Der Prinz in meinem Bett - Kathryn Jensen - E-Book

Der Prinz in meinem Bett E-Book

Kathryn Jensen

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Beschreibung

Überraschung: ein Prinz! Zum Geburtstag haben Marias Kollegen ihr beim Escort Service einen Mann bestellt. Doch was als frivoler Scherz gedacht war, entpuppt sich als gefährliche Versuchung, denn Antonio Boniface ist ein echter italienischer Adliger! Und so unerwartet kultiviert und charmant, dass Maria ihm kaum widerstehen kann. Allerdings sind auf keinen Fall mehr als ein paar süße Küsse erlaubt! Schließlich hat Maria sich geschworen, keinen Sex vor der Ehe zu haben. Aber was sind die besten Vorsätze gegen Antonios verlockende Verführungskünste?

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Seitenzahl: 208

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2003 by Kathryn Pearce Originaltitel: „Mail-Order Prince in her Bed“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1878 - 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Roman Poppe

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733721244

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY, CORA CLASSICS

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1. KAPITEL

Die Lage war weitaus schlimmer, als er angenommen hatte.

Antonio Boniface trat aus dem Aufzug in der elften Etage des Wolkenkratzers in Washington, D. C., und starrte das Schild auf der schweren Eichenholztür ihm gegenüber an: Klein & Klein Public Relations and Advertising. Rasch überprüfte er die Adresse auf dem Zettel und seufzte. Das gefiel ihm gar nicht. Er hatte damit gerechnet, dass er bei dem Apartment dieser Frau landen würde.

Es wird sich schon alles klären, beruhigte er sich. Er musste dieser Maria McPherson nur eine Erklärung liefern. Um mehr ging es hier gar nicht. Es handelte sich bei ihr um die Kundin, die Marco hatte besuchen wollen, bevor er von der Einwanderungsbehörde festgenommen worden war.

„Scusi, Signorina …“ Nein! Nicht auf Italienisch, ermahnte er sich. „Entschuldigen Sie, Miss. Mr Serilo arbeitet nicht mehr für den Royal Escort Service. Wenn Sie mir verraten, wie viel Sie für seine Dienste bezahlt haben, werde ich Sie gerne entschädigen.“

Na also. War doch gar nicht so schwierig. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, der Frau die Neuigkeiten an ihrem Arbeitsplatz mitteilen zu müssen.

Aber es ging hier um zu viel, um jetzt einen Rückzieher zu machen. Er konnte nicht zulassen, dass Marco den glanzvollen Namen seiner Familie weiter in den Schmutz zog. Die Bonifaces d’Apulia waren einst so mächtig wie die Medici gewesen und hatten Künstler wie Michelangelo und Leonardo da Vinci unterstützt. Die aristokratischen Wurzeln der Bonifaces reichten bis ins zwölfte Jahrhundert zurück. Solange Antonio lebte, würde kein verbrecherischer Bediensteter diesen Ruf beflecken.

Entschlossen öffnete er die Tür und trat in einen hell und freundlich eingerichteten Raum ein. Der Empfang war jedoch nicht besetzt. Was sollte er nun tun?

Plötzlich hörte er Geräusche hinter einer halb geöffneten Tür zu seiner Rechten. Antonio drehte sich um, ging dorthin und blickte durch den Türspalt.

Er erblickte einen Konferenzraum, in dem sich einige Männer und Frauen in Geschäftskleidung befanden. Auf dem Ende eines langen Mahagonitisches stand eine Torte mit knallbuntem Zuckerguss und brennenden Kerzen. Hinter der Torte stand eine hübsche junge Frau mit kühlen grauen Augen und langem, welligem Haar. Sie beugte sich vor, um die Kerzen auszublasen. Anschließend lächelte die zierliche Blondine nervös in die Runde.

„So“, meinte sie. „Und jetzt nimmt sich bitte jeder ein Stück von der Torte. Ich muss wirklich wieder an die Arbeit zurück.“ Damit drehte sie sich um und wollte weggehen.

