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Als dem Khan die Flucht aus der Gefangenschaft gelingt, kurz darauf der alte Lausius spurlos verschwindet und dann auch noch ein rätselhafter Kürbismann auftaucht, befürchtet Primo das Schlimmste. Und tatsächlich gerät das Leben im Dorf bald gehörig durcheinander. Dabei ist alles noch viel komplizierter, als Primo dachte … Das Geheimnis des Kürbismanns ist der 26. Band der erfolgreichen Buchserie in der Welt des Computerspiels Minecraft von Bestseller-Autor Karl Olsberg.
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Seitenzahl: 124
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Karl Olsberg
Das Dorf
Band 26:
Das Geheimnis
des Kürbismanns
Copyright 2023 Karl Olsberg
Published by Karl Olsberg
c/o Briends GmbH, 22041 Hamburg
www.karlolsberg.de
Minecraft ®/TM & © 2009-2023 Mojang / Notch. Dies ist kein offizielles Lizenzprodukt. Der Autor ist mit Mojang nicht verbunden.
Die Zeit ist nur eine Illusion,
wenn auch eine ziemlich hartnäckige.
Albert Einstein
1. Der Gefangene
Primo schreckt aus dem Schlaf. Er hatte einen ziemlich wirren Traum. Seltsamerweise ist er sich darin selbst begegnet und hat sogar mit sich gekämpft. Der Khan kam auch darin vor, irgendwie war es ihm gelungen, aus seinem Gefängnis in der Höhle unter dem Dorf zu entkommen. An den Rest kann sich Primo nicht mehr erinnern.
Es ist ein paar Wochen her, seit er mit Hilfe von Ruunas Supertrank und der Unterstützung von Fledermaus-Mann seine beiden Erzfeinde besiegen konnte, auch wenn dabei das Dorf ein weiteres Mal zerstört wurde und anschließend neu aufgebaut werden musste. Seitdem hat sich das Riesenhuhn Artrax nicht mehr blicken lassen und der Khan sitzt in seiner vergitterten Zelle, wo er von der Knochenfrau Romea und dem Nachtwandler Julio bewacht wird.
Obwohl die beiden offensichtlich gut aufpassen, ist Primo nervös. Der Khan ist äußerst gerissen, außerdem hat er Zauberkräfte. Sollte es ihm gelingen, aus seinem Gefängnis zu entkommen, ginge womöglich alles wieder von vorne los.
„Ich sehe besser mal nach dem Gefangenen“, sagt Primo nach dem Frühstück.
„Das tust du doch jeden Tag“, erwidert Golina. „Meinst du nicht, Romea und Julio können allein auf ihn aufpassen?“
„Sicher ist sicher“, meint Primo und legt seine Rüstung an. „Und außerdem bin ich der Dorfbeschützer.“
„Ich komme mit!“, beschließt Nano.
„Kommt nicht in Frage“, widerspricht Golina. „Du musst zu Birta zum Unterricht.“
„Aber ich will doch auch mal Dorfbeschützer werden“, protestiert Nano. „Wie soll ich das denn lernen, wenn ich Papa nicht bei der Arbeit begleiten darf?“
„Ich finde eigentlich auch ...“, beginnt Primo, doch Golina unterbricht ihn scharf.
„Ein Dorfbeschützer in der Familie ist mehr als genug!“, sagt sie. „Und Nano ist noch viel zu jung, um sich in Gefahr zu begeben.“
„Aber ich war schon im Nether und im Ende und überhaupt bin ich gar nicht mehr so jung, wie ich aussehe“, wendet Nano ein, doch seine Mutter bleibt hart.
So geht Primo allein in die Höhle unter dem Dorf, wo ihn Julio und Romea mit ihren gruseligen Gesichtern freundlich angrinsen.
„Unngh!“, stöhnt Julio zur Begrüßung.
„Ja, dir auch Unngh“, erwidert Primo, ohne genau zu wissen, was Unngh eigentlich bedeutet.
