Das botanische Schauspiel - Anita Albus - E-Book

Das botanische Schauspiel E-Book

Anita Albus

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Beschreibung

Nach ihrem wunderschönen, naturgeschichtlich wie künstlerisch gleichermaßen faszinierenden Buch ›Von seltenen Vögeln‹ erscheint nun Anita Albus' ›Botanisches Schauspiel‹ ebenfalls in bibliophiler Ausstattung. Vierundzwanzig Blumen-Porträts, in Aquarell gemalt, in Texten beschrieben, von Zitaten begleitet – ein Zaubergarten! Vierundzwanzig Blumen sind die Darsteller in diesem ›Botanischen Schauspiel‹; der Schauplatz wechselt von Europa nach Vorderasien und Afrika, führt von Britisch-Kolumbien nach Mittel- und Südamerika, zeigt ausgiebig das Panorama Ost-Asiens; gespielt wird ›Die Verwandlung des Blatts‹; erzählt wird das Schicksal jeder Blume und das jener Menschen, die sie auf ihrem Weg aus der Wildnis in die Gärten der Fremde begleitet haben: Pflanzenjäger und Forschungsreisende, Botaniker und Gärtner, Maler und Liebhaber.

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Anita Albus

Das botanische Schauspiel

Vierundzwanzig Blumen, nach dem Leben gemalt und beschrieben

FISCHER E-Books

Inhalt

»Mein Paradiesestor, [...]I Fritillaria meleagris L.Nun schoß die Sonnenflamme [...]»Alle Blätter wechselständig«, lautet [...]II Delphinium semibarbatum Bien. ex Boiss.Östlich von Nischapur führt [...]Aleksandr Andreevič von Bunge, [...]III Eucomis punctata (Thunb.) L’Hérit.Februar, Frühherbst. Eher karge [...]Als Erster hat die [...]IV Acidanthera bicolor Hochst.Nirgends kann für den [...]Benennung und Bestimmung der [...]V Camassia leichtlinii (Bak.) S. Wats.Inseln, Fjorde und Berge [...]Die Erstbeschreibung der weißen [...]VI Commelina tuberosa L.Das reiche Mexiko teilt [...]»Gattungsnamen zu prägen, um [...]VII Cosmos atropurpureus (Hook.) Ort.Von den vielen schönen [...]Die Erstbeschreibung der schwarzen [...]VIII Lobelia fulgens Wild.Rot und Schwarz ist [...]Die Erstbeschreibung der Blutlobelie [...]IX Tigridia pavonia (L.f.) Ker.-Gaw.Als Botaniker habe ich [...]Es gibt gepardelte Blumen, [...]X Nierembergia scoparia Sendtn.Auf der Schönheit der [...]Die spanischen Botaniker und [...]XI Hymenocallis × festalisErgründen möcht’ ich, ob [...]Der englische Botaniker, Gärtner [...]XII Lilium speciosum Thunb.Auf den japanischen Inseln [...]Lilium speciosum gehört zu [...]XIII Lilium hansonii Leichtl.Man kann die Lilien, [...]Der Gärtner, Pflanzensammler und [...]XIV Tricyrtis hirta (Thunb.) Hook.Die Aufdeckung des monströsen [...]Uvaria hirta heißt die [...]XV Bletilla striata (Thunb.) Rchb. f.Die Mannigfaltigkeit der Orchideenblüten [...]In seiner »Flora japonica« [...]XVI Belamcanda chinensis (L.) DC.Rhododendren bestimmen das Landschaftsbild; [...]Zwei glänzende Namen verbinden [...]XVII Morina longifolia Wall.Das Tal von Kaschmir [...]»Viele natürliche Familien sind [...]XVIII Roscoea purpurea Sm.In diesem heiligen Lande [...]Die erste Beschreibung der [...]XIX Primula florindae F. K. Ward.Ja, es gibt leidenschaftliche [...]Entdeckung und Erstbeschreibung der [...]XX Primula viallii Delav. ex Franch.MORGEN-LIEDAUF DEM GARTENDer Entdecker dieser Blume [...]XXI Meconopsis betonicifolia Franch.Aus der nördlichen und [...]Auch die blaue Blume [...]XXII Gaura lindheimeri Engelm. et A. GrayDa es bei meinem [...]Ferdinand Lindheimer, Sproß einer [...]XXIII Nectaroscordum siculum (Ucria) Lindl.Hinter Monreale rückt man [...]Als Michelangelo Aurifici erblickte [...]XXIV Iris graminea L.Frage Deine Augen und [...]Dem scharfkantigen, in eine [...]Postscriptum»Lob sei dem ewig [...]DankQuellen

