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Tauchen Sie ein, in die Welt der kleinen Männer aus Pitatia. Ihre Welt ist nur durch ein Portal zu erreichen. Wer sind diese kleinen Wesen aus dem fernen Pitatia? Sind es die Kobolde oder Zwerge aus den alten Märchen? Sind sie uns gut gesonnen? Tanja, ein elfjähriges Mädchen, geht durch dieses Portal und erhält einen ersten Einblick in diese fantastische Welt. Mit fünfzehn geht sie ein zweites Mal durch dieses Portal und erst nach ihrem Studium kann sie sich ausgiebig den kleinen Männern aus Pitatia widmen. Wir alle kennen die Legenden von kleinen Männern. Mal sind sie uns Menschen gutgesonnen, mal trachten sie uns nach dem Leben, doch woher kommen die Geschichten? Gab es mal vor langer Zeit Zwerge auf der Erde? Lebten sie im Wald oder kamen sie nur zu Besuch? In manchen Legenden leben sie unter Tage und kommen nur nachts, wenn der brave Bürger schläft, in unsere Zimmer. Sie helfen bei der ungeliebten Arbeit oder verschleppen Kinder in den dunklen Wald. Diese Geschichten wurden oft erzählt, bevor sie zu Papier gebracht wurden. Wer weiß, wie oft sie verändert wurden, um sie dem jeweiligen Zeitgeist anzupassen. Waren es nur unterhaltsame Märchen oder sind es sogar Warnungen an die Menschheit? Wozu sind diese kleinen Wesen im Stande, welche Fähigkeiten haben sie? Wenn es sie denn gibt. Wer denkt sich solche Märchen und Legenden aus? Warum gibt es sie in den unterschiedlichsten Kulturen? Ist es überhaupt möglich, solche fantastischen Geschichten zu erfinden, oder braucht es dafür zumindest einen wahren Kern? Dies ist eine Geschichte, die so unglaubwürdig ist, dass es nur ein Märchen sein kann, doch was ist, wenn dieses Märchen wahr ist? Wer würde dem Erzähler wohl Glauben schenken? Die Menschen mit einem gesunden Verstand, die Medien oder doch nur der Psychiater? Mit Sicherheit hätte er ein Mittel, um diese wahre Erinnerung zu einem bösen Traum werden zu lassen.
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Seitenzahl: 305
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Danke Petra
Vorwort
Tanja, eine deutsche Italienerin
Urlaub in Italien
Tanjas erste Reise in die andere Welt
Vier Jahre später
Das Haus des Zauberers
Zurück in Deutschland
Der Roadtrip
Pitatia
Die Rückkehr
Die Suche nach der Kirche?
Das Portal
Zurück im Alltag
Der Neuanfang
Die Suche nach dem Autor
Münster
Die Rettung
Weitere Romane
Der Autor
Wir alle kennen die Legenden von kleinen Männern. Mal sind sie uns Menschen gutgesonnen, mal trachten sie uns nach dem Leben, doch woher kommen die Geschichten? Gab es mal vor langer Zeit Zwerge auf der Erde? Lebten sie im Wald oder kamen sie nur zu Besuch? In manchen Legenden leben sie unter Tage und kommen nur nachts, wenn der brave Bürger schläft, in unsere Zimmer. Sie helfen bei der ungeliebten Arbeit oder verschleppen Kinder in den dunklen Wald. Diese Geschichten wurden oft erzählt, bevor sie zu Papier gebracht wurden. Wer weiß, wie oft sie verändert wurden, um sie dem jeweiligen Zeitgeist anzupassen. Waren es nur unterhaltsame Märchen oder sind es sogar Warnungen an die Menschheit? Wozu sind diese kleinen Wesen imstande, welche Fähigkeiten haben sie? Wenn es sie denn gibt.
Wer denkt sich solche Märchen und Legenden aus? Warum gibt es sie in den unterschiedlichsten Kulturen? Ist es überhaupt möglich, solche fantastischen Geschichten zu erfinden oder braucht es dafür zumindest einen wahren Kern?
Dies ist eine Geschichte, die so unglaubwürdig ist, dass es nur ein Märchen sein kann, doch was ist, wenn dieses Märchen wahr ist? Wer würde dem Erzähler wohl Glauben schenken? Die Menschen mit einem gesunden Verstand, die Medien oder doch nur der Psychiater? Mit Sicherheit hätte er ein Mittel, um diese wahre Erinnerung zu einem bösen Traum werden zu lassen.
Tanja mag Italien, obwohl sie dieses Land nicht kennt. Es liegt wohl daran, dass sie die Sprache perfekt beherrscht. Schuld daran ist Francesca. Tante Francesca ist eine echte Italienerin aus Potenza, einer süditalienischen Stadt, mitten im Landesinneren, da wo kaum Touristen hinkommen. Ihr Mann Klaus hat sie auf einer Dienstreise kennengelernt und sich Hals über Kopf in sie verliebt. Sie ist mit ihm nach Deutschland gezogen, lernte etwas deutsch und heiratete Klaus. Die beiden haben eine Tochter. Yvonne ist genauso alt wie Tanja. Da Klaus viel auf Dienstreisen ist und Francesca es gewohnt ist in einem lebendigen Haus zu leben, kamen die beiden auf die Idee, dass Francesca doch als Tagesmutter arbeiten kann. Klaus wollte eigentlich keine Kinder und nach Yvonne hat er besonders aufgepasst. Ihm kam die Idee, dass sich Francesca doch um andere Kinder kümmern kann, denn die werden abends wieder abgeholt und wenn er dann zuhause ist, wird aus dem quirligen Kinderhort ein ruhiges Heim für den gestressten Beamten.
