Der Frosch im Swimmingpool - Joy Peters - E-Book

Der Frosch im Swimmingpool E-Book

Joy Peters

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Beschreibung

Herta Sonnenschein, Bewohnerin des über die Grenzen hinaus bekannten Sankt Josef Stifts, ist bekennende Extremseniorin. Nun steht eine Kreuzfahrt auf ihrem Programm, die sie natürlich mit ihrer, mittlerweile in München lebenden, Jugendfreundin Berta antreten möchte. Ob die Freude über das Wiedersehen mit Berta und die gemeinsamen Tage auf hoher See Segen oder Fluch sein werden, erfahren wir in diesem Buch.

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VORWORT

Herta und Berta, die beiden Extremseniorinnen, erblickten das gleißende Scheinwerferlicht der Bretter, die die Welt und die Gage bedeuten, 1996 im Rahmen einer Europatournee des berühmten Cabarets Chez Nous aus Berlin. Gemeinsam mit meinem Kollegen und Freund Marcel Bijou, dem Conférencier der Show, kreierten wir die beiden Figuren und hauchten ihnen mit dem legendären Stuhlspagat-Sketch ihr buntes Leben ein. Leider dauerte die gemeinsame Arbeit mit Marcel als Berta nur acht Monate an und erst einige Jahre später habe ich die beiden wieder aus der Mottenkiste geholt, um gemeinsam mit dem Entertainer Chris Kolonko aus München ihre Wiederauferstehung zu feiern.

Jetzt gab es für die beiden Power-Omis aber kein Halten mehr und sie tourten fast zwanzig Jahre lang gemeinsam über die Bühnen Deutschlands. „Herta und Berta schlagern sich durch“ war ein abendfüllendes Bühnenprogramm, mit dem sie erste Erfolge in kleinen und großen Theatern von München bis Mannheim feiern durften. Herta und Berta tanzten, sangen und plauderten sich durch fünf PALAZZO-Produktionen, sämtliche GOP-Varietés, das RONCALLI-Wintervarieté und waren mehrmals zu Gast im APOLLO-Varieté in Düsseldorf. Auch in Stephan Mross' Sendung „Immer wieder Sonntag“ waren sie zweimal gern gesehene Gäste. Und weil bei beiden das Fernweh ziemlich stark war, segelten sie mit der MS-EUROPA und vielen anderen Kreuzfahrtschiffen nicht nur einmal um die ganze Welt. Jetzt haben sich ihre Wege wieder einmal getrennt – Berta lebt „wahnsinnig“ glücklich und verliebt mit ihrem neuen Mann in München und Berta ist dem St. Josef-Stift treu geblieben und träumt von neuen Abenteuern.

Man kann sich heutzutage wirklich auf rein gar nichts mehr wirklich verlassen – nicht einmal auf die heimische Tierwelt. Nun ist doch tatsächlich bei uns im Sankt-Josef-Stift im Swimmingpool ein kleiner grüner Frosch ertrunken. Also von so einem Wassertier sollte man doch zumindest erwarten können, dass es fehlerfrei schwimmen kann. Aber offensichtlich verlange ich da zu viel. Dass viele Kinder heute nicht mehr „Bitte“ und „Danke“ sagen und manche auch nicht geradeaus sprechen, geschweige denn lesen und schreiben können, daran habe ich mich ja mit Mühe und Not mittlerweile gewöhnt, aber von so einem Frosch hätte ich doch ein bisschen mehr erwartet. Jetzt werden einige wieder sagen: „Meine Güte, was regt sie sich denn so auf?“ Es ist doch nur ein Frosch – wenn ich das schon höre – nur ein Frosch! Haben Sie sich so einen kleinen Frosch schon einmal genauer angesehen?

Das ist eine echte Meisterleistung der Natur. Allein, wie weit die springen können. Das konnte nicht mal diese Heike Drechsler – und die war immerhin fünfmalige Olympiasiegerin im Weitsprung – möchte ich betonen. Und trotzdem hinkt sie leistungsmäßig jedem kleinen Fröschlein Jahrhunderte hinterher.

Also kommen Sie mir bitte nicht mit so Sätzen wie „Es war ja nur ein Frosch.“

Na, nu ist er tot.

