtel lag. Danach waren Rike und ich zur Treppe gegangen, um den Schluss aufzunehmen. Im Hintergrund war der untere Teil der Vitrine zu erkennen. Wie ärgerlich war das denn?

Hätten wir nur eine Stufe weiter oben gestanden, wäre die Vitrine komplett mit Bronzemedaille draufgewesen, doch nun sahen wir nur die Beine von Tante Natalie und Onkel Ralf, die dort entlangspazierten, an der Vitrine stehen blieben und nach einer Weile weitergingen. Herr Saßmannshausen drückte auf „Pause“ und blickte sich um. Offenbar suchte er eine schwarze Jeans und eine dunkelblaue.

Tante Natalie war die einzige in schwarzen Jeans.

Au weia. Am Ende nahm die Polizei meine Tante mit, während die Trillerpfeifenstimme doch viel verdächtiger war? Was war, wenn Frau Jaja ihr die Medaille untergeschoben hatte? In ihrem Rucksack versteckt, um den später zu klauen und mit der Medaille über alle Berge zu verschwinden? Mir wurde ganz kalt im Magen. Jo fummelte an der Kordel seines Pullovers herum.

„Diese Frau dort an der Treppe, die im grünen Mantel, die wollte wegrennen, als ich entdeckt habe, dass die Medaille geklaut wurde“, wisperte er Herrn Saßmannshausen zu. Der schaute kurz zur Treppe, wo Frau Jaja nun noch schneller mit dem Fuß wippte. Dann ließ er unser Video weiter durchlaufen. Rike und ich erzählten, wie gut es uns im Museum gefiel und gerade, als wir in die Kamera winkten und „Tschau Kakao“ sagten, kam wieder Bewegung in den Hintergrund. Man sah ein Stück grünen Mantel und eine Apfelsinentasche neben der Vitrine und dann war das Video leider zu Ende.

Draußen rollte ein weiteres Fahrzeug auf den Parkplatz. Ein Mann und eine Frau kamen ins Museum.

Die trugen aber keine Uniform.

„Das ist die Kripo“, wisperte Kante. „Die kommen bestimmt zur Spurensicherung.“

Die Leute von der Kripo sprachen kurz mit Herrn Pape, dann gingen sie ins Dachgeschoss zur Vitrine.

Leider konnte man von hier unten nichts sehen.

„Ob die das alles mit Rußpulver abpudern?“, flüsterte Jo. Das hatten wir kürzlich bei den Chilischoten in „Alarm in der Speicherstadt“ gesehen.

„Vielleicht nehmen sie auch Folie“, überlegte Kante.

„Kommt drauf an, was sie suchen, Fingerabdrücke oder Fasern von Kleidung.“

Noch mehr Polizisten betraten das Museum. Mittlerweile waren sechs anwesend.

Herr Saßmannshausen wandte sich an Herrn Pape.

„Wir benötigen einige einzelne Zimmer.“

Was hatten die vor?

„Personenbefragung“, wisperte Kante.

„Würden Sie bitte mitkommen?“, sprach Frau Grebe die Trillerpfeifenstimme an.

„Und nehmen Sie Ihre Apfelsinentasche mit!“, rief Herr Saßmannshausen herüber.

„Meine Tasche?“ Frau Jaja begann, sich hektisch umzusehen. „Meine Tasche, ja, ja, die habe ich in der Aufregung auf der Toilette vergessen. Ich hole sie schnell!“

Sie trabte die Treppe herunter.

„Ich komme mit!“, rief Frau Grebe und heftete sich ihr an die Fersen.

Da ertönte auch schon Geschrei von unten.