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Als Stefano mit dem Hubschrauber auf seinem Gut in der Toskana landet, bleibt Kira die Luft weg: Die hübsche Landschaftsgärtnerin fühlt sich stark zu dem unverschämt attraktiven Millionär hingezogen. Doch nach einer romantischen Nacht ist er spurlos verschwunden …
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Seitenzahl: 174
IMPRESSUM
Der Millionär und die Gärtnerin erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2010 by Christina Hollis Originaltitel: „The Italian’s Blushing Gardener“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 333 - 2011 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: SAS
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A., baranq / Shutterstock
Veröffentlicht im ePub Format in 03/2023.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751521857
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Kira stand im Schatten der hohen Pinien und schaute über das Bella-Terra-Anwesen hinaus, ihre Aufmerksamkeit auf die andere Seite des Tals gerichtet. In der Ferne zog sich eine weiße Narbe durch die grünen Hügel – die Straße. Kira wartete darauf, eine Wolke toskanischen Staubs zu erblicken, die das Ende ihrer friedlichen Abgeschiedenheit einläuten würde.
Ihr kleines Paradies würde sich bald für immer verändern. Das Land um ihr Haus herum stand zum Verkauf. Wollte man der Maklerin glauben, so hatte der fantastischste Mann der Welt Interesse, es zu kaufen.
Kira wiederum hätte es nicht weniger interessieren können. Sie war nach Italien gezogen, um all dem zu entfliehen. Das, was sie bisher über Signor Stefano Albani gehört hatte, tat nichts, um ihre Meinung über Männer zu verbessern. Die Maklerin war am Nachmittag gekommen, um Albani das Anwesen zu zeigen. Doch als der Mann nicht auftauchte, hatte sich die atemlose Aufregung der Frau mehr und mehr gelegt. Vermutlich war der Milliardär mehr an Frauen interessiert als an einem riesigen Gut.
Als die Maklerin sich dann Sorgen wegen ihres nächsten Termins zu machen begann, hatte Kira angeboten, den Schlüssel zur Villa und das Exposé zu überreichen. Zwar gab sie sich nur ungern mit Fremden ab, aber es sah ja nicht so aus, als würde Signor Albani noch kommen. Und das Angebot war eigentlich eher ein Vorwand, um die Maklerin endlich loszuwerden.
Es klappte. Die Frau eilte davon und ließ Kira allein zurück.
Was gab es Schöneres, als einen Nachmittag lang die Aussicht über Bella Terra zu genießen?
Wolken verdeckten jetzt die heiße Sonne, und Kira wurde immer zuversichtlicher, dass Stefano, der charmante Verführer, nicht mehr kam – eine Erleichterung in mehr als nur einer Hinsicht. Je weniger Hausbesichtigungen stattfanden, desto länger würde es dauern, das Anwesen zu verkaufen. Kira war es gleich, selbst wenn das riesige alte Haus für immer leer stehen sollte. Ihr kleines Häuschen lag separat von der Villa, auch wenn zwischen den beiden Gebäuden Sichtkontakt bestand.
Bella Terras letzter Besitzer, Sir Ivan, war ein ebenso reservierter Mensch gewesen wie Kira. Sie hatten sich jeden Tag über das Tal hinweg zugewinkt, während Kira sich um die Gärten des Anwesens kümmerte. Weiter war ihre Freundschaft nie gegangen, und es hatte ihnen beiden zugesagt. Jetzt war Sir Ivan tot. Seltsam, in den zwei Jahren, seit Kira La Ritirata gekauft hatte, hatte sie kaum – und wenn, dann nur geschäftlich – mit dem Mann gesprochen, und doch vermisste sie ihn. Wer immer Bella Terra kaufte, wäre bestimmt nicht so diskret und unaufdringlich wie der alte Mann. Sie hasste die Vorstellung.
Sie fragte sich, ob die Zukunft vielleicht eine weniger große Bedrohung darstellen würde, wenn sie jemanden hätte, mit dem sie reden könnte. Ein Brief war gestern angekommen. Aus England. Der Umschlag lag ungeöffnet auf dem Küchentisch. Sie wusste, sie würde den Brief beantworten müssen, aber noch brachte sie es nicht über sich.
