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Wenn alle Flüsse vergiftet, die Wälder krank, werden die Regenbogenkrieger kommen. Mit ihnen beginnt eine neue Zeit, denn sie bringt die Erde zu ihrer natürlichen Ordnung zurück. Diese uralte Weissagung, die durch die Völker des Universums geht, findet im Maya Kalender seine Bestätigung und beginnt am 21.12.1990 mit der Geburt der 6 Regenbogenkrieger. Die Bedeutung dieser Weissagung, die den Völkern den Weg in die Zukunft zeigt, ist elementar und gefährlich, denn zur Wintersonnenwende, am 21.12.2012, beginnt das Kosmische Spiel, mit dem vorhergesagten Weltuntergang. Ein Spiel ohne Regeln, bei dem die Völker des Universums den Schrei nach Ordnung auf ihren Lippen tragen. Denn es sind Kräfte am Werk, die das Spiel beeinflussen wollen, dem sich die Regenbogenspieler stellen, aber nicht unterordnen. Die 6 Regenbogenkrieger sind der Schlüssel für die Zukunft, bevor sie aber in die Weiten des Universums ziehen, müssen sie noch viele Prüfungen bestehen. Über die Weissagung hatten nicht nur eine alte Rasse, der Menschheit und den Annanuki, eine besondere Aufgabe zugedacht. Sondern es wurde ein Spiel kreiert, in dem Marduk, der Mann mit den 50 Namen, wie es die Überlieferung der Sumerer sagt, eine höhere Daseinsexistenz erreichen soll.
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Seitenzahl: 373
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Johannes Weinand
Das Kosmische Spiel
Krieger des Regenbogens
Johannes Weinand
Das Kosmische Spiel
Krieger des Regenbogens
Band1
Impressum
© 2020
Rechteinhaber/Autor: Weinand Johannes, [email protected]
Herausgeber: tredition-Verlag
Autor: Weinand Johannes
Covergestaltung: Constanze Kramer, www.coverboutique.de
Bildnachweise: ©Viorel Sima – stock.adobe.com, ©Lumina Obscura - pixabay.com
Lektorat: Klaus-Dietrich Petersen
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
978-3-347-17483-2 (Paperback)
978-3-347-17484-9 (Hardcover)
978-3-347-17485-6 (E-Books)
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliographische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiographie, detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de
Das
Kosmische Spiel
Krieger des Regenbogens
Science Fiction-Roman
von
Johannes Weinand
Band 1
WIE ALLES BEGANN
Prolog
21.12.2012
Der Weltuntergang ist vorhergesagt. Ist das Datum nur der Anfang vom Ende? Oder der Anfang einer neuen Ära? Eine Vielzahl von Fragen werfen sich auf, die nur die sechs jungen Menschen beantworten können, die an diesem Tag geboren werden.
Geboren aus dem Staub des Urknalls, der aus einer Zehndimensionalität entstand, entwickelte sich unser Universum in seine Vier Dimensionalität expandierend. So finden wir einen Planeten, der eine solche Vielzahl von Individuen beherbergt, die man als einzigartig bezeichnen kann, unsere Mutter Erde.
Haus, Raumschiff, Heimat, Versteck, Rettungsinsel. Es gibt viele Bezeichnungen, die man nehmen kann, aber nur ein Name würde zutreffen: Der blaue Planet. Wird er sterben, wie so viele vor ihm, oder wird er der Geburtsort einer neuen interstellaren und elementaren Bewegung sein, die ihren Ausgangspunkt auf der Erde hat und deren Botschafter die sechs jungen Leute werden? Die Krieger des Regenbogens.
Es war nur ein Spiel, das vor Urzeiten begann. Ein Spiel, welches die Machtstrukturen in unserem Universum verändern würde, denn bis dahin spielte Zeit keine Rolle. Die Zeit fing an, eine Rolle zu spielen, als die sechs jungen Leute alle an einem Tag geboren wurden, am 21.12.1990. Aber beginnen wir da, wo die Geschichte begann.
Vor Urzeiten landeten die Annanuki auf dem Planeten Erde. Eine Spezies, die dem Menschen in seinem Aussehen und seiner Genetik glich. Die einzigen Unterschiede zum Menschen waren, dass die Annanuki Quantendenker sind und bis zu 1000 Jahre alt werden können. Ihre kurze Jugend und ihre besonderen noetischen Fähigkeiten zeichnen sie auch im Besonderen aus.
Alle 3600 Jahre vagabundierte ihr kleines Planetensystem mit ihrem Heimatplaneten Nibiru an unserem Sonnensystem vorbei. Technisch hoch entwickelt, waren sie in der Lage, alle die Planeten, an denen sie vorbeikamen, nicht nur nach Edelmetallen auszubeuten. Dazu rekrutierten sie Menschen, die sie genetisch veränderten. Die Spezies Mensch lernte schnell und nachhaltig, und es kam zu ersten ungewollten Verbindungen beider Rassen, was dann zu einem Bruch des Drei-Kastensystems der Fremden führte, das die Annanuki als Gesellschaftssystem betrieben. Die einzige Kaste, die sich bis in die heutige Zeit retten konnte, war die Wissenschaftskaste, die sich aber gegen eine Verbindung mit dem Menschen aussprach. Durch ihren hohen technischen Standard waren sie in der Lage, die Einstein-Rosen-Brücke aufzubauen. Ein Wurmloch, das Einstein und Rosen theoretisch entwickelten, befähigte sie, in einem Paralelluniversum die Erde in der Tertiärzeit zu besiedeln. Durch eine hohe Unfruchtbarkeit beider Geschlechter wurde der Gedanke gefasst, doch, gegen althergebrachte Überzeugungen, eine Verbindung mit den Menschen einzugehen, um die eigene Art zu erhalten. Durch die Weissagung der Hopi-Indianer bestärkt, die einen Untergang der Spezies Homo sapiens vorhersagten, nahmen sie den ersten Kontakt mit den Menschen nach Jahrtausenden wieder auf.
Diese uralte Weissagung, die durch alle Völker der Erde geht trifft durch die Aussage der Hopi-Indianer den Menschen ins Mark und mit dem Schrei nach Ordnung, gepaart mit der Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft, stellt eine kleine Gruppe von Annanuki den ersten Kontakt mit den Menschen her.
Diese Hoffnung, die entstehen wird und die Verantwortung, die sie eingehen müssen, ruht ganz allein auf den sechs frisch Geborenen.
Es sind drei Jungen und drei Mädchen, deren Anführer Erk Johannsen wurde. Über allem schwebte das Orakel des 21.12.2012, dem angesagten Weltuntergang oder dem Ende des 13. Baktum des Mayakalenders. Stimmte der Tzolkin-Kalender, der mit 400 Jahren je Baktum berechnet wurde? Oder trat der erste Maya-Kalender in Kraft, der die Zeit in 15 Baktum einteilte, dann hätte die Menschheit noch 800 Jahre Zeit den Bann ihres Unterganges zu brechen. Sind diese 800 Jahre ausreichend? Dies fragten sich die Wissenschaftler der Annanuki. Bis das fast unmöglich passiert, die sechs Säuglinge werden geboren, aber ihnen stellen sich schier unüberwindliche Hindernisse in den Weg.
Auch die Gegner kennen die Weissagung, und sie setzten alles daran, die Neugeborenen umzubringen.
