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Gibt es Beweise für ein Leben nach dem Tod? Es gibt viele Meinungen darüber, was passiert, wenn wir sterben. Doch gibt es auch überzeugende Hinweise darauf, dass wir in Ewigkeit weiterleben? Und wenn ja, wie wird dieses Leben dann aussehen? "New York Times"-Bestsellerautor und preisgekrönter Journalist Strobel nimmt Sie mit auf einen spannenden Streifzug: Warum streben Menschen schon seit jeher nach Unsterblichkeit? Ist an Nahtoderlebnissen etwas dran? Gibt es Indizien für die Existenz des Himmels?
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Seitenzahl: 449
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Über den Autor
Lee Strobel hat viele Jahre als Journalist für die Chicago Tribune und andere Zeitungen gearbeitet. Von 1987 bis 2000 war er Pastor in der Willow CreekCommunity Church, anschließend lehrte er in der Saddleback Church. Danach widmete er sich verstärkt seiner Schriftstellertätigkeit. Bekannt wurde er vor allem durch den Bestseller Der Fall Jesus.Lee Strobel und seine Frau Leslie sind seit 40 Jahren verheiratet. Sie haben zwei erwachsene Kinder und auch bereits eine Reihe von Enkeln.
Inhalt
Einleitung: Können wir wissen, dass es einen Himmel gibt?
Kapitel 1: Das Verlangen nach Unsterblichkeit
Kapitel 2: Auf der Suche nach der Seele
Kapitel 3: Nahtoderfahrungen
Kapitel 4: Die Pyramide zum Himmel
Kapitel 5: Der Himmel: eine Einführung
Kapitel 6: Sieben Fragen zum Himmel
Kapitel 7: Die Logik der Hölle
Kapitel 8: Kommen wir irgendwie um die Hölle herum?
Kapitel 9: Die Reinkarnations-Sensation1
Kapitel 10: An der Schwelle zur Ewigkeit
Welche Schlussfolgerungen ergeben sich für uns?
Was passiert, nachdem wir gestorben sind?
Die Bibel über Tod und Himmel
Danke
Anmerkungen
Für Nabeel Qureshi.Wir sehen uns auf der anderen Seite!
Ist das Sterben? Das ist wunderbar … Die Erde weicht zurück …
Der Himmel öffnet sich … Gott ruft … ich muss gehen.
Dwight L. Moody kurz vor seinem Tod
Meine Augen zuckten. Sie öffneten sich und versuchten, sich zu fokussieren. Mein Verstand war völlig verwirrt. Ich lag auf dem Rücken, ausgestreckt auf einer festen Unterlage, über mir grelles Licht. In meinem Blickfeld erschien ein Gesicht, das mich anschaute – ein Arzt mit heruntergezogener OP-Maske.
„Sie sind nur einen Schritt vom Koma entfernt“, sagte er, „und zwei Schritte vom Tod.“
Meine Augenlider schlossen sich wieder. Ich glitt zurück in die Bewusstlosigkeit – eine willkommene Erlösung von den grotesken Halluzinationen, die mich gequält hatten.
Wenn wir in dem nebelhaften Zustand zwischen Leben und Tod schweben, ist die Frage nach dem Leben nach dem Tod nicht länger ein nüchternes wissenschaftliches Thema, das man erforschen, analysieren und diskutieren kann. Himmel und Hölle und die Frage nach dem, was uns im Jenseits erwartet, sind plötzlich unglaublich wichtig. Sie sind das Einzige, was zählt.
Ich weiß, was Sie jetzt denken: Der arme Kerl, er wäre fast gestorben. Wollen Sie wissen, was ich denke? Warte mal ab, bis du in diese Situation kommst!
Denn das werden Sie. Auf die eine oder andere Weise – vielleicht schon nächste Woche, vielleicht aber auch erst in ein paar Jahrzehnten – werden Sie sich der Grenze nähern, die die Gegenwart von der Ewigkeit trennt. Was werden Sie vorfinden, wenn Sie aus dieser Welt heraustreten? Ist dann alles vorbei und Ihre Existenz ist einfach ausgelöscht? Oder werden Sie ein dunkles Reich voller Reue und Schuldzuweisungen betreten? Oder werden Sie eine Realität vorfinden, die lebendiger, begeisternder, lohnenswerter und realer ist als alles, was Sie je gekannt haben? In jenem Moment, in jenem existenziellen Übergangszustand, wird es nichts mehr geben, das wichtiger ist als die Antwort auf diese Frage. Und wenn sie einmal so wichtig sein wird: Würde es sich da nicht lohnen, sich schon jetzt damit zu befassen?
Als ich Atheist war, dachte ich, ich wüsste, was mich erwartet, wenn mein Herz aufhört zu schlagen und meine Hirnwellen abflachen. Nichts. Ich würde aufhören zu existieren. Die Welt würde sich weiterdrehen, aber ich wäre nicht mehr dabei. Es war schwierig – und beunruhigend –, sich das vorzustellen.
Nachdem meine Frau verkündet hatte, dass sie sich entschlossen hatte, Jesus nachzufolgen, versuchte ich mithilfe meiner journalistischen und juristischen Fachkenntnisse herauszufinden, ob es irgendwelche schlüssigen Beweise dafür gab, dass am Christentum oder irgendeiner anderen Religion etwas dran ist. Nach fast zwei Jahren kam ich zu dem Ergebnis, dass es sehr überzeugende Hinweise darauf gibt, dass Jesus tatsächlich der wahre, einzigartige Sohn Gottes ist. Ich hängte meine Karriere als Journalist an den Nagel, um anderen von dem zu erzählen, was ich herausgefunden hatte.
Der christliche Glaube vermittelte mir ein völlig anderes Bild von der Ewigkeit. Die Bibel berichtet davon, dass wir nach unserem Tod in eine äußerst lebendige Sphäre eintreten. Obwohl die Hinweise darauf überall in der christlichen Theologie zu finden sind, hatte ich nie wirklich unter die Lupe genommen, ob es eindeutige Beweise oder logische Gründe gab, die diese Vorstellung von der Existenz eines Himmels untermauerten. Ich ließ das Thema eine Zeit lang auf sich beruhen. Ich war schließlich jung und gesund.
Dann kam jener Donnerstagabend im Sommer 2011, an dem mich Leslie bewusstlos auf dem Schlafzimmerboden fand. Der Rettungswagen brachte mich in ein nahe gelegenes Krankenhaus, wo mir der Arzt in der Notaufnahme die schreckliche Mitteilung machte, dass ich am Abgrund des Todes stand.
Es stellte sich heraus, dass ich unter der seltenen Elektrolytstörung Hyponatriämie litt, bei der es zu einem gefährlichen Abfall des Natriumspiegels im Blutserum kam, der mein Gehirn anschwellen ließ und mir das Lebenslicht auszublasen drohte. Plötzlich genügte es nicht länger, ein paar vage Vermutungen hinsichtlich der kommenden Welt zu hegen. Es genügte nicht länger, auf ein paar theoretische Glaubenssätze zurückzugreifen, die ich nie wirklich einer Prüfung unterzogen hatte. Ich musste mit Sicherheit wissen, was passiert, wenn ich in dieser Welt zum letzten Mal die Augen schließe.
Auf der Suche nach Beweisen
Nachdem ich mich von meinem medizinischen Trauma erholt hatte, beschloss ich, mich auf die Suche zu machen und Antworten auf die Fragen über das Leben nach dem Tod zu finden, die mir echten Halt und Trost geben würden. Ich reiste nach South Bend, Indiana, und Portland, Oregon, nach San Antonio, Denver, Chicago und darüber hinaus, um mich mit Wissenschaftlern zu treffen und sie darüber auszufragen, woher sie das, was sie über dieses entscheidende Thema zu sagen haben, eigentlich wissen.
Ich sprach mit ihnen über den Himmel und über viele andere Themen: Kann die Neurowissenschaft uns verraten, ob wir eine Seele haben, die den Zerfall unseres Körpers überlebt? Können die faszinierenden Berichte von Nahtoderfahrungen uns Einblick in unsere Zukunft geben? Welche Informationen können Physik, Geschichte und Philosophie uns darüber vermitteln, ob wir diese irdische Welt überleben werden? Und was ist mit Jesus, der eindeutig tot war und dann ein paar Tage später lebendig angetroffen wurde, wie zahlreiche Zeugen berichteten? Welches Licht könnte er in diese Angelegenheit bringen?
Ich wollte wissen, ob es vernünftig ist, daran zu glauben, dass wir für immer an einem wunderbaren, paradiesischen Ort leben werden. Und falls ja: Wer kommt dann überhaupt in den Himmel? Manche Christinnen und Christen glauben ja, dass jeder eine Fahrkarte in den Himmel bekommt – sogar unsere Hunde. Und was ist mit der schrecklichen Realität jenes „anderen Ortes“? Wäre es nicht humaner, wenn Gott die Menschen, die auf dem Weg in die Hölle sind, einfach auslöschen würde, statt sie in alle Ewigkeit leiden zu lassen? Immer mehr Pastoren vertreten diese Ansicht.
