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Das Sakrament E-Book

Tim Willocks

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Beschreibung

Malta 1565 - die letzte Bastion der Christenheit im Kampf gegen die Türken. Die Insel wird von den Türken belagert. Nur ein Mann, so scheint es, kann den Christen noch helfen: Der Deutsche Mattias Tannhäuser wurde als Zwölfjähriger von den Türken entführt und ist bei ihnen aufgewachsen. Er kennt ihre Kultur und ihre Waffen. Um ihn auf die Insel zu locken, schickt der Großmeister des Malteser Ordens die schöne Contessa Clara nach Sizilien, wo Tannhäuser mit einem jüdischen Freund erfolgreich Handel treibt. Schafft die Contessa es, Tannhäuser nach Malta zu locken, darf sie ihn auf die Insel begleiten, auf der ihr verlorener Sohn lebt.

Kaum hat sich Tannhäuser entschieden, den Christen zu helfen, wird sein Haus zerstört, sein Freund gefoltert - die Inquisition ist ihm auf den Fersen. Der Inquisitor Ludovico versucht mit aller Macht, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Was Tannhäuser auf Malta finden könnte, würde den Untergang der Inquisition bedeuten ...

Ein vielschichtiger, raffiniert konstruierter historischer Roman, der alle bisherigen Dimensionen sprengt: Ein Mann, der es gewohnt ist, mit dem Schwert zu kämpfen, muss erkennen, dass es Feinde gibt, die gefährlicher sind als die Waffen einer ganzen Armee.

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Seitenzahl: 1249

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Tim Willocks

DAS SAKRAMENT

Roman

Aus dem Amerikanischenvon Ulrike Seeberger

Impressum

Titel der Originalausgabe

The Religion

ISBN 978-3-8412-0631-2

Aufbau Digital,

veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, August 2013

© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin

Die Originalausgabe erschien 2006 bei Rütten & Loening, einer Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG

Copyright © by Tim Willocks

Published by Arrangement with Tim Willocks

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas

Schlück GmbH, 30827 Garbsen.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z. B. über das Internet.

Originalcover Umschlaggestaltung und Illustration grimm.design,

grafische Adaption Mediabureau Di Stefano, Berlin

E-Book Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, www.le-tex.de

www.aufbau-verlag.de

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Innentitel

Inhaltsübersicht

Informationen zum Autor/zur Übersetzerin

Impressum

Inhaltsübersicht

PROLOG

In den Fogarasch-Bergen – Auf der ostungarischen Steppe

TEIL I

Im Kastell St. Angelo – In Birgu – Auf Malta

In der Villa Saliba – In Messina – Auf Sizilien

In der Taverne »Zum Orakel« – In Messina – Auf Sizilien

In der Taverne »Zum Orakel« – Am Tor von Messina – In den Neptun-Bergen

In der Abtei von Santa Maria della Valle

Im Gästehaus der Villa Saliba

Auf der Straße nach Messina – In der Taverne »Zum Orakel«

Auf der Straße nach Syrakus

Am Hafen von Messina – Auf der Couronne

In der Kalkara-Bucht – In Birgu – Auf Malta

In der Herberge der englischen Zunge

Auf der Bastion von Kastilien – Auf der Bastion von Italien – Auf der Bastion der Provence

Auf der Anhöhe von Santa Margharita – Auf der Großen Ebene

TEIL II

Im Kloster Santa Sabina – In Rom

Im Hafen – In Birgu

In der Herberge von England – In den Außenbezirken – Im Kastell St. Angelo

Auf der Piazza vor dem Hospital – Im Kastell St. Angelo

In Mdina

Am Galgenpunkt

Im Heiligen Hospital – In der Herberge von England

In Zonra – In Marsaxlokk – In der Herberge von England – Am Kai

Am Schrein Unserer Lieben Frau von Philermo – In der Herberge von England – Im Kastell St. Angelo

In der Herberge von England – Bei der Überfahrt – Auf dem Ehrenposten

Im Laufgraben – Im Burghof – Auf dem Damm

Im Niemandsland

In St. Elmo – Auf dem Außenwerk – Im Solar – Am Kai

Auf Amparos Felsen

In St. Elmo – Auf den Befestigungswällen – In der Schmiede

In Birgu – In St. Elmo

In St. Elmo – In St. Angelo – Im Festungshof

Der Fall von St. Elmo

Im Kastell St. Angelo – In der Herberge von England

An der Hafenmauer – Am Kalkara-Tor – Im Ehrwürdigen Rat

TEIL III

In der Festung von St. Michael – L’Isla

In Birgu – Im Hospital – In der Herberge von England

Auf der Marsa-Ebene – Im rosa Pavillon – In der Bucht von Marsamxett

Auf der Höhe von Santa Margherita – Auf der Straße nach Mdina – Auf dem Monte Salvatore

TEIL IV

Auf dem Posten von Italien – In der Festung St. Michael

In der Bastion von Deutschland – In der Wanne – In der Bastion von Kastilien

Am Posten von Kastilien – Beim Feuer in der Ruine

In der Herberge von England – In der Bastion der Provence

Auf den Anhöhen des Corradino

In den Stallungen des Großmeisters – In der Herberge von England

Im Obersten Rat – Im Kastell St. Angelo

In Birgu – Auf dem Monte San Salvatore

Auf der Bastion von Deutschland – Im Heiligen Hospital – Am Posten von Kastilien

Am Kalkara-Tor – In der Guva

TEIL V

Im Gerichtshof – In der Oubliette

Im Gerichtshof

In der Guva

In der Verkündigungskirche – In San Lorenzo – Im Gerichtshof

Auf der Großen Ebene – Auf den Naxxar-Anhöhen – In der St.-Pauls-Bucht

Am Paß von Naxxar – Auf den Anhöhen des Corradino

In Mdina

In Hal Saflieni

EPILOG

Leseprobe aus »Die Blutnacht«

PROLOG

DER DEWSCHIRME

In den Fogarasch-Bergen – Auf der ostungarischen Steppe

1540 IM FRÜHJAHR

Eines Nachts trugen ihn die purpurroten Reiter mit sich fort – weit weg von allem, was er kannte. Der Vollmond stand im Zeichen des Skorpions, seinem Geburtszeichen, und das Licht leuchtete den Teufeln den Pfad zu seiner Tür. Wenn sich die Kriegshunde nicht verirrt hätten, wäre der Junge niemals gefunden worden, und Liebe und Frieden hätten ihn sein Leben lang begleitet. Aber so ist nun einmal das Schicksal in Zeiten des Aufruhrs. Und wann hätte es jemals eine Zeit ohne Aufruhr gegeben? Wann war nicht der Krieg die Brutstatt alles Bösen? Wer trocknete die Tränen der Namenlosen, wenn sogar Märtyrer und Heilige in ihren Grabmälern liegen und schlafen? Ein König war gestorben, sein Thron war bitter umkämpft, und Kaiser fochten miteinander wie Schakale um ein Aas. Wenn sich schon Kaiser wenig um die Gräber scheren, die sie ringsum hinterlassen, warum sollte es ihre Diener mehr kümmern? Wie der Herr, so die Knechte, sagen die Weisen.

Der Junge hieß Mattias und war zwölf Jahre alt. Seine Familie waren sächsische Schmiede, die der wandernde Großvater in ein Tal in den Karpaten verpflanzt hatte, in ein Dorf, das für niemanden von Belang war, außer für die Menschen, die es ihr Zuhause nannten. Mattias schlief beim Herdstein in der Küche und träumte von Feuer und Stahl. Bereits vor der Dämmerung wachte er auf. Sein Herz pochte ihm wie ein wilder Vogel in der Brust. Er schlüpfte in die Stiefel und zog sich den Mantel über. Ganz leise, weil zwei Schwestern und die Mutter nebenan schliefen, holte er Holz und entfachte aus der Glut im Kamin Flammen, damit die Wärme die Mädchen beim Aufstehen begrüßen würde.

Wie alle Erstgeborenen seiner Familie war Mattias ein Schmied. An diesem Tag wollte er einen Dolch zu Ende schmieden, und der Gedanke an dieses Vorhaben erfüllte ihn mit Freude. Er nahm ein brennendes Scheit aus dem Kamin und stahl sich auf den Hof. Die scharfe Nachtluft strömte in seine Lungen. Ringsum wurde die Welt vom Mondlicht in schwarze und silberne Farben getaucht. Über dem Bergkamm zogen die Sterne ihre Bahnen. Mattias suchte bekannte Formen und benannte sie flüsternd. Die Jungfrau. Der Bärenhüter. Kassiopeia. Weiter unten auf den Berghängen zeichneten Streifen gleißender Helle den verzweigten Lauf des Bergbachs nach. Unterhalb der Wälder schwebten die Weiden im Dunst. Auf der anderen Seite des Hofs stand die Schmiede des Vaters wie ein Tempel für einen unbenannten Propheten. Der Feuerschein auf ihren hellen Steinmauern versprach Zauber, Wunder und Taten, die niemand je vollbracht hatte.