Der Wettlauf gegen die Zeit hatte begonnen und das kosmische Spiel, in dem keiner die Spielregeln kannte, begann.
Krieger des Regenbogens
Wenn alle Flüsse vergiftet,
die Wälder krank,
werden die Regenbogenkrieger kommen.
Mit ihnen beginnt eine neue Zeit,
denn sie bringt die Erde zu ihrer natürlichen
Ordnung zurück.
Prophezeiung der Hopi–Indianer
Der Chronist
Wir schreiben das Jahr 2010. Es hat wieder angefangen. Ein Regenbogen krümmt sich seit Tagen über meinem Haus in Skovlund, im schönen Dänemark. Es regnet nicht, kein Windhauch bewegt die Halme des Grases am Strand, die Sonne steht im Zenit ihrer Laufbahn und keine Wolke lässt sich am Firmament blicken. Gleißende Helligkeit, nur unterbrochen von den Farben des Regenbogens, lässt die Menschen nach Sonnenbrillen greifen, um dieses unbekannte Naturphänomen zu beobachten
Die Erinnerung der Leute geht zurück in das Jahr 1990, als sich der Regenbogen das erste Mal aktiviert, und sie erinnern sich an die Geschehnisse, die am 21.12.1990 an diesem Ort ihren ersten Höhepunkt erreicht hatten. Nein, es ist falsch, was ich da sage, die Geschehnisse würden noch weit in der Zukunft von Höhepunkt zu Höhepunkt rasen. 1990 war erst der Beginn vieler Vorfälle, die auf das Geschehen zurückgriffen, die 11000 Jahre vorher stattgefunden hatten. Die Neugeborenen, die das Licht der Welt erblickten, waren als Krieger geboren, denn sie hatten Fähigkeiten, die unser einfältiges Denken noch gar nicht erfassen konnte.
Ich, Erk Johannsen, den man den Chronisten nannte, hatte damals keinen blassen Schimmer. Dass mich die Ereignisse überrollen würden, und ich zwischen Legenden, Mythen, Wirklichkeit und Wissenschaft eine Gratwanderung vollziehen musste, war die logische Konsequenz der Zukunft.
Kinder aus mehreren Kontinenten waren die Wurzeln des neuen Zeitalters, ein Zeitalter, das die Mayas schon früh prophezeit hatten. Die heutige Presse schlachtete diese Prophezeiung als Szenerie für ein Weltuntergangsszenario aus, was absolut untertrieben war, jedenfalls, was den Untergang der Welt betraf. Der Untergang betraf viel elementarere Vorgänge, an deren Spitze sich der Mensch und die Annanuki befanden. Der Mensch war dabei, sich selbst auszurotten, und Menschen waren es, die das beschleunigten, gesteuert von Mächten, mit denen wir es auch noch zu tun bekommen sollten.
Die Zeit war noch nicht reif, aber der Countdown hatte begonnen. Gezeichnet von Epidemien, Feuerbrünsten, Vulkanausbrüchen, Überschwemmungen, Völkermorden und Hungersnöten, wurde die jetzige Zivilisation zwar physisch betroffen, aber die psychischen Auswirkungen auf das Zusammenleben der Menschen war der viel schlimmere Faktor. Die Kälte des Herzens griff um sich und erfasste jeden, der den Systemen huldigte, so dass eine kollektive Zusammenführung der Gesellschaft verhindert wurde. Diese Zusammenführung, hatte nur die Aufgabe, in das Zeitalter des Mannes und der Frau zu gelangen und nicht im Zeitalter des Mannes zu verharren, das von Tod, Egoismus, Selbstdarstellung und Zerstörung gezeichnet war. So steht es geschrieben.
Meine Gedanken schweiften allmählich wieder in die raue Wirklichkeit. Der Regenbogen wechselte nicht in seiner Intensität. Statisch, wie ein Gemälde begann er auf dem Haus und endete im Nirgendwo des Universums. Es war nicht so, dass jemand verletzt wurde, es war für die Menschen die Angst über das Unerklärliche, das sie hinter vorgehaltener Hand dazu trieb, über meine Familie ein vorschnelles Urteil zu fällen. Manchmal dachte ich, dass man uns im Mittelalter verbrannt hätte, weil die Menschen den Glauben zum Aberglauben hatten, wir ständen mit dem Teufel im Bunde oder anderen ähnlichen dunklen Mächten, viele dieser Assoziationen machten die Runde. War der Mensch heute schon so weit entwickelt, diesen Aberglauben abzulegen? Aber all diese Vermutungen erreichten nicht die Spitze dessen, was wirklich passieren sollte und noch geschehen würde. Der Regenbogen war das Zeichen, ein Zeichen für mich zu beginnen. Nämlich das niederzuschreiben, was in den letzten Jahren, mit mir, dem Chronisten, geschehen war und was in den nächsten Jahren, in der Zukunft, geschehen würde.
Ich hatte nicht mehr viel Zeit. Mir war klar, dass uns Gevatter Tod schon auf der Liste hatte, das hatte er aber schon seit der Geburt jedes Menschen, oder Annanuki. Aber der Tod war nur eine Transformation, nichts stirbt wirklich. Was ist Zeit? Ich war ja auch als Annanuki geboren und konnte alt werden. Meine Hoffnungen lagen in den Händen meines Sohnes Erk Pentragon Johannsen und seinen Freunden. Der Regenbogen würde erst für immer verschwinden, wenn das Orakel der unsterblichen Hexe eintraf. Sollte die alte Hexe Recht behalten und ich erst zur Ruhe kommen, wenn alle Weichen gestellt waren? Nachdem, was ich in den letzten Jahren erlebt hatte, war nichts unmöglich.
Ein Blick nach draußen bestätigte mir, dass seit meinen letzten fliehenden Gedanken sehr wenig Zeit vergangen war, und der Regenbogen seine Position über dem Haus unverändert gehalten hatte. Heute, nachdem ich wusste, was es zu bedeuten hatte, dass er nicht mit dem Regen wanderte, sondern ruhig an einem Platz verharrte, schaute ich belustigt aus dem Fenster und erfreute mich an den vielen ungläubigen Gesichtern der Fremden, die am Haus stehen blieben und zu einem Teil dieses uralte, im 13. Jahrhundert gebaute Gebäude bewunderten und sich nichtssagenden Hypothesen hingaben, die den Regenbogen betrafen. Trotzdem stellte ich mir die Frage: „Wie viel Zeit blieb uns wirklich?“ Nicht, dass ich Angst vor dem Tod hätte. Die Frage war, ob wir genug Zeit hatten, die Menschheit aus der Sackgasse der Ignoranz, Arroganz und des eigenen Egoismus herauszuführen, um sie den Weg der Toleranz gehen zu lassen. Und war die Erde das Endprodukt unserer Reise ins Unbekannte?
Das Klingeln des Telefons riss mich aus meinen Gedanken, ohne darüber nachzudenken wusste ich, dass es mein Sohn Erk war. Auch das war eine Gabe, die ich erst wieder lernen musste. Die Gabe, meiner Intuition zu folgen.
