6,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 6,99 €
Richard Harding ist ein Abenteurer und Weltreisender. Als er in Griechenland die Amerikanerin Ashley kennen und lieben lernt, folgt er ihr nach Amerika. Doch er erkennt schnell, dass ihn das Leben eines seriösen Geschäftsmannes auf Dauer nicht erfüllen kann, und gibt seiner großen Leidenschaft, dem Schatztauchen, nach. Richard ist besessen von der Idee, den Schatz der gesunkenen Galeone »Maravilla«, die Gold und Silber im Wert von mehreren Hundert Millionen an Bord hatte, zu heben. Doch als er sein Ziel fast erreicht zu haben scheint, sind ihm bereits zwielichtige und skrupellose Gestalten auf der Spur.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 492
Rainer M. Schröder
Roman
In Liebe meiner Frau Helga gewidmet,die so zahlreiche Abenteuer auf See,im Dschungel und in der Wüsteohne Klagen mit mir bestanden hatund meine Träume teilt.You are the one and only, my love!
September 1973 – Februar 1974
Regungslos kauerte Richard Harding zwischen den zerklüfteten Felsen am Ende der Landzunge. Wie eine Lanze bohrte sie sich gut sechzig Meter weit ins Meer. Zu beiden Seiten der Halbinsel erstreckten sich sichelförmige Strände. Weite Olivenhaine überzogen die dahinterliegenden Hügelketten.
Mitternacht war längst vorbei. Am Himmel über der griechischen Westküste blinkten Sterne. Das Meer, das die steinige Landzunge umspülte und sich schäumend gegen die Strände warf, schimmerte im schwachen Licht der Gestirne wie flüssige Kohle, auf der Millionen glitzernder Silbersplitter schwammen.
Er blickte zum südlichen Strand hinüber. Unterhalb der Olivenbäume loderte ein kleines Lagerfeuer im Sand. Vier Gestalten hockten um das Feuer. Jemand warf einen Ast in die Flammen. Funken stoben in die Nacht. Der warme, ablandige Wind wehte Gitarrenklänge, Lachen und den schwachen Duft der Olivenbäume zu ihm herüber. Ein paar Strandhippies. Von ihnen drohte ihm keine Gefahr.
Richard Harding hatte keine Eile. Jetzt nicht mehr. Über vier Wochen hatte er in einem Zustand extremer innerer Anspannung gelebt, hatte auf das Ende der Touristensaison in Parga gewartet und dieser Nacht entgegengefiebert. Er hatte auf die Septembernächte gewartet, wenn die Strände und Olivenhaine nicht mehr von Liebespaaren bevölkert waren; Pärchen, die im warmen Sand oder zwischen den Bäumen bis zum Sonnenaufgang ausharrten, um dann die auslaufenden Boote der einheimischen Fischer zu beobachten. Es waren lange Wochen gewesen, doch er hatte nichts riskieren wollen und sich in Geduld geübt. Sehr widerwillig, denn Geduld war nie seine Stärke gewesen.
Nun kam es auf ein paar Minuten mehr oder weniger nicht an. Die Strände waren bis auf die vier am Lagerfeuer ausgestorben, die Fischer von Parga lagen noch in ihren Betten und die See war ruhig.
Richard Harding schwitzte. Sein halblanges, dunkelblondes Haar klebte nass am Kopf. Schweiß rann ihm über das Gesicht. Er trug einen eng anliegenden Taucheranzug aus tiefschwarzem Neopren. Vor ihm, in einer kleinen sandigen Mulde zwischen schroffen Felsen, lag der Rest seiner Taucherausrüstung: Maske mit Schnorchel, Flossen, Rettungsweste, Bleigürtel, Lungenautomat, Sauerstofftank und Unterwasserstrahler sowie fünfzig Meter Nylonseil und eine zusammenfaltbare Taschenboje, die sich mithilfe einer Pressluftpatrone innerhalb von Sekunden aufblasen ließ. Um sein rechtes Bein hatte er ein Messer geschnallt. Und am linken Handgelenk trug er einen Unterwasserkompass und eine Taucheruhr mit Tiefenmesser. Beide Instrumente besaßen phosphoreszierende Anzeigen. Damit war seine Ausrüstung komplett.
Vorsichtshalber hatte er den Sauerstofftank mit mattschwarzer Farbe angestrichen, um mögliche Reflexionen des Sternenlichtes von vornherein auszuschließen. Und seine eigene signalgelbe Rettungsweste hatte er gegen eine blaue ausgetauscht. In der Dunkelheit war das Blau nur um einen unbedeutenden Grad heller als das Schwarz von Tank und Taucheranzug.
Richard fuhr nun in die Rettungsweste, schnallte sich das Tragegestell mit dem Sauerstofftank um und legte den Gürtel mit den schweren Bleigewichten an. Er hielt sich geduckt im Sichtschutz der Felsen. Das Seil, die aufblasbare Boje und den Unterwasserstrahler befestigte er an den beiden Karabinerhaken, die am Bleigürtel baumelten. Maske und Flossen nahm er in die linke Hand.
Er war in Schweiß gebadet, als er zum Tauchen fertig war. Bevor er sich vorsichtig über ein abschüssiges und gefährlich glitschiges Felsband ins knietiefe Wasser tastete, blickte er sich noch einmal zum Südstrand um. Das Feuer war in sich zusammengefallen und von den vier Gestalten war weit und breit nichts mehr zu sehen. Er nahm das als ein gutes Omen.
Sowie ihn die ersten sanft anrollenden Wellen hüfthoch umspülten, wich die innere Anspannung und machte professioneller Ruhe Platz. Er spuckte in die Maske, rieb das Glas mit Speichel ein und spülte sie. Bevor er sie anlegte, kippte er sich drei volle Masken Wasser über seinen verschwitzten Kopf. Dann biss er auf das Gummimundstück des Lungenautomaten und atmete zweimal tief durch. Er fuhr in die Flossen, ging in die Hocke und stieß sich von der Felsplatte ab.
Das Wasser schlug über ihm zusammen. Eine ungewöhnlich tiefschwarze, flüssige Nacht umgab ihn, doch er kannte hier jeden einzelnen Felsvorsprung, jede unterseeische Bodenerhebung, sodass er den Unterwasserscheinwerfer noch nicht einzuschalten brauchte.
Die schweren Bleigewichte zogen ihn schnell in die Tiefe. Plötzlich blitzte es rund um ihn in der Schwärze auf. Tausende von winzigen Lichtern umschwirrten ihn bei jeder Bewegung. Meeresleuchten. Im Meer wimmelte es von leuchtenden Einzellern namens Noctiluca, den winzigen Glühwürmern der Unterwasserwelt.
Richard Harding sah im unwirklichen Licht dieser Leuchtorganismen den sandigen Meeresboden, blickte auf seinen Handkompass und wandte sich nach Nordwesten. Nach zweihundert Metern fiel der Meeresboden in acht Meter Tiefe abrupt ab. Richard knickte in der Hüfte ein, sein Oberkörper kippte steil in die Tiefe hinunter, ein paar kraftvolle Flossenschläge – und wie ein Pfeil schoss er an der Absturzkante der senkrecht abfallenden Felswand vorbei in die lautlose Schwärze, in der es nur das gleichmäßige Zischen des Lungenautomaten und das Blubbern der ausgeatmeten Luft gab, die perlend zur Oberfläche hochstieg. Nun schaltete er auch den Unterwasserstrahler ein. Und die Tiefe wurde lebendig, voller Farben und Verheißungen.
Tom hatte den Wagen am einsamen Strand hinter einer Buschgruppe geparkt, Motor und Scheinwerfer ausgeschaltet und die Fenster heruntergekurbelt. Die Wagensitze waren mit wenigen Handgriffen nach hinten geklappt. Hier waren sie völlig ungestört.
Während er sie küsste, schob er ihr T-Shirt hoch. Dann presste er seinen Mund auf ihre linke Brust. Er atmete schnell und flach.
Dann schob sich seine schwitzige Hand unter ihren dünnen Baumwollrock, wanderte an der Innenseite ihrer Oberschenkel hoch und versuchte, sich in ihr Höschen zu schieben. Er war erregt, nervös und ungeduldig, und er merkte nicht, wie sich ihr Atem plötzlich veränderte und ihr Körper sich versteifte. Statt zärtlich und einfühlsam zu sein, wurde er in seinem Verlangen grob und direkt.
Ashley Clatterbuck presste die Beine zusammen und versuchte sich aufzurichten. Doch sein Gewicht drückte sie in die unbequemen Polster des Sitzes zurück. »Tom! … Nicht, bitte!«, bat sie mit heiserer Stimme. Sie hatte in dieser Nacht zu viel geraucht und entschieden zu viel getrunken.
»Ach komm, verkrampf dich doch nicht so«, murmelte Tom Kendall mit alkoholschwerer Stimme und wollte ihre Beine auseinanderdrücken. »Du magst es doch auch …«
»Nein, ich mag dein Gefummel überhaupt nicht!«, widersprach Ashley Clatterbuck heftig und schob ihn von sich. »Hör auf damit!«
»Stell dich doch jetzt nicht so an!« Er klang gereizt.
»Ich stell’ mich überhaupt nicht an. Und jetzt nimm die Hand da weg!«
»Tu doch nicht so, als hättest du nicht gewusst, weshalb wir hier zum Strand hinuntergefahren sind.«
Sie musste all ihre Kraft aufbringen, um sich von ihm zu befreien und seine Hand wegzudrücken. »Daran habe ich bestimmt nicht gedacht!«, rief sie, zog ihr T-Shirt herunter und strich hastig ihren Rock glatt.