Tom und Silvia, Tanjas Eltern, bringen ihre Tochter beinahe täglich zu der italienischen Tagesmutter, die sich so liebevoll um die fremden Kinder kümmert. Die beiden haben nicht viel Zeit, sie arbeiten nicht nur in derselben Firma, sie sind auch im selben Team und so mussten sie zwangsläufig des Öfteren bis in die Nacht hinein an einem Projekt arbeiten. Francesca hatte kein Problem damit, sie legte einfach eine Luftmatratze in Yvonnes Zimmer und die beiden Mädchen fühlten sich wie Schwestern. Zweimal holte Silvia ihre Tochter spät am Abend ab und es war für alle eine stressige Angelegenheit. Tanja wurde aus dem Schlaf gerissen und wollte nicht weg, Klaus war sehr ungehalten, weil seine wohlverdiente Ruhe gestört wurde und Yvonne war so traurig, dass sie weinte, als ihr die Schwester entrissen wurde. „Lass sie doch das nächste Mal über Nacht hier! Das wäre für alle besser.“, sagte Francesca und Silvia musste sich eingestehen, dass sie recht hat. So kam es, dass Tanja zeitweise zur Familie gehörte und eine Schwester hatte. Francesca wollte ihre Heimatsprache nie so ablegen und so wurde viel italienisch gesprochen. Erst wenn die fremden Kinder sie nicht verstehen, wiederholt sie auf Deutsch. Kinder lernen schnell, so spricht Yvonne fließend Italienisch und auch Tanja braucht schon lange keine deutsche Erklärung mehr, wenn Francesca etwas sagt. Oft sprechen die beiden Mädchen Italienisch und merken es nicht einmal. Was hat Klaus immer rumgemotzt, wenn er mal zu Hause war und nicht nur Tanja, sondern auch seine eigene Tochter Italienisch sprachen, so dass er nicht ein Wort verstanden hat. Für Tanja war Francesca mehr Mutter als es Silvia war. Silvia war anfangs froh darüber, dass sich ihre Tochter so gut mit dieser Tagesmutter verstand. Viel zu spät haben Tom und Silvia gemerkt, dass Tanja sich eher bei Francesca zuhause fühlt als bei ihren leiblichen Eltern. Tom und Silvia haben lange diskutiert, was sie tun können, bis sie zu dem einzigen, vernünftigen Entschluss gekommen sind, dass Silvia kündigt und zuhause bleibt. Zumindest bis Tanja zur Schule geht. Die Trennung von ihrer vermeintlichen Schwester und ihre Tagesmutter Francesca war für Tanja nicht einfach, doch Silvia unternahm viel mit ihrer Tochter, war jeden Tag mit ihr auf dem Spielplatz, suchte Kontakt zu anderen Kindern, damit Tanja gezwungen war, Deutsch zu sprechen. Nach einem Jahr wurde Tanja eingeschult und als sie dann in die zweite Klasse kam, hat Silvia wieder halbtags angefangen zu arbeiten, weil ihr sonst die Decke auf den Kopf gefallen wäre. Nachmittags war sie aber immer noch für ihre Tochter da, half ihr bei den Hausaufgaben, lernte mit ihr und die beiden waren viel Draußen unterwegs. Toms Arbeit bestimmte, wann die Familie übers Wochenende verreist oder in den Urlaub fährt. Mal war er das ganze Wochenende weg, mal hatte er in der Woche Zeit für seine Familie und sie sind spontan verreist.
Tanja vermisste die italienische Sprache, in ihrer Klasse gab es keinen, der Italienisch spricht, nur ein Mädchen in der fünften Klasse, doch sie wollte von Tanja nichts wissen. Als sie in der Schule etwas über Italien lernte, wollte sie unbedingt den nächsten Urlaub dort verbringen, also ging es in den Sommerferien nach Rimini, da wo sie alle hinfliegen. Silvia hat auf Bitten ihrer Tochter das erstbeste Angebot genommen, was sie noch kriegen konnte, als Tom mal wieder kurzfristig verkündete: „Ende der Woche ist das Projekt fertig, da kann ich zwei Wochen Urlaub nehmen!“ Also hatte Silvia noch ganze vier Tage Zeit, eine Reise zu buchen. Im Katalog sah auch alles perfekt aus, doch die Bilder waren wohl schon Jahrzehnte alt. Tanja hat sich so auf Italien gefreut, sie konnte doch nicht ahnen, dass Italien im Sommer so heiß ist. Die alte Klimaanlage in ihrem Zimmer schaffte es nicht, gegen die Hitze Riminis anzukämpfen. Es blieb nur noch der Strand und trotz mehrfachen Eincremens hat Tanja nach dem vierten Tag einen gehörigen Sonnenbrand gehabt. Nach nur einer Woche sind sie dann zurückgeflogen und haben noch eine Woche in einem Ferienhaus an der Müritz verbracht. Bis auf einen Tag hat es nur geregnet. Trotz des missglückten Urlaubs hat Tanja sich gern an diesen Urlaub erinnert, sie hat den Sonnenbrand und die Hitze schnell vergessen. Bald hieß es wieder: „Mama, wann fliegen wir wieder nach Italien?“
„Italien ist doch viel zu heiß!“, kontert ihre Mutter.
„Ach was, es ist doch so schön da! Ach Papa, der Urlaub war doch so schön!“, versucht es Tanja nun bei ihrem Vater, der für gewöhnlich viel schneller klein beigibt.
„Aber nicht im Hochsommer!“, bestimmt Tom. „Lass uns doch zu Ostern fliegen! Da bekomme ich schon irgendwie frei.“, antwortet Tom.
„Da ist aber auch in Italien noch kein Sommer!“, sagt Silvia verwundert, denn zu Ostern haben sie immer ihren Pflichtbesuch bei den Eltern gemacht.
„Au ja! Wie lange ist es noch bis Ostern?“, freut sich Tanja jetzt schon.
„Das dauert noch!“, erklärt ihre Mutter. „Na gut! Ich schau mal, ob wir dann was im Süden bekommen! Da ist es bestimmt etwas wärmer!“
Die Wochen vergehen und der Winter macht dem Frühling Platz. Tom hält Wort und bekommt ein paar Tage vor Ostern frei. Silvia geht sofort ins Reisebüro, wo sie noch eine Unterkunft und einen Flug ergattern kann. Vier Tage später steht Tanja mit ihren Eltern am Flughafen, sie liest die große Anzeigetafel mit den Reisezielen und fragt: „Fliegen wir auch nach Bari?“
„Ja, und von da aus geht es dann nach Monopoli, ein Vorort von Bari, unten am Hacken des Stiefels!“, erklärt ihr Vater es ihr so schön bildlich.
