Die Urwasser - Jörg Röske - E-Book

Die Urwasser E-Book

Jörg Röske

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Beschreibung

Ein Flussschiffer reist auf einem schwebendem Wasserstrom (die Urwasser) mit seinem Segelschiff. Die Reise beginnt in einer übergeordneten Welt. Dann, durch einen Übergang, setzt sich diese Reise auf der Erde fort, aber nun auf einem Floss. Er gerät auf den Urwassern in eine riesige Fabrik und begegnet sogenannten Glutmönchen. Zwischendurch verliert er den Wasserstrom, aber er findet ihn wieder. Der Flussschiffer gelangt an ein Meer.

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Jörg Röske

Die Urwasser

Chronik eines Nachtreisenden

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1: Die Urwasser

Kapitel 2: Kanalisation

Kapitel 3: Metallgewandet

Ein Zitat

Impressum neobooks

Kapitel 1: Die Urwasser

  Es war ein verregneter Tag. Die Tropfen prasselten unaufhörlich und unerschütterlich ins Wasser des Seerosenteichs. Sie schlugen in ihn ein wie Geschosse und brachten sein Wasser in eine Bewegung, die die Wasseroberfläche verzerrte.

Der Traurige kniete mit einem Bein am Ufer des Teichs und schaute auf die Seerosen, deren Blätter beim Aufschlagen der Regentropfen zuckten. Unbewusst fielen die Tropfen auf des Traurigen beigen Trenchcoat, der sie unwissend aufnahm und der an den Stellen dunkel wurde, die der Regen tränkte. Der Traurige rührte sich nicht und blickte schon fast starr. Nur die letzte Bewegung des Regens erhielt ihn noch am Leben.

Dann erhob sich das Wasser des Seerosenteichs und glitt nach oben. Es durchdrang die Himmelssphären und gelangte in eine düstere Region. Dort wurde es zu einem Fluss, der schwerelos und ohne Halt und Ufer in dieser oberen, halbdunklen Sphäre floss. Der schwebende Fluss wurde die Urwasser genannt, denn ein Schimmer von Ewigkeit umleuchtete dieses Gewässer, das Trost, Abenteuer und Schmerz beherbergte.

In den Urwassern trieben Felsen mit scharfen Kanten, denen niemand zu nahe kommen durfte. Und auf den Urwassern segelte ein Segelschiff, dessen Name "Die Furchtlose" war. Ihr Kapitän stand auf dem Oberdeck und schaute hinaus ins Düstere dieser oberen Himmelsregion und er war froh über den beigen Trenchcoat, der ihn wärmte.

Glucksend, gurgelnd und schmiegend umspülten die Urwasser den Felsen, der mitten in ihnen schwebte und von ihrer Kraft fortgetragen wurde. Ihrer gab es viele in diesem Strom, der jenes obere und düstere Himmelsgewölbe durchzog und die Felsen sorglos umsäumte.

Etwas langsamer als die Urwasser, denn ihre Trägheit bremste, schwebten die unterschiedlich großen Felsen in dem Wasser und jeder Flussschiffer musste auf sie achten, sollte sein Schiff nicht von ihnen aufgeschlitzt werden oder an ihnen zerschellen.

Und auf jenem großen Felsen, den das seidige Wasser schmiegend umspülte, saß der Kapitän der "Die Furchtlose" und schaute in sich hinein, entspannte sich und schaute hinaus. Dabei sah er in der düsteren Atmosphäre, die die Urwasserregion wie einen ewig nächtlichen und Geheimnisse verbergenden Vorhang umgab, längliche, schmale und leicht helle Schimmer. Der Kapitän empfand sie wie ein kaum wahrnehmbares Beben, das etwas Unheilvolles oder Glückseliges versprach.

Eines Tages wollte er in seinem Segelschiff dorthin schweben und sich der Unvermeidbarkeit des Verborgenen aussetzen.

Dann verließ der Kapitän den Felsen, nahm das Seil und zog sein Schiff näher heran. Dabei fiel ihm wieder der schwarz getünchte Rumpf der "Die Furchtlose" auf und ein Schauer der Eisigkeit lähmte ihn für kurze Zeit. Dies jedoch genügte für einen Verlust seines Halts und fast wäre der Kapitän zwischen Felsen und Schiff gefallen - retten konnte er sich mit einem Keuchen und einem gewagten Sprung, der ihn fast den Atem genommen hatte, auf seinen Segler.