Das prickelnde Gefühl der Erregung, das sie noch vor wenigen Augenblicken von Kopf bis Fuß erfüllt hatte, war schlagartig verflogen. Und wenn sie auch noch längst nicht nüchtern war, so war sie auf einmal doch nüchtern genug, um ihren Fehler zu erkennen. Sie hatte die ganze Nacht mit diesem Tom Kendall, der aus Toronto stammte und dort studierte, in der Diskothek von Parga verbracht. Sie war froh gewesen, jemanden getroffen zu haben, der ihre Sprache sprach, denn es war nicht mehr viel los im Ort, und sie hatte mit ihm wild geflirtet und geschmust und mehr Alkohol getrunken, als es sonst ihre Art war. Tom sah blendend aus, tanzte gut und war alles andere als ein Langweiler. Doch es war falsch gewesen, dass sie mit ihm an diesen einsamen Strand gefahren war, nachdem die Diskothek um eins geschlossen hatte. Sie hatte mit Zärtlichkeit gerechnet, nicht jedoch mit plumpem Gegrabsche.
»Hast du vielleicht gedacht, wir würden nur händchenhaltend im Sand sitzen und die leuchtenden Sterne am Himmel zählen?«, fragte er aufgebracht. »Komm mir jetzt bloß nicht mit dieser alten Masche, dass du nicht zu denjenigen gehörst, die gleich beim ersten Mal …«
»Ich komm’ mit gar keiner Masche!«, fiel Ashley ihm nicht weniger wütend ins Wort und warf den Kopf mit einer energischen Bewegung in den Nacken, dass ihre langen blonden Locken flogen. »Ich mag deine grobe Fummelei nicht! Tut mir leid, wenn du dir mehr erhofft hast! Ich habe vielleicht zu viel getrunken … und du wohl auch. Fahr bitte in den Ort zurück!«
»Den Teufel werde ich!«, fluchte Tom. »Erst machst du mich scharf und tust so, als könntest du es nicht abwarten, und dann markierst du die prüde Unschuld vom Land. Aber das läuft bei mir nicht!«
Das Blut schoss ihr ins Gesicht. »Das ist nicht fair!«
»Was du nicht sagst!«, gab er bissig zurück. Er beugte sich vor und stieß die Beifahrertür auf. »Sieh zu, wie du zu Fuß zurückkommst! Ich spiel’ doch nicht für so eine Zicke wie dich den Chauffeur! Na los, steig aus … wenn du nicht willst, dass ich dich eigenhändig rausschmeiße.«
Ashley Clatterbuck starrte ihn im Dunkel ungläubig an. »Mein Gott … wie habe ich einen so … primitiven Möchtegern-Casanova wie dich bloß für fünf Minuten nett finden können!«, stieß sie mit zitternder Stimme hervor und stieg aus.
»Weil du nach außen hin den scharfen Vamp spielst und in Wirklichkeit eine frigide Schachtel bist! Und darin seid ihr Ami-Zicken euch alle gleich!«, rief er zornig und zog die Tür knallend zu.
Der Motor sprang an und die Scheinwerfer flammten auf. Tom Kendall trat das Gaspedal in seiner Wut voll durch. Die Hinterräder drehten durch und schleuderten einen Hagel aus Sand und Steinen in die Büsche. Dann packten die Reifen auf dem sandigen Boden. Der Wagen schoss davon und verschwand Augenblicke später am unteren Ende des Strandes, wo ein holpriger Pfad durch den Olivenhain zurück zur befestigten Straße führte. Das Motorengeräusch entfernte sich schnell in der Nacht und wurde schließlich ganz von der Dunkelheit geschluckt.
Dass sie weinte, merkte sie erst, als sie ihre salzigen Tränen auf den Lippen schmeckte. Sie fühlte sich gedemütigt, verletzt, ja geradezu beschmutzt. Und sie machte sich nun Selbstvorwürfe, dass sie es so weit hatte kommen lassen.
Ashley ging durch den warmen Sand zum Strand hinunter, zog die Sandalen aus und watete mit tränenfeuchten Augen durch das Wasser. Es war warm, aufgeheizt von der Sonne der heißen Sommermonate und erfrischend zugleich.
Sie dachte daran, dass sie zu Fuß zu ihrem Hotel in Parga zurückkehren musste. Eine Strecke von mehreren Kilometern. Und das bei der Dunkelheit. Sie fühlte sich auf einmal hundemüde und zerschlagen. Vielleicht sollte sie die Nacht hier am Strand verbringen. Die ersten kleinen Fährboote, die die Touristen von Parga zu diesem Strand brachten, verließen schon morgens um acht den Hafen. Während der Hauptsaison. Doch galt das auch jetzt noch, wo sich die wenigen Gäste in der kleinen, malerischen Ortschaft schon verliefen?
Ihr Blick ging über die geschützte Bucht. Das Rauschen der sanften Brandung war wie Seelenbalsam. Und plötzlich verspürte sie das Verlangen, ihre verschwitzten Sachen auszuziehen und sich splitternackt in die Fluten zu stürzen. Ja, warum auch nicht? Sie hatte den Strand ja ganz für sich allein. Und der warme Wind würde sie nach dem erfrischenden Bad trocknen.
Schnell zog sie T-Shirt und Rock aus und streifte den Slip ab. Sie fühlte sich wie befreit, stand einen Augenblick regungslos und mit geschlossenen Augen und atmete tief durch. Dann lief sie in die Wellen, dass das Wasser hoch aufspritzte. Sie stieß einen Laut aus, der zwischen erschrockenem Atemanhalten und fröhlichem Jauchzer lag. Dann warf sie sich nach vorn in die Wellen und kraulte hinaus. Sie fühlte sich wie neugeboren, als sie mit kräftigen Schlägen durch das dunkle Wasser glitt. Als ihr die Arme etwas lahm wurden, legte sie sich auf den Rücken, ließ sich treiben und blickte fasziniert zum funkelnden Sternenhimmel hoch. Noch nie zuvor hatte sie die Milchstraße so klar und leuchtend gesehen. Sie war wie berauscht, doch anders als mit Alkohol. Ihr Blick und ihre Gedanken verloren sich in der glitzernden Endlosigkeit des Kosmos.
Plötzlich fuhr sie aus dem Zustand entrückter Verzückung auf. Das Wasser fühlte sich längst nicht mehr so warm an und sie drehte sich wieder auf den Bauch herum. Ein eisiger Schreck durchfuhr sie, als sie sah, wie weit sie sich aus der geschützten Bucht entfernt hatte. Sie war schon weit über die vorspringende Landzunge hinausgetrieben.
Sie bekämpfte die in ihr aufwallende Panik. Sie war eine gute Schwimmerin und wenn sie ihre Kräfte sinnvoll einteilte, hatte sie nichts zu befürchten.
Ruhig kraulte sie zurück.
Doch die Bucht kam nicht näher. Oder täuschte sie sich nur? Die Dunkelheit machte es schwer, Entfernungen richtig abzuschätzen.
Sie schwamm weiter, schlug jedoch unwillkürlich ein schnelleres Tempo an. Doch auch nach zehn, fünfzehn Minuten schien sich die Distanz zwischen ihr und der Halbinsel, an der sie sich jetzt orientierte, nicht wesentlich verringert zu haben.
»Ich bin in eine Strömung geraten, die mich vom Ufer wegtreibt!«, schoss es ihr durch den Kopf. »Oder die Ebbe zieht mich zurück! … Ich schaffe es nicht … Ich schaffe es nicht zurück an Land!« Die Erkenntnis hallte wie ein innerer Schrei durch ihren Schädel.
Wie ein altes Geschwür brach die Angst wieder in ihr auf. Ja, Panik ergriff von ihr Besitz. Obwohl sie wusste, dass sie nur ihre Kräfte vergeudete und ihre Überlebenschancen dadurch noch weiter verringerte, kraulte sie wild drauflos. Ihre Panik schaltete jeden vernünftigen Gedanken aus. So schnell sie konnte, peitschten ihre Arme das Wasser. Sie atmete falsch, schluckte Wasser, hustete und brüllte auf einmal gellend vor Schmerz auf. Ein Krampf.
Ein Oberschenkelkrampf.
Schreiend warf sie sich auf den Rücken, krümmte sich im Wasser und umfasste ihren Oberschenkel, der scharf stechende Schmerzen durch ihren ganzen Körper schickte, mit beiden Händen. Sofort verlor sie jeglichen Auftrieb und ging unter. Sie tauchte spuckend, würgend und in Todesangst um sich schlagend wieder auf. Ihre Schreie schallten über die See. Doch wer sollte sie hier hören?
Sie kämpfte voller Verzweiflung gegen ihr scheinbar unabwendbares Schicksal.
Plötzlich berührte sie etwas. Sie sah neben sich einen langen, schwarzen Schatten und ein schriller, überkippender Schrei drang aus ihrer Kehle. Sie glaubte, jetzt sei ihr Ende gekommen. Eine Stimme antwortete ihr. »Seien Sie ruhig! … Hören Sie auf, um sich zu schlagen! … Ich bringe Sie zurück! … Ruhig, verdammt noch mal! … Hören Sie mich?«
Ashley hörte die Stimme, die durch den Schleier ihrer grenzenlosen Todesangst drang, doch sie war nicht fähig, der Aufforderung zu folgen. Sie schlug weiterhin unkontrolliert um sich, weil sie von der panischen Überzeugung besessen war, sofort unterzugehen, sowie sie aufhörte, sich zu bewegen.