Ich habe ihn bei uns im Garten begraben, also im Garten vom Sankt-Josef-Stift, gleich hinter den riesig großen, lilafarbenen Rhododendronhecken. Wir haben ja so wunderbare Rhododendronhecken hier im Stift. Das ist wirklich eine Pracht. Jedes Jahr blühen sie, als ob sie nichts Besseres zu tun hätten. Ich sitze da sehr oft und genieße einfach nur diesen wunderbaren Anblick. Es ist geradezu eine Explosion an Farben und die zahllosen Schmetterlinge, die das offensichtlich genauso zu schätzen wissen, tanzen ihr zauberhaftes Ballett. Das ist halt der Vorteil, wenn man schon im Rentenalter ist und eigentlich nichts Aufregendes, also nichts Wirklich Aufregendes im Tagesablauf vorgesehen ist. Dort hinter den Rhododendronhecken habe ich ihm nun ein kleines Grab geschaufelt. Ich finde, das hat er verdient, auch wenn er selber schuld ist. Gut, man hat mich jetzt belehrt: Er wäre gar nicht selbst schuld, sondern ein Opfer seiner Natur geworden, seiner Instinkte, seiner Triebe, er konnte gar nicht anders. Das hat mir mein Mann – wo mein Mann gewesen ist – auch immer erzählt: Er wäre ein Opfer seiner Instinkte und Triebe. Naja, wo es ihn regelmäßig hingetrieben hat, muss ich ja jetzt nicht lange und breit erklären. Das kann sich jeder halbwegs phantasiebegabte Mensch vorstellen. Aber wenn ich die blonde Schlampe damals auch nur ansatzweise in meine Finger gekriegt hätte, hätte ich mich sehenden Auges unglücklich gemacht und hätte jetzt nicht schön gepflegt im Sankt-Josef-Stift sitzen und kleine Frösche beerdigen können.

Wahrscheinlich würde ich meine handwerklichen und kreativen Fähigkeiten beim Fußmattenknüpfen ausleben und bei sehr guter Führung, die Sie bei mir ja wohl voraussetzen können, wäre ich in zwei Jahren wieder frei. Meine liebe Nachbarin, die Schmidten von Zimmer vierzehn, die ja immer alles grundsätzlich besser weiß als alle anderen Menschen auf dieser schönen Welt, obwohl sie im Grunde genommen die zehnte Klasse wahrscheinlich nur ehrenhalber absolviert hat, hat mir erklärt: Der Frosch kann nicht anders: Wenn er Wasser riecht, muss er hin und wenn er es sieht, muss er rein. Na, und da ist dann so ein Swimmingpool natürlich geradezu eine Todesfalle für so ein Tierchen, abgesehen davon, dass es kein Ufer gibt, an das er zurück klettern könnte und er wahrscheinlich, wenn er nicht ein ganz ganz ganz toller Schwimmer ist, auch gegen den Sog von der Filteranlage nicht anschwimmen kann. Und das Chlor, das in der Regel in so einem Becken ist, kann für das Fröschlein auch nicht gesund sein und gibt ihm wahrscheinlich den Rest. Nun hat er seine letzte Ruhestätte unter unseren schönen Rhododendren gefunden und da gibt es meiner Meinung nach wahrlich schlechtere Plätze – er könnte ja auch platt gefahren auf der Landstraße liegen, was mir persönlich nicht so gut gefallen würde. Ein Schicksal, das ja durchaus auch mal einen Rentner ereilt. Da liege ich lieber unterm Rhododendron. So, jetzt habe ich es mir von der Seele geredet und bin auch gar nicht mehr so aufgeregt.

Nun haben Sie sich dieses Buch gekauft und dann geht es gleich in den ersten drei Sätzen um Leben und Tod. Ja, so ist das Leben eben nun mal, da kann man sich nicht aussuchen, ob es nicht auch mal dramatisch wird – es verläuft halt nicht immer alles geradeaus und „gechillt“, wie meine zauberhafte Tochter Peneloppe zu sagen pflegt. Sie ist zwar auch schon vierundfünfzig, aber sie bedient sich gern der Jugendsprache. Sie sagt, das hält sie jung, und so ist sie immer am Puls der Zeit. Für meine Begriffe ist sie ein bisschen bekloppt, aber sowas sollte eine Mutter über ihre Tochter nicht sagen. Sie ist mit einem Antiquitätenhändler liiert. Manfred Sperling heißt der gute Mann. Und er trägt seinen Namen zu Recht. Bei dem piept es manchmal ganz schön unterm Pony, aber meistens die falsche Melodie, möchte ich mal so sagen. Mein Quasi-Schwiegersohn ist allerdings selbst bereits eine Antiquität und muss wirklich aufpassen, dass er in seinem Laden nicht irgendwann mal in einem seiner antiquarischen Sessel einschläft und aus Versehen mitverkauft wird. Obwohl es kein allzu großer Verlust wäre. Aber da halte ich mich natürlich zurück.

