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"Warum tut denn keiner was? Irgendwann stirbt jede Art – sind nun wir dran? Wir sind zu viele. Wir verpesten, vermüllen, verschandeln, wir vergeuden. Nachhaltigkeit lügen wir uns vor, das Auto bleibt unser Götze, Wachstum bleibt unser Fetisch." Haben wir noch eine Chance? Oder ist für das Leben unserer Enkel schon alles zu spät? Die Frage nach dem Schicksal und der Menschheit hat Wolf Schneider nie losgelassen. Schon 1966 hat er in der Süddeutschen Zeitung das Ende des Verbrennungsmotors gefordert. In dieser Streitschrift warnt er mit all seiner Erfahrung aus einem langen Leben die Nachgeboren mit einem persönlichen ökologischen Manifest - direkt, aufrüttelnd, unbarmherzig in der Analyse.
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Seitenzahl: 54
Wolf Schneider
Denkt endlich an die Enkel!
Eine letzte Warnung, bevor alles zu spät ist
Warum tut denn keiner was?
Irgendwann stirbt jede Art – sind nun wir dran? Wir sind zu viele. Wir verpesten, vermüllen, verschandeln, wir vergeuden. Nachhaltigkeit lügen wir uns vor, das Auto bleibt unser Götze, Wachstum bleibt unser Fetisch. Ist für das Leben unserer Enkel auf diesem Planeten schon alles zu spät? Oder hat die Menschheit noch eine Chance? In dieser Streitschrift warnt Wolf Schneider uns mit all seiner Erfahrung aus einem langen Leben in einem persönlichen ökologischen Manifest – klar, aufrüttelnd, unbarmherzig in der Analyse.
Warum tut denn keiner was? Warum wird alles vielmehr immer schlimmer – von den Müllhalden zu Land, den Plastikseen in den Meeren bis zum Klimawandel, von der atomaren Hochrüstung bis zur weltweiten Bevölkerungsexplosion?
Wir gehen mit unserem Planten um, als hätten wir eine zweite Erde in Reserve. Sind wir noch zu retten? Oder sind wir schon am Ende? Dieses Buch ist eine eindringliche Warnung aus der Erfahrung eines langen Lebens.
Wolf Schneider, 94, hat vier Kinder, zehn Enkel und vier Urenkel. Er ist Autor von 28 Sachbüchern, darunter drei Bestsellern und einer großen Kulturgeschichte der Menschheit («Der Mensch – eine Karriere») – laut Neuer Zürcher Zeitung «ein grandioses, mit gewaltigem Wissen und immensem Sachverstand geschriebenes historisches Panorama».
Schneider war Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in Washington, Verlagsleiter des Stern, Chefredakteur der Welt, Moderator der NDR-Talkshow und 16 Jahre lang Leiter von Deutschlands renommiertester Journalistenschule. Er ist Honorarprofessor der Universität Salzburg, Träger des «Medienpreises für Sprachkultur» der Gesellschaft für deutsche Sprache und des Henri-Nannen-Preises für sein publizistisches Lebenswerk.
Sein großes Thema «Wie geht es mit der Menschheit weiter?» bewegt ihn seit 61 Jahren: 1958 erschien in der Süddeutschen Zeitung, anlässlich der dritten Menschenmilliarde, seine erste Warnung vor der drohenden Überfüllung der Erde – und 1966 sein Leitartikel «Tod dem Verbrennungsmotor».
Meinen 14 Enkeln und Urenkeln gewidmet
Die Menschheit steht vor einer schrecklichen Gefahr – und einer kaum noch vermeidbaren Katastrophe.
Die Gefahr: Mit der Atombombe hat der Mensch die in ihrer Art großartige Leistung vollbracht, dass er imstande wäre, sich, seiner Milliardenzahl zum Trotz, vollständig auszurotten. Schon die 25000 Atomsprengköpfe im Besitz Russlands und der USA würden dafür vermutlich genügen – aber dazu kommt die Liebe zur Atombombe, wie China und Nordkorea, Indien und Pakistan, Israel und Iran sie pflegen.
Beim Atom besteht indessen noch ein Rest von Hoffnung, dass der große Wahnsinn unterbleibt. Mit gnadenloser Konsequenz aber nähert sich die andere Katastrophe: die, dass die Menschheit an ihrer Überzahl, an ihrem Übermut, an ihrer Gier zugrunde geht.
Schon 2007 hat die Uno festgestellt: «Die Menschheit lebt über ihre Verhältnisse.» Und 2011 stellte der dreifache Pulitzer-Preisträger Thomas L. Friedman in der New York Times die Frage: «Wieso geraten wir eigentlich nicht in Panik, wenn doch offensichtlich ist, dass wir bei Wachstum, Klima, Ressourcen, Bevölkerung die rote Linie gleichzeitig überschritten haben?»