„Unngh?“, macht Julio verwirrt, während Romea mit ihren Knochen klappert, so als müsste sie lachen.
„Darf ich jetzt endlich raus?“, fragt der Khan in seiner Gefängniszelle.
„Nein“, antwortet Primo.
„Aber das ist unfair!“, protestiert der Gefangene.
„Unfair? Du hast unser Dorf angegriffen!“
„Artrax hat mich dazu gezwungen, das habe ich dir doch schon erklärt! Ich bin unschuldig!“
„Du und unschuldig? Da lachen ja die Hühner!“
„Das ist überhaupt nicht zum Lachen! Ich sitze hier schon seit Wochen in dieser Gefängniszelle ohne ordentlichen Prozess und ohne Gerichtsurteil. Das verstößt gegen meine Grundrechte!“
„Was denn für Grundrechte?“
„Jede Person hat ein Recht darauf, dass über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Außerdem gilt jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.“
„Wo hast du denn diesen Unfug her?“
„Das ist kein Unfug! Sonst könnte ich ja einfach behaupten, dass du einem anderen Dorfbewohner Smaragde gestohlen hast, und verlangen, dass du dafür eingesperrt wirst.“
„Aber ich habe keine Smaragde gestohlen!“, versichert Primo.
„Ach ja? Kannst du das beweisen?“
„Das muss ich nicht. Wenn überhaupt, dann müsstest du beweisen, dass ich welche gestohlen habe.“
„Warum denn das?“, fragt der Khan und grinst merkwürdig.
„Weil ... weil es sonst unfair wäre“, stottert Primo, der das Gefühl hat, in die Enge getrieben zu werden.
„Unfair?“, fragt der Gefangene scheinheilig. „Wieso wäre das denn unfair? Doch nicht etwa, weil es gegen dein Recht verstößt, dich in einem öffentlichen Gerichtsverfahren angemessen gegen den Vorwurf zu verteidigen? Oder weil du als unschuldig giltst, bis deine Schuld bewiesen wird?“
„Es wäre unfair, weil ich keine Smaragde gestohlen habe!“, sagt Primo, aber es klingt ein bisschen lahm.
„Genauso unfair ist es, dass ich hier eingesperrt bin, obwohl ich nie vorhatte, euer Dorf anzugreifen“, behauptet der Khan. „Dieses blöde Riesenhuhn hat mich wie gesagt dazu gezwungen.“
„Ich glaube dir kein Wort!“
„Das verstehe ich. Aber findest du nicht, dass es ziemlich anmaßend von dir ist, so eigenmächtig zu urteilen? Wer gibt dir denn überhaupt das Recht, zu entscheiden, ob ich schuldig oder unschuldig bin?“
„Ich bin der Dorfbeschützer“, erklärt Primo. „Es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass unser Dorf vor Feinden wie dir geschützt ist.“
„Du bist vielleicht der Dorfbeschützer, aber du bist nicht der Alleinherrscher, oder etwa doch?“
„Natürlich nicht. Alle Dorfbewohner haben die gleichen Rechte. Wenn wir etwas entscheiden müssen, stimmen wir darüber ab.“
„Dann müssten also alle Dorfbewohner gemeinsam darüber abstimmen, ob ich schuldig bin und hier im Gefängnis sitzen soll oder nicht, richtig?“
„Mir reicht es jetzt!“, sagt Primo, der das Gefühl hat, dass ihm die Kontrolle über dieses Gespräch mehr und mehr entgleitet.
Er dreht sich um und verlässt die Höhle.
„Halt, warte!“, ruft ihm der Khan nach. „Würdest du nicht an meiner Stelle auch ein faires Verfahren wollen? Denk mal darüber nach!“
Primo versucht, die Worte des Gefangenen zu ignorieren, doch sie gehen ihm den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf. Er zweifelt keine Sekunde daran, dass der Khan schuldig und zurecht eingesperrt ist. Aber hat Primo wirklich das Recht, das allein zu entscheiden?
Er beschließt, seine Eltern um Rat zu fragen, die er für die klügsten Personen im Dorf hält.