„Na, na. Nicht so schnell, Maria.“ Eine Frau mit kurzem schwarzen Haar lachte und trat nach vorne, um ihr den Weg zu versperren. „Dein Geschenk ist noch nicht da.“

Der Raum wurde von Gekicher erfüllt. Antonio nahm an, dass alle wussten, welches Geschenk Maria bekommen sollte.

Marco.

Ganz sicher wusste das Geburtstagskind nicht, was es erwartete.

Antonio musterte die arme Maria mitleidig. Plötzlich war ihm, als hätte er diese Gesichtszüge irgendwann schon einmal gesehen. Irgendwie kamen sie ihm vertraut vor. Er wusste allerdings nicht, wann und wo er diese Frau getroffen haben könnte.

Nervös schüttelte Maria den Kopf. „Tamara, ihr hättet euch meinetwegen keine Umstände machen sollen.“

„Oh, es ist uns eine Freude, meine Liebe. Ich glaube nämlich, dass wir beinahe genauso viel von deinem Geschenk haben werden wie du.“

„Nicht, wenn sie Glück hat“, rief einer aus der Menge, und alle brachen in Gelächter aus.

Das ist also ihr Plan, dachte Antonio. Diese raffinierten PR-Fuzzis hatten sich vorgenommen, etwas Spaß auf Kosten ihrer Kollegin zu haben. Sie hatten einen Prinzen auf Bestellung geordert, wie es in der geschmacklosen Anzeige des Escortservices lautete.

Zum Glück hatte ein guter Freund von Antonio die Anzeige gesehen und ihm eine Kopie davon geschickt. Dieser Schurke Marco hatte doch tatsächlich Antonios Namen und seinen offiziellen Titel Il Principe di Carovigno als seinen eigenen ausgegeben. Wenigstens war nicht noch Antonios Foto abgedruckt.

Immerhin hatte Miss McPherson Glück gehabt, dass er den Betrug seines ehemaligen Angestellten aufgedeckt und den Casanova nach Hause geschickt hatte. Die junge Frau, die gerade von ihrer Torte probierte, musste Marcos lächerliche Darbietung nun nicht mehr mit anschauen – wie auch immer diese ausgesehen hätte. Ganz sicher hätte Marco sich dabei ausgezogen und vielleicht noch schlimmere Dinge getan.

Aber würde es die Qual der jungen Frau nicht noch verlängern, wenn er jetzt einschritt und von der Verhaftung von Marco erzählte? Wahrscheinlich würde dann nur ein Ersatz bestellt werden. Er hatte Mitleid mit der jungen Frau. Gab es nicht eine Möglichkeit, sie aus dieser peinlichen Situation zu befreien?

Plötzlich fiel ihm ein, was er tun konnte.

Antonio öffnete die Tür und trat in den Konferenzraum hinein. Die Gespräche verstummten sofort. Er sah sich lächelnd um und wandte sich schließlich mit verträumtem Blick an das Geburtstagskind.

„Ah, Signorina“, sagte er und verbeugte sich vor ihr. Anschließend ergriff er ihre Hand und küsste sie. „Ich freue mich, Sie endlich kennenzulernen. Ich habe so viel von Ihnen gehört, cara mia.“ Ja, ihm war klar, dass er es mit dem Akzent ein wenig übertrieb. Aber genau das hätte Marco bestimmt auch getan.

Leicht besorgt lächelte Maria ihn an. „H-haben Sie das?“

„Si. Ihre Freunde haben dieses avventura für Sie arrangiert. Ich nehme an, Sie haben den Rest des Tages frei?“

Die schwarzhaarige Frau neben Maria nickte und sah ihn mit großen Augen, aber auch etwas neidisch an.

