Das Arkonadia-Rätsel - Andreas Brandhorst - E-Book
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Das Arkonadia-Rätsel E-Book

Andreas Brandhorst

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Beschreibung

Ein Bund von mächtigen Völkern, Omni genannt, wacht in der Milchstraße über die Entwicklung von Leben und Zivilisationen. Jasper und seine Tochter Jasmin gehören zu den wenigen Auserwählten, die in den Diensten Omnis stehen. Ihr Auftrag führt sie zu dem fernen Planeten Arkonadia. Seit Jahrtausenden stranden dort immer wieder Raumschiffe unter dem Einfluss einer unerklärlichen Raumzeit-Anomalie. Zudem bewirkt das geheimnisvolle Nerox, das alle 453 Jahre auftritt, technologischen Stillstand und stürzt den ganzen Planeten ins Chaos. Niemand kennt den Ursprung des Phänomens. Jasper und Jasmin sollen das Rätsel von Arkonadia lösen und stoßen dabei auf ein Geheimnis, das eine Milliarde Jahre alt ist und auch Omni betrifft …

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ISBN 978-3-492-96584-2Mai 2017© Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2017Covergestaltung: Guter Punkt, MünchenCovermotiv: Lorenz HideyoshiDatenkonvertierung: Fotosatz Amann, MemmingenSämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Wir weisen darauf hin, dass sich der Piper Verlag nicht die Inhalte Dritter zu eigen macht.

Die Sekunden tröpfeln, sie sammeln sich zu einem See,zu einem Meer, zu einem Ozean der Zeit,eine Milliarde Jahre tief.

Omni

Im Herzen der Galaxis, im Kern der Milchstraße, wo die Sonnen so dicht stehen, dass planetare Nächte nie ganz dunkel sind, und wo es Energie im Überfluss gibt, haben sich die am höchsten entwickelten Völker vor Äonen zu »Omni« zusammengeschlossen, einem Bund von Superzivilisationen. Omni verwaltet das Erbe der Pandora, der ersten großen Zivilisation in der Milchstraße, und setzt ihr Werk fort, indem es auf öden Welten Keime des Lebens ausbringt, die Entwicklung von intelligenten Spezies beobachtet und gelegentlich eingreift, um zu helfen – oder um bestimmte Entwicklungen zu verhindern. Geleitet wird Omni dabei vom Ethox, einem ethischen Kodex, dessen Regeln für Außenstehende nicht immer leicht zu verstehen sind. Omnis Technik ist so fortschrittlich, dass sie für andere Völker von Magie kaum zu unterscheiden ist. Darin liegt Macht, aber diese Macht setzen die Superzivilisationen sehr zurückhaltend ein. Was ihnen manchmal Kritik einbringt, ließe sich mit einer derartigen Technologie doch viel bewirken und verändern.

Omni nimmt Reisende in seine Dienste, Angehörige von Völkern, die noch keinen so hohen Entwicklungsstatus erreicht haben, dass sie hoffen dürften, in die Gemeinschaft der Superzivilisationen aufgenommen zu werden. Diese Reisenden werden biologisch verändert, damit sie lange leben und ihre Aufgabe erfüllen können, andere Völker zu beobachten und ihnen zu helfen, wenn Omni Hilfe für nötig hält. Zwei dieser Reisenden sind Jasper und Jasmin, Vater und Tochter, in ihrem früheren Leben Vinzent Akurian Forrester und Isdina-Iaschu, wegen ihres roten Haars und ihrer roten Augen Zinnober genannt. Ihre erste große Mission für Omni führt sie nach Arkonadia, weit von allen Zivilisationen der Milchstraße entfernt. Zwar befinden sie sich erst seit kurzer Zeit in Omnis Diensten, aber sie ahnen, dass sich tief in der Vergangenheit von Omni ein Geheimnis verbirgt. Es ist eine Milliarde Jahre alt.

Prolog

Arkonadia:Zirzo, der WerkzeugmacherNoch vier Jahre und sechs Monate bis zum Beginn der 45. Ära

Draußen rief jemand: »Die Brüder sind vom Vulkan zurück! Und sie kommen mit vollen Taschen!«

Zirzo sah nicht von der Werkbank auf. Dies war ein besonderer Tag, er fühlte es in seinen alten Knochen, und nicht nur wegen der Rückkehr der beiden Feuerläufer, wie man Eray und Etini nannte – hoffentlich brachten sie genug Supra mit. Ein Prickeln in den Fingern hatte ihn mitten in der Nacht aus dem Schlaf geholt, ein Kribbeln, das besonders gute Werkzeuge verhieß. Mit leichtem Fieber war er aus dem Bett gekrochen und in seine Werkstatt gewankt, nur um dort festzustellen, dass es den Fingern nicht nach seinen Instrumenten verlangte, damit er Supra – dem geringen Vorrat, der ihm noch geblieben war – Form und Funktion gab. Stattdessen hatte ihn das Prickeln in den kleinen Raum mit den bereits fertiggestellten Werkzeugen geführt, zu dem geheimen Fach hinten in der Ecke, wo er seinen kostbaren Schatz aufbewahrte, das beste Werkzeug, an dem er schon seit vielen Jahren arbeitete, die Krönung seines Lebens: eine Statuette, Rumpf und Beine bereits perfekt; es fehlten die Arme und die Hälfte des Kopfes.

Als er jetzt auf seine Hände blickte, im Sonnenlicht, das durchs nahe Fenster fiel, sah er, dass sie zitterten, nicht aus Schwäche, nicht unter der Last von Alter und Krankheit, sondern weil sie spürten, dass sich Großes anbahnte.

Zirzo legte seine Instrumente beiseite und drückte die Hände flach auf die Werkbank, um das Zittern aus ihnen zu vertreiben. Er wartete.

Schließlich klopfte jemand an die einen Spaltbreit offen stehende Tür.

Zirzo atmete tief durch und drehte sich um. »Was habt ihr gefunden?«

Jemand zog die Tür ganz auf, und für einen Moment war der Hang des Vulkans zu sehen; eine graubraune Wolke verhüllte den Gipfel. Zwei Männer traten ein, schmutzig, begleitet von einem Geruch nach Schwefel. Beide verneigten sich kurz, bevor der erste vortrat, seine Tasche öffnete und dem Werkzeugmacher ihren Inhalt zeigte.

Zirzo nahm einen der Steine, drehte ihn, betrachtete ihn unter einem Vergrößerungsglas und nickte anerkennend. »Ein hoher Anteil an gutem Supra, mit einer Reinheit von siebzig Prozent, würde ich sagen. Noch immer die Westtunnel?«

Die beiden Feuerläufer wechselten einen Blick. »Nein«, sagte Eray, der Mann, der seine Tasche geöffnet hatte. »Wir haben uns diesmal die Lavatunnel nördlich des Hauptschlots angesehen.«

»Sie sind nicht stabil, wenn ich richtig informiert bin«, sagte Zirzo. »Dort kann es zu Ausbrüchen kommen.«

»Wir dachten, dass sich die Suche lohnen könnte, weil sich nur selten jemand dorthin wagt«, sagte der zweite Mann namens Etini, der jüngere Bruder von Eray. Er wirkte aufgeregt. Dies war noch nicht alles.

»Was hast du mitgebracht, Etini?«

Auch die zweite Tasche enthielt faustgroße Steine, aber die Mineralienadern in ihnen waren nicht silbern wie bei den ersten, sondern schimmerten golden und … grün. Zirzo sah genauer hin. Seine alten Augen trogen ihn nicht: grünes Supra. Darauf hatte er ein ganzes Jahr gewartet.