Schnaufend und erschöpft lag er auf den Planken des Decks. Speichel tropfte ihm aus dem Mund und färbte die Planke dunkel. Dann drehte er sich auf den Rücken, schloss kurz die Augen und stand dann auf.

Mittlerweile hatte die Strömung "Die Furchtlose" mitgerissen und der Kapitän konnte mit einem Spurt zum Steuerrad und dessen Herumreißen eine Kollision mit einem weiteren Felsen im letzten Moment verhindern.

Die "Die Furchtlose" gelangte glücklicherweise in ein felsenarmes Gebiet der Urwasser und der Kapitän konnte verschnaufen. Eine Weile ließ er sich in seinem Schiff treiben, dann fasste er Mut und setzte die beiden Segel.

Nach einer weiteren Zeit gelangte er in ein bewohntes Gebiet. In großen Abständen gab es hier neben den Urwassern in den Randregionen Burgen, die auf riesigen und rechteckigen Sockeln standen, die sich nach oben hin leicht geschwungen verjüngten. Sie ragten in die Urwassersphäre hinein und deren Fuß musste irgendwo tief unten sein. Der Blick dorthin war aufgrund von Nebelschwaden und Nebelschleier nicht möglich.

Jede Burg war Zentrum eines Areals, das einer eigenen Schwerkraftausrichtung gehorchte und von unwirklichen Nebeln eingegrenzt war. Der Blick zu den Urwassern war jedoch frei. Einen Zugang zu diesen Burgarealen gab es mittels eines

Versetzungsmechanismusses, der wie ein Keil aussah. Dieser Keil bestand nur aus Laserstrahlen, die die Kanten dieses geometrischen Körpers bildeten. Jeder Laserstrahlenkeil war dreifarbig, wobei immer drei Kanten die gleiche Farbe hatten und die Kanten willkürlich verteilt waren. Alle Laserkeile in der Urwassersphäre besaßen unterschiedliche Farbkombinationen, wobei alle Farben bis auf die drei Grundfarben zu sehen waren.

Diese Versetzungslaserkeile schwebten mit der Spitze nach unten zeigend in geringer Entfernung neben den Urwassern und hatten genug Raum für ein Schiff der Größe der "Die Furchtlose".

Einem bestimmten, an Steuerbord liegenden Burgareal näherte sich des Kapitäns Schiff. Er wollte dessen Burgherrn aufsuchen und einige Entfernung vor dem dazugehörigen Keil, dessen Farben er vonweitem schimmern sah, steuerte er die "Die Furchtlose" aus den Urwassern heraus. Das Schiff schwebte nun frei im Raum und driftete mittels des leichten Windes, der hier herrschte, zu dem Versetzungskeil. Der Kapitän holte die Segel ein und die "Die Furchtlose" näherte sich langsam dem Keil, drang in ihn ein und stoppte in ihm.

Im nächsten Moment kippte der Keil mit dem Schiff langsam in Richtung Steuerbord, wobei die Drehachse die untere Laserkante war. Dabei blieb an der Ursprungsstelle ein Keil zurück, dessen Laserstrahlen einen Bestandteil der Mischfarben des Ursprungskeils darstellten. Der kippende Keil zeigte den restlichen Farbbestandteil.

So teilte der Kippmechanismus die Mischfarben und den Keil und die Kraft der Farben bewirkte einen Übergang, eine Verbindung in eine andere, abgeschlossene Welt.

Der Versetzungsmechanismus war inzwischen abgeschlossen. Der zweite Keil befand sich unmittelbar neben dem ersten, wobei die angrenzenden Laserkanten sich miteinander vermischten und einen Halt bedeuteten.

Während des Versetzens der "Die Furchtlose" nahmen die anders ausgerichteten Schwerkraftverhältnisse des Burggebietes allmählich von dem Schiff Besitz.

Der Kapitän setzte ein Segel und sein Schiff schwebte langsam aus dem zweiten Keil heraus. Dann steuerte er auf die Burg zu und bemerkte auf der Fahrt dorthin die unwirklichen Nebel, die das große Gebiet der Burgareale halbkreisförmig umsäumten.

Nach einer Weile Schwebefahrt erreichte der Kapitän der "Die Furchtlose" die Burg und holte das Segel ein. Er sprang mit einem Seil hinüber zum kleinen Kai der Burg und machte sein Schiff fest.

