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Es rumpelt und kracht auf der Festplatte, und der Ventilator bläst das Einser-Bit aus dem Gehäuse. Ein Computer-Crash! Das kleine Wesen aus elektrischem Strom hat Glück, es landet weich im Fell eines Spielzeugaffen. Aber wie soll es weitergehen? Wie soll es zurück in ein sinnvolles digitales Leben? Das Einser-Bit wird mit Neuem konfrontiert. Sie lernt im Affenfell die Hausstaubmilbe Johanna kennen und erfährt viel über den Eigentümer von Computer und Kuscheltier: Emil, ein unglücklicher Dickwanst, der viel zu viele Erdnüsse in sich hineinstopft und lediglich über ein Datingportal mit Frauen kommuniziert. Auch dem aktuellen Wunsch nach einem Treffen weicht er aus. Doch er hat die Rechnung ohne das Einser-Bit gemacht! Es entwickelt in seiner Notlage ungeheure Energie!
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Seitenzahl: 20
Nie hatte es über sich nachgedacht. Es hatte sich irgendwann aus elektrischem Strom gebildet und zu einer Eins geformt. Die Ziffer Eins stand auf seinem Rumpf geschrieben, der so eckig war wie ein Baukastenstein. Wie ein Mensch besaß es zwei Beine, zwei Arme und einen Kopf. Dieser war kugelrund und wurde von gelockten Haaren bedeckt. Es war ein hübsches Bit; aber weder junger Mann noch junge Frau. Die Welt, in der es lebte, unterschied nicht zwischen männlich und weiblich, sondern nur zwischen Nullen und Einsen. Es sah seinen Kollegen zum Verwechseln ähnlich. Nur es selbst spürte, dass es seine Person nur einmal gab.
Seit seiner Entstehung steckte es mit einer unüberschaubaren Zahl von Einsen und Nullen in einer geschlossenen Gesellschaft. Sie wurde „Datei“ genannt.
Es gehörte zu einer kleinen Familie, das Einser-Bit – einen individuellen Namen hatte es nicht. Wie alle Familien in dieser geschlossenen Gesellschaft nannte sich diese „Byte“. Sie bestand aus acht Bits, genau gesagt aus fünf Nullen und drei Einsen. Um als Familie erkennbar zu sein, saßen die Mitglieder eng beisammen und hielten sich an den Händen. Als würden sie einen Reigentanz aufführen. Aber es war nicht möglich zu tanzen. Einerseits wurde es nicht gerne gesehen, wenn sich einzelne Nullen und Einsen ohne Befehl bewegten, andererseits herrschte in der Datei eine solche Enge, dass an Sport und Ähnliches nicht zu denken war. Alles folgte einem höheren Plan und fügte sich in eine akribisch ausgetüftelte Struktur. Es wurde von einem Steuerbereich überwacht, der sich ebenfalls aus Byte-Familien zusammensetze. Hier waren auch der Name der Datei und das sogenannte „Dateiformat“ festgehalten. Die Datei hieß „Mama Ostern Ammersee“; weil der Name mit einem Punkt und „jpg“ endete, gehörte sie zur Spezies der Bilddateien.
Wie erwähnt: Das Einser-Bit hatte keine Ahnung, welcher Sinn in seine Existenz gelegt worden war, doch es besaß ohnehin gar kein Interesse daran, größere Zusammenhänge in Erfahrung zu bringen. Es hockte zwischen zwei Nullen, hielt mit ihnen die Hände und begnügte sich mit der Information, dass seine Byte-Familie dazu beitrug, ein Pixel in einem Foto einer älteren Frau blau zu färben. Sie seien ein Stückchen vom Ammersee, sagte man. Und die Datei sei auf einer Festplatte eines Nutzers namens Emil „gespeichert“.