Der Werkzeugmacher legte den Stein so vorsichtig zurück, als könnte er zerbrechen. »Ich nehme alles«, sagte er. »Alles, was ihr mitgebracht habt. Wenn es von dieser Qualität ist.«

»Das ist es, Zirzo, das ist es.« Eray lächelte erfreut und rieb sich die Hände. »Gute Qualität hat einen guten Preis. Und das grüne Supra …«

»Ihr bekommt, was euch zusteht.« Zirzo stellte die beiden Taschen unter seine Werkbank, stand auf und ging ins Schlafzimmer. Seine Hände zitterten erneut oder noch immer, als er eine Schublade des schmalen Schranks neben dem Bett öffnete, das kleine Gerät hervorholte, das er vor Jahrzehnten als junger Mann von den Tingla bekommen hatte, und seinen persönlichen Code eingab. Anschließend überlegte er kurz und sagte: »Viertausend.« Nicht viel, aber genug. Er war ein reicher Mann, und er war auch deshalb reich geworden, weil er es mit den Ausgaben nicht übertrieb.

Der Gerät sagte: »Identität bestätigt. Viertausend Verrechnungseinheiten werden bereitgestellt.« Ein Geldstreifen kam aus der Seite, drei Zentimeter lang und einen breit, blau und fälschungssicher. Kleine Dellen und Höcker gaben Auskunft über den Betrag.

Wieder in der Werkstatt sagte er: »Hier sind viertausend. Ihr bekommt noch einmal so viel, wenn ihr mir mehr bringt, vor allem grünes Supra.« Die beiden schmutzigen, nach Schwefel riechenden Brüder eilten fort.

Zirzo verbrachte einen großen Teil des Morgens damit, auf die Steine zu starren und daran zu denken, dass er jetzt Gelegenheit bekam, die Arbeit an der Figur fortzusetzen. Das grüne Supra, das ihm Eray und Etini verkauft hatten, genügte nicht für ihre Vollendung, aber wenn sie ihm noch mehr brachten, konnte er die Statuette vielleicht fertigstellen, bevor ihn das Fieber dahinraffte. Während der nächsten Monate musste er zahlreiche Werkzeuge herstellen, denn der Beginn der neuen Ära, der fünfundvierzigsten, rückte näher, und Tausende von Arkonadiern, die seit Jahren und Jahrzehnten Vorbereitungen trafen, würden sich auf den Weg machen, sobald feststand, in welcher Region das Nerox nach vierhundertdreiundfünfzig Jahren wieder erschien. All diese Reisenden brauchten Werkzeuge für den Versuch, die vielen Hindernisse zu überwinden und ins Innere des Nerox zu gelangen. Es würde Zirzo nicht leichtfallen, Zeit für die Arbeit an der Figur zu finden, doch er durfte auch nicht zu lange warten, wenn er sie fertigstellen wollte, denn sein Leben neigte sich dem Ende entgegen.

Der Nachmittag brachte eine unerwartete Lösung für dieses Problem und gab der letzten Phase seines Lebens eine überraschende Wendung. Mit wieder ruhig gewordenen Händen arbeitete Zirzo an einem Werkzeug, das in wenigen Tagen fertig sein musste, als es draußen im Dorf still wurde. Zirzo saß am offenen Fenster, blinzelte im hellen Sonnenschein, lauschte und hörte nur das Grollen des Vulkans, wie das Magenknurren eines Riesen. Dann vernahm er gedämpfte Stimmen, so leise, dass er die Worte nicht verstand, und schwere, energische Schritte, die sich seiner Hütte näherten. Die Tür wurde geöffnet, ohne dass sich der Besucher mit Anklopfen aufhielt. Eine große, massige Gestalt stapfte herein und ließ die Tür offen. Zirzo bemerkte mehrere Soldaten, die vor seiner Hütte Aufstellung bezogen.

»General Tailos, es ist mir eine Ehre«, sagte er.

»Zweifellos, zweifellos«, erwiderte der Besucher mit tiefer Stimme. Er stand halb gebückt, um nicht mit dem Kopf an die Decke zu stoßen. Der etwa zwanzig Zentimeter lange gelbe Nasenrüssel neigte sich von einer Seite zur anderen. »Es riecht hier nach Arbeit, nach guter Arbeit.«

»Ich bemühe mich«, sagte Zirzo betont bescheiden. Tailos von den Jannaschi, zu deren Territorium der Vulkan gehörte, galt als launisch, und er war so mächtig, dass seine Launen sehr gefährlich werden konnten.

»Du wirst dich zweifellos bemühen, Werkzeugmacher, für mich, für meinen Sohn Lotin«, sagte der General mit einer Stimme, die Mauern erzittern lassen konnte. »Du giltst als der beste Werkzeugmacher weit und breit, und du wirst für mich das beste Werkzeug anfertigen, das du jemals geschaffen hast. Dazu hast du vier Jahre und sechs Monate Zeit. Du wirst dich mit nichts anderem beschäftigen, Zirzo, und dich ganz auf das Werkzeug für Lotin konzentrieren.«

»Ach …« Zirzo seufzte kummervoll und ein wenig übertrieben. »Es gibt wichtige Aufträge, die ich erfüllen muss, General, und hinzu kommt meine Krankheit, das schleichende Fieber.« Er hustete, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Ich fürchte, mir bleiben keine viereinhalb Jahre mehr.«

»Ich habe dir etwas mitgebracht, Zirzo.« Tailos griff unter seine Uniformjacke, holte zwei Beutel aus schwarzem Leder hervor und legte den ersten auf die Werkbank. »Nur zu, öffne ihn, du wirst überrascht sein, zweifellos.«

Der alte Werkzeugmacher zog an der Schnur, öffnete den Beutel und sah einen Stein, groß wie eine Hand und grün wie die Knospen eines Windbaums. Ihm stockte der Atem. Es war kein Stein, der grünes Supra enthielt. Es war ein großer Brocken Supra mit ein wenig Stein darin. »Wo haben Sie das gefunden, General?«

»Spielt keine Rolle«, brummte Tailos. »Es ist grünes Supra, fast rein, und es liegt auf deiner Werkbank, bereit für deine Hände, mehr als genug für ein erlesenes Werkzeug. Und das hier wird dir genug Zeit geben für die Fertigung.« Der General öffnete den zweiten Beutel selbst und entnahm ihm ein kleines Glas mit violetter Flüssigkeit. Er stellte es neben das grüne Supra.

Zirzo glaubte, seinen Augen nicht trauen zu können. »Ist das wirklich …?«, begann er.

»Zweifellos. Das Elixier des Lebens, von den Tingla, nach einem Rezept der hohen Ho-Korat, wie es heißt.« Bei diesen Worten erklang selbst in der Stimme des Generals so etwas wie Ehrfurcht. »Es wird dir zwanzig Jahre geben, Zirzo. Das ist mein Geschenk für dich, oder besser: die Bezahlung für das Werkzeug, das du bauen wirst.«

»Aber …«

General Tailos klopfte sich mit der Faust auf die breite Brust. »In vier Jahren und sechs Monaten erscheint das Nerox, und wir wissen sogar, wo es erscheinen wird.« Er beugte sich vor und flüsterte: »Es ist kein Feuervogel erschienen, der uns mit heißem Odem das Geheimnis zugeflüstert hat. Ein Orakel der Tingla hat es uns verraten, meinem Sohn Lotin und mir. Sonst weiß niemand davon. Nur so viel, und du wirst darüber schweigen, wenn dir dein Leben lieb ist: Die neue Ära beginnt diesmal im tiefen Süden von Arkonadia, in Kelarien. In einem halben Jahr werden wir uns auf den Weg machen, Zirzo, und du wirst uns begleiten.«

»Ich soll …«

»Wir können nicht an diesem Ort warten, bis du fertig bist. Wir müssen in Kelarien sein, wenn die Orakel verkünden, wo genau das Nerox erscheinen wird. Wir müssen zur Stelle sein, damit uns niemand zuvorkommt, und das Werkzeug, das du bauen wirst, muss dann bereit sein.« General Tailos legte Zirzo eine schwere Hand auf die Schulter. »Mein Sohn wird damit das Nerox betreten und Regent von Arkonadia werden, der dritte in der Geschichte dieser Welt.«

ERSTER TEILViele Wege für ein Ziel

Kalte Vergangenheit

1Jasmin (früher: Zinnober)

Oben pfiff der Wind über schroffe Felsen, die braun und schwarz aus dem Eispanzer ragten. Unten, in der Mulde, war es still. Jasmins Hände strichen über kalte Vergangenheit, eine Milliarde Jahre alt.