Richard Harding schlug ihr zweimal hart ins Gesicht. »Reißen Sie sich zusammen!«, schrie er sie an. »Sie werden nicht ertrinken, haben Sie mich verstanden!? Legen Sie sich auf den Rücken! … Ich bringe Sie zurück!«
Diesmal gehorchte sie und ihr Schreien ging in ein Wimmern über. Er legte seinen linken Arm um sie, nahm sie in den Rettungsgriff und paddelte gegen die Strömung an. Langsam kamen sie voran, und beruhigend redete er auf sie ein.
Richard Harding war völlig ausgepumpt, als er sie endlich in der geschützten Bucht hatte und sich im seichten Wasser aufrichten konnte.
»Hier können Sie stehen. Schaffen Sie es allein?«
»Ja«, sagte sie mit tonloser Stimme: Der Krampf hatte sich inzwischen gelöst. Sie zitterte, doch nicht vor Kälte. Sie stand noch immer unter Schock, der nur langsam abebbte.
Er gab sie frei und sie taumelte an Land, sank in den warmen Sand. Verstört blickte sie ihn an. »Sie haben mich geschlagen!«
Ein schwacher, silbriger Schein fiel auf sein markantes Gesicht, als er die Tauchermaske abnahm, und deutlich sah sie die daumenlange Narbe über seiner rechten Augenbraue.
»Das war leider nötig. Lassen Sie mal sehen.« Er kniete sich neben sie in den Sand.
»Starren Sie mich nicht so an!«, schrie sie plötzlich hysterisch, als sie sich ihrer totalen Nacktheit bewusst wurde. »Geben Sie mir meine Sachen! … Meine Sachen!«
Richard Harding fuhr zurück. »Regen Sie sich ab, okay? Ich weiß zufällig, wie eine nackte Frau aussieht!« Doch er erhob sich, holte ihre Sachen und warf sie ihr zu.
Ashley Clatterbuck presste Rock und T-Shirt vor ihre Brust. Fast feindlich blickte sie zu ihm hoch.
»Ziehen Sie sich an. Ich hole gleich meinen Wagen und bringe Sie nach Parga …«
»Nicht nötig!«, stieß sie hervor. »Ich bleibe hier, bis das erste Fährboot kommt! … Ich … ich bin okay!«
»Sind Sie sicher, dass das eine so gute Idee ist?«
»Ja! Lassen Sie mich endlich allein! Es war nur ein Krampf, ein Oberschenkelkrampf … sonst hätte ich es auch allein zurückgeschafft! Ich bin okay … okay!«
Richard Harding sah sie einen Augenblick scharf an. Wie eine potenzielle Selbstmörderin sah sie nicht aus. Sie war vermutlich einfach nur hysterisch, eine Nachwirkung der psychischen Belastung, wenn man plötzlich den Tod vor Augen hat. Ihre Nerven würden sich schon beruhigen und dass sie nicht unterkühlt war, hatte er gefühlt. Es sprach also nichts dagegen, sie allein zu lassen, wenn sie unbedingt darauf bestand.
»Also gut, ganz wie Sie wollen«, sagte er schließlich mit einem gleichmütigen Schulterzucken, wandte sich um und ging ins Wasser zurück. Wie betäubt starrte Ashley Clatterbuck ihm nach. Sie hatte das Gefühl, als würde sie aus einem grässlichen Albtraum erwachen. Sie wollte ihm nachrufen, doch wieder zurückzukommen, aber da war er schon untergetaucht, als hätte es ihn nie gegeben.
In den einfachen Cafés und Restaurants entlang der kurzen Hafenpromenade saßen nur ein paar Dutzend Gäste bei Ouzo und Retsina. Sie spielten Domino und Backgammon oder dösten in der warmen Sonne des späten Vormittags. Es waren fast nur Männer, die dort an den Tischen saßen. Griechen, unter denen die wenigen noch verbliebenen Fremden wie die verlorene Nachhut einer Armee wirkten, die sich nach einer verheerenden Schlacht aufgelöst und in alle Himmelsrichtungen verstreut hatte. Nach den lärmenden Monaten der Touristensaison hatten die Bewohner von Parga ihren Ort wieder ganz für sich. Beinahe. Und allmählich fiel das ehemalige Fischerdorf in einen Zustand fast schläfriger Beschaulichkeit und Ruhe zurück.
Von Ruhe und Beschaulichkeit konnte bei Richard Harding keine Rede sein. Er lag mit schweißüberströmter Brust und schmerzenden Armen unter einem bauchigen Fischerboot. Es stand auf schweren, primitiven Holzblöcken direkt neben dem winzigen Hafenbecken, wo sich ein schmaler Streifen steinigen Strandes erstreckte, der noch nicht zubetoniert war.
In der linken Hand hielt er einen Bunsenbrenner und in der rechten einen breiten Spachtel. Er ließ die lange, weiß-blaue Gasflamme des Brenners über die Bootsplanken des Rumpfes tänzeln, bis sich der alte Anstrich löste und Blasen schlug. Dann kratzte er die Farbe mit dem Spachtel vom Holz. Zentimeter für Zentimeter. Handbreit für Handbreit. Eine anstrengende, schweißtreibende Arbeit, die eine geradezu stoische Ausdauer, viel Muskelkraft und nur ein Minimum an Fachkenntnis erforderte. Er hasste diesen Job aus tiefster Seele.
Aus einem der nahe liegenden Cafés drang griechische Musik zu ihm an den Strand. Was hätte er dafür gegeben, wenn er jetzt dort bei einem eisgekühlten Gin-Tonic und einem Teller mit olivengespickten Imbisshäppchen hätte sitzen können. Aber er hatte Spiros, diesem verdammten Halsabschneider, schon im Juli versprochen, seinem Boot einen neuen Unterwasseranstrich zu verpassen – versprechen müssen, um bei der Wahrheit zu bleiben.
Schritte näherten sich dem aufgebockten Holzboot. Er wandte den Kopf und sah zwei schlanke, sonnengebräunte Beine, die in goldenen Riemchensandalen steckten. Die Zehennägel waren dunkelrot lackiert. Die hübschen Beine blieben vorn beim Bug stehen.
»Mr. Harding?«
Mit fauchendem Bunsenbrenner und verklebtem Spachtel kroch er ein Stück unter Spiros’ Boot hervor. Sein Blick glitt ohne Eile an den langen Beinen empor, die in schneeweißen Shorts verschwanden, wanderte über die rote, vor der Brust verknotete Bluse und blieb an dem Gesicht der Frau hängen, das von langen, blonden Haaren umrahmt wurde. Ihr Gesicht trug einen angespannten, verunsicherten Ausdruck. Es war ganz offensichtlich, dass sie sich nicht wohl in ihrer Haut fühlte.
»Hallo«, sagte er gleichmütig und zeigte sich nicht im Geringsten überrascht, sie zu sehen. Er hatte irgendwie damit gerechnet, dass sie ihn ausfindig machen und früher oder später bei ihm auftauchen würde.
»Hallo.« Ihre Stimme klang schwach. Sie war nervös und ihre unruhigen Augen bestätigten das. Sie versuchte zu lächeln. Doch der Versuch misslang. Statt eines Lächelns brachte sie nur eine Grimasse zustande und sie biss sich auf die Unterlippe, wich seinem aufreizend gelassenen Blick aus.
Richard Harding dachte gar nicht daran, es ihr leicht zu machen. Wie alt mochte sie sein? Vielleicht fünf, sechs Jahre jünger als er. Zwanzig. Höchstens einundzwanzig, schätzte er. Also alt genug, um auch mal von den bitteren Pillen des Erwachsenseins zu kosten. Sie sah ihm nicht danach aus, als hätte sie davon in der Vergangenheit schon ausreichend zu schlucken bekommen.
Er griff nach seinen Zigaretten, die im Schatten eines schweren Stützblockes lagen, neben seinem T-Shirt und der Flasche Sprudelwasser, das jetzt bestimmt ekelhaft warm war. Er zog eine Zigarette heraus und steckte sie sich an der Flamme des Bunsenbrenners an. Dann hielt er ihr die Schachtel hin. »Keine Papastratos. Deutsche Zigaretten. Fast so gut wie Marlboros.«
Sie zögerte, nahm dann jedoch eine aus der Schachtel, ohne ihn anzublicken. »Danke, … Mr. Harding.«
»Richard«, korrigierte er sie mit beiläufigem Tonfall, in dem eine Spur Sarkasmus mitschwang. »Mr. Harding nennt man mich nur, wenn man mit mir über eine Gehaltskürzung sprechen will oder mich an der Grenze zur Körpervisite in einen Nebenraum bittet.«
Ihr hübsches Gesicht rötete sich unter der Bräune. »Ich bin Ashley … Ashley Clatterbuck.«
Einen Augenblick lang war er versucht, ihr den Bunsenbrenner hinzuhalten. Doch das verkniff er sich. Er drehte den Gashahn zu und reichte ihr sein billiges Wegwerffeuerzeug. Sie nahm es mit spitzen Fingern, als hätte sie Angst, seine Hand zu berühren, steckte ihre Zigarette schnell an und rauchte hastig.
Er blickte sie an und wartete.
»Es … es tut mir leid«, brachte sie schließlich mühsam hervor.