Wie es ihn sein Vater Kristofer gelehrt hatte, bekreuzigte sich Mattias auf der Schwelle und flüsterte ein Gebet zum heiligen Jakobus. Sein Vater war unterwegs, beschlug Pferde und schärfte Gerätschaften auf den Bauernhöfen und in den Herrenhäusern. Würde er bei seiner Rücckehr zornig werden, wenn er herausfand, daß Mattias drei Tage für einen Dolch verschwendet hatte? Anstatt Angelhaken oder eine Säge oder eine Sense zu schmieden – Dinge, für die man jederzeit Käufer fand? Nein, nicht, wenn die Klinge perfekt geworden war. Dann wäre sein Vater stolz auf ihn.

Die Schmiede roch nach Ochsenhuf und Meersalz, nach Pferden und Kohle. Der Feuertopf war bereit, wie er ihn am Vorabend hinterlassen hatte, und bei der ersten Berührung mit dem brennenden Holzscheit loderten die Kienspäne auf. Mattias betätigte den Blasebalg und gab die am Vortag verkokste Kohle auf das Feuer, baute es auf, bis die brennende Holzkohle zwei Fingerbreit auf der Spitze des Blasebalgrohres lag. Dann zündete er die Lampe an und nahm seine Klinge aus der Asche, in der er sie über Nacht vergraben hatte.

Zwei Tage hatte er gebraucht, um den Stahl zu begradigen und zu härten, sechs Fingerbreit in der Klinge und vier im Heftzapfen. Messer hatte er schon vorher gemacht, aber dies war sein erster Dolch. Das Schmieden des starken Grats forderte ein Vielfaches an Geschick. Mattias blies die letzte Asche fort und schaute an den Schrägen entlang, konnte weder Verwerfungen noch Verdrehungen entdecken. Mit einem feuchten Lappen wischte er die Klinge sauber und glättete beide Oberflächen mit Bimsstein. Dann polierte er sie mit Schmirgelpulver und Butter, bis sie dunkelblau glänzte. Nun würde seine Kunst beim Härten auf die Probe gestellt werden.

Auf die Unterlage aus Holzkohle häufte er einen Viertel Fingerbreit Asche auf, darauf legte er die Klinge. Anschließend beobachtete er, wie sich die Farbe langsam im Stahl ausbreitete, drehte die Klinge mehrmals herum, damit die Hitze gleichmäßig blieb. Als die Schneiden so hell glühten wie frisches Stroh, zog er die Klinge mit der Schmiedezange heraus und stieß sie in einen Eimer mit feuchter Erde. Beißende Dämpfe stiegen auf, und der Geruch machte ihn beinahe trunken. Bei diesem ersten Abschrecken, so hatte es ihm der Großvater beigebracht, erhob die Klinge im Augenblick ihrer Geburt Anspruch auf die Macht aller vier Elemente: Erde, Feuer, Wasser und Luft. Eine solche Klinge würde vieles überdauern. Mattias schichtete in der Esse wieder das Bett aus Holzkohle auf, legte die Asche darüber und nahm den Deckel vom Gefäß für die zweite Abschreckung, einem Eimer mit Pferdepisse. Er hatte ihn erst am Vortag gefüllt, vom schnellsten Pferd des Dorfes gesammelt.

»Darf ich zuschauen, Mattie?«

Einen Augenblick lang ärgerte ihn die Stimme seiner Schwester. Das war seine Arbeit, sein Ort, ein Ort für Männer, nicht für fünfjährige Mädchen. Aber Britta betete ihn an … Mattias bemerkte, wie ihre Augen aufleuchteten, wenn sie ihn anschaute. Sie war die Jüngste in der Familie. Der Tod zweier kleiner Brüder blieb Mattias stets im Gedächtnis. Vielleicht weniger ihr Tod als die Erinnerung an den Schmerz seiner Mutter und die stumme Trauer seines Vaters. Als er sich zu seiner Schwester umdrehte, war sein Zorn schon verraucht, und er lächelte, wie er Britta in der Tür stehen sah und ihre Silhouette sich puppenhaft vor dem ersten grauen Licht der Morgendämmerung abzeichnete. Sie trug ein Nachthemd und Holzpantinen und umfaßte die dünnen Ärmchen mit den Händen, weil sie vor Kälte zitterte. Mattias zog seinen Mantel aus, ging zu ihr und legte ihr den Stoff um die Schulter. Dann hob er sie auf die Salzsäcke bei der Tür.

»Von da aus darfst du zuschauen, solange du nicht ans Feuer herangehst.« Dieser Handel behagte ihr offensichtlich nicht, aber sie muckte nicht auf. »Schlafen Mama und Greta noch?« fragte er.

Britta nickte. »Ja, aber die Hunde im Dorf bellen. Da habe ich Angst bekommen.«

Mattias lauschte. Tatsächlich, von unten im Tal ertönte ein Knurren und Bellen. Er war so auf das Knistern des Feuers in der Esse konzentriert gewesen, daß er nichts davon gehört hatte.

»Sie müssen einen Fuchs gefunden haben«, sagte er.

»Oder einen Wolf.«

Er lächelte. »Wölfe kommen nicht mehr hierher.«

Mattias wandte sich wieder seiner Klinge zu. Sie war nun so abgekühlt, daß man sie anfassen konnte. Er wischte sie sauber, legte sie noch einmal auf das Feuer. Er war beinahe versucht, erneut den Blasebalg zu betätigen, denn er liebte es, wie die Kohlen dann zu wildem Leben erwachten. Doch wenn die Temperatur zu schnell anstieg, wurde der Stahl vielleicht im Kern geschwächt. Also widerstand er der Versuchung.

»Warum kommen die Wölfe nicht mehr hierher?«

Mattias drehte die Klinge um. »Weil sie sich vor uns fürchten.«

»Warum fürchten sich die Wölfe vor uns?«

Die Kanten liefen in einem dunklen Braun an, wie Rehe im Herbst. Er packte die Klinge mit der Zange, drehte sie noch einmal um. Ja, die Farbe war noch gleichmäßig, breitete sich weiter aus, mit einem tiefen Violett am Grat der Klinge und am Heftdorn. Nun war es Zeit für die zweite Abkühlung. Er zog die Klinge aus der Esse und stieß sie in den Urin. Das Zischen war wie eine Explosion, und er mußte das Gesicht von dem beißenden Dampf abwenden. Sogleich begann er ein Ave Maria zu beten. Auf der Hälfte fiel auch Britta ein, stolperte aber über die lateinischen Wörter. Mattias betete allein weiter, maß die Zeit für die Abkühlung am Takt des Gebets. Als er fertig war, zog er den rauchenden Stahl aus dem ätzenden Gebräu, steckte ihn wieder in den Aschenkasten und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

Die zweite Härtung war vollendet. Mattias hoffte, daß sie gut genug verlaufen war. Der Urin würde auf das Metall übergehen und ihm seine Schärfe bewahren. Vielleicht würde auch die Leichtfüßigkeit des Pferdes den Dolch auf seinem Weg zum Ziel beschleunigen. Für das dritte Härten, den magischsten Vorgang, würde Mattias die glühende Klinge auf das üppige grüne Gras beim Gemüsegarten tragen und es dort mit dem frisch gefallenen Morgentau abschrecken. Kein Wasser war reiner, denn niemand hatte diese Tropfen je fallen sehen, selbst wenn er über Nacht Wache gestanden hätte. Manche glaubten, es seien die Tränen, die Gott über seine schlafenden Geschöpfe vergoß. Durch diesen kühlenden Tau würde der Geist des Berges selbst in das Herz des Dolches eingehen. Mattias schob die Härtezange in die Kohlen und fachte das Feuer an, bis die Enden gelbrot glühten.

»Mattie, warum fürchten sich die Wölfe vor uns?«

»Weil sie Angst haben, daß wir sie jagen und töten.«

»Warum sollten wir das tun?«

»Weil sie unsere Schafe reißen. Und weil ihre warmen Felle uns vor dem Winter schützen. Deswegen trägt doch Vater einen Wolfspelz.«

»Hat er den Wolf getötet?«

Kristofer hatte ihn tatsächlich getötet, aber diese Geschichte war nichts für ein kleines Mädchen. Mattias wischte die Asche von der Klinge und legte sie ans Feuer. Nun mußte er der Klinge seine größte Aufmerksamkeit widmen. Er sagte: »Warum singst du mir nicht ein Lied vor? Dann wird dein Lied zu einem Teil des Stahls, und dann ist es genauso deine wie meine Klinge.«

»Welches Lied? Schnell, Mattie, welches Lied?«

Er schaute ihr ins Gesicht und sah, wie begeistert sie war. Einen Augenblick lang überlegte er, ob er mit diesem Vorschlag die Klinge auf immer dazu bestimmt hatte, ihre zu sein, zumindest in ihren Gedanken.

»Der Rabe«, sagte er.