Sie beobachtete, wie Jasper die Kontrollen seiner Thermojacke betätigte. »Hier ist es so kalt, dass sich nicht einmal ein Wefing wohlfühlen würde«, sagte er und verzog das Gesicht.

Thrako von den Inper, dreizehnte der Superzivilisationen von Omni, war vorausgegangen und stand am Eingang der Höhle, neben dem kleinen Pelzbündel des Mimmit, der ihnen den Weg gezeigt hatte, obwohl das nicht nötig gewesen wäre. Er wartete, während das Geschöpf an seiner Seite aufgeregt hüpfte und zirpte.

Jasmins Hände strichen über die Reste der Mauer, und mit den inneren Augen sah sie … Schatten der Vergangenheit, kälter als das Eis dieser Welt, und weit entfernt, obwohl zum Greifen nah. In den vergangenen drei Jahrzehnten, während der Veränderung ihres Körpers und auch ihres Geistes, war dieses Empfinden immer deutlicher geworden. Manchmal genügte es, Objekte zu berühren, um einen Eindruck von ihrer Vergangenheit zu gewinnen.

»Die Mauern sind leider nicht gut erhalten«, sagte Thrako. Er stand ein Dutzend Meter entfernt, aber Jasmin hörte seine Stimme klar und deutlich. »Es liegt an Eis und Wind. Die Hinterlassenschaften in der Höhle sind in einem wesentlich besseren Zustand.«

Jasmin nahm die Hand von den Mauerresten. Dünnes Eis bedeckte ihre Fingerkuppen.

»Was hast du gesehen?«, fragte Jasper, ihr Vater, der in einem anderen Leben den Namen Forrester getragen hatte. Sorge lag in seinen Worten; er traute ihrer neuen Fähigkeit noch immer nicht ganz.

»Tiefe«, sagte sie. »Eine Tiefe der Zeit.«

»Keine Bilder?«

»Nein.« Jasmin wandte sich von den Resten der Mauer ab und trat über den schmalen Pfad, angetrieben von einer Unruhe, die sie seit einigen Jahren begleitete, seit dem Ende der ersten Phase der Omni-Anpassung, wie Thrako es nannte. Vor dreißig Jahren waren sie und ihr Vater gewöhnliche Menschen gewesen, sie selbst zur Hälfte eine Crohani. Nach den Ereignissen um Aurelius und die Pandora-Maschine hatte Omni, die Gemeinschaft der Superzivilisation im Kern der Milchstraße, sie in ihre Dienste genommen und verändert, nicht nur ihre physische Existenz – sie genossen relative Unsterblichkeit und brauchten keine Nahrung mehr; Kontinua-Energie erhielt sie am Leben –, sondern auch ihre Psyche. Manchmal erstaunte es Jasmin, wie weit die Veränderungen gingen; es kam vor, dass sie das Gefühl hatte, sich selbst fremd geworden zu sein, ein fremder Geist in einem fremden Körper.

Jasmins Unruhe wuchs, als sie sich dem Höhleneingang näherte. Dort stand Thrako, elfenbeinfarben und halb durchsichtig, wie ein humanoides Stück Eis, der Rumpf schmal in der Mitte, mit großen silbernen Augen und einem schmalen Kopf, der eine nach hinten führende bogenförmige Erweiterung aufwies. Er hatte nur leichte Kleidung an, mit vielen Taschen, auf denen unterschiedliche Inper-Embleme glänzten. Ein unsichtbarer Kontinua-Film, den er wie eine zweite Haut trug, schützte ihn vor der Kälte.

»Sie mögen alte Dinge, nicht wahr, Jasmin?«, fragte der Inper.

»Das wissen Sie. In den dreißig Jahren, die wir bei Omni sind, hätte ich mir gern mehr von den Relikten und Hinterlassenschaften alter Zivilisationen angesehen, die Sie hüten. Leider haben Sie mir kaum Gelegenheit dazu gegeben.«

Thrakos Gesicht veränderte sich. Vielleicht lächelte er. »Höre ich da einen Vorwurf?«

Jasmin versuchte, ihre Unruhe unter Kontrolle zu halten. »Was enthält die Höhle? Warum haben Sie uns hierher gebracht?«

»Sie sind hier, weil ich um die Archäologin in Ihnen weiß«, erwiderte der Inper. »Und weil ich/wir eine neue Mission für Sie haben.«

»Hoffentlich eine nicht so langweilige wie die letzten beiden.« Die Worte sprangen aus ihrem Mund. »Zwei in drei Jahrzehnten, Thrako.«

»Sie lernen noch«, sagte der Inper sanft.

Lass es dabei bewenden, dachte Jasmin. Lass dich überraschen, von der Höhle und der neuen Mission. Aber sie sagte: »Wir haben genug gelernt, um in einen richtigen Einsatz geschickt zu werden. Um etwas zu tun. Um zu helfen.«

»Zinnober …«, sagte Jasper mit einem warnenden Unterton. Gelegentlich sprach er sie mit ihrem früheren Namen an, der inzwischen seltsam klang, wie der einer völlig anderen Person.

Der Blick der beiden großen silbernen Inper-Augen fing sie ein und hielt sie fest. »Wir werden sehen«, sagte Thrako langsam.

Der Mimmit zirpte etwas, das Thrako offenbar verstand, denn er vollführte eine zustimmende Geste, woraufhin das kleine Geschöpf davonstob. Sein weißer Pelz ließ es schon nach wenigen Metern mit Schnee und Eis verschmelzen.

Jasmin betrat einen schmalen Tunnel mit Wänden, die Bearbeitungsspuren aufwiesen. Sie hörte, wie Jasper hinter ihr fragte: »Dies ist nicht natürlichen Ursprungs, oder?«

»Nein«, antwortete Thrako. »Diesen Tunnel haben die Vorfahren der Mimmit angelegt, vor vielen Tausend Jahren, damals, vor der Regression, vor der Rückentwicklung, die sie zu den Geschöpfen machte, die sie heute sind.«

»Ursache war die klimatische Veränderung auf dieser Welt, nicht wahr?«, hörte Jasmin ihren Vater fragen. »Vor zwölftausend Jahren unserer alten Zeitrechnung. Die Bibliotheken haben mir davon erzählt.«

Der Teil der Omni-Bibliotheken, zu denen wir Zugang haben, und das ist ein sehr, sehr kleiner Teil, dachte Jasmin, aber diesmal gelang es ihr, die Worte zurückzuhalten.