Tanja freut sich auf den Urlaub, endlich geht es wieder nach Italien und nach einem viel zu langen Flug stehen sie in Bari am Taxistand. Tom winkt ein Taxi heran und sie steigen ein. Es war eine anstrengende Diskussion, doch nun darf Tanja vorn beim Taxifahrer sitzen. Sie hält die Buchungsunterlagen in der Hand und erklärt dem Taxifahrer genau und im besten Italienisch, wo er sie hinfahren soll. Die ganze Fahrt über unterhält sich Tanja mit dem Taxifahrer, der ihr alles über Bari und die adriatische Küste erzählt. Silvia und Tom verstehen kein einziges Wort. Sie sind stolz auf ihre Tochter, vor allem als der Taxifahrer direkt vor ihrer Unterkunft hält. Mitten in der Altstadt, fast direkt am Hafen, haben sie ein Apartment gebucht. Es ist eine Bruchbude, die nichts mit den Bildern aus dem Reisebüro zu tun hat. Das Zimmer ist eiskalt und die, fast einen halben Meter dicken, Wände wollen einfach nicht warm werden. Im Sommer, wenn die Sonne hier unten ihr Bestes gibt, mag es zwar sehr angenehm sein, doch jetzt, wo die Nächte noch kalt sind, kann diese kleine Elektroheizung nicht viel ausrichten. Trotzdem machen alle das Beste daraus. Silvia und Tom sitzen den halben Tag in ihrem Lieblingscafé am Hafen, wo Kunststoffwände den Wind abhalten und nur die Frühlingssonne hereinlassen. Tanja geht ihre eigenen Wege. Obwohl sie erst elf ist, lassen ihr ihre Eltern viel Spielraum. Sie vertrauen ihr.
Tanja behält das Café am Hafen im Auge, als sie die Gassen drumherum erkundet. Sie trifft Maria, die mit ihren dreizehn Jahren auf ihre Schwester Gina aufpassen muss. Maria würde viel lieber mit Stephano rumhängen, doch der mag die kleine Gina nicht. Sie ist ihm immer im Weg, wenn er sich an Maria heran machen will. Maria sieht Tanja herumstreunen und sie erkennt sofort die Touristin. „Jetzt kommen die Touris wieder!“, sagt sie zu Stephano.
„Ja, aber nach Ostern haben wir wieder Ruhe vor ihnen!“, sagt Stephano gelangweilt. „Bis sie uns wieder den Sommer versauen!“
„Was sind Touris?“, will Gina wissen.
„Na, die Urlauber, die jeden Sommer unsere Stadt überschwemmen!“, erklärt Maria ihrer kleinen Schwester.
„Ich mag diese Touris! Sie sind nett!“, sinnt Gina.
„Warte nur ab, bis sie Dir die Freunde ausspannen!“
Stephano fragt sich gerade, ob ihm Maria den letzten Flirt übelnimmt. „Hä, was meinst Du?“, reagiert er unschuldig. Stephano kann nicht anders, er sieht es so bei seinem älteren Bruder. Mario ist schon neunzehn und er macht sich an jede hübsche Touristin heran, selbst wenn diese in Begleitung ist.
„Ach nichts!“, antwortet Maria. Sie mag Stephano, doch sie mag es nicht, wenn er wie sein Bruder wird. Maria weist auf die Touristin, die sich den dreien nähert. „Ich tippe auf Polen!“
Stephano mustert das junge Mädchen. „Deutschland… oder England. Nein, Deutschland!“ Es ist ein Spiel bei ihnen, raten, woher die Touristen kommen. Stephano kann ein paar Brocken Deutsch und auch etwas Englisch und Französisch. Nur das Nötigste, versteht sich. Eben das, was er bei seinem Bruder so aufschnappt. „Bist Du Deutschland?“, fragt er das Mädchen.
Tanja ist verwundert, dass sie auf Deutsch angesprochen wird, doch allem Anschein nach erkennen die Einheimischen die Touristen. Sie antwortet auf Italienisch: „Wieso glaubst Du denn, dass ich aus Deutschland bin?“
„Ha!“ freut sich Maria. Sie lag zwar falsch, doch auch Stephano hat sich geirrt. „Kommst Du aus Rom?“
„Nein!“, sagt Tanja. „Er hat schon recht, ich bin aus Deutschland!“
„Wusste ich es doch!“, triumphiert Stephano. „Du kannst Italienisch?“
„Ja, kann ich!“ Tanja lächelt den netten Italiener an. „Hier ist aber nicht viel los?“
„Ihr seid zu früh! Die Touristen kommen erst am Donnerstag, wenn Ostern beginnt!“, sagt Maria.
„Oben am Bahnhof ist mehr los, aber da darf Maria wegen der Kröte da nicht hin!“ Stephano weist auf Gina.
„Ich bin keine Kröte!“, protestiert Gina.
„Wo sind Deine Eltern?“, fragt Maria.
„Sie sitzen bei Angelo im Café!“, erklärt Tanja.
„Haben sie nichts dagegen, wenn Du hier allein herumläufst?“ Maria ist verwundert, denn dieses Mädchen ist deutlich jünger als sie, etwa so alt wie Gina.
„Ach was, ich renne ihnen ja nicht weg!“, relativiert Tanja. Sie weiß schon, dass sie nicht zu weit weg gehen darf und eigentlich ist sie ja auch schon ziemlich weit weg, denn ihr Rufen würde sie wohl nicht mehr hören.
Maria hat eine Idee! „Wie lange bleibt ihr?“
„Mittwoch nach Ostern fliegen wir wieder zurück!“
„Warum seid ihr zu Ostern hier?“, will Gina wissen.
„Es ist hier schön warm, aber noch nicht zu heiß!“, erklärt Tanja dem sympathischen Mädchen.
