Der Schlachtkreuzer an der Kasse - Jörg Röske - E-Book

Der Schlachtkreuzer an der Kasse E-Book

Jörg Röske

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Beschreibung

Ein Ehepaar entdeckt einen Laden, in dem es alles gibt. Betonung liegt auf 'alles'. Es gibt sogar Instant-Meere, die gießt man mit Wasser auf, und schon hat man ein Meer. Der Mann kauft einen Schlachtkreuzer und ein Instant-Meer. Das Meer wird mit Wasser aufgegossen, und das Ehepaar geht mit ihrem Schlachtkreuzer auf diesem Meer auf große Fahrt.

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Jörg Röske

Der Schlachtkreuzer an der Kasse

Gewidmet all denen, die das Unmögliche für möglich halten.BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Der Schlachtkreuzer an der Kasse

1

„Liebling?“

„Ja?“

„Wir können heute doch mal in den neuen Laden gehen.“

„Ja, warum nicht.“

„Die sagen, dass sie alles haben.“

„Das sagen alle.“

„Aber die meinen, dass sie wirklich alles haben.“

„Haben die Zitronen?“

„Ja.“

„Haben die Socken?“

„Du denkst immer nur an Socken.“

„Entschuldige, ich bin ein Mann. Haben die Auberginen?“

„Ja.“

„Haben die Autos?“

„Ja.“

„Das ist ungewöhnlich. Wo es Zitronen und Auberginen gibt, gibt es normalerweise keine Autos.“

„Sag' ich ja.“

„Was haben die noch?“

„Quark.“

„Okay. Sonst noch was?“

„Honig. Warum fragst du?“

„Du könntest mal wieder eine Quarkhonigschnitte machen.“

„Denk' an deinen Zucker.“

„Daran denke ich jeden Tag und jede Nacht.“

„Die haben übrigens auch eine Diabetes-Maschine.“

„Eine was?“

„Diabetes-Maschine.“

„Was soll das denn sein?“

„Mittels der kann man sich eine neue Bauchspeicheldrüse binnen Sekunden einsetzen lassen.“

„Das ist doch Blödsinn.“

„Steht hier aber.“

„Wo?“

„Im Prospekt.“

„Und wo kriegt man die neue Bauchspeicheldrüse her.“

„Die kriegt man als Instant-Pulver, und das muss mit Wasser angerührt werden. Einen Tag stehen lassen, dann ist sie fertig.“

„Steht das da wirklich?“

„Ja.“

„So ein Quatsch.“

„Versuche es doch mal, Schatz.“

„Versuche du es doch.“

„Wer hat denn Diabetes?“

Liebling alias Schatz sagte nichts mehr. Eine halbe Stunde später waren Liebling alias Schatz und die dazugehörige Frau in dem Laden, in dem es alles gab.

 

2

Liebling entdeckte am Eingang Minzdrops, Bonbons mit Erdbeergeschmack, mit Bananengeschmack, Zitronengeschmack, mit Orangengeschmack, mit Waldmeistergeschmack, mit Honiggeschmack, mit Mittwochsgeschmack. Da hielt Liebling inne.

„Die haben Bonbons mit Mittwochsgeschmack.“

„Was?“

„Die haben Bonbons mit Mittwochsgeschmack.“

„Das ist bestimmt ein Irrtum, frage doch mal nach, Schatz.“

Schatz fragte nach.

„Sie haben Bonbons mit Mittwochsgeschmack, das ist bestimmt ein Irrtum.“

„Nein.“, sagte die freundliche Blondine an der Information, „Wissen Sie, jeder Tag hat seinen eigenen Geschmack, und den haben wir in Bonbons gepackt.“

„Ach ja?“

Liebling ging zurück.

„Das ist kein Irrtum. Sie sagte, jeder Tag hat seinen eigenen Geschmack, den haben sie in Bonbons gepackt.“

„Ich packe dich auch gleich in ein Bonbon.“

„Wieso bist so zu mir?“

„Ich habe doch gesehen, wie du die Blondine angesehen hast.“

„Wie habe ich sie denn angesehen?“

„Du hast sie mit deinen Blicken förmlich ausgezogen.“

„Oh, dann muss ich an meinem ehelichen Verhalten noch etwas arbeiten.“

„Das wäre hinreichend.“

„Vielen Dank.“

„Ich arbeite auch daran. Da hinten ist die Damenwäscheabteilung.“

„Was hat das denn damit zu tun?“

„Komm' mit und sieh.“

„Ich komme mit.“

Die beiden gingen zur Damenwäscheabteilung, und die Frau suchte sich einige nützliche Teile aus. Und zog sie an, natürlich in einer Umkleidekabine und präsentierte sie ihrem Schatz.

