Der Mann mit den schwarzen Handschuhen - Susanne Schwertfeger - E-Book

Der Mann mit den schwarzen Handschuhen E-Book

Susanne Schwertfeger

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Beschreibung

Watt, Strand, Dünen – auf den ersten Blick wirkt der kleine Küstenort Dornbeck ruhig, beschaulich – und wenig aufregend. So hatte sich Nelly Peters ihre Karriere als Kommissarin eigentlich nicht vorgestellt. Aber Nelly erkennt rasch: Ganz so langweilig wie es scheint, ist die Polizeiarbeit in Dornbeck nicht. Kaum hat sie ihren Dienst angetreten, muss sie zusammen mit ihrem bärbeißigen Chef Mats und dem jungen Polizisten Jörn den ersten Mord aufklären. Neue Freundschaften und ein sehr netter Wirt machen es Nelly leichter als gedacht, in Dornbeck heimisch zu werden. Aber da wartet schon der nächste Fall darauf, von Nelly und ihren Kollegen gelöst zu werden. "Mein Geld ist weg! Diebsstahl! Zur Hilfe, Polizei! Die alte Dame lief laut schreiend mit hoch erhobenen Armen und vollkommen aufgelöst über den Flur. Ihre Schritte ebenso wie ihre Rufe hallten laut von den Wänden wider. Mehrere Zimmertüren gingen schlagartig auf und die Bewohner der Seniorenheimes Dünenblick, die noch rüstig genug waren, um zur Türe zu gehen, schauten neugierig hinaus um zu sehen, was da draußen vor sich ging. Der herbeieilende Pfleger hatte alle Mühe, die alte Frau zu beruhigen und sie in ihr Zimmer zurückzubegleiten. "Frau Meier, schauen Sie doch noch einmal ganz in Ruhe nach. Vielleicht ist ihr Geld ja auch an einem anderen Ort. Frau Meier sah den Pfleger vollkommen empört an. "Nur weil ich alt bin, bin ich doch nicht dement. Ich weiß doch, wo ich mein Geld habe. Es war wie immer in meinem Portemonnaie. Und das Portemonnaie ist immer in meiner Schreibtischschublade. Das ist auch noch da. Aber es ist leer. "Und wie viel Geld war drin? " fragte der Pfleger besorgt nach. "Sechzig Euro. Ein Fünfziger und ein Zehner," gab Frau Meier sehr entschieden zurück.

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Mordseegeschichten – 5 –

Der Mann mit den schwarzen Handschuhen

Kommissarin Nelly Peters ermittelt

Susanne Schwertfeger

„Mein Geld ist weg! Diebsstahl! Zur Hilfe, Polizei!“

Die alte Dame lief laut schreiend mit hoch erhobenen Armen und vollkommen aufgelöst über den Flur. Ihre Schritte ebenso wie ihre Rufe hallten laut von den Wänden wider. Mehrere Zimmertüren gingen schlagartig auf und die Bewohner der Seniorenheimes Dünenblick, die noch rüstig genug waren, um zur Türe zu gehen, schauten neugierig hinaus um zu sehen, was da draußen vor sich ging.

Der herbeieilende Pfleger hatte alle Mühe, die alte Frau zu beruhigen und sie in ihr Zimmer zurückzubegleiten.

„Frau Meier, schauen Sie doch noch einmal ganz in Ruhe nach. Vielleicht ist ihr Geld ja auch an einem anderen Ort.“

Frau Meier sah den Pfleger vollkommen empört an.

„Nur weil ich alt bin, bin ich doch nicht dement. Ich weiß doch, wo ich mein Geld habe. Es war wie immer in meinem Portemonnaie. Und das Portemonnaie ist immer in meiner Schreibtischschublade. Das ist auch noch da. Aber es ist leer.“

„Und wie viel Geld war drin?“ fragte der Pfleger besorgt nach.

„Sechzig Euro. Ein Fünfziger und ein Zehner,“ gab Frau Meier sehr entschieden zurück.

„Das weiß ich ganz genau,“ setzte sie noch nachdrücklich hinterher.

„Wirklich!“

„Gut, Frau Meier, dann gehen wir jetzt zum Direktor und melden den Verlust,“ erklärte der Pfleger schließlich.