Bemüht richtete sie ihre Gedanken wieder auf die Szenerie vor sich. Die Wolkenbank über den Hügeln wurde dichter. Bald würde ein Gewitter losbrechen und der Regen die einzige Straße zu Bella Terra in einen schlammigen Fluss verwandeln. Kira lächelte vor sich hin. Sollte Signor Albani wider Erwarten auf dem Weg sein, würde ihm sicher schnell die Lust vergehen, sich mit einem teuren Sportwagen den Hügel hinaufzukämpfen wie ein Lachs gegen die Stromschnellen. Ihr kleines Paradies wäre also noch eine Weile sicher.
Plötzlich meinte sie, eine Veränderung in der Luft zu spüren. Die Vögel stellten ihr Gezwitscher ein, ein Reh brach aus dem Wald und sprang über den Pfad in die Wiese hinein. Kira spürte den Boden unter ihren Füßen beben, instinktiv lief auch sie zu der Sommerwiese. Die Pinienwipfel, gerade noch ruhig, wogten jetzt hin und her wie sturmgepeitschte Wellen.
Doch es war kein Erdbeben, es war etwas viel Alarmierenderes. Ein Hubschrauber stieß aus der Luft herab und riss Ruhe und Frieden des Tales entzwei.
„Für die nächsten zwei Stunden bin ich nicht zu erreichen“, sagte Stefano Albani in seine Freisprecheinrichtung. „Mit dem Mailand-Projekt ist alles geregelt, und sollten Murrays Leute sich melden, sag ihnen, dass die Beteilung nicht zustande kommt – es sei denn, sie lassen sich etwas einfallen, das mich interessieren kann.“
Er beendete den Anruf und lehnte sich in den Sitz zurück, trotzdem entspannte er sich nicht. Um einen Hubschrauber zu fliegen, brauchte man volle Konzentration. Wenn er eine Immobilie besichtigte, sah er sich das Objekt grundsätzlich erst aus der Luft an. Bella Terra hier war perfekt, geradezu ein Traum. Schattige Wäldchen boten Schutz vor der Sommerhitze, während prächtig blühende Terrassenbeete in allen Farben nahe beim Haus genügend Platz boten, um die Sonne zu genießen. Apropos genießen …
Eine Bewegung erregte seine Aufmerksamkeit. Da unten stand eine Frau und winkte mit beiden Armen, in der einen Hand hielt sie Papiere. Ein Mundwinkel hob sich zu einem halben Lächeln. Er hatte nur am Telefon mit der Maklerin gesprochen, aber wie es von hier oben aussah, war sie ebenso attraktiv, wie ihre Stimme bei dem langen und wirklich anregenden Telefonat geklungen hatte. Da weiterzumachen, wo sie aufgehört hatten, wäre sicherlich eine angenehme Art und Weise, sich nach einem hochtourigen Arbeitstag zu entspannen.
Er schaute zu der hübschen kleinen ragazza dort hinunter und winkte zurück. Nach den Schlachten im Vorstandszimmer und den Investitionsentscheidungen boten ein paar Stunden an einem Ort wie diesem hier eine großartige Abwechslung. Die Gesellschaft einer schönen Frau war ein zusätzlicher Bonus.
Mit einem Lächeln landete Stefano den Helikopter hinter dem Haus. Die wenigen wertvollen Stunden Freiheit ließen sich ja bestens an.
Kira war der Sinn für Humor vergangen. Bella Terra war ein ruhiges Tal, das Donnern von Hubschrauberrotoren ein beleidigender Angriff auf die stille Schönheit. Vor allem schien es ihr wie ein Omen für die Dinge, die noch kommen würden.
„Da fliegen Fasane ja höher!“, rief sie dem Metallvogel nach, natürlich ohne gehört zu werden. Dennoch … es war ein gutes Gefühl, dem Ärger Luft zu machen.
Mit in die Hüften gestemmten Händen schaute sie zu, wie der Hubschrauber hinter dem Haus absank. Wäre sie nicht so verärgert, wäre sie vielleicht nervös gewesen. So jedoch spurtete sie los, zwängte sich durch ein überwachsenes Loch in dem schmiedeeisernen Zaun und marschierte zum Haus.