Ich erforschte auch Alternativen zur christlichen Weltsicht – zum Beispiel die Reinkarnationslehre. Sollten wir nicht auf Menschen hören, die behaupten, dass sie früher schon einmal gelebt haben? Vielleicht ist das Leben ja wirklich ein endloser Kreislauf, so wie fernöstliche Religionen lehren – eine unaufhörliche Abfolge von Geburt und Tod, bis wir am Ende in das Nirwana, die absolute Ruhe, eingehen? Millionen von Menschen glauben, dass es sich so verhält.
Seien wir ehrlich: Es gibt viele widersprüchliche Ansichten über das Leben nach dem Tod – und manchmal sind religiöse Führer keine große Hilfe. Als Serene Johnson, die Präsidentin des UnionTheological Seminary in New York, von einem Reporter gefragt wurde, was passiere, wenn wir sterben, waren ihre ersten Worte: „Ich weiß es nicht! Vielleicht kommt noch etwas, vielleicht kommt auch nichts mehr.“1
Wenn Sie einer zufälligen Auswahl von Amerikanern dieselbe Frage stellen, wird jede(r) Sechste die Schultern zucken. Sie haben keine Ahnung, was nach dem Tod passiert. Nur eine knappe Mehrheit (54 Prozent) glaubt, dass sie in den Himmel kommen wird.2
Was die Atheisten betrifft, so hege ich den Verdacht, dass viele von ihnen häufiger über den Tod nachdenken, als sie zugeben würden. Zumindest tat ich das, als ich ein Skeptiker war und mitten in der Nacht an die Decke starrte und bei der Vorstellung erschauerte, dass mein Körper am Ende ausgelöscht werden würde.
„Die Angst vor dem Tod ist für mich der bei Weitem erschreckendste und beunruhigendste Aspekt des Atheismus“, meinte ein Humanist in der Zeitschrift The Atlantic. „Der Tod betrifft mich im tiefsten Inneren.“3 Selbst der agnostische Neutestamentler Bart Ehrman gab zu: „Die Angst vor dem Tod hatte mich jahrelang im Griff, und es gibt immer noch Momente, in denen ich nachts schweißgebadet aufwache.“4
Wenn ihr Ende naht, werden viele Menschen von einer namenlosen Furcht gepackt, weil sie nicht die geringste Ahnung haben, was sie als Nächstes erwartet. Ein Autor berichtet, dass er einen 31-jährigen Freund auf dem Sterbebett fragte, wie es sei zu sterben. „Ich weiß es nicht“, antwortete der Mann. „Ich weiß es wirklich nicht. Manchmal hat es den Anschein, als käme irgendwie eine Dunkelheit auf mich zu. Und manchmal kommt es mir vor, als wäre da überhaupt nichts.“5
Das ist nicht gerade poetisch, aber es ist ehrlich. Er hatte keine Ahnung, was in diesen schicksalhaften Momenten mit ihm geschehen würde. Was war in dieser geheimnisvollen Dunkelheit verborgen, die auf ihn zukam? Was würde er spüren, nachdem er seinen letzten Atemzug getan hatte?
Mal ehrlich: Gibt es etwas Wichtigeres als die Antworten auf solche und ähnliche Fragen? Würden Sie sich nicht lieber jetzt mit diesen Themen beschäftigen, statt später auf dem Totenbett von Ihren Ängsten gequält zu werden? Denken Sie darüber nach, wie sich Ihr Leben heute verändern könnte – Ihre Prioritäten, Ihre Entscheidungen, Ihre Weltsicht –, sobald Sie Gewissheit darüber haben, was Sie erwartet, wenn Ihre Zeit auf dieser Erde abgelaufen ist. Denn wenn es wirklich ein Leben nach dem Tod gibt, dann wird es sicher sehr viel länger sein als Ihr aktuelles – und zwar eine Ewigkeit lang.
Aus diesem Grund möchte ich Sie einladen, gemeinsam mit mir auf Entdeckungsreise zu gehen. Prüfen Sie die Hinweise. Ziehen Sie Ihre Schlussfolgerungen. Suchen Sie offen nach der Wahrheit. Und finden Sie Ihre eigene, gut begründete Antwort auf die Frage, ob es einen Himmel gibt.
Das verzweifelte Bemühen, uns selbst zu überleben
Wie kann ich zur Ruhe kommen, wie kann ich Frieden finden? Verzweiflung ist in meinem Herzen … Ich habe Angst vor dem Tod.
Gilgamesch-Epos (ca. 2100 v. Chr.),ältestes bekanntes literarisches Werk
Keine Gottheit wird uns retten; wir müssen uns selbst retten.
Humanistisches Manifest II.
Es war eine Predigt des berühmten Evangelisten Billy Graham über Himmel und Hölle, die einen verängstigten Jungen namens Clay Jones zum Glauben an Jesus führte. Der Sohn eines Atheisten und Astrologen, von Kind an kränklich und von seinen Mitschülern gehänselt, beschrieb sich selbst als „rebellischen kleinen Wicht“. Grahams Evangelisationsreise durch Südkalifornien wurde zum Wendepunkt seines Lebens.
Im Laufe der Zeit wurde Jones ein völlig neuer Mensch. Er heiratete seine Jugendliebe Jean E. und wurde Pastor und Hochschullehrer. Dann kam der Telefonanruf, der seine Welt erschütterte – Fachärzte hatten endlich die Ursache seiner Rückenschmerzen gefunden. Die Nachricht war niederschmetternd: Er litt an einer aggressiven Form von Knochenkrebs, die 100 Prozent ihrer Opfer innerhalb von zwei Jahren umbringt.
Drücken Sie kurz auf die Pausentaste. Versuchen Sie sich vorzustellen, Sie bekämen einen solchen Anruf. Wie würden Sie reagieren? Welche Gefühle würden in Ihnen hochkommen? Was wäre das Erste, was Sie tun würden?
Bei Clay und Jean E. war das Folgendes: Ihnen liefen Tränen übers Gesicht. Sie hielten sich an den Händen und dankten Gott gemeinsam für das, was er in ihrem Leben getan hatte, und dafür, dass er die Situation unter Kontrolle hatte. Sie beteten für Heilung.
„Das klingt wahrscheinlich seltsam“, erzählte Jones später, „aber ich hatte keine Angst zu sterben. Manche spotten, wenn ich das sage, aber es ist wahr. Ja, ich war traurig darüber, dass ich meine Frau zurücklassen müsste. Aber wissen Sie, ich hatte ein klares Bild vom Himmel, und das machte einen Riesenunterschied. Genau, wie Paulus gesagt hat: ‚Christus ist mein Leben und Sterben ist mein Gewinn.‘1 Das Schlimmste, was passieren konnte, war, dass ich zu Gott kommen und für immer in seiner wunderbaren Gegenwart leben würde.“
Wie jemand auf erschütternde Nachrichten wie diese reagiert, hängt von seiner (ihrer) Weltanschauung ab. Wenn es keinen Gott gibt, gibt es auch keine Hoffnung. Irvin D. Yalom, Psychiater an der Universität Stanford, sagt: „Trotz aller entschiedenen, aufrichtigen Abwehrversuche können wir die Furcht vor dem Tod nie völlig überwinden; sie ist immer gegenwärtig und lauert in irgendeiner verborgenen Gehirnwindung.“2 Tatsächlich war der Wunsch, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen und für immer zu leben, von jeher eine treibende Kraft der Weltgeschichte.
Um noch einmal auf Jones zurückzukommen: Ein paar Wochen nach dem ursprünglichen Anruf fand ein Spezialist heraus, dass man eine falsche Diagnose gestellt hatte. Jones litt tatsächlich an Knochenkrebs, aber es handelte sich um eine viel mildere Form, die operativ behandelt werden konnte. Heute gilt Jones seit mehr als 15 Jahren als geheilt.
Dennoch haben seine eigenen gesundheitlichen Ängste, die fortwährenden Erkrankungen in der Kindheit und der Tod mehrerer Freunde ihm besondere Einsichten in das Thema „Sterben“ vermittelt.