Dieses Lied sang ihre Mutter für sie, und Britta hatte große Verwunderung erregt, als sie mit nur drei Jahren alle Strophen mit ihrer Piepsstimme mitgeträllert hatte. Das Lied handelte von einem Prinzen, den eine eifersüchtige Stiefmutter in einen Raben verzaubert hat, und von der Prinzessin, die das Leben ihres einzigen Kindes aufs Spiel setzt, um ihn zurückzuverwandeln. Trotz aller finsteren Taten war es schließlich doch eine glückliche Geschichte, wenn Mattias auch nicht mehr so daran glaubte wie früher. Britta jedoch sah noch jedes Wort als Wahrheit an. Sie begann mit ihrer hohen, bebenden Stimme zu singen. Mattias war froh, daß er sie um das Lied gebeten hatte, denn sein Vater Kristofer hatte ihm gesagt, daß niemand das Geheimnis des Stahles vollständig zu ergründen vermochte. Wenn eine Klinge, die während eines Schneesturms geschmiedet wurde, anders war als eine in der Sonne geschmiedete – und wer wollte das bezweifeln? –, dann würde doch gewiß auch ein so süßer Klang wie Brittas Gesang seine Spuren hinterlassen.

Während seine Schwester sang, legte Mattias sein ganzes Können in die letzte Härtung. Er schreckte die Griffe der Härtezange ab und zog ihre glühenden Backen über den Grat des Dolches. Als der Grat ein tiefes Dunkelblau angenommen hatte, arbeitete er am Heftdorn und am Ricasso weiter, bis sie noch dunkler waren. Der äußersten Spitze der Klinge gab er eine blaßblaue Temperierung, so daß sie aussah wie der Himmel am frühen Neujahrsmorgen. Derweil er arbeitete, sang Britta ihr Lied, der Rabe gewann das Herz der Prinzessin, und in seinem Herzen wußte Mattias, daß sein Vater auf diese Klinge stolz sein würde. Er ließ die erhitzte Zange ins Wasser fallen und nahm eine kalte auf. Wieder schichtete er die Holzkohlen auf, verteilte die Asche darauf und legte die Klinge auf die Kohlen, die Spitze auf einen rohen Klumpen Holzkohle. Sobald die Schneiden in der Haarfarbe seiner Mutter erglühten – in einem wilden Bronzeton –, würde Mattias die Klinge in den Tau tragen und den Augenblick der Wahrheit erleben. Er beobachtete den Stahl, als hinge sein Platz im ewigen Leben davon ab. Dann plötzlich fiel ihm auf, daß seine Schwester aufgehört hatte zu singen.

Über die Schulter rief er: »Britta, sing weiter! Wir sind beinahe fertig.«

Tatsächlich: Die Farbtöne änderten sich, stiegen auf wie das Gold der Alchemisten. Auf einmal wußte Mattias, daß die Stimme seiner Schwester ihm helfen würde, eine wahrhaftig ganz außergewöhnliche Klinge zu schmieden, doch noch immer blieb sie stumm. Er wandte sich vom Feuer ab, um Britta anzuschauen. Seine Hände umklammerten noch die Härtezange.

»Wir sind beinahe fertig«, wiederholte er.

Seine Schwester lag auf dem Boden.

Ihr Schädel war eingeschlagen, zerschmettert wie ein Weinkrug. Sein Mantel war ihr von der Schulter gerutscht. An ihrem Nachthemd klebte eine dunkle Flüssigkeit, die wie Sirup durch ihr hellblondes Haar rann.

Über sie gebeugt, mit der gleichgültigen Miene eines Bauern, der einen Maulwurf mit dem Spaten erlegt hat, stand ein junger Mann mit schütterem Bart. Er war in bunte Lumpen gehüllt, und auf dem Kopf trug er eine schmutzige grüne Kappe. An der Seite hielt er ein kurzes Krummschwert, das ebenfalls mit der dunklen sirupartigen Flüssigkeit besudelt war. Als der Junge von dem ermordeten Kind aufsah, waren seine Augen tot wie Steine. Sein unsteter Blick ruhte kaum länger auf Mattias als auf dem Amboß und den Werkzeugen. Er grunzte eine Frage in einer fremden Sprache.

Mattias stand wie verloren in der Hitze der Esse, aber sein Herz war eiskalt und leer, aller Gefühle beraubt. Er suchte Zuflucht im Feuer, wo etwas, das er kannte, noch auf ihn wartete. Er drehte sich um und schaute auf seine Klinge. Er sah die Schneide, wie sie in der Haarfarbe seiner Mutter erblühte – einem feurigen Bronzeton, der über die Schrägen zum dunkelblauen Grat hinaufwuchs. Er spürte, wie ihm die letzte Härtung aus den Händen glitt und mit ihr all der Zauber, den sie im Morgengrauen gewirkt hatten. Fest griff er das Ricasso mit der Zange und zog die Klinge aus den Kohlen. Dann drehte er sich um.

Der Mörder war auf ihn zugekommen. Sein Gesicht war furchtlos, bis er sah, was Mattias in Händen hielt. Die Angst, die ihn durchzuckte, verriet seine Jugend, aber sie erwirkte ihm keine Gnade. Beinahe als hätte er einen eigenen Willen, stürzte sich der Dolch auf den Fremden. Den ersten Schritt taumelte Mattias mit bleischweren Beinen, den zweiten trieb schon eine Wut an, die ihm die Kehle zuschnürte. Mit dem dritten Schritt leitete blanker Haß Jungen und Dolch. Der Jüngling schrie in seiner fremdartigen Zunge auf, als Mattias ihm die Klinge in den Bauch rammte. Fleisch zischte auf Stahl, und der Gestank von brennender Wolle drang ihm in die Kehle. Der Mörder schrie auf, ließ sein Schwert fallen und packte die Klinge, schrie erneut auf und kreischte, als der rotglühende Heftdorn ihm die Handflächen verbrannte. Mit der linken Hand hielt Mattias ihm den Mund zu. Dann betete er: »Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum, benedicta tu in mulieribus et benedictus fructus ventris tui Iesus.«

Der Hals des Jünglings krampfte sich zusammen. Blut rann Mattias durch die Finger. Er umklammerte die Zange noch fester mit der anderen Hand und beendete sein Gebet.

»Heilige Maria, Muttergottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unsres Todes.«

Mattias spürte, wie etwas den anderen Körper verließ, so heimlich davonschlich, daß er bis ins Mark erschauerte, irgend etwas, das da gewesen war und nun verschwand. Der Junge sackte zusammen, die halb geschlossenen Augen wurden stumpf. Das war also der Tod.

Mattias sagte: »Amen.« Und er dachte: Die Härtung.

Er zog den Dolch heraus. Bis zum Ricasso rauchte die Klinge schwarz wie die Sünde. Er ließ die Leiche zusammensacken und schaute sie nicht noch einmal an. Verwirrung vernebelte ihm jeden Gedanken. Zwischen all dem fernen Hundegebell hörte er fremde Laute aus rauhen Kehlen und Schreckensschreie. Britta lag reglos auf der Türschwelle. Die Zange in seiner Hand begann zu zittern, seine Knie gaben nach. Ihm verschwamm alles vor Augen. Mattias wandte sich um, zur Esse, den Werkzeugen, dem Feuer. Er wischte mit einem feuchten Tuch über die dampfende Klinge, aber die schwarze Färbung blieb. Irgendwie wußte er, daß diese Klinge auf immer schwarz bleiben würde. Der Stahl war noch zu heiß, als daß man ihn hätte anfassen können. Er tauchte das Tuch in kaltes Wasser und wickelte es um den Heftdorn. Dann hielt er inne.

Aus dem Tumult jenseits der Tür zur Schmiede hörte er eine Stimme heraus – näher als die anderen. Sie rief Gott an, aber nicht um Gnade. Vielmehr beschwor diese Stimme die Rache und den Zorn Gottes. Es war die erste Stimme, die Mattias je gehört hatte. Die Stimme seiner Mutter.

Mattias umklammerte den feuchten Griff. Die Hitze des Heftdorns war zu ertragen. Bei der letzten Härtung war dieser Dolch nicht mit dem reinsten Morgentau, sondern mit Mörderblut abgeschreckt worden, und so wie sich Schicksal und Zweck der Waffe anders als geplant entwickelt hatten, so hatte sich auch seines gewendet. Er suchte nach einem Gebet, aber seine Zunge blieb stumm. Etwas war aus seinem Inneren gerissen worden, von dessen Existenz er nichts gewußt hatte, bis die Lücke, die es hinterlassen hatte, ihn vor Schmerzen aufheulen ließ. Doch dieses Etwas war nun fort. Nicht einmal Gott würde es ihm wiedergeben können. Die Wut seiner Mutter erfüllte auch ihn. Seine Mutter hatte sich entschieden, in Wut zu sterben.

