4,99 €
So läuft der Hase Viele Menschen sind schlau wie ein Fuchs , bekommen aber bei Redewendungen eine Gänsehaut , weil sie nicht wissen, wie der Hase läuft . Es geht ja auch auf keine Kuhhaut , wie viele Menschen von Redewendungen so viel verstehen wie der Hahn vom Eierlegen . Anstatt wie die Katze um den heißen Brei herumzuschleichen und sich zu winden wie ein Aal , sollten sie lieber zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und diese harte Nuss knacken , bevor sie ins Gras beißen . Das vierte Buch in Wagners erfolgreicher Buchreihe über Redewendungen Nach seinen Büchern über Redewendungen aus dem Mittelalter (»Schwein gehabt!«), dem Alten und Neuen Testament (»Wer’s glaubt wird selig!«) und dem klassischen Altertum (»Das wissen die Götter!«), die jedes für sich inzwischen hohe Auflagen erreicht haben, hat Gerhard Wagner nun den lange erwarteten vierten Band, diesmal mit Redensarten aus der Natur, veröffentlicht. Denn auch Flora und Fauna haben deutliche Spuren in unserer Sprache hinterlassen. Es gibt eine ganze Reihe von Wörtern und Redewendungen, die ihren Weg aus der Natur in unseren alltäglichen Wortschatz gefunden haben. Redensarten wie mit jemandem ein Hühnchen rupfen oder einen Frosch im Hals haben und Ausdrücke wie Ochsentour oder Erbsenzähler sind bekannte Vertreter aus dieser Gruppe, auch wenn die biologischen Anspielungen kaum jemandem bekannt sein dürften, ebenso wie auf den ersten Blick naturferne Ausdrücke wie Kran und Pappenstiel . Fundiert mit einem Augenzwinkern Auch bei diesem Werk des beliebten Autors handelt es sich nicht um eine trockene wissenschaftliche Abhandlung. Vielmehr werden auf unterhaltsame Weise heute noch gebräuchliche und von jedem gemäß ihrer Aussage verstandene Redensarten wie Stinken wie ein Wiedehopf oder zu allem seinen Senf dazugeben erläutert. Aber weshalb eigentlich stinkt man ausgerechnet wie ein Wiedehopf und warum gibt man seinen Senf und nicht seinen Ketchup dazu? Gerhard Wagner war zwischen 2001 und 2021 Burgvogt auf der Marksburg am Rhein; dort entstand sein erstes Buch über Redewendungen aus dem Mittelalter, und nach zwei weiteren über Redensarten aus der Bibel und der Antike hat er sich nun intensiv mit der Tier- und Pflanzenwelt befasst und ein lehrreiches, aber gleichzeitig unterhaltsames Buch geschrieben, sachlich korrekt, aber wieder mit der nötigen Portion Augenzwinkern. In diesem Buch wird also niemandem etwas vom Pferd erzählt , sondern die Katze aus dem Sack gelassen . Wenn man keine Tomaten auf den Augen hat , kann man in diesem Buch über 300 Redewendungen näher kennenlernen, die mit Tieren oder Pflanzen zu tun haben und auch heute noch populär sind.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 178
Gerhard Wagner
Da kräht kein Hahn nach
Redewendungen aus der Natur
1. Auflage 2023
© 2023 Regionalia Verlag,
ein Imprint der Kraterleuchten GmbH,
Gartenstraße 3, 54550 Daun
Verlagsleitung: Sven Nieder
Alle Rechte vorbehalten.