Der Hubschrauber stand direkt vor dem Eingang, sauber geparkt wie ein Auto – von dem Piloten jedoch keine Spur. In der drückenden Hitze umrundete Kira die Villa und ärgerte sich noch mehr. Jeder vernünftige Mensch hätte sich sofort in den Schatten geflüchtet! Als sie auf der Nordseite ankam, sah sie eine männliche Gestalt durch den Durchlass in der Eibenhecke verschwinden, der zum Brunnengarten führte. Sie wollte schon rufen, doch etwas an der athletischen Grazie des Mannes ließ sie stumm bleiben. Als sie dann in dem sonnendurchfluteten Karree ankam, war niemand mehr zu sehen.
Sie hörte Schritte, ohne bestimmen zu können, aus welcher Richtung sie kamen, dann legten sich plötzlich starke Hände um ihre Taille und zogen sie in eine Umarmung.
„Endlich haben wir uns gefunden, Miss Barrett“, schnurrte eine tiefe Stimme. „Ich hatte gedacht, Sie würden bei der Haustür auf mich warten.“
Die gemurmelten Worte vibrierten an Kiras Nacken. Unwillkürlich zuckte sie vor dem warmen Atem an ihrer Haut zurück. Doch die Hände hielten sie nur fester und zogen sie eng an eine harte Männerbrust.
„Als wir miteinander telefonierten, sagten Sie, Sie freuten sich schon darauf, mich kennenzulernen. Wo genau, sagten Sie, gehen wir heute Abend zum Dinner?“ Damit drehte er sie in seinen Armen um und drückte seine Lippen auf ihren Mund.
Kira machte sich mit einer Schnelligkeit von ihm frei, die sie beide erstaunte. „Ich bin nicht Amanda Barrett!“, stieß sie aus. „Also behalten Sie Ihre Hände bitte bei sich.“
Der Besucher zog sich sofort von ihr zurück. Er war zu gewandt, um sich den Schreck anmerken zu lassen. Stattdessen deutete er mit steinerner Miene eine Verbeugung an. „Scusi, signora.“
Mit blitzenden Augen wich Kira zwei Schritte zurück. Erstens hatte sie nicht erwartet, dass er so abrupt aufhören würde, zweitens hatte sie keine Ahnung, was sie als Nächstes tun sollte. Wenn das Signor Stefano Albani war, seines Zeichens Milliardär, dann war er völlig anders als all die anderen reichen Männer, für die sie bisher gearbeitet hatte. Die waren nämlich alle steif und humorlos gewesen und hätten sich im Traum keine solche Unverschämtheit einfallen lassen. Stefano Albani jedoch sah aus, als wäre er zu allem bereit.
„Ich habe Sie offensichtlich verwechselt, entschuldigen Sie. Ich wollte mich hier mit der Maklerin treffen. Wissen Sie, wo ich sie finde?“, fragte er in perfektem Englisch mit leichtem Akzent.
„Inzwischen wahrscheinlich bei sich zu Hause, nachdem sie mindestens zwei Häuser in der Zeit verkauft hat, die Sie gebraucht haben, um überhaupt hier aufzutauchen“, fauchte sie. Das innere Durcheinander wegen des unerwarteten Kusses hatte sich noch nicht gelegt.
Nichts in seiner Miene regte sich, dann begann es um seine Mundwinkel zu zucken. „Dio, es ist lange her, seit jemand so mit mir gesprochen hat!“
Das schiefe Lächeln ließ ihn fast jungenhaft aussehen. Einen Moment lang fühlte Kira sich überrumpelt. Sie schluckte. Aber sie würde sich mit Sicherheit nicht von ihm verwirren lassen, nur weil sie den Blick nicht von seinem schönen Mund wenden konnte. „Sie müssen entschuldigen, signore, aber erst erscheinen Sie ohne jegliche Entschuldigung mit dreistündiger Verspätung, und dann fliegen Sie so tief über das Tal, dass Sie die gesamte Tierwelt zu Tode erschrecken und zudem einen wunderschönen Abend zerstören.“ Auch wenn sie mit fester Stimme sprach, krümmte sie sich doch innerlich, als seine Miene wieder ernst wurde. Nun, offensichtlich nannten nicht genügend Menschen ihm gegenüber die Dinge offen beim Namen, das hatte er ja soeben selbst gesagt.