„Ich bitte darum. Und es ist kein Verlust, sondern ein Diebstahl,“ sagte Frau Meier schon wieder etwas gefasster und folgte dem Pfleger über den Flur zum Büro des Direktors. Die Zimmertüren schlossen sich nach und nach wieder. Die Vorstellung war offensichtlich vorbei.

Herr Direktor sah Frau Meier nachdenklich an. Die alte Dame wirkte alles andere als zerstreut, aber aus seiner langjährigen Arbeit mit Senioren wusste er, dass dieser Eindruck täuschen konnte.

So stellte er die Fragen, die auch der Pfleger bereits gestellt hatte ein zweites Mal, erhielt aber exakt die gleichen Antworten. Das hatte er befürchtet und langsam wurde er nervös.

Denn Frau Meier war nicht die erste Bewohnerin, die in den letzten Wochen einen Diebstahl gemeldet hatte. Die Fälle häuften sich geradezu. Wenn das nicht langsam aufhörte, dann musste er wirklich die Polizei einschalten. Das wäre natürlich extrem unangenehm und eine sehr schlechte Werbung für sein Haus. Der Direktor hatte mit dieser Einrichtung noch viel vor und in seinen ehrgeizigen Plänen sah er das Seniorenheim Dünenblick schon als die Top-Adresse im gesamten norddeutschen Küstenraum.

Aber über die Diebstähle würde Direktor Prinz morgen weiter nachdenken. Denn heute stand ein großer Termin an, der ihm auf dem Weg zur Top-Adresse ein Stück weiterhelfen sollte.

„Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass wir nun endlich den neuen und hochmodernen Trakt unseres Seniorenwohnheims Dünenblick in Dornbeck einweihen können. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich für die großzügige Unterstützung von Seiten der Politik bedanken. Deshalb möchte ich nun unsere allseits geschätzte Landtagsabgeordnete, unsere Frau Bergmeister zu mir nach vorne bitten, damit wir den neuen Trakt feierlich eröffnen können,“ erklärte Direktor Prinz würdevoll.

Frau Bergmeister trat auf ihren hochhackigen Schuhen nach vorne, lächelte freundlich in die Kameras der Lokalpresse und gemeinsam mit Direktor Prinz durchschnitt sie mit einer großen Schere symbolisch das dicke rote Band, das an der Tür, die den neuen mit dem alten Trakt verband, angebracht war. Es wurde höflich geklatscht und damit war der offizielle Teil der Eröffnung beendet. Es folgte noch ein kurzer Sektempfang, dann stieg Frau Bergmeister wieder in ihre schwarze Limousine und rauschte davon.

„Puh, das wäre erledigt“, stellte Mats Rütters fest.

Als Polizeichef von Dornbeck waren er und seinen Kollegen Nelly Peters und Jörn Andersen für die Sicherheit der Lokalpolitikerin verantwortlich gewesen. Aber es hatte keine Zwischenfälle gegeben. Weder die Gewerkschaft des Pflegepersonals und die Interessenverbände der Senioren hatten sich bei der feierlichen Eröffnung mit Demonstrationen oder Spruchbändern Gehör verschafft.

„Es ist total ruhig geblieben. Ich war mir echt sicher, dass es zu Protesten kommt. Das wäre doch wirklich eine Gelegenheit gewesen, Aufmerksamkeit zu bekommen“ meinte Nelly.

„Ja, aber für uns war es ein Glück. Wir hatten nichts zu tun,“ warf Jörn ein.

„Manchmal muss man auch mal Glück haben,“ gab Mats zurück und öffnete den obersten Knopf seines Diensthemdes. Der offizielle Teil war ja nun vorbei.

„Na dann, lasst uns fahren,“ meinte er und wandte sich zum Ausgang wieder in den Dienstwagen zu steigen. Mit etwas Glück würde er noch raus zum Angeln fahren können.

„Hilfe, Hilfe! Hallo Sie da von der Polizei, kommen Sie schnell!“

Eine völlig verzweifelte Frau in der Dienstkleidung der Pfleger kam auf die drei Polizisten zugelaufen. Atemlos bleib sie vor den drei Kollegen stehen.

