Verhängnissvolle Träume - Susanne Schwertfeger - E-Book

Verhängnissvolle Träume E-Book

Susanne Schwertfeger

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Beschreibung

Watt, Strand, Dünen – auf den ersten Blick wirkt der kleine Küstenort Dornbeck ruhig, beschaulich – und wenig aufregend. So hatte sich Nelly Peters ihre Karriere als Kommissarin eigentlich nicht vorgestellt. Aber Nelly erkennt rasch: Ganz so langweilig wie es scheint, ist die Polizeiarbeit in Dornbeck nicht. Kaum hat sie ihren Dienst angetreten, muss sie zusammen mit ihrem bärbeißigen Chef Mats und dem jungen Polizisten Jörn den ersten Mord aufklären. Neue Freundschaften und ein sehr netter Wirt machen es Nelly leichter als gedacht, in Dornbeck heimisch zu werden. Aber da wartet schon der nächste Fall darauf, von Nelly und ihren Kollegen gelöst zu werden. Schwarze Wolkenfetzen flogen über den Himmel und die Wellen krachten mit einer unglaublichen Wucht gegen die Hafenmauer. So aufgewühlt hatte Nelly seit ihrer Ankunft in Dornbeck das Meer noch nie gesehen und besorgt betrachtete sie den Himmel. Der Wetterbericht hatte eine Sturmflut vorausgesagt und die Küstenwache war alarmiert. An diesem Abend hatten alle Fischer ihre Boote so hoch wie möglich ans Ufer gezogen und sorgfältig vertäut. Heute Nacht fuhr keiner raus. "Hoffentlich hält der Damm," murmelte Mats besorgt, als er neben Nelly stand und das Naturspektakel beobachtete. "Ja, das wäre wirklich eine Katastrophe," stimmte Nelly ihrem Chef zu. "Komm, lass uns rein gehen, hier draußen werden wir patschnass und wir können ja im Moment doch nichts ausrichten," schlug sie vor. Mats folgte ihr in die kleine Polizeistation in Dornbeck. Drinnen saß bereits ihr Kollegen Jörn und verfolgte die neuesten Meldungen des Wetterdienstes. "Gegen Mitternacht soll der Scheitelpunkt der Sturmflut erreicht sein," informierte er die Kollegen. "Und bislang ist alles ruhig, nur drei vollgelaufene Keller und die Promenade ist überschwemmt. Aber die Feuerwehr und der Katastrophenschutz haben es bis jetzt im Griff. "Hoffen wir, dass es so bleibt," sagte Mats und ließ sich seufzend auf seinen Stuhl fallen. Der Anruf vom Unwetterwarndienst kam gegen viertel vor fünf am Morgen. Nelly und ihre Kollegen hatten bereit die leise Hoffnung gehegt, dass das Unwetter keine größeren Schäden anrichtete, aber wie es schien, hatte es Dornbeck doch stärker getroffen als vermutet. Die Wassermassen hatten den Deich so aufgeweicht, dass er an einigen Stellen nachzugeben drohte. Aber damit nicht genug. Auch die neu verlegte Abflussanlage schien ernsthaft in Gefahr. "Wenn der Damm tatsächlich bricht und die Abflussanlage kollabiert, dann haben wir ein erstes Problem.

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Mordseegeschichten – 8 –

Verhängnissvolle Träume

Kommissarin Nelly Peters ermittelt

Susanne Schwertfeger

Schwarze Wolkenfetzen flogen über den Himmel und die Wellen krachten mit einer unglaublichen Wucht gegen die Hafenmauer. So aufgewühlt hatte Nelly seit ihrer Ankunft in Dornbeck das Meer noch nie gesehen und besorgt betrachtete sie den Himmel. Der Wetterbericht hatte eine Sturmflut vorausgesagt und die Küstenwache war alarmiert. An diesem Abend hatten alle Fischer ihre Boote so hoch wie möglich ans Ufer gezogen und sorgfältig vertäut. Heute Nacht fuhr keiner raus.

„Hoffentlich hält der Damm,“ murmelte Mats besorgt, als er neben Nelly stand und das Naturspektakel beobachtete.

„Ja, das wäre wirklich eine Katastrophe,“ stimmte Nelly ihrem Chef zu.

„Komm, lass uns rein gehen, hier draußen werden wir patschnass und wir können ja im Moment doch nichts ausrichten,“ schlug sie vor.

Mats folgte ihr in die kleine Polizeistation in Dornbeck.