Lektorat: Bruno Hof
Korrektorat: Tim Becker
Titelbild: Hahn aus »Wappen mit einem Löwen und einem Hahn« von Albrecht Dürer,
Ähren: iStock.com/Ihor Potysiev
Gestaltung, Satz, Umschlag: Björn Pollmeyer
ISBN E-Book 978-3-95540-771-1
ISBN Hardcover 978-3-95540-389-8
www.regionalia-verlag.de
Vom selben Autor sind erschienen:
» Schwein gehabt! – Redewendungen des Mittelalters«
» Wer’s glaubt wird selig! – Redewendungen aus der Bibel«
» Das wissen die Götter! – Redewendungen aus der Antike«
» Alltag auf der Burg: Alternative Fakten über das Leben im Mittelalter«
Allen Menschen gewidmet,
die sich für unsere bedrohte Natur engagieren
Vorwort
I. Haus- und Hoftiere
II. Heimische Wildtiere
III. Exotische Tiere
IV. Kulturpflanzen
V. Heimische Wildpflanzen
VI. Exotische Pflanzen
Stichwortverzeichnis
Verzeichnis der Redewendungen in anderen Büchern des Autors
Literaturverzeichnis
Bildnachweis
Wenn man sich mit Redewendungen näher beschäftigt, wird man feststellen, dass die Sprache geradezu wimmelt von Ausdrücken, die ihre Wurzeln in Religion, Handwerk, Geschichte, Mythologie, Märchen, Militär und anderen Zusammenhängen haben. Bei der Recherche zu meinen Büchern über Redewendungen aus dem Mittelalter, der Bibel und der Antike sind mir aber auch viele Redensarten begegnet, in denen Tier- oder Pflanzennamen vorkommen. Flora und Fauna haben nämlich auch deutliche Spuren in unserer Sprache hinterlassen.
Das hat natürlich etwas mit der überragenden Bedeutung zu tun, die die Natur für jeden Menschen hat – wir sind ja, genau genommen, ein Teil der Natur, auch wenn immer mehr Zeitgenossen so tun, als ob man ohne sie auskommen könnte. Kein Wunder also, dass viele Tiere und Pflanzen auch in der Sprache vorkommen, denn die spiegelt ja unseren Erfahrungshorizont wider. Da wir in der Regel von Natur umgeben sind, gibt es eine ganze Reihe von Wörtern und Redewendungen, die, kaum noch als solche wahrgenommen, ihren Weg aus der Natur in unseren alltäglichen Wortschatz gefunden haben – Mit jemandem ein Hühnchen rupfenoder Einen Frosch im Hals haben und Ausdrücke wie Ochsentour, Hammelsprung oder Erbsenzähler sind bekannte Vertreter.
Archiv des Autors
Zugegeben, die meisten Redewendungen sind schon etwas älter. Redensarten »mit langem Haltbarkeitsdatum« wie Der Hahn im Korbe oder Über den grünen Klee loben sind heute oft nicht mehr ohne Weiteres verständlich, weil die historische Situation, sowohl in der Tierhaltung, der Landwirtschaft wie in der Natur überhaupt, nicht mehr bekannt ist. Moderne Produktionsmethoden, die Massentierhaltung, die zugebaute Landschaft und asphaltierte oder gepflasterte und damit lebensfeindliche frühere Naturräume machen es dem in unserer Epoche lebenden Menschen fast unmöglich, Zusammenhänge zu erkennen, unter denen viele Redensarten einmal entstanden sind.
Redewendungen sind nämlich nicht nur wie Brücken in die Vergangenheit, sondern auch wie Pfade in die Natur. Leider enden viele dieser Wege inzwischen in Sackgassen, weil viele Bezüge, auf die Redensarten zurückgehen, heute nicht mehr funktionieren. Die Natur tritt in unserer Zivilisation immer mehr in den Hintergrund und kann oft nur noch in Reservaten und zoologischen oder botanischen Gärten erlebt werden. Wer kann noch einen Rohrspatz schimpfen hören und wer könnte eine Kröte von einer Unke unterscheiden?
Archiv des Autors
Wie bei meinen früheren Büchern handelt es sich auch bei dieser Publikation nicht um eine trockene wissenschaftliche Abhandlung; die Lektüre soll vielmehr wieder auf unterhaltsame Weise aufzeigen, woher die vielen »natürlichen« Redewendungen kommen. Stinken wie ein Wiedehopf oder Seinen Senf dazugeben sind heute noch gebräuchliche Wendungen und werden von jedem gemäß ihrer Aussage verstanden, aber weshalb eigentlich stinkt man ausgerechnet wie ein Wiedehopf, und warum gibt man seinen Senf und nicht seinen Ketchup dazu? Woher kommen diese Formulierungen ursprünglich und unter welchen Umständen sind sie einmal entstanden?
Von Kleinstlebewesen wie Bakterien und anderen Mikroben abgesehen, besteht die belebte Natur aus Tieren und Pflanzen. Beide unterscheiden sich in wilde und domestizierte Arten, in heimische und exotische. Gemäß dieser groben Aufteilung der Natur sind insgesamt sechs Buchkapitel entstanden. Zwei große Abteilungen beschäftigen sich jeweils mit der Tier- und der Pflanzenwelt, jede noch einmal unterteilt in domestizierte Tiere bzw. Pflanzen, heimische Wildtiere bzw. -pflanzen und exotische Tiere bzw. Pflanzen.
