Der Spatz im Spiegel - Wolf von Fichtenberg - E-Book

Der Spatz im Spiegel E-Book

Wolf von Fichtenberg

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  • Herausgeber: tredition
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

Sind Geschichten für Kinder immer nur die Geschichten, die allein Kinder lesen sollen? Oder sind Geschichten für Kinder nicht zugleich auch Geschichten für all jene Menschen, die ein Stück der Kindheit in ihren Herzen bewahrt haben? Wolf von Fichtenberg, Sachbuch-u. Romanautor sowie Kunstmaler, hat hier einige Geschichten zusammengestellt, die Kindern vorgelesen werden können, aber auch (heimlich und unbeobachtet, das versteht sich…) von Erwachsen gelesen werden dürfen.

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Seitenzahl: 68

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Wolf von Fichtenberg

Der Spatz im Spiegel

und andere Geschichten(nicht nur)für Kinder

© 2019 Wolf von Fichtenberg

Erste Auflage

Umschlaggestaltung, Illustration: Wolf von Fichtenberg

Verlag: tredition GmbH

978-3-7482-2838-7 (Paperback)

978-3-7482-2839-4 (Hardcover)

978-3-7482-2840-0 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung. Jegliche Genehmigungen bedürfen der vertraglichen Schriftform. Mündliche Absprachen sind ungültig. Der Autor behält sich alle Rechte vor.

Wer gegen das Urheberrecht verstößt (z. B. Bilder oder Texte unerlaubt kopiert), macht sich gem. §§106 ff UrhG strafbar, wird zudem kostenpflichtig abgemahnt und muss Schadensersatz leisten. (§§ 97 UrhG).

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis

Der verborgene Drache

Im Zaubergarten

Wer war Rumpelstilzchen?

Die Maus

Der Spatz im Spiegel

Das krumme Tännchen

Der Tropfen

Ein Morgenspaziergang

Der König der alles besaß

Das Irrlicht

Der tanzende Schmetterling

Wie der Bär teilte

Der verborgene Drache

Vor langer Zeit lebte einmal ein kühner Ritter, der in die Welt auszog, um Abenteuer zu erleben. Er fing Einhörner, besiegte Nachtmahre, rang Seeschlangen nieder und kämpfte gegen Trolle.

Eines Tages kam er in ein steiniges Bergland, Abgründe fielen rechts und links seines Weges ins Nichts, als er plötzlich ein Fauchen hörte.

Mutig zog er sein Schwert und schaute nach dem Geräusch. Hinter der Wegbiegung sah er vor einer Höhle einen Drachen liegen, der kleine Rauchwolken aus den Nüstern stieß und dabei dieses zischende Fauchen vernehmen ließ.

Mit einem Sprung war er vor dem Drachen, hob das Schwert und wollte das Untier zur Strecke bringen, da reckte sich der Drache und sagte:

„Halt, edler Ritter, erschlage mich nicht. Ich bin eine verwunschene Prinzessin.“

Der Ritter zögerte.

„Das glaube ich nicht!“

„Ich beweise es dir“, sagte der Drache, „komm zur Abendstunde zu mir zurück. Du wirst es dann schon sehen.“

Der Ritter zögerte einen Augenblickt und nickte dann:

„Gut, so soll es sein. Wenn du mich aber belogen hast, wird es dein Ende sein.“

Er machte sich auf den Weg, suchte sich eine Grotte und schlief bis zur Abendstunde. Danach machte er sich erwartungsvoll auf den Weg, hin zu dem Drachen.

Als er die Drachenhöhle erreichte, sah er dort eine wunder-schöne Prinzessin auf einem Stein sitzen, die ihr hüftlanges Haar kämmte und ihn voller Liebreiz ansah. Nie sah er ein schöneres Wesen.

„Siehst du edler Ritter, ich sagte dir die Wahrheit.“

„Wie kann das sein?“ fragte er.

„Ach, “ seufzte die Prinzessin. “ Eine böse Hexe hat mich verwunschen und nur einmal im Jahr kann ich meine wahre Gestalt annehmen.“

Mit einem koketten Blick sah sie den Ritter an, verschob das hauchdünne Kleidchen ein wenig und lächelte den Ritter an, der sich auf sein Schwert gestützt hatte.

„Das ist gar schrecklich“, bedauerte er sie.

„Aber, “ schmeichelte die Prinzessin, „ der Fluch kann gebrochen werden. Wenn du mich heiratetest wird der Bann von mir genommen und mein Schatz gehört dir.“

„Das will ich gerne tun“, sagte der Ritter liebestoll und betrachtete die Schönste der Schönen mit vernebeltem Blick.

„Aber bedenke, “ sagte die Prinzessin dann weiter, „ ganz kann der Fluch nicht genommen werden. Einmal am Tag muss ich mich wieder in einen Drachen verwandeln.“

„Das macht mir nichts“, sagte der Ritter, der nun keinen klaren Gedanken fassen konnte und gab der liebreizenden Prinzessin einen Kuss auf die Nasenspitze.

Da lachte sie und so wurden die beiden ein Paar.

Nach der Hochzeit fragte er sie:

„Wie ist der Name der Hexe, die dich verwunschen hatte.“

Die Prinzessin zögerte ein wenig und sagte dann:

„Natur heißt sie…Ihr Name ist Natur.“

Moral:

Ganz gleich wie liebreizend die Prinzessin ist: Es ist immer ein Drache in ihr.