Wenn das Kind mit dieser Schrumpelpflaume glücklich ist, sage ich kein Wort. Er ist nämlich nicht nur, was die Schönheit betrifft, von der Natur äußerst stiefmütterlich behandelt worden. Er ist so der Typ „so ein Kind kann nur eine Mutter lieben“. Nein, er ist auch dumm wie ein halber Meter Feldweg – und das ist in meinen Augen das weit größere Problem – aber ich äußere mich natürlich auch dazu nicht. Letztens hat er meine Tochter gefragt, ob eine E-Mail nach München länger dauert, als wenn sie innerhalb von Berlin verschickt wird – na, nu frage ich Sie?

Bevor ich hier beginne, Ihnen die Dinge zu erzählen, die ich Ihnen gerne erzählen möchte, muss ich Sie ganz dezent darauf hinweisen, dass ich immerhin doch schon sechsundachtzig Jahre alt bin und so manche Dinge natürlich im Leben ein bisschen anders sehe und betrachte als die sogenannten modernen Menschen von heute. Ich hab ja auch ´ne ganze Menge erlebt und meine Schlüsse daraus gezogen. Jetzt wird der eine oder andere sagen - um Gottes willen - schon wieder ein Buch von so einer ollen alten Frau, die uns das Leben erklären möchte. Nein nein, keine Sorge, es soll jeder leben, wie er gerne möchte. Ich hab das ja auch getan und nur ganz ganz selten mal auf einen sogenannten gut gemeinten Ratschlag gehört. Und ich muss Sie auch dringend drauf hinweisen, sollten Sie jetzt gerade denken - ach, ist das nicht das neue Buch von dieser Frau Bergstein oder so? Ich bin mir ganz sicher, dass Sie sie kennen, die ZaZa Gabor aus Spandau, schon alleine wegen der sechs bis zwölf Ehemänner, die sie verschlissen hat. Nein, die bin ich nicht. Ich kenne sie aber vom Friedhof, eine sogenannte Gießbekanntschaft. Ich war im Gegensatz zu ihr allerdings nur einmal verheiratet mit meinem Mann - wo mein Mann gewesen ist und Sie können mir glauben, das hat mir fürs ganze Leben gereicht. Ich möchte nicht sagen, dass er ein schlechter Mann gewesen ist, um Gottes willen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, er hatte seine Qualitäten, aber auch seine Mängel. Leider hat er letztere immer etwas zu plakativ vor sich hergetragen und eigentlich hätte ich mich an dem Tag sofort scheiden lassen sollen, als er zu unserer Nachbarin auf ihre Frage, was denn die schönste Zeit in unserer Ehe für ihn gewesen sei, geantwortet hat –

„Die sechs Jahre Kriegsgefangenschaft in Russland.“

Der Mann hatte mich doch überhaupt nicht verdient. Und ich hoffe nicht, dass Sie das Buch jetzt zurücktragen in die Buchhandlung und sagen, eine alte Frau im Bücherregal würde Ihnen genügen. Da hätte ich nämlich einen wunderbaren Vorschlag für Sie: Legen Sie die Bergdorf ins Bücherregal und mich legen Sie auf Ihr Nachttischchen. Ich weiß ja nicht, ob Sie es wissen, aber ich war ja schon seit meiner frühesten Kindheit und Jugend auf der Bühne tätig. Angefangen hat das Ganze im Schülerchor, aber irgendeine böse, neidische Person hat damals ganz frech behauptet, ich könnte keine zwei Töne hinter-einander geradeaus singen. Eine Frechheit. Die Tonleitern, die ich bediene, müsste man erst erfinden. Ich fand es äußerst ungehörig und gebe ja zu, dass ich eine etwas indivi-duelle, persönliche Art zu singen habe, die durchaus nicht mit gängigen Regeln vereinbar sein mag. Aber mich gleich aus dem Chor auszuschließen, war dann meines Erachtens doch ein bisschen zu übertrieben. Natürlich weiß ich ganz genau, wer da die treibende Kraft dahinter war.

Aber ich schweige.

Es war noch nie meine Art, mich aufzudrängen, und da ich mich ohnedies mehr als eine körperliche Person verstehe, bin ich zum Turnen gegangen. Dort habe ich dann auch Berta kennengelernt.