„Andiamo, cara. Mein Wagen wartet draußen auf uns.“

Maria sah sich panisch um. Schließlich ging sie auf Antonio zu und sah ihn flehend an. „Sie müssen das nicht tun“, flüsterte sie. „Ich weiß, dass es nur ein Scherz ist.“

„Aber Signorina McPherson, es ist mir eine große Freude“, erwiderte er laut und winkte ihr verschwörerisch zu. Entschlossen legte er ihr eine Hand auf den Rücken und führte Maria zur Tür. Sie trug ein konservatives schwarzes Kleid, das aussah wie ein zu groß geratener Pullover. Es war aus einem synthetischen Stoff und kratzte ein wenig.

Er könnte sie sich gut in einem Kleid aus Kaschmir vorstellen. Vielleicht in einem hellen Blau gehalten, um ihre Augen hervorzuheben. Das würde ihr viel besser stehen.

Tamara löste sich schließlich aus ihrer Schockstarre und eilte dem Paar hinterher. Sie übergab Maria ihre Tasche, ihren Mantel und eine Karte. „Viel Spaß, meine Liebe. Hier stehen die Leistungen, die dieses Date beinhaltet. Vergiss nicht, uns morgen jedes Detail zu erzählen.“

Maria errötete, griff nach ihren Sachen und sah sich nicht einmal um, als sie mit Antonio unter lautem Jubel den Raum verließ.

„Möchten Sie, dass mein Fahrer noch etwas für Sie nach unten trägt?“, erkundigte er sich mit einem weitaus schwächeren Akzent.

„Nein, nein“, entgegnete sie scharf. Lassen Sie uns einfach in den Aufzug steigen, wir klären dann gleich alles.“

„In Ordnung.“ Er ließ sie vorgehen und bewunderte den Anblick. Ja, Kaschmir würde ihr ganz bestimmt stehen. Sie hatte eine tolle Figur. Doch ihr Kleidungsstil ließ zu wünschen übrig. Vielleicht konnte sie sich einfach keine bessere Kleidung leisten.

Nachdem sich die Aufzugstüren geschlossen hatten, wandte Maria sich an ihn. „Hören Sie, ich weiß, das hier ist Ihr Job. Aber Sie können die aristokratische Show jetzt beenden. Meine Kollegen wollten sich nur über mich lustig machen. Sie haben Ihre Aufgabe getan.“ Maria hob das Kinn und sah ihn mit finsterer Miene an. Es schien sie viel Mut zu kosten, so mit ihm zu sprechen. Und nun fiel es ihr schwer, Augenkontakt mit ihm zu halten. „Ich weiß nicht, wofür man Sie noch bezahlt hat, aber Sie können das jetzt lassen. Ich gehe nicht mit fremden Männern aus. Und ich habe kein Interesse an einem romantischen … Abenteuer.“ Den letzten Satz sprach sie mit einer gewissen Nervosität aus.

„Haben Sie denn andere Pläne für Ihren Geburtstag?“, fragte Antonio. „Feiern Sie mit Ihrer Familie?“

„Nein.“ Sie lachte. Anscheinend schien es ihr unangenehm zu sein, dass er vom Thema abschweifte. „Es gibt keine Feier. Ich gehe nach Hause und genieße den Nachmittag bei einem guten Buch und einem heißen Bad.“

Er hob die Brauen. „Alleine?“

„Ja, alleine“, erwiderte sie irritiert. „Für was für eine Art von Frau halten Sie mich?“

„Für eine liebenswerte, intelligente und sensible.“ Schmeicheln wollte er ihr nicht. Das meinte er ehrlich.

Mit offenem Mund starrte die junge Frau ihn an. Dann spitzte sie die Lippen und warf ihm einen finsteren Blick zu. „Hören Sie doch endlich mit diesem Latino-Gehabe auf!“

Beleidigen ließ er sich nicht. Auch wenn die Arme nach all dem, was in den letzten zwanzig Minuten passiert war, sicher verwirrt war.