Ich begab mich zu seinem einfachen Haus im mediterranen Stil nach Orange County, Kalifornien, um mit ihm über sein letztes Buch zu sprechen – ein ebenso tiefgründiges wie provozierendes Werk, dessen Titel genau beschreibt, worüber ich mit ihm diskutieren wollte: Immortal: How the Fear of Death Drives Us and What We Can Do about It (dt.: Unsterblich: Wie die Angst vor dem Tod uns antreibt und wie wir mit ihr umgehen können).3
Interview Nr. 1: Dr. Clay Butler Jones, Theologe und Apologet
Jones verfügt über einen breit gefächerten Erfahrungsschatz als Führungsperson, Autor und Professor. Nachdem er an der California State University in Fullerton seinen Bachelor in Philosophie gemacht hatte, absolvierte er am American Christian Theological Seminary in Indianapolis sein Masterstudium und erwarb anschließend den Grad eines Doctor of Ministry an der Trinity Evangelical Divinity School in Illinois.
Er ist bekannt für seine Tätigkeit im Fachbereich Apologetik an der Biola University in Kalifornien, wo er seit 2004 lehrt. Am dazugehörigen Talbot Seminary lehrt er als außerordentlicher Professor zu verschiedenen Themen, unter anderem über die Auferstehung und die Frage, warum Gott das Böse zulässt. Zurzeit ist er dort als Gastdozent tätig.
Acht Jahre lang war er Moderator einer landesweit ausgestrahlten Radiosendung, zu der er Buddhisten, Scientologen, säkulare Humanisten, Muslime, Mormonen, Zeugen Jehovas und Vertreter anderer religiöser Strömungen einlud. Zurzeit ist er Vorstandsvorsitzender von Ratio Christi, einem christlichen Werk, das sich an mehr als 115 Colleges für den christlichen Glauben engagiert.
Sein 2017 erschienenes Buch Why Does God Allow Evil? (dt. Warum Gott das Böse zulässt) ist eine meisterhafte Abhandlung über ein bedrückendes Thema. Der Philosoph J. P. Moreland schrieb: „Jones nimmt furchtlos und fachmännisch alle schwierigen Fragen in Angriff. Er packt den Stier bei den Hörnern und weicht keinem Thema aus.“4 Der Apologet Frank Turek meinte, Jones’ Buch über die Unsterblichkeit, das 2020 erschien, „könnte eines der wichtigsten Bücher sein, die Sie jemals lesen werden“.5
Wir nahmen für unser Gespräch auf nebeneinanderstehenden Polstersesseln in Jones’ Wohnzimmer Platz. Jones besitzt zwei Eigenschaften, die nur selten zusammen auftreten: einen glasklaren, analytischen Verstand und ein weiches, mitfühlendes Herz. Und ich kann nur bestätigen, was Moreland gesagt hat: Er packt den Stier bei den Hörnern und weicht keinem Thema aus. Er war lässig gekleidet, trat bescheiden auf und vertrat seine Überzeugungen mit Leidenschaft. Obwohl er schon über 60 war, war sein Haar noch fast schwarz (und leicht zerzaust), sein Bart hingegen war nahezu völlig ergraut.
Unser Gespräch dauerte ein paar Stunden. Wir vertieften uns in das Thema, wie sehr die Angst vor dem Tod die Menschen prägt und wie der Wunsch, Unsterblichkeit zu erlangen – welche Art von Unsterblichkeit auch immer –, viele Menschen unablässig umtreibt.
„Was hat Sie dazu veranlasst, sich mit diesem Thema zu beschäftigen?“, fragte ich.
„Mir fiel das Buch ,A Brief History of Thought‘ in die Hände, das der französische Philosoph und säkulare Humanist Luc Ferry verfasst hat“, erklärte Jones. „Ferry schrieb: ‚Die Suche nach einer Erlösung ohne Gott steht im Mittelpunkt eines jeden großen philosophischen Modells, und es ist sein wesentliches und höchstes Ziel.‘6 Dieser Gedanke haute mich um. Er behauptete, dass das Kernanliegen der Philosophie die Suche nach einer Möglichkeit sei, den Tod ohne Gott zu bewältigen. Ich musste in Erfahrung bringen, ob andere Philosophen das auch so sahen.“
„Und was haben Sie herausgefunden?“
„Dass Philosophie sich tatsächlich zu einem großen Teil mit dem Versuch beschäftigt, die Angst vor dem Tod zu überwinden. Plato schreibt zum Beispiel, dass sein Lehrer Sokrates in den letzten Stunden vor seinem Tod gesagt hatte: ‚In der Tat … üben sich diejenigen, die die Philosophie richtig betreiben, in der Kunst des Sterbens.‘7 Der Philosoph Michel de Montaigne schrieb einen Essay mit dem Titel: ‚Zu philosophieren bedeutet, sterben zu lernen‘, in dem er sagte, dass alle Weisheit dieser Welt letztlich darauf abzielt, uns die Angst vor dem Tod zu nehmen.8 Der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer sagte sinngemäß‚ wenn es den Tod nicht gäbe, würden die Menschen sich wohl kaum mit Philosophie beschäftigen.9
Philosophen, Anthropologen, Psychologen, Soziologen und Psychiater – sie alle befassen sich mit der Frage, wie der Tod sich auf unser Verhalten auswirkt“, fuhr er fort. „Das Buch des Kulturanthropologen Ernest Becker ,The Denial of Death‘ hat 1974 den Pulitzerpreis gewonnen.10 Becker sagt, ‚die Vorstellung des Todes, die Angst vor ihm, verfolgt das menschliche Tier wie nichts anderes: Sie ist der Ursprung aller menschlichen Aktivität.‘11 Seine Grundprämisse war, dass jeder Mensch Angst vor seinem eigenen Tod hat und alles zu tun versucht, um diese zu kompensieren.“
„Wie haben Ihre Freunde reagiert, als sie herausfanden, dass Sie ein Buch über den Tod schreiben?“, erkundigte ich mich.
Jones grinste. „Sie meinten abwehrend: ‚Ich habe keine Angst vor dem Tod.‘“
„Haben sie damit die Wahrheit gesagt?“
„Sie haben zumindest nicht direkt gelogen – weil sie nicht über ihren eigenen Tod nachdenken. Sie verdrängen ihn einfach.“
„So lange, bis sie Schmerzen in der Brust bekommen“, vermutete ich.
Er deutete auf mich, als hätte ich den Jackpot geknackt. „Bingo“, sagte er. „Dann steht die Angst vor dem Tod plötzlich direkt vor ihnen – und lässt sie nicht mehr los.“
Verleugnung, Ablenkung, Depressionen
Clay Jones zitiert in seinem Buch Sozialwissenschaftler, die sagen, die Angst vor dem Tod sei eine treibende Kraft der Kultur – manche behaupten sogar, dass jede Form von Kultur ausschließlich auf ihr beruhe. Wie der Sozialtheoretiker Zygmunt Bauman schrieb: „Es gäbe vermutlich keine Kultur, wenn die Menschen sich ihrer Sterblichkeit nicht bewusst wären.“12
„Und, übertreiben diese Experten?“, fragte ich.
„Nicht wirklich“, antwortete er. „In Hebräer 2,15 steht, dass Jesus gekommen ist, um Menschen ‚zu befreien, die ein Leben lang durch die Angst vor dem Tod geknechtet wurden‘. Die Bibel bestätigt also, dass uns die Angst vor dem Tod zutiefst belastet. Und ich glaube wirklich, dass genau das einen Großteil des menschlichen Verhaltens motiviert. Wenn Menschen Jesus nicht kennen – wer soll sie dann von ihrer Knechtschaft befreien? Sie müssen einen Weg finden, um sich selbst zu befreien – und das führt zu allen möglichen Problemen.“
„Zum Beispiel?“
„Die Angst vor dem Tod zieht eine Fülle von Reaktionen nach sich. Das erste Mittel, zu dem man greift, ist Verleugnung. Die Menschen verdrängen das Problem und sagen sich: ‚Ich bin die Ausnahme. Wenn die Wissenschaft weiterhin Fortschritte macht und wenn ich lange genug lebe, wird die Medizin alles heilen, was mein Leben bedroht.‘ Eine weitere beliebte Methode ist die Ablenkung. Wir zahlen Entertainern und Spitzensportlern Unsummen, weil sie so wertvoll für uns sind – sie lenken uns von der Tatsache ab, dass wir sterben werden.“
„Und dann die Depressionen“, fuhr er fort. „Die Aussicht, dass wir selbst und die Menschen, die wir lieben, einmal sterben werden, ist der Hauptgrund für Depressionen. Staks Rosch schreibt in der ,Huffington Post‘: ‚Depressionen stellen für die atheistische Gesellschaft ein ernsthaftes Problem dar und viel zu oft haben diese Depressionen zum Selbstmord geführt. Das ist etwas, das viele von uns Atheisten nicht gern zugeben, aber es ist wahr.‘“13
„Ich kann verstehen, dass jemand Depressionen bekommt, aber wieso begeht man deswegen Selbstmord?“, fragte ich. „Die Leute bringen sich um, weil sie Angst vor dem Tod haben? Das ergibt doch keinen Sinn.“
„Na ja, im Grunde übernehmen sie nur die Kontrolle über das, was sie unter Kontrolle hat. Der spanische Philosoph Miguel de Unamuno hat gesagt: ‚Der Selbstmörder tötet sich selbst, weil er nicht auf den Tod warten will.‘“14
Jones zitiert in seinem Buch Forschungsergebnisse, die im American Journal of Psychiatry veröffentlicht wurden: „Menschen ohne religiöse Bindung unternahmen in ihrem Leben deutlich mehr Selbstmordversuche und kannten wesentlich mehr nahe Verwandte, die Selbstmord begangen hatten, als Menschen, die einer religiösen Gemeinschaft angehörten (…). Außerdem sahen Menschen ohne religiöse Bindung weniger Sinn in ihrem Leben.“15
Nach meinem Interview mit Jones veröffentlichten Wissenschaftler der Universität Harvard eine neue Studie, die ergab, dass der Besuch von Gottesdiensten Todesfälle durch Selbstmord, Drogen und Alkohol dramatisch reduziert. Bei Menschen, die mindestens einmal in der Woche einen Gottesdienst besuchten, kam es viel seltener zu diesem sogenannten „Tod aus Verzweiflung“ – die Rate sank um bei den Männern um 33 Prozent, bei den Frauen sogar um sagenhafte 68 Prozent im Vergleich zu Personen, die nie einen Gottesdienst besuchten.16
„Die Leute sprechen oft von einer Selbstmord-Epidemie“, erklärte Jones. „Aber die wahre Epidemie besteht darin, dass die Menschen nicht länger daran glauben, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Das ist es, was immer mehr Menschen in die Verzweiflung stürzt.“
Hören Sie das Krachen?
