Der Scherenschleifer - Karl May - E-Book

Der Scherenschleifer E-Book

Karl May

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Beschreibung

Im Juli 1707 rekrutiert der alte Dessauer Truppen. Versehentlich nehmen seine Leute dabei statt des spionierenden schwedischen Offizier Erich von Seeström den inkognito reisenden preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm, den späteren Friedrich Wilhelm I., aufs Korn. Seeström verfolgt seine eigenen Ziele. "Der Scherenschleifer" ist eine Kurzgeschichte. Sie wurde bereits in "Der alte Dessauer" (Band 42 der Gesammelten Werke) veröffentlicht.

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KARL MAY

DER SCHERENSCHLEIFER

HUMORESKE

AusKARL MAYSGESAMMELTE WERKEBAND 42„DER ALTE DESSAUER“

© Karl-May-VerlageISBN 978-3-7802-1322-8

Die Erzählung spielt im Jahre 1707.

KARL-MAY-VERLAGBAMBERG • RADEBEUL

Inhalt

DER SCHERENSCHLEIFER

1. Die Vogelscheuche

2. In der Patsche

3. Herausgebissen

DER SCHERENSCHLEIFER

(1707)

1. Die Vogelscheuche

Wenn man zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts auf der Straße von Oschersleben nach Halberstadt ging, hatte man einen ausgedehnten Wald zu durchwandern, in dem man wohl häufig einem Stück Wild, seltner aber einem Menschen begegnete. Der Wald war sogar ein wenig verrufen, und es galt in der Umgegend als ein Beweis von Mut, wenn einer sich entschloss, die Straße ohne Begleitung zu durchwandern...

Eines Tages gab es bereits am frühen Morgen drei solch mutige Personen. Sie wanderten die Straße durch den Wald, jeder für sich allein, jeder von den anderen durch große Entfernung getrennt, sodass jeder von ihnen glaubte, allein zu sein.

Am Straßenrand saß ein junger Mann, so etwa im Anfang der zwanziger Jahre. Er hatte seine riesigen, aber wohlgebauten Glieder bequem ins Gras gestreckt und kaute behaglich an einer trockenen Brotrinde, zu der er hie und da einen Schnitt harten Bauernkäse zwischen die blanken Zähne schob. Seiner Kleidung nach musste er der Sohn nicht ganz armer Bürgersleute sein. Der Anzug war sauber und aus einem Tuch gefertigt, dessen Preis ein Armer nicht bezahlen konnte. Seine Züge waren ebenmäßig schön; der klare, mutige Blick seines tiefblauen Auges passte gut zu der kraftvollen Gestalt und ein schelmischer unternehmender, fast listiger Zug um die mit einem Schnurrbärtchen geschmückten Lippen gab dem jugendlichen Gesicht einen gewinnenden Ausdruck.

Nicht auf der Straße, sondern tiefer im Wald schritt eine zweite Person zwischen den Bäumen dahin. Der Mann mochte am Ende der Zwanziger stehen. Er hatte zwar nicht ganz den riesigen Gliederbau wie der erste, doch hätte sein Kopf wohl immer noch um ein Beträchtliches über tausend andere hervorgeragt. Die breitschultrige, sehnige Gestalt steckte in einem ziemlich abgetragenen grauen Tuchwams, in grauen Hosen und in Stiefeln, deren Schäfte bis weit über die Knie heraufgezogen waren. Das Gesicht war von der Sonne braun gebrannt und erhielt durch den scharfen, strengen Blick der tiefschwarzen Augen und durch einen gewaltigen Zwickelbart einen höchst kriegerischen Ausdruck. Dieser Mann trug über der Schulter eine Büchse, an der ein stattlicher Rehbock hing.

Eine gute Strecke auf der Straße zurück kam noch ein Dritter, ein Jüngling von vielleicht achtzehn Jahren, dessen Gestalt sich recht gut neben den beiden anderen zeigen konnte. Er trug einen Knotenstock in der Hand und auf dem Rücken ein altes Ränzel, das ihn, im Einklang mit seiner Kleidung, als einen Handwerksgesellen kennzeichnete, der sich auf der Wanderschaft befand.