„Die Anna, meine Kollegin liegt auf dem Boden von der Station zwei. Sie rührt sich nicht mehr. Ich glaube, Sie ist tot!“

„Herr Gott noch mal, ich dachte, es ging mal um einen einfachen und nicht so spektakulären Einsatz,“ grummelte Mats und sah seinen Angelausflug bereits schwinden.

Die anderen beiden hatten sich bereits an die Fersen der Pflegerin geheftet, die über die Gänge rannte, um sie zum Ort des Geschehens zu bringen.

Völlig außer Atem erreichte nun auch Mats den Flur von Station A2.

Auf dem glatten Linoleum lag die Pflegerin Anna und sie war ganz offensichtlich tot. Sie lag auf dem Rücken. Ihre weit aufgerissenen Augen starrten unverwandt gegen die Decke. Ihr Mund war wie zu einem stummen Schrei verzerrt. Aus einer Wunde am Hinterkopf war etwas Blut ausgetreten, das auf dem sauber geputzten Boden ein schmales Rinnsal hinterlassen hatte. Offensichtlich war sie beim Sturz gegen den metallenen Schrank geknallt und hatte sich dabei die Kopfverletzung zugezogen. An einer seiner scharfen Ecken klebten einige Haare und etwas Blut.

„Oh mein Gott, die arme Anna. Das hat sich nicht verdient,“ schlurzte die Pflegerin.

„Aber ich wusste, dass dieser verflixte Kerl sie eines Tages auf dem Gewissen haben würde…“

„Welcher verflixte Kerl?“ hakte Nelly nach.

Die Pflegerin schnäuzte sich geräuschvoll.

„Na, ihr Exmann, der Robert. Der hat sie nach der Scheidung einfach nicht in Ruhe gelassen und hat ihr ständig aufgelauert. Auch hier ist er immer wieder aufgetaucht. Wir haben ihn schon mehrfach rausgeschmissen und ihm auch mit der Polizei gedroht. Aber das hat ihn nicht abgehalten…Und jetzt ist es passiert.“

„Hören Sie…Frau…“, begann Mats

„Frau Breuer, Elisabeth Breuer,“ stellte die Pflegerin sich vor.

„Frau Breuer, vielen Dank für Ihre Informationen. Wir werden all das, was Sie uns schon erzählt haben, natürlich zu Protokoll nehmen. Aber kommen Sie doch bitte gerne morgen ins Revier.“

Frau Breuer nickte und beobachtet gespannt, wie die Polizei ihre Ermittlungen aufnahm.

Natürlich hatte es sich im Seniorenheim Dünenblick rasch herumgesprochen, dass es hier einen Todesfall gegeben hatte, der ausnahmsweise einmal nicht dem hohen Alter der Bewohner geschuldet war. So herrschte hinter dem Flatterband, mit dem Jörn rasch den Tatort abgesperrt hatte, bald ein reges Gedränge. Sowohl die Bewohner als auch für das restliche Personal beobachteten das Geschehen aufmerksam.

*

„Endgültig kann ich das ja erst nach der Obduktion sagen, aber alles deutet darauf hin, dass die Tote von vorne angegriffen worden ist. Am Hals gibt es eindeutige Würgemale. Es muss ein Gerangel gegeben haben. Dabei ist das Opfer wohl nach hinten gefallen und dann mit dem Kopf gegen den Schrank geknallt.“

Diese erste Einschätzung des Gerichtsmediziners deckte sich mit Nellys Beobachtungen.

„Woran ist sie am Ende gestorben? Was war die Todesursache?“ fragte Mats.

Der Gerichtsmediziner zuckte die Achseln.

„Das kann ich noch nicht genau sagen. Aber ich vermute, dass sie sich den Schädel durch den Sturz auf den Metallschrank eingeschlagen hat und daran gestorben ist. Vielleicht hat sie sich aber auch das Genick gebrochen. Ich vermute, dass sie durch die Strangulation nur das Bewusstsein verloren hat. Aber morgen wissen wir mehr, das verspreche ich euch.“

„Sonstige Spuren?“ fragte Nelly

„Bislang nicht. Aber vielleicht finden wir ja noch Fasern auf ihrer Kleidung oder Hautpartikel unter ihren Fingernägeln. So, wie der Mörder sie gewürgt hat, müssten auch Kampfspuren auf an den Händen des Mörders zu sehen sein. Wenn er keine Handschuhe getragen hat…Aber wie gesagt, morgen sind wir schlauer. Ich rufe euch gleich morgen an.“

Die zahlreichen Zuschauer zerstreuten sich nach und nach, als die Tote in den Zinksarg gelegt wurde.