Der Junge trat in die Kälte hinaus. Vom schwarzen Dolch in seiner Faust stieg Dampf auf, als wäre Mattias wie ein dämonischer Mörder gerade aus der Höllenfinsternis heraufgestiegen. Der Hof war menschenleer. Aus dem Dorf stiegen Rauchsäulen gen Himmel, mit ihnen Angstschreie und das Knistern von Flammen. Schwindelig vor Furcht lief er über das Steinpflaster. Furcht vor dem, was seine Mutter quälte. Furcht vor der Schande. Vor dem Wissen, daß er sie nicht würde retten können. Vor der Finsternis, die sich in seinem Gemüt eingenistet hatte und zu ihm sprach.

Stürze dich hinein! sagte die Finsternis.

Mattias wandte sich um und schaute zur Schmiede zurück. Zum erstenmal in seinem Leben sah er sie nur als eine graue Steinhütte.

Wie die Klinge beim Abschrecken.

Stürze dich hinein!

In der Küche lag die kleine Greta zusammengesunken auf dem Herdstein. Ihr Gesicht war in Verwunderung erstarrt. Mattias kniete nieder und küßte sie auf den Mund. Er deckte ihren Leichnam mit der Decke zu, unter der er geschlafen hatte. Auf der anderen Seite des durchwühlten Raumes hing die Tür quietschend in einer Angel. Im Schlamm draußen herrschte Aufruhr. Mattias trat näher heran. Er sah Vater Giorgi, den Dorfpfarrer, dem er am Sonntagmorgen als Meßdiener am Altar gedient hatte. Vater Giorgi schrie unsichtbaren Angreifern etwas zu, hielt das Kruzifix hoch erhoben in den Händen. Eine gedrungene Gestalt hieb ihm in den Nacken, und Vater Giorgi fiel zu Boden. Mattias trat noch näher. Was mußte das für ein Mann sein, der einen Priester tötete? Dann hielt er inne und fuhr herum. Was er sah, schien alle Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen.

Er blinzelte und rang um Atem. Der nackte Körper seiner Mutter, ihre blassen Brüste und dunklen Brustwarzen, ihr heller Bauch, das Haar zwischen ihren Beinen. Scham drehte ihm die Eingeweide um, er wollte wegrennen. Über den Hof, weg von der Schmiede, in den Wald, wo ihn niemand je finden würde. Die Finsternis, die nun sein einziger Ratgeber und Führer war, ließ ihn zur Tür zurückgehen und noch einmal hinschauen.

Ein von Pfeilen durchbohrtes Pferd lag sterbend auf der Seite, schlug den großen Kopf hin und her. Die Augen rollten, und rosafarbener Schaum stand ihm vor dem Maul. Daneben ausgestreckt lag ein Dorfbewohner, ebenfalls von Pfeilen durchbohrt. Über den Körper des Pferdes gestreckt lag seine Mutter. Ihr kupferrotes Haar peitschte hin und her, während sie sich mit aller Kraft gegen die vier Männer wehrte, die wild fluchten und sie nur mit Mühe auf dem Boden halten konnten. Ihre nackte Haut war marmorweiß, von roten Striemen zerfurcht. Ihr Gesicht zeigte völlige Erschöpfung, ihre blauen Augen zuckten wild hin und her. Sie sah Mattias nicht, und während ein Teil von ihm sich danach sehnte, daß ihr blauer Blick noch einmal auf seine Augen fiel, wußte er doch, daß das Wissen, ihn als Augenzeugen zu haben, ihr alle Kraft rauben würde.

Jemand hieb ihr auf den Kopf und schrie ihr ins Ohr. Sie wandte sich zu dem Angreifer und spuckte ihm ins Gesicht. Ein fünfter Mann kniete sich zwischen ihre Beine, die Hose heruntergelassen. Alle schrien in einer schrecklichen fremden Sprache durcheinander. Sie vergewaltigten eine Frau, die sie im Halbschlaf aus dem Bett gezerrt hatten, und dabei benahmen sie sich wie Hirten, die ein jammerndes Kalb aus einem Sumpf zogen. Der Mann, der über der Mutter kniete, verlor allmählich die Geduld. Er zog ein Messer aus dem Stiefel und rammte ihr die Klinge ins Herz, ohne daß jemand den Versuch machte, ihn aufzuhalten. Seine Mutter hörte auf sich zu bewegen, ihr Kopf sank nach hinten.

Mattias unterdrückte die Tränen, die ihm nicht zustanden. Er hatte seine Schwestern im Stich gelassen. Der Leichnam seiner Mutter lag da und wurde von diesen Unmenschen geschändet. Er allein stand noch da, machtlos und verloren. Er kam erst wieder zu sich, als er spürte, daß er sich die Spitze des Dolches in die Handfläche getrieben hatte. Sein Blut schimmerte hell auf dem Schmutz auf seinen Fingern. Der Schmerz war echt und klärte ihm die Gedanken. Seine Mutter hatte den Fremden verweigert, was sie noch mehr begehrten als ihr Fleisch: ihre Erniedrigung, den Verlust ihres Stolzes. Mattias legte die Klinge so gegen seinen Arm, daß niemand sie sehen konnte. Ohne Hast schritt er den Männern entgegen.

Der erste Fremde erhob sich von der Mutter und taumelte zurück, die Hose noch um die Knie. Ein zweiter Kerl kniete sich hin, um in seine Mutter einzudringen, und die anderen drei packten sie bei den Schenkeln und Brüsten, um sich aufzugeilen, bis sie an der Reihe waren. Alle außer dem zweiten schauten auf Mattias. Sie sahen nichts als einen jammervollen kleinen Jungen. Vom Dorf hörte man galoppierende Hufe, doch Mattias scherte sich nicht darum. Finsternis stieg in ihm auf.

Er stieß mit seinem Dolch zu.

Verglichen mit dem Schmiedehammer und der Zange schien ihm die Klinge papierzart, und doch stieß er sie zweimal in den Rücken des ersten Fremden, als wären dessen Rippen aus Stroh. Der Kerl seufzte auf, seine Hose schlang sich ihm um die Knöchel, so daß er mit dem Hintern in der Luft auf alle viere fiel und wie ein erschöpfter Hund hechelte. Mattias beförderte ihn mit einem gezielten Tritt in den Schlamm und stapfte weiter.

Der zweite Kerl, der über seiner Mutter lag, ahnte nichts Böses, bis Mattias ihm die Mütze vom Kopf riß und ihn an den Haaren packte. Mattias nahm einen verwirrten Blick der Entrüstung in seinen Augen wahr, als hätte man ein Kind unvermutet von einem Topf voller Zuckerwerk weggezerrt. Dann hieb er dem Mann die Klinge durch die Wange, zog sie heraus, stach noch einmal zu.

Schließlich hielt Mattias inne und keuchte. Einen lauten Schrei ausstoßend, schaute er die anderen drei Teufel an, die fassungslos zusahen und auf der anderen Seite des Pferdekadavers zurückwichen. Einer kam dann wieder zu Sinnen und zog den Bogen vom Rücken. Er nestelte einen Pfeil aus dem Köcher und ließ ihn zu Boden fallen. Mattias wandte sich ab und schaute seine Mutter an. Auf einmal verflog sein Wahnsinn. Er kniete bei ihr nieder, ergriff ihre Hand und drückte sich ihre Finger an die Wange. Die Finger waren noch warm, und eine Hoffnung zuckte ihm durchs Herz. Er schaute auf, doch ihre wilden blauen Augen starrten blind zum Himmel empor. Ein heftiger Schmerz durchbohrte sein Herz, und er schluchzte in die Hand, die er an sein Gesicht preßte.

Sein Kopf zuckte hoch, als er ein Krachen hörte, das lauter war als jeder Donner. Der Kerl, der den Pfeil an den Bogen geführt hatte, stürzte zu Boden. Die beiden anderen Schänder fielen auf die Knie und plapperten wie Wahnsinnige, während ihre Stirn den Staub berührte.

Mattias wandte sich um und nahm einen Anblick wahr, wie er ihn noch nie gesehen hatte.

Ein Mann, der eher wie ein Gott wirkte, saß auf einem grauen Araberhengst, aus dessen Nüstern zwei Atemwolken aufstiegen, die Mann und Pferd wie Phantome aus einem Märchen erscheinen ließen. Der Reiter war jung und stolz und von dunkler Hautfarbe, mit hohen Wangenknochen und einem feinen Bart. Er trug einen scharlachroten Kaftan, weite scharlachrote Hosen und gelbe Stiefel, und sein schneeweißer Turban war mit einer Brosche aus Diamanten verziert, die bei jeder Bewegung funkelten. Am Gürtel hatte er ein Krummschwert, dessen Griff und Scheide mit glitzernden Edelsteinen besetzt waren. In seiner Hand rauchte eine Pistole mit langem Lauf, die mit Silber ziseliert war. Der Mann hatte braune Augen, die sich mit einer gewissen Zuneigung auf Mattias richteten.

Später sollte Mattias erfahren, daß dieser Krieger ein Hauptmann der Sari Bayrak war, der uralten und kühnen Wächter über das Waffenarsenal des Sultans, und daß er Abbas bin Murad hieß.