„Natürlich ist er schuldig und sitzt zu Recht im Gefängnis“, sagt seine Mutter Mata, nachdem er von seinem Gespräch mit dem Khan erzählt hat. „Wir haben doch alle gesehen, wie er gegen dich gekämpft hat.“
„Außerdem hat er ja auch früher schon versucht, das Dorf zu zerstören“, fügt sein Vater Porgo hinzu. „Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass er für immer eingesperrt bleiben sollte.“
„Das sehe ich ja auch so“, meint Primo. „Aber vielleicht wäre es trotzdem sinnvoll, wenn das nicht ich allein entscheide, sondern alle Dorfbewohner gemeinsam. Wir könnten dem Khan die Möglichkeit geben, sich zu verteidigen. Dann stimmen wir ab und beschließen, dass er für immer eingesperrt bleibt.“
Mata nickt verständnisvoll. „Wenn du dich dann besser fühlst, mein Sohn.“
„Vielleicht ist das wirklich keine so schlechte Idee“, meint Porgo. „Du kannst dir dann jedenfalls sicher sein, dass die Dorfgemeinschaft fest hinter dir steht.“
„Ein öffentlicher Prozess?“, fragt Golina entgeistert, als ihr Primo davon erzählt. „Gegen den Khan? Was soll denn dieser Unsinn? Der ist doch offensichtlich schuldig!“
„Lass ihn doch versuchen, sich zu verteidigen“, erwidert Primo. „Alle Dorfbewohner werden sich sicher einig sein, dass er seine Strafe verdient hat. Dann wird er öffentlich verurteilt und ich habe meine Ruhe.“
„Ich weiß nicht“, meint Golina. „Irgendwie habe ich kein gutes Gefühl dabei.“
Doch Primo findet, dass alles seine Ordnung haben muss. Schließlich will er sich nicht wie Priester Magolus zum Alleinherrscher des Dorfs aufspielen. Wenn der Khan einen öffentlichen Prozess haben will, dann soll er ihn bekommen. Danach kann er jedenfalls nicht mehr behaupten, unfair behandelt zu werden.
Sicherheitshalber geht er noch in die Dorfbibliothek und fragt seine Freunde Kolle und Margi, was sie von der Idee halten.
Kolle ist nicht begeistert. „Meinst du nicht, dass das ein Risiko ist?“, fragt er. „Was, wenn die Mehrheit der Dorfbewohner den Khan für unschuldig erklärt?“
„Warum sollten sie das denn tun?“, erwidert Primo. „Es ist doch offensichtlich, dass er schuldig ist.“
„Ich weiß nicht“, erwidert Kolle. „Nicht alle in diesem Dorf verhalten sich immer vernünftig.“
„Aber die Mehrheit schon“, ist sich Primo sicher. „Golina, Margi, du, ich und unsere Eltern, das sind schon mal zehn Personen auf unserer Seite. Im Dorf leben siebzehn Erwachsene. Die Vernünftigen sind also in der Mehrzahl.“
„Du vergisst Ruuna und Willert“, meint Margi.
„Zugegeben, Ruuna ist unberechenbar“, sagt Primo, der sich noch allzu gut daran erinnert, wie die Hexe dem Khan auch einen Supertrank gab, weil es sonst angeblich unfair wäre. „Aber Willert würde ich ebenfalls zu den Vernünftigen zählen, das gleicht sich also aus.“
„Na schön, vielleicht hast du recht“, gibt Kolle nach.
„Was hat der Khan noch mal zu dir gesagt wegen der Grundrechte, die er angeblich hat?“, fragt Margi.
„Irgendwas von einem unparteiischen Gesetz und einem unschuldigen Beweis oder so“, erinnert sich Primo.
„Hm, sowas Ähnliches habe ich doch schon mal irgendwo gelesen“, sagt sie und geht zu einem der Bücherregale, wobei sie um den alten Lausius herumgehen muss, der wie immer in einer Ecke sitzt, in irgendwelchen Papieren blättert und vor sich hin murmelt.