Mats wandte sich noch einmal an Elisabeth Breuer:

„Können Sie uns sagen, wo dieser Robert, dieser Ex von der Anna wohnt?“

Elisabeth Breuer nannte ihnen die Adresse.

Die Kommissarin Nelly Peters und ihre beiden Kollegen waren gerade auf dem Weg zum Wagen, als Jörn auf die schwere Metalltüre wies, die in den Keller führte.

„Schau mal, vielleicht ist der Angreifer ja gar nicht durch die Haupteingangstür gekommen. Wir sind hier im alten Teil des Gebäudes. Ich habe vorhin die alten Klappen gesehen, durch die früher die Kohlen geliefert wurden. Vielleicht ist unser Täter ja auch da rein und wieder rausgekommen. Das wäre ja immerhin unauffälliger als durch den Haupteingang.“

„Ein Versuch ist es wert. Lasst uns nachschauen,“ stimmte Nelly zu und prüfte, ob die Tür verschlossen war.

„Das ist ja sonderbar, so eine Türe müsste doch eigentlich abgeschlossen sein,“ stellte sie fest und drehte an dem altmodischen Schalter an der linken Seite das Licht an.

Sie blickten auf eine alte Steintreppe, die steil nach unten führte. Vorsichtig stiegen die drei Polizisten einer nach dem anderen nach unten.

Hier unten war kühl und vollkommen still. Ganz offensichtlich wurde dieser Bereich des Seniorenheims nur noch zum Unterstellen alter und ausrangierter Möbel genutzt. Metallbetten mit alten Matratzen waren aufeinandergestapelt, alte Sessel und Tische zu Türmen aufgebaut. Alles war von einer dicken Staubschicht überzogen und es roch etwas muffig.

„Seht mal her,“ rief Mats plötzlich und leuchtete mit der Diensttaschenlampe in eine etwas versteckte Ecke. Dort hatte sich jemand aus den alten und ausrangierten Möbeln eine Art Unterkunft zurecht gemacht. Auf dem Metallbett lag ein roter Schlafsack. Tische und vier Stühle standen dort und der Dornbecker Bote lag dort. Die Zeitung war erst zwei Tage alt. Einige Taschen und etwas Kleidung lagen herum.

„Hier wohnt einer,“ flüsterte Nelly.

Ganz automatisch wandte sie sich um und spitzte die Ohren.

Dann zuckte sie sie Achseln und inspizierte weiter die Gegenstände, die ihr Besitzer dort zurückgelassen hatte.

„Seid mal ruhig, ich höre jetzt aber wirklich etwas,“ wies Jörn sie plötzlich an.

Lauschend standen sie dort und horchten in die Stille. Jörn hatte recht gehabt. Schlurfende Schritte schienen sich zu nähern, die plötzlich anhielten.

„Verdammt, das Licht. Er hat uns bemerkt,“ flüsterte Nelly.

Sie hörten, dass die Person wieder in die entgegengesetzte Richtung zurücklief. Aber die Schritte, die sich entfernte klangen etwas schlurfend und nicht sehr schnell.

„Los, kommt, er darf uns nicht entwischen,“ kommandierte Mats.

So leise, aber doch so schnell wie möglich bewegten sich die Polizisten in die Richtung, aus der die Schritte zu hören gewesen waren.

„Passt aber auf! Und bleibt in Deckung, wenn es geht. Vielleicht ist der Mann bewaffnet!“ raunte Mats

„Oder die Frau,“ ergänzte Nelly.

Aber sie sah ein, dass das nicht der Augenblick war, das Gender-Thema zu diskutieren.

„Da vorne ist er,“ rief Jörn.

„Den kriegen wir!“

Einige Meter vor ihnen sahen sie eine schmale Gestalt, die sich entfernte.