Ich nahm meine Bibel und las aus Prediger 3,11 den Satz vor, in dem es heißt, dass „Gott … die Ewigkeit in die Herzen der Menschen gelegt“ hat. Ich fragte Jones: „Wie verstehen Sie diese Passage?“
„Dass es mehr gibt als nur die Angst vor dem Tod”, erwiderte er. „Wir wollen ewig leben. Das steckt in unseren Genen. Wir wollen die Ewigkeit verstehen, wir wollen einen Platz in der Ewigkeit haben, wir brauchen die Ewigkeit.“
Ich merkte an: „Die Menschen versuchen, ohne Gott unsterblich zu werden, indem sie sich damit befassen, wie sie immer länger leben können. So wollen sie dem Tod ein Schnippchen schlagen. Der Zukunftsforscher Ian Pearson hat gesagt: ‚Wir können realistischerweise erwarten, dass wir bis 2050 imstande sind, unser Gehirn in eine Maschine herunterzuladen, sodass unser Tod keinen größeren Karriereknick mehr darstellt.‘17 Was sagen Sie dazu?“
Jones seufzte. „Es spricht eine Menge Verzweiflung aus diesen Worten – man sieht sie in den Bioläden, wo die Käufer an den Regalen entlanghasten und sorgfältig darauf achten, dass die Waren gentechnisch unverändert sind und nicht mit Antibiotika behandelt wurden, als ob das ihr Leben wesentlich verlängern könnte.
Ich war mal bei einer Versammlung, in der die Leute ein Buch darüber herumreichten, wie man es schaffte, nicht zu sterben. Ich sagte damals: ‚Wisst ihr, wenn die Wissenschaft imstande wäre, alle Krebsarten zu besiegen, würden die Menschen statistisch gesehen im Schnitt zwei Jahre und zwei Monate länger leben.‘ Ein Demograf der Universität Harvard hat das berechnet. Es macht überhaupt keinen Unterschied – Sie werden eben stattdessen an etwas anderem sterben.“
„Und der Transhumanismus?“, fragte ich und bezog mich dabei auf die Art und Weise, wie Wissenschaftler unseren Körper und unser Gehirn verändern wollen, damit wir länger leben. Der Milliardär Elon Musk experimentiert bereits damit herum, Computerchips in Gehirne zu implantieren.18
„Ja, der Tanshumanismus – oder Humanismus plus – sagt Folgendes: Weil wir Menschen bloß Moleküle in Bewegung sind, können wir die Synapsen des Gehirns mithilfe elektrischer Schaltkreise duplizieren, die noch erfunden werden müssen. Und dass sie unser Gehirn in einen Computer hochladen können, sodass wir Avatare in einer virtuellen Welt oder in einen Roboter verwandelt werden können. Natürlich ist das bloß Science-Fiction.“
„Wieso?“
„Weil wir Schaltkreise bräuchten, die mit den Verbindungen in unserem Gehirn identisch sind. Es gibt beinahe eine Billiarde Verbindungen im Gehirn, und wir sind noch nicht all ihren Geheimnissen auf die Spur gekommen. Wie ein Experte gesagt hat: Das Gehirn auf einem Computer nachzubilden ist nicht dasselbe, wie tatsächlich ein Gehirn zu erschaffen. Außerdem haben sie es noch nicht einmal fertiggebracht, das Gehirn eines Fadenwurms zu reproduzieren, das aus lediglich 302 Neuronen besteht. Ein anderer Experte hat gesagt, selbst wenn die Aufgabe zu 99 Prozent von künstlicher Intelligenz übernommen würde, würde es tausend Jahre dauern, das Gehirn zu kartografieren.“
„Und außerdem“, fügte er hinzu, „selbst wenn wir etwas erschaffen könnten, das genauso aufgebaut ist wie unser Gehirn, hat niemand eine Ahnung, wie ein solches System auch ein Bewusstsein haben könnte. Mal ehrlich: Wissenschaftler können nicht erklären, wie Dinge vom Unterbewusstsein ins Bewusstsein rücken. Selbst Michael Shermer von der Zeitschrift Skeptic sagt: ‚Wir wissen immer noch nicht, was die Basis des Bewusstseins ist.‘19 Wir sind mehr als unser Gehirn – unser Bewusstsein ist unser eigentliches Selbst, unsere wahre Identität. Darum ist diese ganze Geschichte nicht mehr als ein Wunschtraum.“
Ich fragte Jones nach der Kryonik, einem Verfahren, bei dem man jemanden nach seinem Tod einfriert und ihn dann wieder auftaut, wenn die Wissenschaft ein Heilmittel für das gefunden hat, woran er gestorben ist. Theoretisch könnte man diesen Prozess endlos wiederholen. So sind zum Beispiel der Kopf und der Körper des bekanntenBaseballspielers Ted Williams, der 2002 gestorben ist, in zwei unterschiedlichen Gefäßen mit flüssigem Stickstoff eingefroren. Seine Tochter sagte, Kryonik sei „wie eine Religion, etwas, woran wir glauben können“.20
Viele Berühmtheiten haben gesagt, dass sie dieses ultimative Eisbad nehmen wollen, wenn sie sterben, so auch der Talkmaster Larry King, der nicht an ein Leben nach dem Tod glaubt. Er sagte in einer Sendung: „Die einzige Hoffnung, das einzige Fitzelchen Hoffnung besteht darin, sich einfrieren zu lassen.“21
„Das bringt einen Haufen Probleme mit sich“, erklärte Jones mir. „Zum einen muss man innerhalb von ein paar Minuten nach dem Tod eingefroren werden, sonst beginnt sich das Gehirn zu zersetzen. Das ist oft nicht gerade praktikabel. Und zum anderen gibt es da einen gewissen akustischen Bruch.“
„Was meinen Sie damit?“
Jones beugte sich herüber und goss noch mehr Limonade über die Eiswürfel in meinem halb leeren Glas. Dann hielt er inne. „Hören Sie das Krachen?“
Ja, ohne Zweifel gab das Eis ein krachendes Geräusch von sich.
„Genau das passiert, wenn man versucht, ein Gehirn oder ein anderes Organ aufzutauen – krach, krach, krach“, sagte er. „Niemand weiß, wie man dieses Brechen verhindern kann. Eine Kryonik-Firma schlägt tatsächlich vor, die Teile zusammenzunähen oder zusammenzukleben. Das ist doch wohl ein Witz! Frankenstein lässt grüßen!“
„Warum funktionieren all diese Methoden zur Erlangung der Unsterblichkeit nicht?“
„Weil Gott bestimmt hat, dass jeder Mensch sterben muss. In Hebräer 9,27 steht, dass ‚es bestimmt ist, dass jeder Mensch nur einmal stirbt, worauf das Gericht folgt‘. Adam und Eva beschlossen, das zu tun, wozu sie Lust hatten. Sie setzten sich über das Gebot Gottes hinweg und seitdem besuchen wir Menschen Beerdigungen. Wir werden sterben. Die große Frage ist jetzt: Wie können wir sicherstellen, dass wir die Ewigkeit mit Gott verbringen?“
In den Kindern weiterleben
Eine der faszinierendsten Erkenntnisse in Jones’ Buch ist, dass unser menschliches Verhalten teilweise dadurch motiviert ist, dass wir versuchen, in irgendeiner Form symbolische Unsterblichkeit zu erlangen. Mit anderen Worten: Weil wir körperlich nicht ewig leben können, bemühen wir uns verbissen darum, ein Vermächtnis zu hinterlassen oder etwas in dieser Welt zu bewegen, damit zumindest die Erinnerung an uns für immer lebendig bleibt.