Er hob die Augenbrauen, als verstände er nicht. »Was tut Ihnen leid, Ashley?«, fragte er. Er war gemein, ein Schweinehund. Doch er genoss ihre peinliche Verlegenheit.
»Wie ich heute Nacht zu Ihnen gewesen bin, am Strand«, antwortete sie und vermied es noch immer, ihn anzuschauen.
»Ach das«, sagte er gedehnt, als hätte er Schwierigkeiten, sich an den Vorfall zu erinnern.
»Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Ich … habe mich wohl sehr kindisch benommen.«
Er nickte. »Ein wenig hysterisch, würde ich sagen.«
»Wenn Sie nicht gekommen wären, hätte ich es wohl nicht mehr zurückgeschafft …«
»Mit Sicherheit nicht.«
»Sie haben mir das Leben gerettet.«
»Ja, darauf lief es wohl hinaus«, sagte er trocken.
»Ich weiß nicht, was ich jetzt sagen soll … wie ich Ihnen danken kann. Erst als Sie verschwunden waren, wurde mir bewusst, was Sie für mich getan haben … und wie dumm ich mich Ihnen gegenüber benommen habe. Es tut mir wirklich leid, dass ich Sie so angefahren habe. Es muss der Schock gewesen sein.« Sie blickte ihn nun zum ersten Mal richtig an. In ihren dunklen Augen stand eine Bitte, deutlich und eindringlich.
Es war an der Zeit, dass er aufhörte, den Gleichgültigen zu spielen und sich an ihrer Schwäche zu weiden. Er hatte es ihr schwer genug gemacht, sich zu entschuldigen. Jetzt reichte es.
»Schon gut«, sagte er mit veränderter, einlenkender Stimme. »Nehmen Sie es nicht so tragisch. Sie waren verstört. So ein Beinahe-Absaufen rüttelt einen psychisch schon ganz schön durch. Ich kann davon ein Lied singen. Also vergessen wir, was gewesen ist. Wie haben Sie mich überhaupt gefunden?«
»Es gibt in Parga nicht viele Taucher mit einer Narbe auf der Stirn.«
»Stimmt.«
Sie rauchte einen Moment schweigend und ihr Blick wurde fester, sicherer. »Sie hätten nicht weggehen dürfen. Egal, was ich zu Ihnen gesagt habe.«
»Wieso? Sie behaupteten doch, wieder topfit zu sein.«
»Ich hätte ja noch unter schwerem Schock stehen können!« Es klang wie ein ernster Vorwurf. Sie schien verlorenen Boden zurückgewinnen zu wollen. »Und was wäre passiert, wenn ich unterkühlt gewesen wäre und dort am Strand einen Kreislaufkollaps bekommen hätte?« Sie klang auf einmal regelrecht herausfordernd.
Richard Harding zeigte nun zum ersten Mal, seit sie ihn angesprochen hatte, Überraschung. »Nun mal langsam! Okay, Sie waren ganz schön überreizt und zittrig, aber unter schwerem Schock standen Sie nicht. Das hätte ich mitbekommen. Und am Rande eines Kreislaufkollapses standen Sie auch nicht!«
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Weil jemand, der kurz vor dem Zusammenklappen steht, nicht wütend am Strand auf und ab geht und seine Sandalen in den Sand feuert!«
Sie öffnete den Mund, war jedoch einen Moment lang sprachlos. Schließlich stieß sie hervor: »Sie … Sie haben mich beobachtet?«
Er grinste breit. »Ich verlasse mich ungern auf das Wort einer Frau, die ich gerade wie einen nassen Sack an Land geschleppt habe. Ich habe Sie eine ganze Weile von der gegenüberliegenden Landzunge aus im Auge behalten, bis ich sicher war, dass Sie wirklich okay waren … und nicht noch einmal ins Wasser springen würden.« Und spöttisch fügte er hinzu: »Ich schlafe gern mit ruhigem Gewissen.«
Ashley Clatterbuck wusste nicht, ob sie ihm böse oder dankbar sein sollte. Doch dann lachte sie und schüttelte den Kopf. »Ich gebe auf! Sie wissen offenbar immer ganz genau, was Sie zu tun und zu lassen haben, nicht wahr?«
»Manchmal habe ich Glück und tue irgendwie das Richtige.«
»Ist das Ihr Boot, an dem Sie da arbeiten?«
»Gott bewahre, nein! Ich habe einen besseren Geschmack – und darum auch kein eigenes Boot. Was mir gefällt, kann ich leider nicht bezahlen.«
»Dann jobben Sie hier in Parga?«
»Nein, ich trage eine Ehrenschuld ab.«
Sie runzelte verständnislos die Stirn.
»Spielschulden besser gesagt«, erklärte er freimütig. »Diese Plackerei ist das Ergebnis einer langen Pokernacht mit ein paar einheimischen, trinkfesten Kneipenbesitzern. Hatte in der Nacht nichts als Pech und am Schluss leere Taschen.«
Die Geschichte gefiel ihr und sie lachte. »Und was tun Sie sonst so?«
»Amerikanischen Nymphen bei Nacht das Leben retten.«
»Müssen Sie sich immer über mich lustig machen?«
»Das tue ich nur bei Leuten, an die mein umwerfender Witz nicht verschwendet ist«, erwiderte er und sagte dann ernsthaft: »Ich bin Tauch- und Segellehrer. Hatte drüben im internationalen Ferienklub eine Anstellung. Aber seit einer Woche gibt es da nichts mehr für mich zu tun. Die Saison ist vorbei, mein Vertrag ist ausgelaufen und ich habe also Zeit genug, um Spiros’ Boot in Schuss zu bringen.«
»Also deshalb sprechen Sie so gut Englisch!«
»Mein Vater war Engländer, meine Mutter ist Deutsche. Ich bin also zweisprachig aufgewachsen. Fast das Einzige, was meine Eltern bei meiner Erziehung richtig gemacht haben. Und was machen Sie in Griechenland?«
»Was von der Welt sehen«, antwortete sie fröhlich. »Meine Eltern haben mir zum Highschool-Abschluss einen Europa-Trip geschenkt.«
»Highschool?«, entfuhr es ihm unwillkürlich. »Sie sehen ein bisschen älter als achtzehn aus.«
»Ich bin fast zwanzig! Ich war als Kind sehr krank und kam deshalb zwei Jahre später in die Schule.«
»Und wie lange sind Sie schon in der Alten Welt?«
»Fast dreieinhalb Monate. Ich bin mit einer Freundin herumgereist. Ein bisschen England, dann Frankreich, vier Wochen Spanien und schließlich Griechenland. Tja, und hier bin ich dann hängen geblieben. Habe mich richtig in den Ort verliebt. Jetzt, wo es so ruhig geworden ist, gefällt es mir am besten.«
»Und Ihre Freundin?«
»Wir haben uns vor einer Woche getrennt. Sie ist noch in Athen, weil sie da jemanden kennt. Ich mache mir nichts aus Athen. Zwei, drei Tage – okay, aber länger hält es mich da nicht. Doch bei Evelyn ist das ja was anderes. Egal, in vierzehn Tagen kommt sie und dann geht’s zurück nach Virginia. Ich darf gar nicht daran denken.« Sie seufzte bei dem Gedanken, dass es mit der großen Freiheit bald vorbei sein würde.
»Dreieinhalb Monate Europa-Trip auf Daddys Kosten – das ist nobel, äußerst nobel sogar. Da könnte man ja direkt neidisch werden.«
»Na ja, wenn ich wieder drüben bin, werde ich wohl oder übel aufs College gehen müssen«, sagte sie verdrossen. »Daddy besteht darauf, dabei weiß ich überhaupt nicht, was ich studieren soll …«
Er lachte trocken auf, drückte seine Zigarette auf einem Kiesel aus und schnippte die Kippe in den Sand. »Haben Sie vorhin nicht gesagt, Sie wüssten nicht, wie Sie mir danken könnten?«
»Ja, wieso?«
Er lächelte. »Nun, ich wüsste, wie ich Ihnen da aus der Klemme helfen könnte.«
»Und wie?«
»Indem wir zusammen zu Dimitri Zigouris gehen und Sie mich zum Essen einladen«, sagte er mit entwaffnender Offenheit. »Bei Dimitri gibt’s die besten Calamares im Umkreis von fünf Meilen und sein Weißwein ist kalt genug, dass man nicht so genau schmeckt, was man da trinkt.«
Sie lachte herzhaft. »Gern! … Ich glaube, ich mag Sie, Richard.«
Er verzog das Gesicht und stand auf. »Das habe ich schon befürchtet.«
Eine halb volle Literflasche Weißwein und zwei einfache Zahnputzgläser standen auf dem Fliesenboden des billigen Hotelzimmers. Daneben lagen auf einem ausgebreiteten Stück Packpapier die Reste eines in Scheiben zerschnittenen Stangenbrotes, ein paar Salamischeiben und ein Stück Käse. Das Glas mit Artischockenherzen war schon leer.
Mitternachtsimbiss.
Nackt lagen Ashley und Richard auf dem Bett. Das Fenster, das zum Meer hinausging, stand offen. Der Himmel war wolkenlos und sternenhell. Wenn es tagsüber auch noch wunderbar warm war und die Sonne abends die geweißten Häuser zu vergolden schien, so wurden die Nächte doch spürbar kühler. Empfindlich kühl, sodass man gut eine Überdecke vertragen konnte.