Der Kapitän schritt auf das Burgtor zu und bemerkte dabei den Regen, der begonnen hatte, als er die "Die Furchtlose" am Burgkai festgemacht hatte. Er verlangsamte seinen Schritt und spürte die Tropfen, die aus Eis zu bestehen schienen. Einige Tropfen des Eisregens sammelte er in seiner rechten Hand und besah sich die schwarzen und harten Partikel. Im nächsten Moment wusste er, dass es unheilvolle Zeitkristalle waren.

Und da gellte ein ohrenbetäubender Schrei durch die Sphäre der Urwasser, der das Blut in den Adern zu Wasser wandelte und dieses zu Eis gefrieren ließ. Mit panischem Entsetzen schaute der Kapitän sich um und suchte den Ursprung des Schreis - gnadenlos verzerrt den Frieden der Urwasserregion heimsuchend.

Dann sah er ihn, den schwarzen Drachen, der direkt auf die "Die Furchtlose" zuflog. Der Kapitän rannte um sein Leben, krachte gegen das geschlossene Burgtor und hämmerte wie wild mit seinen Fäusten, dass sich der linke Flügel des schweren Tors durch dieWucht der Faustschläge einen Spalt geöffnet hatte. Der Kapitän drehte sich um und sah, wie sich der schwarze Drache über sein Segelschiff hermachte und darin wütete.

Dabei lehnte der Flussschiffer in seiner panischen Haltlosigkeit gegen jenen linken Torflügel, der sich durch die auf ihn ausgeübte Kraft immer weiter öffnete. Schließlich fiel der Kapitän durch das Tor und zu Boden. In seiner Angst war er allerdings noch nicht in der Lage, sich über die Tatsache des offenen Tores zu freuen.

Da saß er zunächst auf dem kalten Steinboden, war etwas verwirrt, begriff dann und rappelte sich hoch. Schnell schloss er mit aller Körperkraft den Torflügel, suchte nach dem Querbalken, den er neben dem Tor an der Mauer lehnend vorfand, nahm ihn und verriegelte damit das schwere Holztor der Burg.

Dann wartete der schlotternde Kapitän der "Die Furchtlose" darauf, dass sich der Drache über die Burg hermachte und sie wie sein Schiff verwüstete. Doch es geschah nichts dergleichen.

Stattdessen legte sich der schwarze Drache, als er mit dem Segelschiff fertig war, wie ein Schatten um die Burg. Er umspannte sie völlig mit seinen schwarzen Flügeln und eine Stille trat ein.

Der Kapitän wusste nicht, was geschah, denn er wagte keinen Blick nach draußen. Er empfand nur eine unsagbare Kälte, die sich in der Burg ausbreitete und ihn betäubte. Dann versank der Kapitän in einen tiefen Schlaf.

Der Kapitän der "Die Furchtlose" wachte auf. Er lag auf dem Bauch und war benommen. Ihm war kalt und er sah auf dem Steinboden Raureif. Die Kälte machte ihn schnell wach und er stand auf. Der Boden, die Wände und alles, was er sah, war mit Raureif bedeckt.

Dann erinnerte er und wunderte sich, dass kein Burgbewohner zu sehen war. Der Kapitän ging los und erkundete das Innere der Burg, in der Hoffnung, jemanden zu finden. Ein Weiteres schoss ihm durch den Kopf und er trat an eine nahe gelegene Schießscharte. Er sah die "Die Furchtlose", deren Segel völlig zerfetzt waren. Vom Drachen war nichts zu sehen und es herrschte völlige Ruhe. Kein gellender Schrei zerriss die Stille.

Das gab dem Kapitän ein gutes Gefühl und er durchforschte weiter diese Burg. Ein Gang führte ihn in einen Saal, der reich mit Holzornamenten und metallenen Gefäßen verziert war. In der Mitte des Raumes gab es eine Tafel, an deren Kopfende ein Gedeck ohne Speise aufgetragen war.

Der Kapitän ging dort hin und setzte sich in den Holzsessel vor dem Gedeck. Er schaute sich um und fühlte sich wie zuhause.

Dann, beim Aufstehen, fiel ihm etwas auf dem metallenen Becher des Gedecks auf. Er stellte sich hin, nahm den Becher in die Hand und begutachtete das Trinkgefäß. Der Kapitän las 'KAP'.