Der Jäger mitten im Wald hielt mit rüstigen Schritten auf die Straße zu, die er dann in der Richtung nach Halberstadt verfolgte. Seine Gedanken schienen sich mit irgendeinem fesselnden Gegenstand zu beschäftigen, denn er bemerkte den seitwärts im Grase Liegenden nicht eher, als bis er ihn erreicht hatte. Da blieb er halten und musterte ihn mit einem Blick, in dem man zunächst einige Überraschung und dann ein sichtliches Wohlgefallen bemerken konnte.

„Guten Morgen, Freund!“, grüßte er. „Was treibt man denn so früh hier im Wald?“

Der andere hatte den scharfen Blick lächelnd ausgehalten.

„Guten Morgen“, erwiderte er. „Was ich treibe, das ist leicht zu sehen. Ich ruhe mich aus und esse.“

„Donnerwetter, das sehe ich allerdings! Aber wer ist man denn?“

„Einer, der nicht ganz so neugierig zu sein scheint wie Er.“

Über das Gesicht des Fragers zuckte ein eigentümliches Lächeln:

„Meint er? – Meinetwegen! Aber der Mensch hat seinen Schnabel nicht bloß für Brot und Käse, sondern auch zum Sprechen; also sollen Rede und Antwort richtig zusammenklappen. Sieht Er das ein?“

„Ja. Nur muss Er, wenn ich ihm antworten soll, etwas gescheiter fragen! Was soll ich denn auf die Frage ‚Wer?‘ antworten, he? Das Wort ist mir zu unbestimmt.“

„Ach so! Na, ganz Unrecht hat Er freilich nicht, und da will ich Ihm die Schlackwurst deutlicher vorkauen. Wo ist Er denn her?“

„Aus Oschersleben.“

„Was treibt Er für ein Handwerk?“

„Ich bin Lohgerber.“

„Mache Er mir nichts weis, Er Himmelhund!“

Der Gerber konnte ein befriedigtes Lächeln nicht verbergen. Es zuckte beinahe schalkhaft über seine Züge, als er entgegnete:

„Etwas weismachen! Pah! Er scheint mir nicht der Kerl zu sein, dessentwegen man sich die Mühe geben sollte, eine Lüge an den Mann zu bringen.“

„Hohoh! Sehe ich denn gar so vagabundisch aus? Er ist ja ein Grobsack der obersten Sorte!“

„Meinetwegen! Wie es in den Wald schallt, so schallt es wieder heraus: Er hat mich einen Lügner genannt.“

„Ach so! Nun, hat ein Lohgerber etwa solch feine Hände wie Er da?“

„Ich bin Meister und lasse nur meine Gesellen und Lehrbuben arbeiten.“

„Alle Wetter, da ist Er ja ein verteufelt junger Meister und scheint sich nicht ganz schlecht zu stehen!“

Der andere lachte wohlgefällig. „Ja; wir haben, was wir brauchen, und vielleicht auch noch ein bisschen mehr!“

„Darf man den auch Seinen Namen wissen?“

„Warum nicht? Ich heiße Heinrich Silberling.“

„Hm, vertrackter Name! Hab’ ihn nur einmal gehört in Bernburg, wo es auch einen Silberling geben soll.“

„Das ist mein Vater“, meinte der Gerber mit einem leichten Zucken seiner Bartspitzen.

„Sein Vater? Sapperlot! – – So wäre Er ja ein Anhalter Kind?“

„Das bin ich auch. Ich bin erst vor einem halben Jahr nach Oschersleben gezogen.“

„Da schlagen doch gleich fünfunddreißigtausend Wetter in diese hundsföttische Geschichte! Das ist ja eine Nachlässigkeit, die ihresgleichen gar nicht finden kann. Na wartet nur, ihr Halunken, ich werde euch schon lehren, die Augen besser aufzusperren.“

„Was denn? Auf wen schimpft Er denn eigentlich?“

„Auf meine We – – na, das braucht Er nicht zu wissen. Wohin will Er denn eigentlich jetzt? Vielleicht nach Halberstadt?“