„Wenn ich für Aufregung gesorgt habe, dann entschuldige ich mich“, meinte er steif. „Schließlich ist die Ruhe hier der größte Kaufanreiz für mich.“ Seine Züge entspannten sich wieder. „Ich bin Stefano Albani“, stellte er sich jetzt offiziell vor, „und daran interessiert, Bella Terra zu kaufen. Da ich Sie für Miss Barrett hielt, ging ich auch davon aus, dass Sie mich mit der größten Begeisterung begrüßen würden.“
„Nun, bin ich aber nicht.“ Alles andere, was sie sonst noch sagen wollte, verkniff Kira sich. Schließlich bestand durchaus die Möglichkeit, dass sie bald Nachbarn sein würden. Warum es also schwieriger machen als nötig?
„Ich wurde aufgehalten. Da ich so schnell wie möglich herkommen wollte, musste ich den Hubschrauber nehmen. Und die Störung dauerte ja auch nur wenige Sekunden. Ich vermute, das Tal hat sich über die Jahre von Schlimmerem erholt. Die Menschen versuchen immer, der Landschaft ihren Stempel aufzudrücken. Irgendwann aber schüttelt das Land sie alle wieder ab.“
Kiras Argwohn musste auf ihrer Miene zu erkennen gewesen sein, denn er beeilte sich, hinzuzufügen: „Ich verspreche, dass es nicht wieder vorkommt. Tiefflüge über das Tal wird es nicht mehr geben, wenn ich eingezogen bin.“
Seine Worte klangen entschieden, aber da spielte noch immer dieses Lächeln um seine Lippen. Und Kira war es unmöglich, wegzuschauen. Es gab so vieles zu sehen. Jetzt, da die Unstimmigkeiten zwischen ihnen beseitigt waren, hatten seine Augen das strahlende Blau eines perfekten italienischen Sommerhimmels. Seine seidigen dunklen Locken waren kurz geschnitten, jedoch lang genug, dass die Sommerbrise mit ihnen spielen konnte. Er strahlte Stärke aus, aber es war die Stärke von stählernen Nerven, nicht nur plumpe Muskelkraft. Im Gegensatz zu den Milliardären, für die Kira in der Vergangenheit gearbeitet hatte, wirkte dieser Mann wie jemand, der sowohl Körper als auch Verstand nutzte. Unvorstellbar, dass er seine Zeit ausschließlich vor einem Computerbildschirm verbrachte. Kira wünschte, sie hätte Amanda Barrett zugehört, als diese von dem wundervollen Signor Albani schwärmte, doch leider hatte sie die Ohren auf Durchzug gestellt. Nur gut, dass die Maklerin nicht mehr hier war. Sie wäre dem Mann zu Füßen gesunken wie eine gefällte Eiche.
Dass alle Frauen dies taten, konnte man sich wiederum leicht vorstellen. Verwundert und fasziniert zugleich fragte Kira sich, warum keine erkannte, was er wirklich war – ein reicher Mann, der ausschließlich auf das eigene Vergnügen achtete.
Jetzt sah er an der alten Villa empor, als würde sie ihm bereits gehören. Kira ignorierte den Schauer und sagte sich, dass es keine Bedeutung hatte. Er war ja noch nicht einmal über die Schwelle getreten, wie konnte er sicher sein, dass das Haus das richtige für ihn war?
„Das werden wir ja dann sehen – falls Sie einziehen“, erwiderte sie grimmig. Der Gedanke kam ihr, dass Stefano Albani ebenso ein Mann sein könnte, der Herausforderungen liebte und keiner Konfrontation aus dem Weg ging, also sollte sie sich mit ihren Kommentaren besser zurückhalten. Es hatte natürlich überhaupt nichts damit zu tun, dass sie nicht wie eine keifende Xanthippe vor diesem umwerfend attraktiven Mann aussehen wollte, nein, ganz bestimmt nicht. „Eigentlich habe ich nur hier auf Sie gewartet, um Ihnen die Schlüssel und das Exposé zu übergeben, signore. Allerdings hatte ich nicht mehr mit Ihnen gerechnet. Ich hatte meinen Abend schon verplant, bis Sie dann aus der Luft gefallen sind und …“
„Und Ihnen die Pläne für den Abend durcheinandergebracht habe?“
Die Falte auf Kiras Stirn zeigte sich wieder. „Ich wollte sagen: ‚… und mich zu Tode erschreckt haben.‘ Und dann wollte ich mich auch noch für meine nicht sehr freundliche Reaktion entschuldigen“, endete sie frostig.