„Schön warm? Es ist doch noch bitterkalt!“, sagt Gina.
„Es sind gerade mal zwanzig Grad! Das ist doch nicht warm!“, fügt Stephano hinzu. Während Maria eine Jeans, Pullover und eine Daunenweste trägt, hat Tanja nur ein leichtes Sommerkleid an. „Frierst Du denn nicht?“
„Nein, es ist doch schön warm heute!“ Tanja weiß, dass es im Sommer hier unten sehr heiß ist. „Für euch ist es kalt und für mich ist es warm. In Deutschland hat es letzte Woche noch geschneit!“
„Was, Schnee zu Ostern?“ Stephano kann´s nicht glauben.
„Gibt es hier eigentlich Schnee?“, fragt Tanja.
„Hier, am Meer? Nein, da musst Du schon hoch in die Berge fahren!“, antwortet Stephano.
„Wir waren im Februar übers Wochenende in den Bergen zum Skifahren!“, sagt Maria.
„Au ja, das war schön!“, ergänzt Gina und denkt an den Spaß, den sie beim Rodeln hatte.
„Schnee ist schon irgendwie schön, doch es war auch sehr kalt! In der Nacht waren es minus drei Grad!“, sagt Maria.
„In Deutschland ist es im Winter oft noch viel kälter! In den Bergen ist es sogar noch kälter!“, prahlt Tanja.
Aus der Ferne sind Touristen zu hören, die laut rufen. „Meinen die Dich?“, fragt Stephano.
„Ja, ich bin die Tanja, die sie rufen!“ Tanja erkennt ihre Eltern.
„Stephano!“, stellt er sich vor und reicht Tanja die Hand. „Ich bin Maria und die Kröte da ist Gina!“ „Selber Kröte!“, protestiert Gina mit sicherem Abstand.
„Ich muss los!“ sagt Tanja und ruft dann: „Ich komme ja schon!“ „Seid ihr morgen auch wieder hier?“, will sie noch wissen, bevor sie zu ihren Eltern rennt.
„Vielleicht!“, sagt Maria gelassen.
„Wir sind immer hier!“, ruft Gina hinterher.
„Ja, wegen Dir sind wir immer hier!“, sagt Stephano zu Gina. Er würde lieber mit Maria allein sein.
„Wo warst Du denn?“, fragt Silvia ihre Tochter.
„Ich habe ein paar andere Kinder getroffen!“
Tom freut sich, wie schnell seine Tochter Anschluss findet. „Sind hier noch andere Deutsche?“
Tanja zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung! Ich habe Stephano und Maria kennen gelernt! Und Gina, Marias Schwester!“
„Ach ja, Du kannst Dich ja mit ihnen unterhalten!“ Tom fällt wieder ein, dass seine Tochter Italienisch spricht.
„Tanja ist hier klar im Vorteil!“, sagt Silvia.
Am nächsten Morgen, es ist eigentlich fast Mittag, sitzt die Familie Wegener in Angelos Café beim Frühstück. Es gibt all die leckeren italienischen Spezialitäten, frischen Orangensaft, für Tanja eine heiße Schokolade und ihre Eltern genießen ihren Cappuccino. „Noch eine heiße Schokolade?“, fragt Angelo, als er sieht, dass Tanja ausgetrunken hat.
In diesem Moment sieht Tanja Gina vorbeirennen. „Ich geh zu Gina!“, sagt Tanja zu ihren Eltern und ist auch schon dabei, die Terrasse zu verlassen.
„Bleib aber hier in der Nähe!“, mahnt ihre Mutter.
„Jaja!“ Tanja stürmt hinaus. „Gina!“, ruft sie der neuen Freundin hinterher.
„Hallo Tanja! Kommst Du mit zum Hafen?“ Gina freut sich, das Mädchen aus Deutschland zu sehen.
„Hä? Wir sind doch am Hafen!“, sagt Tanja, die zwischen Angelos Café und den Fischerbooten steht.
„Ach, doch nicht den Hafen!“, winkt Gina ab, dann erklärt sie: „Der ist doch nur für die Touristen! Wir haben noch einen richtigen Hafen, da, wo auch im Sommer die großen Jachten liegen!“
„Ich darf nicht so weit weg!“, bedauert Tanja. In diesem Moment kommt Maria angeschlendert. „Guten Morgen, Maria! Was macht ihr an dem anderen Hafen?“
„Ich will mich mit Stephano treffen!“, antwortet Maria.
„Tanja darf nicht so weit weg!“, erklärt Gina ihrer Schwester.
„Na vielleicht, wenn Du mit dabei bist!“ Tanja hofft, dass ihre Eltern beruhigt sind, wenn ein fast erwachsenes Mädchen auf sie aufpasst.
„Willst Du nicht mit Gina spielen?“ Maria will ihre nervige Schwester loswerden, um mit Stephano allein zu sein.
Tanja mag Gina, sie hat eh keine Lust, den beiden beim Knutschen zuzusehen. „Dann musst Du meiner Mutter aber erklären, dass Du auf mich aufpasst!“
„Gute Idee! Und ihr geht dann spielen?“ Maria denkt an Stephano, mit dem sie dann ungestört flirten könnte.
„Ja klar!“ Tanja glaubt, ihr Plan könnte gelingen. „Komm, wir sagen es meinen Eltern.“ Schon zieht Tanja das italienische Mädchen auf die Terrasse des Cafés. „Mama, das ist Maria!“, stellt sie das andere Mädchen ihren Eltern vor.
Verwundert schaut Tom das Mädchen an. „Hi, Maria!“
„Buongiorno, mi occuperò di Tanja, andiamo a giocare. Ti dispiace?“, sagt Maria zu Silvia und Tom.