»Mein Paradiesestor,

Dahinter alles Blume,

Und alles Dorn davor.«

ANNETTE VON DROSTE-HÜLSHOFF

 

 

Vierundzwanzig Blumen sind die Darsteller in diesem »Botanischen Schauspiel«; der Schauplatz wechselt von Europa nach Vorderasien und Afrika, führt von Britisch-Kolumbien nach Mittel- und Südamerika, zeigt ausgiebig das Panorama Ost-Asiens; gespielt wird »Die Verwandlung des Blattes«; erzählt wird das Schicksal jeder Blume und das jener Menschen, die sie auf ihrem Weg aus der Wildnis in die Gärten der Fremde begleitet haben: Pflanzenjäger und Forschungsreisende, Botaniker und Gärtner, Maler und Liebhaber.

Entsprechungen zwischen den Menschen und den mit ihren Namen verbundenen Gewächsen sind, wie die Wahl meiner vierundzwanzig Protagonisten, aus Neigungen hervorgegangen, die sich nicht begründen lassen.

IFritillaria meleagris L.

Liliaceae

Das fußhohe Liliengewächs ist in Nord- und Mitteleuropa bis an den Balkan heimisch. Es gedeiht zerstreut, aber gesellig auf nassen Auwiesen, feuchten Waldlichtungen und in Flachmooren.

Schachbrettblume – Kibitzei – Adebarsei Perlhuhntulpe – Wiesentulpe – Marmortulpe Kuckuckslilie – Kuhglocke

Nun schoß die Sonnenflamme immer näher herauf an die entzündeten Morgenwolken – endlich gingen am Himmel, und in den Bächen, und in den Teichen, und in den blühenden Taukelchen hundert Sonnen miteinander auf, und über der Erde schwammen tausend Farben, und aus dem Himmel brach ein einziges lichtes Weiß.

Das Schicksal pflückte aus seiner Seele, wie Gärtner im Frühling aus Blumen, die meisten alten gelben, welken Blättchen aus. In der Seele stieg eine überirdische Sonne mit der zweiten am Himmel. In jedem Tal, in jedem Wäldchen, auf jeder Höhe warf er einige pressende Ringe von der engen Puppe des winterlichen Lebens und Kummers ab, und faltete die nassen Ober- und Unterflügel auf, und ließ sich von den Mailüften mit vier ausgedehnten Schwingen in den Himmel unter tiefere Tagschmetterlinge und über höhere Blumen wehen.

Aber wie kräftig fing das bewegte Leben an in ihm zu gähren und zu brausen, da er aus der Diamantgrube eines Tales voll Schatten und Tropfen herausstieg, einige Stufen unter dem Himmeltore des Frühlings. – Wie aus dem Meere, und noch naß, hatte ein allmächtiges Erdbeben eine unübersehliche, neugeschaffne, in Blüte stehende Ebene mit jungen Trieben und Kräften herausgedrängt – das Feuer der Erde loderte unter den Wurzeln des weiten hangenden Gartens, und das Feuer des Himmels flammte herab, und brannte den Gipfeln und Blumen die Farben ein – zwischen den Porzellantürmen weißer Berge standen die gefärbten blühenden Höhen, als Throngerüste der Fruchtgöttinnen – über das weite Lustlager zogen sich Blütenkelche und schwüle Tropfen als bevölkerte Zelte hinauf und hinab, der Boden war mit wimmelnden Bruttafeln von Gräsern und kleinen Herzen belegt, und ein Herz ums andere riß sich geflügelt, oder mit Floßfedern, oder mit Fühlfaden aus den heißen Brutzellen der Natur empor, und sumste und sog und schnalzte und sang, und für jeden Honigrüssel war schon lange der Freudenkelch aufgetan.