„Ah ja, hier.“ Margi nimmt ein Buch aus dem Regal. Europäische Menschenrechtskonvention lautet der Titel.
„Was bedeutet denn ‚europäisch‘?“, fragt Primo.
„Europa ist ein Land aus einer alten Sage“, erklärt Margi. „Die Leute dort sollen besonders fortschrittliche Gesetze haben, obwohl sie sich dauernd streiten.“
Sie blättert in dem Buch.
„Hier steht es: Artikel 6, Recht auf ein faires Verfahren.“
Sie liest einen Absatz vor, der genauso klingt, wie das, was der Gefangene gesagt hat.
„Erstaunlich, dass ausgerechnet der Khan die Gesetze Europas kennt“, meint Margi.
„Ist doch egal“, erwidert Kolle. „Dieses Europa gibt es ja nicht wirklich und seine Gesetze gelten nicht in unserem Dorf.“
„Aber vielleicht sollten sie das“, widerspricht Margi. „Ich finde die Idee universeller Menschenrechte eigentlich gar nicht so schlecht.“
„Also findet ihr auch, dass der Khan einen öffentlichen Prozess bekommen sollte?“, fragt Primo.
„Ja“, meint Margi.
„Von mir aus“, stimmt auch Kolle zu.
„Dann machen wir es so“, beschließt Primo. „Der Khan wird öffentlich verurteilt.“
2. Der Prozess
Der Prozess findet am folgenden Tag auf dem Dorfplatz vor der Kirche statt, wo sich alle Dorfbewohner versammelt haben. Auch Ruuna und Willert, die zufällig zum Einkaufen im Dorf sind, nehmen daran Teil. Der Khan ist an Händen und Füßen gefesselt und wird von Primo und dem Golem Asimov bewacht. Romea und Julio sind in der Höhle geblieben, weil sie das Tageslicht nicht vertragen.
Magolus hebt die Arme und will etwas sagen, wird jedoch von Olum unterbrochen, der wie wild die Glocke auf dem Dorfplatz schlägt.
„Was soll denn der Krach?“, schimpft der Priester.
„Ich habe bloß diese Versammlung eröffnet“, erklärt Olum.
„Wenn hier einer eine Versammlung eröffnet, dann ich!“, ruft Magolus. „Du kannst die Glocke läuten, nachdem ich das getan habe.“
Erneut hebt der Priester die Arme. „Verehrte Anwesende, hiermit eröffne ich diese Versammlung, bei der wir ...“
Weiter kommt er nicht, denn er wird erneut von Olums Glockengeläut unterbrochen.
„Olum, zum Nether!“, schimpft Magolus. „Ich hatte doch gesagt, dass ich die Versammlung eröffne!“
„Aber du hast doch die Versammlung eröffnet“, verteidigt sich Olum. „Also darf ich jetzt die Glocke schlagen. Das ist mein gutes Recht!“
„Dem stimme ich zu!“, meldet sich der Khan zu Wort. „In diesem Dorf gelten Recht und Gesetz, und nach dem Gesetz darf jeder die Glocke schlagen, wenn ihm danach ist.“
Olum nickt und bimmelt weiter, während die anderen sich die Ohren zuhalten. Primo wirft einen finsteren Blick zu dem Khan. Es gefällt ihm überhaupt nicht, dass der Gefangene sich in den Streit zwischen Olum und Magolus eingemischt hat. Er beginnt, sich zu fragen, ob Kolle und Golina nicht doch damit recht hatten, dass dieser Prozess keine gute Idee ist. Doch nun ist es zu spät.
Nachdem Olum endlich mit dem Glockengeläut aufhört, setzt Magolus seine Ansprache fort: „Wir haben uns heute hier versammelt, um den Khan zu bestrafen, der unser Dorf mehrfach in niederträchtiger Weise angegriffen und zerstört hat. Daher verurteilen wir ihn zu lebenslanger Haft in einer Einzelzelle in der Höhle unter dem Dorf. Wer ist dafür?“
Alle Dorfbewohner heben die Hände. Primo atmet erleichtert auf.