„Meine Name ist Antonio Boniface, Il Principe di Carovigno“, erklärte er stolz. „Ich wollte Sie nur vor weiteren Peinlichkeiten bewahren. Außerdem bin ich Italiener und kein Latino, wie Sie es …“

„Hören Sie“, unterbrach sie ihn entschlossen. „Mir ist klar, dass Sie hier nur Ihren Job machen. Was brauchen Sie, um zu beweisen, dass Sie erfolgreich waren? Eine unterschriebene Bestätigung? Eine Kundenbewertung? Geben Sie mir einfach das Formular, und ich unterschreibe es … Du meine Güte!“

Sie hatten das Gebäude verlassen und standen nun auf dem Bürgersteig. Neben ihnen wartete eine edle weiße Limousine. Antonios Fahrer hatte sich an der hinteren Tür positioniert. Er öffnete diese jetzt und verbeugte sich höflich vor Maria.

Maria drehte sich mit großen Augen zu Antonio um. Ihre Wangen waren leicht gerötet. Mit beinahe kindlicher Begeisterung sah sie ihn an. „Sagen Sie mir, dass das nicht Teil des Pakets ist.“

„Es ist Teil des Pakets. Das können Sie deuten, wie Sie möchten.“ Er zuckte mit den Schultern. Wenn er sich in fremden Städten aufhielt, reiste er immer mit einer Limousine mit Fahrer. Nur zu Hause genoss er es, seinen imposanten Ferrari über die Straßen zu steuern.

„Du meine Güte!“, wiederholte sie. „Ich bin noch nie in einer richtigen Limousine gefahren.“

Er lächelte und war fasziniert von ihrer unschuldigen Art.

„Ich darf Sie doch wenigstens nach Hause fahren, ja? Auf der Fahrt erkläre ich Ihnen alles.“

Sie zögerte. „Ich weiß nicht … Vielleicht sollten wir ab jetzt einfach getrennte Wege gehen.“

„An Ihrer Stelle würde ich das nicht tun“, murmelte er und ergriff erneut ihre Hand.

Fast hätte sie sie weggezogen. Doch dann folgte sie seinem Blick zu den Bürofenstern über ihnen. Unzählige Augen beobachteten sie.

„Möchten Sie wirklich, dass Ihre Kollegen denken, Sie haben …?“ Fragend sah er sie an. „Kalte Beine bekommen?“

Sie lachte plötzlich vollkommen gelöst. „Das heißt kalte Füße bekommen oder kneifen. Nein, die Genugtuung möchte ich denen ganz sicher nicht geben.“ Nachdem sie ein letztes Mal grimmig nach oben gesehen hatte, ließ sie sich von ihm in die Limousine helfen.

Als sie beide hinten saßen und auch der Fahrer hinter dem Steuer Platz genommen hatte, rief Maria diesem zu: „Ich wohne in Bethesda in Maryland. In der Mullen Street 755. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich dort rauslassen könnten.“

„Ich hoffe, es ist eine lange Fahrt“, meinte Antonio lächelnd. „Ich muss Ihnen einiges erklären, Miss McPherson.“

Seufzend schüttelte sie den Kopf. Doch sie schien mit sich zu kämpfen. „Eines muss man Ihnen lassen. Sie spielen Ihre Rolle wirklich gut. Hören Sie, natürlich sind Sie ein gut aussehender Mann. Aber ich bin einfach nicht an dieser Art von Gesellschaft interessiert.“

Ein fast nicht wahrnehmbarer Schauer durchlief sie, als sie die Karte von Tamara in ihre Manteltasche steckte. Zudem stand ein leichter Schweißfilm auf ihrer Stirn. Und ihre Augen leuchteten. Wahrscheinlich bemerkte sie nicht einmal, welche Signale ihr Körper aussendete.

„Vielleicht ist es besser, wenn wir um die Ecke fahren und Sie mich gleich rauslassen“, sagte sie. „Ich fahre einfach wie immer mit dem Bus nach Hause.“

„Nein“, erwiderte er entschlossen.

„Nein?“ Verängstigt musterte sie ihn.

„Wenn ich es mir richtig überlege …“, sagte er langsam, „… verdienen Sie eine richtige Feier. Möchten Sie ein paar Freunde einladen?“ Er konnte ihr auch später alles über Marco und seine wahre Identität erzählen.