»Der Hauptgrund war das Ende der tektonischen Aktivität«, erklärte Thrako. »Der Kern dieses Planeten erkaltete und erstarrte. Das Magnetfeld brach zusammen und schützte nicht mehr vor der kosmischen Strahlung. Die lange Eiszeit begann. Eins führte zum anderen. Der Basalt dieser Region stammt von den letzten Vulkanausbrüchen. Er ist eine Milliarde Jahre alt.«

»Genauso alt wie die Mauerreste und das, was Sie uns in der Höhle zeigen wollen«, sagte Jasmin.

»Mauern und Höhle sind etwas älter«, erwiderte Thrako. »Einige Tausend Jahre, glauben wir.«

Jasmin verharrte vor einer in die Tiefe führenden Treppe. Einige Lichter glühten in der Dunkelheit, geschaffen von Kontinua-Energie. Dies war ein geschützter Bereich – Jasmin fühlte die Präsenz von Omni, wie ein vertrautes Kribbeln im Nacken.

»Die Höhle ist älter? Wieso wurden sie und ihr Inhalt nicht durch die vulkanische Aktivität zerstört?«

»Weil die Schöpfer ihr Werk schützten.«

»Vor einer Milliarde Jahren? Ich nehme an, wir sprechen hier nicht von den Mimmit?«

»Nein. Wir sprechen von einem der Völker, die damals verschwanden«, sagte Thrako.

»Sie meinen die Exilanten?« Das weckte Jasmins Interesse.

»So werden sie manchmal genannt, ja.« Der Inper deutete die Treppe hinunter. »Es ist nicht mehr weit. Sind Sie nicht neugierig?«

Jasmin musterte ihn argwöhnisch. »Fürchten Sie weitere Fragen? Ich nehme an, Sie wissen, dass ich über Jahre hinweg versucht habe, mehr über die Exilanten herauszufinden, die damals nicht an der Gründung von Omni teilnahmen.«

Der Inper hob die Schultern. »Es gibt Fragen, und es gibt Antworten. Und es gibt einen geeigneten Zeitpunkt sowohl für das eine wie für das andere. Möchten Sie sehen, was sich in dieser Höhle befindet?«

Er ging an Jasmin vorbei und die Treppe hinunter. Sie sah ihm nach, nachdenklich und verärgert.

»Suchst du Streit mit ihm?«, flüsterte Jasper ihr zu, als er sie erreichte. »Was ist los mit dir?«

Sie schüttelte wortlos den Kopf, von sich selbst verwirrt, und folgte Thrako über die Treppe. Es wurde noch kälter, so kalt, dass die automatische Temperaturregelung ihrer Thermojacke reagierte.

Die Treppe endete an einem Torbogen aus Obsidian, und dahinter lag ein runder Raum, mit einem Durchmesser von etwa zehn Metern. Wände und Decke bestanden aus dunklem Basalt, wie der Rest, doch smaragdgrüne Fliesen bildeten den Boden.

Die Schatten der Vergangenheit verdichteten sich und drängten Jasmin entgegen. Ihr fiel plötzlich das Atmen schwer.

»Was ist?«, fragte ihr Vater. »Was ist?«

»Sie spüren es, nicht wahr?«, fragte Thrako.

Jasmin nickte, ging langsam an der linken Wand entlang, betrachtete die langen, schmalen Nischen und berührte ihre Kanten. »Dies ist … wie die Gruft unter der Bastion des Duka von Javaid«, sagte sie. »Wie die Stadt der Toten, die ich als Kind gesehen habe. Katakomben.« Sie blieb stehen und sah den Inper an. »Diese Nischen … Es sind Gräber, nicht wahr?«

»Ja.«

»Aber sie sind leer.«

»Eine Milliarde Jahre sind wirklich viel Zeit, selbst für uns, selbst für Omni«, sagte Thrako. Er stand im Schein eines Lichts, das etwa einen Meter über ihm schwebte. Der Rest blieb in Schatten gehüllt. »Vielleicht sind die Toten, die hier einst bestattet waren, längst zu Staub zerfallen. Nach so langer Zeit bleiben vielleicht nicht einmal Knochen übrig. Oder die Erbauer kamen nie dazu, die Grabnischen zu benutzen. Der Vulkanausbruch könnte sie daran gehindert haben.«

»Dieser Ort war geschützt«, sagte Jasper. »Die Lava ist um ihn herumgeflossen.« Er blickte nach oben. »Und darüber hinweg.«

»So sieht es aus.«

»Haben Sie nicht mehr herausgefunden?«, fragte Jasmin. Sie legte beide Hände in eine Nische und spürte einen dumpfen, fast schmerzhaften Druck, empfing aber keine Bilder. »Ich nehme an, Sie hatten Zeit genug für Untersuchungen. Jahrtausende. Jahrmillionen. Und Ihnen stehen ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung.«

»Sie haben noch nicht alles gesehen.«

Das Licht über dem Inper bewegte sich. Es schwebte zur Seite, in die Mitte des Raums, und dort fiel sein Schein auf eine Statue, grün wie der Boden, aus dem sie herauszuwachsen schien.

»Eine Milliarde Jahre«, betonte Thrako noch einmal. »Bemerkenswert, nicht wahr? Viel, viel Zeit. Und doch hat diese Statue alles gut überstanden. Das Material, aus dem sie besteht, ist sehr interessant. Scheint künstlichen Ursprungs zu sein. Härter als Diamant. Gewissermaßen für die Ewigkeit geschaffen. Wer auch immer der Figur Form gegeben hat … Er wollte offenbar, dass sie Äonen übersteht.«

Jasmin näherte sich der Statue. Sie zeigte eine humanoide Gestalt, größer als sie, größer auch als Jasper und Thrako, aber zierlich und schmal. Eine Frau, dachte sie, obwohl Brüste fehlten und die Hüften gerade waren. Etwas vermittelte ihr den Eindruck, dass es sich um eine Frau handelte, die … verletzt zu sein schien, voller Schmerz, trotz des glatten Gesichts. Die Arme waren gehoben, die Hände der Decke entgegengestreckt, wie auf der Suche nach Hilfe, nach Beistand. In den Augen – zwei nach vorn gewölbte Ovale – ließ sich nichts erkennen; dennoch glaubte sich Jasmin von ihrem Blick gestreift.

»Wer ist das?«, fragte sie leise.

»Finden Sie es heraus, Jasmin.«

Sie trat noch einen Schritt vor und berührte die Statue, vorsichtig, wie etwas, das zerbrechen könnte.

Einen Moment später begann sie zu weinen.

2

Die Trauer war schwer wie ein Berg, schwer wie eine ganze Welt. Jasmin konnte ihr Gewicht nicht ertragen, sie sank auf die Knie, sie krümmte sich zusammen und schluchzte, verloren in Kummer und einer endlos tiefen Vergangenheit. Dies war kein Schmerz des Körpers, keine physische Agonie, sondern viel schlimmer: die Pein einer seit tausend Millionen Jahren gequälten Seele, die nichts anderes kannte als Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, einer Seele, die weder lebte noch ganz tot war, die nicht sterben konnte und gefangen blieb in einem Kerker aus Leid.

Jasmins Tränen fielen und gefroren auf grünem Boden.

»Sie leidet«, brachte sie hervor. »Sie lebt und leidet und kann nicht sterben!«

»Nein«, sagte Thrako. »Wer auch immer sie war, sie ist lange, lange tot.«

Jasmin fühlte Hände an den Schultern, die sie sanft nach oben zogen. Dann schlangen sich die Arme ihres Vaters um sie und brachten sie ein, zwei Schritte fort von der Statue. Das Licht kehrte zum Inper zurück, und gnädige Schatten verwandelten die grüne Frau in eine Silhouette.