Richard und Ashley brauchten keine Decke. Erhitzt lagen sie auf dem Laken und genossen die Kühle, die durch das Fenster ins Zimmer drang. Die Hitze der Leidenschaft glühte noch in ihnen nach. Und der Wein hatte ein Übriges getan, um sie die schnell fallenden Temperaturen vergessen zu lassen.
Ashley rekelte sich wohlig neben ihm, drehte sich auf die Seite, sodass sie ihn anschauen konnte, und ließ ihren Zeigefinger langsam über seine Brust abwärts gleiten.
»Vorsicht! Wer mit dem Feuer spielt, kommt darin um!«
Sie lachte. »In dem Feuer sterbe ich gern tausend Tode und mehr.« Sie seufzte. »Ach, es war so schön, Richard.«
»Mhm«, antwortete er nur. Es war schön gewesen, doch darüber zu sprechen fiel ihm schwer.
»Wie lange sind wir jetzt schon zusammen, Richard?«
»Fast zwei Wochen.«
»Richtig. Und du hast mir noch immer nicht gesagt, was du damals in der Nacht da draußen gemacht hast.«
Er langte hinter sich nach Zigaretten und Feuerzeug. »Getaucht natürlich.«
»Darauf wäre ich nie gekommen.«
Er steckte eine Zigarette an, gab sie ihr und nahm sich dann selbst eine. »Ich habe einen Schatz gehoben«, sagte er schließlich. Jetzt konnte er ihr davon erzählen, denn das Geschäft war abgewickelt. »Keinen großen, aber immerhin.«
»Jetzt nimmst du mich auf den Arm!«, protestierte Ashley.
»Nein. Es stimmt. Amphoren. Zwei alte griechische Amphoren. Ich hatte sie schon Wochen zuvor zufällig entdeckt, aber damals waren noch zu viele Touristen hier. Und an diesen Stränden herrschte ja sogar nachts noch Hochbetrieb.«
»Du hast zwei alte Amphoren gefunden und sie heimlich gehoben? Aber das ist doch verboten!«
»Warum, meinst du, habe ich so lange gewartet und sie bei Nacht hochgeholt? Ich weiß, dass so etwas unter Strafe steht und ich ins Kittchen gewandert wäre, wenn man mich geschnappt hätte«, räumte er ein. »Aber ich war abgebrannt und von irgendwas muss der Mensch ja leben. Damals kannte ich dich ja noch nicht, sonst hätte ich es vielleicht mal nur mit Luft und Liebe versucht.«
»Und?«
»Was und?«
»Die Amphoren! Wo sind sie jetzt? Du kannst sie doch nicht so ohne Weiteres aus dem Land schmuggeln!« Sie klang sehr besorgt und aufgeregt zugleich.
Er lachte. »Das ist schon längst gelaufen. Spiros hat sie für mich verscherbelt – und mich dabei natürlich kräftig über das Ohr gehauen. Das ist ein Schurke, wie er im Buche steht. Aber besser ein paar Tausender als gar nichts. Und allein hätte ich die Dinger ja gar nicht an den Mann bringen können. Ich muss ihm direkt dankbar sein.«
»Du bist mir ein Abenteurer!«
»Ich denke, das gefällt dir so sehr an mir?«
»Nicht nur das«, erwiderte sie lächelnd und küsste ihn, während ihre Hand ihn mit zärtlichem Verlangen streichelte.
»Weißt du, dass du nackt genauso hübsch aussiehst wie angezogen?«, fragte er und strich über ihre Brüste. »Meist verspricht die Verpackung leider mehr, als die Ware letztlich hält.«
»Ware? Oh, du Chauvi!«, gab sie sich entrüstet. »Dafür verpasse ich dir den größten Knutschfleck, den du je gehabt hast – und zwar da, wo ihn jeder sehen kann!«
»He, das ist das größte Kompliment, das ich einem Mädchen oder einer Frau jemals gemacht habe.«
Ashley ließ von ihm ab. Das fröhliche Lächeln verschwand von ihrem Gesicht. »Du, ich habe vorhin noch mal mit Evelyn gesprochen …«
»Ja?«
»Es bleibt dabei. Sie kommt morgen.«
Richard schwieg. Er war nicht bereit, mit ihr über morgen zu sprechen – und schon gar nicht über übermorgen. »Noch Wein?«, fragte er schließlich.
Sie nickte nur.
Er schwang die Beine über den Bettrand, goss beide Zahnputzgläser voll und reichte ihr eins. Dann stand er auf und schloss das Fenster. Jetzt spürte er die Kühle der Nacht.
»Und auf was trinken wir?«, fragte sie leise.
»Auf uns natürlich«, sagte er. Sie tranken und er schnitt ein paar Würfel vom Käsestück.
»Erzähl mir von dir, was du früher gemacht hast«, bat Ashley ihn.
»Da gibt es nicht viel zu erzählen«, antwortete er und war doch froh, dass sie nicht über morgen oder übermorgen zu reden brauchten. Noch nicht. »Ich hatte eine bewegte Jugend, wie viele andere auch, aber bei aller Misere doch immer noch eine gute Portion Glück. Ich schaffte das Gymnasium mit Ach und Krach, ließ mich ein halbes Jahr durchhängen und schrieb mich dann an der Sporthochschule ein. Fünf Semester hielt ich den Quark durch, dann hatte ich genug und stieg aus.« Er zuckte die Achseln. »Na ja, und dann habe ich eben hier und da als Tauch- und Segellehrer gearbeitet, alle drei, vier Monate woanders.«
»Und was kommt nach … Parga?«, fragte sie leise und mit ihrer Frage schloss sich der Kreis. Sie waren wieder bei dem Punkt angelangt, den zu bereden sie bisher so krampfhaft vermieden hatten.
Er drückte seine Zigarette aus. »Ich habe ein Angebot von einem Ferien-Resort auf Mauritius. Jemand, den ich hier kennengelernt habe, übernimmt dort unten den Dive-Shop. Aber das Angebot gilt erst für Anfang November.«
»Und? Wirst du annehmen?«
»Es ist nur eine Stellung als Assistent.«
»Was heißt das?«
»Dass ich die meiste Arbeit aufgebrummt bekomme und mich dafür mit der Hälfte des normalen Gehalts zufriedengeben muss.«
»Warum kommst du nicht mit mir nach Virginia?«
Er sah sie nur an.
»Wir müssen darüber reden!«
»Was soll ich im Winter in Virginia? Da finde ich bestimmt keinen Job.« Es war ein letztes Ausweichmanöver, das am Kern ihrer Frage weit vorbeiging, und er wusste es.
»Ich liebe dich, Richard.«
Die Vorstellung, dass sie übermorgen abreisen und plötzlich nicht mehr da sein würde, quälte ihn schon seit Tagen. Ashley war nicht seine erste Frau gewesen. Sein Job brachte es mit sich, dass Frauen sich für ihn interessierten. Urlaubsliebschaften. Davon hatte es in den letzten Jahren viele gegeben, und manche hatten sogar erstaunlich lange gehalten. Doch noch nie war es so ernst gewesen, war ihm eine Beziehung so tief unter die Haut gegangen. Wenn sie nach Amerika zurückging und er blieb, würde er nicht einfach zu seinem gewohnten Lebensrhythmus zurückkehren können, wie das früher der Fall gewesen war. Nicht nach diesen beiden Wochen.
»Wir sind doch keine Kinder mehr, Richard«, sagte Ashley eindringlich und nahm seine Hand. »Warum geben wir uns nicht eine richtige Chance? Komm mit, du hast doch nichts zu verlieren.«
Er versuchte es ins Spaßige zu ziehen. »O doch, das Geld für ein verdammt teures Flugticket. Virginia liegt nun nicht gerade um die Ecke.«
Sie griff nach ihrer Handtasche und zog eine Kreditkarte von American Express heraus. »Weißt du, was das ist?«
Er zuckte die Achseln. »Eine Kreditkarte, was sonst.«
Sie nickte. »Plastic money. Und damit kriege ich an jedem Flugschalter ein Ticket für dich. Daddy hat mir ein großzügiges Reisebudget eingeräumt und ich habe davon noch längst nicht alles auf den Kopf gehauen. Und wenn du zu stolz bist, um es als Geschenk anzunehmen, kannst du es ja als Darlehen betrachten.«
»Daddy wird sich freuen, wenn du mich als Souvenir mit nach Hause schleppst. Hast du nicht selbst gesagt, er will, dass du studierst? Glaube nicht, dass er mich mit offenen Armen empfangen würde.«
»Ich könnte an der Uni in Miami studieren. In Florida findest du garantiert einen Job als Tauchlehrer«, versicherte sie. »Da beginnt jetzt bald die Hochsaison.«
Florida! Ashley und Florida – was für eine Versuchung! Und sie hatte recht: Was hatte er denn wirklich schon zu verlieren? Er könnte vielleicht ein verbilligtes Stand-by-Ticket bekommen. Die Flüge waren um diese Jahreszeit alles andere als bis auf den letzten Sitzplatz ausgebucht. Mit dem Geld, das Spiros ihm für die beiden Amphoren gezahlt hatte, würde er sich schon eine Zeit lang auf eigenen Beinen halten können. Mindestens bis Anfang November. Und dann konnte er notfalls auf das Angebot, nach Mauritius zu gehen, zurückgreifen und sich telegrafisch einen Vorschuss für das Flugticket schicken lassen.
»Es klingt verlockend und ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen«, antwortete er schließlich.