„Freunde? Nein, nicht wirklich. Na ja, ich habe Freunde von meiner Zeit auf dem College. Aber die leben in Connecticut, wo ich aufgewachsen bin. Und meine Arbeitskollegen …“ Sie zuckte mit den Schultern. Ihr fehlten die Worte.

„Sie sind anders als Sie“, ergänze er sanft.

„Da haben Sie recht“, murmelte sie. „Sie sind nicht wie ich. Man muss nur den heutigen Tag betrachten. Meine sogenannten Kollegen haben sich einen Spaß daraus gemacht, mich an meinem Geburtstag bloßzustellen. Ich habe versucht, mir den Tag freizunehmen wie letztes Jahr. Aber meine Chefin hat darauf bestanden, dass ich zur Arbeit komme, weil sie mich braucht.“ Maria seufzte. „Sie wollten nur ihren Spaß. Allerdings stehe ich nicht gerne im Mittelpunkt.“

Er nickte. Selbstbewusst war sie nicht gerade. Die Frauen, die er sonst traf, waren da ganz anders. „Sollen wir also nur zu zweit feiern? Si?“ Er flog erst morgen früh zurück. Nur selten erlaubte er es sich, die Olivenhaine, die Mühle und die Fabrik alleine zu lassen. Und einen Abend mit einer attraktiven Amerikanerin zu verbringen, war eine nette Abwechslung. Nach der ganzen Katastrophe mit Marco hatte er sich eine kleine vacanza verdient.

Lachend verdrehte sie die Augen. „Nur wir beide? Alleine? Vergessen Sie es!“

„Warum nicht? Eine schöne Frau wie Sie verdient es, wenigstens ein gutes Essen an ihrem Geburtstag zu genießen. Warum gönnen Sie sich nicht diese Freude?“

Sie knurrte frustriert. Für ihn hörte sich das absolut sexy an.

„Es klingt verlockend“, meinte sie. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal etwas Ordentliches gegessen habe.“

Immerhin zog sie es in Erwägung.

„Das ist ja alles bereits bezahlt, oder?“, wollte sie wissen. „Also, Sie werden mir nach dem Essen ja keine Rechnung präsentieren, oder?“

Er lachte. Wie unschuldig und unterhaltsam sie war.

Eigentlich hatte er ihr nur alles über Marco erzählen und sie dann an der Tür stehen lassen wollen. Wenn er sie einfach mit der Limo nach Hause gefahren hätte, wären ihre Arbeitskollegen schon zufrieden gewesen. Doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie ihren Kollegen die Wahrheit erzählen würde, wenn er sie jetzt gehen ließ. Dann wäre Maria der Spott der ganzen Agentur sicher.

Wenn er sie nun aber zu einem romantischen Mittagessen ausführen würde, hätte sie wenigstens eine Geschichte zu erzählen. Sie wäre am Ende die Gewinnerin.

Die Idee gefiel ihm. Sie schien ein guter Mensch zu sein. Und er beschloss, ihr genug Stoff für eine gute Geschichte zu liefern.

Maria legte die Arme um sich und presste die verspannten Schultern in die weichen Ledersitze der Limousine. Hinter den verdunkelten Scheiben schoss die Großstadtlandschaft Washingtons vorbei. Die berühmten Kirschbäume blühten noch nicht, aber die rosa Knospen standen kurz davor, sich zu öffnen.

Sie fühlte sich seltsam – gar nicht wie sie selbst. Im Magen verspürte sie ein mulmiges Gefühl, als würde sie Achterbahn fahren. Sie war aufgeregt und wusste gar nicht, wo sie ihre Hände ablegen und wo sie hinschauen sollte. Einen Moment lang betrachtete sie sehnsüchtig die sinnlichen Lippen dieses Mannes. Dann wanderte ihr Blick zu seinen starken Händen, die auf seiner eleganten grauen Hose ruhten.