„Wundervoll.“, sagte Schatz.

„Will ich doch sagen.“

„Grandios.“, sagte Liebling.

„Nicht wahr?“

„Überaus ansprechend.“

„Natürlich. Die nehme ich alle mit.“

„Willst du mich umbringen?“

„Nein, erheitern.“

„Dass ich nicht lache.“

„Komm' schon.“

„Ich soll immer kommen, das Los des Mannes.“

„Entspann' dich.“

„Ich versuche es.“

 

3

Die beiden waren wieder zuhause, und Schatz entspannte sich. Die Umkleidekabine war jetzt das Schlafzimmer, und Schatz entspannte. Er entspannte fünfmal. An dem bedeutenden Eheglück war nicht zu rütteln. Am nächsten Tag kam ein befreundetes Ehepaar.

„Warst du auch schon in dem Laden, in dem es alles gibt?“, fragte die Frau ihre Freundin.

Schatz war mit dem Mann der Freundin im Keller und präsentierte seine Eisenbahn.

„Nicht schlecht.“, sagte der Mann, „Aber geh' mal in den Laden, in dem es alles gibt.“

„Wieso? Was gibt es denn da?“

„Da bekommst du richtige Eisenbahn.“

„Richtige Eisenbahn?“

„Sag' bloß, du warst noch nicht in dem Laden.“

„Doch, gestern.“

„Und?“

„Es gab nur Damenwäsche.“

„Du trägst Damenwäsche?“

„Nein, aber meine Frau.“

„Und?“

„War sehr entspannend.“

„Weißt du, ich habe mir eine richtige Eisenbahn gekauft.“

„Dafür hast du doch nicht den Platz.“

„Den habe ich mir auch gekauft.“

„Aber das ist doch teuer.“

„Nicht in dem Laden.“

„Jungs, es gibt Kuchen!“, kam es von oben.

„Wir kommen!“, rief Schatz.

„Überlege es dir mal. Für wenig Geld hast du eine richtige Eisenbahn samt Grundstück.“, sagte der Mann.

„Die haben auch Bonbons mit Mittwochsgeschmack.“

„Ja, ich weiß. Ich hatte mir die mit Donnerstagsgeschmack mitgenommen.“

„Und?“

„Es war Dienstag, ich aß eins und fühlte mich wie an einem Donnerstag.“

„Echt?“

„Ja.“

„Jungs, wo bleibt ihr?!“, kam es von oben.

„Wir kommen!“, rief Schatz.

 

4

„Der Kuchen ist sehr lecker.“, sagte der Mann.

„Danke.“, sagte die Frau.

Dann wandte sie sich an Schatz.

„Wieso isst du nichts, Schatz?“

„Du weißt doch, dass ich Diabetes habe.“

„Versuche es doch mal, Liebling.“

„Was soll ich versuchen?“

„Die Diabetes-Maschine.“

„Mit einer Instant-Bauchspeicheldrüse? Nein, danke.“

„Schatz, du bist bockig.“

„Wir haben Gäste!“

„Entschuldige.“

„Schon gut.“

„Wir könnten doch auch mal zusammen zu dem Laden, in dem es alles gibt, fahren.“, schlug die Freundin vor.

„Ja, gute Idee.“, sagte die Frau.

„Wir spielen dann solange mit der richtigen Eisenbahn.“, sagte Schatz.

„Das ist eine gute Idee.“, sagte der Mann.

„So war das aber nicht gemeint. Ich wollte schon, dass ihr beide mitkommt.“, sagte die Freundin.

Der Mann und Schatz zogen lange Gesichter.

„Na ja.“, sagte Frau zu ihrer Freundin, „Gib ihnen noch etwas Zeit.“

„Männer und ihre Eisenbahn.“

„Nicht schimpfen, es sind eben Männer.“

„Was soll das denn heißen?“, fragte Schatz.

„Nicht mehr und nicht weniger, dass ihr Männer seid.“

„Aha. Gibt es denn in dem Laden, in dem es alles gibt, noch weiteres Spielzeug?“, fragte Schatz.

„Ganz bestimmt. Dort gibt es doch alles.“, meinte die Frau.

„Okay, dann komme ich mit.“

„Wundervoll.“, sagte die Frau.

„Und was ist mit dir?“, fragte die Frau den Mann.