Hinter dem Hauptmann tauchten zwei weitere scharlachrote Reiter auf. Auf der Straße dahinter bekämpften die Dorfbewohner ein Feuer, rannten verzweifelt hin und her, zerrten Möbel aus ihren Behausungen, brachten Kinder und alte Leute vor den Flammen in Sicherheit. Durch diesen Aufruhr ritten etwa zwölf weitere scharlachrote Reiter, die mit Lanzen und Peitschen die plündernden Fußsoldaten fortjagten. Abbas steckte seine Pistole in das Halfter am Sattel zurück. Er schaute auf die leblose Frau, die geschändet über dem Pferdekadaver lag. Dann blickte er wieder zu Mattias und sagte etwas. Obwohl Mattias die Worte nicht verstand, wußte er doch, was er gefragt wurde.

»Dies ist deine Mutter?«

Mattias nickte.

Abbas bemerkte den Dolch in der Hand des Jungen und das Hemd, das ihm blutbefleckt am Körper klebte. Er schüttelte den Kopf und schaute an Mattias vorbei, wo der erste Mann lag, den der Junge erstochen hatte. Der zweite kroch halbnackt und laut jammernd durch den Schlamm. Einer der Adjutanten ritt vor und zog das Schwert. Mattias starrte voller Bewunderung auf eine makellose Damaszenerklinge. Der Adjutant hielt bei dem jammernden Kerl an und lehnte sich vor. Beinahe völlig geräuschlos hob und senkte sich das Schwert.

Abbas ritt zu Mattias herüber und streckte ihm die Hand entgegen.

Mattias ließ seine Mutter los, wischte die Klinge an der Hose ab, wickelte den Lappen vom Heftdorn, um auch ihn zu säubern. Dann nahm er die Klinge bei der Spitze und reichte sie Abbas ohne Furcht. In dem Augenblick, als er den Dolch berührte, zog Abbas verwundert die Augenbrauen hoch und hielt sich die Klinge gegen den Handrücken. Mattias begriff, daß der Stahl noch warm sein mußte. Abbas machte eine Geste mit dem Dolch.

»Du hast diesen Dolch gemacht?«

Wieder verstand Mattias zwar die Worte nicht, wohl aber die Frage. Er nickte. Dann trieb Abbas sein Pferd auf das Haus zu, lehnte sich aus dem Sattel und schob drei Fingerbreit des Dolches in den Spalt zwischen dem Türrahmen und der Wand. Mit seinem ganzen Körpergewicht stemmte er sich auf den Heftdorn. Mattias zuckte zusammen, als die Klinge sich krümmte. Panik breitete sich in seinen Eingeweiden aus, während er erwartete, daß der Stahl zerbrechen würde – aber er zerbrach nicht. Als Abbas losließ, federte die Klinge zurück. Abbas zog den Dolch aus dem Spalt, untersuchte ihn noch einmal und schaute Mattias an. Einen Moment später verschwand der Dolch in der Dolama des Hauptmanns.

Abbas gab Befehle, und Mattias beobachtete, wie der zweite Adjutant kehrtmachte und fortritt. Der erste, der seine Damaszenerklinge noch nicht wieder in die Scheide gesteckt hatte, trabte zu den beiden knienden Schändern. Sie zeterten und bettelten gestenreich. Der Adjutant trieb sie mit der Klinge dazu, aufzustehen und vor ihm her zu stolpern, zurück auf die Straße.

Abbas wandte sich um und faßte hinter die Hinterpausche seines Sattels. Er hakte eine zusammengerollte milchweiße Decke dort los und warf sie Mattias zu. Sie war aus feinster Lammwolle gewirkt. Noch nie hatte Mattias ein so feines Gewebe in Händen gehalten. Verwirrt über dieses Geschenk, starrte er Abbas an, der daraufhin eine Geste in Richtung seiner toten Mutter machte.

Mattias spürte, wie sich ihm der Hals zuschnürte und die Tränen in den Augen brannten. In Wahrheit hatte er keine Decke geschenkt bekommen, sondern die Würde einer Frau. Er wandte sich um und rollte die Decke auf. Wie eine zärtliche Berührung fiel sie über seine Mutter. Tränen stiegen ihm in die Augen, als sie für immer darunter verschwand. Sie war tot und doch nicht tot, denn sie erfüllte sein Herz mit einer Liebe, die alle Bande sprengte. Er fragte sich, ob sie wohl schon im Himmel war und ob Gott wohl je zulassen würde, daß er sie wiedersah. Dann hörte er Abbas’ Stimme und drehte sich zu ihm um.

»Alles Fleisch ist nur Staub«, sagte Abbas. Er zog ein Buch aus seiner Satteltasche. Der grüne Ledereinband war mit einer goldenen Schrift von wunderbarer Kunstfertigkeit verziert. Als ließe er sich die Hand von Gott führen, öffnete Abbas das Buch an einer zufälligen Stelle. Seine Augen überflogen die Seite und verharrten dann, als hätten sie etwas Besonderes gefunden. Er blickte von dem Buch auf und zeigte auf den Jungen.

Er sagte: »Ibrahim.«

Mattias starrte ihn verständnislos an.

Abbas deutete erneut auf ihn, mit drängender Geste: »Ibrahim.«

Nun begriff Mattias, daß dies der Name war, bei dem ihn der Hauptmann von nun an rufen wollte und den er anscheinend in dem heiligen Buch gefunden hatte. Mattias blinzelte. Seine Mutter war fort. Britta und Gerda waren fort. Sein Vater würde zu einer Totengrube zurücckehren. Der scharlachrote Hauptmann wartete auf seinem hohen grauen Araberhengst. Mattias tippte sich mit dem Zeigefinger auf die Brust.

Er sagte: »Ibrahim.«

Abbas nickte, schlug das heilige Buch zu und verstaute es wieder. Der Adjutant kehrte mit einem gesattelten Pferd zurück und reichte Mattias die Zügel. Der Junge begriff, daß er mit diesen scharlachroten Reitern fortziehen sollte. Er zögerte nicht, sondern stieg auf das Pferd. Von dieser hohen Warte aus hatte die Welt sich bereits verändert. Mattias beugte sich zum Kopf des Pferdes herunter und flüsterte, wie sein Vaters es ihm vor dem Beschlagen der Pferde beigebracht hatte: »Hab keine Angst, mein Freund.«

Abbas machte kehrt, und sein Adjutant folgte ihm. Mattias schaute auf den mit der Decke verhüllten Leichnam und dachte an seinen Vater. Er würde nun nie den Zauber lernen, den sein Vater ihm noch hatte beibringen wollen. Wäre die Klinge gesprungen, hätten ihn die Reiter vielleicht zurückgelassen, um die Toten zu begraben. Mattias unterdrückte seine Furcht und trieb sein neues Reittier an. Er schaute kein einziges Mal zurück.

So wurde im Jahr des Herrn 1540 Mattias, der Sohn des Schmieds, ein Dewschirme: ein Christenjunge, den man bei der Knabenlese eingefangen hatte und der einer der Sklaven des Todes werden würde. Er würde durch viele fremde Länder ziehen und viele seltsame Dinge sehen, ehe die berühmten Minarette des alten Stambul am Goldenen Horn in der Sonne vor ihm aufragten. Weil er getötet hatte, noch ehe er zum Mann herangereift war, würde er im Enderun des Serails von Topkapı ausgebildet werden. Er würde sich der gewalttätigen Bruderschaft der Janitscharen anschließen. Er würde fremde Sprachen und Sitten kennenlernen und die vielen Künste des Krieges. Er würde lernen, daß es nur einen Gott gab und Mohammed sein Prophet war. Es würde ihn danach verlangen, im Namen Allahs zu kämpfen und zu sterben. Er würde sein Leben dem Schatten Gottes auf Erden widmen. Dem Padischah des Weißen und des Schwarzen Meeres. Der Zuflucht aller Völker dieser Erde. Dem Sultan der Sultane und König der Könige. Dem Gesetzgeber, dem Prächtigen. Dem Kaiser der Ottomanen, Suleiman Schah.

TEIL I

TRAUMWELT

SONNTAG, 13. MAI 1565

Im Kastell St. Angelo – In Birgu – Auf Malta

So wie Starkey es beurteilte, stellte sich die Lage folgendermaßen dar:

Auf der größten Flotte seit der Antike hatte sich die beste Armee der Neuzeit eingeschifft. Suleiman Schah hatte sie ausgeschickt, um Malta zu erobern. Sollten die Türken siegen, würde ganz Südeuropa unter die Herrschaft des Islams geraten. Sizilien würde ihnen wie ein reifer Apfel in den Schoß fallen. Auch eine Rückeroberung Granadas durch die Moslems wäre nicht undenkbar. Rom selbst würde erzittern. Suleimans glühendster Wunsch aber war es, die Johanniter auszurotten – jene einzigartige Truppe von Krankenpflegern und kriegerischen Mönchen, die manche auch die Ritter vom Hospitalerorden nannten und die es selbst im Zeitalter der Inquisition wagten, sich als die »Wächter des Glaubens« zu bezeichnen.