Er untersuchte die anderen Bestandteile des Gedecks und fand auf jedem Teil die gleiche Gravur. Er hatte dabei ein merkwürdiges Gefühl, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass dies der Name von einem Menschen war.

Nach kurzem Verweilen an dem Kopfende der Tafel, die sich lang hinzog und an der viele Stühle standen, ging der Kapitän weiter, um das Weitere der Burg zu erkunden und nahm dabei das Rätsel mit, das sich in seinem Inneren um die Gravur gebildet hatte.

Nach einer Weile, während dieser er die ganze Burg erforscht hatte, gelangte der Kapitän zu dem Schluss, dass das steinerne Gemäuer unbewohnt oder für eine nicht bekannte Zeit verlassen worden war.

Dann beschlich den Flussschiffer das Gefühl, sich in dem Gemäuer niederlassen zu wollen. Zu diesem Zweck ging er zu seinem verwüsteten Schiff, allerdings nicht ohne äußerste Aufmerksamkeit beim Verlassen der Burg walten zu lassen.

Ein jeglicher seiner Sinne war mit intensivster und ängstlicher Konzentration auf die Atmosphäre der Urwassersphäre gerichtet und beim Erreichen des Schiffes stellte er mit Freuden fest, daß der Rumpf und die Masten der "Die Furchtlose" unversehrt geblieben waren.

Der Kapitän packte auf dem Schiff alles Notwendige in eine Holzkiste, schaffte sie unter Mühen auf den Burgkai und zog sie zum Tor. Auf dem Weg dorthin fiel ihm die Außenmauer der Burg auf. Sie war völlig schwarz. Dem Kapitän stockte der Atem und er fühlte, wie ein Strudel jenseits von Zeit und Raum oder wo auch immer er sich befinden mochte, von ihm Besitz ergriff.

Dann erst fiel ihm ein, dass die Burgmauer ursprünglich eine andere Farbe gehabt hatte. Der Kapitän stand eine Weile wie gelähmt auf dem Kai, die Kniee waren durch die Last der Seemannskiste etwas eingedrückt, die er mit der rechten Hand mühsam hinter sich hergezogen hatte. Nach dieser Starrheit löste er sich etwas, ging mechanisch und langsam weiter, öffnete zitternd das Tor und schleppte sich und die Kiste in die Burg. Dort fühlte er sich etwas sicherer, doch das Wissen der Schwärze auf der Burgaußenmauer ließ den Flussschiffer die Kälte in der Burg noch viel eindringlicher und bedrohlicher empfinden.

Eine lange Zeit verbrachte er mit dem Auspacken der Kiste, denn seine Arme und Beine und Hände waren durch die betäubende Kälte fast wie festgefroren und kaum noch zu spüren.

Nach dieser beschwerlichen Arbeit setzte sich der Kapitän in den Holzsessel im Saal und ruhte aus. Er schloss dabei die Augen, nickte kurz ein, wachte auf und bemerkte in einer Ecke des Steinraumes einen Gegenstand, der seine Aufmerksamkeit erregte. Er stand auf, ging zu dieser Ecke und erkannte auf dem Weg dorthin einen Webstuhl.

Der Kapitän sah ihn sich genauer an, fuhr mit der rechten Hand über das Holz und entdeckte darin hinein geschnitzt erneut dieses seltsame Wort 'KAP'. Seine Gedanken verweilten nur kurz bei dem Geschnitzten.

Sein Blick wanderte weiter und der Kapitän fand eine Truhe neben dem Webstuhl, auf deren Deckel ebenso 'KAP' zu lesen war und die reich mit Fadenknäuel gefüllt war. Es gab die unterschiedlichsten Stoffe. Leinen, Baumwolle und Seide und dieses seltene Lichtgarn.

Dann erleuchtete eine Idee das Innere des Flussschiffers. Er nahm sich vor, die nächste Zeit mit Weben zu verbringen, denn die "Die Furchtlose" benötigte neue Segel. Zu zerrissen waren die alten.

Es verging eine Weile, während dieser der Kapitän konzentriert arbeitete und die mit der Fertigstellung des ersten Segels endete. Es war grau und bestand aus zwei breiten Stoffbahnen, die der Webende in einer unermüdlichen Kleinarbeit zusammengenäht hatte.