Das erste Kapitel ist Redensarten mit Tieren wie Hund, Katze, Kuh oder Schwein gewidmet, die gemeinhin als »Nutztiere« bezeichnet werden. Angesichts eines neuen Blicks auf die Natur ist das Verständnis, Tiere und Pflanzen einfach nur zu »nutzen«, nicht mehr zeitgemäß. Dazu war ein generelles Umdenken in der Gesellschaft notwendig, das Abschied nahm vom jahrhundertelang geltenden Bibelwort, dass nämlich der Mensch sich die Erde mit all ihren Geschöpfen »untertan« machen solle. Wir sind es den Tieren schuldig, sie als Mitgeschöpfe mit eigener Würde zu achten und sie nicht nur nach ihrem Nutzen für den Menschen – streicheln oder schlachten – zu klassifizieren. Demzufolge wird auch in diesem Buch vermieden, den »Nutzwert« eines Tieres durch eine entsprechende Benennung auszudrücken. Domestizierte Tiere werden vielmehr nach ihrem Lebensraum eingeordnet, nämlich dem Haus (vor allem Hund und Katze) und dem landwirtschaftlichen Anwesen, dem Hof (Pferd, Schwein, Rind, Huhn etc.). Analog werden auch Pflanzen nicht als »Nutz-«, sondern als »Kulturpflanzen« bezeichnet. Was die Einordnung mancher Tiere und Pflanzen in die genannten Kategorien betrifft, wurde nach eher oberflächlichen Kriterien vorgegangen. So gibt es die Ente auf dem Bauernhof, aber auch als Wildente, Tauben als Brieftauben, aber natürlich auch als wilde Ringeltauben. Auch könnte man darüber streiten, ob ein Pfau ein Hoftier ist oder, trotz seiner inzwischen langen Haltung in Europa, ein exotisches Wildtier.
Dieses Buch kann natürlich keinen hohen wissenschaftlichen Anspruch haben. Die Fakten sind zwar sorgfältig recherchiert, differenziertere Erklärungen müssen aber der Fachliteratur vorbehalten bleiben. Denn bei der Erläuterung der Herkunft der Redewendungen ergab sich manchmal die Schwierigkeit, dass auf dem begrenzt zur Verfügung stehenden Raum die teilweise komplizierten biologischen Zusammenhänge nicht erklärt werden konnten. Hier sind die Leserinnen und Leser aufgerufen, durchaus noch einmal ihr altes Schul-Biologiebuch in die Hand zu nehmen oder in die jeweiligen Wikipedia-Artikel zu schauen. Vielleicht ist die Lektüre des vorliegenden Buches ja auch der Anlass, wieder einmal in die wunderbare Welt der Tiere und Pflanzen einzutauchen. Am besten natürlich per Abstecher in die lebendige Natur selbst, aber auch die Lektüre von »Grzimeks Tierleben« oder die gut recherchierten und professionell aufbereiteten Naturdokumentationen über das Leben in Savanne, Steppe, Dschungel und Tiefsee, aber auch bei uns um die Ecke, die einschlägige TV-Sender anbieten, werden zur Bewusstseinserweiterung beitragen.
Es geht also in diesem Buch nicht um Flora und Fauna selbst, sondern um die Spuren, die sie in unserer Sprache hinterlassen haben. Dafür will das Buch die Augen öffnen. Wenn dabei ab und zu etwas Augenzwinkern im Spiel ist, sollte man nicht gleich aus einer Mücke einen Elefanten machen. Hier sollen auf unterhaltsame Weise interessante Informationen über die in unserer Sprache so verbreiteten Bezüge zu Tieren und Pflanzen vermittelt werden.