„Hallo Maria!“ Silvia hat, bis auf Tanja, kein Wort verstanden. Sie wendet sich flüsternd an ihre Tochter. „Was hat sie gesagt?“
Maria schaut in zwei fragende Gesichter und wendet sich an Tanja: „I tuoi genitori riescono a capirmi?“
Tanja denkt daran, dass sie die Einzige ist, die beide Sprachen spricht. Zu Maria sagt sie: „Nein, sie sprechen kein Italienisch!“ Dann sagt sie zu ihren Eltern: „Maria passt auf mich auf. Sie will mir einen schönen Spielplatz zeigen!“ Als sie die Skepsis in den Augen ihrer Mutter erkennt, fügt sie hinzu: „Da draußen ist Gina. Auf die muss sie auch aufpassen!“ Tanja zeigt nach draußen zu dem Mädchen in ihrem Alter.
Silvia schaut ihren Mann Tom fragend an und als er nur mit den Schultern zuckt, sagt sie: „Pass aber auf und seid vorsichtig!“ Sie lächelt Maria an und nickt freundlich.
Maria steht nur da und sagt: „Guten Tag, ich Maria!“
Tanja zerrt an Maria. „Komm sie haben nichts dagegen!“
Maria schaut Tanjas Eltern freundlich an und geht mit Tanja raus zu Gina. „Komm, Du darfst heute mit Tanja spielen!“ Die drei gehen durch die Gassen der Altstadt. „Du musst aber auf Gina aufpassen!“, sagt sie zu Tanja.
„Ich kann schon selbst auf mich aufpassen!“, faucht Gina.
„Du machst, was Dir Tanja sagt!“, warnt Maria ihre kleine Schwester. „Ihr müsst hier in der Altstadt bleiben!“ erklärt sie den beiden und versucht dabei sehr streng zu wirken.
„Jaja!“, sagt Gina und erkennt, dass es wohl die bessere Alternative ist.
„Okay! Wann treffen wir uns wieder?“, will Tanja wissen.
Maria sieht die Uhr an Tanjas Handgelenk und vergleicht die Zeit. „Um drei in dem Park, wo wir gestern waren!“, bestimmt Maria.
Tanja ist einverstanden. „Gut, bis dann!“ Schon rennen die beiden Mädchen los und genießen ihre Freiheit.
Gina wohnt in der Altstadt, daher kennt sie sich hier gut aus und weil hier kaum Autos fahren, darf sie nur in der Altstadt spielen. Die beiden rennen um die wenigen Touristen herum und Gina kennt jede Abkürzung durch die vielen Straßencafés hindurch. Überall gehen sie mit ihren Absperrungen auf Kundenfang, doch die beiden Mädchen rennen unter ihnen hindurch und finden auch die engen Lücken. Die beiden haben viel Spaß und lachen miteinander, bis Gina vor einem Abrisshaus stehen bleibt. „Hier hat mal ein Zauberer gewohnt!“, sagt sie zu Tanja.
„Wirklich, ein echter Zauberer?“ Tanja kann es kaum glauben, doch sie liebt magische Geschichten.
Gina zuckt mit den Schultern. „Ich weiß nicht! Alle sagen das!“ Gina schaut sich um. Sie schaut auch auf die wenigen Balkone und als sie niemanden sieht, den sie kennt, sagt sie: „Wollen wir reingehen?“
Tanja schaut sich die alte massive Holztür mit der dicken Kette davor an. „Wie denn? Es ist doch zu!“
„Komm!“ Gina drückt einen Türflügel nach innen, den anderen nach außen, dann schlüpft sie durch den Spalt.
„Warte!“ Tanja schaut sich sicherheitshalber um, dann folgt sie Gina. Sie passt gerade so durch die schmale Öffnung. Um sie herum herrscht tiefe Dunkelheit. Nur durch den schmalen Spalt in der Tür kommt etwas Licht herein. Nach und nach gewöhnen sich ihre Augen an die Dunkelheit und Umrisse werden erkennbar.
Gina nimmt Tanja an die Hand und sie stolpern über den Schutt an einer Treppe vorbei. „Hier geht´s nach oben, da ist aber nichts als Müll!“
Ein schmaler Lichtkegel ist am Ende des Flurs zu sehen. „Was ist denn da hinten?“, fragt Tanja, während sie versucht, nicht über den Schutt zu fallen.
„Das zeige ich Dir!“ Gina tastet sich an der Wand entlang, denn das Licht aus dem Türspalt ist so hell, dass sie nicht viel sehen kann. Gina öffnet die Tür und der Flur wird in gleißendes Licht gehüllt. „Komm!“ Die Mädchen schließen die Augen, weil es plötzlich so hell ist.
„Warte, ich sehe nichts!“ Tanja bleibt kurz stehen, bis sich ihre Augen wieder an das Licht gewöhnt haben. „Wow!“, staunt sie, als sie den kleinen Hof sieht. Aus dem Pflaster heraus wachsen Gras und viele kleine Blumen. Der ganze Hof ist eine einzige, blühende Wiese. „Hat das der Zauberer gemacht?“ Tanja merkt, wie kindisch ihre Frage war, doch sie hat etwas so Schönes noch nie gesehen.
Es ist Frühling und das Unkraut kann hier ungestört wachsen. Es kommt durch jede Ritze und bedeckt den kleinen Innenhof des halbverfallenen Hauses. Der kleine Hof blüht in allen Farben. Weiße, gelbe, rote und lila Blüten sehen die beiden Mädchen. Auch Gina ist überwältigt, obwohl sie es kennt. Zuletzt war sie im letzten Sommer hier, als sie sich vor ihrer Schwester versteckt hat. Den ganzen Nachmittag hat sie nach ihr gesucht. Und nach der Abreibung, die sie vom Vater bekam, hat sie Gina nicht mehr aus den Augen gelassen. Doch die Zeit und die Liebe heilt alle Wunden und so ist Maria jetzt etwas nachlässiger mit ihrer kleinen Schwester und lässt sie auch mal allein, so wie heute. Gina legt sich in die Blumen hinein und sagt zu Tanja: „Du musst Dich hinlegen und die Augen schließen!“
Tanja schaut zu Gina, die bereits ihre Augen zu hat. Sie fragt sich, warum sie das tun soll, wo doch alles so schön blüht. Tanja möchte die schönen Blumen nicht kaputt machen und so legt sie sich ganz behutsam neben Gina und schließt die Augen. „Und was ist jetzt?“, fragt sie das Mädchen neben ihr.