Drinnen saß bereits ihr Kollegen Jörn und verfolgte die neuesten Meldungen des Wetterdienstes.

„Gegen Mitternacht soll der Scheitelpunkt der Sturmflut erreicht sein,“ informierte er die Kollegen.

„Und bislang ist alles ruhig, nur drei vollgelaufene Keller und die Promenade ist überschwemmt. Aber die Feuerwehr und der Katastrophenschutz haben es bis jetzt im Griff.“

„Hoffen wir, dass es so bleibt,“ sagte Mats und ließ sich seufzend auf seinen Stuhl fallen.

Der Anruf vom Unwetterwarndienst kam gegen viertel vor fünf am Morgen. Nelly und ihre Kollegen hatten bereit die leise Hoffnung gehegt, dass das Unwetter keine größeren Schäden anrichtete, aber wie es schien, hatte es Dornbeck doch stärker getroffen als vermutet. Die Wassermassen hatten den Deich so aufgeweicht, dass er an einigen Stellen nachzugeben drohte. Aber damit nicht genug. Auch die neu verlegte Abflussanlage schien ernsthaft in Gefahr.

„Wenn der Damm tatsächlich bricht und die Abflussanlage kollabiert, dann haben wir ein erstes Problem. Wir müssen sofort großflächig evakuieren,“ sagte Mats entschieden und trat an den Stadtplan von Dornbeck.

„Diese beiden Straßenzüge und die umliegenden Höfe auf jeden Fall und zur Sicherheit auch noch die kleinen Stichstraßen auf der westlichen Seite,“ beschloss Mats und die Kollegen nickten zustimmend.

„Dann mal los!“ sagte Nelly und obwohl sie hundemüde war, war es vollkommen klar, dass der Feierabend noch eine Weile warten musste.

Endlich waren die Bewohner der betroffenen Straßenzüge und der Höfe in der Dornbecker Turnhalle untergebracht, als der Morgen bereits angebrochen war. Aber der Wind hatte sich weiter abgeschwächt und auch das das Meer sah schon viel ruhiger aus.

„Ich glaube, wir kommen mit einem blauen Auge davon. Wenn der Deich bis jetzt gehalten hat und das Hilfswerk weiter so fleißig Sandsäcke auftürmt, sollte er halten,“ meinte Mats.

„Nur die neue Abflussanlage macht mir Sorgen…“

Mats gähnte und rieb sich das Kinn. Auch ihm war die durchwachte Nacht deutlich anzusehen. Er überlegte gerade, Nelly und Jörn nach Hause zu schicken, dass sein Handy klingelte.

„Oh, wieder der Ole vom Katastrophenschutz. Hoffentlich hat er keine schlechten Nachrichten für uns,“ meinte Mats.

Nachdem er das Gespräch beendet hatte, sah Mats Rütters Nelly und Jörn ernst an.

„Wir müssen los. Es gibt Arbeit für uns. An der Abflussanlage wurde eine skelettierte Leiche gefunden.“

„Oh Mann, Chef, das ist doch nicht dein Ernst,“ stöhnte Jörn.

„Leider doch. Anscheinend war die Leiche in das Fundament der Abflussanlage einzementiert. Und nun, dass die Anlage gebrochen ist, ist das Skelett aufgetaucht,“ erklärte Mats.

„Super Timing,“ meinte Nelly trocken.

*

Das Skelett, das nicht einmal mehr ein paar Kleidungsreste trug, die Hinweise auf Identität oder überhaupt nur auf das Geschlecht geben könnten, lag auf der grauen Plastikplane, die die Gerichtsmedizin auf dem Boden ausgebreitet hatte. Die Gerichtsmediziner hatte große Sorge gehabt, dass das Wasser, was durch die kaputte Abflussanlage strömte, den einen oder anderen Knochen des Gerippes mit sich nehmen könnte und so war das Gerippe so schnell wie irgend möglich geborgen worden.

„Normalerweise würden wir den Fundort genauer untersuchen, aber unter diesen Bedingungen…“ erklärte der Einsatzleiter halb entschuldigend, halb entnervt.

„Tja, außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen,“ gab Mats müde zurück.

Dann wandte er sich an Nelly, den Mitarbeiter des Katastrophenschutzes befragt hatte, der angerufen hatte.