„Nein, nach Quedlinburg.“

„Da muss Er doch über Halberstadt?“

„Fällt mir nicht ein! In Halberstadt sitzt der Dessauer mit seinem Musterregiment, und dieser Spitzbube hat keine größere Freude, als wenn es ihm gelingt, einen Mann von meiner Größe für sein Regiment wegzuschnappen!“

„Wer? Wie sagt Er? Dieser Spitzbube? Mensch, sagt Er dies noch einmal, so werde ich Ihn bespitzbuben, dass – aber, das geht mich ja gar nichts an. Nur lass Er es keinen anderen hören, sonst könnte Er gewaltig in den Käse fliegen. – Und was hat Er in Quedlinburg zu suchen?“

„Ich muss zu einem alten Paten, der im Sterben liegt, und mich noch einmal sehen will. Er hat keine Verwandten und wird mich wohl im Testament bedenken wollen.“

„Viel Glück! Er ist besser dran als andere Leute. Mir zuliebe holt der Teufel keinen alten Paten, der auf den löblichen Gedanken kommt, mir seinen Geldsack aufzuzwingen.“

„Glaube es Ihm. Nach großen Geldsäcken sieht Er allerdings nicht aus!“

„Nach was denn, he, wenn ich fragen darf?“

„Hm! Er ist doch wohl nichts anderes als ein armer Dorfspitz, der sich hinter dem Rücken des gnädigen Herrn einen Braten gemaust hat?“

„Ein Dorfspitz, also ein Büttel? Braten gemaust? Heiliger Ladestock, ich möchte Ihm den Spitz – aber ein gutes Auge hat Er. Kehrt Er vielleicht in dem Krug ein, der da vorn an der Straße liegt?“

„Möglich.“

„So sei Er so gut und verrate Er mich dort nicht. Er braucht mich ja gar nicht ins Maul zu nehmen. Wenn es herauskäme, dass ich mir den Bock geholt habe, so käme ich um mein Amt und müsste ein paar Jährchen brummen. Und dazu habe ich ebenso wenig Lust wie Er zum Soldaten.“

„Werde von Ihm gar nicht reden. Aber, weiß Er vielleicht, ob der Dessauer gerade in Halberstadt anwesend ist?“

„Warum?“

„Weil man jetzt so gar nicht weiß, woran man ist. Der schwedische Karl ist in Sachsen eingefallen, hat den Kurfürsten besiegt und ihn im Altranstädter Frieden1 gezwungen, die polnische Königskrone herauszugeben. Der König von Preußen hat alles in Kriegsbereitschaft gesetzt, und der Dessauer...“

„Der Spitzbube, wie Er ihn vorhin nannte, Er Schwerenöter“, viel ihm der Dorfbüttel in die Rede.

„Tut nichts! Er ist ja auch ein Spitzbube, denn er maust im Lande herum wie ein Rabe, und zwar groß gewachsene Leute. Also, der Dessauer steht in Halberstadt auf dem Sprung nach Sachsen hinüber, und dennoch spricht man davon, dass Karl der Zwölfte und unser König eine geheime Friedensunterhandlung im Sinn führten. Das gibt eine Ungewissheit, unter der alle Geschäfte leiden. Darum fragte ich Ihn nach dem Dessauer. Ist er bei seinem Regiment in Halberstadt, so deutet das auf Krieg. Befindet er sich aber in seiner Residenz in Dessau, so gibt das Hoffnung auf Frieden.“

„Er ist ja ein äußerst kluger Diplomat! Ich bekomme Achtung vor Ihm. Der Spitzbube ist in Halberstadt. Das kann ich Ihm ganz genau sagen; denn ich selbst habe ihn noch gestern Abend dort gesehen. Nehme Er sich nur in Acht, dass er Ihn nicht am Ende auch wegfischt und unter seine Buntröcke steckt! Das Maß hat Er ja wohl. Ich glaube, der Dessauer hat noch niemals einen Flügelmann von seiner Größe gehabt. Stelle Er sich doch einmal in die Höhe!“

Der andere folgte bereitwillig dieser Aufforderung, und der Büttel rief erstaunt:

„Tausend Schock Element! Er ist ja noch größer als ich vorhin dachte. Er muss ja seine sieben Fuß2 haben. Himmel, Kreuz Bataillon, wenn Ihn der Dessauer zu sehen bekommt, so ist Er geliefert!“