Wortlos streckte Stefano die Hand aus. Kira starrte auf seine Handfläche, bis ihr klar wurde, was er von ihr wollte – das Exposé und die Schlüssel. Sie reichte ihm beides. Das Exposé hatte sie so lange in den Händen gedreht, dass es eindeutig gelitten hatte. Er musste erst die Seiten glatt streichen, bevor er es lesen konnte.
„Wovon halte ich Sie denn heute Abend ab?“, fragte er nach einigen Augenblicken. Da er den Blick nicht von den Unterlagen hob, überrumpelte seine Frage Kira.
„Von nichts, wie üblich“, erwiderte sie prompt.
Jetzt hob er den Kopf, mit einem Lächeln, das wie Perlen schimmerte. „In diesem Fall … warum führen Sie mich nicht durch das alte Haus?“
Das Angebot kam so unerwartet, dass Kira ohne nachzudenken antwortete: „Liebend gern!“
Sie bereute die Worte, kaum dass sie sie ausgesprochen hatte. Das war nicht ihre Aufgabe, sie hatte damit nichts zu tun. Sie hatte sich nur dazu bereit erklärt, Schlüssel und Unterlagen zu übergeben, mehr nicht. Sie ruderte zurück. „Liebend gern, Signor Albani, aber ich bin nur die Nachbarin. Ich kenne mich in dem Haus überhaupt nicht aus.“ Mit einem Seufzer schaute sie an der alten Fassade hoch. „Ich war nur in einem oder vielleicht zwei Räumen …“
„Es gehört schon lange einem Engländer“, entnahm Stefano den Unterlagen. Er blickte auf. „Kennen Sie ihn?“
„Sir Ivan war mein Kunde. Ich habe als Gartenplanerin für ihn gearbeitet. Aber mehr nicht“, fügte sie noch an.
„Also zwei Engländer mit der berüchtigten britischen Diskretion?“
Sein spöttisches Lächeln trieb Kira in die Defensive. Pikiert über seine Bemerkung, musste sie den Impuls unterdrücken, auf dem Absatz kehrtzumachen. „Ich weiß mehr über die Gärten und Anlagen hier draußen als jeder andere, signore, aber für das Haus ist die Broschüre Ihnen sicher eine bessere Hilfe.“
„Sie sind Gartenplanerin?“ Er musterte sie mit neuem Interesse. Das Blut schoss Kira in die Wangen: Sie fühlte sich in ihrer Arbeitskluft – staubige Jeans und schlichtes weißes T-Shirt – von Kopf bis Fuß inspiziert.
Als er ihre Reaktion sah, lächelte er frech. „Aber warum stehen wir hier und verschwenden Zeit mit reden, wenn wir uns das Haus anschauen können? Wie ich Engländerinnen kenne – und glauben Sie mir, ich kenne sie gut“, sagte er in einem Ton, der keinen Zweifel über die Bedeutung aufkommen ließ, „sind Sie genauso neugierig darauf wie ich, das Innere zu sehen. Was meinen Sie, sehen wir es uns gemeinsam an?“
Wenn das kein Wunschdenken war! Seit zwei Jahren träumte Kira davon, sich ausgiebig in dem schönen alten Haus umsehen zu können. Und jetzt lud er sie ein, es zu tun …
Ohne auf ihre Antwort zu warten und das Exposé in der einen Hand, berührte er mit der anderen leicht ihre Hüfte und schob sie vorwärts. So angenehm hätte die aufmunternde Berührung gar nicht sein dürfen. Also machte Kira hastig einen Schritt vor, um seiner Hand zu entkommen. Sie kam auch vor ihm bei der Tür an, trat dann beiseite, damit er aufschließen konnte. Stefano ließ ihr den Vortritt, doch sie zögerte. Sicher, sie brannte darauf, das Haus zu erkunden, aber allein. Die wunderschöne alte Villa mit Stefano Albani zu besichtigen, ob er nun der neue Besitzer werden würde oder nicht, schien ihr viel zu intim.
