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MAREK MIERT IST ZURÜCK! EIN ÖSTERREICHISCHER PROVINZKRIMI IM BESTEN SINNE - MIT SPANNUNG, BISSIGEM HUMOR UND DER GANZ PERSÖNLICHEN HANDSCHRIFT DES AUTORS. Ein verschwundenes Mädchen, verzweifelte Flüchtlinge aus Afghanistan, fremdenfeindliche Provinzpolitiker und ein durchgeknallter Oberleutnant von der Harlander Polizei, einer tristen Landeshauptstadt im Osten Österreichs: Marek Miert, Expolizist, Privatdetektiv, übergewichtig, cholerisch und nicht gerade erfolgreich, hat wieder jede Menge Ärger am Hals. Aber Marek Miert lässt sich von der kriminellen Energie rund um ihn herum nicht beirren. Eher gerät er schon in Rage, wenn ihm etwas gegen den Strich, also gegen seinen gesunden Hausverstand und seine tief in ihm steckende Menschenliebe geht. Dann legt er sich auch mit Gegnern an, die ihm bei Licht besehen eine Schuhnummer zu groß sind. PRIVATDETEKTIV MAREK MIERT LÄSST SICH IN SEINEN ERMITTLUNGEN NICHT EINSCHÜCHTERN, AUCH WENN ES UNGEMÜTLICH WIRD .... Manfred Wieninger hat die Kriminalliteratur mit Marek Miert um einen eigenwilligen und sympathischen Ermittler bereichert, der sich als Detektiv so recht und schlecht über Wasser hält. Sein Hang zum Räsonnieren und Granteln und sein unbestechliches Erinnerungsvermögen machen aus ihm einen scharfen Beobachter und unbequemen Kritiker der Verhältnisse, die in der öden Provinzstadt wie unter einem Brennspiegel deutlicher als sonst wo zu Tage treten. WEITERE MAREK-MIERT-KRIMIS: - Der Mann mit dem goldenen Revolver - Prinzessin Rauschkind - Rostige Flügel - Kalte Monde
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Seitenzahl: 182
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Wieninger : Der Engel der letzten Stunde
Manfred Wieninger
Kriminalroman
© 2005
HAYMON verlag
Innsbruck-Wien
www.haymonverlag.at
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ISBN 978-3-7099-7466-7
Umschlag: Benno Peter
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Der Himmel über Harland war gelbbraun wie ein verschmutzter Teppich und es roch nach einem ekelkalten Nieselregen, der da vielleicht kommen würde. Oder auch das Jüngste Gericht in Form einer brennenden Schwefel- und Styrolwolke aus der hiesigen Chemiefaserfabrik. Wie immer bei einem bevorstehenden Wetterwechsel ratterte der Auspuff meines Ford Granada wie ein Asthmatiker bei einem Marathonlauf. Außerdem waren die Zahnräder des dritten Ganges vor kurzem endgültig weggebrochen und ich war daher permanent entweder zu schnell oder zu langsam unterwegs, aber ich traf im ganzen Westbezirk auf keine Polizeistreife, die mich wegen irgendetwas aufgehalten hätte. Die Stadt konnte sich nach Westen zu nicht entschließen irgendwo aufzuhören. Nach den letzten kleinbürgerlichen Wohnblocks und Genossenschaftsreihenhausanlagen, nach den letzten Tankstellen, Beiseln und Minimärkten an der Ausfallstraße kamen zuerst Einfamilienhäuser mit einer Garage, bald welche mit zwei sowie mit Swimmingpool und Wintergarten, und dann wurde es erst richtig teuer. Kleinere und größere Villen, deren Garagen so groß wie die ersten Einfamilienhäuser waren, drängten sich in ein hügelig werdendes Waldpanorama wie in eine liebevoll gebastelte Spielzeugeisenbahn-Landschaft aus dem Märklin-Katalog. Hierher kam wegen des fast permanent herrschenden leichten Westwindes über Harland der gelbe, zähe, faulende Brodem aus Schwefelwasserstoff, Schwefeldioxid und weiteren Ingredienzen eines teuflischen Atems aus den Schloten so gut wie nie. Hier hustete niemand seine Bronchien heraus, nur weil ein paar Gesellschaften ihren Shareholdervalue erhöhten, hier erstickte niemand beim Frühstück in seinen eigenen vier Wänden.
Das Haus am Ende der unscheinbaren Stichstraße lag lang dahingestreckt auf einem Hügel, auf dem man das Kolosseum noch einmal hätte erbauen können. Es hatte einen Westflügel und einen Ostflügel und der Trakt in der Mitte war auch ganz schön imposant. Nicht die Art von Haus, in die ich normalerweise vorgelassen werde. Um das Portal eines solchen Anwesens zu überwinden, musste man wahrscheinlich eine passende Magnetkarte besitzen, eine Stimmprobe abgeben und zusätzlich die Abdrücke von ein paar Fingern einscannen lassen. Ich nahm mir fest vor, bei Kommerzialrat Schieder auch noch die Abgabe von Urinproben vorzuschlagen.