Hat sich seitdem irgendwas gebessert? Nichts – verschlimmert das meiste. Zu Lande wachsen die Wüsten, die Müllhalden, die Betonburgen, die Schrottgebirge. In den Ozeanen wachsen die Plastik-Meere. In den Fabriken wächst die Produktion, immer noch. Die Menschheit selber wächst der achten Milliarde entgegen; zwei Milliarden waren es, als ich zur Schule ging. Für das Jahr 2050 werden 2,5 Milliarden Menschen allein für Afrika prognostiziert.
Wir sind zu viele geworden für einen Planeten. Zu tüchtig, zu gierig sind wir auch. Wir vermüllen, zertrampeln, vergiften die Erde, als hätten wir eine zweite in Reserve.
Noch schneller als die Menschheit wächst ihr Energieverbrauch: Verzwanzigfacht hat er sich in meiner Lebensspanne. Und am schnellsten wächst unser aller Gier: Natürlich tun die Armen das Äußerste, um an Luxus und Verschwendung zu den Reichen aufzuschließen – mit vollem Recht! Und die Reichen wollen noch reicher werden, was denn sonst?
Was nirgends wächst, ist die Einsicht, dass es so unmöglich noch lange weitergehen kann – auf diesem hoffnungslos begrenzten Planeten, der in unendlicher Einsamkeit durchs Weltall rast! Ja, 2015 hat die Uno beschlossen, bis zum Jahr 2030 «eine bessere Zukunft für alle Menschen zu schaffen». Großartig! Und wodurch? Durch «nachhaltiges» Wirtschaftswachstum und «nachhaltige» Industrialisierung! Durch genau das also, wovon die Menschheit sich verabschieden müsste, wenn sie die Erde nicht noch mehr ramponieren will: «Nachhaltigkeit» ist die beschönigende Floskel dafür, ich komme darauf zurück.
Die in der Uno vertretenen Regierungen, unsere Politiker überhaupt tun absolut nicht das, was ihre Enkel vor Schaden bewahren könnte. Wo bleibt, wenigstens in Deutschland, ein Generalstabsplan zum Kampf gegen das Generalübel: die allgegenwärtige Verschwendung? Ein Zwanzig-Jahres-Plan zum Beispiel zur allmählichen, aber unerbittlichen Verteuerung des Stroms und des Benzins, in vielen kleinen Schritten, mit Zeit genug für die Industrie und für uns alle, uns allmählich umzustellen? Alle zwei Jahre ein kleiner Schritt – das wäre doch zumutbar, und in 20 Jahren wäre Großes erreicht.
Doch wie soll sich für dergleichen eine politische Mehrheit finden? Und wenn doch: Würde das nächste Parlament die ganze Zumutung nach vier, fünf Jahren wieder beseitigen? Der Wahlrhythmus der Demokratie lässt den langen Plan, den großen Wurf nicht zu.
Selbst wenn aber Deutschland etwas von dieser Art schaffen sollte – unser Einfluss auf die Erde wäre doch, mathematisch gesprochen, eine zu vernachlässigende Größe: Wir stellen etwa ein Prozent der Weltbevölkerung, und von der Landfläche der Erde bedeckt Deutschland den 417. Teil. Retten können wir sie also nicht, die Erde, jedenfalls nicht allein, und der Dreck, die Treibhausgase der anderen 416 Regionen werden uns heimsuchen, so oder so.
Noch dazu leistet sich Deutschland, was die Vergiftung der Atmosphäre angeht, ein groteskes Übermaß – und das erreichte 2019 einen neuen Gipfel: Unsere Braunkohle darf noch 19 Jahre stinken, und die gehätschelte Autoindustrie darf sich in schierem Aberwitz gefallen: Hat da Daimler-Benz doch einen Monster-SUV auf den Markt gedonnert, wieder eckig wie ein beliebtes Modell von 1979 – und daher mit einem Luftwiderstand «wie die Eigernordwand», spottete die Süddeutsche Zeitung. Mit 422 PS lässt sich die gigantische Dreckschleuder in 4,5 Sekunden auf Tempo 100 jagen.
Ein Sturmgeschütz des Wahnsinns also – und dass keine Regierung, kein Parlament dergleichen verhindert, dass die Grünen nicht einmal dagegen anschreien im Protest, beweist: Unser Auto steht uns natürlich näher als die Zukunft des Planeten Erde.
Ist denn einer, der mit 422 PS über den Brenner donnert (oder kriecht), wenigstens zufriedener als der, der 1951 mit 27 PS zum ersten Mal nach Italien rollen konnte? (Wie ich zum Beispiel.) Eher ist es umgekehrt. Wir strampeln uns ab in der Hedonic Treadmill