„Hallo, Erk, hast Du Freya gefunden?“
„Ja, Pa, wir sind auf dem Weg zu Dir, es kann aber noch zwei weitere Tage dauern. Sie war im tiefsten Island, da, wo selbst die Trolle Angst vor der Einsamkeit bekommen.“
„Schön, ihr könnt euch Zeit lassen, die anderen schaffen es auch nicht so schnell. Wenn ihr kommt, fliegt über England und macht einen Abstecher nach Stonehenge. Freya soll sich das mal anschauen. Es sind mir neulich seismische Aktivitäten gemeldet worden, die durchaus durch kinetische Beeinflussungen ausgelöst sein könnten. Wichtig ist es zu wissen, ob die Aktivitäten zunehmen oder gleich stark bleiben. Alle nötigen Gerätschaften sind schon vor Ort.“
„Ok, Pa, wir melden uns dann aus Stonehenge.“
Nachdem Erk aufgelegt hatte, hörte man nur noch das gleichmäßige Piepen aus der Hörmuschel des Telefons. Freya Gustafsson, die Tochter aus einem uralten Annanukigeschlecht, dessen Stammbaum bis in die Frühzeit nachzuweisen war, war nicht nur ausnehmend hübsch, sondern auch noch überaus intelligent. Als Doktor der noetischen Wissenschaften bekleidete sie einen Lehrstuhl an der Universität in Cambridge. Dieser Lehrstuhl gab ihr die Möglichkeit, ihre Feldstudien frei zu gestalten. Sie war einer der Krieger des Regenbogens, deren Stammbaum nicht nur bis zu den Anfängen zurückging, sondern wie bei uns allen, über die Atlanter bis zu den Pangäaern nachzuweisen war.
Mit Beginn des sechsten Lebensjahres begann sie sich zu entwickeln, wie bei allen anderen Kindern auch. Aber sie konnte Dinge alleine durch Gedankenkraft bewegen. Nur wenige wussten von ihrer Gabe der Telekinetik.
Rückblick
Der 21.12.1990 war der Tag, der mein Leben verändern sollte. Ich wurde Vater, aber das wurden andere auch. Seit Tagen stand über unserem Haus ein Regenbogen, dessen Anfänge wie eine schwere Last über dem Dach begann, und dessen Ende sich im Nichts des Universums verlor. Je näher die Niederkunft bevorstand, umso intensiver wurden die Spektralfarben dieses Naturphänomens, obwohl die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt lagen. Das war absolut ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Auch nachts verlor er nichts von seiner Intensität, und wenn Erk ihn mit einer starken Lampe anstrahlte, wurden auch dann die Farben sichtbar. Es war, als würden die Johannsens eine Verbindung in eine andere Welt unterhalten. Eine Wahrheit, die Erk Johannsen in dem jetzigen Moment weit von sich weisen würde.
„Hallo, Schatz, wie geht es Dir?“
„Ich glaube, das wird eine schwierige Geburt, der Bengel will sich nicht drehen.“
„Sollen wir nicht doch lieber ins Krankenhaus fahren, anstatt für eine Hausentbindung hier zu bleiben?“
„Nein, unsere Hebamme und der Arzt werden das schon machen. Geh, mach uns bitte einen Tasse Tee.“
So trottete ich in die Küche, um den Wunsch meiner Frau schnellstmöglich umzusetzen. Ich kam aber nur bis zur nächsten Ecke. Schmerzhaftes Stöhnen ließ mich sofort wieder zu ihr eilen.
„Was ist, Schatz?“
„Rufe den Arzt und die Hebamme an, es geht los, meine Fruchtblase ist gerade geplatzt und mach Wasser heiß.“ Das Telefon stand direkt hinter mir. Eine 180° Drehung und schnell war die Nummer der Hebamme gewählt, es war eine schnelle und fließende Bewegung. Auf der anderen Seite klingelte es nur zweimal.
„Hallo, Hedwig, es ist soweit, die Fruchtblase ist geplatzt.“
„Alles klar, Erk, ich bin in einer Minute bei Dir. Hat sich das Kind schon gedreht?“
„Weiß ich nicht!“
„Gut, das heißt nicht gut. Ruf bitte Dr. Richard an, er soll im Krankenhaus Bescheid sagen, damit sie mit den Vorbereitungen beginnen können. Mach inzwischen das Wasser heiß.“
Ich eilte sofort in die Küche, um die Order meiner Frau und der Hebamme umgehend auszuführen. Dabei warf ich einen schnellen Blick aus dem Fenster, der es mir ermöglichte, die Straße von dieser Seite aus zu übersehen, ohne selbst gesehen zu werden. Im Unterbewusstsein stellte ich fest, dass zwei Männer in dunklen langen Ledermänteln auf der anderen Straßenseite standen und das Haus beobachteten. Zuerst war ich der Meinung, es handelte sich um weitere Regenbogentouristen. Aus dem Wohnzimmer drang leises Stöhnen.
„Trine, was ist?“
„Frag nicht so dämlich, Erk, ich bekomme deinen Sohn. Hast du Hedwig angerufen?“
„Sie ist schon unterwegs, ich muss nur noch den Arzt anrufen.“
„Dann beeile Dich, der Kleine wird mit Sicherheit nicht darauf warten, bis du den Wasserkocher angestellt und den
Arzt erreicht hast.“
Ich kannte den Druck, den meine Frau ausüben konnte, und so beeilte ich mich, ihrem Befehl Folge zu leisten. Den Telefonhörer in der Hand, rief ich die Praxis von Dr. Richard an. Nach dreimaligem Klingeln meldete sich eine helle Stimme.
„Frauenarztpraxis und Geburtsvorbereitung, Dr. Richard.“
„Hallo, Helle, hier ist Erk, es geht los.“
„Hey, Erk, der Doktor ist schon so gut wie unterwegs.“
Im Hintergrund hörte ich Gines Stimme. Gine war die Frau von Jörg Richard, eine Frau Mitte Vierzig, die mit ihrem Mann die kleine Praxis seit einigen Jahren führte.
„Jörg, bei Trine geht es los. Erk hört sich nervös an.“
„Werdende Väter neigen immer zur Nervosität. Sag ihm, dass ich in 5 Minuten da bin.“
„Erk, hast Du mitgehört?“
„Alles klar, Helle, ich sage Trine Bescheid, dass sie noch etwas zukneifen muss.“
„So dämliche Witze können auch nur Männer machen.“
Mit diesen Worten legte die Sprechstundenhilfe auf. Langsam wurde ich doch nervös, und die verschiedensten Gedanken wirbelten mir im Kopf herum. Hoffentlich schaffte der Arzt es noch rechtzeitig. Ich hätte doch nicht auf Trine hören sollen, aber sie konnte so verdammt stur sein. Immer wieder erzählte sie, dass sie geträumt hätte, zu Hause entbinden zu müssen. Na ja, es würde schon gut gehen, und der Weg ins Krankenhaus war ja auch nicht weit. Mittlerweile kochte das Wasser. Ich stellte den Herd aus, und sofort wurde das Blubbern weniger. Trines Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
„Erk, an der Haustür hat es geklingelt.“
„Ja, mein Schatz, ich bin schon da.“
Den Griff in der Hand, machte ich die Tür auf, in der Erwartung, die Hebamme hereinzubitten. Aber anstatt der Hebamme, standen zwei Typen mit ihren langen Mänteln vor dem Eingang. Ich wollte schon mit ein paar abweisenden Worten die Männer zum Gehen veranlassen, als mich der ältere der beiden ansprach, und er mir die Hand gab.