Der Philosoph Sam Keen schrieb, Menschen versuchten, „den Tod zu überwinden, indem sie an etwas teilhaben, das bleibende Bedeutung hat. Wir erlangen eine Art Ersatzunsterblichkeit, indem wir uns selbst aufopfern, um ein Reich zu erobern, einen Tempel zu errichten, ein Buch zu schreiben, eine Familie zu gründen, Reichtümer anzuhäufen, Fortschritt und Wohlstand der Gesellschaft zu fördern, eine Informationsgesellschaft und einen freien globalen Markt zu erschaffen.“22
Ein Förderer dieser Strategie war Edwin S. Shneidman, der erste Professor für Todesforschung an der Universität von Kalifornien in Los Angeles. „Ein positives Nach-Selbst zu hinterlassen ist ein äußerst lohnendes Lebensziel“, schrieb er. „Den eigenen letzten Atemzug zu überleben! Auf den Nachrufseiten der ,New York Times‘ geehrt zu werden. Eine Zukunft in der Nachwelt zu haben; einen Hauch von sich selbst über den eigenen Tod hinaus zu retten. Dem Vergessen zu entkommen, die eigene Existenz zu überleben, ist ein hehres, vernünftiges Ziel.“ Er fügte hinzu: „Zu enden, als wäre man nie da gewesen, aus dem Leben zu scheiden ohne die Hoffnung, in der Erinnerung eines anderen zu überleben, aus den Aufzeichnungen der Geschichte gelöscht zu werden – dieses Schicksal ist buchstäblich schlimmer als der Tod.“23
Wirklich? Buchstäblich schlimmer als der Tod? Das war eine steile Aussage. „Können Sie mir ein paar besonders beliebte Methoden nennen, wie die Menschen versuchen, symbolische Unsterblichkeit zu erlangen?“, wollte ich von Jones wissen.
„Kinder zu bekommen oder zu adoptieren ist ein häufig beschrittener Weg – der Versuch, durch die eigenen Kinder weiterzuleben“, antwortete er. „Nathan Heflick hat das sehr prägnant in ,Psychology Today‘ formuliert: ‚Warum bekommen wir Kinder? Ein Grund ist der, dass wir dadurch das drohende Gespenst des Todes besiegen wollen.‘24 Der große Schauspieler Peter Ustinov hat einmal gesagt: ‚Kinder sind die einzige Art der Unsterblichkeit, derer wir sicher sein können.‘“25
„Und warum funktioniert das nicht?“, fragte ich.
„Zählen Sie einfach eins und eins zusammen. Unsere Gene verflüchtigen sich mit jeder Generation. In der zwanzigsten Generation haben Ihre Nachkommen nur noch 0,000004 Prozent Ihrer Gene. Das ist im Grunde nichts. Und angesichts der Tatsache, dass Gene in Blöcken weitergegeben werden, die teilweise dominant und teilweise rezessiv sind, ist es unwahrscheinlich, dass überhaupt irgendwelche Ihrer Gene so lange überleben.“
„Was ist mit den Erinnerungen, die durch Generationen hindurch weitergegeben werden?“
Jones lächelte. „Kennen Sie die Vornamen Ihrer Ururgroßeltern?“
Ich kam mir wie ein Depp vor. „Äh, nein, leider nicht.“
Er klopfte mir ermutigend auf die Schulter. „Machen Sie sich nichts draus“, sagte er. „Wenn ich vor einem Hörsaal voller Studenten stehe, stelle ich ihnen oft die Frage, ob sie die Vornamen ihrer Ururgroßeltern kennen – und bis jetzt hat nur einer von ihnen Ja gesagt. Dann frage ich, ob einem von ihnen seine Ururgroßeltern irgendetwas bedeuten, und die Antwort ist Nein. Kein Einziger von ihnen hat diese Frage jemals mit Ja beantwortet. Niemandem liegt etwas an den Ururgroßeltern! So viel zu dem Versuch, durch die eigene Familie weiterzuleben.“
Jones fügte hinzu, dass seiner Beobachtung nach immer mehr Menschen Ahnenforschung betreiben. „Das ist eine andere Art und Weise, wie wir versuchen, ewig zu leben – wenn Sie Ihre Vorfahren ehren, könnten sich Ihre Kinder oder Enkelkinder verpflichtet fühlen, Ihr Andenken zu wahren. Aber das ist sinnlos, denn Sie sind trotzdem tot!“, insistierte er und hob seine buschigen Augenbrauen. „Selbst wenn Sie eine Zeit lang in der Erinnerung Ihrer Angehörigen weiterleben, verleiht Ihnen das keine wahre Unsterblichkeit.“
Fünfzehn Minuten Ruhm
Clay Jones zitiert in seinem Buch einen Austausch zwischen dem Atheisten Richard Wade und einer Skeptikerin namens Anne, die ihm schrieb, dass die Angst vor dem Tod bei ihr so schwere Panikattacken auslöste, dass sie jedes Mal kurz davor wäre, das Bewusstsein zu verlieren.
Wade antwortete, dass der Gedanke an den Tod ihm keine Probleme bereite, denn „ich hinterlasse ein vollständiges Erbe … meine Anwesenheit hat die Situation auf dieser Erde zum Guten verändert, und ich freue mich darauf, dass sie sie noch weiter verbessern wird“.26
Jones erläuterte: „Was Wade dieser Frau im Wesentlichen riet, war, dass man sich bemühen soll, ein paar Dinge zu erreichen, bevor man stirbt, damit die Leute sich an einen erinnern. Das ist eine andere Form von symbolischer Unsterblichkeit – etwas zu erschaffen, von dem man annimmt, dass es bleibenden Wert hat.“
„Wie oft kommt das vor?“
„Sehr oft“, sagte er. „Und genau das veranlasst Menschen auch dazu, ein Meisterwerk zu malen, ein Gebäude zu entwerfen, eine Website zu kreieren oder ein Buch zu schreiben.“ Er lächelte mir zu und deutete in meine Richtung.
Dann nannte er mir noch weitere Beispiele. „Michelangelo soll gesagt haben: ‚Es wurde noch kein Gedanke geboren, der nicht das Siegel des Todes trägt.‘27 Eine der extravagantesten Loblieder auf das eigene Ego ist das Schloss Versailles in Frankreich – die größte Palastanlage der Welt mit einer Ausdehnung von über 8,15 Quadratkilometern. Ludwig XIV. ließ sie errichten, um seinen Namen der Nachwelt zu erhalten. Er teilte der ,Academie Royale‘ mit: ‚Ich vertraue Ihnen das kostbarste Gut dieser Erde an, meinen Ruhm.‘28 Auch heutzutage können Sie, wenn Sie genug Geld haben, einem Gebäude einfach Ihren Namen geben – auch wenn der Schuss manchmal nach hinten losgeht.“
„Wie meinen Sie das?“
„Als 1960 das ,Lincoln Center for Performing Arts‘ in New York eröffnet wurde, erhielt die Konzerthalle den Namen ,Philharmonic Hall‘. Ein paar Jahre später erhielt man eine große Spende, um die Akustik zu verbessern, und man benannte die Halle nach Avery Fisher, dem Unternehmer und Musikmäzen, der Lautsprecheranlagen herstellte. Dann, 2015, wurde die Halle erneut renoviert und diesmal in ,David Geffen Hall‘ umbenannt, nach einem Medienmogul, der die Namensrechte von der Avery-Fisher-Familie erworben hatte. Augenscheinlich legten Fishers Nachkommen keinen großen Wert auf die symbolische Unsterblichkeit ihres Vorfahren. Wie Sie sehen, kann diese Art von Ruhm ausgesprochen flüchtig sein.“29
„Wir haben heutzutage eine echte Promi-Kultur“, fuhr ich fort. „So viele Menschen tun alles, um berühmt zu werden und auf diese Weise eine Art symbolischer Unsterblichkeit zu erlangen.“
„Genau. Und das nimmt manchmal ziemlich lächerliche Ausmaße an. Wie bei dem Typen, der es ins Guinnessbuch der Rekorde geschafft hat, weil er mit seinem Kopf die meisten Toilettensitze in der Minute zerbrochen hat.“
„Sie machen Witze?!“
„Nein, insgesamt waren es sechsundvierzig. Ich weiß nicht, wie er überhaupt auf diese Idee gekommen ist. Jetzt hat er es zumindest in das Buch geschafft – jedenfalls so lange, bis er herausfliegt, weil jemand anderes irgendetwas noch Verrückteres hinkriegt. Ich erinnere mich daran, wie der Bürgermeister einer Stadt seine völlig aussichtslose Kandidatur auf die Präsidentschaft ankündigte. Ein Kommentator meinte, er hätte nicht die geringste Chance, aber immerhin würde es mal in seinem Nachruf stehen. Ich denke, das war es ihm wert.“
Dann nannte Jones mir ein paradoxes Beispiel dafür, dass dieses Streben nach Ruhm selten langfristig von Erfolg gekrönt ist: „Wissen Sie noch, wie der Künstler Andy Warhol gesagt hat, dass in Zukunft jeder seine fünfzehn Minuten Ruhm haben wird?“ Ich nickte. „Nun, 2004 hieß es in einer Fernsehwerbung: ‚Jemand hat mal gesagt, dass in Zukunft jeder seine fünfzehn Minuten Ruhm haben wird.‘ Sie haben einfach seinen Namen weggelassen. Selbst dieser Ruhm war schnell erloschen.“
John Lennons Ruhm stehlen
Das Streben nach symbolischer Unsterblichkeit hat auch eine dunkle Seite. Manche Menschen sind so von dem Wunsch besessen, der Welt ihren Stempel aufzudrücken, dass sie sogar bereit sind, dafür Verbrechen zu begehen und Leben zu zerstören. Wie ein Serienmörder an einen Fernsehsender schrieb, bevor er gefasst wurde: „Wie viele muss ich töten, um ein bisschen … öffentliche Aufmerksamkeit zu bekommen?“30
Jones erzählte mir in diesem Zusammenhang die Geschichte des Artemistempels in Ephesus, der als eines der sieben antiken Weltwunder galt. Es dauerte 120 Jahre, ihn zu erbauen, und dann, 356 nach Christus, brannte ihn jemand in einem einzigen Tag bis auf die Grundmauern nieder. Der Betreffende wurde gefasst, und als man ihn fragte, warum er das getan hatte, sagte er: weil er berühmt werden wollte.