Als er es zusammengefaltet auf die große Tafel gelegt hatte, verspürte er, dass es ein wenig wärmer in dem Saal geworden war. Die Wärme kam vom Kapitän selbst und nicht nur das hatte er entdeckt. An der Wand hinter dem Holzsessel hing ein Schwert. Schön sah es aus, lang war der Griff und im Gesamten war es leicht gebogen, das zur Folge hatte, dass es elegant wirkte. Der Griff war eng umwickelt mit roten und beigen, dünnen Kordeln und an der weißen Scheide befand sich eine dickere und beige Kordel, die aus mehreren und miteinander verflochtenen, dünnen Kordeln bestand.

Der Kapitän nahm das Schwert von der Wand, zog es etwas aus der Scheide, begutachtete es und fand mit einem kommentierenden Lächeln 'KAP' in das blinkende Stahl eingraviert. Zudem gab es sorgfältig gearbeitete und kunstvolle Ornamente auf der Klinge, die so blank war, dass der Schiffer sich darin spiegeln konnte.

Dann zog er es ganz aus der Scheide und führte einige Hiebe in die Luft aus. Er spürte, dass er ordentlich Übungszeit verbringen musste, um ein Meister im Umgang mit diesem schönen Schwert sein zu können. Er legte das Schwert, das er wieder in die Scheide gesteckt hatte, neben das neue Segel auf die Tafel.

Dann webte er das zweite Segel, das ebenso grau war und aus zwei zusammengenähten Bahnen bestand.

Nach kurzer Ruhezeit brachte der Kapitän beide Segel zum Schiff und befestigte sie an den Rahen der beiden Masten, und er flickte die zerrissenen Seile. Danach packte er seine Holzkiste und zog sie mit zügigem Schritt zur "Die Furchtlose". Er brachte sie an Bord und wunderte sich über die Kraft, die er besaß.

Der letzte Gang zur Burg galt dem Schwert, das er in den Gürtel seines beigen Trenchcoats steckte.

Schließlich verließ er die Burg und schob den linken Flügel des Tores zu, das nur von innen zu schließen war.

Beim Gehen zum Schiff erinnerte er sich an das Schwarze an der Außenmauer und hielt vor Schreck inne. Mit konzentriertester Aufmerksamkeit lauschte er, aber er vernahm nichts. Ohne sich umzudrehen, ging er weiter zu seinem Schiff, machte die Leine los und sprang an Bord. Das Schiff bewegte sich durch die Luftströmung langsam vom Burgkai weg und der Kapitän setzte das Segel des Großmastes.

Während all´ dieser Handlungen hatte er es vermieden, zur Burg zu schauen. Er fürchtete, durch seinen Blick auf das Schwarze etwas Unbekanntes und Unheilvolles zu wecken.

Dann gelangte er an den Laserstrahlversetzungsmechanismus, stoppte davor das Schiff und schaute mit einer gewonnen Portion Mut zur Burg. Es gab an ihr kein Schwarzes. Sie leuchtete sogar ein wenig. Der Kapitän war erleichtert und beschloss mit dem Blick auf den Laserkeil, dieses Burgareal noch nicht zu verlassen.

Er steuerte die "Die Furchtlose" zu den unwirklichen Nebeln am Rande des Areals. Er war neugierig und suchte etwas, von dem er nicht wusste, was es war.

Die "Die Furchtlose" drang nach einer Weile in die Nebel ein. Dann verlor der Kapitän die Sicht und er hatte auch das Gefühl, dass jedes Geräusch von den unwirklichen Nebeln verschluckt wurde. Es gab dort keine Orientierung und einige Male änderte der Schiffer die Fahrtrichtung.

Es wurde ihm unheimlich zumute und er versuchte, die Nebel zu verlassen. Es gelang nicht und eisige und betäubende Angst machte sich schleichend im Innern des Kapitäns breit.

Der Kapitän des zweimastigen Segelschiffes "Die Furchtlose" schaute mit einem beklemmenden Gefühl in seiner Brust zurück zu den unwirklichen Nebeln. Ihm waren die Grausigkeit und die Undurchdringlichkeit dieser Nebel bisher unbekannt gewesen. Nur die Idee und deren Umsetzung, das Ruder gerade zu halten, gewonnen aus der Geradlinigkeit seines Schwertes, hatten ihn aus der Verlorenheit und eineisenden Furcht der unwirklichen Nebel hinaus gerettet.