„Na ja, wenn es weiteres Spielzeug gibt, dann komme ich auch mit.“, sagte der Mann.

„Dann ist ja alles geritzt.“, sagte die Frau.

„Geritzt ist ein zweischneidiger Begriff.“, sagte Schatz.

„Wieso?“, fragte die Frau.

„Klingt nach Messer.“

„Messer sind einschneidig.“

„Da hast du wohl recht, Messer schneiden ein.“

„Was soll das denn jetzt bedeuten?“

„Habt ihr Ehekrieg?“, fragte die Freundin.

„Wir sind seit 24 Jahren verheiratet und seitdem tobt ein unterschwelliger Ehekrieg.“, sagte die Frau.

„Stimmt doch gar nicht.“, sagte Schatz.

„Doch, es stimmt.“, sagte die Frau.

„Und was macht ihr dagegen?“, fragte die Freundin.

„Ich hole mir Dessous. Damit kriege ich Schatz immer entspannt.“

„Ich glaube, ich sollte mir auch mal Dessous holen.“, sagte die Freundin.

„Habt ihr auch unterschwelligen Ehekrieg?“

„Nein, wir haben gar nichts.“

„Oh.“

„Ständig fährt mein Mann mit seiner richtigen Eisenbahn.“

„Ach ja?“

„Und ich sitze zuhause und stricke. Dabei könnte ich in dieser Zeit etwas anderes machen.“

„Verstehe.“

„Ich werde mir Dessous holen.“

„Du kannst sie dir ja stricken.“, sagte der Mann zur Freundin.

„Siehst du, wie er ist?“, sagte die Freundin zur Frau.

„Ein schweres Kaliber.“, sagte die Frau.

„Aber wirklich.“

„Mein Schatz ist nicht so ein schweres Kaliber.“, sagte die Frau.

„Was?“, fragte Schatz.

„Jetzt habe ich ihm wieder auf den Schwanz getreten.“, meinte die Frau.

„Wie?“

„Das war im übertragenen Sinn gemeint, Schatz.“, sagte die Frau.

„Ach so.“, sagte Schatz.

„Apropos Übertragung, heute Abend kommt Fußball.“, sagte der Mann.

„Ich denke, wir sollten so schnell wie möglich zu dem Laden, in dem es alles gibt, fahren.“, sagte die Frau zu ihrer Freundin.

„Das denke ich auch.“, sagte die Freundin.

 

5

Dann war der Tag gekommen. Die vier Herrschaften standen vor dem Laden, in dem es alles gab.

„Ich dachte, der ist größer.“, meinte Schatz.

„Das liegt an deiner Wahrnehmung.“, sagte die Frau.

„Was für eine Wahrnehmung?“

„Das wollte ich dir damit begreiflich machen.“

„Ich verstehe kein Wort.“

„Lass uns lieber reingehen, meine Freundin braucht Dessous.“

„Na gut.“

Die vier gingen hinein.

„Wo ist die Abteilung mit den Dessous?“, fragte die Freundin.

Die Frau wies den Weg. Die Freundin nahm ihren Mann an die Hand, und weg waren sie.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Schatz.

„Uns um gucken.“, sagte die Frau.

„Na gut.“

Schatz und seine Frau guckten sich um.

„Wie wäre es mit Diabetes-Maschine, Schatz?“, fragte die Frau.

„Negativ, ich will anständig zugrunde gehen. Außerdem habe ich meine Ernährung umgestellt.“

„Und? Hat es Wirkung?“

„Ja, hat es.“

„Na gut. Schau mal, die haben sogar fünf rädige Kinderwagen.“

„Wofür das denn?“

„Wenn jemand Fünflinge bekommt.“

„Die haben echt alles.“

„Und da gibt es Zitronen-Halbierer.“

„Das nennt man Messer.“

„Ich gebe dir uneingeschränkt recht, Schatz. Aber daneben gibt es Paprika-Halbierer.“

„Das nenne ich Geldmache.“

„Sei nicht so negativ.“

„Ich reiß mich am Riemen.“

„Das bewundere ich an dir, Schatz.“

„Was denn?“

„Ich sage was, und du gibst dir alle Mühe, darauf einzugehen.“

„Ich habe dich eben lieb.“

„Oh, du bist so süß.“

„Sagst du das wegen meiner Diabetes?“

„Auch wenn du keine Diabetes hättest, würde ich dich süß finden.“

„Ich wusste schon, warum ich die geheiratet hatte.“

„Warum?“

„Weil du auch so süß bist.“

„Ich habe aber keine Diabetes.“

„Das weiß ich doch.“