Das Zauberwasser - Karl May - E-Book

Das Zauberwasser E-Book

Karl May

4,8

Beschreibung

Werke aus verschiedenen Schaffensperioden sind hier vereinigt. Zum Frühwerk gehört die Titelgeschichte um den historischen "Grafen von Saint Germain"; Reisebeschreibungen führen nach Hinterindien, Nord- und Südamerika, Nordafrika und Kurdistan; zwei historische Novellen haben Spanien und Russland zum Schauplatz. Der Band enthält folgende Erzählungen: 1.) Das Zauberwasser 2.) Phi-phob, der Schutzgeist 3.) Am "Singenden Wasser" 4.) Schwarzauge 5.) Das Hamail 6.) Die Söhne des Upsaroka 7.) Das Kurdenkreuz 8.) Schefakas Geheimnis 9.) Der Gitano 10.) An den Ufern der Dwina 11.) Himmelslicht 12.) Es Ssabbi - der Verfluchte 13.) Bei den Bachtijaren 14.) Auferstehung

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KARL MAY’s

GESAMMELTE WERKE

BAND 48

DAS ZAUBERWASSER

UND ANDERE ERZÄHLUNGEN

VON

KARL MAY

Herausgegeben von Lothar und Bernhard Schmid

© 2000 Karl-May-Verlag

ISBN 978-3-7802-1548-2

DAS ZAUBERWASSER

Acqua benedetta

Friedrich II. hatte Preußens Thron bestiegen. Seine Politik führte er nach den Satzungen des heute noch geheimnisvollen ‚Testaments des Großen Kurfürsten‘. Zunächst richtete er sein Augenmerk auf einen Neutralitätsvertrag mit Frankreich. Zu diesem Zweck sandte er 1755 den Baron von Langenau nach Versailles, um Ludwig XV. für seine Pläne günstig zu stimmen.

Der Baron war zwar noch jung, besaß aber das vollste Vertrauen seines Königs und sah auch seine Bemühungen von einem solchen Erfolg gekrönt, dass eine baldige Unterzeichnung des Vertrags in Aussicht stand. Heute war er wieder zu einem Empfang nach Versailles befohlen und deshalb zu Wagen von Paris herbeigekommen, um wo möglich seine Aufgabe mit einer letzten Entscheidung zu Ende zu bringen.

Er fuhr nicht bis an das Schloss selbst heran, sondern ließ bereits in ziemlicher Entfernung davon halten und stieg aus. Darauf begab er sich zu Fuß unbemerkt nach der Umzäunung des Parks und schritt an ihr entlang bis zu einer Pforte. Dort räusperte er sich halblaut. Sofort klirrte ein Schlüssel im Schloss, die Tür wurde von innen geöffnet und er sah sich einer Dame gegenüber, deren Schönheit geeignet erschien, um einen so außergewöhnlichen Schritt zu erklären.

„Amély!“

„Charles!“

Er nahm ihre kleine Hand, bückte sich auf diese nieder und küsste zart die Fingerspitzen ihrer seidenen Handschuhe.

„Tausend Dank, ma belle amie, dass Sie so gütig sind, meine Bitte zu erfüllen! Schließen wir die Pforte?“

„Ja, wir schließen sie, mon ami. Sie können unmöglich ohne Wagen an der Auffahrt erscheinen und müssen also durch den Park kommen. Freilich begebe ich mich durch die Erfüllung Ihres Wunsches in große Gefahr, denn der König lustwandelt soeben dortselbst. Doch schien es mir nötig, Ihnen vor Ihrer Unterredung mit dem Herrscher Nachricht über die Erfolge meiner Tätigkeit zu geben.“

„So haben Sie wirklich Erfolge zu verzeichnen, Amély?“, fragte er, während er ihren Arm nahm und in einen schmalen Seitenpfad einbog.

„Jawohl, wenn auch nicht nach der Seite hin, auf die Sie mein Augenmerk zu richten strebten. Zwar ist meine Tante als Freundin und erste Hofdame der Marquise de Pompadour nicht ohne Einfluss auf diese, und ma chère tante hat mich zu lieb, als dass sie mir einen erfüllbaren Wunsch abschlagen könnte, doch – doch...“

„Nun, meine Teure, doch – doch...?“

„Tante kann nichts für Sie tun, weil die allmächtige Marquise eine Abneigung zu haben scheint, deren Gegenstand...“

„Deren Gegenstand ich bin: Ist es nicht so?“

„Gewiss, mein Freund! Sie haben das Unglück gehabt, die Hand der Marquise beim Empfangskuss mit drei statt nur mit zwei Fingern zu berühren, und für solche Dinge hat sie ein Gedächtnis, das nur selten zum Vergeben geneigt ist.“

„Bien! Ich werde also auf ihre Zuneigung verzichten müssen. Aber, sprachen Sie nicht von einer anderen Seite?“

„Von einer Seite, die einen Einfluss auf den König zu Gunsten Ihres Auftrags geltend zu machen sucht – gegen die Ansicht der Marquise. – Sie verstehen mich?“

Der Baron machte eine zustimmende Gebärde und die Dame sprach leise weiter: „Freilich hat sich der König so sehr von der Marquise abhängig gemacht, dass schließlich ihre Stimme doch siegen könnte. Schlagen wir nun eine andere Richtung ein, mein Lieber. Dieser Pfad führt nach dem großen Springbrunnen, und wenn wir ihm weiter folgen, so laufen wir Gefahr, der Majestät mit sämtlichen Herren und Damen des Hofes zu begegnen.“

Sie hatte mit diesen Worten Recht, denn von dem berühmten Bosquet de Fosan aus bewegte sich eine lange Reihe einzelner Gruppen nach dem großen Springbrunnen zu, voran der König, neben ihm die Marquise de Pompadour und zunächst hinter ihm in der Mitte einiger hervorragender Hofdamen die erste Dame der Marquise, Madame d’Hausset. Ihr zur Seite ging die durch ihre weiten Reisen und ihre diplomatische Vergangenheit wohl bekannte Gräfin von Gergy.