Der Schiffer hatte beschlossen, die Nebel für die nächste Zeit zu meiden und die "Die Furchtlose" befand sich auf dem Weg durch das Burgareal zum Versetzungsmechanismus, der das Schiff und den Kapitän zurück zu den Urwassern bringen sollte. Das Segelschiff erreichte den offenen Lasermechanismus und der Kapitän holte das gesetzte Segel ein. Mit dem restlichen Schwung drang die "Die Furchtlose" in den gekippten Keil ein und stoppte in ihm.

Zumeist berechnete der Flussschiffer die Restenergie der Vorwärtsbewegung des Schiffes genau, doch sollte er sich aufgrund einer emotionalen Unstimmigkeit verschätzen, dann würden unsichtbareKraftfelder das Schiff sanft auffangen. Diese Felder füllten die fünf Seiten des entsprechenden Keils aus, waren winddurchlässig und besaßen eine federnde Wirkung. Beim Eindringen in den Keil wurde das entsprechende Kraftfeld automatisch deaktiviert und war das Schiff innerhalb des Keils, dann wurde es wieder aufgebaut.

Der Versetzungsmechanismus arbeitete selbständig und irgendeine Fehlfunktion war dem Kapitän bisher noch nie aufgefallen.

Der Keil kippte nun langsam wieder zurück in seine Ausgangsposition und die Schwerkraftgesetze der Urwasser nahmen dabei allmählich von Schiff und Kapitän Besitz. Das Kraftfeld voraus deaktivierte sich und der Schiffer begann, die Segel zu setzen. Die "Die Furchtlose" nahm dabei Fahrt auf und verließ den Keil.

Nachdem das erste Segel gesetzt worden war, steuerte der Kapitän zu den Urwassern. Das Schiff erreichte den schwebenden Strom und sobald es auf den Urwassern fuhr, setzte der Schiffer das zweite Segel.

Dabei donnerte ein zermürbender Krach durch die Urwassersphäre und ein erschütternder Ruck nahm den Kapitän, der auf dem Fockmast kletterte, den Halt und schleuderte ihn über den Bug hinaus in den Strom. Das Schiff verlor an Fahrt, ruckte hin und her und nahm dann wieder Fahrt auf. In diesem Moment tauchte der Kapitän wieder auf und sah sein Schiff auf sich zukommen. Mit hastigen Schwimmzügen rettete er sich knapp vor dem drohenden Bug und ergriff eines der wenigen vom Schiff herunterhängenden Seile. Eine Weile ließ er sich an der Wasseroberfläche mitschleifen. Er sammelte Kraft, um gegen die Wasserströmung und gegen die Schwerkraft ankämpfen zu können.

Dann hatte er es geschafft und war wieder an Bord seines Segelschiffes, das ein wenig tiefer im Wasser lag, wie er bemerkte. Der Kapitän vermutete einen Felsen, der unter der Wasseroberfläche schwebte und der den Rumpf der "Die Furchtlose" leck geschlagen hatte.

Seine Wut entbrannte über die Felsen und er schrie. Dann fasste er einen Plan und holte zunächst die Segel ein. Ein Überwasserfelsen erschien, den er anvisierte und nahe an ihn heran manövrierte. Er sprang mit dem Ende eines Seils hinüber und machte sein Schiff fest. Dann kehrte er zurück zum Schiff, verschwand unter Deck und suchte das Leck. Nach einigem anstrengenden Stöbern im kalten Wasser fand er es und stopfte es notdürftig mit Brettern, Tüchern und Nägeln zu.

Der Kapitän war geschafft und durchgefroren. Das Schiff sank nicht mehr und der Schiffer suchte Ruhe auf dem an der Oberseite flachen Felsen, um mit dieser Kraft das nächste Problem zu besiegen. Es würde einige Zeit und Anstrengung kosten, das Wasser aus der "Die Furchtlose" zu schaffen.

Er zog sein elegantes Schwert aus dem Gürtel, entledigte sich seines nassen Trenchcoats und wringte ihn aus. Schwert und Mantel legte er auf den Felsen und sich daneben. Er entschlummerte für eine Zeit und träumte unruhig.

Der Kapitän erwachte, fand seinen beigen Mantel getrocknet, fühlte ihn mit seiner rechten Hand und ging, ohne ihn anzuziehen, auf sein Schiff. Unter Deck pumpte er das Wasser mit der Handpumpe außenbords. Es verging eine Weile und der Schiffer wusste, dass diese Übung seine Muskeln stärkte.