Ich weiß nicht, ob Sie meine Freundin Berta kennen. Anfangs war es zwischen uns auch nur „guten Tag und guten Weg“, aber im Laufe der vielen Jahre ist dann doch langsam irgendwie eine intensive lebenslange, freundschaftsähnliche Beziehung entstanden. Obwohl das Leben es ja nicht immer gut mit uns gemeint hat. Wir waren sehr sehr viele Jahre voneinander getrennt und haben überhaupt nicht gewusst, wie es der Anderen geht. Und eigenartigerweise haben wir uns erst quasi im Endspurt des Lebens im Sankt-Josef-Stift wieder getroffen. Das Schicksal hat uns also wieder zusammengeführt. Berta war anfangs nicht so begeistert davon, mit ihrer Vergangenheit konfrontiert zu werden, weil sie in ihren Augen schon immer etwas Besseres war – aus gutem Hause, wie man so schön sagt und dass jetzt jemand da ist, der die knallharte, ungeschminkte Wahrheit kennt, wenn sie ihre Abenteuergeschichten erzählt – von wegen, wo sie schon überall war und wen sie alles kennt und bei wem sie ein- und ausgeht und sozusagen Kind im Hause ist – das war ihr dann auch nicht so recht.

Ich weiß noch ganz genau, dass sie der Schmidten, also meiner Zimmernachbarin, erzählt hat, dass man bis heute von ihr im Verein redet und sie legendär für ihren Salto vorwärts, Salto rückwärts und die eingesprungene doppelte Schraube war. Und ich habe nur ganz leise vor mich hin gemurmelt – ja, doppelte Sitzboulette und fürs Umkippen beim Sockenanziehen.

Aber ich glaube, sie hat es gehört.

Da konnte ich aber keine Rücksicht auf Sie nehmen. Doppelte Schraube, dass ich nicht lache – die Frau, die an einem Ikea-Regal mit Steckverbindungen verzweifelt. Die einzigen Schrauben, die Sie kennt, sind locker.

Die Schmidten wollte mich ja jetzt auch hier im Stift überreden, mit ihr in den Ü-70-Turnverein zu gehen, zum Seniorenturnen. Nee, nee, da bin ich ja sowas von gar nicht für geeignet, nur so im Kreis sitzen und mit weichen Bällchen schubsen. Mehr wird da ja wohl nicht gemacht.

Da ist sie mir gleich wieder ganz wissenschaftlich gekommen. Das ist für die Hand-Augen-Koordination, hat sie mir erklärt. Na, die trainiere ich mit meiner Fernbedienung, auch wenn ich unter den dreihundert-achtundneunzig Sendern, die es jetzt gibt, einen schönen Krimi suche – Derrick oder Columbo oder den mit der Glatze und dem Lolli. Ahhhh, in den war ich ja immer ein wenig verliebt. Da war mein Mann – wo mein Mann gewesen ist – sogar ein bisschen eifersüchtig. Stellen Sie sich vor, der Mann hat wirklich gedacht: Ich verlasse ihn für einen Typen, der den ganzen Tag einen Lutscher im Mund hat. Wenn ich ihn verlassen hätte, dann für Michael Douglas, das ist der von den Straßen von San Francisco, der jetzt diese Parfümeriekette betreibt, wo man in der Werbung immer hört, dass man doch reinkommen und etwas herausfinden soll.

Also auf Englisch klingt es besser. Das war ganz schön clever von dem: Erst so eine Fernsehkarriere und jetzt was Solides.

Ich wurde ja damals sozusagen direkt vom Stufenbarren des Turnvereins Hamburg Wandsbeck im Fluge in den Zirkus engagiert.

Meine Eltern sind seinerzeit aus wirtschaftlichen Gründen mit meinen drei Geschwistern und mir von der schönen Stadt Wien ins nordisch kühle Hamburg gezogen. Von der blauen Donau zur grauen Elbe.

Das war schon eine ganz schöne Umstellung für mich. Sie wissen doch sicherlich: Wien ist gefühlt die letzte Bahnstation vor dem Orient und da umfließt und umfängt einen schon ein gewisses südländisches, ja, ich möchte sogar sagen, geradezu mediterranes, leichtes Lebensgefühl.

Wien hat ja bis heute seinen Charme aus der Kaiserzeit und dem Vielvölkerstaat nicht verloren, und das nicht nur wegen der ganz vielen Menschen aus allen Nationen, die dort mittlerweile leben. Das war da immer schon so. Deswegen ist ja die echte Wiener Küche auch ein sehr leckeres internationales Gemisch aus tschechischen, slowakischen, ungarischen, italienischen, französischen und türkischen Einflüssen.

Jeder hat da so auf seine eigene Art damals in die Suppe gespuckt und am Ende war das dann immer ein Schnitzel. Das kommt einfach daher, dass die Köchin, die zu Kaisers Zeiten in keinem gut bürgerlichen Haushalt fehlen durfte, eben aus Böhmen kam und die Rezepte von ihrer Großmutter mitgebracht hat. Und da gab's halt Böhmische Knödel und als Dessert keine bayerische Creme, sondern Palatschinken, Kaiserschmarrn und Stubanki.