„Psst! Du musst ganz leise sein und die Augen zumachen!“, flüstert Gina.
Tanja schließt wieder ihre Augen und wird ganz ruhig. Plötzlich steht sie in einem großen Garten. Tanja schaut sich um. Sie kann die Mauern des Hofes nicht mehr sehen, dafür ist eine Steinwand hinter ihr und vor ihr eine blühende Wiese und dahinter ein Wald. Tanja ist überwältigt von der Schönheit der Natur. Sie läuft zu einem Baum, an dem Früchte hängen, die sie noch nie zuvor gesehen hat. Da sie aber so ähnlich wie kleine Gurken aussehen, pflückt sie eine ab. Beherzt beißt sie zu, weil sie Gurken doch so sehr mag. Es schmeckt, wie das Eis aus der Gelateria, doch es ist nicht so kalt. Der süße Geschmack verteilt sich auf ihrer Zunge. Tanja hat noch nie etwas so Leckeres gegessen. Die Frucht ist so weich wie warme Schokolade, doch schmeckt sie viel besser. „Oh Gina, ist das lecker!“ Gina ist nicht zu sehen, wo ist sie nur? Tanja schaut in alle Richtungen, plötzlich steht ein junger Mann vor ihr, er ist hochkonzentriert, als ob er an etwas anderes denkt. Er ist schon erwachsen, so wie ihr Papa, doch ist er nur so groß, wie sie.
„Komm, Tanja! Lass uns gehen!“, sagt der kleine Mann.
Tanja spürt plötzlich etwas an ihrer Hose. Etwas wurde ihr in die Tasche gesteckt. „Was ist das?“ Der kleine Mann schaut sie fragend an. „Wohin gehen wir?“, will sie von ihm wissen.
„Komm, wir gehen zu…“, da verschwindet er wieder.
„Was? Wo bin ich?“ Tanja schaut sich um. Sie liegt auf dem kleinen Hof, inmitten des blühenden Unkrauts. Ihre Uhr piept und hat sie wohl aus ihrem Traum geweckt. Tanja schaltet den Alarm ab, dabei bemerkt sie etwas Hartes in ihrer Hosentasche. Sie greift in die enge Jeanstasche und holt einen verrosteten Schlüssel heraus. „Wo kommt der denn her?“ Was ist hier gerade passiert?
„Hast Du auch dieses Kribbeln gespürt?“, fragt Gina, die gerade wach wird.
„Kribbeln? Ich war in einem Garten!“ Tanja hat noch diesen süßen Geschmack im Mund. „Ich habe Obst gegessen, das war so lecker!“, schwärmt sie.
„Du hast aber einen schönen Traum gehabt! Bei mir hat es nur so schön gekribbelt!“ Gina lacht und steht auf. Sie zeigt auf Tanjas Uhr und sagt: „Wir müssen wohl los?“
Tanja schaut auf ihre Uhr. Sie sind vor gut drei Stunden losgegangen. „Oh ja! Es ist bald Drei!“ Ist sie eingeschlafen und hat das alles nur geträumt? Sie steckt den Schlüssel ein. „Was ist hier passiert?“, fragt sie verwundert Gina, die schon im Flur steht und ihr die Tür aufhält.
„Wir sind eingeschlafen! Was hast Du denn geträumt?“
„Das war kein Traum.“ Tanja ist verwirrt und folgt Gina durch den dunklen Flur zu dem Tor, das auf die Straße führt. Die beiden Mädchen zwängen sich durch die Holzflügel, dann rennen sie quer durch die Gassen zu dem kleinen Park, wo sie sich mit Maria treffen sollen. Im Park setzen sie sich auf eine Bank in der Sonne und warten auf Maria. „Wovon hast Du denn geträumt?“, fragt Tanja.
„Keine Ahnung! Ich vergesse immer gleich, was ich träume!“ Gina zuckt mit den Schultern und hält nach Maria Ausschau. Sie ist froh, dass sie vor ihr da ist.
„Ja, ich vergesse auch immer gleich meine Träume!“ Doch dieses Mal war es anders. Tanja kann sich an jedes Detail erinnern und in ihrer Hosentasche spürt sie den Schlüssel. Hätte dieser blöde Wecker sie nicht aus diesem Traum gerissen, wüsste sie auch, wofür er da ist und wohin dieser kleine Mann mit ihr gehen wollte.
„Hey, ihr seid ja pünktlich!“, freut sich Maria, doch dann kommen ihr Zweifel. „Habt ihr was angestellt?“
„Nein, wir haben nur gespielt!“, tut Gina unschuldig.
„Wart ihr etwa wieder in diesem Haus?“ Maria schaut Gina fordernd an. Maria erkennt, wenn Gina lügt und noch bevor sie etwas sagen kann, stellt sie fest: „Ihr wart in diesem Abrisshaus! Gina, Du weißt, dass Du da nicht reingehen darfst! Hat euch jemand gesehen?“ Maria weiß, was ihr blüht, wenn ihr Vater das herauskriegt.
„Warst Du schon mal da drin?“, will Tanja wissen.
Während Maria mit dem Kopf schüttelt, sagt Gina lachend: „Da passt sie nicht durch, weil sie zu dick ist!“
„Ich bin nicht zu dick!“ faucht Maria ihre vorlaute Schwester an. „Ich bin schließlich ein paar Jahre älter!“
„Ich konnte mich da durchzwängen!“, prahlt Tanja.
„Ihr dürft da nicht rein!“, mahnt Maria. „Sag niemand, dass ihr da drinnen wart!“
„Es ist doch nichts passiert!“, wertet Tanja ab.
„Sie ist nur sauer, weil sie nicht durch die Tür passt!“
„Gina, Du weißt genau, Dass Du gewaltigen Ärger bekommst, wenn Papa davon erfährt!“
„Wenn Du es ihm sagst, kriegst Du genauso viel Ärger!“
Maria weiß, dass Gina recht hat. Sie will von den beiden wissen: „Was ist bloß so besonders an dieser Ruine? Was macht ihr da?“
„Wir haben uns in den kleinen Innenhof gelegt und sind eingeschlafen. Zum Glück habe ich mir den Alarm eingestellt!“, sagt Tanja.