Die "Die Furchtlose" war wieder flott und jetzt führte der Wütende seinen eigentlichen Plan aus. Aus seiner Kiste holte er nach einer Ruhepause Hammer und Meißel, umden Schlummerfelsen zu zerkleinern. Dieser war der erste Felsen, der in seine Bestandteile aufgelöst werden sollte, um die Urwasser sicherer und befahrbarer zu machen.

Nachdem er Schwert und Mantel hinüber zum Schiff geworfen hatte, machte sich der Kapitän der "Die Furchtlose" energisch und wütend mit seinem Werkzeug über den Felsen her. Er ließ den Hammer mit heftiger Wucht auf den Stahlmeißel nieder krachen und hämmerte Brocken um Brocken aus dem Flussfelsen heraus.

Da krachten Felsen, Flussschiffer und Segelschiff mit unaufhörlicher Wucht gegen eine Eisbarriere.

Der Kapitän kam auf dem Plateau des Felsens wieder zu sich. Er lag auf dem Rücken, richtete sich auf und Erinnerungen dämmerten, zogen langsam in sein Bewusstsein ein.

Dann brachte der Schrecken des Vergangenen ihn in einem Moment auf die Beine. Nach dem einschneidenden und durchdringenden Gefühl hinkte das restliche Wissen über das Geschehen allmählich nach.

Der Schiffer schaute sich hektisch um, fand Blutspuren an der Eiswand, neben der er aufgewacht war und fasste sich instinktiv an seinen Kopf. Das Blut an seiner Hand bestätigte seine Vermutung.

Die Eisbarriere war eine große und in ihrer vertikalen Ausdehnung für den Kapitän überschaubaren Mauer aus Eis, in deren mittlerer Höhe die Urwasser in einem Loch verschwanden, dessen Durchmesser dem des Flusses entsprach. Zu beiden Seiten verschwand die Eiswand nach einiger Entfernung im Nebel.

Am oberen Rand des Loches befand sich des Schiffers Felsen - dieser hatte sich durch den Aufprall in das Eis hineingekeilt. Er war wohl fest, jedoch wusste der Kapitän, dass sich der Felsen unter dem beständigen Druck der Strömung irgendwann vom Eis lösen würde und der Zeitpunkt des Lösens war schwer zu bestimmen. Glücklicherweise rauschten nur wenige und kleine Felsen heran, die problemlos an dem eingekeilten Felsen vorbei trieben. Jedoch konnte sich diese Tatsache nach einer ebenso unbestimmbaren Zeit ändern.

Dann bemerkte der Kapitän die "Die Furchtlose" neben dem Felsen mit eingequetschtem Bug und sah sie mit diesem von der Strömung der Urwasser gegen die Eismauer gedrückt. Der Fockmast war in der Mitte durchgebrochen, das Bruchstück lehnte an der Eiswand.

Im nächsten Moment krachte ein unter Wasser treibender Felsbrocken an den ins Eis gekeilten Felsen, so dass dieser sich leicht bewegte. Der Kapitän wusste, das Zeitproblem war nun dringlicher.

Er sprang hinüber auf sein erneut angeschlagenes Schiff, zog das Mastbruchstück ganz auf das Oberdeck und legte das Ruder so, dass die Strömung das Schiffsheck aus den Urwassern herausdrückte. So war die "Die Furchtlose" zur einen Hälfte freischwebend und zur anderen im Strom. Dieser jedoch schob das Schiff weiter, so dass es drohte, mit der Backbordseite an die Eisbarriere zu krachen.

Mit treffsicheren Hieben löste der Schiffer das Focksegel von dem Mastbruchstück und legte dieses quer zum Schiff, so dass das Bruchstück den Aufprall auffing. Dann setzte er das Großsegel und ein Wind holte das Schiff aus dieser misslichen Lage. Die "Die Furchtlose" schwebte nun frei in der Luftneben den Urwassern.

Im nächsten Moment krachte ein weiterer Unterwasserfelsen an den eingekeilten Felsbrocken und riss ihn aus dem Eis. Beide Felsen verschwanden in dem Loch. Und es rasten eine Menge weiterer Felsen heran und verbauten zu einem Teil die Öffnung, so dass nachkommende Felsen nicht mehr hindurch rauschen konnten. Sie krachten an die verengenden Felsen, glitten von ihnen ab, traten aus den Urwassern heraus und fielen nach unten in das Ungewisse der Nebelschleier und -schwaden.