Die Armee des Großtürken wurde von Mustafa Pascha befehligt, der den Widerstand der Ritter schon einmal gebrochen hatte – bei der Belagerung von Rhodos im Jahre 1521. Seitdem hatte Suleiman, der seine Politik vor allem von der heiligen Pflicht bestimmen ließ, die Welt für den Islam zu erobern, bereits Belgrad, Buda, Bagdad und Täbris eingenommen. Er hatte Ungarn, Syrien, Ägypten, den Iran und Irak, Transsylvanien und den Balkan unterworfen. Fünfundzwanzig venezianische Inseln und alle Häfen in ganz Nordafrika waren seinen Korsaren zum Opfer gefallen. Seine Kriegsschiffe hatten die Heilige Liga vor Preveza vernichtend geschlagen. Nur der Einbruch des Winters hatte ihn vor den Toren von Wien umkehren lassen. Niemand hegte irgendeinen Zweifel, wie der letzte Dschihad Suleimans in Malta ausgehen würde.

Außer vielleicht einer Handvoll von Rittern.

Bruder Oliver Starkey, Turkopolier-Leutnant in der englischen Zunge des Ordens, stand am Fenster im Arbeitszimmer des Großmeisters. Von dieser Warte, hoch in der südlichen Mauer des Kastell St. Angelo, konnte er das zukünftige Schlachtfeld ausmachen. Von Berghöhen umgeben, bildeten drei Landzungen die Grenzen des Großhafens, der das Zuhause der seefahrenden Ritter war. St. Angelo ragte an der Spitze der ersten Halbinsel auf und beherrschte die Hauptstadt Birgu. Hier befanden sich die Herbergen der Ritter, das Heilige Hospital und die Ordenskirche San Lorenzo, die Wohnhäuser der Städter, die Hauptkais und Warenlager und all die geschäftigen anderen Einrichtungen einer kleinen Metropole. Zum Festland hin war Birgu durch eine riesige, geschwungene Umwallung abgeschlossen – eine mit Verteidigungsbastionen besetzte Kurtine, auf der es nur so von Rittern und Miliz beim Drill wimmelte.

Starkey blickte über die Galeerenbucht hinweg auf die zweite Landzunge, L’Isla, wo die Segel von einem Dutzend Windmühlen sich mit eigenartigem und beinahe unwirklichem Gleichmut drehten. Karrees von Milizsoldaten schwenkten dort in Formation. Das Sonnenlicht blitzte auf ihren Helmen. Hinter ihnen stemmten sich nackte Moslemsklaven, die man zu Paaren zusammengekettet hatte, im Rhythmus der Pfeife ihres Aufsehers in die Seile und zogen Sandsteinblöcke an der Außenmauer von St. Michael hinauf, zu der Festung, die L’Isla gegen das Festland abschirmte. Sobald die Belagerung einmal begonnen hatte, würde die einzige Verbindung zwischen L’Isla und Birgu die äußerst verwundbare Bootsbrücke über die Galeerenbucht sein. Im Norden, eine halbe Meile über den Großhafen hinweg, an der seeseitigen Spitze der dritten Halbinsel, lag die Festung St. Elmo. Dies war der abgelegenste Außenposten, der, einmal belagert, nur noch über das Wasser zu erreichen sein würde.

Überall waren die Vorbereitungen im Gange. Befestigungsarbeiten und militärischer Drill. Gräben und Wälle. Ernten, Einsalzen und Anlegen von Vorräten. Polieren, schleifen und beten. Feldwebel brüllten ihre Pikenträger an. In den Waffenschmieden dröhnte es. In den Kirchen läuteten die Glocken, Tag und Nacht beteten die Frauen zur Gottesmutter. Acht von zehn Verteidigern der Festungen waren einfache Bauern mit selbstgemachten ledernen Rüstungen und Speeren, und doch, wenn sie die Wahl hatten zwischen Sklaverei oder Tod, dann zögerten die stolzen und kühnen Malteser keinen Moment. Über der ganzen Stadt lag eine Stimmung von grimmigem Trotz.

Aus dem Augenwinkel bemerkte Starkey eine Bewegung und schaute auf. Zwei schwarze Falken stürzten sich durch den türkisblauen Himmel auf die Erde zu, als müßte ihr Fall ewig andauern. Dann schwenkten sie einträchtig ab und stiegen gemeinsam wieder auf, schwebten ohne sichtliche Anstrengung weiter zum westlichen Horizont. In jenem unbestimmten Augenblick, als sie mit dem Dunst verschmolzen, stellte sich Starkey vor, es seien die letzten Vögel auf Erden. Eine Stimme vom anderen Ende des großen Raumes riß ihn aus seiner Träumerei.

»Wer den Krieg nicht kennt, der kennt auch Gott nicht.«

Dieses unheilige Motto hatte Starkey schon oft gehört. Stets rührte es sein Gewissen an. Nun erfüllte es ihn mit dunklen Vorahnungen. Er fürchtete, daß er schon bald herausfinden würde, wie wahr dieser Satz war. Er wandte sich vom Fenster ab und gesellte sich wieder zu der Besprechung.

Jean Parisot de la Valette, der einundsiebzigjährige Großmeister des Ordens, stand zusammen mit dem großen Obersten Le Mas an einem Tisch mit Landkarten, hoch aufgeschossen und streng, in seinem langen schwarzen Ordensgewand mit dem Johanniterkreuz. Fünfzig Jahre des Kampfes auf hoher See hatten seine Persönlichkeit geschmiedet. Er wußte, wovon er sprach. Mit zwanzig Jahren hatte er die blutige Tragödie von Rhodos überlebt, als die Überreste des Ordens auf den letzten verbliebenen Schiffen über das Meer geflohen waren. Mit sechsundvierzig hatte er ein Jahr als Sklave auf der Galeere von Abd-ur-Rahman überlebt. Während andere sich um ein hohes Amt im Orden – und auf sicherem Land – bemüht hätten, hatte sich La Valette für Jahrzehnte endloser Piraterie entschieden, stets mit Tabak die Nase gegen den Gestank verstopft. Seine Stirn war hoch, Haar und Bart waren inzwischen weiß. Die Sonne hatte ihm die Augen zu einem steinernen Grau gebleicht. Sein Gesicht schien aus Bronze gegossen zu sein. Für ihn war die Nachricht von der Invasion wie ein Jungbrunnen. Er hatte sich dem Kampf gegen den drohenden Untergang mit der Leidenschaft eines jungen Liebenden hingegeben. Er war unermüdlich. Er war zutiefst beglückt. Er war inspiriert wie einer, dessen Haß nun endlich ohne Mitleid und Zurückhaltung frei toben durfte. Was La Valette haßte: den Islam und all seine Missetaten. Was er liebte: Gott und den Orden. Nun, in seinen letzten Lebenstagen, hatte Gott den Wächtern des Glaubens den Segen des Krieges geschenkt. Krieg als Offenbarung des göttlichen Willens. Krieg, rein und ohne Fesseln. Krieg, den man bis zum bitteren Ende ausfechten würde.

Wer den Krieg nicht kennt, der kennt auch Gott nicht? Christus hatte nie, mit keinem Wort den Einsatz von Waffen gutgeheißen. Es gab Zeiten, in denen Starkey meinte, daß La Valette verrückt war. Verrückt auf die Aussicht ungeheuerlicher Grausamkeiten. Verrückt im Wissen, daß die Macht Gottes durch ihn hindurchströmte. Verrückt, denn wer außer einem Verrückten konnte das Schicksal eines ganzen Volkes in der Hand halten und mit solchem Gleichmut das Metzeln von Tausenden vorhersehen? Starkey ging quer durch das Zimmer zu den beiden alten Kameraden, die sich über den Kartentisch hinweg unterhielten.

»Wieviel länger müssen wir noch warten?« fragte Oberst Le Mas.

»Zehn Tage? Eine Woche? Vielleicht weniger«, antwortete La Valette.

»Ich dachte, wir hätten noch einen Monat?«

»Da haben wir uns geirrt.«

La Valettes Arbeitszimmer spiegelte seine strenge Persönlichkeit wider. Verschwunden waren die Gobelins, Porträts und feinen Möbel seiner Vorgänger. Statt dessen Stein, Holz, Papier, Tinte, Kerzen. Ein schlichtes Holzkreuz war an die Wand genagelt. Oberst Pierre Le Mas war am Morgen aus Messina eingetroffen, mit einer unerwarteten Verstärkung von vierhundert spanischen Soldaten und zweiunddreißig Ordensrittern. Er war ein bulliger, schlachterprobter Seebär Ende Fünfzig. Er nickte Starkey zu und deutete auf die Karte auf dem Tisch.