„Wird mir nicht viel anhaben, euer General Schockschwerenöter. Denn wer mich packen wollte, den würde ich zu Mehl zerreiben.“

„Nur sachte, sachte! Sein Maul ist noch größer als Er selber. Er tut wahrhaftig, als ob Er der lange Seeström in eigener Person wäre!“

„Der lange Seeström? Wer ist das?“

„Der größte, stärkste und bravste Offizier, den es gibt. Er dient bei dem schwedischen Karl, der große Stücke auf ihn hält. – Also, ich bitte Ihn, mich dort im Krug nicht zu verraten. Hat Er’s verstanden?“

Der Bursche nickte.

„Gut. So sind wir fertig. Leb Er wohl!“

„Guten Appetit zu dem Bock, den Er geschossen hat!“

Diese Worte waren mit einer Betonung gesprochen, die den Büttel veranlasste, sich noch einmal umzudrehen.

„Was für einen Bock hat Er da gemeint?“

„Hat Er denn noch einen anderen als diesen geschossen?“

„Hm! Seine Rede klang mir beinahe anzüglich, doch hoffe ich, dass ich mich dabei irrte.“

Damit verschwand der Mann mit dem Bock im Wald. Der Lohgerber aber legte sich behaglich wieder nieder.

„Ich tue also, als ob ich der lange Seeström wäre, hahahaha! Und der da ist ein Dorfspitz, der sich einen Bock gestohlen hat! Man müsste dieses Gesicht und diesen Zwickelbart nicht kennen! Und verraten soll ich ihn nicht dort im Krug! Ich wette meinen Goldfuchs gegen ein Heupferd, dass er jetzt selber geradewegs nach dem Krug läuft, um seinen Rekrutenfängern zu sagen, dass sie mich packen sollen.“

Wirklich hielt sich der Büttel nicht allzu lange im Wald. Er trat nach einiger Zeit wieder auf die Straße hinaus, die er mit raschen Schritten verfolgte, bis er an ein Häuschen gelangte, über dessen Tür ein Tannenzweig andeutete, dass man hier einkehren könne. Er trat in die niedrige, halbdunkle Gaststube. Es standen nur zwei Tische drin. An dem einen saßen vier Männer und würfelten. Der Wirt hockte in der Ecke auf einem niedrigen Schemel.

Der Dorfbüttel warf den Bock zur Erde, lehnte die Büchse an die Wand und setzte sich an den zweiten, leeren Tisch.

„Holla, Wirt! Hast du ein Bier hier in deiner alten Bude?“

„Ja. Es ist mehr als gut genug für dich und deinesgleichen.“

„Bist wahrhaftig nicht aufs Maul gefallen, Alter! So schaff einen Krug Broihahn herbei, aber ohne Zucker und Zitrone!“

Der Wirt brachte das Verlangte. Indem er es auf den Tisch setzte, fragte er:

„Woher des Weges?“

„Das siehst du ja: aus dem Wald.“

„Bist wohl Forstknecht?“

„Fällt mir nicht ein!“

„Ah! Du hast also die Büchse zum Vergnügen?“

„So ähnlich.“

„Und wagst dich hierher in den Krug?“

„Warum nicht? Oder gibt es hier Menschenfresser?“

„Nicht ganz, aber so ziemlich. Sieh dir einmal hier diese Leute an!“

Er zeigte nach den vieren an dem anderen Tisch. Der Büttel blickte gleichgültig zu ihnen hinüber. Er verzog keine Miene, als sich zwei von ihnen erhoben und zu ihm traten.

„Warum?“, fragte er.