Ashley schmiegte sich an ihn. »Entscheide nicht mit deinem Kopf, Liebling, entscheide mit deinem Herzen … sag mir, dass du mich liebst.« Sie nahm ihm die Zigarette weg, drückte sie aus und sah ihn verlangend an. Sie legte ihre Hand zwischen seine Beine, liebkoste und erregte ihn. »Komm«, flüsterte sie. »Zeige mir, wie sehr du mich liebst …«
Als die Morgendämmerung einsetzte und das erste Licht des neuen Tages die Schatten der Nacht nach Westen über das offene Meer vertrieb, hatte sich Richard Harding entschieden – für Ashley und für Amerika.
Meilenweit und schnurgerade zog sich die breite Straße hin, die zu beiden Seiten von hohen Palmen gesäumt wurde. Sie fuhren genau nach Westen, direkt auf den Glutball der untergehenden Februarsonne zu. Doch die tief hängenden, bleigrauen Wolken und der böige Wind, der die Palmwedel wie Peitschen wehen ließ, passten so gar nicht zu dem Bild, das sich Richard Harding vom amerikanischen Sonnenparadies Florida gemacht hatte. Es sah nach Sturm aus. Nicht gerade ein glücklicher Beginn ihrer Flitterwochen.
Es war ihr Hochzeitstag. Am Vormittag hatte er Ashley in der Methodisten-Kirche von Roanoke sein Jawort gegeben und die Glückwünsche ihrer Eltern entgegengenommen. Sie hatten das Beste aus der für sie unglückseligen Situation gemacht und sich zumindest nach außen hin um Herzlichkeit bemüht. Immerhin wussten sie, was der Anstand erforderte, und vor den wachsamen Augen der großen Hochzeitsgesellschaft hatten sie sich auch keine Blöße geben wollen. Schon wegen Ashley nicht. Sie war ihr einziges Kind und beide hingen voller Liebe und Zärtlichkeit an ihr.
Nach der Trauung waren sie zum Country Club gefahren. Daddy hatte sich nicht lumpen lassen. Nur das Feinste vom Feinen. Und zu Richards Erstaunen war es sogar eine recht fröhliche, ausgelassene Feier geworden. Am frühen Nachmittag waren sie dann nach Orlando geflogen, hatten sich dort einen Mietwagen Marke Buick genommen und waren nach Süden gefahren. Ihr Ziel war das King Palms Resort, eine exklusive Hotelanlage bei Vero Beach, ein Stück oberhalb von Fort Pierce an der Ostküste Floridas. Dort würden sie ihre Flitterwochen verbringen. Ein Geschenk von Daddy, dem für sein Sweetheart nichts zu gut war – was er auch häufig genug betonte.
»Woran denkst du, Liebling?«
»Dass ich mir wie der hässliche Frosch vorkomme, der vom Kuss der wunderschönen Prinzessin von seinem bis dahin freudlosen Leben befreit wurde«, sagte Richard scherzhaft und dachte: Nur dass aus mir nie der strahlende Prinz wird, den sich Daddy und Mom für dich erhofft hatten! Ashley beugte sich schnell zu ihm hinüber und küsste ihn. »Oh, Richard! … Mrs. Ashley Harding!« Sie sprach den Namen aus, als würde der Klang sie in Verzückung versetzen. »Ich kann es noch gar nicht glauben!«
Er lachte. »Da bist du nicht die Einzige«, sagte er und dachte an ihre Eltern, die anfangs nichts unversucht gelassen hatten, um sie von ihrem Vorhaben abzubringen, diesen mittellosen Abenteurer ohne Zukunftsperspektive zu heiraten. Natürlich diskret und niemals in seiner Gegenwart. Doch als Ashley zu Weihnachten ihre Verlobung vor der versammelten Verwandtschaft bekannt gegeben hatte, hatten auch Mom und Daddy die Waffen strecken müssen – und sich, ganz die pragmatischen Amerikaner, eine neue Aufgabe gestellt: nämlich ihren zukünftigen Schwiegersohn beruflich in die richtigen Bahnen zu lenken. Man musste ja jetzt an Ashley denken!
»War es nicht eine wunderbare Trauung?«, fragte sie mit einem wehmütigen Seufzer und bedauerte, dass man nur einmal im Leben so eine traumhaft schöne Hochzeit in Weiß haben durfte.
»Den vielen Tränen und Schluchzern der Leute in der Kirche nach zu urteilen, war es wohl eine sehr bewegende Trauung«, antwortete er mit liebevollem Spott. »Leider habe ich selbst nicht viel davon mitbekommen.«
»Es war schöner, als ich es mir je vorgestellt hatte! Oh, Richard …«
Ihr Gesicht schien vor Glück von innen heraus zu leuchten, als Richard zu ihr hinüberblickte. Sie sah hinreißend aus. Natürlich trug sie nicht mehr das Brautkleid mit der langen Schleppe. Vor der Abreise hatte sie sich umgezogen, doch ein weißes Kleid mit einem dezent violetten Spitzenbesatz hatte es auch für die Reise sein müssen.
Meine Frau, dachte er stolz. Was bin ich doch für ein Glückspilz! Und er wäre am liebsten von der belebten Straße abgefahren und hätte irgendwo in einem stillen Seitenweg angehalten, um sie in die Arme zu nehmen und zu lieben. Doch bis zum Strand-Resort konnte es nicht mehr allzu weit sein.
Der Himmel war fast schwarz und die Sonnenscheibe hinter dunklen Wolken kaum noch als Silhouette zu erkennen, als Richard die erste Reklamewand mit dem Namen der Hotel- und Bungalowanlage entdeckte. An der nächsten großen Kreuzung verließ er die Palmenallee, fuhr eine halbe Schleife und folgte den Hinweistafeln, die sie zum Strand hinunterführten.
Kurz darauf waren sie am Ziel. Richard hielt vor dem flachen Empfangsgebäude. Ein livrierter Boy riss Ashley die Tür auf, ein zweiter stand für das Gepäck bereit und ein dritter hielt ihnen die getönte Glastür mit der goldenen Krone und den beiden Palmen, das Signet des King Palms Resorts, auf. Richard ließ die Schlüssel stecken, ein Angestellter würde ihn auf den bewachten Parkplatz bringen. Natürlich erwartete jeder ein Trinkgeld.
Richard fühlte sich reichlich unwohl, als er Dollarscheine verteilte und dann mit Ashley durch die prachtvolle Lobby zur Rezeption ging.
»Mrs. und Mr. Harding.«
Der grauhaarige Empfangschef schlug in seinem Buch nach und seine professionelle Zuvorkommenheit wich plötzlich persönlicher Herzlichkeit. »Darf ich Ihnen meine Glückwünsche und die des Hauses aussprechen, Mrs. Harding … Mr. Harding. Ich sehe, Sie haben eine Reservation für den Honeymoon-Bungalow …« Ashley errötete und lächelte tapfer. Richard merkte, dass auch ihm das Blut ins Gesicht schoss und seine Ohren zu brennen schienen. Es ärgerte ihn und schnell füllte er die Anmeldung aus, während sich der Empfangschef für einen Moment entschuldigte und zum Telefon griff.
»Ihr Bungalow steht für Sie bereit«, informierte er sie dann. »Darf ich fragen, ob Sie eine Dinner-Reservierung für unser Restaurant wünschen?«
Sie blickten sich kurz an, waren sich einig. »Nein, danke, höchstens eine Flasche Champagner …«
»Dafür ist gesorgt, Sir«, fiel ihm der Empfangschef mit einem verständnisvollen, jedoch nicht anzüglichen Lächeln ins Wort. Er winkte einen schlaksigen jungen Mann in Hotellivree heran und trug ihm auf, Mrs. und Mr. Harding zu ihrem Bungalow zu bringen.
»Zieht ein Sturm auf?«, fragte Richard, bevor sie dem Boy folgten.
»Die Ausläufer eines tropischen Sturms, fast schon eines Hurrikans, aber nichts, was Sie beunruhigen sollte. Letzten Wettermeldungen zufolge wird der Sturm weit draußen vor der Küste vorbeiziehen. Es wird sehr windig und das Meer aufgewühlt sein, aber mehr auch nicht«, versicherte der Grauhaarige.
Der schlaksige Boy wartete draußen schon mit einem weißen Golfwagen, der von einem fast lautlosen Elektromotor angetrieben wurde und ein Sonnendach über den beiden Sitzbänken hatte. Sie setzten sich auf die hintere Bank, vorn neben dem Fahrer lagen ihre beiden Koffer.
Die Hotelanlage war in der Tat exklusiv, gepflegt und bot genau den exotischen Flair, den Urlaubsgäste mit gut gefüllter Brieftasche erwarteten. Auch der bedrohlich dunkle Himmel und die böigen Winde konnten dem fast paradiesischen Zauber des Strandresorts nichts anhaben.
Der Honeymoon-Bungalow lag in einem eigenen, idyllischen Palmenhain, umgeben von blühenden Jasmin- und Bougainvilleasträuchern und in unmittelbarer Nähe des langen Privatstrandes.
»Bitte hier entlang, Ma’am … Sir.«
Sie folgten dem Boy über einen Weg aus Marmorplatten zum vorderen Eingang. Er schloss die Tür auf, schaltete die Lichter an und ging mit den beiden Koffern voran.