„Daraufhin erklärten die Behörden, dass sein Name für immer ausgelöscht werden würde – die sogenannte damnatio memoriae (Verfluchung des Andenkens). Diese Vorschrift besagte, dass jeder, der in Zukunft seinen Namen nannte, hingerichtet werden würde“, meinte Jones. „So wollte man ihn aus der Geschichte streichen. Aber wissen Sie, was passiert ist? Heute kennen wir seinen Namen. Er lautet Herostratus. Über ihn sind Bücher und Dramen geschrieben worden. Von den Erbauern des Tempels dagegen wissen wir kaum etwas. Deren Namen sind zum größten Teil vergessen.”
„Warum hat Mark David Chapman John Lennon getötet?“, fuhr Jones fort. „Chapman erklärte ohne Umschweife, er hätte es getan, um Aufmerksamkeit zu bekommen und ‚um etwas von John Lennons Ruhm einzuheimsen‘.31 Er teilte der Bewährungskommission mit: ‚Dieses helle Licht des Ruhmes, der Schande, der Ruchlosigkeit war da, vor meinen Augen. Ich konnte ihm nicht widerstehen.‘32 Als das Baby von Charles Lindbergh entführt wurde, behaupteten mehr als zweihundert Personen fälschlicherweise, die Tat begangen zu haben.33 Das zeigt, wie groß die Sehnsucht nach Aufmerksamkeit ist – auch negativer Aufmerksamkeit.
Tragischerweise erleben wir das viel zu oft“, schloss er. „Der Amokschütze von Parkland, der siebzehn Menschen erschoss, hatte vor seiner Tat ein Video aufgenommen, in dem er sagte: ‚Wenn ihr mich in den Nachrichten seht, werdet ihr alle wissen, wer ich bin.‘34 Die Mörder der Lehrer und Schüler der Columbine High School haben im Vorfeld darüber spekuliert, welcher berühmte Regisseur wohl einen Film über sie drehen würde. Für solche Menschen gibt es keinen Gott, kein Gericht und kein Leben nach dem Tod. Was spricht also dagegen, sich einen glorreichen Abgang zu verschaffen und so einen Namen zu machen?“
Mir lief ein Schauer über den Rücken. „Letztendlich sind all diese Arten von symbolischer Unsterblichkeit extrem vergänglich, nicht wahr?“
„Das stimmt. Sie sind schließlich alle nur symbolischer Natur – man ist trotzdem tot, stimmt’s? Letztendlich kann man nichts erreichen, was wirklich zählt. Der römische Kaiser Mark Aurel hat das treffend formuliert: ‚… diejenigen, die mehr dem Nachruhm nachgehen, bedenken nicht, dass die kommenden Geschlechter ebenso beschaffen sein werden wie die jetzigen, über die sie sich beschweren. Auch jene sind ja sterblich.‘35
Seien wir ehrlich: Ruhm verblasst im Allgemeinen ziemlich schnell. Die meisten Verbrecher geraten in Vergessenheit. Unsere Leistungen verlieren an Bedeutung, weil andere anschließend mehr leisten als wir. Die große Mehrheit der Menschen, die sich verzweifelt bemühen, berühmt zu werden, scheitert. Diejenigen, denen es gelingt, einen gewissen Grad an Prominenz zu erlangen, müssen die Feststellung machen, dass sie ständig wachsam sein, sich abstrampeln und sorgfältige Schadensbegrenzung betreiben müssen, um ihren Status zu erhalten.“
Er lächelte und setzte hinzu: „Fragen Sie einfach Madonna!“
Von Büchern und Schokoladentorte
Angesichts der Tatsache, dass die verschiedenen Versuche, ohne Gott unsterblich zu werden, so kläglich scheitern, schlagen viele Atheisten einen anderen Weg ein, um ihre Angst vor dem Tod zu überwinden. Vielleicht, sagen sie, ist Sterben ja gar nicht so schlecht. Vielleicht ist es tatsächlich besser als diese Vorstellung von der Unsterblichkeit. Vielleicht ist das Grab in Wirklichkeit ein Segen?
„Sie versuchen, die Angst vor dem Tod dadurch kleinzureden, dass sie behaupten, sie würden sowieso nicht ewig leben wollen“, erklärte mir Jones. „Sie behaupten, ewig zu leben wäre schrecklich langweilig. Irgendwann würden uns die Ideen ausgehen, was wir noch alles Schönes tun könnten. Die endlose Wiederholung wäre anstrengend und würde uns in den Wahnsinn treiben.“
Von Zeit zu Zeit haben Atheisten im Gespräch mit mir tatsächlich dieses Argument angeführt. Ihre Einstellung wird in einem Zitat auf den Punkt gebracht, das dem Science-Fiction-Autor Isaac Asimov zugeschrieben wird: „Wie groß die Qualen der Hölle auch sein mögen – ich glaube, die Langeweile im Himmel wäre weitaus schlimmer.“36
„Natürlich ist das ein Scheinargument“, meinte Jones. „Der Atheist Stephen Fry hat gesagt, eine leckere Torte zu essen oder ein gutes Buch zu lesen bereite uns großes Vergnügen, weil diese Dinge endlich sind. Aber ein Buch, das kein Ende hätte, und eine Torte, die man unaufhörlich weiteressen könnte, würden schnell ihren Reiz verlieren.“37
Jones hob beschwörend die Hände. „Wer in aller Welt spricht von ständiger Wiederholung?“, fragte er. „Wir könnten jetzt schon jeden Tag Schokoladentorte essen und irgendwann die Nase voll davon haben, aber wir tun es nicht. Wir ernähren uns abwechslungsreich und gönnen uns die Torte nur ab und zu. Und hat schon mal jemand von einem Buch gehört, das kein Ende hat? Alle guten Bücher haben einen Höhepunkt und einen Schluss – und wir lesen auch nicht immer wieder dasselbe Buch.“
„Und außerdem“, sagte er, „wenn es den Himmel wirklich gibt, dann wird Gott alles neu machen38, und er wird beständig damit beschäftigt sein, für uns eine Welt zu erschaffen, die immer wieder neue Gründe zur Freude und viele Wunder enthält. Wenn Gott all die wunderbaren, atemberaubenden Dinge erschaffen kann, die es in unserem jetzigen Universum gibt, ist er sicherlich dazu imstande, den Menschen im neuen Himmel und auf der neuen Erde ein Leben zu schenken, das viele anregende und lohnende Erfahrungen beinhaltet und niemals langweilig wird.“
Mir fiel ein Bibelvers ein, der genau das zum Ausdruck bringt: „Kein Auge hat je gesehen, kein Ohr je gehört und kein Verstand je erdacht, was Gott für diejenigen bereithält, die ihn lieben.“39
Jones nannte noch einen weiteren Ansatz, den Atheisten verfolgen, um den Tod kleinzureden: Sie sagen, Sterben sei gut, da es den Weg dafür frei mache, dass andere leben können. Der Apple-Mitbegründer Steve Jobs sagte in einer Ansprache anlässlich einer Abschlussfeier: „Der Tod ist wahrscheinlich die allerbeste Erfindung des Lebens, weil er das Alte wegräumt, um Platz für das Neue zu schaffen.“40
Jones fügte hinzu: „Selbst wenn es stimmen würde, dass das Rettungsboot der Menschheit so voll ist, dass jemand im Eiswasser ertrinken muss, damit andere überleben können: Warum sollte uns das irgendwie trösten? Aber in Wahrheit ist es vollkommen irrelevant. Das ist nicht die Situation, in der wir uns befinden. Niemand muss heute sterben, weil wir nicht genügend Ressourcen haben.“
„Ich war nicht. Ich war. Ich bin nicht. Ich sorge mich nicht.“
Eine andere beliebte Methode, die Angst vor dem Tod in den Griff zu bekommen, geht auf den griechischen Philosophen Epikur zurück (341–270 v. Chr.). Dieser stellte im Wesentlichen die Frage: Warum sollte der Tod uns bedrücken, da es sich doch nur um dieselbe Art der Nichtexistenz handelt, die wir besaßen, bevor wir geboren wurden? Wenn dein präexistenter Zustand vor diesem Leben dir keine Sorgen bereitet hat, warum solltest du Angst davor haben, nach diesem Leben wieder in die Nichtexistenz zu versinken? Wie Jones in seinem Buch Immortal feststellte, lautete ein beliebter Spruch auf alten römischen Gräbern: „Non fui, fui, non sum, non curo“ – „Ich war nicht. Ich war. Ich bin nicht. Ich sorge mich nicht.“41
„Das Evangelium des Atheismus besagt …, dass nach dem Tod nichts mehr geschieht“, meinte der Atheist Sam Harris vor einer Versammlung von Skeptikern. „Es gibt nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste, nichts, wovor man sich fürchten müsste, wenn man nach dem Sterben wieder in das Nichts verwandelt wird, das man war, bevor man geboren wurde … Darum ist nicht der Tod das Problem. Das Leben ist das Problem.“42
„Was antworten Sie auf dieses Argument?“, wollte ich von Jones wissen.
