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Ein Road-Trip durch die Wirren einer Sommerliebe
Frieda hat ihre Eltern ewig bekniet und endlich ist es so weit: Sie darf die Band BlackBirds auf ihrer Sommertour als Kamerafrau begleiten, um die schönsten, wildesten Momente dieser Reise festzuhalten. Milo, der charismatische, undurchsichtige Sänger, hat sie dazu eingeladen. Frieda ist nach Jeffers Verschwinden nicht bereit, sich neu zu verlieben, doch sie spürt auch diese heftige Spannung zwischen ihnen. Als sie sich auf Milo einlässt, weiß sie nicht, ob es die richtige Entscheidung war – denn da ist auch noch Linda, bald schon so etwas wie eine Freundin, aber auch Milos größtes Geheimnis …
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Seitenzahl: 281
© Gerlind Clemens
DIE AUTORIN
Patrycja Spychalski, geboren 1979 in Starogard, Polen, zog im Alter von neun Jahren mit ihren Eltern nach Berlin. Nach dem Abitur absolvierte sie eine Schauspielausbildung, wandte sich dann aber einem ganz anderen Bereich zu: Seit 2002 arbeitet sie in vielfältigen sozial-kulturellen Projekten mit Kindern und Jugendlichen. Sie schrieb schon mehrere Kurzgeschichten für Anthologien, bevor sie ihren ersten Roman »Ich würde dich so gerne küssen« verfasste. Spätestens nachdem man dieses Buch gelesen hat, merkt man, dass ihre große Liebe der Rockmusik gilt – selbstverständlich neben ihrem Freund, ihrem kleinen Sohn Juri und ihren beiden neurotischen Katzen, mit denen sie in Berlin lebt.
Weitere lieferbare Titel von Patrycja Spychalski bei cbt:
Ich würde dich so gerne küssenFern wie Sommerwind
Patrycja Spychalski
DER EINE KUSS VON DIR
cbt ist der Jugendbuchverlagin der Verlagsgruppe Random House
1. Auflage
Erstmals als cbt Taschenbuch Februar 2014
Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform
© 2014 cbt Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Ivana Marinović
Umschlaggestaltung: © Kathrin Schüler, Berlin unter Verwendung eines Motivs von mauritius images / Photo Alto
jb · Herstellung: kw
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-11951-5www.cbt-jugendbuch.de
»JAAA! – EINE PIZZA schön gedrittelt ist die beste Grundlage für eine starke Nacht!«, schreit Dan quer über den ganzen Bahnhof und stopft sich sein Drittel in den Mund, als könnte gleich jemand kommen, der sie ihm streitig macht.
»Weißt du was? Kannst mein Stück auch haben«, sage ich, in der Hoffnung, dass er dann noch eine Weile seinen Mund hält. Ich reiche ihm meine fettige Pappe und er grapscht sich die Pizza mit einem breiten Grinsen.
Wir ziehen die Blicke der anderen Fahrgäste auf uns, wie wir da am Boden hocken, völlig assi die Fliesen mit Tomatenmatsche volltropfen und mit unseren dicken Rucksäcken den Weg versperren. Edgar ist auch völlig genervt, ganz besonders wegen Dan. So war das alles nicht geplant.
Die BlackBirds starten heute ihre Tour in Wittstock. Edgar und ich sollten mit in den Tourbus, doch die Verstärker sind so verdammt groß, dass in letzter Minute kein Platz mehr für uns war. Eigentlich wollte ich daraufhin am liebsten gleich wieder nach Hause abziehen, aber ich hatte mich verpflichtet, die Jungs mit meiner Kamera auf ihrer Tour zu begleiten, und sogar schon Geld dafür im Voraus kassiert, deshalb blieb mir nichts anderes übrig, als so zu tun, als würde mir das nichts ausmachen. Rock’n’Roll, oder was? Ich hatte dann auch gleich noch ein bisschen gefilmt, wie die Instrumente in den Bus verstaut wurden, unter Keuchen und Fluchen und ein paar blöden Sprüchen. Dann, als alles am richtigen Platz war, klopften sich alle gegenseitig auf die Schultern, der Schweiß wurde von der Stirn gewischt und Bierflaschen ploppten auf. Einige prosteten der Kamera zu, andere wandten sich ab. Ich stellte fest, dass ich von Jungs umringt war. Die drei von den BlackBirds, Milo, Robert und Tom. Zwei von der Technik, Matse und Christian. Und dann noch ein paar, deren Namen ich nicht weiß und auch nicht ihre Aufgabe. Mit keinem von ihnen hatte ich mehr als zwei Worte gewechselt. Das Geschäftliche hatte Tom, der Bassist und Organisationsmensch der BlackBirds, per Mail mit mir ausgemacht. Unterkunft, Zeitrahmen, Materialkosten und so weiter. Dann hat er Geld auf mein Konto überwiesen und um den Rest sollte ich mich selber kümmern. Ich war froh, als Edgar endlich auftauchte. Ihn kenne ich. Er ist ein Freund. Ich überbrachte ihm die schlechte Nachricht, dass wir nicht mehr in den Bus passen, woraufhin er eine Weile mit Tom diskutierte, aber da war wirklich nichts zu machen, also wurde ein bisschen rumtelefoniert, und schließlich reservierten sie Zugtickets für uns, damit wir auch pünktlich zum Auftritt da sein konnten.