Archiv des Autors
Die Artikel zu den jeweiligen Redewendungen erscheinen innerhalb der Kapitel im Großen und Ganzen in alphabetischer Reihenfolge der zugehörigen Tiere oder Pflanzennamen. Dabei gibt es allerdings Ausnahmen: Da es sinnvoll war, zwei Artikel über dasselbe Tier oder dieselbe Pflanze auf einer Buchseite anzuordnen, wurde die alphabetische Reihenfolge nicht konsequent eingehalten. So kommt beispielsweise der Artikel zum »Fink« nach denen zum »Fisch«, und die »Spinne« kommt erst nach dem »Storch«. Redewendungen, in denen ein Bock vorkommt, stehen nicht am Anfang des Kapitels über Redensarten mit Haus- und Hoftieren, sondern an dessen Ende, weil es sich um einen »Ziegenbock« handelt. »Schimmel« und »Rappe«, die einzigen Pferde mit identifizierbarer Rasse, findet man daher unter den Redensarten mit P wie »Pferd«, genauso wie Lamm und Hammel unter S wie »Schaf«.
Archiv des Autors
Wie in meinen anderen Büchern habe ich, wenn sich die Gelegenheit bot, im Artikel zu einer bekannten Redewendung noch weitere, damit verwandte Redensarten oder auch Begriffe aufgeführt und kurz erläutert. Nicht aufgenommen wurden Wendungen wie Munter wie ein Fisch im Wasser, die keiner Erklärung bedürfen, und echte Sprichwörter wie » Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer«. Dagegen werden auch ältere Redensarten mit Begriffen wie »Hahnrei« oder »Backfisch« noch einmal erklärt, bevor sie ganz ausgestorben sind, eben weil niemand mehr etwas damit assoziiert. Des Weiteren hören sich manche Redewendungen oder Begriffe zwar so an, haben aber gar nichts mit Tieren zu tun wie die Schnapsdrossel oder der Amtsschimmel – hier soll die Gelegenheit genutzt werden, diese Redensarten, in denen nur scheinbar ein Tier oder eine Pflanze vorkommen, als solche zu entlarven. Im Gegensatz dazu gehen Wendungen wie Sich freuen wie ein Schneekönig oder Das ist kein Pappenstiel!, die auf den ersten Blick aus anderen Zusammenhängen zu stammen scheinen, tatsächlich auf ein Tier oder eine Pflanze zurück, was ebenfalls hier aufgedeckt werden soll. Auch stößt man im Alltag hin und wieder auf einzelne Ausdrücke, die Bezug nehmen auf Tier- oder Pflanzennamen oder so klingen: Warum heißt ein Abhörgerät »Wanze« und die Hebevorrichtung »Kran«?
Sicher wird das Publikum viele populäre Redewendungen wie Das kann kein Schwein lesen vermissen. Angesichts der Menge habe ich darauf verzichtet, 36 weitere Redensarten mit Tieren oder Pflanzen, die ihre Wurzeln im Mittelalter, in der Bibel oder in der Antike haben und die ich schon in meinen anderen Büchern behandelt habe, hier noch einmal aufzuführen. Dazu gehört zum Beispiel Auf den Hund kommen, das in » Schwein gehabt! – Redewendungen des Mittelalters« erklärt wird; Ein Wolf im Schafspelz wird in » Wer’s glaubt wird selig! – Redewendungen aus der Bibel« erläutert und Eulen nach Athen tragen in » Das wissen die Götter! – Redewendungen aus der Antike«; am Ende dieser Publikation ist eine Liste dieser Redensarten mit dem Verweis auf das Werk enthalten, in dem sie ausführlich erklärt werden.
Bei der Lektüre des vorliegenden Buches wünsche ich nun viel Vergnügen und so manchen Aha-Effekt. Vielleicht kann es etwas dazu beitragen, dass einige bedrohte (Redens-)Arten vor dem Aussterben bewahrt werden.
Gerhard Wagner
» Da lachen ja die Hühner«
Von bunten Hunden und falschen Pferden
Welches ist weltweit das häufigste Nutztier? Nein, nicht das Huhn, das Schwein oder das Rind – es ist die Biene. Als domestizierter Honigproduzent hat sie besondere Bedeutung, weshalb sie mengenmäßig jede andere Nutztierart um Längen schlägt. Allein in Deutschland werden von 80.000 Imkern eine Million Bienenvölker gehalten! Kein Wunder also, dass der Begriff Biene in der Regel auf die Honigbiene reduziert wird, obwohl es weltweit über 20.000, in Deutschland immerhin 500 Bienenarten gibt, von denen die meisten Wildbienen sind, die einzeln leben und keinen Honig sammeln. Dass die Biene für den Menschen geradezu zum Synonym des Fleißes geworden ist, hängt natürlich damit zusammen, dass er diesen Eifer ganz hautnah in jedem Garten beobachten kann. Seit 2017 gibt es an jedem 20. Mai den UN-»Welttag der Bienen«, eine absolut verdiente Anerkennung, aber gleichzeitig auch ein Hinweis, wie notwendig eine solche Wertschätzung ist, denn die ökologische Bedeutung der Bienen kann gar nicht genug gewürdigt werden.