„Es sind Freunde von Rehböcken und solchen Kerlen, wie du bist. Musst einen allerliebsten Grenadier abgeben, Bursche!“

„Meinst du? Bin zu alt und habe auch keine Lust dazu.“

„Papperlapapp, keine Lust!“, meinte einer der Nähertretenden. „Hat man den Rock an, so kommt die Lust ganz von selber. Hör, sieh einmal her, was ich dir zeige! Es ist ein hübsches Sümmchen. Das ist dein, wenn du dir einen Dreispitz aufsetzen lässt!“

„Pech und Schwefel! So seid ihr also Werber! Für wen arbeitet ihr?“

„Für den Dessauer.“

„Der wird seine helle Freude an euch haben! Ihr seid ja wahre Wunder von Gescheitheit. Wäre ich der Dessauer, so ließ’ ich euch durchfuchteln, dass euch die Wolle platzte. Ist das eine Art, einem Fremden gleich im ersten Augenblick zu sagen, wer man ist und was man will! Gibt euch der Dessauer nicht genug Moos, dass ihr so einem Vogel erst zutrinken könnt, bis er euch von selbst ins Garn geht? Wo ist Korporal Waldow, der diese Station kommandiert?“

Die Werber machten große Augen, und einer antwortete:

„Draußen im Stall.“

„Herein mit ihm!“

Das klang so gebieterisch, so unwiderstehlich, dass der Genannte tatsächlich gerufen wurde. Er trat ein. Kaum hatte er den Büttel erblickt, so warf er sich in dienstlich stramme Haltung. Die anderen vier folgten erschrocken seinem Beispiel.

„Korporal Waldow, weiß Er , was Er ist?“

„Zu Befehl, Exzellenz!“

„Nun, was denn?“

„Korporal der ersten Kompanie von Euer Durchlaucht Regiment Anhalt-Dessau.“

„Das wohl. Im Übrigen aber ein ganz gewaltiger Esel, ein Ochse, wie er gar nicht dümmer sein kann!“

Der Korporal antwortete nicht. Er war bleich geworden, blickte aber dem Fürsten fest ins Auge, wie es Vorschrift war.

„Exzellenz haben mich bei Namur gesehen, dann bei Kaiserwerth, Venloo, Stephanswerth und Roermonde, nachher bei Höchstädt, am Oglio, bei Cassano und Turin, bei Novara, Mailand, Pizzighettano und so weiter. Da haben der Herr General niemals zu mir gesagt, dass ich ein Esel oder Ochse sei!“

Die finstere Stirn des Fürsten klärte sich wieder auf.

„Hm, ja! Er ist ein Dessauer Kind, hat mich auf allen meinen Feldzügen begleitet und stets seine Pflicht getan. Aber warum nimmt Er diese Schafsköpfe nicht besser in die Schule?“

„Sie sind von den neuen Leuten aus Brandenburg, Exzellenz. Für ihre Köpfe kann ich nicht. Leutnant von Hallau hat sie mir gegeben, weil ich hier nur Leute gebrauchen kann, die der Bevölkerung der Umgegend noch nicht als Soldaten bekannt sind.“

„So hat Er ja den Ladestock. Das ist das beste Mittel, ein zusammengedorrtes Gehirn aufzuweichen. Damit macht man einen Brandenburger Ochsen in vierzehn Tagen zum Professor der Weltweisheit. Merke Er sich das, sonst mache ich diesen Versuch an Ihm selber! Doch, jetzt höre Er: In einigen Minuten wird ein Kerl hier vorüberkommen, den ich haben muss. Er ist gewachsen wie eine Eiche und gibt einen Flügelmann, der sich sehen lassen kann. Kehrt er ein, so nehmt Ihr ihn hier, will er aber vorüber, so fasst Ihr ihn draußen. Er spricht, er sei ein Lohgerber aus Oschersleben und wolle nach Quedlinburg. Ich glaube es ihm aber nicht. Vielleicht gibt er sich bei Euch für etwas anderes aus. Verstanden?“

„Zu Befehl, Durchlaut.“

„Wenn Er ihn fest hat, so bringt Er ihn mir selber nach Halberstadt, und hier den Bock dazu, den ich geschossen habe. Der Kerl ist stark genug; er mag ihn tragen. Fangt Ihr mir den, so will ich ein Auge zudrücken über die Dummheit von vorhin. Gott befohlen!“

Er trank sein Bier aus, warf dem Wirt ein Geldstück hin und verließ den Krug. – – –

Der Lohgerber erhob sich aus dem Gras; aber statt seinen Weg auf der Straße fortzusetzen, trat er in den Wald und schlug die Richtung quer durch die Büsche nach Quedlinburg ein.