Stefano jedoch kannte keine solchen Skrupel. Jetzt legte er die Hand an ihren Rücken und drängte sie nach vorn. Der leise Seufzer, der ihr entschlüpfte, schien das Schmelzen ihres Widerstands einzuläuten.
„Nach Ihnen. Ich will mir alles ansehen. Daher, fürchte ich, wird es wohl einige Zeit in Anspruch nehmen.“
Er sprach leise, aber mit Autorität. Auch benahm er sich, als würde das Haus bereits ihm gehören. Schuldbewusst lief Kira rot an. Sie hatte so lange allein über dieses Tal hier bestimmt, dass sie es als ihr persönliches kleines Paradies erachtete. Jetzt hatte sie die Möglichkeit, sich auch das Haus anzusehen. Dass es zusammen mit diesem Mann geschehen sollte, jagte ihr ein erregendes Prickeln über die Haut. Ehrlich gesagt, es war dieses intensive Gefühl, das sie zögern ließ.
Die Kunst des Small Talks hatte sie schon vor Langem verlernt. Und dieser Mann schien zudem ihre Fähigkeit zu ersticken, klar zu denken. Wenn sie in seine blauen Augen schaute, dann erkannte sie dort vieles, was ihr auch morgens im Badezimmerspiegel aus den eigenen Augen entgegenblickte. Umso mehr Grund, auf der Hut zu sein. Unter dieser glatten Schale könnten sich durchaus Geheimnisse verbergen, so wie auch bei ihr. Unerklärlicherweise drängte sie es jedoch, diese Schale Stück für Stück abzuziehen und zu sehen, welche Wahrheit darunterlag.
Der Druck seiner Hand an ihrem Rücken wurde fester. Es fühlte sich so gut an, dass es nur falsch sein konnte. Kira schluckte und hielt jenen unbändigen und fremden Instinkt im Zaum. „Bitte, fassen Sie mich nicht an, Signor Albani“, sagte sie leise.
Er ließ die Hand sinken und schaute sie überrascht an. „Sind Sie sicher?“
„Absolut“, behauptete sie mit ausdrucksloser Miene.
„Interessant“, sagte er schließlich nachdenklich, nachdem er sie lange gemustert hatte. „Erst machen Sie mir streng Vorhaltungen, und jetzt sind Sie nervös wie ein Rehkitz. Ich kam her, um mir eine Immobilie anzusehen. Es scheint nicht das Einzige, was einer genaueren Erkundung wert ist.“
„Sie brauchen mir nicht zu schmeicheln“, murmelte Kira. „Sich selbst auch nicht.“ Sie klopfte sich den Staub von der Hose, hatte sie doch das Gefühl, für die Besichtigung dieses altehrwürdigen Hauses hätte sie sich erst umziehen sollen.
„Keine Sorge, es ist schließlich nicht der Vatikan“, meinte Stefano schmunzelnd. „Sie sehen gut aus. Sie gehören zu den Frauen, die in gleich, was sie auch tragen, gut aussehen.“
Bei seinem Kompliment hob sie den Kopf. Er lachte, als ihre Blicke sich trafen.
„Sie haben recht. Ich sehe mir nur ein Haus an, mehr nicht“, behauptete sie bemüht unschuldig. Dieser Stefano Albani besaß eine seltsame Anziehungskraft. Wenn sie jetzt ging, würde sie ihn wahrscheinlich nie wiedersehen. Schloss sie sich ihm dagegen an, so konnte sie nicht nur den Abschied noch ein wenig hinauszögern, sondern sie würde auch endlich einen Blick in ihr Traumhaus werfen können. „Sollen wir dann, signore?“, sagte sie mit mehr Sicherheit.
Wieder lachte er. „Auf einmal so geschäftsmäßig? Kommen Sie, lassen wir den Rest der Welt hinter uns zurück. Ich glaube, es kann uns beiden nur guttun.“ Unter seinem direkten Blick wurde Kira mulmig. „Wie wäre es, wenn Sie sich erst einmal vorstellten? Wie ich heiße, wissen Sie jetzt, aber ich habe keine Ahnung, wer Sie sind.“