„Was hat er gesagt? Wie hat er das Skelett entdeckt?“ fragte Mats

„Der Mann ist Statiker. Er wollte die Bruchstelle untersuchen. Dabei hat er mit seiner Taschenlampe in die Stelle ausgeleuchtet, wo der Boden des Kanals aufgebrochen ist. Dabei hat er dann das Skelett entdeckt.“

Mats nickte verstehend.

„Oh Mann, was für eine schreckliche Nacht und dann noch am Ende mal wieder eine Leiche. Nelly, du machst mich echt fertig.“

„Aber Chef, ich kann doch auch nichts dafür, dass es seit meiner Ankunft in Dornbeck ständig neue Mordfälle gibt…Und dieser hier muss schon mindestens drei, vier Jahre zurückliegen. Da war ich noch gar nicht da…“ verteidigte sich Nelly, obwohl es ja wirklich nicht ihre Schuld war.

„Seid lieber froh, dass ich euch bei der Aufklärung der ganzen Mordfälle unterstütze!“ gab sie dann doch noch zurück.

*

Nach ein paar Stunden Schlaf, einer Dusche und einem Brunch bei Jon in der Auster fühlte sich Nelly wieder einigermaßen hergestellt und bereit, den nächsten Dienst anzutreten.

Auch Mats und Jörn wirkten wesentlich fitter als noch vor ein paar Stunden.

„Wie sieht es aus? Was macht der Damm und gibt es schon etwas Neues von unserem Skelett?“ fragte Nelly

„Also, der Deich wird halten, das Abwassersystem ist nicht so schlimm beschädigt, wie es zuerst aussah und das Skelett wird noch untersucht. Die Kollegen melden sich, sobald sie fertig sind,“ setzte Jörn Nelly ins Bild.

Der Anruf der Gerichtsmedizin kam genau in dem Moment, als Nelly mit den Kollegen bei Hein stand und herzhaft in das Fischbrötchen biss, dass sie die ganze Zeit schon so verführerisch angelacht hatte. Da aber auch Jörn und Mats mit vollen Backen kauten, erbarmte sie sich, schluckte heftig und leckte sich den Zeigefinger, an dem noch Remoulade klebte, ab.

„Hallo Nelly,“ meldete sich der alte Kollege namens Jens aus Hamburg.

„Hallo Jens,“ antworte Nelly.

„Was hast du für uns?“

„Wir wissen, wer die Tote ist,“ gab er Kollege zur Antwort.

„Wir haben hier die sterblichen Überreste einer gewissen Annika Sandmann gefunden. Das hat die DNA-Analyse ergeben. Den Zustand der Knochen nach, wird sie seit ungefähr drei Jahren tot sein. Am besten fragst du deine Kollegen nach dem Fall, die haben den Fall, oder wie immer man das nennen soll damals bearbeitet.“

„Okay, aber wie ist die gestorben? Kannst du dazu was sagen?“

„In ihrem Schädel war ein Loch. Das muss ein Schuss aus einer großkalibrigen Waffe gewesen sein. Sie ist also erschossen worden, vermutlich aus nächster Nähe.“

Nelly wunderte sich über die Formulierung des Gerichtsmediziners, der von dem „sogenannten Fall von damals“ sprach. Das klang etwas nebulös. So beschloss Nelly, sich die Geschichte der Annika Sandmann von ihren Kollegen Mats und Jörn genauestens erzählen zu lassen.

„Jungs, was sagt euch der Namen Annika Sandmann?“ fragte sie, nachdem sie aufgelegt hatte.

Mats verschluckte sich fast an seinem letzten Bissen und sah Nelly entsetzt an.

„Das Skelett gehört zu Annika Sandmann?“ fragte Mats und sah Nelly vollkommen perplex an.

„Das hat Jens gesagt und außerdem hat er gesagt, dass ich mir von euch erzählen lassen soll, was es mir ihr auf sich hat. Ich bin gespannt!“

„Also, das war so,“ begann Mats seine Erzählung.

Dann machte er eine Pause, sammelte sich und fuhr schließlich fort:

„ Die Familie Sandmann ist echt nicht arm. Die haben einige Metzgereien hier in der Umgebung und außerdem züchten die Rinder und Schweine. Und eines Tages kamen die Eltern zu uns. Das war vor ungefähr drei Jahren. Da haben Annikas Eltern ihre Tochter bei uns als vermisst gemeldet. Aber da ihre Tochter volljährig war, konnten wir erst nach einer gewissen Weile tätig werden. Die Eltern deuteten an, dass ihr Verhältnis nicht das Beste war, dass sie aber auch eine Entführung nicht ausschlossen. Damals muss das Mädchen so um die neunzehn, zwanzig Jahre alt gewesen sein. Wir haben dann nach einigen Tagen eine große Suchaktion gestartet. Deshalb wird Hamburg auch ihre DNA haben. Aber nach einigen Wochen kamen die Eltern dann zu uns und haben die ganze Aktion wieder abgeblasen und gesagt, dass Annika sich gemeldet hat. Sie sei Ausland und dort auf dem besten Wege, eine Karriere als Model zu machen. Also haben wir die Suche eingestellt und das war es dann.“

Wieder in der Polizeistation angekommen, Nelly sah die beiden Kollegen fassungslos an.