»Sie ist tot«, betonte Thrako noch einmal. »Seit einer Milliarde Jahren. Aber in der Figur lebt etwas. Ein emotionales Echo ist in ihr enthalten, eine letzte Botschaft des Künstlers, der sie geschaffen hat. Sie haben sie empfangen.« Nach einer kurzen Pause fügte der Inper hinzu: »Ihre Empathie ist erstaunlich.«

Jasmins Hände zitterten. Ohne den Kontakt mit der Statue fühlte sie die immense Trauer nicht mehr direkt, aber sie durchdrang alles in diesem Raum, lag schwer in der kalten Luft und lauerte im alten Gestein, auch im Staub der Grabnischen. »Was ist damals geschehen?«, fragte sie.

»Es gibt Überlieferungen der Mimmit«, sagte Thrako langsam. »In ihnen ist die Rede von alten Göttern oder Heiligen, die zu einer langen Reise aufbrachen und einen von ihnen zurückließen.«

Jasmin wischte sich zwei letzte Tränen von den Wangen. Das Atmen fiel ihr wieder leichter, und sie hatte nicht mehr das Gefühl, jeden Augenblick in einen bodenlosen Abgrund stürzen zu können, einen Abgrund aus dunklen Jahrmillionen. »Das ist alles? Mehr haben Sie nicht herausgefunden?«

»Die Durrden von Omni glauben, dass dieser Ort vielleicht mit den Exilanten in Zusammenhang steht. Die grüne Figur präsentiert möglicherweise ein entsprechendes Individuum.«

Alter Frust erwachte in Jasmin. Sie konzentrierte sich darauf, um vor Trauer und Verzweiflung geschützt zu sein. »Wird es nicht langsam Zeit, dass Sie uns mehr darüber erzählen? Oder dass Sie uns Gelegenheit geben, in den Bibliotheken mehr darüber zu erfahren?«

»Zinnober …« Jasper legte ihr seine Hand auf die Schulter. »Ich nehme an, dies hier und die Exilanten haben etwas mit unserer neuen Mission zu tun, ja?«

»Sehr aufmerksam von Ihnen«, sagte Thrako. Es klang wie leise Kritik an Jasmin. »Vor einer Milliarde Jahren, als die Pandora das Strangnetz im Sprawl schufen, das uns bis heute Gelegenheit gibt, mit einem Vielfachen der Lichtgeschwindigkeit von Sonnensystem zu Sonnensystem zu reisen … Vor einer Milliarde Jahren verschwanden mehrere hoch entwickelte Völker aus der Milchstraße, Zivilisationen, die es ablehnten, an der Gründung von Omni mitzuwirken. Man sprach damals von einem Exil, und deshalb wurden sie ›Exilanten‹ genannt. Die meisten von ihnen verschwanden spurlos …«

»Wohin?«, fragte Jasmin. »Und warum?«

»Unbekannt …«

»Wissen Sie es nicht, oder wollen Sie es uns nicht sagen?«

Die Hand des Vaters schloss sich um ihre Schulter und drückte sie. Sie sagte: »Bitte entschuldigen Sie, Thrako. Ich bin noch immer ein wenig … mitgenommen.«

»Ich verstehe«, erwiderte der Inper sanft. Das Licht über ihm leuchtete etwas heller und holte die grüne Frau mit den nach oben gestreckten Armen aus den Schatten. »Haben Sie ein wenig Geduld mit Omni, Jasmin. Dreißig Jahre sind nichts. Selbst zehntausend Jahre sind nicht viel, und Aurelius war immer geduldig.«

Aurelius ist tot, dachte Jasmin. Wir haben ihn auf der alten Erde begraben.

»Wissen«, sagte Thrako, »bedeutet viel, aber nicht alles. Man muss auch verstehen. Und um zu verstehen, um Omni zu verstehen, sind Vorbereitungen nötig. Sie haben gerade die erste Phase hinter sich.«

Der Inper bewegte einen dünnen Arm und hob die Hand. Eine Kugel entstand über ihr, die Darstellung eines Planeten mit Meeren, Kontinenten, langen Bergrücken, ausgedehnten Wüsten und Eis, nicht nur an den Polen. »Das ist Arkonadia, eine Welt am Ende des Perseusarms der Milchstraße, von KopKo – den Korporationen und Kooperativen der Menschen im Sagittariusarm – aus gesehen auf der anderen Seite der Galaxis, sechzigtausend Lichtjahre entfernt. Zwei Hauptstränge des Sprawl, der elfte und der neunzehnte, führen zum Ende des Perseusarms, und ein langsamer Nebenstrang endet im Ljuben-System, zu dem der Planet Arkonadia gehört. Doch von KopKo aus würde eine gewöhnliche Reise mindestens hundert Jahre dauern, und davon ganz abgesehen: Wir wissen, dass kein KopKo-Schiff jemals im Ljuben-System gewesen ist. Dennoch gibt es Menschen auf Arkonadia.«

Die Kugel über Thrakos Hand, der Planet, drehte sich langsam und empfing Licht von der Seite, von einer Sonne, die außerhalb des Bildes blieb. Jasmin bemerkte, dass die Nachtseite nicht völlig dunkel war. Hier und dort glühte es in der Finsternis – Städte? –, und manchmal flackerte es, wie von Blitzen.

»Wenn keine Schiffe von KopKo dort waren …«, sagte Jasper. »Wie kann es dann Menschen auf Arkonadia geben?«

»Vor zehntausend Jahren – während einer etwa sechshundert Jahre langen Phase, die als ›erste Expansion‹ in die Geschichte Ihres Volkes einging – brachen zahlreiche Schiffe von der Erde auf, besiedelten nahe Sonnensysteme und knüpften Kontakte mit Äquivalent-Zivilisationen, mit Völkern, die sich auf einem vergleichbaren Entwicklungsniveau befanden. Techno-Diebstahl brachte die Menschen damals in den Besitz von Gravitationsmotoren und einfachen Sprawlern. Manche Schiffe wagten sich damit weiter ins Unbekannte hinaus als andere, und einige von ihnen gingen verloren.«

»Sie glauben, jene Schiffe könnten bis zur anderen Seite der Milchstraße gelangt sein, bis nach Arkonadia?«, fragte Jasmin.

»Vielleicht. Flüge durch den ›Hyperraum‹, wie die ersten Menschen das Sprawl nannten, waren damals noch ein großes Wagnis. Es gab noch keine Warnmarken und -bojen, die auf Riffe und Anomalien hinwiesen. Am Rand des Ljuben-Systems gibt es eine solche Anomalie; dazu gleich mehr. Die Menschen auf Arkonadia könnten Nachfahren der Besatzungen jener Schiffe sein, oder vielleicht der Schläfer, die siebentausend Jahre nach der erste Expansion, im Jahr 9314 Ihrer alten Zeitrechnung, mit der Hyperion aufbrachen. Sie ging ebenfalls verloren.«

»Das ›schlafende Schiff‹«, murmelte Jasper.

»So wurde es genannt, ja. Übrigens gibt es nicht nur Menschen auf Arkonadia. Es sind auch zahlreiche andere intelligente Spezies vertreten, und einige von ihnen haben sich den lokalen Bedingungen recht gut angepasst. Es herrscht eine ausgeprägte kulturelle und technologische Hierarchie.«

»Manche Völker sind höher entwickelt als andere?« Jasper nahm die Hand von Jasmins Schulter und betrachtete die langsam rotierende Weltenkugel.

»Ja«, bestätigte Thrako. »An der Spitze der Hierarchie stehen die Tingla, die erst seit relativ kurzer Zeit auf Arkonadia leben, seit nicht mehr als tausend Jahren. Für sie steht nun die dritte Ära bevor.«

Einige Sekunden vergingen.