Sie kannte nicht einmal seinen richtigen Namen. Wieder musste sie seine Oberschenkel anstarren. Ganz bestimmt war er darauf aus, mit ihr zu schlafen. Er wurde ja anscheinend dafür bezahlt. Traute sie sich, die Dienstleistungen durchzulesen, die auf der Karte von Tamara standen?

Allein beim Gedanken wurde ihr ganz warm. Als sie versuchte, die Gebäude draußen zu erkennen, sah sie nur sein Spiegelbild im Fenster. Ihr Begleiter beobachtete sie und wusste nicht, dass sie es bemerkte hatte. Ein Schauer fuhr ihr über den Rücken.

„Ich sollte zuerst nach Hause fahren und mich umziehen“, sagte sie und sah an sich herab. „Falls wir in einem schickeren Restaurant zu Mittag essen.“

„Prego. Tragen Sie etwas, in dem Sie sich feminin und wohlfühlen“, meinte er heiser.

Sie versuchte zu ignorieren, wie ihr Körper auf seine tiefe Stimme reagierte. Doch es gefiel ihr auch.

Was sollte sie bloß anziehen? Beinahe alles, was sie besaß, war schwarz oder konservativ. Ihre Kleidung hatte sie so ausgewählt, dass sie ihr bei der Arbeit keine Aufmerksamkeit bescherte und sie nicht verwundbar machte. Am Wochenende trug sie meist Jeans und T-Shirt. Bisher hatte sie keinen Grund gehabt, sich etwas Schickeres zu kaufen. Vielleicht konnte ihre Nachbarin Sarah ihr etwas Angemessenes ausleihen. Etwas mit wenigstens ein bisschen Farbe.

„Ihnen würde ein Kleid von …“ Er schien nachzudenken. „Ungaro oder Dolce stehen. Oder eines der neuen Modelle von Positano.“

„Positano?“ Sie lachte und erinnerte sich an einen Artikel, den sie kürzlich in einem Modemagazin über diesen Edeldesigner gelesen hatte. „Den italienischen Modemacher? Sie müssen nicht weiter den italienischen Liebhaber für mich spielen.“

„Nein?“ Er hob die dunklen Brauen. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen.

„Natürlich nicht. Ich weiß, dass Sie hier aus der Gegend kommen und den Auftrag haben, mir einen schönen Tag zu bereiten.“ Sie zog die Karte hervor und schnipste sie ihm zu. „Das ist die nette Art zu sagen, dass Sie für mich bezahlt wurden.“ Versöhnlich lächelte sie. „Ein Prinz? Ihre Agentur verkauft Sie wirklich als das?“

„Ich bin einer“, erwiderte er gelassen und steckte die Karte in seine Jackettasche.

Sie schnaubte. „Ein Prinz? So etwas gibt es doch nur im Märchen. Weiß Ihre Agentur das nicht?“

„Keine Ahnung.“

Sie redete sich ein, dass sie ihn dafür hassen sollte, wie unverschämt er sie musterte. Aber sein Äußeres war einfach zu anziehend. Es war schwer, ihm einen Vorwurf zu machen.

Eine halbe Stunde später hielten sie vor Marias Apartmenthaus. Sie rutschte zur Autotür und bemerkte, dass auch Antonio aussteigen wollte. „Sie bleiben hier“, befahl sie mit strenger Stimme.

„Ich möchte aber ein Gentleman sein und Sie zur Tür bringen“, warf er enttäuscht ein.

„Tja, das ist mir egal. Sie bleiben, wo Sie sind.“ Sie würde doch keinen Callboy in ihr Apartment lassen. Die Situation war schon merkwürdig genug.

Zum Glück befanden sich die meisten ihrer Nachbarn bei der Arbeit. Irgendjemand war jedoch immer zu Hause. Bestimmt beobachtete Mrs Kranski aus 7B im Moment diese Szene. Möglicherweise konnte Maria die Frau davon überzeugen, dass sie auf dem Weg zu einer Beerdigung war.