„Guten Tag, Dr. Johannsen. Wir kennen uns nicht, wir sind die Wandernden Wächter.“
In diesem Moment spürte ich einen feinen Stich in meiner rechten Hand, und sofort sackten mir die Beine weg. Merkwürdigerweise konnte ich absolut klar denken, brachte aber kein Wort heraus. Starke Arme fingen mich auf und schleppten meinen leblosen Körper mit einer ungewöhnlichen Leichtigkeit in das Wohnzimmer und legten ihn behutsam auf das Sofa. All das geschah ohne Hast, auch kein Anzeichen von Panik überkam mich, oder die Besucher. Ich musste es einfach geschehen lassen. Während der Jüngere sich um mich kümmerte, eilte der Ältere in das Schlafzimmer. Ich hörte nur einen leisen Schrei.
„Was wollen Sie hier? Wo ist mein Mann?“
„Keine Angst, Trine, ich bin Allskerjargdi, der Hohe Priester meines Stammes der Annanuki, und mein Sohn Adfall ist bei Erk. Ich helfe dir bei deiner Geburt. Man nennt uns auch die Wandernden Wächter. Hedwig gehört zu uns, sie wird gleich eintreffen. Dr. Richard und seine Frau werdet ihr nicht mehr wiedersehen. Ihre Tarnung ist aufgeflogen, jetzt sind die beiden für unseren Gegner bedeutungslos.“
Das fein geschnittene Gesicht des Mannes strahlte eine Ruhe und Sicherheit aus, der sich Trine nicht entziehen konnte. Der scharfe Schmerz einer Wehe durchschnitt ihre Gedanken, wie das Skalpell die Nabelschnur eines Neugeborenen, während sie den kurzen und schnellen Erklärungen des Fremden folgte.
„Für lange Erklärungen ist jetzt keine Zeit, denn du musst jetzt erst einmal deinen Sohn zur Welt bringen.“
Schon klingelte es wieder an der Haustür. Adfall stand auf, ging mit ruhigen Schritten zur Eingangstür, öffnete sie mit einer ihm eigenen Selbstsicherheit, als würde er wissen, wer hinter ihr stand.
Es war Hedwig.
„Hallo, Schwester.“
„Hallo, Bruder. Habt ihr es ihr schon gesagt?“
„Allskerjargdi hat gerade begonnen. Sie ist so, wie du sie uns geschildert hast, gelassen. Sie will nur erst einmal ihren Sohn zur Welt bringen. Dann wird sie weitersehen.“
„Und Erk?“
„Ich war gerade dabei, ihm den Sachverhalt zu erklären.“
„Ok, Adfall, macht weiter, wir wollen jetzt Trines Jungen zur Welt bringen.“
Mit kleinen schnellen Schritten strebte sie zur Tür des Schlafzimmers.
„Hallo, Bruder, hey, Trine.“
„Ihr seid Geschwister?“
„Nein, aber in unserem Stamm sprechen wir uns, wenn wir die Pubertät hinter uns und die Prüfung zum Erwachsen werden absolviert haben, immer mit Bruder oder Schwester an. In welchem Abstand kommen Deine Wehen?“
„Etwa zwanzig Sekunden.“
„Dann wird es ja gleich losgehen. Ich bereite schon einmal alles vor. Ach ja, Trine, konzentriere dich nur auf Dein Kind, alles andere erklären wir dir später. Ihr seid auf jeden Fall momentan nicht in Gefahr.“
„Wieso sollten wir in Gefahr sein?“
Hedwig winkte ab, und ihre Stimme klang endgültig, als sie sagte und Trine dabei ansah.
„Später.“
Wieder unterbrach eine Wehe die Konzentration, mit der Trine der Hebamme zuhörte. Allskerjargdi saß fast teilnahmslos dabei und folgte den Ausführungen der Hebamme. Als er aber merkte, dass Trine sehr starke Schmerzen bekam, legte er seine feingliedrige Hand auf den prallen Unterbauch der jungen Frau und begann mit leisen kreisenden Bewegungen den Leib abzutasten. Seine starken Hände strahlten so viel Energie und Geborgenheit aus, dass ihre Schmerzen sofort erträglich wurden und sich ein wohliges Gefühl der Wärme im Körper Trines ausbreitete.
„Das Kind dreht sich, Allskerjargdi.“
„Ich weiß, meine Tochter.“
„Wie hast Du das gemacht?“
„Ich habe nur die Energie in den richtigen Fluss gebracht, das war alles. Wenn Du es verstehst, ist alles ganz einfach. Alles im Kosmos besteht aus Energie, sowohl negative als auch positive. Ist die Energie nicht ausgeglichen, hat man Schmerzen. Symmetrie ist das Zauberwort, alles besteht nur in einer gewissen Symmetrie, selbst in unserem Universum. Wenn keine Symmetrie vorhanden ist, kollidieren Sterne, entstehen Supernova oder Sonnensysteme kollabieren. Das ist auch der Grund, warum Dein Sohn auf diese Welt kommt und wir hier sind.“
Während Allskerjargdi sich um die Gebärende kümmerte, bettete Adfall Erk auf das Sofa.
„Ich weiß, dass Du alles mitbekommst, Erk, Dein Zustand wird nicht lange dauern, aber es musste sein. Eure Gegner hätten euch sonst umgebracht, denn für lange Erklärungen war keine Zeit mehr vorhanden, so mussten wir zu diesem drastischen Mittel greifen. Wenn euer Sohn geboren ist, habt Ihr in der ersten Dekade seines Lebens Ruhe vor euren Gegnern. Die erste Dekade geht bis zu seinem sechsten Geburtstag, danach ist er Freiwild. Merke Dir jetzt genau, was ich zu sagen habe, als Archäologe wirst Du mir leicht folgen können. Ihr, Du und Deine Frau, ihr seid die letzten reinen Annanuki. Die Weissagung sagt, dass Ihr die Retter der Zehn Dimensionen seid. Auf einigen Kontinenten dieses Planeten wird heute, am 21.12.1990 irdischer Zeitrechnung, ein Kind geboren, das zur Hälfte Annanuki und zur Hälfte Mensch ist. Dein Sohn und diese fünf Kinder werden, wenn sie ihre Prüfung bestehen, die Krieger des Regenbogens sein. Ich glaube, das genügt erst einmal. Du willst bestimmt gerne bei der Geburt Deines Sohnes dabei sein.“
Merkwürdigerweise machte ich mir keine Sorgen um meine Frau. Ich hörte diesem Adfall voller Neugierde zu und war gespannt, wie sich diese Situation entwickeln würde.
Adfall entnahm seinem Mantel ein kleines Etui, welches allerlei merkwürdige Dinge beinhaltete, darunter auch eine Nadel, die er mir wie eine Akupunkturnadel leicht in die Stirn stach. Fast augenblicklich hatte ich alle meine Gefühle wieder zurück, und ich wollte mich aufsetzen. Er drückte mich mit sanfter Hand zurück.
„Noch einen kleinen Moment, lass Deinem Kreislauf erst einmal etwas Zeit zum Reagieren. Die Nadel reagiert schnell, da kommt der Körper nicht so schnell hinterher.“
„Was habt Ihr gemacht?“
„Etwas Spinnengift, in einer geringen Dosierung, das ist alles. So, ich glaube jetzt wird es wieder gehen.“
Damit nahm er mir die Nadel aus der Stirn. Wärme durchströmte meinen Körper, und ich merkte, dass das Energiedefizit, welches mich in den letzten Tagen beherrscht hatte, verschwunden war. Ich richtete mich auf, es ging erstaunlich gut.