„Wie der Philosoph Thomas Nagel schon gesagt hat: Das Problem ist nicht der Zustand der Nichtexistenz – das Problem ist der Verlust des Lebens“, antwortete er. „Stellen Sie sich vor, man würde Ihnen sagen, dass Sie bald in den Geisteszustand eines kleinen Babys zurückfallen, das rundum zufrieden ist, solange sein Bäuchlein voll und seine Windel trocken ist. Damals waren Sie schließlich glücklich – also, warum sollten Sie nun nicht auch glücklich sein? Mal ehrlich, ich glaube nicht, dass das irgendjemanden trösten würde. Das Problem ist das, was einem genommen wird. Wie Nagel sagte: Wenn wir nur das Leben haben, dann würde ‚es zu verlieren der größte Verlust sein, den wir erleiden könnten‘.“43
Ich warf ein: „Natürlich beruht die Behauptung, dass nach dem Tod nichts mehr kommt, auf der Annahme, dass der christliche Glaube falsch ist.“
„Genau“, bestätigte Jones. „Wenn der christliche Glaube wahr ist – und wir haben gute Gründe, das anzunehmen –, dann erwartet uns nach dem Tod das Gericht. Dann gäbe es Konsequenzen für diejenigen, die Gottes Angebot ausgeschlagen haben. Uns erwartet nicht die Leere der Nichtexistenz – uns erwartet entweder eine Ewigkeit mit Gott oder die ewige Trennung von ihm. Das ist die tatsächliche Wahrheit, was das Thema ,Unsterblichkeit‘ angeht.“
„Seien wir ehrlich“, setzte er hinzu, „Skeptiker behaupten gern, dass Christen das Christentum erfunden haben, um der Angst vor dem Tod zu entgehen. Aber schauen Sie sich mal all den Unsinn an, den sich Skeptiker einfallen lassen, um ihre eigene Angst vor dem Tod zu bewältigen. Das alles führt zu nichts. Wie ein Arzt in ,Psychology Today‘ treffend schrieb: ‚Ich habe versucht, meine Angst vor dem Tod intellektuell zu überwinden, und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass das nicht machbar ist, jedenfalls in meinem Fall.‘“44
Jones fasst in seinem Buch zusammen, wie Atheisten die Ewigkeit ohne Gott sehen: „Wenn du stirbst, wird dein Bewusstsein ausgelöscht. Dein Körper wird verwesen, so wie es in dem Lied ,The Hearse Song‘ so schön heißt: ‚Die Würmer krabbeln rein, die Würmer krabbeln raus, die Würmer tanzen Twist auf dir und höhl’n dich langsam aus.‘ Du kannst nicht darauf hoffen, die Menschen, die du liebst, wiederzusehen. Du wirst nie wieder die Gegenwart anderer Menschen genießen, dich nie wieder über Sonnenuntergänge, Strände, Wellen, Berge, Bäume, Rosen oder sonst irgendetwas freuen. Bald wirst du ganz vergessen sein oder allenfalls als kleine Fußnote der Geschichte enden. Aber selbst wenn du eine Fußnote der Geschichte bist, macht das wirklich einen Unterschied?“45
Ganz anders die Zukunftsaussichten, die das Christentum für die Menschen bereithält, die Jesus Christus nachfolgen: Gottes Gegenwart genießen und feiern. Wiedervereinigung mit unseren Lieben. Ein Leben ohne Tränen, Nöte und Ängste. Eine wunderbare Welt voller spannender Abenteuer und Entdeckungen. Zufriedenheit, Freude, Liebe – für immer.
Kein Wunder, dass sogar der atheistische Philosoph Luc Ferry zugibt: „Ich garantiere Ihnen, dass unter all den Lehren, die es zum Thema ,Ewigkeit‘ gibt, keine mit dem Christentum konkurrieren kann – vorausgesetzt, dass Sie daran glauben.“46
Und – wie ich noch hinzufügen würde – vorausgesetzt, dass es für unseren Glauben tragfähige Beweise gibt.
Das wichtigste Thema überhaupt
Jones hatte darauf hingewiesen, dass in Bezug auf unseren unvermeidlichen Tod falsche Hoffnungen, Wunschdenken, verzweifeltes Leugnen oder fruchtlose Anstrengungen wenig hilfreich sind, um auf irgendeine Weise ohne Gott eine Pseudounsterblichkeit zu erlangen. Falls der Himmel nur „ein Märchen für Menschen ist, die sich vor der Dunkelheit fürchten“, wie der Physiker Stephen Hawking47 es ausdrückte, sollten wir einen großen Bogen um diese trügerische Hoffnung machen.
Falls jedoch John Lennox, Professor an der Universität Oxford, recht hat, der sagt, dass „der Atheismus ein Märchen für Menschen ist, die sich vor dem Licht fürchten“ – und dass es gute Gründe dafür gibt, daran zu glauben, dass unser Tod in dieser Welt die Tür zu einer viel großartigeren, ewigen Existenz sein kann –, dann ist das zweifellos das wichtigste Thema, mit dem wir uns beschäftigen können. Dieses Leben, und wenn es uns noch so viel bedeutet, ist ja nur ein Augenblick im Vergleich zu der grenzenlosen Unendlichkeit der Ewigkeit.
Jones und ich tranken unsere Limonade aus und standen auf. Gerade in diesem Moment kam seine Frau Jean E. ins Zimmer. Jones stellte uns einander vor und sagte dann: „Wollen wir noch zusammen essen gehen?“
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich freute mich auf ein zwangloses Essen und ein entspanntes Gespräch, bevor ich mich wieder meinem Thema zuwandte und den riesigen Berg an Forschungsarbeit erklomm, der vor mir lag.
Was Clay Jones über die allgemein verbreitete Sehnsucht nach Unsterblichkeit gesagt hatte, klang für mich überzeugend. Aber das bedeutete nicht, dass die christliche Sicht vom Leben nach dem Tod auch automatisch wahr war. Ich musste mich noch mit der Frage beschäftigen, ob die Annahme, dass wir nach dem Tod unseres Körpers weiterleben, wissenschaftlich begründbar ist. Würde das nicht voraussetzen, dass wir eine Seele besitzen, die weiterexistieren kann, nachdem wir unseren letzten Atemzug getan haben? Ich musste unbedingt in Erfahrung bringen, ob es wissenschaftlich überzeugende Beweise dafür gibt, dass wir Menschen einen solchen immateriellen Persönlichkeitsanteil besitzen.