Nachdem Maria sich von Antonios Fahrer beim Aussteigen hatte helfen lassen, eilte sie zur Tür und gab den Zugangscode ein. Kurz darauf betrat sie den Aufzug und tippte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden, bis der Fahrstuhl sich in Bewegung setzte. Oben angekommen rannte sie zu ihrer Apartmenttür und betrat atemlos ihr Zuhause.

War sie etwa wahnsinnig geworden? Sie hatte doch nicht tatsächlich zugestimmt, mit diesem Fremden ganz alleine ihren Geburtstag zu feiern? Doch sie musste das jetzt durchziehen. Nach dem Mittagessen würde sie ihm ein großzügiges Trinkgeld geben und noch vor achtzehn Uhr zu Hause sein. Dann kamen nämlich ihre Nachbarn von der Arbeit.

Zehn Minuten später hatte sie sich einen lilafarbenen Pullover und einen schwarzen Baumwollrock mit einer schwarzen Strumpfhose angezogen. Schließlich noch die passenden schwarzen Pumps sowie ihre goldenen Ohrringe dazu, und fertig. Natürlich trug sie zudem etwas Make-up auf, bevor sie das Apartment verließ.

Sie war bereit.

Als sie bei der Limousine ankam, sprang Antonio sofort heraus und half ihr erneut hinein.

„Die Agentur trainiert Sie jedenfalls sehr gut“, murmelte sie, als sie auf dem grauen Ledersitz Platz nahm.

„Mi scusi?“ Er setzte sich neben sie.

„Nun“, begann sie nervös. „Heute scheint ja keiner mehr die guten alten Manieren zu besitzen. Meine Mutter hat sich immer darüber aufgeregt.“ Maria wusste, dass sie zu viel redete. Aber sie musste etwas gegen ihre Nervosität tun. „Wie heißen Sie denn nun wirklich?“, fragte sie lächelnd.

Wieder sah er sie auf diese besondere Art und Weise an. Als würde sie ihn amüsieren. Nicht, dass sie nicht unterhaltsam sein wollte. Aber normalerweise waren die Männer in ihrer Nähe nicht so aufmerksam und neugierig.

„Antonio“, erwiderte er nach einer Weile. „Das ist mein richtiger Name.“

„Oh.“ Vielleicht log er tatsächlich nicht.

„Lebt Ihre Mutter in Ihrer Nähe?“

„Nein“, sagte Maria etwas traurig“, als die Limousine losfuhr. „Meine Mutter ist vor zwei Jahren an Krebs gestorben.“

„Das tut mir leid“, entgegnete er sanft.

Ihr war klar, dass er sofort mitbekommen würde, wenn ihr die Tränen in die Augen stiegen. Deshalb riss sie sich zusammen. „Es war sehr hart. Für uns beide. Wir standen uns sehr nahe.“

„Aber Sie haben ja noch den Rest Ihrer Familie.“

Sie schüttelte den Kopf. „Eine wirklich enge Beziehung habe ich zu niemandem. Aber das ist schon in Ordnung. Mein Vater war nie für mich da, und ich bin Einzelkind. Ich habe eine Tante in Connecticut. Wir schicken uns Karten zu Weihnachten, mehr nicht.“

„Sie sind also tatsächlich alleine.“

Als sie ihn ansah, hätte sie schwören können, ehrliches Mitgefühl in seinen Augen zu erkennen. Seltsam. Bei jemandem mit seinem Beruf hätte sie das nicht erwartet. Sie hatte angenommen, dass Männer wie er mit der Zeit immun gegen die persönlichen Probleme ihrer Klienten wurden. Wie Barkeeper.

„Ich habe meine Arbeit“, erklärte sie. „Die kann recht zufriedenstellend sein.“ Ein weiteres Mal sah sie ihn an und fragte sich, warum er plötzlich so still geworden war. Worüber dachte er wohl nach?

Einen Moment später beugte sich Antonio nach vorne und sprach mit seinem Fahrer. Maria konnte nicht hören, worüber.