»Nur ein Philosoph könnte diese Hieroglyphen entziffern.«

Die Karte war – zum Kummer Starkeys, der persönlich die feinen Arbeiten an der Kartographie überwacht hatte – dicht mit geheimnisvollen Notizen und Symbolen La Valettes beschrieben. Der Johanniterorden war nach der Nationalität der Mitglieder in acht Zungen – oder Sprachen – aufgeteilt: Frankreich, Provence, Auvergne, Italien, Kastilien, Aragon, Deutschland und England. La Valette fuhr den Verteidigungswall nach, der Birgu in einem großen steinernen Bogen von Westen nach Osten abriegelte, deutete auf die Bastionen, die er den einzelnen Zungen zugewiesen hatte.

»Frankreich«, sagte er und zeigte auf eine Position am äußersten rechten Rand, gleich bei der Werftbucht. Wie Le Mas stammte La Valette aus jenem überaus kriegerischen Volk der Gascogner. »Unsere edle Zunge der Provence ist die nächste, hier auf der vordersten Bastion.«

Le Mas erkundigte sich: »Wie viele sind wir aus der Provence?«

»Siebenundzwanzig Ordensritter und Feldwebel.« La Valettes Finger fuhr auf der Karte weiter nach Westen. »Zu unserer Linken ist die Zunge der Auvergne. Dann die Italiener – einhundertneunundsechzig Lanzen –, dann Aragon. Kastilien. Deutschland. Insgesamt fünfhundertzweiundzwanzig Brüder sind unserem Ruf zu den Waffen gefolgt.«

Le Mas runzelte die Stirn. Die Zahl war jämmerlich klein.

La Valette fügte hinzu: »Mit den Männern, die Ihr mitgebracht habt, haben wir achthundert spanische Tercios und vierzig adelige Abenteurer. Die maltesische Miliz zählt ein wenig über fünftausend.«

»Ich habe gehört, daß Suleiman sechzigtausend Gazi ausgeschickt hat, um uns ins Meer zu treiben.«

»Einschließlich der Matrosen, der Arbeitsbataillone und Hilfstruppen sind es viel mehr«, erwiderte La Valette. »Die Hunde des Propheten drängen uns nun schon beinahe seit fünfhundert Jahren zurück – von Jerusalem zum Krak des Chevaliers, vom Krak nach Akko, von Akko nach Zypern und Rhodos –, und jede Meile unseres Rückzugs ist mit Blut und Asche gezeichnet. In Rhodos haben wir uns für das Leben und gegen den Tod entschieden, und während die ganze Welt dies als einen glorreichen Schachzug feiert, ist es in meinen Augen eine Schande. Diesmal wird es keine ehrenvolle Niederlage geben. In Malta werden wir bis zum letzten Blutstropfen kämpfen.«

Le Mas rieb sich die Hände. »Laßt mich den Anspruch auf den Ehrenposten anmelden.« Damit meinte er den Ort der größten Gefahr. Den Todesposten. Er war nicht der erste, der darum bat, und er wußte das wohl auch, denn er fügte hinzu: »Das schuldet Ihr mir.«

Worauf er sich damit bezog, war Starkey nicht bekannt, aber irgend etwas war zwischen diesen beiden Männern vorgefallen.

»Darüber reden wir später«, meinte La Valette, »wenn wir die Absichten Mustafas besser kennen.« Er zeigte auf die Ecken der Befestigungen. »Hier am Kalkara-Tor liegt der Posten Englands.«

Le Mas lachte. »Ein ganzer Posten für einen einzigen Mann?«

Die altehrwürdige Zunge Englands, früher einmal eine der großartigsten Zungen des Ordens, war von Heinrich VIII., dem Frauenheld und Erzketzer, völlig zerstört worden. Starkey war der einzige Engländer, der noch im Johanniterorden verblieben war.

La Valette erwiderte: »Bruder Oliver ist die englische Zunge. Und meine rechte Hand. Ohne ihn wären wir verloren.«

Verlegen wechselte Starkey das Thema. »Wie schätzt Ihr die Männer ein, die Ihr mitgebracht habt?«

»Gut ausgebildet, gut ausgerüstet und alle fromme Christen«, antwortete Le Mas. »Ich habe dem Gouverneur von Toledo noch zweihundert Freiwillige abgerungen, indem ich ihm androhte, seine Galeeren zu verbrennen. Die übrigen hat der Deutsche für uns rekrutiert.«

La Valette zog fragend eine Augenbraue hoch.

»Mattias Tannhäuser«, antwortete Le Mas.

Starkey fügte hinzu: »Der uns als erster von den Plänen des Sultans berichtet hat.«

La Valette schaute ins Leere, als wolle er ein Gesicht heraufbeschwören. Er nickte.

»Tannhäuser hat diese Nachricht überbracht?« wollte Le Mas wissen.

»Es war keine Tat der christlichen Nächstenliebe«, meinte Starkey. »Tannhäuser hat uns ungeheure Mengen von Waffen und Munition für die Kriegsführung verkauft.«

»Der Mann ist ein schlauer Fuchs«, sagte Le Mas mit einiger Bewunderung. »In Messina entgeht ihm kaum etwas. Er kann auch gut mit Männern umgehen und wäre im Kampf sicherlich ein guter Gefährte, denn er war ein Dewschirme und hat dreizehn Jahre bei den Janitscharen des Sultans verbracht.«

La Valette blinzelte. »Bei den Löwen des Islam.«

Die Janitscharen waren die wildeste Infanterie der Welt, die Elite des osmanischen Heeres, die Speerspitze ihres väterlichen Herrschers, des Sultans. Die Sekte setzte sich ausschließlich aus Christenjungen zusammen, die so erzogen und ausgebildet wurden – von den Angehörigen einer fanatischen und erbarmungslosen Gruppierung der Bektasi-Derwische –, daß sie den Tod im Namen des Propheten herbeisehnten. La Valette blickte Starkey an, um von ihm eine Bestätigung zu erhalten.

Starkey überlegte, an welche Einzelheiten aus dem Werdegang Tannhäusers er sich erinnern konnte. »Die Eroberung Persiens, des Vansees, die Niederschlagung des Aufstandes der Safawiden, die Einnahme von Nachtschiwan.« Er bemerkte, wie La Valette ein zweites Mal blinzelte. Es hatte also einen Präzedenzfall gegeben. »Tannhäuser hat den Rang eines Janitor erreicht, was soviel ist wie ein Hauptmann, und er wurde Mitglied der Leibgarde von Suleimans erstgeborenem Sohn.«

La Valette fragte: »Warum hat er die Janitscharen verlassen?«

»Ich weiß es nicht.«

»Ihr habt ihn nicht gefragt?«

»Er hat mir keine Antwort gegeben.«

La Valette packte Le Mas bei den Schultern. »Bruder Pierre, wir sprechen bald weiter – über den Ehrenposten.«

Le Mas begriff, daß er entlassen war, und schritt zur Tür.

»Sagt mir noch eines«, meinte La Valette. »Ihr sagtet, Tannhäuser könne gut mit Männern umgehen. Wie verhält es sich mit Frauen?«

»Nun, er ist von einer großen Schar schöner Frauen umgeben, die für ihn arbeiten.« Le Mas errötete über seine eigene Begeisterung. Seine gelegentlichen Ausflüge in ein ausschweifendes Leben waren allseits wohlbekannt. »Wenn ich auch gleich hinzufügen muß, daß sie für andere nicht zu haben sind. Tannhäuser hat keine Ordensgelübde abgelegt, und wenn ich an seiner Stelle wäre – nun, wenn dem Mann der Geschmack nach Frauen steht, dann würde ich das nicht gegen ihn verwenden.«

»Danke«, antwortete La Valette. »Das tue ich auch nicht.«

Le Mas schloß die Tür hinter sich. Der Großmeister setzte sich auf seinen Stuhl und legte nachdenklich die Fingerkuppen aneinander. »Tannhäuser – das ist kein Adelsname.«

Um für den Eintritt in den Johanniterorden in Frage zu kommen, mußte ein Mann sechzehn Adelswappen in seinem Stammbaum vorweisen. Vom Nutzen dieser Bedingung war der Großmeister felsenfest überzeugt.