Die Marquise ging am Arm des Königs. Sie war in eine Robe von schwarzer Soie de Lyon gekleidet, trug ein rundes Jagdmützchen auf dem Kopf und stützte sich mit der Hand auf einen massiv elfenbeinernen Stock, dessen Griff reich mit Brillanten und Rubinen verziert war. Ihr Gespräch mit Louis Quinze schien einen Gegenstand zu betreffen, der die volle Teilnahme der beiden hochgestellten Personen in Anspruch nahm.

„Kennen Sie seine Abstammung, Madame?“, fragte der König.

„Sie ist ein Geheimnis, Sire, über das er tiefste Verschwiegenheit beobachtet, und ich glaube, dass selbst Eurer Majestät Fragen hier ohne Erfolg sein würden“, entgegnete die berüchtigte Frau, die ihren Einfluss auf einen minderwertigen und genusssüchtigen Herrscher so klug zu verwenden verstand, dass sie die eigentliche Gebieterin Frankreichs war.

„Dann hat er sicherlich Gründe, seine Vergangenheit zu verbergen. Er ist aber trotzdem ein sehenswerter Abenteurer.“

„Der dem Staat von unendlichem Nutzen sein kann“, fügte die Pompadour angelegentlich hinzu. „Es scheint sicher zu sein, dass er edle Steine und Metalle anzufertigen weiß. Er hat während der kurzen Zeit seines Hierseins die bewundernswertesten Kuren vollbracht und besitzt ein Mittel, das die Einwirkung des Alters aufhebt.“

„Also ein Wunderdoktor?“

„Mehr, viel mehr als dies, Sire! Er zeichnet und malt großartig, ist Künstler auf verschiedenen musikalischen Instrumenten, singt zum Entzücken, modelliert gleich einem Künstler und spricht außer Französisch, Englisch, Deutsch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch und den sämtlichen alten Sprachen auch Arabisch, Türkisch, Persisch und Chinesisch. Der Mann ist auf alle Fälle ein Rätsel.“

„Und zwar eins von denen, deren Bewunderung dann schließlich in Enttäuschung übergeht.“

Die Marquise schüttelte den Kopf, sie war sichtlich bemüht, die Zweifel des Königs zu beseitigen. „Dann müsste die Enttäuschung längst eingetreten sein, Sire, denn der Graf von Saint-Germain ist eine Berühmtheit, die nicht erst seit zwanzig oder dreißig Jahren von sich reden macht.“

„Ah! Dann besitzt er ein hohes Alter?“

„Nein, denn er wird nie alt. Ich hatte bereits die Ehre, sein Mittel zu erwähnen, das ewige Jugend und Gesundheit verleiht. Man berichtet von ihm, dass er bereits vor mehreren hundert Jahren, ja, vielleicht schon vor tausend Jahren gelebt habe.“

„Madame!“, rief Ludwig in verweisendem Ton. „Hat er selbst es gewagt, Ihnen diese Unwahrheiten zu erzählen?“

„Unwahrheiten, Sire? Der Graf gibt niemals irgendwie Auskunft über sich und seine Verhältnisse; alles, was man von ihm weiß, ist erst durch andere, und zwar durch vollgültige Zeugen bekannt geworden.“

„Nach dem, was ich von Ihnen hörte, Madame, dürfen sich diese Zeugen wohl keiner allzu großen Zuverlässigkeit rühmen.“

„Doch, doch, Sire! Mir wenigstens gilt zum Beispiel das Wort der Gräfin von Gergy als höchst vertrauenswert.“

„Gräfin Gergy?“

„Deren verstorbener Gemahl vor nun bereits fünfzig Jahren Gesandter in Venedig war.“

„Sie ist mir gewissermaßen selbst ein Rätsel. Ich kenne sie seit beinahe zwei Jahrzehnten und sehe nicht, dass sie in dieser langen Zeit nur einen Tag gealtert wäre.“

„Gestatten Eure Majestät, die Gräfin zu rufen!“

Sie wandte sich zu dem Gefolge zurück und winkte. Die Witwe des einstigen venezianischen Gesandten beeilte sich, der Aufforderung Folge zu leisten, und trat mit einer tiefen Verneigung an die linke Seite des Königs.

„Seine Majestät wollen Näheres über Ihr Zusammentreffen mit dem Grafen von St. Germain in Venedig erfahren, meine Liebe“, erklärte die Marquise.

Die Gräfin verbeugte sich zustimmend. „Darf ich fragen, wie alt mich Eure Majestät schätzen?“, begann sie ihren Bericht.

Der König lächelte über diese Frage, die eine Dame nur in der sicheren Erwartung einer Schmeichelei auszusprechen pflegt. Er befand sich bei gnädiger Laune und beschloss, die Gräfin durch eine möglichst hohe Ziffer zu necken. Er schätzte sie fünfzig und hielt es für unmöglich, dass ihr Gemahl vor eben dieser Zeit in Venedig gewesen sein könnte, antwortete aber schnell und kurz:

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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