Der andere Schlaf - Julien Green - E-Book

Der andere Schlaf E-Book

Julien Green

4,7

Beschreibung

Dieses frühe Werk, ein poetisches Schlüsselbuch zu Greens Gesamtwerk, erzählt mit meisterhaftem Einfühlungsvermögen die Geschichte einer Knabenliebe.

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Julien Green

Der andere Schlaf

Roman

Aus dem Französischen von Peter Handke

Impressum

Titel der Originalausgabe: L´Autre Sommeil, Paris 1931

ISBN: 978-3-446-25240-0 © der Originalausgabe Edition du Seuil Alle Rechte der deutschen Ausgabe: © Carl Hanser Verlag München 1988/2016 Umschlagsgestaltung: © Peter-Andreas Hassiepen

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Datenkonvertierung E-Book: Kreutzfeldt digital, Hamburg

Wer weiß, ob jene Hälfte des Lebens,da wir zu wachen glauben,nicht ein anderer Schlaf ist,ein wenig verschieden von dem einen,aus dem wir erwachen,wenn wir zu schlafen glauben?

PASCAL

Nie überquere ich den Pont d’Iéna, ohne mich für einen Augenblick an das Geländer zu lehnen. War es hier oder weiter weg? Mir scheint, es war etwa in der Mitte der Brücke, auf der Seite von Saint-Cloud. Mein Cousin packte mich unter den Armen und hob mich unversehens auf die Steinbrüstung. Ich stand da, vor Schreck stockte mir der Atem, ich schloß die Augen, und meine Hände verkrampften sich. Dann traf mich Claudes Stimme, ein wenig schroffer als sonst: »Siehst du die Schwaneninsel? Siehst du Grenelle?« Der Wind trug meine Antwort davon oder verschloß mir überhaupt die Lippen. Ich hatte Angst. Die Hände meines Cousins umgriffen meine Knöchel zu fest, und ich spürte, wie sie zitterten.

Wenn ich die Augen wieder öffnete, befiel mich ein leichter Schwindel. Der Himmel über mir zog von rechts nach links, und die Riesenplatanen, die den Fluß säumen, bebten, bogen sich, richteten sich in der Sonne neu auf. Majestätisch flossen die schmutzigen Fluten der Seine. Unten am Hafen blieben Spaziergänger stehen, ohne Augen für mich Verängstigten, betrachteten das Wasser und schlurften weiter. Momentlang verschwanden sie hinter einem Sand- oder Ziegelhaufen, dann tauchten sie wieder auf, aber sie erschienen so klein, daß mein Herz sich zusammenzog und ich den Blick abwenden mußte. In einer Art Taumel verschwamm das Bild vor meinen Augen, und ich sah nichts mehr, weder die Schwaneninsel, noch Grenelle, noch die Vagabunden im Hafen – einzig, verloren im Himmel, welchen sie mit ihren Strahlen erfüllten, die weiße Nacktheit der das Flußbild bestimmenden Statuen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!