„Komm, lass uns zu deiner Frau gehen, ich glaube, es geht jeden Moment los. Langsam schlichen wir um die Ecke ins Schlafzimmer. Das breite Kreuz des Annanukis versperrte uns die Sicht auf Trine. Der Mann drehte sich nur kurz um
„Hallo, Erk, Du kommst keinen Moment zu früh.“
Ich eilte mit schnellen Schritten um Allskerjargdi herum und ergriff die Hand meiner Frau.
„Hey, Schatz, ist alles in Ordnung?“
„Kein Problem, Erk, halte bitte einfach meine Hand.“
Die nächste Wehe kündigte sich an, und ich sah, wie der kleine Kopf eines Menschenkindes den Schoß meiner Trine verließ. Eine weitere Wehe ließ auch den Rest des kleinen Körpers erscheinen, der dann wie ein hässlicher, hilfloser Zwerg auf den Händen des Wächters lag. Ein kleiner Klaps auf den Po ließ den jungen Helden schlucken, so dass es in ein lautes Schreien überging. Er schrie seine ganze Wut über diese Ochsentour aus seinen Lungen, erstaunt über die ersten Geräusche, die er hörte, verstummte der Junge augenblicklich. Allskerjargdi übergab der Hebamme den Kleinen. Diese wickelte ihn in ein Leinentuch und legte ihn auf die Brust meiner Frau. Die großen blauen Augen meiner Trine strahlten mich an und rissen mich aus meiner Paralyse.
„Dein Sohn, Erk Johannsen.“
Ich griff schnell zu, aber bevor ich meinen Sohn zu fassen bekam, stand Hedwig vor mir.
„Erst muss er von der Nabelschnur getrennt werden, dann ist es Deiner.“
„Ja, ja“, stotterte ich. Es sah wohl etwas belämmert aus, wie ich mit beiden vorgestreckten Armen dastand und meinen Sohn greifen wollte. Jedenfalls lachten Trine, Hedwig und die beiden Männer herzlich, worauf ich dann erleichtert einstimmte.
„Ich möchte mit den beiden Herren ein paar Worte wechseln. Möchtest Du dabei sein, Schatz?“
Ich kannte die Antwort schon im Voraus. Es war mir klar, dass sich Trine, so erschöpft wie sie war, das nicht entgehen lassen wollte.
„Aber sicher, Erk. Ich möchte mich auch gleich für die problemlose Hilfe bedanken. Wobei ich auch eine ganze Menge Fragen habe.“
„Das geht mir nicht anders, Schatz. Hedwig kann mittlerweile den Kleinen versorgen.“
„Schon passiert, ich räume eben auf, und Du holst noch ein paar Stühle und etwas zu trinken, Erk Johannsen.“
Nachdem wir alle Platz genommen hatten, ergriff Allskerjargdi das Wort.
„Adfall hat Dir ja schon einiges erklärt, Erk. Ich wiederhole es noch einmal in kurzen Zügen. Ihr beiden seid die letzten reinen Annanuki. Du weißt, Erk, Annanuki sind nach den Aussagen der Sumerer, die, die von den Sternen kommen. Was richtig ist. Die anderen fünf Kinder, die heute geboren werden, sind nur von einem Elternteil Annanuki, der andere ist ein Mensch. Alle diese Kinder werden mit besonderen Fähigkeiten geboren, die von uns ab dem sechsten Lebensjahr gefördert werden. Bis zum sechsten Lebensjahr werdet Ihr von uns beobachtet und beschützt. Ab dem sechsten Jahr werden die Kinder in ihren Fähigkeiten geschult.“
Hier unterbrach ihn der Archäologe.
„Und wenn wir das nicht zulassen, Allskerjargdi?“
„Dann wird sich ein Schatten über die Erde legen, und die Menschheit ist der Vernichtung nahe.“
„Na ja, mal nicht so theatralisch, so schlimm wird es ja wohl nicht werden“, erwiderte ich in einem etwas flapsigen Tonfall und erwartete keine Erwiderung. Aber die kam von anderer Seite.
„Lass Ihn doch mal weitererklären, Erk“, fuhr meine Frau ärgerlich dazwischen.
„Wir sind auch reine Annanuki und kommen aus einem von uns gesteuertem, wandernden Sonnensystem, das alle 3600 Jahre in die Nähe eures Planetensystems kommt. Unsere Vorfahren haben auch angefangen, die Planeten, an denen sie vorbeikamen, auszubeuten und die Menschheit zu kultivieren. Das führte auch zu eheähnlichen Verbindungen, daran zerbrach unser Kastensystem, und ich muss zu meinem Leidwesen gestehen, wir hatten auch großen Anteil an der Schuld. Wir wollten nicht, dass die Annanuki mit den Menschen eine körperliche Verbindung eingehen. Heute haben wir die Rechnung bekommen. Viele Annanuki haben sich auf der Erde verteilt, während wir mit unserer Wissenschaftskaste in ein Paralleluniversum gezogen sind. Leider ist die Unfruchtbarkeit bei uns, bei beiden Geschlechtern, sehr weit verbreitet.“
Erk stoppte den Redefluss.
„Also seid Ihr vom Aussterben bedroht?“
„Richtig. Wir müssen uns also umorientieren und eine Vermischung mit den Menschen eingehen.“
„Immer schlecht, wenn man Prinzipien über Bord schmeißen muss. Warum unternehmt Ihr keine Gentherapie, damit Ihr wieder fruchtbar werdet?“
Die strenge Stimme seiner Frau riss mich aus dem Redefluss.
„Erk, nun lass Ihn doch einmal zu Ende erzählen.“
Diesmal hörte Allskerjargdi nicht auf Trine und gab eine Antwort auf die ihm gestellte Frage.
„Man hat mich schon vor Deinem analytischen Verstand gewarnt, Erk Johannsen. Aber um Deine Frage zu beantworten. Ja, die Prinzipien. Unser Stamm war schon zu lange alleine, und es wäre zu kompliziert gewesen, eine Genumstrukturierung durchzuführen. Ja, die Menschen sind sehr wichtig. Weil Sie ein wahnsinniges Potenzial habt. Potenzial, das erst in Ihrer weiteren Entwicklung zum Vorschein kommen wird.“
„Aber, das alleine kann ja nicht nur der einzige Grund sein.“
„Warum es so ist, kann ich nur begrenzt sagen. In dem Jahr 2012, zur Wintersonnenwende, also am 21.12.2012, fallen verschiedene Ereignisse aufeinander. Der Mayakalender und das Ende des 13 ten Baktum, dann hört das Zeitalter des Mannes auf. Mit dem 14 ten Baktum beginnt also das neue Zeitalter der Frau und des Mannes. Also der Beginn einer neuen Ära und eines neuen Gesellschaftssystems der Menschheit.“
Ich konnte nicht anders, ich musste seinen Redefluss unterbrechen.
„Das klingt alles etwas unwahrscheinlich, wenn ich mal untertreiben darf. Aber gesetzt den Fall, es wäre so: Was hat das alles mit uns zu tun? Mir ist schon bewusst, dass die Uhren der Mayas auf null gestellt werden, und das Zeitalter des Mannes und der Frau beginnt. Es wird aber auch ohne unser Eingreifen beginnen.“
„Das ist nicht ganz richtig, Erk Johannsen,“erwiderte Allskerjargdi.