In den USA haben die beiden großen Parteien seit 1830 Symboltiere: die Republikaner den Elefanten, die Demokraten den Esel. Es erscheint etwas merkwürdig, dass ein Tier, das landläufig als dumm und störrisch gilt, dabei helfen sollte, Wahlen zu gewinnen. Man betonte einfach andere Eigenschaften des Esels, nämlich bescheiden, liebenswert, zwar etwas starrsinnig, aber auch schlau zu sein. Woher aber rührt der Aberglaube, der zu dem negativen Image des Esels geführt hat und zu Du dummer Esel! als Beschimpfung? Im Orient, wo er das Transport- und Reittier war, galt und gilt der Esel bis heute als besonders intelligent. Dass er dumm sei, ist eine neuzeitliche europäische Auffassung, die wohl damit zusammenhängt, dass Esel keine Fluchttiere sind, sondern als ursprüngliche Gebirgsbewohner in gefährlichen Situationen eher vorsichtig stehen bleiben und nicht kopflos davonrennen; Schläge oder gar Schreie nützen da gar nichts. Sie prüfen genau, bevor sie einen Schritt machen, wodurch sie den Ruf als störrische und dumme Tiere bekamen.
Seit Erfindung des Buchdrucks haben sich in diesem Gewerbe für viele Zeichen, orthographische oder Layout-Probleme intern Begriffe eingebürgert, die Laien merkwürdig vorkommen. So ärgert sich der Drucker über » Hurenkinder« und » Schusterjungen« beim Druckspaltenausgleich – beides Schimpfwörter, denn ein korrektes Schriftbild sieht Abweichungen nicht vor und der Setzer musste mit seiner Arbeit noch einmal von vorn anfangen. Etwas freundlicher hat die vor 200 Jahren oft verwendete Form des Anführungszeichens (»…«), die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Abdruck des Schwimmfußes einer Gans hat, zur Bezeichnung Gänsefüßchen geführt, was dann der Volksmund auch auf alle anderen Anführungszeichen übertragen hat. Wider Erwarten hat das Eselsohr aber mit der Druckersprache nichts zu tun, sondern die umgeknickte Ecke einer Buchseite wurde schon im 17. Jahrhundert so genannt. Dass nun bei uns ausgerechnet der Esel als Namensgeber herhalten musste – in England heißt so ein Knick » dog-ear« –, ist wohl auf die angebliche, ja sprichwörtliche Dummheit des Esels zurückzuführen.
Archiv des Autors
Ein bekanntes Kunstmärchen von Hans Christian Andersen handelt von einem Schwanenküken, das in einem Entennest ausgebrütet und wegen seines Aussehens – junge Schwäne sind tatsächlich nicht besonders niedlich – von den anderen als hässliches Entlein verspottet wird und sich schließlich zu einem schönen Schwan entwickelt. Diese Parabel hat direkt zu der Redensart geführt, ein weibliches Wesen, das nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht, als hässliches Entlein zu bezeichnen, wobei die Hoffnung mitschwingt, dass sich das ändern werde, wenn man nur lange genug wartet. Indirekt geht der in Deutschland übliche Kosename des Citroën 2CV ebenfalls auf Andersens Märchen zurück. 1948 wurde das damals neue Auto in den Niederlanden vorgestellt, wo ein Journalist es mit Bezug auf Andersen » de lelijke eend«, also »das hässliche Entlein« nannte. Nach Deutschland wurde der der gängigen Autoästhetik widersprechende Wagen erst 1959 exportiert, wo sich der Name umgehend verbreitete, allerdings in seiner Kurzform Ente, die sich inzwischen von Andersens Märchen abgenabelt hat.