JEAN PAUL, »SIEBENKÄS«

»Alle Blätter wechselständig«, lautet die lakonische Erstbeschreibung der Schachbrettblume in »Species Plantarum«, 1753 verfaßt von dem großen Naturforscher und Systematiker Carl von Linné. In seinem Werk steht die Schachbrettblume zum ersten Mal an der Seite der Kaiserkrone und der bis dahin als Persische Lilie angesehenen Fritillaria persica.

»Gott hat es geschaffen, und Linnaeus hat es geordnet« – mit dieser Sentenz suchte Linné sein Lebenswerk auf den Nenner zu bringen. »Gott hat ihn lassen hineinlauschen in seine geheime Rathskammer, hat ihn geleitet mit seiner eigenen allmächtigen Hand, hat ihn lassen aufsprießen aus geringfügiger Wurzel, ihn verpflanzt an einen fernen Ort, herrlich ihn emporschießen lassen zu einem ansehnlichen Baume und hat ihm so brennende Neigung für die Wissenschaft eingeflößt, daß sie sein allergrößtes Vergnügen geworden.«

Als Kind wuchs er unter den Blumen auf, »zu denen er schon mit der Muttermilch eine so große Neigung faßte, daß sie in der Folge von keiner Noth vertilgt werden konnte. Da der Knabe noch ganz klein war, steckte ihm die Mutter, sobald er schrie und auf keine andre Art beruhigt werden konnte, immer eine Blume in die Hand, wo er dann sogleich stille ward.«

Das Leben Linnés war beherrscht von »botanischen Romanzen«. So trocken und knapp seine naturwissenschaftlichen Beschreibungen auch sind, seine »Herbationes« – botanische Exkursionen durch die Umgebung von Uppsala in Begleitung seiner Studenten – inszenierte er in theatralischer Weise. Waldhornklänge verkündeten das Auffinden einer seltenen Pflanze; die Rückkehr am Abend fand unter festlicher Musikbegleitung statt, und ein lautes »Vivat Linnaeus« der mitunter bis zu dreihundert Teilnehmer zählenden Gesellschaft beschloß die Exkursion.

Einer der Teilnehmer hat sie anschaulich geschildert: »Die botanischen Ausflüge, die er jeden Sommer veranstaltete, waren ebenso glänzend und unterhaltend für die Jugend wie geeignet, den Hang zur Naturgeschichte anzufeuern. Sie wurden nach einer gewissen Regel ausgeführt, die auf Grund einer Disputation, Herbationes Upsalienses genannt, festgelegt worden war, und führten nach acht Orten rund um die Stadt. Um diese Zeit zählte er nicht weniger als zwei- bis dreihundert, die mit in die Felder hinausgingen, einheitlich in eine bestimmte weiße Tracht aus Leinen gekleidet und mit allem Nötigen für das Sammeln von Pflanzen und Insekten ausgerüstet. Unter seinen Hörern ernannte er selbst einige für gewisse Ämter. So war einer der Protokollführer, dessen Tätigkeit darin bestand, aufzuzeichnen, was er diktierte, sobald sie auf etwas Neues trafen. Ein anderer war der Fiskal, der für die Zucht in der Truppe einzustehen hatte, daß nichts Unordentliches sich zutrage. Wieder andere waren als Schützen ausersehen, Vögel zu schießen usw. Die Zusammenkunft wurde immer für eine vorbezeichnete Stelle verabredet, wo er selbst unter den ersten zu sein pflegte und denen eine Strafe auferlegte, die zu spät kamen. Für jeden Ausflug wurden auch eine Reihe Rastplätze ausgemacht, wo die weit verstreuten Studenten sich wieder versammelten, und hier wurden Lehrstunden abgehalten über das Hauptsächlichste, was sie gesammelt hatten. Nachdem die Jugend sich vom Morgen bis zum Abend also auf den Feldern ergangen hatte, wurde der Marsch in die Stadt wieder angetreten, wobei ihr Lehrer an der Spitze schritt und hinter ihm her die Jugend im Trupp mit Waldhorn, Pauke und Fahne, dann durch die Stadt hinunter zum Botanischen Hause, wo ein mannigfaches ›Vivat Linnaeus!‹ die Freuden des Tages beschloß. Diese Munterkeit, dieser Trieb und Eifer der Jugend, ihn zu hören, lockte die Ausländer nicht weniger als einheimische Herren, an diesen Freuden teilzunehmen.«[1]

Diese Triumphzüge erregten unter den Universitätskollegen Neid und Ärger.