Ich hatte vor Kurzem von einer Neurowissenschaftlerin gehört, die in Cambridge studiert hatte und möglicherweise überzeugende Antworten liefern könnte. Obwohl sie auf der anderen Seite des Ozeans in England lebte, würde die moderne Technik es uns ermöglichen, ein ausführliches Gespräch zu diesem Thema zu führen.
Ich war entschlossen, es Jones gleichzutun. Ich würde keinem schwierigen Thema ausweichen.
Haben wir nach dem Tod ein Bewusstsein?
Die menschliche Seele ist für mich nun die einzige Realität.
Sir Charles Sherrington, Wissenschaftler und Nobelpreisträger, kurz vor seinem Tod
Ralph Lewis war in einer jüdischen Familie in Südafrika aufgewachsen. Er hatte sich selbst immer als Skeptiker betrachtet, auch wenn er einige religiöse Rituale in der Synagoge schätzte. Er wurde Psychiater in Kanada und nahm eine Lehrtätigkeit an der Universität von Toronto auf.
Als seine Frau Karin mit Brustkrebs kämpfte, wurden beide Atheisten – auch wenn Karin durch „irgendeine Art von Fügung“ und aufgrund glücklicher Umstände wieder gesund wurde. Atheismus war für ihn der nächste logische Schritt, der sich aus ihrer materialistischen Lebensphilosophie ergab, die besagt, dass es keine geistliche Dimension jenseits der physischen Welt gibt.
Lewis ist der Ansicht, dass niemand eine Seele hat, die den Tod übersteht. „Es gibt in der wissenschaftlichen Realität einfach keinen Platz für den Glauben an eine spirituelle Ebene“, sagte er. „Punkt.“
Obwohl er einräumt, dass Menschen intuitiv an die Existenz einer Seele glauben, ist dies in seinen Augen Wunschdenken. „Der Gedanke an den Tod war nie besonders anziehend, vor allem, wenn man ihn als endgültiges Ende des Daseins betrachtet. Er wird nur dann erträglicher, wenn man ihn als Durchgangsstadium zu einem himmlischen Paradies versteht, das von vielfältigen Freuden erfüllt ist“, meinte er. „Wir Menschen sind zutiefst egozentrisch, und es entspricht unserer Natur, alles in dieser Welt auf uns selbst zu beziehen. Wir können nur schwer erfassen, dass die Welt ohne uns bestehen könnte, und die Vorstellung, dass wir einmal nicht länger existieren, bereitet uns die größten Schwierigkeiten.“
Lewis glaubt, dass die Materie „durch spontane, nicht von außen initiierte Prozesse der Selbstorganisation Gestalt angenommen und sich dann aufgrund mächtiger evolutionärer Kräfte zu biologischen Organismen entwickelt hat – auch dies ohne Einwirkung von außen“. Das menschliche Bewusstsein habe sich während unserer Evolutionsgeschichte auf irgendeine bislang unerklärliche Weise von selbst entwickelt. „Unser Bewusstsein ist das Produkt unseres Gehirns“, schrieb er. „Unser Bewusstsein ist (nur) das, was unser Gehirn tut.“
Wenn unser Gehirn stirbt, sterben und verwesen auch wir. Wie wird es sich anfühlen, tot zu sein? „Nun, erinnern Sie sich daran, wie Sie sich während all der Äonen gefühlt haben, bevor Sie geboren wurden?“, fragt er. „Genauso.“1
Physikalismus und Dualismus
Ich kann die Haltung von Ralph und Karin Lewis gut nachzuvollziehen. Wenn wir mit gravierenden Schwierigkeiten konfrontiert sind, gesundheitliche Probleme haben oder gar befürchten müssen zu sterben, ist es ganz normal, nach Antworten zu suchen. Manche halten sich in solchen Phasen an religiösen Überzeugungen fest. Andere wenden sich von ihrer religiösen Erziehung ab. Aber ich interessierte mich für einen anderen Ansatz – ich wollte von dem ausgehen, was wir tatsächlich wissen, und herausfinden, worauf die Fakten hindeuten.
Könnten wir mehr sein als nur unser Gehirn? Sollten wir die darwinsche Lehre infrage stellen, dass die Seele eine Erfindung unserer Fantasie ist? Könnte es vielleicht sein, dass die antiken Lehren stimmen, die besagen, dass wir Menschen beides sind – Körper und Geist?
Viele Wissenschaftler teilen heutzutage Lewis’ skeptischen Standpunkt. In ihren Augen sind wir nicht mehr als unser Gehirn. „Der wissenschaftliche Konsens besagt …, dass es nur eine Art von Stoff gibt, nämlich Materie – der Stoff, mit dem sich Physik, Chemie und Physiologie befassen –, und dass das Bewusstsein bloß ein materielles, physikalisches Phänomen ist“, schrieb der atheistische Philosoph Daniel Dennett.
„Kurz gesagt, das Bewusstsein ist das Gehirn“, fuhr er fort. „Wir können (im Prinzip!) jedes geistige Phänomen auf dieselben physikalischen Prinzipien, Gesetze und Grundlagen zurückführen, mit denen wir auch Radioaktivität, Kontinentalverschiebung, Photosynthese, Reproduktion, Ernährung und Wachstum erklären.“2
Sir Colin Blakemore, Professor für Neurowissenschaften an der Universität Oxford, sagte: „Das menschliche Gehirn ist eine Maschine und die alleinige Ursache für all unsere Handlungen, unsere Gedanken und unsere Überzeugungen. All unser Handeln resultiert aus unseren Hirnaktivitäten.“3
All unser Handeln? Wirklich? Ja, sagt die Philosophin Patricia Churchland, aber sie versichert, dass das für sie kein Problem sei. In einem Artikel mit dem Titel: „Warum es gut für uns ist, wenn wir verstehen, dass wir nur ein Gehirn sind“, erklärt sie ihrem Interviewpartner: „Meine Güte, die Liebe, die ich für mein Kind empfinde, ist wirklich reine Chemie? Ja, genauso ist es. Aber das stört mich nicht.“4
Physikalismus ist eine der drei Richtungen dieser Philosophie.5 Einige Physikalisten wie zum Beispiel Daniel Dennett glauben, Bewusstsein sei nur eine Illusion. Andere Physikalisten sind der Meinung, dass es zwar ein Bewusstsein gebe, dass dieses jedoch nur ein Produkt des Gehirns sei, das sich im Verlauf der Entwicklung des Menschen auf natürliche Weise zu einem immer komplexeren Wesen herausgebildet habe. Allerdings konnte noch niemand eine glaubwürdige Erklärung dafür liefern, wie genau sich das Bewusstsein entwickelt haben könnte.
„Wie kann bloße Materie Bewusstsein hervorbringen? Wie konnte die Evolution das Wasser bloßen biologischen Gewebes in den Wein des Bewusstseins verwandeln?“, fragt der Philosoph Colin McGinn. „Bewusstsein scheint eine radikale Neuerung im Universum zu sein, nicht durch die Nachwirkungen des Urknalls angestoßen – wie konnte es sich also aus dem entwickeln, was ihm vorausging?“6
Dualismus – die Vorstellung, dass Menschen Mischwesen sind, die aus einem physischen Körper und einen immateriellen Geist oder einer Seele bestehen – scheint hier intuitiv naheliegender zu sein. Tatsächlich haben „die meisten Menschen die meiste Zeit an den meisten Orten und während der meisten Epochen“ daran geglaubt, schrieben die Philosophen Mark Baker und Stewart Goetz in The Soul Hypothesis. „Ein solcher Glaube wird in fast allen menschlichen Kulturen bezeugt.“7
Zu den Dualisten – Menschen, die glauben, dass wir sowohl einen Körper als auch eine Seele haben – gehören Denker wie Augustinus, Thomas von Aquin, Descartes, Leibniz, Locke und Kant ebenso wie die Wissenschaftler Newton und Galileo sowie anerkannte Philosophen und Wissenschaftler der Gegenwart.8
Es gibt Hinweise darauf, dass Kinder von Natur aus Dualisten sind. Psychologen haben eine Studie mit Kindern durchgeführt, denen sie von einer Maus erzählten, die von einem Krokodil gefressen wurde. Obwohl die Vier- und Fünfjährigen wussten, dass die Maus nicht länger körperlich lebendig war, glaubten sie, dass sie in psychologischer Hinsicht noch lebte und weiterhin Gedanken und Wünsche hatte.9 Haben Sie auch schon einmal etwas Ähnliches bei einem Kind erlebt?
„Die Hypothese von der Seele scheint für uns Menschen sehr naheliegend zu sein. Sie lässt sich gut mit unserem Denken und unserer Erfahrung in Einklang bringen“, schreiben Baker und Goetz.10