Der Wohnraum war geräumig und geschmackvoll eingerichtet. Doch als Richard das Schlafzimmer mit dem großen Rundbett sah, glaubte er im ersten Moment, seinen Augen nicht trauen zu dürfen. Die Wände waren mit blassrosa Seide bespannt, der flauschige Teppichboden war in einem etwas kräftigeren Rosaton gehalten und die Deckentapete zeigte das, was sich ein amerikanischer Tapetendesigner wohl unter einer erotischen Szene in einem Lustgarten zur Zeit des sittenlosen römischen Imperiums vorgestellt hatte. Die Rückwand des Rundbettes war verspiegelt und als Lampenschirmhalter posierten nackte Nymphen und Apollostatuen. Auch Amor mit Pfeil und Bogen fehlte nicht. Er zierte gleich in dutzendfacher Präsenz die Schiebetüren der Einbauschränke. Flitterwöchnerparadies auf amerikanisch!
Ashley war begeistert. Sie ging zum runden Marmortisch, auf dem ein Strauß Rosen, eine Flasche Champagner im Eiskübel und zwei Gläser sowie ein großer Korb mit Früchten standen.
»Himmel!«, stieß Richard hervor. »Wer hier seine Flitterwochen übersteht, ohne impotent zu werden, hat für den Rest seines Ehelebens nichts mehr zu fürchten!«
Ashley hörte es nicht, sie war schon ins Bad geeilt. »Schau dir das mal an!«, rief sie. »Ist das nicht himmlisch?«
Er folgte ihr. »Umwerfend!« Die große Badewanne mit eingebautem Whirlpool und Unterwasserstrahlern war aus rotem Hartplastik und hatte die Form eines Herzens. Auch hier im Bad wurde man von Nymphen, Amorsboten und effektvollen Spiegeln verfolgt.
Ashley fand es wunderbar.
»Wenn Sie sonst noch irgendeinen Wunsch haben …«, machte sich der Boy bemerkbar.
Richard wandte sich ihm zu, denn er wusste, dass mal wieder ein Trinkgeld fällig war. Er hatte ihm drei Dollar geben wollen, doch als er das kumpelhafte, anzügliche Grinsen des jungen Mannes sah, besann er sich eines anderen. »Dein Grinsen ist hier völlig fehl am Platz, Freundchen. Danke für die Führung. Mit dem Rest kommen wir schon allein klar, falls du da Sorgen gehabt haben solltest!«
Das Grinsen verschwand schlagartig vom Gesicht des schlaksigen Mannes, der nun eine Entschuldigung murmelte und machte, dass er ihm aus den Augen kam.
Als sie allein waren, flog Ashley ihm in die Arme, küsste ihn leidenschaftlich und zog ihn auf das Bett. Richard knöpfte ihr das Kleid auf, streifte es ihr von den Schultern. Darunter trug sie nur hauchzarte Unterwäsche sowie weiße Seidenstrümpfe und einen spitzenbesetzten Strumpfgürtel. Ein schmales, weißes Strumpfband mit Rüschen und einem kleinen aufgenähten Herzen lag um ihren rechten Oberschenkel. Um nichts auf der Welt hätte Ashley auch nur auf eine Kleinigkeit von all jenen Dingen verzichtet, die ihrer Ansicht und der ihrer sehr resoluten Mutter nach nun mal zu einer Hochzeit und einer Hochzeitsnacht dazugehörten. Und in diesem Fall hatte er an Evelyn Clatterbucks Art, unerschütterlich und mit eisernem Durchsetzungsvermögen an Althergebrachtem festzuhalten, nichts auszusetzen, ganz im Gegenteil.
Ein schmaler Lichtstrahl fiel aus dem Bad zu ihnen ins Schlafzimmer. Der Wind hatte an Heftigkeit zugenommen, heulte um den Bungalow und pfiff durch die Palmkronen. Sand und kleine Steine prasselten gegen die Lamellenblenden vor den Glastüren, die zur Terrasse hinausführten.
Sie hatten sich so stürmisch geliebt, als hätten sie sich Monate nicht gesehen. Jetzt lagen sie auf dem Bett, rauchten und genossen den eiskalten Champagner. Zwischendurch pflückten sie Trauben von der schweren Dolde, die Richard ihr auf den flachen Bauch gelegt hatte.
»So lässt es sich aushalten … sogar in diesem rosaroten Lustkabinett«, sagte Richard, entspannt und gewillt, großzügig gegenüber der sie umgebenden Geschmacksverirrung zu sein.
»Zwei lange Wochen«, seufzte Ashley. »Das muss ja ein Vermögen kosten! Ein schöneres Geschenk hätte Daddy uns gar nicht machen können, nicht wahr?«
»Mhm«, sagte Richard nur.
»Sag mal, hast du schon über Daddys Angebot nachgedacht?«
»Gedacht habe ich eine ganze Menge«, antwortete er ausweichend. »Aber ich weiß nicht, ob mir die Idee schmeckt, Liebling.«
»Aber das ist doch die Chance für dich! … Für uns!«, verbesserte sie sich schnell.
»Ich lasse mich nicht gern einkaufen«, erwiderte er so freundlich wie möglich, »auch nicht von deinem Vater, so gut er es ja meinen mag.«
»Einkaufen? Da tust du ihm aber unrecht! Du gehörst doch jetzt zur Familie! Und Clatterbucks halten zusammen, das war schon immer so.« Sie klang verletzt.
Richard verzichtete darauf, ihr zu sagen, dass er sich ganz und gar nicht wie ein Clatterbuck fühlte und sie nun zum weniger noblen Harding-Clan gehörte.
»Er gibt uns die 30 000 Dollar doch nur als Darlehen, damit du als Partner bei Ron Milton einsteigen und die Marina am Smith Mountain Lake mit aufbauen kannst!«
»Die Bank würde mir so ein zinsloses, zeitlich unbegrenztes Darlehen bestimmt nicht geben.«
»Daddy ist Daddy und nicht irgendeine dumme Bank!«, sagte sie unwillig. »Aber du kannst mir glauben, dass er dir das Angebot bestimmt nicht gemacht hätte, wenn er nicht davon überzeugt gewesen wäre, dass diese Marina ein Bombengeschäft wird!«
Er verzog das Gesicht. »Ich weiß, ich weiß, der See ist in ein paar Jahren das Erholungsgebiet von Süd-Virginia. Und Ron scheint kein übler Bursche zu sein. Aber dennoch, ich möchte mir doch lieber etwas Eigenes aufbauen …«
»Aber so eine Chance kann man doch nicht einfach aus falschem Stolz ausschlagen! Mein Gott, den Stausee gibt es erst seit zehn Jahren, und schau dir mal an, wie viele Wochenendhäuser und sogar ganze Villensiedlungen rund um den See schon aus dem Boden geschossen sind! Und wie die Immobilienpreise klettern!«
Richard Harding war darüber bestens informiert, dank Daddy, der sein Vermögen mit Immobilien gemacht und natürlich auch am Smith Mountain Lake investiert hatte. Sicherlich eine hervorragende Investition, denn der See, keine ganze Autostunde von Roanoke entfernt und auch von den großen Städten an der Ostküste aus in wenigen Stunden zu erreichen, lag in einer wirklich wunderbaren Landschaft. Der See bot großartige Möglichkeiten für ebenso großartige Geschäfte. Dan Clatterbuck hatte ihm in seinem Arbeitszimmer mehrfach lang und breit von den Profiten vorgeschwärmt, die einem cleveren Geschäftsmann in der Zukunft winkten, der am Smith Mountain Lake früh genug in den Freizeitmarkt einstieg. Und das Angebot mit den 50 000 Dollar hatte er sogar noch einmal wiederholt, bevor sie in ihre Flitterwochen aufgebrochen waren. Wenn sie nach Roanoke zurückkehrten, erwartete er seine, Richards, Entscheidung. Und er hatte keinen Zweifel gelassen, wie er sich diese Entscheidung vorstellte. Er wollte, dass sein Schwiegersohn ein seriöser Geschäftsmann wurde und seiner Tochter ein standesgemäßes Leben bot. 50 000 Dollar für die Zähmung des widerspenstigen Abenteurers, das schien Dan Clatterbuck ein akzeptabler Preis zu sein.
Richard schlürfte sinnierend seinen Champagner. Das Dumme an dem Angebot war, dass er es wirklich schlecht ausschlagen konnte. Die Chancen, dass diese geplante Marina mit Bootsverkauf, -verleih und angeschlossener Werkstatt eine Goldgrube wurde, standen ausgezeichnet. Ashley hatte recht, es war sein Stolz, der sich mit aller Kraft dagegen wehrte, die Chance beim Schopf zu packen – und dafür bis an sein Lebensende Daddy dankbar sein zu müssen.
»Und mit Ron Milton wirst du bestimmt gut auskommen«, redete Ashley weiter eifrig auf ihn ein. »Er ist doch nur drei Jahre älter als du und wäre glücklich, dich als Partner zu haben.«
Ja, mit Dan Clatterbucks Geld im Rücken! – dachte er und sagte laut: »Ron ist schon in Ordnung. Vielleicht sollte ich es tun.«
»Oh, Liebling! Bitte sag mir jetzt, dass du es tust! Du weißt gar nicht, wie glücklich du mich damit machen würdest!«, bettelte sie und rollte sich über ihn.