»Er las auf Steinen, Gewächsen, Thieren der Erde wie in einem Buche.« Neben den noch heute gültigen Lesarten der Natur gibt es in Linnés Werk auch kuriose Seiten. Die Gesellschaft der Pflanzen war nach seiner Vorstellung hierarchisch geordnet: Der ärmste Stand waren die Moose, die Gräser waren die Bauern, den Adel bildeten die Kräuter, und in den Mächtigsten, den Bäumen, sah er die Fürsten.

Ein als Gras verkanntes Kraut wäre demnach die Schachbrettblume, wollte man Rudolf Borchardt folgen, der sie ein »hageres Aschenbrödel« nannte. Ihre »eigensinnig spröden und trotzig düsteren Würfelmuster« schienen ihm gleichsam das natürliche Vorbild der Teppichknüpfer und Kelimweber des Orients, der Heimat vielfältiger Fritillarien.

An die hundert verschiedene Arten gibt es auf dieser Welt. Mit der bunten Großblumigkeit, wie sie etwa die beliebten Riesen vom Chimborazo auszeichnet (früher Georginen, heute Dahlien genannt), haben sie nicht das mindeste gemein. Die Farben ihrer zierlichen Becher spielen vom bleichen Gelb über Malachitgrün, Olivgrün, Grünbraun zum Purpurbraun und Braunviolett; ihre Zeichnung ist bald würfelscheckig, bald gestreift, dann wieder sind die Blüten nur mit einem schmalen Saum geziert, und häufig sind sie innen und außen verschieden gefärbt. Wundersame monochrome Miniaturen sind sie allesamt. Denkt man an die Malerei der Niederländer, so nimmt es nicht wunder, daß die Tulpomanie im 17. Jahrhundert in Holland von einem Fritillarien-Fieber abgelöst wurde. Im British Museum ist das Werk eines Amsterdamer Goldschmieds zu sehen, der 1620 eine Fritillaria meleagris minutiös in Gold nachbildete, die in sich eine winzige Uhr verborgen hält. In Irland nennt man die Schachbrettblume »Madam Ugly«, in England »Snakeshead«, aber auch »Dead man’s bell«, »Lazarus bell« oder »Leper Lily«, weil ihre Form an das Glöckchen der Aussätzigen erinnert.

In Deutschland ist die Schachbrettblume nur noch selten zu finden und steht unter Naturschutz. In den Lech-Auen und im Sinn-Tal konnte man einst von April bis Mai ihre Blüten bewundern, die aussehen wie hauchdünne Porzellantassen, in deren milchige Glasur geometrische Muster eingeschmolzen sind.

Auf feuchtem, lehmigem Boden im Halbschatten gedeiht die Fritillaria meleagris auch im Garten sehr gut. Die Perigonblätter ihrer Blütenschellen sind mit einem körnigen, abbröckelnden Wachsüberzug versehen, der kleineren Tieren den Zugang ins Innere verwehrt. Nur die Hummel Bombus terrestris vermag sich festzuhalten, indem sie die Perigonblätter umklammert; sie nascht in der Honiggrube am Grunde des Bechers und sorgt so für die Befruchtung.

IIDelphinium semibarbatum Bien. ex Boiss.

Ranunculaceae Syn.: Delphinium zálil

Das mannshohe Hahnenfußgewächs ist in Ost-Persien, Afghanistan und Nord-Indien heimisch. Dort bestimmt es während der Blüte das Bild hügeligen Graslandes in Höhen von über 1000 Meter.

Schwefelgelber Rittersporn – Persischer Rittersporn

Östlich von Nischapur führt der Weg über mehrere Bäche und Flüsse, die den Siedlungen von Binalud-kuh klares, frisches Wasser zuführen. Auch in den Bergklüften sieht man grüne Flecken, die Dörfer und Gärten verraten, und südlich vom Wege schimmert es grün, wohin das Auge sieht.