Starkey antwortete: »Tannhäuser ist nur der Kriegsname, den er sich zugelegt hat, während er im französisch-spanischen Krieg im Dienste von Alva stand.«

»Wenn Tannhäuser dreizehn Jahre bei den Löwen des Islam verbracht hat, dann weiß er mehr über unseren Feind – seine Taktik, seine Gefechtsformationen, seine Stimmungen und seine Moral – als sonst jemand in unserem Lager. Ich brauche ihn hier in Malta – für die Belagerung.«

Starkey war verdutzt. »Bruder Jean, warum sollte er sich zu uns gesellen wollen?«

»Am Mittag bricht Giovanni Castrucco auf der Couronne nach Messina auf.«

»Von Castrucco läßt sich Tannhäuser bestimmt nicht überreden.«

»Richtig«, antwortete La Valette. »Ihr fahrt mit. Wenn Castrucco zurücckehrt, bringt Ihr diesen Deutschen mit nach Malta.«

»Aber dann bin ich fünf Tage nicht hier – ich habe noch so viel zu erledigen …«

»Wir werden Eure Abwesenheit überleben.«

»Tannhäuser würde nicht kommen, nicht einmal, wenn wir ihn in Ketten legen.«

»Dann denkt Euch eine andere Methode aus.«

»Warum ist er so wichtig?«

»Vielleicht ist er das nicht, doch das sei dahingestellt.«

La Valette erhob sich. Er ging zur Karte zurück und schaute auf das Terrain, das sie schon bald mit ihrem Leben verteidigen würden. »Diese Schlacht für unseren heiligen Glauben wird nicht durch einen genialen Handstreich gewonnen«, überlegte er. »Es wird dabei keine brillanten und entscheidenden Schachzüge geben, weder einen Achill noch einen Hektor, keinen Samson mit dem Kinnbacken eines Esels. Derlei Geschichten werden immer im nachhinein erdacht. Es wird nur eine Vielzahl kleinerer Schläge geben, die eine ebenso große Vielzahl kleinerer Helden – unserer Männer, Frauen und Kinder – austeilt. Keiner von ihnen wird wissen, wie die Schlacht schließlich ausgeht, und nur wenige werden diesen Ausgang auch erleben.«

Zum erstenmal bemerkte Starkey so etwas wie eine böse Vorahnung in La Valettes Augen.

»Im Schmelztiegel Gottes strömen unendlich viele Möglichkeiten. Nur Gott weiß, wer letzten Endes für den Ausgang dieser Schlacht den Ausschlag gibt. Ob es der Ritter war, der in der Bresche fiel, oder der Wasserträger, der ihm den Durste stillte, oder der Bäcker, der ihm das Brot buk, oder die Biene, die seinen Feind ins Augenlid stach. So empfindlich ist das Gleichgewicht des Krieges. Deswegen will ich Tannhäuser bei uns haben – um seines Wissens und seines Schwertes willen, wegen seiner Liebe zum Glauben oder seines Hasses auf den Türken.«

»Vergebt mir, Bruder Jean, aber ich versichere Euch, daß Tannhäuser nicht kommen wird.«

»Setzt uns Contessa Carla eigentlich noch immer mit Briefen zu?«

Starkey blinzelte, weil der Großmeister so plötzlich zu einem so trivialen Thema übergegangen war. »Die Contessa von Penautier? Ja, sie schreibt immer noch – die Frau begreift einfach nicht, was eine Weigerung ist. Aber warum fragt Ihr?«

»Dann benutzt sie als unseren Hebel.«

»Gegen Tannhäuser?«

»Der Mann mag Frauen«, sagte La Valette. »Dann sorgt dafür, daß er auch die Contessa mag.«

»Ich habe sie nie kennengelernt«, protestierte Starkey.

»In ihrer Jugend besaß sie außerordentliche Schönheit. Ich bin sicher, daß ihr die Jahre keinen Abbruch getan haben.«

»Das mag ja sein, aber sie ist doch eine Dame von edler Geburt, und Tannhäuser ist – nun ja – beinahe ein Barbar.«

La Valettes Gesichtsausdruck verbot jegliche weitere Diskussion.

»Ihr segelt auf der Couronne und bringt Tannhäuser mit nach Malta.«

La Valette nahm Starkey beim Arm und führte ihn zur Tür.

»Schickt mir den Inquisitor herein, wenn Ihr gegangen seid.«

Starkey schlug die Augen nieder. »Ich soll an der Besprechung nicht teilnehmen?«

»Ludovico begleitet Euch auf der Couronne.« La Valette sah, wie verwirrt Starkey war, und schenkte ihm eines seiner seltenen Lächeln. »Bruder Oliver, Ihr wißt, daß Ihr mir lieb und wert seid.«

Im Vorzimmer ließ Ludovico Ludovici, Richter und Jurist des heiligen Ordens der Inquisition, gleichmütig die Perlen seines Rosenkranzes durch die Finger gleiten. Ausdruckslos erwiderte er Starkeys Blick, und einen Augenblick lang verschlug es Starkey beinahe die Sprache.

Genau wie Starkey war Ludovico etwa vierzig Jahre alt, doch waren die kurzen Haare seiner Tonsur noch rabenschwarz und bisher keinen Fingerbreit von der in die Stirn ragenden Spitze zurückgewichen. Die Stirn war glatt, das Gesicht bartlos. Sein langer Oberkörper wies breite Schultern auf. Ludovico war in das weiße Skapulier und den schwarzen Umhang des Dominikanerordens gekleidet. Seine Augen schimmerten wie Kugeln aus Obsidian und zeigten weder Drohung noch Wärme. Als hätten sie die in Sünde gefallene Welt ringsum seit dem Fall Adams betrachtet, nahmen diese Augen alles mit einer Offenheit wahr, die jegliche Freude und jeglichen Schrecken ausschloß, und mit einer außerordentlichen Intelligenz, die unmittelbar zum Kern jeder Sache vorzudringen suchte, auf die sie schauten. Hinter diesen Augen lag wie ein Schatten eine ungeheure Melancholie, als hätte Ludovico eine bessere Welt gesehen, wüßte aber, daß er sie niemals wieder erreichen würde.

Mach mich zum Hüter der Geheimnisse deiner Seele, schienen die unendlich tiefen schwarzen Augen zu sagen. Lege deine Bürde auf meine Schultern, dann ist dir das Ewige Leben sicher.

Starkey verspürte das Bedürfnis, sich ihm anzuvertrauen, doch gleichzeitig befiel ihn auch eine ungewisse Furcht. Ludovico war der päpstliche Sonderlegat von Pius IV. bei der maltesischen Inquisition. Jedes Jahr reiste er Tausende von Meilen auf der Suche nach Ketzerei. Unter anderem hatte er Giovanni Mollio, den berühmten Professor aus Bologna, den Flammen des Campo del Fiori überantwortet. Er leitete Herzog Albrecht von Bayern bei dessen brutaler Wiederherstellung des wahren Glaubens an. Während der Säuberungen in Piemont hatte er einen ganzen Zug von Gefangenen, die zur Buße brennende Fackeln trugen, den Autodafés von Rom überantwortet. Trotz alledem war Ludovico von tiefster Bescheidenheit, so demütig, daß es keine Verstellung sein konnte. Noch nie hatte Starkey jemanden gesehen, der so große Macht so leicht trug. Auf Malta hatte Ludovico die Aufgabe, unter den Brüdern des Johanniterordens nach lutherischer Ketzerei zu fahnden. Er hatte jedoch noch niemanden festgenommen. Allerdings wurde er wegen dieser Untätigkeit eher noch mehr gefürchtet. Wollte La Valette den Inquisitor in Sizilien in Sicherheit wissen? Oder waren noch andere Intrigen im Spiel? Starkey bemerkte, daß er den Legaten schon ungebührlich lange anstarrte.

Er verneigte sich und sagte: »Eure Exzellenz, der Großmeister erwartet Euch.«

Ludovico erhob sich. Mit einer raschen Bewegung und einem Klirren der Perlen band er sich den Rosenkranz um die Taille. Ohne ein Wort ging er an Starkey vorüber ins Arbeitszimmer des Großmeisters. Die Tür schloß sich hinter ihm. Starkeys Erleichterung wurde durch den Gedanken an zwei Tage Seereise in der Gesellschaft des Dominikaners getrübt. Er begab sich in sein Quartier, um sich auf die Reise vorzubereiten. Ausflüchte und Unehrlichkeit waren nicht gerade seine Stärken, aber in diesen schweren Zeiten verwechselte nur ein Narr Gottesfurcht mit Moral. Er liebte La Valette und seinen Orden. Im Dienste der beiden und ohne Rücksicht auf den Preis, den seine Seele dafür zahlen mußte, war Starkey zu allem bereit.

DIENSTAG, 15. MAI 1565

In der Villa Saliba – In Messina – Auf Sizilien

… mit anderen Worten: Aus militärischen Erwägungen kann ich Euch leider auch weiterhin die Überfahrt auf die Insel Malta nicht genehmigen. Ich bin jedoch in der erfreulichen Lage, Euch eine andere Art zu weisen, wie Ihr Euren sehnlichsten Wunsch erreichen könntet.

Im Hafen von Messina befindet sich ein Mann namens Mattias Tannhäuser, dessen Herkunft viel zu verworren ist, als daß ich sie Euch hier erläutern könnte. Für den Augenblick sei soviel gesagt, daß er nur zur Musik seiner eigenen Trommel marschiert. Er ist zwar ein Ausländer niederer Herkunft, achtet Recht und Gesetz nur wenig und soll ein Atheist oder gar Schlimmeres sein, aber ich kann mich dafür verbürgen, daß er zu seinem Wort steht, und Euch versichern, daß ich keinen Grund zu der Annahme habe, daß er Euch ein Leid zufügen würde. Allerdings habe ich auch keinen Grund zu der Annahme, daß er Euch behilflich sein würde. Doch kann ich auch nicht sagen, welche Macht eine Edeldame Eurer Anmut und Schönheit besitzen könnte, um seine edleren Triebe, sollte er sie denn besitzen, anzusprechen.

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