„Ihr habt geschlafen? Willst Du mich verarschen?“ Maria ist sauer. So viel Ärger, weil ihre Schwester ein Nickerchen macht? „Ich glaub euch kein Wort!“
Tanja wollte schon von ihrem Traum erzählen, doch jetzt sagt sie lieber nichts davon. „Na nicht so richtig geschlafen, wir haben eher nur so dagelegen.“, relativiert Tanja.
„Ihr meint wirklich, ich soll euch das glauben? Kommt, wir müssen zu Angelos Café!“ Maria geht mit Gina und Tanja zum alten Hafen und tatsächlich sitzen die Eltern von Tanja immer noch in dem Café. „Guten Tag!“, sagt Maria zu ihnen, denn das ist alles, was sie auf Deutsch sagen kann, dann geht sie mit Gina weiter.
„Ciao, Tanja!“, ruft Gina.
„Hallo, Mama!“ Tanja setzt sich zu ihren Eltern. „Krieg ich ein Eis?“, fragt sie gleich.
„Geh Dir eins bestellen, Du machst das besser als ich!“, sagt ihr Vater.
Tanja geht zu Angelo und stellt sich ihre Lieblingssorten zusammen, dann wartet sie am Tisch, bis er das Eis mit viel Sahne serviert. „Hast Du die Stadt erkundet?“, fragt Angelo.
„Eigentlich nur ein Haus!“, antwortet sie auf Italienisch, sodass ihre Eltern dem Gespräch nicht folgen können. „Gina hat erzählt, dass dort mal ein Zauberer gewohnt hat. Kennst Du es?“
„Ja, wer kennt es nicht! Warst Du drinnen?“ Angelo kennt die Geschichte des Hauses.
„Ja, wir haben gerade so durch die Tür gepasst!“, gibt Tanja lachend zu und löffelt die Sahne vom Eis herunter.
„Und, hast Du seine Magie gespürt?“, fragt Angelo mit breitem Grinsen.
Überrascht sagt Tanja: „Ja, ich glaube, das habe ich!“
„Oh, das können nur ganz besondere Kinder!“, lächelt Angelo und richtet sich dann an Tanjas Eltern: „Noch eine Cappuccino?“
„Danke, Angelo! Wir haben genug! Bringe uns bitte die Rechnung!“, sagt Silvia.
„Si donna, Rechnung komme sofort!“ Angelo zwinkert Tanja zu und geht dann die Rechnung holen.
„Was habt ihr beiden denn ausgeheckt?“, fragt Silvia, nachdem sie sein Zwinkern gesehen hat.
Das will Tanja nicht verraten. „Oh, er hat mir gesagt, dass ihr seine Lieblingsgäste seid!“, was Besseres fiel ihr so schnell nicht ein.
„Das kann ich mir vorstellen!“, sagt Tom. „Wir sitzen ja schon den ganzen Tag bei ihm!“
„Es ist aber auch so schön entspannend bei ihm!“, fügt Silvia verträumt hinzu, bezahlt die Rechnung und gibt dem netten Italiener noch ein üppiges Trinkgeld.
„Morgen wollen wir an den Strand fahren! Es soll richtig warm werden!“, sagt Tom zu Tanja.
„Au fein! Kann ich auch baden gehen?“ Tanja freut sich.
„Du kannst es ja versuchen, aber das Meer ist noch sehr kalt!“, sagt Tom.
Tanja liebt den Strand und noch viel lieber spielt sie im Wasser. Die drei gehen kurz in ihre Unterkunft und dann unternehmen sie einen langen Spaziergang durch die Altstadt. Irgendwann kommen sie auch an der Ruine vorbei, die Tanja vor einigen Stunden mit Gina besucht hat. „Da sind Maria und Stephano!“ Tanja freut sich, die beiden wiederzusehen. Sie stehen am Eingang und versuchen das alte Schloss zu öffnen. „Was macht ihr da? Wollt ihr jetzt selbst hinein?“, fragt Tanja die beiden.
„Stephano will die Kette enger machen, damit Gina nicht mehr hindurch schlüpfen kann!“, antwortet Maria.
„Das finde ich gemein! Ihr macht das nur, weil ihr da nicht durch passt!“, antwortet Tanja enttäuscht.
Stephano schaut auf und sagt: „Was geht’s Dich an!“ Er sieht Tanjas Eltern und sagt höflich: „Guten Tag, ich bin Stephano!“, dann mustert er Silvia und lächelt sie charmant an. „Oh, schöne Frau, möchtest Du mit mir tanzen?“
Silvia fühlt sich geschmeichelt, von einem so jungen Mann ein Kompliment zu bekommen. Gern würde sie auf seine Masche hereinfallen, doch ihr Mann steht neben ihr. „Hallo, Stephano! Das ist nett von Dir, vielleicht ein andermal!“ Sie kann verstehen, warum ihre Tochter so an den beiden hängt. Stephano sieht einfach zum Anbeißen aus. Sie ist sich sicher, dass Tanja mit ihm flirtet. Doch sie ist viel zu jung dafür und außerdem hat er eine Freundin, die sehr hübsch ist. „Komm Tanja, lass die beiden allein!“ Silvia mag die italienische Sprache. Sie glaubt, jeder lächelnde Italiener flirtet mit ihr.
„Ich war mit Gina in dem Haus! Mama, da hat mal ein Zauberer gewohnt!“, sagt Tanja, als sie weitergehen.
Silvia ist mit ihren Gedanken noch bei dem jungen Italiener. „Er ist nett, dieser Stephano!“
„Ach Mama, das sagt er doch zu allen Frauen. Er kann kein Deutsch! Er plappert nur nach, was er von seinem großen Bruder aufschnappt!“, erklärt Tanja.