Neuer Ärger regte sich in Jasmin. »Ich nehme an, Sie erwarten jetzt die Frage, was es mit den Ären und dem ganzen Rest auf sich hat.«

»Die Tingla arbeiten mit den Ho-Korat zusammen, die zur vierten Ihrer SGS gehören, den ›sieben großen Spezies‹, wie Sie sie nennen«, sagte Thrako, ohne auf Jasmins Worte einzugehen.

»Es sind Insektomorphe?«, fragte Jasper.

Der Inper gestikulierte zustimmend. »Die Ho-Korat haben Kandidatenstatus«, fuhr er fort. »In der neuen Ära, die bald beginnt, könnten sie, wenn alles gut geht, von Omni in die Gemeinschaft der Superzivilisationen aufgenommen werden.«

»Hier ist die Frage«, sagte Jasper. »Was hat es mit den Ären und dem ganzen Rest auf sich?«

»Ich habe eben eine Anomalie am Rand des Ljuben-Systems erwähnt«, sagte Thrako. »Die verloren gegangenen Schiffe der Menschen könnten durch jene Anomalie nach Arkonadia gelangt sein. Und auch die Raumschiffe der anderen intelligenten Spezies auf dem Planeten. Vielleicht gibt es einen verborgenen Strang im Sprawl, verbunden mit der Anomalie, die alle vierhundertdreiundfünfzig arkonadischen Jahre aktiv wird, was etwa vierhundertvierzig der in KopKo gebräuchlichen Standardjahren entspricht. Wenn das geschieht, erscheint ein rätselhaftes Objekt auf Arkonadia, von den Einheimischen ›Nerox‹ genannt. Wir wissen noch immer nicht, was es ist. Es könnte das Wrack eines uralten Schiffes sein oder ein Bauwerk. Jemand oder etwas scheint darin zu wohnen, der oder das moderne Technik lahmlegt. Der Effekt lässt sich mit dem von Omnis Inhibitoren vergleichen. Allerdings sind auch wir davon betroffen: Wenn eine Ära beginnt, versagt unsere Technik auf Arkonadia und in weiten Bereichen des Ljuben-Systems. Unsere ›Artefakte‹ verlieren die Verbindung zur Kontinua-Energie. Die Arkonadier nennen das Phänomen den ›Schwund‹.«

»Sie sind dort gewesen«, sagte Jasmin. »Sie haben versucht, mehr herauszufinden, und offenbar ist es ihnen nicht gelungen.«

»Das Nerox bleibt maximal sechs Ihrer Standardmonate auf Arkonadia, bevor es wieder verschwindet, bis zum Beginn der nächsten Ära. Während dieser Monate konzentriert sich die Aufmerksamkeit aller arkonadischen Völker auf das Objekt. Manche Arkonadier bereiten sich viele Jahre lang vor und versuchen, das Nerox zu erreichen und hineinzugelangen. Das ist in der dokumentierten Geschichte von Arkonadia, die zwanzigtausend Jahre umfasst, nur dreimal gelungen. In zwei Fällen stieg die betreffende Person zum globalen Regenten auf, weil sie über eine geheimnisvolle Macht verfügte, der sich nichts und niemand widersetzen konnte. Das Objekt, was auch immer es ist, verspricht grenzenlose Macht und Reichtum.«

»Was passierte mit den beiden Regenten?«, fragte Jasmin. »Und was ist bei dem dritten Versuch geschehen?«

»Was den dritten Versuch betrifft … Die betreffende Person erlitt im Innern des Nerox einen Unfall. Sie verließ es, ohne nennenswerte Macht zu erringen. Die beiden anderen starben schließlich, ohne ihr Ziel zu erreichen.«

»Und was war ihr Ziel?«

»Sie wollten Arkonadia verlassen und zu anderen Sonnensystemen gelangen«, erwiderte Thrako ernst. »Sie wollten ihre Macht ausweiten.« Er fügte hinzu: »Vielleicht lautete so der Auftrag des Etwas im Nerox.«

Die Form eines Kontinents auf Arkonadia erinnerte an eine menschliche Hand. Jasmin betrachtete ihn und überlegte. »Warum nur zwei?«, fragte sie schließlich. »Warum nur zwei in zwanzigtausend Jahren? Ist es so schwer, das Nerox zu erreichen, wenn es erscheint, und hineinzugelangen?«

»Es gibt Barrieren und … Fallen«, sagte Thrako. Diesmal lag Unbehagen in seinen Worten. »Manche Leute, die das Nerox zu erreichen versuchen, verschwinden spurlos. Andere sterben oder kehren verletzt zurück.«

»Und was hat das Nerox hiermit zu tun?« Jasper deutete auf die Grabnischen in den Basaltwänden und auf die grüne Frau mit den erhobenen Armen.

»Das Nerox ist eine Milliarde Jahre alt, wie dieser Ort«, sagte Thrako. »Es stammt aus der Zeit der Exilanten.«

»Sie vermuten einen Zusammenhang?«

»Wir sind ziemlich sicher, dass es einen gibt.«

»Wieso sind Sie da ›ziemlich sicher‹?«, fragte Jasmin.

»Wir haben eine Station im Ljuben-System. Gut getarnt, im Ringsystem eines Gasriesen. Und wir hatten jemanden vor Ort. Jemanden, von dem wir uns einen ausführlichen Bericht erhofften. Wir haben eine Mitteilung erhalten, in der von einer grünen Figur die Rede war. Von einer Figur, die offenbar eine Frau darstellt.«

»Und dann?« Jasmin starrte zur grünen Figur, beobachtete das glatte Gesicht und die wie flehend erhobenen Arme. »Was geschah dann?«

»Nichts«, sagte Thrako.

»Sie haben keine weiteren Mitteilungen erhalten? Was ist aus der Person vor Ort geworden?«

»Wir wissen es nicht. Sie verschwand spurlos. Vor zwei Jahren.«

»Wer ist diese Person?«, fragte Jasmin.

»Eine Reisende in den Diensten von Omni. Ein Mensch von der alten Erde, wie Aurelius. Sechs Menschen habe ich damals, vor zehntausend Jahren, zu Omni gebracht. Aurelius und Samantha gehörten zu ihnen.«

»Aber diese Samantha verschwand nicht im Nerox.«

»Nein. Es ist noch nicht da. Mit seinem Erscheinen wird in zwei Monaten gerechnet. Samantha verschwand in einem Stadtstaat namens Dubbrizza. Sie hatte dort eine kleine Ausweichbasis, im Keller eines Gebäudes im Stadtzentrum. Die Koordinaten sind uns bekannt.«

»Was ist mit Ihrer Station in den Ringen des Gasriesen?«

»Sie meldet sich nicht mehr«, sagte Thrako. »Wir haben vor sechs Wochen den Kontakt zu ihr verloren.«

»Sie haben vorhin von einem Inhibitor-Effekt gesprochen«, sagte Jasmin nachdenklich, den Blick wieder auf die Weltenkugel gerichtet, die sich noch immer langsam drehte. Ein weites Hochland auf einem nördlichen Kontinent geriet in Sicht, teilweise von einem Eispanzer bedeckt. »Vielleicht hindert er die Station daran, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen.«

»Nein«, sagte Thrako. »Er macht sich erst wenige Wochen vor dem Erscheinen des Nerox bemerkbar.«

»Was schließen Sie daraus?«

»Dass etwas mit der Station passiert ist. Etwas, das einen Kontakt mit uns verhindert.«

»Omni hat eine Reisende verloren und vielleicht auch eine getarnte Station«, sagte Jasmin. »Schicken Sie jemanden, der nach dem Rechten sieht.«