Im Zaubergarten

Perlen gleichend rollen Tautropfen an dem feuchten Grün des Grases hinab, schillernd in den Farben des Lichtes, welches die Morgensonne über die dunkel beschatteten Baumwipfel schickt.

Der Morgengruß der Amsel kündet den kommenden Regen an und ein feiner Nebel liegt über dem Sein und dem Nichtsein, einem gewobenen Teppich gleichende, der die Gedanken in das Feenreich begleitet.

Ein rascher Flügelschlag des Raben lässt zu dem sich wandelnden Karmesin des Himmel schauen, der Blick erhascht das Entschwinden der Nachtmare, deren gefetztes Spinnenkleid sich am Hollerbusch verfängt und sein Gewebe im Morgenhauch des Windes segelnd mit der Unendlichkeit der Welten eins werden lässt.

Blütenkelche öffnen sich und die Elfen reiben sich den Schlaf aus den langbewimperten Augen, nippen am Tau und übermütig bewerfen sie sich mit den Tropfen.

Ein leises Kichern ist zu vernehmen, hörend mit jenen Ohren, die der Seele anhaften, anzeigend, dass das Sehen der Augen nicht dem Sehen des Fühlens gleicht.

Der bloße Fuß berührt der Wiesen Feuchte, der Erde Dampf umschließt den Schritt, kühlt und wärmt zugleich und das Spüren des Eins werden mit Gäa ist ein Nu lang zu vernehmen, derweil der Westwind das gekämmte Haar verwirbelt, den Nacken streift und die letzten Alben in ihre Steinnischen flüchten lässt. Am Tag haben sie keine Macht, die Dunkelheit ist ihr Elixier, ihr Labsal, der Trunk jener, welche die sorgenvollen Träume beherrschen.

Morgenstunde.

Stille Stunde.

Traumverloren und der Wirklichkeit doch zugewandt.

Der Sand des Schlafes verklärt den Blick; ein Reiben klärt ihn bald, doch er verwischt auch das Gesehene.

Der Zaubergarten der Sekunden des bewussten Existierens verschwindet aus dem Sein, das Profane ergreift das Fühlen. Der Gruß des Taues wird zur Feuchte, das Lachen der Elfen zur Illusion, der Mantelfetzen der Mare zu dem gerissenen Faden eines Netzes.

Der Zaubergarten ist verschwunden, verborgen in des Tages Lichtes; ruhend, Kraft aus sich selbst ausbildend und schlummernd in der Wirklichkeit.

Er ruht nur, zeigt sich wieder, in jenen Momenten, in denen wir die Plag ablegen und die Wirklichkeit des Traumes annehmen.

Eile nicht und suche nicht ihn zu ergründen.

Er, der Garten des Zaubers ist hier, neben dir, unter dir und in dir, dein Blick macht ihn für dich sichtbar, aber deine Seele lässt ihn dich fühlen.

Wer war Rumpelstilzchen?

„Da ist er!“

Der Bewaffnete zog sein Schwert und deutete auf das Feuer.

Seine drei Kumpane zogen ebenfalls lautlos die Waffen und verteilten sich. Von vier Seiten hatten sie die kleine Waldlichtung im Blick.

Ein fahler Mond lugte durch die dürren Äste des Waldes, den der lange Winter des Jahres noch im Eisgriff hatte.

Der Anführer der Gruppe strich sich genüsslich über die Zähne und feiner Hauch stieg aus seinem Mund. Nebelgleich schien er und als wolle er die Gedanken des Kerls einfärben, zeigte er sich in dunklem Grau.

Ein leises Rascheln im Wald ließ den Mann am Feuer aufschauen. Bedächtig drehte er den Kopf und seine Augen rollten, als er die Umgebung zu erfassen suchte.

Kalt war ihm, so kalt. Er, der kleine Mann, den alle verabscheuten und zugleich auch fürchteten. Behutsam, ja fast schwebend strich er um das Feuer. Keinen Augenblick ließ er das Unterholz aus den Augen.

Er hatte nur seinen Lohn haben wollen, aber die falsche Spinnerin betrog ihn darum.

Er wollte ihr Kind, gewiss, aber hatte sie sich je gefragt, warum er es wollte? Sicher unterstellte man ihm Übles, doch was wussten sie schon von ihm, dessen Namen sie nun kannten.

Rumpelstilzchen nannte er sich selbst, Feuertän-zer…Waldgeist.

Sein Name war sein Geheimnis, das Einzige, was ihm geblieben war, als die „Herren“ ihm vor langer Zeit alles nahmen.

Nun wollte er ihnen etwas nehmen. Das Kind. Nicht aus Rache, nein! Diese Gedanken waren schon lange vorbei. Er wollte das Kind, um diesem zu zeigen, wie das Leben ist. Hart, unnachgiebig und roh… Nur so würde das Kind die Welt verstehen lernen und dereinst ein guter Herrscher in dem kleinen Land wer-den. Nur dann, wenn es das Leben gesehen hat, könnte es als Regent das Volk verstehen. Das war sein Anliegen, aber verstanden hatten sie es nicht.

„Vorwärts!“ rief der Anführer und mit lauem Gebrüll stürzten die Schergen auf das Feuer zu.

Er wehrte sich nicht. Auch dann nicht, als ein Schwert vor seine Brust drückte. Sollten sie doch tun, was ihnen aufgetragen wurde. Er war so müde, so unsagbar müde. Und alt. Er selbst wusste nicht einmal mehr, wie alt er war.