„Man versucht, die neue Dekade zu übergehen.“
„Wer ist man und wieso?“
„Da muss ich ein paar Jahrtausende zurückgreifen. Die Annanuki, also unsere Urahnen haben die Erde auch als Strafkolonie benutzt. Damals noch menschenleer, wurden wir auf dem Planeten abgesetzt. Technisch waren wir schon damals hoch ausgebildet. Wir konnten uns in der Wildnis von Pangäa, dem damaligen Superkontinent, behaupten. Tektonische Ereignisse sorgten immer wieder dafür, dass unsere Bevölkerungszahl nicht zunahm. Du musst verstehen, die Erde war damals noch recht wild in ihrem Veränderungsgebaren. Von unseren Richtern wurden wir beobachtet und immer wieder mit neuen Verbrechern versorgt. Das heißt, es musste ein Rechtssystem aufgebaut werden, dass dann die Neuankömmlinge in die Schranken verwies. Die weiteren Energien, die wir dadurch verbrauchten, stoppten den wissenschaftlichen Fortschritt zwar nicht ganz, aber er verlangsamte sich. Mittlerweile triftete der Superkontinent auseinander, sogar ziemlich schnell. Wir arrangierten mit unseren Richtern ein Abkommen, so dass wir nicht mehr als Strafkolonie behandelt wurden, sondern als Kolonie der Annanuki. Dabei bauten sie eine energetische Sicherung ein, die im physischen sowie im mentalen Bereich immer die Ausgewogenheit suchte. Das heißt, ein Part konnte ruhig zusammenbrechen, aber beides würde das Ende des Bestehens der Menschheit und der Annanuki, sowie aller bestehenden Lebewesen auf der Erde bedeuten. In der Geschichte ging immer alles gut, bis jetzt. Physisch gesehen verändert sich der Magnetpol. Ihr habt auch vermehrt mit Vulkanausbrüchen, Erdbeben, Freisetzung von Kohlendioxyd, Tsunamis und Polabschmelzungen zu tun. Das sind alles Zeichen, dass die Polumkehrung bevorsteht. Dazu noch die stärksten Sonneneruptionen seit Menschengedenken, die 2012/2013 ihren Höhepunkt haben werden. Unsere Berechnung hat ergeben, dass am 21.12.2012 der Höhepunkt erreicht wird. Da wir schon einige Polumkehrungen mitgemacht haben, wissen wir, wovon wir reden. Ich gebe nur zwei bekannte Ereignisse zum Bedenken: die Sintflut und der Untergang von Atlantis.“
Trine meldete sich zu Wort.
„Alles gut und schön, wer sind die anderen? Du sprachst auch davon, dass Ihr den Planeten nach Bodenschätzen abgesucht und quasi im Vorbeiflug dann auch noch abgebaut habt.“
„Die anderen“, wiederholte der Hohe Priester versonnen.
„Wir hatten die Option für eine Kolonie bekommen und mussten einen großen Teil unseren geschürften Bodenschätzen dafür abgeben. Die anderen, sind unsere Brüder und Schwestern. Während nach der letzten Polumkehrung Atlantis versank, spaltete sich unser Volk. Die einen forschten weiter, das waren wir. Die anderen vermischten sich mit den damaligen Menschen, was uns bis dato verboten war. Aber der Mensch entwickelte sich in der Frühgeschichte rasant, und es war abzusehen, wann aus dem jagenden Mensch ein wissensdurstiger Mensch werden würde.“
„Und ein geldgieriges und machthungriges Tier“, bemerkte Erk locker.
„Die Geldgier und der Machthunger machten den Neumenschen automatisch anfällig für Nebensächlichkeiten, die nicht ausgerichtet waren, die Art zu erhalten. Wir haben natürlich das Unsere dazu beigetragen. Aber so war es von Anbeginn der Geschichte. Immer wieder hat sich die Natur durchgesetzt und dadurch die Art erhalten, jetzt ist es anders. Die Gesellschaft hat sich verändert, man steht nicht mehr zusammen, die kleinste Zelle einer Gesellschaft bricht auseinander, oder man versucht, sie auseinanderbrechen zu lassen, das bedeutet automatisch Anarchie. Das mentale Energieverhältnis hat sich verlagert, und dadurch ist das Gleichgewicht nicht mehr vorhanden. Das war aber in der Vergangenheit schon öfters so, denkt an die Dekadenz der vergangenen großen Reiche. Diesmal kommt zu der mentalen Schwäche auch die physische eures Sonnensystems.“
„Langsam verstehe ich Eure Bedenken. In allen weiteren Systemen sind die einzelnen Dimensionen wie auch die Zwischenwelten miteinander verbunden. Bricht eine weg, brechen alle weg.“
„Genau, Erk.“
„So, dann wäre die Alien-Frage auch geklärt“, ergänzte Erk zynisch.
In diesem Moment klingelte es an der Haustür. Der junge Adfall stand gelassen auf und drehte sich zur Eingangstür. Erk Johannsen, der immer noch nicht überzeugt war, sprang auf und wollte sich an Adfall vorbeizwängen. Allskerjargdi hielt ihn fest, dabei sah er ihn intensiv an.
„Erk Johannsen, das ist für uns, Du wirst gleich mehr erfahren.“
Erk, der die stahlharte Hand, die sich um sein Handgelenk schloss, sehr schmerzhaft spürte, schaute seine Frau Hilfe suchend an. Diese nickte nur und sagte. „Setz Dich bitte wieder, ich habe ein gutes Gefühl.“
Allskerjargdi lächelte.
„Frauen hatten auch bei uns schon immer die besseren Instinkte.“
Erk, der dies mit einem resignierenden Blick quittierte, setzte sich. Trine, die die Haustür von ihrem Platz aus gut beobachten konnte, sah, wie Adfall mit einem jüngeren Mann sprach. Plötzlich schrie sie auf, als ein schwarzer Schatten durch die Tür huschte und ins Zimmer kam. Erk schaute sich um und blieb wie erstarrt sitzen. Ein schwarzer Jaguar blieb neben Allskerjargdi stehen und blickte ihn auffordernd an. Leises Schnurren durchsäuselte den Raum wie Musik.
„Keine Angst, das ist Amitola ein schwarzer Panther, in eurer Sprache heißt er Regenbogen. Ich habe ihn im Amazonasbecken gefunden, als er halbverhungert neben seiner toten Mutter lag. Sie war in einer Wilderer Schlinge verendet. Setz Dich, Amitola, du erschreckst die Johannsens und das wollen wir doch nicht.“
Erk stand der Schweiß auf der Stirn.
„Ihr erschreckt uns nur“, erwiderte er sarkastisch. Sie hörten, wie Adfall die Tür schloss und das Zimmer wieder betrat.