Kurz vor der Abfahrt kam Maja noch angerannt, meine beste Freundin, die ich gerne als Unterstützung mitgenommen hätte, aber sie hatte einen Job in einer Strandbar angenommen, um ihren Vater bei der Miete zu unterstützen.
»Oh Gott, ich dachte ihr wärt schon weg«, keuchte sie und stützte sich auf ihre Knie, um wieder zu Atem zu kommen. Sie musterte kritisch meine Weggefährten und zog mich dann hinter die Imbissbude.
»Du passt auf dich auf, ja?«, schärfte sie mir ein.
»Ja Mutti!«, lachte ich.
»Nix Mutti! Ich kenne solche Typen, echt. Die bilden sich was darauf ein, dass sie ein Instrument spielen können. Du musst unbedingt verhüten, hörst du!«
»Maja! Ich werde mit keinem von denen schlafen. Komm mal klar!« Es ist mir immer unangenehm, mit Maja über Jungs zu reden. Sie hat schon richtig viel Erfahrung und ich komme mir neben ihr immer bisschen naiv und dumm vor.
»Du kannst mich jederzeit anrufen. Auch nachts. Da stehe ich wahrscheinlich sowieso nur hinter der Bar und muss den ganzen Besoffenen beim Feiern zusehen. Was für ein Horror!« Sie verdrehte die Augen.
»Es wäre echt schön gewesen, dich dabeizuhaben.« Ich umarmte sie und vergrub meine Nase in ihren schönen, frisch gewaschenen Haaren.
»Jetzt fang aber nicht an zu heulen, oder so.« Sie packte mich an den Schultern, lächelte mir aufmunternd zu und drückte mir einen feuchten Kuss auf die Stirn. Als wir wieder zurück zur Gruppe gingen, sah Maja sich um und warf den Jungs ein paar böse Blicke zu. Dann ging sie schnurstracks auf Edgar zu, beugte sich vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er nickte und sie kam mit einem zufriedenen Ausdruck zu mir zurück.
»Woher kennst du Edgar?«, fragte ich sie.
»Kenn ich nicht. Er sieht nur am vertrauenserweckendsten aus.« Sie zuckte mit den Schultern.
Die Band kletterte in den Bus und es fielen noch ein paar blöde Sprüche, alle wollten einfach nur noch los. Maja und ich umarmten uns ein letztes Mal.
An welcher Stelle Dan dazugekommen ist, der gerade meine Pizzareste verschlingt, kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Plötzlich war er da. Und als wir in der S-Bahn Richtung Hauptbahnhof saßen, redete er unermüdlich von Noten und Gitarrengriffen und Melodien. Edgar fragte: »Welches Instrument spielst du denn?«, und Dan antwortete: »Na gar keins!« Und es schien, als wäre er sehr stolz drauf.
Jetzt hat die Regionalbahn aber Verspätung und die Stimmung ist im Keller, zumal Dan sich in der Tat als eine kleine Nervensäge entpuppt. Er ist laut und hat so eine übertriebene Art – ständig in Bewegung, ständig am Rumpalavern, immer auf der Suche nach Aufmerksamkeit. Vielleicht hat er ja ADHS, das nie behandelt wurde.
»Ich sage euch, die BlackBirds sind die obergeilste Band! Ehrlich, geiler geht gar nicht, also so was von überhaupt nicht. Der totale Rock’n’Roll, aber so was von, das haut euch aus den Socken, das pustet einem den Hut von der Birne!«
Eigentlich redet er auch total komisch. Hut von der Birne pusten? Aus den Socken hauen? Wie alt ist er denn? Achtzig?
Edgar rollt mit den Augen und ich muss plötzlich laut lachen.
»Was?!«, fragen Edgar und Dan gleichzeitig und sehen mich verständnislos an.
Ich ziehe die Kamera aus der Tasche und drücke auf Play, halte auf Dan und bitte ihn, seine Lobeshymne noch einmal zu wiederholen. Was er auch bereitwillig macht. Edgar schummelt sich ins Bild und zeigt einen Vogel. Dan sieht ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und schüttelt den Kopf. »Weil du einfach mal keine Ahnung hast, Junge!«
»Ich bin nicht dein Junge!«, sagt Edgar und verschwindet wieder aus dem Bild.
Dan kommt der Kamera gefährlich nah, stößt mit seiner Nase dagegen und hinterlässt einen Fettfleck auf der Linse.
»Egal was alle sagen, ihr seid die Größten! Ehrlich die Größten! Bigger, better, faster and more! BlackBirds forever!« Er streckt seinen kleinen und den Zeigefinger beider Hände in die Kamera.
Ich zoome weg, will noch mal Edgar mit ins Bild kriegen, aber der steht zu weit weg, am Automaten, und zieht sich eine Packung Weingummis. Ich schalte die Kamera aus. »Danke Dan, das wird ein guter Einstieg in meine Doku.« Ich klopfe ihm auf die Schulter, so wie ich es bei den Equipmenteinpackern gesehen habe.