Ihr Vater hört genau hin, denn er weiß, dass er auf seine Silvia aufpassen muss. „Wie alt ist eigentlich Stephano?“
„Fünfzehn!“, antwortet Tanja. „Mach Dir keine Sorgen, Papa, er will nichts von Mama!“
„Was?“ Silvia wird aus ihren Gedanken gerissen. „Ach, was ihr gleich denkt! Er ist doch nur nett!“ Alle lachen.
„Was habt ihr denn in dem Haus gemacht?“, fragt Tom, nach einer Weile.
„Gar nichts weiter, wir haben uns auf die Blumen im Hof gelegt und geträumt!“, antwortet Tanja.
„Ihr habt geträumt?“, fragt Silvia. „Wie meinst Du das?“
„Ich habe von einem kleinen Mann geträumt und ich habe diesen Schlüssel hier bekommen!“ Tanja hält ihr den alten Schlüssel hin.
Jetzt hat Tanja ihre Aufmerksamkeit. Sie bleibt stehen und kniet sich zu Tanja herunter. „Was war das für ein Mann? Bist Du Dir sicher, dass Du nur geträumt hast?“ Silvia hofft inständig, dass es nicht irgendein Perverser war.
„Ja, Mama, ich hatte mir doch extra den Alarm eingestellt, damit wir wieder pünktlich zurück sind und der hat mich dann geweckt!“, erzählt Tanja.
„Und als Du aufgewacht bist, war dieser Mann nicht mehr da?“ Silvia muss Gewissheit haben, sie hat schon so oft von diesen Pädophilen gehört, die Kinder missbrauchen, entführen oder gar töten.
„Ja, er war weg und konnte mir nicht mehr erzählen, wofür dieser Schlüssel ist!“ Tanja schaut auf den Schlüssel und dreht sich um, doch sie sind schon zu weit, sie kann das Haus nicht mehr sehen. Tanja hat eine Idee, passt der Schlüssel womöglich in das alte Vorhängeschloss an der Kette? Tanja steckt den Schlüssel ein und beschließt, später ihrer Vermutung nachzugehen.
Silvia ist nun beruhigt, ihre Tochter hat wohl tatsächlich nur geträumt. Später, als sie eine Pause an einem großen Springbrunnen machen, sagt sie: „Du sag mal, dieser Stephano, will der was von Dir?“ Als ihre Tochter nur die Augen verdreht, fügt sie hinzu: „Er ist ja ganz süß, doch weißt Du, er ist doch viel zu alt für Dich!“ Silvia muss ihre Tochter unbedingt über diese Jungs aufklären. Sie weiß, dass sie an diesen Orten den Touristen den Kopf verdrehen und nachher nichts mehr von ihnen wissen wollen. Früher ist sie dieser Masche auch erlegen.
„Ach Mama, er ist doch in Maria verliebt! Er will, dass sie seine Freundin ist.“, erklärt Tanja.
„Wollte Maria nicht auf euch aufpassen? War sie denn mit in der Ruine?“, Silvia bekommt so langsam alle Puzzleteile zusammen.
„Ach was, sie passt doch nicht durch die Tür!“
„Soll das heißen, Du hast auf die Kleine aufgepasst, damit sich Maria mit diesem Stephano vergnügen kann?“
„Ich hab doch nicht auf Gina aufgepasst! Wir haben zusammen gespielt! Maria wollte zu Stephano, doch Gina darf nicht zum Hafen, deshalb sind wir ja auch in der Altstadt geblieben!“, erklärt Tanja. Sie versteht nicht, dass sie Maria nur ausgenutzt hat, schließlich hatte sie ja viel Spaß mit Gina.
„Dieses kleine Miststück!“, denkt Silvia laut. „Ich habe gedacht, sie will auf euch aufpassen, doch dabei hat sie nur ihre kleine Schwester auf Dich abgeschoben!“, erklärt sie ihrer Tochter.
„Ach Mama, Gina kennt sich doch hier aus! Maria braucht doch gar nicht auf uns aufzupassen!
Tom hat sich derweil eine Infotafel angesehen und entdeckt nun die beiden vor dem Springbrunnen. „Hey, bleibt genau so stehen!“ Er holt seinen Fotoapparat hervor und visiert die beiden an, dann setzt er ihn wieder ab. „Was ist los? Ihr solltet genauso strahlen wie die Sonne!“ Er schaut wieder durch den Sucher und nun lachen seine Mädels mit der Sonne um die Wette. „Tanja, stell Dich doch mal hinter Deine Mutter und das Lachen nicht vergessen!“, mahnt er, denn Silvia verzieht schon wieder das Gesicht. Sie mag diese gestellten Bilder nicht.
Silvia lacht und Tanja steht hinter ihr auf dem Rand des Brunnens. „Das muss jetzt aber reichen, Tom!“ Silvia hilft ihrer Tochter von dem Brunnen herunter und dann gehen die drei weiter, bis Silvia vor einem Schuhgeschäft stehen bleibt und schon etwas entdeckt. „Da muss ich rein!“, teilt sie ihrer Familie mit. „Tanja, kommst Du mit rein oder willst Du bei Papa bleiben?“
„Geh nur, ich bleib bei Papa!“ Nachdem ihre Mutter im Laden verschwunden ist, holt Tanja den Schlüssel heraus. „Du Papa, ist der von einem Vorhängeschloss oder passt der in eine richtige Tür.
Tom nimmt ihr den Schlüssel ab und schaut ihn sich genauer an. Er ist recht einfach gehalten, sein Bart ist nur wenig verschlungen. „Kann schon sein, dass der von einem alten Vorhängeschloss ist. Woher hast Du ihn denn?“
Tanja nimmt ihre Trophäe wieder zurück und antwortet: „Den habe ich nach meinem Traum in der Hosentasche gehabt!“
Tom grübelt, was sie damit wohl meint. „Hast Du es nur geträumt oder gab es diesen Mann wirklich?“
„Ich habe von einem kleinen Mann geträumt, der mir was zeigen wollte und als ich aufgewacht bin, hatte ich den Schlüssel in meiner Tasche!“, erklärt sie erneut ihr Abenteuer in der Ruine.