Durch Flachland und welliges Gelände, die einander abwechseln, kommt man nach der mächtigen Karawanserei Fachr Daud und dem Dorf Scherifabad, der letzten Station vor Mesched. Hinter diesem Dorfe steigt das Terrain an, und man gelangt in ein Labyrinth von Hügeln und niedrigen Bergen, zwischen denen der steinige Weg sich nach Nordosten schlängelt. Die Gegend ist äußerst öde und kahl, doch bemerkt man auch hier Nomaden mit ihren Schafherden. Auf einer kleineren Ebene liegt die Karawanserei Rabat Kolumbe. Hier ruhte eine Karawane aus, die auf Mauleseln Blöcke von Bergsalz aus den Berggegenden des Kafir-kale im Süden nach den Basaren in Mesched brachte.

SVEN HEDIN, »EINE ROUTENAUFNAHME DURCH OST-PERSIEN«, STOCKHOLM 1918

Aleksandr Andreevič von Bunge, Arzt und Botaniker, war Mitglied einer wissenschaftlichen Expedition, die Alexander II. 1858 nach Persien und Afghanistan befahl. Diese Reise ins Unbekannte führte durch die Sandwüsten von Karakum nach Ašchabad und von dort in das Hochland der Provinz Khorasan, oberhalb der großen Salzsteppe. Die ostpersische Salzsteppe bildet eine weite Fläche von schwärzlich-graubrauner Farbe und besteht aus dürrem Salzlehm, überdeckt mit kleinen Steintrümmern oder grobem Kies, ohne die geringste Vegetation oder irgendein lebendes Wesen. Ein trockenes Flußbett durchzieht sie gespenstisch, steile wallartige und zerrissene Abstürze, wohl die Ränder eines ehemaligen Salzsees, umgeben sie. Ein ganz mit Salz gesättigter Fluß und die täuschendsten Luftspiegelungen gehören zu den Merkwürdigkeiten dieser Einöde.

Im Hochland von Khorasan leuchteten die Gebirgswiesen von den schwefelgelben Blüten des Rittersporns. Weiter ging der Weg nach Herat, wo Bunge beklagte, daß in der großen Dürre bereits alle Vegetation verschwunden war. Die Blumenlese dieser qualvollen Expedition erbrachte dennoch an die zweitausend verschiedene Arten, darunter Delphinium semibarbatum. Teile der kostbaren Sammlung kamen in das umfangreiche Herbarium des Genfer Botanikers Edmond Boissier, dessen »Flora Orientalis« (1867–1884) die Erstbeschreibung des persischen Rittersporns enthält.

30 Jahre nach Bunge erforschte der englische Botaniker J.E. Aitchison den Vorderen Orient. Er gab dem gelben Rittersporn den persischen Beinamen »zálil«, was »gemein« bedeutet, und beschrieb den Schauplatz dieser Blume:

»An vielen Orten von Khorasan ist Delphinium zálil sehr verbreitet. Während eines kurzen Zeitraums sind die kleinen Hügel des Landes von den Blüten des Enzians (Gentiana olivieri) köstlich blau gefärbt. Danach folgt Delphinium zálil mit seinen lichtgelben Blütenähren. Plötzlich bedecken die prächtigen Blumen die Hügel; der Anblick dieser glänzend gefärbten, gleichsam illuminierten Landschaft bietet ein unvergeßliches Schauspiel.«

Damals sammelte man im Vorderen Orient die Blüten des Rittersporns, da sie zum Färben von Seide dienten und auch offizinelle Verwendung fanden.

Delphinium semibarbatum zeichnet sich nicht nur durch seine lichtgelben Kandelaber aus, die von Juni bis Juli den Garten zieren, sondern auch durch sein schön geschnittenes Blattwerk. Lange bevor sich die Korollen aus einer grünen Ähre entfalten, spreizen die filigranen Blatthände ihre schmalen, elegant geschwungenen Glieder um den spiralig gewundenen Stengel. Erst in der großen Sommerhitze kräuseln sie sich, wie auf meinem Bild. Leider ist der schwefelgelbe Rittersporn eine kurzlebige und sehr empfindliche Pflanze. Sie braucht einen sonnig-heißen Platz und sauren, sandig-humosen Boden, in dem sich zu keiner Jahreszeit die Nässe staut. Niemals darf mit Leitungswasser gegossen werden – denn Kalk ist Gift für die Pflanze.