»Genau das haben wir vor.« Thrako ließ die Hand sinken, und das Bild des Planeten verschwand. »Fliegen Sie nach Arkonadia. Finden Sie heraus, was mit Samantha und unserer Station geschah. Seien Sie zur Stelle, wenn das Nerox erneut erscheint, nach vierhundertdreiundfünfzig Jahren. Lösen Sie das Arkonadia-Rätsel. Sind Sie interessiert?«

Jasmin wechselte einen Blick mit ihrem Vater. »Wann können wir aufbrechen?«

Eine lange Reise

3Arkonadia:Zirzo, der WerkzeugmacherNoch drei Jahre und elf Monate bis zum Beginn der 45. Ära

Zirzo sah von seiner Werkbank auf, als der große Wagen anhielt. Er verfügte über eine spezielle Federung, aber Echnads Straßen in Arkonadias Norden waren schlecht, und es blieb nicht aus, dass der Wagen schaukelte und die Werkbank mit ihm. Dennoch hatte Zirzo ein gutes Tagwerk vollbracht und dem Werkzeug, das er für General Tailos aus grünem Supra konstruierte, ein weiteres kleines Teil hinzugefügt: eine winzige Spindel, die sich im Innern eines kleinen Zylinders drehte, angetrieben von der Kraft, die im Supra steckte.

Der Wagen stand, seine großen Räder bewegten sich nicht mehr, aber ein erneutes Schaukeln veranlasste Zirzo, die Hände rasch nach Werkzeug und Instrumenten auszustrecken, damit nichts von der Werkbank rutschte.

Eine Gestalt erschien in der Tür, groß und breit. Der gelbe Nasenrüssel wand sich wie ein dicker Wurm, als General Tailos von den Jannaschi den Geruch in der Werkstatt wahrnahm.

»Wie kannst du nur diese staubige, abgestandene Luft atmen«, schnaufte er. »Du solltest lüften.« Er stapfte zum Fenster und öffnete es.

»Es ist schlimm, wenn wir unterwegs sind«, sagte Zirzo. »Der aufgewirbelte Staub und der Lärm.«

»Hast du Fortschritte gemacht?« Der General trat zur Werkbank.

Zirzo zeigte ihm stolz die rotierende Spindel. Tailos betrachtete das Werkzeug und wagte nicht, es zu berühren. »Ich bewundere deine begnadeten Hände. Du hast Talent, vielleicht das größte auf ganz Arkonadia, aber ich hoffe, du weißt, was du tust, Werkzeugmacher. Ich kann noch immer keinen Sinn oder Zweck in dem Werkzeug erkennen.«

»Ich arbeite noch nicht lange daran«, sagte Zirzo. »Sinn und Zweck sind noch verborgen.«

»Ich hoffe, das grüne Supra, das ich dir gebracht habe, ist grün und gut genug.« Tailos richtete den Nasenrüssel auf das Werkzeug und schnüffelte.

Zirzo betrachtete das Ergebnis seiner Arbeit und dachte daran, dass er von dem grünen Supra immer wieder ein wenig für seine kleine Figur abzweigte.

Der General legte dem Werkzeugmacher die Hand auf die Schulter und atmete die durchs Fenster strömende kühle Luft tief ein. »Wie geht es dir? Wie fühlst du dich?«

»Ich fühle mich … gut.« Das stimmte. Das schleichende Fieber in ihm schlich nur noch gelegentlich, heimlich, tief in der Nacht, wenn das Elixier, das er vor einem halben Jahr bekommen hatte, für einen Moment vergaß, seinen Körper zu schützen. Das Alter lastete nicht mehr so schwer auf ihm, Hände und Gedanken waren flinker. Welch ein Geschenk! Er hatte Aufträge verloren, wichtige, lukrative Aufträge, aber zwanzig Jahre Leben bekommen.

»Na bitte.« Die große Hand des Generals klopfte ihm auf die Schulter. »Na bitte. Wie versprochen, wie vereinbart. Du hast Zeit genug, noch mehr als dreieinhalb Jahre bis zum Erscheinen des Nerox. Du wirst es schaffen. Nicht wahr?«

In den letzten beiden Worten, sanft und freundlich gesprochen, lag eine Warnung. Zirzo hörte und verstand sie. »Ja«, sagte er. »Ja, ich werde es schaffen.«

Der Nasenrüssel des Generals zuckte, und seine Reptilienaugen schienen kurz aufzuleuchten. »Zweifellos.«

Zirzo deutete nach draußen. »Warum haben wir angehalten? Der Tag geht erst in zwei Stunden zu Ende.«

»Komm, Werkzeugmacher. Komm nach draußen und sieh es dir an. Eine kleine Pause kann nicht schaden.«

Die Wagen und Karren der Reisegruppe, insgesamt dreiundvierzig, standen abseits des Weges, in einem offenen Bereich zwischen hoch aufragenden schiefergrauen Felsen. Weiter vorn neigte sich das Gelände mit teilweise recht steilem Gefälle dem Gebrochenen Land entgegen, einer weiten Felsebene, durchzogen von langen, breiten Rissen. Hängebrücken führten über die Schluchten, einfache Konstruktionen aus Seilen und Holzlatten, vielleicht zu alt und brüchig, um das Gewicht der Wagen zu tragen. Jede einzelne von ihnen musste überprüft und nötigenfalls erneuert werden. Es gab einen leichteren Weg nach Süden, eine Handelsstraße vierzig Längen weiter im Westen, aber der Büßerpfad führte durchs Gebrochene Land, und seinem Verlauf folgte die Gruppe seit einem halben Jahr. Er gehörte zu ihrer Tarnung, zur Maske, die sie trugen. Angeblich waren sie zu den Gräbern von Tanche unterwegs, zur größten Gedenkstätte des Krieges vor zweitausendsiebenhundert Jahren, zu Beginn der neununddreißigsten Ära. Der Büßerpfad bot den großen Vorteil des freien Geleits durch alle Länder und Regionen bis nach Kelarien im Süden, wo angeblich, wenn man dem speziellen Orakel des Generals Glauben schenken durfte, das Nerox zum fünfundvierzigsten Mal erscheinen würde. Die Wahl dieses Weges sollte über die wahren Absichten und das wahre Ziel der Reisegruppe hinwegtäuschen – Tailos wollte vermeiden, dass jemand argwöhnte, sie wüssten bereits etwas über den Erscheinungsort des Nerox.

Der General deutete nach oben. »Siehst du?«, fragte er. »Hörst du?«

Zirzo sah und hörte: Propellerflugzeuge der Nakota, einfache Maschinen, die den Veränderungen durch das Nerox lange widerstanden – ihre Motoren hörten vermutlich erst wenige Wochen vor dem Erscheinen auf zu funktionieren. Über den Flugzeugen, die auf Höhe der schneebedeckten Gipfel kreisten, zog ein Luftschiff der Hellagarit langsam seine Bahn und verschwand jenseits der Wolken.

»Wir werden beobachtet«, sagte Zirzo.

»Schon seit Tagen«, erwiderte Tailos. »Deshalb haben wir haltgemacht. Um nicht den Eindruck zu erwecken, es eilig zu haben. Um den Beobachtern zu zeigen, dass es nichts Besonderes zu beobachten gibt.«

»Sie werden sich nicht lange täuschen lassen.« Zirzo hatte manchmal während der Arbeit darüber nachgedacht. »Die Beobachter werden sich fragen: Warum bricht ausgerechnet General Tailos von den Jannaschi zu einer Büßerreise nach Tanche auf? Warum verzichtet er auf alle technischen Hilfsmittel, die versagen werden, wenn das Nerox erscheint? Und warum ist Zirzo bei ihm, einer der besten Werkzeugmacher weit und breit, wenn ich so sagen darf.«

»Du bist der beste auf ganz Arkonadia!« Der General lachte zufrieden und drehte den Kopf, als hinter ihnen laute Stimmen erklangen.