Dass Menschen mit Tiernamen belegt werden, ist weit verbreitet. Die dumme Gans ist ein weiterer Ausdruck, der beweist, dass der Mensch, nach Selbsteinschätzung die Krone der Schöpfung, einige seiner Mitkreaturen völlig falsch beurteilt. Ihr Geschnatter gilt schon seit Jahrhunderten als Zeichen mangelnden Verstandes, dabei besitzen Gänse eine ausgeprägte soziale Intelligenz. Im Unterschied zu Goethe, der von der Dummheit der Schnatterer überzeugt war, hat Selma Lagerlöf in ihrem Buch » Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen« den Gänsen und ihrer Klugheit ein literarisches Denkmal gesetzt. Gänse reagieren auch sensibel auf Gefahren und warnen laut schnatternd ihre Artgenossen. So sollen wachsame Gänse, die heiligen Tiere der Göttin Juno, im Jahre 390 v. Chr. das Kapitol in Rom vor der Erstürmung durch keltische Eroberer bewahrt haben, weil ihr Geschrei die Wächter warnte. Kluge Tiere, und wer gesehen hat, wie diese zwangsweise gestopft werden, um Gänseleber essen zu können, dem vergeht der Genuss.
Archiv des Autors
Die Gänse liefern uns mit Im Gänsemarsch laufen eine weitere kuriose Redewendung, die sich auf eine drollig anmutende Eigenart dieses Federviehs bezieht. Gänseküken laufen der Mutter in einer Reihe, also hintereinander nach, was bei einem Gelege von zehn Küken schon sehr lustig aussehen kann. Im Tierreich kommt diese Form häufig bei Wasservögeln und ihren Jungtieren vor. Diese Art der Familienfortbewegung wurde früher » Gänsegang« genannt, später wurde in der – damals militaristisch angehauchten – Studentensprache der Gänsemarsch daraus. Heute nutzen Kleinkünstler diese Veranlagung zur Dressur auch erwachsener Gänse. Sie führen sie dann bei Straßenfesten im Gänsemarsch durch die Stadt, was beim Publikum meist große Belustigung hervorruft, die Gänse aber eigentlich zu etwas zwingt, was ihrer Natur zuwider ist, wenn sie durch johlende Menschenmassen watscheln müssen.
Eine Gänsehaut, also Haut mit kleinen Erhebungen und aufgerichteter Körperbehaarung, die aussieht wie die einer gerupften Gans, kann man aus sehr unterschiedlichen, sogar konträren Gründen bekommen. Meist ist es Kälte, weswegen sich die Muskeln des Haarbalgs zusammenziehen und die Körperhaare sich aufrichten, so dass zur Verbesserung der Isolation der Körperoberfläche mehr Luft zwischen den Haaren eingeschlossen werden kann. Aber auch bei Angst kommt es zu dieser Reaktion; der Grund könnte in der fernen Vergangenheit zu finden sein und mit der für unsere behaarten Vorfahren geltenden Vergrößerung des Körperumfangs zusammenhängen, um Feinde abzuschrecken. Merkwürdigerweise bildet sich auch eine Gänsehaut, wenn man von einem Erlebnis positiv berührt ist; das kann für ein packendes Musikstück, eine emotionale Szene in einem Film oder auch eine patriotische Ergriffenheit gelten, wenn bei einer Siegerehrung die Nationalhymne gespielt wird. Übrigens nennen auch Briten, Italiener, Russen, Polen, Tschechen, Dänen, Letten und Ungarn ihre medizinisch so genannte »Piloerektion« nach der Gans.