Kleinasien und dem Iran verdanken wir auch ein unverwüstliches »Unkraut«: den Persischen Ehrenpreis (Veronica persica).

Dieses Blümchen wurde von eifrigen Orient-Reisenden nach Europa gebracht und erfreute die Besucher botanischer Gärten. 1805 verwilderte das Braunwurzgewächs aus dem Botanischen Garten Karlsruhe.

Von dort eroberte es, nach einer zehnjährigen Wanderung durch das badische Land, Basel, erreichte 1839 Zürich und war 1866 bis Magdeburg vorgedrungen. Klein, zäh und blauäugig, ist es heute aus keinem Garten mehr wegzudenken.

IIIEucomis punctata (Thunb.) L’Hérit.

Liliaceae

Das zwei Fuß hohe Liliengewächs ist am Vorgebirge des Kaps der Guten Hoffnung heimisch. Es gedeiht auf feuchtem Grasland an Berghängen und entlang der Flußufer in den Niederungen. Am Kap blüht es entsprechend dem ozeanisch-subtropischen Klima im Februar.

Ananasblume – Schopflilie

Februar, Frühherbst. Eher karge Berge, die Erdhaut straff über die Flanken gespannt wie bei einer mageren Kuh, ausgedörrt vom seewärtigen Wind, der aber auch schnellziehende Wolken herführen kann und dicht über die Hänge treibt. Der sandfarbene Boden aus der Ferne nur grün behaucht, aber droben übersät von niegesehenem Trockenkraut, verholzte Glockenblumen, schuppenblättriger Kerbel, der Fuß muß aufpassen, daß er von den rotstrahlenden, blaudunkelnden Boten aus einer anderen Welt nicht einen zertritt.

Aber in Klüften und Schründen dann unverhofft Schatten, Geplätscher, ein Tümpel, ein Hain. Es gluckst in zottigen Mooshöhlen, Libellen zögern, sich niederzulassen, schwirren ab. Ein Sonnentau, nein, eine ganze Versammlung davon. Nichts mehr von Heide, von Hitzegeflimmer, alles saftig, wachsgliedrig, voller Versprechen, ein Fleck wie ein nach langer Fußwanderung mit tiefen Zügen gesättigter Durst.

CHRISTIAN ENZENSBERGER

Als Erster hat die Eucomis punctata der französische Jurist und Botaniker Charles Louis L’Héritier de Brutelle beschrieben. Ein deutscher Botaniker der Zeit bemerkte, L’Héritiers Werke hätten nur den Fehler, daß sie alle ungewöhnlich großformatig sind und äußerst kostbar. »Sertum anglicum«, 1788 in Paris erschienen, enthält 35 prächtige Kupferstiche – darunter das Bild der Schopflilie – nach Zeichnungen berühmter Künstler, unter anderen Pierre Joseph Redouté.

1786 erwarb L’Héritier das Herbar eines Reisenden, der an einer von der spanischen Regierung ausgerüsteten Expedition nach Peru und Chile teilgenommen hatte. Er verpflichtete sich, dem Besitzer der Pflanzensammlung ein Jahr lang eine Rente zu zahlen. Die spanische Regierung erklärte jedoch den Handel für ungültig und reklamierte das Herbarium. L’Héritier war nicht der Mann, sich solcher Forderung zu beugen. Mit Hilfe seiner Frau und seines Freundes Redouté verpackte er nächtens die kostbare Sammlung und brach im Morgengrauen nach Calais auf, von wo er nach England übersetzte. 15 Monate verbrachte er in absoluter Zurückgezogenheit in London, einzig mit der Beschreibung seiner Schätze beschäftigt. Er hatte die berühmte naturwissenschaftliche Bibliothek von Sir Joseph Banks zu seiner Verfügung, sowie das 15000 Pflanzen umfassende Herbarium Linnés, das nach dessen Tod zusammen mit Büchern und Manuskripten nach England gelangt war.

Als er seine »Flore du Pérou« vollendet hatte, kehrte L’Héritier zurück. Indessen war sein Vermögen mit der Finanzierung seiner botanischen Prachtwerke dahingeschmolzen, so daß er sich gezwungen sah, in den öffentlichen Dienst zu treten. Aber dem Augenmerk eines leidenschaftlichen Botanikers entgehen keine Kräuter.