»Immer wieder gerne, Mann! Ich spiele gerne den Kasper für dich«, meint er und zwinkert mir zu.
Als die Regionalbahn endlich am Gleis einfährt, sind wir erleichtert. Die Verspätung wirft uns zwar zurück, aber zum zweiten Set dürften wir es schaffen.
Im Zug setze ich mich zwischen Dan und Edgar, als eine Art Puffer. Man braucht nicht besonders scharfsinnig sein, um zu merken, dass die beiden nicht unbedingt Freunde werden.
Edgar stöpselt seine Kopfhörer vom MP3-Player in die Ohren und sieht aus dem Fenster. Dan hat seine Schuhe ausgezogen und die Füße auf den Sitz gegenüber gelegt. Sofort fängt es an zu müffeln. Er schiebt sein T-Shirt ein Stück nach oben, streicht sich genussvoll über den Bauch und grinst mich an. Ich schüttle den Kopf.
»Was?«, fragt er.
»Nichts, gar nichts. Ich wundere mich bloß.«
»Worüber?« Er schiebt eine Augenbraue nach oben.
»Über deine Selbstverständlichkeit«, antworte ich und ziehe mir ebenfalls die Schuhe von den Füßen. Der Zug ist angenehm leer, wir können uns also ausbreiten.
»Aha, du denkst also wirklich, ich bin hier so der Kasper. Der doofe Clown. Der Honk.«
»Bitte?« Natürlich muss ich lachen. Clown, Honk, wovon redet er eigentlich?
»Das ist schon okay. Passiert mir nicht zum ersten Mal. Die Leute sind ganz schön beschränkt in ihrer Wahrnehmung, weißt du. Entweder du bist Mr Obercool, so wie der da mit seinen Kopfhörern, oder du bist eben der Honk. So ist das nun mal.« Er wirft Edgar einen abschätzigen Blick zu.
»Warte mal, willst du mir damit sagen, ich wäre beschränkt?« Ich sehe ihm ins Gesicht, kann seinen Blick aber nicht einfangen.
»Nö, nö. Du verstehst schon, was ich sagen will. Ich meine, nur weil du die BlackBirds filmen darfst, bist du nicht besser oder so.« Jetzt wirkt er beleidigt.
»Du bist doch der Honk. Jedenfalls redest du so Honk-Zeug.« Ich schnappe mir die Kameratasche, öffne sie umständlich und überprüfe zum zehnten Mal die Akkus und sämtliche Bänder. Ich habe eine digitale Kamera mit Kassetten. Das ist mittlerweile unmodern, aber ich wollte gerne etwas in den Händen haben, etwas Konkreteres als einen winzigen Chip, den man so leicht verlieren kann.
»Ha! Na von mir aus. Bin ich für dich eben der Honk. Bittesehr!« Dan verschränkt die Arme vor der Brust, lehnt sich zurück, kuschelt sich in den gepolsterten Zugsitz und schließt die Augen.
Tja. Und jetzt sitze ich also hier, zwischen Mr Obercool und Mr Honk, und kann nur hoffen, dass es mit fortschreitendem Abend besser wird.
LOKALKOLORIT NENNT MAN das, glaube ich, wenn man in Wittstock in eine alte, zum Tanzsaal umgebaute Scheune stolpert, wo auf Barhockern kettenrauchende Männer in Jeanswesten sitzen und die einzige Frau im Raum ist die dicke Bardame hinter dem Tresen in einer weißen Bluse mit großen roten Marienkäfern drauf. Auf den wenigen Tischen liegen blaue, abgenutzte Plastiktischdecken und an den Wänden hängen Hufeisen und Zaumzeug. Ich bilde mir ein, noch einen leichten Geruch von Pferden wahrnehmen zu können.
»Na bitte, wie aus dem Bilderbuch«, seufzt Edgar und stellt seinen Rucksack auf dem Boden ab.
Wir werden skeptisch beäugt, wie wir da in der Tür stehen und nicht wissen wohin. Die Bühne ist bis auf die Instrumente leer, es sieht aus, als mache die Band gerade Pause. Unser Timing ist super. Aus den Lautsprechern tönt der örtliche Radiosender mit Werbung für irgendeine Autowerkstatt namens Schmidt & Horn. Ich fühle mich sofort verunsichert unter den strengen Blicken der Jeanswestenmänner. Wahrscheinlich will man uns Grünschnäbel hier gar nicht haben, eigentlich sind wir auch nicht die Zielgruppe für solche Kneipen. Als es schon unangenehm wird, fasst Dan sich ein Herz und schlendert mit seinen O-Beinen rüber zum Tresen. Er quatscht mit der Bardame, nickt, lächelt, gibt sich charmant und winkt uns dann zu sich, ganz lässig, echt cool, könnte man sagen. Na ja, das kann er offenbar, die Bardame bezirzen, das muss man ihm lassen. Edgar und ich murmeln eine Art Begrüßung und lächeln blöd vor uns hin. Sie atmet laut aus und deutet mit dem Kopf zu einer Tür hinter der Bar.
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