„Wollt ihr mir sagen, dass ihr euch einfach auf das Wort der Eltern verlassen habt? Dass ihr nicht wirklich überprüft habt, ob Annika tatsächlich noch lebt?“

Mats und Jörn zuckten etwas hilflos mit den Achsen.

„Naja, es gab keinen Hinweis auf ein Verbrechen. Die Eltern haben das Mädchen ja schließlich selbst als vermisst gemeldet. Warum hätten sie das tun sollen, wenn sie etwas mit ihrem Tod zu tun hatten…Und sie klangen so erleichtert und froh, als sie sagten, dass Annika sich gemeldet hatte...“

„Mats, ist das wirklich dein Ernst?“ fragte Nelly ungläubig.

„Naja, die Sandmanns sind eine sehr angesehene Familie und es gab nie einen Grund daran zu zweifeln, dass da etwas nicht stimmt,“ verteidigte sich Mats.

Nelly winkte müde ab.

„Jetzt ist es sowieso zu spät. Aber jetzt müssen wir versuchen, herauszufinden, was Annika damals passiert ist,“ meinte Nelly.

Jörn schaltete sich ein:

„Der Abwasserkanal ist vor ungefähr drei Jahren gebaut worden. Das heiß, zu dem Zeitpunkt, als Annika ermordet wurde, war dort eine Baustelle und die Tote konnte dort sozusagen sicher entsorgt werden.

„Und wenn es diese Überschwemmung nicht gegeben hätte, wäre ihre Leiche sicher niemals gefunden worden,“ meinte Nelly zustimmend.

„Aber wieso haben die Eltern dann erklärt, dass ihre Tochter im Ausland sei und dass sie dort als Model durchstarten wollte?“ fragte nun Mats, der immer noch etwas beschämt wirkte, weil er die Ermittlungsarbeit damals wohl etwas lasch gehandhabt hatte.

„Nun, das werden die Eltern uns erklären müssen. Wir sollten ihnen einen Besuch abstatten,“ meinte Nelly.

„Ach, aber vielleicht habt ihr noch ein Foto von Annika, dass ihr mir zeigen könnt. Dann kann ich mir besser ein Bild machen.“

„Ja, sicher, schau mal hier,“ meinte Jörn und drehte den Bildschirm in Nelly Richtung.

Sie blickte in das Gesicht einer wirklich sehr hübschen und jungen Frau mit blonden langen Haaren, großen, haselnussbrauen Augen. Sie blickte frech und herausfordernd in die Kamera.

Das Bild musste in Herbst oder Frühling aufgenommen worden sein, denn Sie trug eine schwarze Übergangsjacke mit großen und sehr auffälligen Perlmuttknöpfen, die im Herbstlicht schillerten.

*

Der große und sehr weitläufige Hof der Sandmanns mit der angegliederten Schlachterei lag am südlichen Ende von Dornbeck und war komplett von Zäunen und Hecken umgeben. Rinder grasten zufrieden auf den saftigen grünen Weiden und auch einige Schweine schienen den Freilauf sehr zu genießen, denn sie suhlten sich genüsslich im Matsch.

„Na, denen scheint es aber gut zu gehen. Noch zumindest…“ stellte Nelly fest.

„Tja, denen schon. Aber den armen Eltern gleich nicht mehr,“ meinte Jörn düster.

„Mensch Jörn, seitdem du weißt, dass du Vater wirst, bist du aber auch empfindsam geworden,“ meinte Mats, aber dann sah er ein, dass Jörn vollkommen recht hatte mit seiner Bemerkung und schwieg dann betreten.

Helene Sandmann war eine imposante Erscheinung. Sie war mindestens ein Meter achtzig groß, sportlich und durchtrainiert. Ihr kinnlanges blondes Haar saß perfekt und ihr Hausanzug wirkte elegant und bequem zugleich.