„Halt, Moment, so geht das doch nicht!“, ruft der Khan. „Ich habe mich doch noch gar nicht verteidigt!“
„Wie, verteidigt?“, ruft Kaus, der Bauer. „Womit will er sich denn verteidigen?“
„Hat er etwa eine Waffe?“, fragt die Schäferin Jarga erschrocken.
„Nein, aber er hat magische Kräfte“, erklärt Hakun, der ehemalige Fleischer und heutige Pilzhändler.
Mehrere Dorfbewohner stoßen erschrockene Laute aus.
„Keine Angst“, sagt der Khan. „Ich werde keine Magie anwenden. Schließlich soll dies ein fairer Prozess sein. Ich werde mich nur mit Worten verteidigen.“
„Dann ist es ja gut“, meint Kaus. „Worte tun nicht weh.“
„Na schön“, sagt Magolus. „Was hast du zu deiner Verteidigung vorzubringen?“
„Wartet mal“, schaltet sich Margi ein. „Ich habe mir das Rechtssystem Europas genauer angesehen. Dabei ...“
„Wer ist denn diese Europa schon wieder?“, fragt Kaus.
„Europa ist ein sagenhaftes Land“, erklärt Margi. „Dort gibt es Gerichte mit einem Richter und einem Staatsanwalt und einem Verteidiger und Zeugen. Der Staatsanwalt verliest die Anklage und der Verteidiger erklärt, warum der Angeklagte seiner Meinung nach unschuldig ist. Dann befragen beide die Zeugen, die erzählen, was passiert ist. Und zum Schluss entscheidet der Richter, ob der Angeklagte schuldig ist.“
„Ich bin der Richter, so viel steht schon mal fest“, erklärt Magolus.
„Wir sind alle die Richter!“, widerspricht Porgo. „Von mir aus können wir einen Staatsanwalt und einen Verteidiger haben und Zeugen befragen, aber zum Schluss stimmen wir ab.“
„Ich bin die Staatsanwältin“, meldet sich Birta zu Wort.
Alle finden, dass das eine gute Idee ist, denn Birta ist als sehr streng bekannt und achtet immer genau darauf, dass Magolus’ Gebote eingehalten werden.
„Und ich bin die Verteidigerin!“, ruft Ruuna.
Ein Stöhnen geht durch die Menge.
„Bloß nicht!“, seufzt Magolus.
„Als Angeklagter habe ich das Recht, mir selbst einen Verteidiger oder eine Verteidigerin auszusuchen oder auch darauf zu verzichten“, behauptet der Khan.
„Stimmt das etwa, Margi?“, fragt Ruuna.
Margi nickt.
„Ich hätte gern Birta als Verteidigerin ausgewählt“, sagt der Khan. „Sie scheint mir die Klügste von euch zu sein. Aber leider ist sie ja die Staatsanwältin, so dass das nicht geht. Daher werde ich mich selbst verteidigen, auch wenn ich gegen eine solch brillante Anklägerin kaum eine Chance habe.“
„Och, schade!“, mault Ruuna. „Ich hätte dich so gut verteidigt! Ich hätte gesagt, dass du verwirrt und dumm bist und deshalb nicht an dem Unsinn schuld sein kannst, den du anrichtest. Dann hätten wir dich bestimmt freigesprochen.“
Der Khan wirft ihr einen finsteren Blick zu, während Birta vor Stolz über das Lob strahlt. Primo hat plötzlich einen Kloß im Hals. Ihm wird klar, dass der Khan äußerst geschickt darin ist, die Dorfbewohner zu umgarnen und zu manipulieren. Schließlich hat er das schon einmal geschafft, damals, als er sich noch als Graf ausgab. Primo wünscht sich jetzt, er hätte niemals auf die Worte des Gefangenen gehört.
„Nun gut, beginnen wir“, sagt Magolus. „Staatsanwältin, was hast du gegen den Angeklagten vorzubringen?“