„Der Arzt ist tot, seine Frau ebenso. Es gibt keine weiteren Zeichen von Gewalt oder irgendwelchen Giften. Es scheint auch so, als hätten sich die Gegner zurückgezogen.“
„Wer sind sie?“
„Eure und unsere Gegner. Ein uralter Bund von Fremden, den es schon lange gibt. Leider hat sich die Vermischung unserer Völker nicht unbedingt nachteilig auf unsere Gegner ausgewirkt, sondern sie noch gestärkt. Sie suchen sich besonders begabte Annanuki, um sie gegen uns einzusetzen. Aber im Gegensatz zu uns, sind sie nicht in der Lage, in eine andere Dimension zu reisen, oder Ihre vielen Talente so wie wir sie schulen, zu nutzen. Ihr Machthunger ist dafür aber unbegrenzt.“
„Was würde passieren, wenn wir euren Anweisungen nicht folgen würden?“
„Sie würden euch töten, um sicher zu gehen, dass von euch keine Gefahr mehr ausgeht. Wir sind uns dabei aber nicht sicher, ob sie die sechs Jahre warten würden.“
„Das ist aber alles sehr vage, Allskerjargdi. Ich kann nicht verstehen, dass eine Kultur, die, wie Ihr sagt, älter als die Menschheit ist und sehr wahrscheinlich hochtechnisiert, sich immer noch nach Mythen, Legenden und Weissagungen richtet.“
„Dieses feine Geflecht aus Mythen, Legenden und Weissagungen beinhaltet immer eine ganze Menge Wahrheit, und diese Mythen, Legenden und Weissagungen sind die Hoffnung der Völker und der Menschheit auf eine bessere Zukunft.“
Adfall, der seinen Vater drängend anschaute, nahm die eingetretene Pause wahr, um sie zu unterbrechen.
„Vater, es wird Zeit für die Probe.“
„Trine, Erk, wir haben nicht mehr viel Zeit, wir müssen weiter, es gibt Schwierigkeiten in Bhutan.“
„Was für eine Probe?“ fragte Trine und schaute den Annanuki neugierig an.
„Ihr werdet schon sehen.“
Allskerjargdi griff in die Innentasche seines langen Mantels und brachte drei goldene Ketten mit Anhängern zum Vorschein.
„Diese ist für Dich, Trine, eine goldene Kette mit der Erdkugel als Anhänger.“
Er legte sie ihr um.
„Sie zeigen Deinen Stand in unserer Gesellschaft und gelten auch als Ausweis. Schau, ich habe auch eine Erdkugel. Du darfst diese Kette nie verlieren, sie beschützt Dich auch, und sie gibt Dir Entscheidungshilfen in extremen Situationen. Dein Mann wird Dir erklären, was die Mutter Erde bei vielen Völkern bedeutet. Jetzt zu Dir, Erk Johannsen.“
Allskerjargdi legte dem Archäologen eine Kette an, die ebenfalls aus Gold bestand, während der Anhänger wie eine Kugel aus Eisen aussah.
„Deine Kette ist noch nicht vollständig, Erk, erst wenn die Zeit gekommen ist, wird sie ihre ganze Kraft entfalten.“
Trotz ihrer Unvollständigkeit schmiegte sich die Kette um den Hals, als hätte sie nie einen anderen Ort gekannt.
„Nun zu Dir, kleiner Johannsen. Für Dich habe ich hier auch ein kleines Geschenk.“
Der Wächter legte die dritte goldene Kette um den Hals des kleinen Jungen. Dieser Anhänger hatte ein Aussehen wie Glas. Ohne sich einmal zu rühren, lag er in den Armen seiner Mutter. Man spürte, dass er sich sichtlich wohlfühlte.
„Jetzt zeigt mir eure Handinnenflächen.“
Erk Johannsen drehte seine Hände so, dass der Fremde seine Innenflächen sah. Dieser schaute kurz drauf, sah sich danach die Hände von Trine an, um dann die Hände des Kleinen zu überprüfen.
„Es ist vollbracht, die Weissagung kann beginnen.“
Erk, immer noch belustigt. „Hände anschauen bedeutet Ärger.“
„Ja, dann schaut sie Euch mal genau an.“
Ungerührt drehte Erk seine Handinnenflächen so um, dass er die Innenflächen sehen konnte, dabei erstarrte er. Auf beiden Flächen waren zwei verschiedene Symbole zu sehen. Auf der linken Hand war die Erdkugel abgebildet, auf der rechten Hand ein Mann.
„Trine, lass Deine Hände sehen.“
Auch Trine drehte ihre Hände so, dass die Innenflächen zu sehen waren. Auf der linken Hand war die Erdkugel, auf der Rechten eine Frau.
„Ich habe es geträumt.“
Bemerkte Trine trocken, ohne erstaunt zu sein. Schon machte sich Erk an den Händen seines Sohnes zu schaffen und sah an der linken Hand die Erdkugel, an der Rechten einen Mann und eine Frau. Zwar noch klein, aber unverkennbar.
„Was für ein Taschenspielertrick ist das denn?“ schnaufte Erk böse.
„Ich habe nicht vor, mit einem Tattoo herumzulaufen.“ Allskerjargdi lächelte.
„Das ist kein Tattoo, das ist ein von unseren Urvätern genetisch festgelegtes Zeichen. Zu Zeiten Atlantis hatten wir das Wissen noch, etwas vorherzusagen, aber mit der Katastrophe ist dieses Wissen verloren gegangen. In Verbindung mit der Kette kommt es langsam wieder zum Vorschein.“
„Da bin ich aber froh, dass Ihr nicht alles wisst.“
„Schau Dir meine Hände an. Links die Erdkugel, das Zeichen der Annanuki, rechts das Zepter, das Zeichen der Hohepriester.“
„Sieht doch schick aus“, lachte Trine, die sich über das Gesicht ihres Mannes amüsierte.
„Denk daran, Erk, wenn wir einen Boten schicken, lass Dir immer seine linke Hand zeigen. Alle, die auf unserer Seite stehen, haben die Erdkugel in der linken Hand. Bei unseren Gegnern fehlt die gesamte Erdkugel, wir sind nämlich die Bewahrer der Ketten. Energetisch gesehen, gibt die linke Hand und die rechte Hand nimmt.“
„Was bedeutet denn das Zeichen von Mann und Frau bei meinem Sohn?“
„Es ist das Zeichen des neuen Zeitalters.“
„Hedwig, lass deine Hände sehen.“
Hedwig drehte ihre Hände. In der linken Hand war die Erdkugel, in der rechten Hand eine Wiege.
„Bevor wir gehen, habe ich noch eine Bitte, Erk und Trine. Ihr wollt euren Sohn auch Erk nennen, nennt ihn mit Zweitnamen Pentragon.“
Erk schaltete schnell: „Pentragon, aus der Artussage?“
„Ja, richtig, aber sein richtiger Name war anders, Ambrosius Aurelianus. Oder im keltischen, der Kopf des Drachen. Ein begnadeter Anführer.“
Erk schaute seine Frau an, diese nickte nur.
„Es ist gut, Hoher Priester. Wir sind damit einverstanden.“ Resignierend gab Erk nach. Hedwig, die sich die ganze Zeit schweigsam verhalten hatte, räusperte sich, schaute die anderen an und bat um das Wort.
„Da jetzt alles geklärt ist, verschwindet ihr Männer aus dem Zimmer, die junge Mutter braucht Ruhe, und der Held schreit sicher bald und hat Hunger.“
Die Männer standen leise auf und gingen in den angrenzenden Flur. Allskerjargdi drehte sich noch einmal, um Trine zuzuwinken: „Wir sehen uns in sechs Jahren, Trine, und in den sechs Jahren wird dein Sohn einiges anstellen, er kann nichts dafür, seine Kräfte müssen noch gebündelt werden.“
„Was für Kräfte?“
„Er ist ein Quantendenker, da kann man im Vorfeld noch nicht sagen, wie seine Kräfte sich gestalten. Quantendenker können mehrere Denkprozesse nebeneinander durchführen, während der Mensch linear denkt.“
Trine, die erschöpft von der Geburt war, hatte schon die Augen geschlossen. Hedwig gab Amitola einen Stups, der gelangweilt aufstand, beide Vorderpfoten auf das Bett legte, seine Nase ganz nah an das Gesicht des Kleinen hielt, um ihm dann mit der Zunge herzhaft über das Gesicht zu lecken. Der Kleine öffnete kurz die Augen, ließ schnell seinen kleinen angewinkelten Arm fallen und versuchte, der Großkatze an den Barthaaren zu ziehen. Amitola hatte damit gerechnet und zog schnell den Kopf zurück. Ein zufriedenes Knurren ausstoßend, streckte sie sich und lief langsam hinter den Männern her.