Die 20 Milliarden Haushühner, die es ständig auf der Welt gibt, sind Abkömmlinge einer Wildhuhnrasse, die ursprünglich aus Südostasien stammt und vermutlich vor 4000 Jahren domestiziert wurde. Das Huhn ist – wenn man mal von den Bienen absieht – damit unser zahlenmäßig häufigstes Haustier. Der Mensch lebte jahrhundertelang eng mit seinen Hühnern zusammen, woraufhin sich eine ganze Reihe von Redewendungen entwickelt hat, die auf Eigenheiten des Federviehs zurückgehen. Von etwas so viel verstehen wie der Hahn vom Eierlegen ist eine davon, eine andere, die man nicht erklären muss, lautet Auf etwas sitzen wie die Glucke auf den Eiern. Aus der »Hühnerhofsoziologie« hat sich auch, als Metapher für das soziale Gefüge innerhalb einer Gruppe, der Begriff Hackordnung gebildet, denn in jeder Hühnerpopulation kann man beobachten, dass manche Hühner von anderen »gehackt« werden, also schmerzhaft weggepickt, während andere Hühner ihrerseits »hacken« – ganz wie bei den Menschen …
Wie jeder, der einmal Urlaub auf dem Bauernhof gemacht hat, leidvoll festgestellt haben wird, haben Hühner – wie die meisten Vögel – einen anderen Tagesablauf als Menschen. Sogar noch vor der bekannten Herrgottsfrühe, der Zeit, in der die katholische Frühmesse beginnt, singen viele Vogelarten, und auch der – nicht besonders melodische – Gesang des Hahns ertönt bei Sonnenaufgang zum ersten Mal – man mag es kaum glauben, aber das Wort »Hahn« bedeutet etymologisch nichts anderes als »Sänger«. Mit seinem unüberhörbaren »Gesang« markiert er damit wohl sein Revier. Im Laufe des Tages kräht der Hahn auch zu anderen Anlässen, zum Beispiel, um seine Hennen zusammenzurufen, wenn ihr Chef etwas Fressbares gefunden oder einen Feind erspäht hat. Außer in der Massentierhaltung, wo es weder Hähne noch natürliches Licht gibt, richtet sich das Federvieh nach der Sonne und geht, wenn es abends dämmert, auf seine Schlafplätze, wo es dann wie die Hühner auf der Stange sitzt. Wenn man also nicht total unausgeschlafen aus dem Urlaub zurückkehren will, ist es ratsam, mit den Hühnern schlafen zu gehen.
An einer Stelle in der Bibel spielt ein Hahn eine wichtige Rolle, auch wenn es nur eine Statistenrolle ist. Jesus prophezeit Petrus vor seiner Gefangennahme, dass er von ihm dreimal verleugnet werde, » ehe der Hahn kräht«. Eigentlich kräht der Hahn rein gewohnheitsmäßig bei Sonnenaufgang, trotzdem ist diese Bibelstelle der Ursprung für diese Redewendung: Wenn nach etwas kein Hahn kräht, hat das offenbar keine Bedeutung, im Gegensatz zu Petrus. Heutzutage werden ländliche Geräusche von vielen Anwohnern als Belästigung empfunden, meist von Zugereisten, die nach kurzer Zeit genervt feststellen, dass das Landleben Gerüche und Geräusche mit sich bringt, die einem erholsamen Schlaf abträglich sind. Vor allem der Hahnenschrei sehr früh am Tage, das tägliche Morgen-Grauen, hat bereits Gerichte bemüht, die aber meist Gebieten, in denen immer schon landwirtschaftliche Nutzung stattfand, den krähenden Hahn als ortsüblich attestierten. In Frankreich soll es sogar Bestrebungen geben, das Hahnenkrähen als geschütztes Kulturerbe anzuerkennen.
Der Gockel als Chef auf dem Hühnerhof darf sich der ungeteilten Aufmerksamkeit seiner Hennen sicher sein; so lässt sich die Redewendung vom Hahn im Korbe interpretieren, wobei der Korb das Behältnis meinen kann, in dem Hühner inklusive Hahn zum Markt transportiert wurden, aber auch als Synonym für den Hof stehen kann. Der Hahn ist immer schon ein Phantasie anregendes Tier gewesen, mit seinem großen roten Kamm, auffälligen Kehllappen und rotbraunem, oft sehr feurig wirkendem Gefieder hat er zu der Redewendung Den roten Hahn aufs Dach setzen inspiriert – die lodernden Flammen eines in Brand gesetzten Hauses erinnern tatsächlich an einen flatternden roten Hahn! Aber auch sexuell gibt es diverse Bezüglichkeiten; als »Hahn« wird vulgärsprachlich manchmal der Penis bezeichnet, im amerikanischen Slang wird »cock« ebenfalls so verstanden. Mit Den Hahn zudrehen ist allerdings nur der Absperrhahn gemeint, der früher, ob Wasser- oder Zapfhahn, was das Aussehen angeht, einem Hahn ähnelte.
Es gibt eine Reihe Redewendungen, die im Aussterben begriffen sind, weil in ihnen ein Begriff vorkommt, der heute nicht mehr geläufig ist. Ein solches Wort ist »Hahnrei«. Damit wurde früher ein Ehemann bezeichnet, der von seiner Frau betrogen wurde. Die Redensart ist aus demselben historischen, wenn auch skurrilen Zusammenhang zu erklären wie Hörner aufsetzen