Ich hatte prähistorische, holländische Glashaus-Oliven gefrühstückt, einen Rest bulgarischen Knäckebrotes aus dem Sonderangebot und schlechte Laune, denn ich hatte während der angeblich wichtigsten Mahlzeit des Tages meine Kontoauszüge studiert. Mangels Aufträgen zahlungskräftiger Kunden hätte ich meinen Gewerbeschein als Privatdetektiv eigentlich längst zurücklegen und mir als Ex-Polizist einen entsprechenden Job suchen müssen. Akkord-Kloputzer bei McDonald’s zum Beispiel. Ich hatte nämlich nichts anderes gelernt, als an schmutziger Wäsche zu schnüffeln. Aber bis zur Neuauflage des Harlander Telefonbuches stand meine Handynummer noch immer unter einem gekreuzten Handschellenpaar und dem Pinkerton’schen Auge im Branchenverzeichnis. All das würde ich dem Hausherrn gegenüber natürlich nicht erwähnen. Mit keiner Silbe.
Wenn man in der Lage wäre, sich den Erzherzog-Johann-Jodler als Gebäude vorzustellen, hätte man einen ungefähren Eindruck von der Villa auf dem Hügel, auf den ich langsam zufuhr. Ein Fundament aus unbehauenen Kalksteinen, viel tiefgrün lackiertes Holz, Hirschgeweihe an den Fassaden, kleine Bauernkatenfenster, aber große Türen, geradezu Tore. Vermanscht war das Ganze überraschenderweise aber auch mit Elementen einer mittelalterlichen Raubritterburg, es gab Türme und Türmchen, Erker und Erkerchen, ja sogar Zinnen und mehr Wetterhähne als in einem kleineren Hühnerzuchtbetrieb. Irgendwo auf den Dächern mochte die Loreley hocken. Den Hügel hinab zog sich eine Wiese mit vereinzelten kalifornischen Silberfichten und japanischen Quitten. Graceland war ein Stück stilsicherer Architektur dagegen.
Ich warf noch einmal einen Blick auf den Zettel mit der Adresse, aber – kein Zweifel – dieser Alptraum einer ganzen Architektengeneration war tatsächlich „Am Spiegelgrund 11“.
So groß das Anwesen auch war, so mickrig war die Tafel an der Zufahrtsstraße, die ich fast umgefahren hätte. Dafür war die Aufschrift umso bemerkenswerter:
Achtung, Fangeisen!
KR Rudolf Schieder e.h.
Wenn ich im hohen Alter allein in einem solchen Kasten hausen müsste, würde ich auch welche auslegen, und noch ein paar Schützenminen dazu.
Ich drückte den Messingknopf tief in das Gehäuse. Als Reaktion darauf geschah – nichts. Ich zählte in Gedanken bis zwanzig und drückte noch einmal. Wiederum geschah nichts, außer, dass sich das Objektiv einer Videokamera über der Tür surrend auf mich einstellte. Dann ertönte ein Summen, das bei einigermaßen kühner Interpretation wie ein Fragezeichen klang.
„Marek Miert. Aber ich bin mit einer getüpfelten Krawatte gekommen. – Geht das?“, sprach ich in die Kamera hinein und schenkte ihnen mein bestes Lächeln Marke Tom Cruise nach vier Wodka on the rocks.
„Haben Sie einen Ausweis?“
Eine männliche Stimme aus einem kleinen Lautsprecher oberhalb der Kamera. Eine Stimme wie gespaltenes Glas, unangenehm, scharf.
„Sie können die Narben auf meiner Brust sehen. Nur auf der Brust, keine am Rücken.“
„Wir dachten eher an einen Lichtbildausweis.“
„Verdrücken Sie ihn mir bloß nicht beim Fotokopieren!“, antwortete ich und zückte meinen Führerschein.
„Schieben Sie ihn unter der Tür durch!“
„Eine Tür mit einem solchen Spielraum kann man leicht aus den Angeln heben. Mit einem mittleren Brecheisen zum Beispiel.“ Im Übrigen tat ich, wie mir geheißen, und schob das Dokument unten durch.
„Versuchen Sie’s mal! Wem sollen wir danach Ihre Leichenteile übergeben?“
„I wo, war nur ein kleiner Sicherheitshinweis. Völlig gratis und unverbindlich natürlich!“
Danach war dieser reizende Dialog für gute fünf Minuten stillgelegt, bis sich die unangenehme Stimme wieder meldete: „Herr Kommerzialrat Schieder wird Sie empfangen.“
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