Dann verließ der Kapitän dieses Geschehen und steuerte sein Segelschiff zur oberen Kante der Eisbarriere. Als er sie in seinem aufwärts steigenden Schiff erreichte, breitete sich vor den staunenden Augen des Schiffers eine weite Eiswüste aus.

Ihm behagte diese Gegend nicht, doch wollte er wieder zu seinen Urwassern

und, wie es schien, führte der einzige Weg durch diese Eisgegend.

Der Kapitän beschloss, zuerst zu landen und sein Schiff zu reparieren. Während der Instandsetzung, die einige Zeit in Anspruch nahm, spürte er die Anwesenheit von Zuschauern. Mehrmals wandte er sich zu den Vermeintlichen um und fand niemanden.

Bei einem weiteren Spüren einer Gegenwart eines Beobachtenden nahm der Flussschiffer das bereit gelegte Schwert und rannte in die Richtung, in der er den Gast vermutete. Und er fand jemanden hinter einem kleinen Eishügel.

Der Gefundene war ein spärlich bekleideter Mensch, der völlig mit einer dünnen Eisschicht bedeckt war und einen fast leeren Blick hatte. Der Kapitän spürte ein leichtes Entsetzen in der Gestik und Mimik seines Gegenübers, als er sein Schwert auf den Eingeeisten richtete. Dann mühte sich der Beobachtende schwerfällig auf und eilte mit steifen Beinen humpelnd weg. Dabei hingen dessen Arme unbeweglich,

steif und leblos von seinem Körper herunter, baumelten reglos.

Ein Schaudern überfiel den Kapitän beim Anblick dieses seltsamen Menschen. Unheimlich wurde es ihm zumute und er wähnte noch mehr Seltsamkeiten dieser Art in dieser Eisgegend.

Er steckte sein Schwert zurück in die Scheide, ging zurück zum Schiff und setzte die Reparatur fort. Während dieser Zeit spürte er keine Gegenwart mehr von irgendwelchen Beobachtenden, doch immer wieder wandte er sich um, linste nach ihnen. Schließlich war die Arbeit getan und der Kapitän machte sich wieder auf den Weg, hob mit seinem Segelschiff vom Eisboden ab.

In mittlerer Höhe flog die "Die Furchtlose" über die Eiswüste, über der sich der Himmel dämmrig wölbte. Bei einem Blick nach unten sah der Kapitän die Urwasser, die sanft rötlich durch das Eis schimmerten, das sie durchzogen.

Ein Ende der Eisöde war nicht abzusehen und der Schiffer wurde allmählich ungeduldig und nervös. Die Urwasser waren seine Heimat und die Trennung von ihnen begann zu schmerzen.

Unglücklicherweise verlor sich die Spur der durch das Eis schimmernden Urwasser und der Kapitän befand sich in einer Gegend, die eine seltsame Unheimlichkeit barg. Ihn beschlich Angst und dann verschwand der Eisboden unter seinem Segelschiff. Er blickte in eine absolute Schwärze, die sich unter dem Kiel der "Die Furchtlose" ausbreitete und stellenweise von Nebelschwaden leicht abgeschwächt war.

Dann schaute er zurück und sah den Rand des Abgrunds, den er in seinem Schiff überflogen hatte. Er blickte nach Backbord, denn in seinem Augenwinkel hatte er etwas vernommen, das seine Aufmerksamkeit und ein dunkles Gefühl in ihm erregt hatte. Er sah in der Ferne Gebilde, die ihm einen eiskalten Schauer seinen Rücken herab gleiten ließen, und er begann zu frösteln. Der bloße Anblick versetzte ihn in eine Starrheit, von der er sich kaum befreien konnte.

Sie waren unterschiedlich große und völlig schwarze Treppen, die in den schwarzen Himmel, der über dem Abgrund herrschte, hinein gebaut worden sein mussten. Sie befanden sich auf einem schwarzen Felsen, der sich am Rand der Eisebene befand und der aus ihr ein wenig herausragte. In ihm spitzte sich der Eisrand verhalten zu. Die Konturen der seltsamen Treppen und des Felsens waren mit einem weißen und dünnen Schimmer versehen, so dass sie auf diese Weise zu erkennen waren.

Der Kapitän lenkte sein Schiff, das inzwischen weiter über dem Abgrund gefahren war, zu diesem Felsen. Dann merkte er, was er willenlos getan hatte, spürte im nächsten Moment die Schwärze unter sich und geriet in Panik.