Sie fuhren über die Wisoncin Avenue ins Stadtzentrum. Schließlich blieb die Limo vor einem Geschäft stehen, an dem Maria bereits viele Male vorbeigelaufen war, in das sie allerdings niemals einen Fuß setzen würde.

„Seit wann kann man bei Versace zu Mittag essen?“, fragte sie skeptisch.

„Gar nicht. Ich habe meine Pläne geändert. Dort, wo wir hingehen, brauchen Sie etwas, in dem Sie sich wohler fühlen.“

Sie sah an sich hinab. „Ist das nicht schick genug?“

Mit erhobenen Brauen musterte er sie. „Es wird Ihnen nicht gerecht. Kommen Sie. Wenn Ihnen nichts gefällt, müssen wir nichts kaufen.“

Sie schnaubte. „Dieser Teil kann nicht im Paket inbegriffen sein. Meine Kollegen würden niemals so viel für mich springen lassen. Wissen Sie überhaupt, wie teuer dieser Laden ist?“

„Das bekommen wir schon hin“, sagte er schlicht.

Sie starrte ihn an und lächelte. Langsam wurde sie wagemutig. „Na gut. Wenn Sie so risikofreudig sind, will ich es ebenfalls sein. Aber keiner bei Versace kommt auch nur in die Nähe meiner Kreditkarte.“

Lachend schüttelte er den Kopf. „Einverstanden, cara.“

Eine Stunde später verließen sie das Geschäft mit einer edlen goldenen Schachtel, in der Marias alte Sachen unter mehreren Lagen Papier versteckt worden waren. Sie trug nun ein elegantes hellblaues Kleid aus Kaschmir mit einer goldenen Brosche und schmale italienische Lederschuhe mit winzigen Absätzen.

All diese Dinge hatte Antonio gekauft, ohne auch nur einen Dollar oder eine Kreditkarte zu zücken. Er hatte einfach etwas unterschrieben. Und als sie gegangen waren, hatten die Mitarbeiterinnen sogar einen Knicks vor ihm gemacht.

Maria glaubte ihm langsam. Fast.

Falls er kein Adliger war, besaß er zumindest ein unbegrenztes Kreditkartenlimit. Und beides war wohl ungewöhnlich für einen einfachen Callboy.

Vielleicht musste sie ihre Meinung über ihn tatsächlich ändern.

Als Nächstes hielten sie vor I Matti, einer gehobenen toskanischen Trattoria in der achtzehnten Straße. Antonio bestellte für sie beide, und Maria war höchst angetan von seiner Auswahl. Sie aßen Lamm mit Pasta in einer schmackhaften Tomatensoße mit Olivenöl. Dazu tranken sie einen köstlichen Barolo.

„Sie sind also wirklich Italiener“, schloss sie, als sie zur Limousine zurückkehrten.

„Ja.“

„Und reich?“

„Sehr.“ Er schien eher amüsiert als beleidigt über ihre Fragerei zu sein.

Sie lachte und dachte an die Zeiten, als viele sie für leichtgläubig gehalten hatten.

Im Alter von sieben Jahren war sie beispielsweise auf Donny Apericcios Doktorspielchen hereingefallen wie kein anderes Mädchen. Aber diese Dinge gehörten der Vergangenheit an. Es waren Peinlichkeiten, über die sie längst hinweg war. Deshalb würde sie auf keinen Fall zulassen, dass ein Fremder sie verführte. Egal, ob er reich war oder nicht.

„So“, meinte sie und schob Antonios Hand von ihrem Knie, wo sie seit der Weiterfahrt ruhte. „Da Sie ein so ehrlicher Prinz sind, haben Sie bestimmt eine perfekte Erklärung dafür, dass Sie sich in Amerika aufhalten und für einen Callboy eingesprungen sind.“

„Si, mein ehemaliger Kammerdiener hat sich für mich ausgegeben und damit dem Ruf meiner Familie geschadet.“

„Kammerdiener“, wiederholte sie nachdenklich. „Was tun Sie in Italien? Besitzen Sie ein Weingut oder so etwas in der Art?“