»Die Beobachter werden sich diese Fragen stellen und früher oder später zu dem Schluss gelangen, dass wir mehr über das Nerox wissen als sie. Sie werden annehmen, dass ich ein besonderes Werkzeug baue, für Sie, den großen Feldherrn, und sie werden versuchen, es zu stehlen.«

»Meine Soldaten werden das verhindern.« Tailos klopfte sich mit der Faust auf die Brust.

Eine neue Stimme erklang und übertönte die anderen, eine hochmütige, herrische Stimme, die Zirzo während der letzten Monate oft – zu oft – gehört hatte. Er drehte sich zusammen mit dem General um.

Dort stand Lotin, Tailos’ Sohn, bei den Wagen und schrie mehrere Reisende und Soldaten an, die sich vor ihm duckten. Etwas weiter entfernt, zwischen den Felsen auf der anderen Seite des Weges, hatten die von Elektromotoren der Hellagarit angetriebenen Lastwagen einiger Händler und Kaufleute angehalten. Dutzende bunt gekleideter Gestalten beobachteten das von Lotin veranstaltete Spektakel, unter ihnen auch Zirzos Tochter Alonna. Würde sie erneut versuchen, Salz zu kaufen? Er hatte sie in der Hoffnung mitgenommen, dass sie während der langen Reise allmählich ihre Abhängigkeit vom Traumsalz verlor, aber nach sechs Monaten waren noch keine Veränderungen erkennbar.

Lotin gab Befehle, und die zivilen Reisenden und Soldaten stoben auseinander – sie alle fürchteten seinen Jähzorn, der weit über die Launenhaftigkeit des Vaters hinausging.

»Ich will, dass sie bestraft werden!« Lotin kam mit langen Schritten näher. Sein Blick streifte Zirzo nur und richtete sich auf Tailos. »Sie alle!«

»Sohn …«

»Sie alle! Sie müssen Disziplin lernen! Sie müssen lernen, sofort zu gehorchen.« Lotin warf den Kopf zurück. Sein roter Nasenrüssel bebte vor Empörung.

Der General wandte sich an Zirzo. »Dies ist eine private Angelegenheit, Werkzeugmacher.«

Zirzo nickte und ging, froh darüber, den beiden Jannaschi zu entkommen. Das ist der Mann, der mit meinem Werkzeug das Nerox betreten und anschließend ganz Arkonadia regieren soll, dachte er.

Als er wenige Minuten später in seinen privaten Karren kletterte, stellte er fest, dass jemand seine Sachen durchsucht hatte.

Im Wohnraum waren die Schubladen der kleinen Schränke geöffnet, und ihr Inhalt lag auf dem Boden verstreut. In der Schlafnische stand die Kleidertruhe offen – jemand hatte Hemden und Hosen herausgezogen und aufs Bett geworfen.

Zirzo blickte sich um, bewegte nur den Kopf und spitzte die Ohren. Hörte er jemanden atmen, in der dunklen Ecke? Kauerte dort ein Schatten, neben der Vitrine, die er immer unter Verschluss hielt und die ganz hinten ein Geheimfach aufwies, von dem nur er wusste?

»Bist du das, Alonna?« Es war eine Eingebung, wie ein Flüstern des Orakels in der Werkstatt. Für einen Moment fürchtete er, dass sie die kleine Figur gesucht und sogar gefunden hatte, dass sie von dem grünen Supra wusste, das er für seine eigenen Zwecke verwendete. Aber nein, die Vitrine war geschlossen.

»Wo ist sie?«, fragte eine Stimme aus dem Dunkel.

»Wo ist was, Alonna?« Die Spannung fiel von ihm ab, wich Enttäuschung.

»Deine Geldmaschine.« Die Stimme aus dem Dunkel bekam Substanz in Form einer Frau, die älter aussah, als sie in Wirklichkeit war. Struppiges Haar säumte ein hohlwangiges Gesicht mit tief in den Höhlen liegenden Augen. »Ich brauche Geld.«

Sie meinte das Gerät, das er von den Tingla bekommen hatte. Es lag in der Vitrine, und der Schlüssel steckte in seiner Tasche.

»Du könntest nichts mit ihr anfangen. Sie ist auf mich programmiert.«

Alonna kam hinter dem Bett hervor. »Ich brauche Geld. Es ist eine gute Gelegenheit. Einer der Händler …« Sie biss sich auf die Lippe.

»Salz, nicht wahr?«

»Nur ein bisschen. Ich brauche nur ein bisschen, Vater.«

»Wir haben eine Vereinbarung.«

»Nur eine Prise. Damit es mir wieder besser geht.« Sie bleckte die Zähne. »Ich habe kein Elixier bekommen. An mich hast du nicht gedacht.«

»Ich denke immer an dich«, sagte Zirzo. Aber das stimmte nicht, er dachte viel öfter an die Statuette, die er vollenden wollte, bevor sie Arkonadias Süden erreichten. »Du musst stark sein. Ich weiß, dass diese Wochen und Monate schwer für dich sind, aber wenn du sie überstehst, ohne Salz zu nehmen, bist du frei.«

Alonna ballte die Fäuste und hob sie, schien ihren Vater schlagen zu wollen. Doch dann ließ sie die Hände kraftlos sinken.

Zirzo schlang die Arme um sie. »Du musst stark sein«, sagte er. »Wir alle müssen stark sein.«

Die Kluft der Zeit

4Jasper (früher: Forrester)

Der dünne Energiefilm eines Atmosphärenschilds hinderte die Luft daran, durch die breite Öffnung des Hangars ins All zu entweichen. In dem großen Raum stand ein Orbitalspringer, auf dem Planeten Mechanica nach den Spezifikationen von Kerberos gebaut, und eine Kapsel, ein kleines Oval, silbern wie die Augen des Inper. Thrako hatte also keine Kontinua-Brücke beschritten, um die Centaurus zu erreichen; er war nicht aus einer vertikalen blauen Linie getreten, die bei Omni wie ein Materietransmitter funktionierte.

Hinter dem Atmosphärenschild, durchsichtig wie Glas, hing Chanobba im All, eine Welt der Durrden von Omni, größer als Mechanica, größer auch als die alte Erde, blau wie Lapislazuli und grün dort, wie sich ausgedehnte Landmassen aus den Ozeanen erhoben. Eine friedliche Welt, Klima und Geologie seit Jahrmillionen kontrolliert, in der Atmosphäre genug Treibhausgase, um milde Temperaturen zu garantieren. Ganz anders als Rantia, nur zwei Millionen Kilometer entfernt, Chanobbas in Schnee und Eis erstarrte Schwesterwelt mit der grünen Statue in einer Basalthöhle. Die beiden Planeten, der eine warm und der andere kalt, bildeten ein stabiles Paar und kreisten um ein gemeinsames Schwerkraftzentrum.

Städte gab es auf Chanobba nicht, nur einige kleine Domizile, der Umgebung perfekt angepasst. Dort lebten und meditierten die Durrden, die wenigen, die von ihnen übrig waren, einige Dutzend, mehr nicht. Zwei weitere befanden sich an Bord des Habitatschiffes, einer fünfzig Kilometer durchmessenden Ansammlung von Kuppeln, Plattformen und Zylindern, die den Planeten wie ein kleiner Mond umkreiste.

Thrako blieb vor seiner Kapsel stehen, die sich für ihn öffnete. »Bevor ich zu den Durrden zurückkehre …«

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