Für alle, die kein Tschechisch können: Letzteres sind übrigens Kartoffelnockerl mit Mohn und Zucker – wahnsinnig lecker, aber Millionen von Kalorien.

Sowas passt natürlich heute in keinen sogenannten modernen Ernährungsplan. Bei uns im Sankt-Josef-Stift versuchen Sie ja auch, uns gesund zu ernähren, was immer man darunter verstehen mag. Ich habe öfter so das Gefühl, wenn's nach nichts schmeckt, ist es angeblich schon gesund. Na, meine Welt ist es nicht.

Auf meinem Zimmer habe ich eine ganze Batterie von Gewürzen. Sonst kann man den Fraß, der einem dort tagtäglich so vorgesetzt wird, ja nicht runterwürgen. Ich habe seinerzeit mit dem Alfonso Schuhberg in einer Revue gearbeitet und da hat er mir eine ganze bunte Kollektion seiner selbst komponierten Gewürze aus aller Welt geschenkt. Das war schon großzügig und ich habe mich sehr darüber gefreut. Er selbst muss ja im Moment sozusagen eher ungewürzt leben, so hinter schwedischen Gardinen. Ich glaube, da wird auch nicht so schmackhaft gekocht.

Aber wer weiß, vielleicht bekommt er ja jeden Tag sein Essen aus einem seiner Restaurants gebracht, so VIP-Service-technisch. Obwohl ihm einige Zeit bei Wasser und Brot gewichtsmäßig bestimmt nicht schaden würde. Mein Mann – wo mein Mann gewesen ist – hatte seinen Schwimmreifen auch immer griffbereit, wenn Sie verstehen, was ich meine, und es bestand niemals die Gefahr, dass er ertrinken könnte.

Ich muss immer so lachen, wenn die Schmidten von nebenan sagt: „Oh, das Essen war aber heute wieder versalzen.“

Das Essen, das ICH heute Mittag bekommen habe, weiß überhaupt gar nicht, was das Wort „Salz“ bedeutet.

Aber die Schmidten ist auch kein Maßstab.

Apropos Salz: Ich habe mir neulich im Bioladen meines Vertrauens eine Packung Himalayasalz gekauft, achtzig Millionen Jahre alt.

Verwundert hat mich allerdings, dass es jetzt plötzlich laut Mindesthaltbarkeitsdatum in knapp sechs Monaten sozusagen schlecht wird. Dass man uns in der Werbung öfter mal für dumm verkaufen möchte, das weiß ja hoffentlich jeder normal denkende Mensch, aber wer so was glaubt, der glaubt auch, dass die AFD eine Alternative für Deutschland ist.

Ups, ich wollte gar nichts Politisches sagen, aber ich glaube, ich wäre erstickt, wenn ich es runtergeschluckt hätte.

Ich erinnere mich wahnsinnig gerne an meine Kindheit. Meine Geschwister und ich haben ja, wie das damals üblich war, praktisch den ganzen Tag auf der Straße und im Park gespielt. Das können die Kinder heutzutage gar nicht mehr. Wir sind auch jeden Abend dreckig und speckig wie die Wildschweine nach Hause gekommen und wurden nicht sofort in Sagrotan gebadet, nur weil Mutti Panik vor zu vielen Bakterien hatte. Und ich glaube, ich habe damals sogar mal einen Regenwurm gegessen und das hat mir auch nicht geschadet.

Also dem Regenwurm hat es nicht so gut gefallen.

Aber auf Einzelschicksale konnten wir beim Spielen keine Rücksicht nehmen.

Ich kann mich noch ganz genau an die Gegend erinnern, in der wir gewohnt haben. Lauter schöne Häuser, alle im Jugendstil erbaut. Googeln Sie das mal, es lohnt sich.

Da haben sich die Architekten noch richtig was einfallen lassen. Das kann man hier bei uns oftmals ja nicht so behaupten.

Das Sankt-Josef-Stift sieht auch mit viel Phantasie aus wie ein missglücktes Parkhaus mit Schießscharten.

Aber in Wien, Budapest, Prag usw. waren und sind die alten Häuser wirklich außerordentlich schön. Eines hat mir immer ganz besonders gut gefallen: Das war so Gelb gestrichen. Schönbrunnergelb nennt man das, weil das Schloss Schönbrunn auch in dieser Farbe bemalt ist.

Die Sissi hatte schon einen guten Geschmack.