Er lachte. »He, ich dachte, ich würde dich auch ohne das glücklich machen!«, wandte er ein. »Vorhin hast du gar nicht den Eindruck gemacht, als würdest du unglücklich sein!«
»Glücklich auf andere Art!«, redete Ashley hastig und küsste ihn zwischendurch. »Oh, bitte, bitte, sag ja! Du wirst es bestimmt nicht bereuen!«
»Also gut«, sagte Richard schließlich. »Wenn dir so viel daran liegt, werde ich eben versuchen, ein seriöser Geschäftsmann zu werden und Boote am Smith Mountain Lake zu verkaufen. Aber Daddy kriegt seine Zinsen … oder seinen Anteil an der Konkursmasse, einverstanden?«
»O Richie! Ich liebe dich!« Vor Freude küsste sie ihn wie wild. Richard lachte und wälzte sich mit ihr über das überdimensionale Bett. Und als Ashley sich auf ihn niederließ und er ihre Brüste küsste, wurde alles andere zu Zukunftsproblemen von untergeordneter Bedeutung. Jetzt zählte nur ihre stürmische Liebe, ihre Leidenschaft. Später mochte kommen, was wollte.
Das Licht im Bad war noch immer an, als Richard erwachte. Im Zimmer roch es nach kalter Zigarettenasche und abgestandenem Champagner. Er blickte auf die Uhr. Es war noch früh am Morgen, zehn vor sechs.
Einen Augenblick lag er ruhig im Bett und lauschte Ashleys gleichmäßigem Atem. Sie hatte sich im Schlaf von der dünnen Überdecke freigestrampelt und hielt das glänzende Satinkissen mit beiden Armen wie in einer innigen Umarmung. Ein friedliches Lächeln lag auf ihrem Gesicht. Richard hielt es nicht länger im Bett. Er war ein Frühaufsteher und wollte nun zum Strand hinunter, zum Wasser. Irgendwann in der Nacht hatte der tropische Sturm die Küste bei Vero Beach hinter sich gelassen und das Heulen des Windes war erstorben.
Obwohl er ganz vorsichtig aufstand, wachte Ashley von der Bewegung auf. »Was ist?«, fragte sie verschlafen.
Er beugte sich zu ihr hinunter, küsste sie zärtlich auf die Stirn. »Schlaf nur weiter. Es ist noch früh. Ich geh’ nur mal zum Strand hinunter, um den Morgen zu genießen.«
»Bleib nicht so lange«, murmelte sie und kuschelte sich wieder ins Kissen. Richard leerte die beiden Gläser und den Aschenbecher im Bad, schaltete das Licht aus und fuhr in Hemd und Hose. Auf Schuhe verzichtete er. Er wollte den Sand und das Wasser des Atlantiks fühlen.
Er schob die Glastür zurück, hakte die Lamellenblenden auf und trat auf die kleine Terrasse, hinaus in den jungen Morgen. Tief atmete er die frische, salzige Brise ein. Es war noch immer ein wenig windig, doch die Luft war warm.
Bis zum Strand waren es keine fünfzig Schritte. Sowie er aus dem Palmenhain kam, lag der Strand vor ihm. Breit, sanft zum Wasser hin abfallend und meilenweit. Die See war noch aufgewühlt und brandete kraftvoll gegen das Ufer. Viel Seetang und Treibholz sprenkelten den weichen Sand, angespült von den Wogen der aufgepeitschten nächtlichen See.
Richard hatte den Strand ganz für sich allein. Am heller werdenden Himmel kreisten ein paar einsame Seevögel und verschwanden dann hinter den Palmwipfeln. Im Osten kündigte sich der Sonnenaufgang an. Rotgoldenes Licht schien am Horizont wie flüssige Farbe direkt aus dem Meer zu strömen und legte sich als immer breiter werdender Streifen zwischen Himmel und See. Anfangs herrschte das intensive, fast purpurne Rot vor, doch allmählich drang mehr und mehr von dem warmen Goldton nach. In wenigen Minuten würde die Sonne hinter der Kimm aus dem Meer aufsteigen und ihr Licht über die Weite der See bis an den Strand werfen.
Richard ging den Strand hoch, Richtung Vero Beach. Mit hochgekrempelten Hosenbeinen schritt er durch die im nassen Sand auslaufenden Brandungswellen. Das Wasser umspülte seine Füße. Er dachte über den gestrigen Tag und das Versprechen nach, das er Ashley gegeben hatte. Daddy würde zufrieden sein, wenn er hörte, dass er das Angebot angenommen hatte und sesshaft werden würde. Bei dem Gedanken regte sich leichtes Bedauern in ihm, dass er sich nun festgelegt hatte. Vorbei der Traum, sich irgendwo in Florida oder Kalifornien einen Job als Tauchlehrer zu suchen und mit Ashley, fern von Mom und Daddy, etwas Eigenes aufzubauen. Aber vermutlich war das nun mal der Lauf der Dinge, wenn man feste Bindungen und damit Verpflichtungen einging.
In Gedanken versunken folgte Richard der Brandungslinie. Die Sonne stand schon wie eine glühende Kugel frisch aus der Esse über der See. Er wollte schon umkehren, als er vor seinen Füßen auf einmal etwas glänzen sah. Im nächsten Moment verschwand es unter den schäumenden Ausläufern einer Welle. Als das Wasser zurückfloss, kam es wieder zum Vorschein und reflektierte das frühe Morgenlicht. Ein Stück Metall, etwas größer als eine Daumenspitze und unregelmäßig gezackt. Ein Sechs- oder Achteck, ja ein Achteck.
Er bückte sich, hob es auf und hielt es mit wachsender Erregung in das Sonnenlicht.
Eine Goldmünze.
Er ritzte mit dem Daumennagel den Rand an und der Nagel hinterließ eine deutliche, wenn auch winzige Kerbe. Kein Zweifel, es war Gold, jahrhundertealtes Münzgold!
Er besah sich die Prägung mit dem großen Kreuz in der Mitte. Es war der Prägestempel der spanischen Krone, als Westindien noch zu Spaniens Kolonien gehörte. Die Münze war mindestens zweihundertfünfzig Jahre alt und musste irgendwo dort draußen auf dem Meeresboden gelegen haben. Und nun hatte sie die vom Sturm aufgewühlte See an Land gespült.
Richard blickte über das Meer und eine Gänsehaut bildete sich auf seinen Armen. Vor Floridas Küsten waren unzählige Kauffahrer und spanische Schatzgaleonen an Riffen zerschellt und in Stürmen gesunken. Irgendwo dort draußen musste ein spanisches Wrack in der blauen Tiefe der See liegen – und vielleicht noch Tausende von diesen Goldmünzen. Schätze, die seit Jahrhunderten darauf warteten, gefunden und geborgen zu werden …
Aus der sonnendurchfluteten Region, wo noch alle Farben des Spektrums im Wasser zu finden waren und das Riff in den intensivsten Tönen leuchtete, stürzten sie hinab in die dämmrige Tiefe. Es war ein Abstieg in die gefährliche Zone, wo die farbige Vielfalt des Lichtes zu einem kalten ewigen Graublau verblasste und der Tiefenrausch zum ständig drohenden Begleiter wurde.
Richard schenkte den Korallen, Algen und zahllosen Fischen, die das Riff bevölkerten und zu einem bunt schillernden Unterwassergarten machten, kaum einen Blick. Dieser Tauchgang diente nicht sportlichem Vergnügen oder der Erkundung eines besonders schönen Korallenriffs in der Karibik, sondern ihr Ziel war das Wrack, das dort unten in über hundert Fuß Tiefe am Sockel des Riffs begraben liegen sollte. Bei so einer Tiefe war jede Minute, die beim Abstieg vertrödelt wurde, wie eine verschenkte Stunde. Richard verzog das Gesicht hinter der Maske zu einem verzerrten Grinsen, als er sah, wie Coffee nach unten hinabschoss. Sein dunkelhäutiger Freund und Tauchpartner schien einen neuen Rekord im Absteigen aufstellen zu wollen. Den Unterwasserdetektor seitlich an den Körper gepresst, ging er steil hinunter wie eine Rakete. Coffee war noch mehr versessen darauf, diese vielversprechende Stelle vierzig Meilen südwestlich von Key West zu untersuchen, als er, und dabei warf man ihm schon vor, an einer besonders schwerwiegenden Form von Schatztauchfieber zu leiden.
Coffee hatte sich erst gar nicht damit aufgehalten, die Ankertrosse ihres Charterbootes als Wegweiser und Abstiegshilfe zu benutzen, wie sie das sonst so oft taten. Er war gleich senkrecht in die Tiefe gekippt, wusste er doch, dass die Zeit knapp war. Was waren schon vierzig Minuten Suche mit dem Unterwasserdetektor, wenn es darum ging, auf einer Fläche von mehreren Quadratmeilen Überreste eines versunkenen Schiffes zu suchen, die von Meersand bedeckt waren.
Wie ein endloser Strom Champagnerbläschen stieg die ausgeatmete Luft seines Freundes links von ihm auf und verlor sich weit über ihnen, wo sich der Spiegel des Meeres als hellgrüner Fleck abzeichnete. Automatisch sorgte Richard für Druckausgleich, als es in seinen Ohren zu schmerzen begann. Es knackte laut und das Stechen ließ sofort nach. Er blickte auf den Tiefenmesser an seinem linken Handgelenk. Siebenundachtzig Fuß. Schon eine beachtliche Tiefe, aber immer noch nicht das Ende ihres Abstiegs. Von den schweren Gewichten am Bleigürtel herabgezogen und unterstützt von kräftigen Flossenschlägen, schossen die beiden Taucher hinab in das diffuse Blau.
Hundertdrei Fuß zeigte der Tiefenmesser an, als sie endlich den sandigen Boden erreicht hatten. Coffee ging sanft in die Knie und wartete auf Richard, der zu seiner Schreibtafel griff und draufschrieb: »Wir bleiben dreißig Minuten!«