„Wenn Du uns brauchst, Erk, setzt euch mit Hedwig in Verbindung, sie weiß, wie sie uns erreichen kann.“
Erk öffnete die Tür und sah jetzt erst, dass die Straße von Männern mit langen Mänteln überwacht wurde.
„Wir sind immer bei euch.“
Die Männer gaben sich die Hand. Erk bemerkte, dass der Regenbogen verschwunden war.
21.12.1990
Frazer Island. Australien
Einst war Beeral, ein Gott der Aborigines, unzufrieden mit dem, was er geschaffen hatte. So gab er zwei vertrauten Geistern, Yingdingie und K`gari, einen Auftrag, etwas zu schaffen, was nicht übertroffen werden konnte. Schnell machten sich die beiden Geister ans Werk. Sie schufen eine Insel, die so schön war, dass selbst die Götter auf dieser Insel Urlaub machen wollten. Es gab außerdem Seen, die so hell und vielfältig in ihren Farben waren, dass man meinte, die Insel sei mit Rubinen und Diamanten übersät. Wälder und Urwälder waren so grün, wie sie es auf der ganzen Mutter Erde nicht geben konnte. Blumen, deren Farbenvielfalt nicht übertroffen werden konnte, krönten die Wiesen und Auentäler. Ein Strand umgrenzte die Insel zum Meer, dessen Quarzsand wie die Augen lustiger Kinder leuchteten.
Yingdingie sah, wie K`gari am Strand vor Erschöpfung eingeschlafen war. Er war von diesem Anblick so berührt, dass er K`gari auf diese Insel zauberte. Dabei verlor er eine Träne, mit der er dann den türkisfarbenen Ozean schuf.
Beeral bestimmte, dass das Wort K`gari Paradies bedeutete. Dabei befahl er, dass die Aborigines vom Stamm der Butchulla die Insel bewachen sollten, so dass kein böser Geist je in die Versuchung kam, die positive Energie, die diese Insel ausstrahlte, zu verletzen.
Wäre ein Besucher auf dem Eiland gewesen, hätte er in dieser Nacht den eigenartigen Ton des Schwirrholzes gehört. Nur das Bora Bora war in der Lage, die spirituellen Verbindungen zu den einzelnen Stämmen herzustellen, um die geistige Stärke eines ganzen Stammes zu zentrieren.
Die zwei Besucher in langen Mänteln beobachteten die sich ihnen dargebotene Zeremonie mit außerordentlicher Neugierde. Ohne die Umgebung aus dem Auge zu lassen, merkte man ihnen die Anspannung an. Ein alter Aborigine kam zu den beiden Männern.
„Macht euch keine Gedanken, es wird ihr nichts passieren. Meine Männer haben eine Energieglocke über diesen Ort gelegt. Wir warten nur noch auf den Alten.“
„Unterschätzt unsere Gegner nicht, wenn eines dieser Neugeborenen stirbt, sind wir angreifbar, bis wir die anderen ausgebildet haben.“
„Ja, ich weiß, aber gegen unsere Traumfänger kommt keiner an. Wir haben den perfekten magischen Kreis, und alle Häuptlinge sind mental miteinander verbunden.“
„Wie geht es der Mutter?“
„Es kann jeden Moment losgehen.“
„Ist sie in dem unterirdischen Bau auch sicher?“
„Macht euch keinen Gedanken, ohne unser Einverständnis wird da keiner reinkommen.“
„Hast du die Kette?“ fragte der eine der Wächter den anderen.
„Nein. Bevor wir nach Frazer Island kamen, hat Adfall im Auftrag von Allskerjargdi sie noch abgeholt und dem Alten direkt geben lassen.“
„Scheiße. Warum hast du mir nichts gesagt, Bruder?“
„Adfall hat es mir eindringlich verboten, bis wir hier auf der Insel sind.“
Man brauchte nicht an eine Vorsehung zu glauben, um dann die Ereignisse, die sich nun rasant abspielten, als rationell zu betrachten. Die grünliche Kulisse der Seen war der perfekte magische Hintergrund für die Ereignisse, die jetzt eintraten. Dieser Ort sollte nie mehr das sein, was er in der Vergangenheit einmal war. Seine Energie wurde regelrecht abgesaugt und verlor sich in der Unendlichkeit des Alls.
Da stand er, völlig ruhig, auf einem Bein, der linke Fuß stützte sich an die Innenseite des Knies des rechten Beines, die linke Hand lag offen auf dem Knie des linken Beines, rechts abgestützt durch einen überlangen Speer, man meinte ein verwachsenes kleines Männchen, aber das Männchen war weder verwachsen noch klein. Die Erdkugel, die seine linke Innenhandfläche zierte, leuchtete in einem irrationalen pulsierenden Licht. Kleine schweinsähnliche listige Augen schauten abschätzend auf die beiden Fremden. Der brustlange Bart vibrierte leicht, als der alte Aborigine mit einer fließenden Bewegung den Speer hob, und ihn, ohne zu zögern auf einen der beiden Fremden schleuderte. Einer dieser beiden Fremden hatte wiederum bei dem Erscheinen des Alten in seine Manteltasche gegriffen und einen malaysischen Kris hervorgezaubert. Mit dieser fürchterlichen Waffe in der Hand, stürzte er sich auf den anderen Wandernden Wächter. Da kam völlig ruhig und ohne zu wackeln, aber mit der Präzision, die nur das Schicksal kennt, der Speer vom Alten und bohrte sich mit einer ungeheuren Wucht durch die Brust des einen Mannes, der den Kris in den Händen hielt, dass das Energiezentrum des Wächters symbolisierte. Wie vom Blitz getroffen, fiel der Mann um, der Kris löste sich aus seiner Hand und ohne einen weiteren Ton von sich geben zu können, starb er einsam an einem unbekannten Gewässer, dass die Götter geschaffen hatten.
Die vier Medizinmänner, die in den vier Himmelsrichtungen im perfekten Kreis saßen, kippten fast alle gleichzeitig auf die Seite, durchbohrt von Speeren. Alles das geschah, in der völligen Lautlosigkeit, denn das Surren der Bora Boras hatte aufgehört, und die Energieglocke fiel in sich zusammen.
Sämtliche Büsche, die um diesen heiligen Platz standen, teilten sich und spuckten zwanzig halbnackte Gestalten aus, die von einem großen schlanken Mann angeführt wurden, der mit den feinen Gesichtszügen eines Aristokraten gezeichnet war. Die Gestalten bewegten sich mit der katzenhaften Beweglichkeit von Menschen, die immer von dem Gefühl beherrscht wurden, in Gefahr zu sein. Es waren Maoris, an allen Teilen ihres Körpers in der ihnen eigenen Art tätowiert. Nach allen Seiten sichernd, strebten sie den Punkt an, an dem der Alte gestanden hatte.