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Dieses Buch ist ein Plädoyer für einen sanften und achtsamen Umgang mit dem Herzen. Es ist gespeist von der Erfahrung, dass man einzig auf dem Weg des Herzens das Leben in seiner ganzen Fülle auskosten können. Mit diesem Buch möchte Christa Spannbauer dazu ermutigen, in intensiven Kontakt mit dem Herzen zu kommen, der Intuition zu vertrauen und sich auf die Suche nach den Visionen des eigenen Lebens zu machen. Mit zahlreichen Meditations- und Körperübungen aus der Achtsamkeitspraxis, der christlichen Kontemplation und der buddhistischen In allen Weisheitstraditionen gilt das Herz als das Zentrum von Liebe, Mitgefühl und Weisheit und damit als Tor zum wahren Selbst. Dieses Buch ist ein Wegweiser für einen sanften und achtsamen Umgang mit dieser inneren Stimme. Sie erfahren, wie Sie ihr Herz zu einem kraftvollen Energiezentrum machen, wie Sie Liebe in sich aktivieren und zugleich Ihr Herz zur Ruhe bringen können. Es ist an der Zeit, zur Weisheit des Herzens zurückzukehren. Denn hier liegen die Antworten des Lebens. Den Weg mit Herz zu gehen heißt, sich allem, was einem auf dem Lebensweg begegnet, zu stellen. Sich die Dinge tatsächlich zu Herzen zu nehmen. Auch die schmerzhaften und unangenehmen Emotionen anzunehmen, zu spüren und in das eigene Leben zu integrieren. Zweifellos erfordert es Mut, der Stimme des Herzens zu folgen. Doch nur so ist ein erfülltes und intensives Leben zu haben. Oft überhört man die Botschaft des Herzens zu lange, sodass dieses manchmal gar nicht mehr anders kann als die Notbremse zu ziehen.
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Seitenzahl: 167
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Christa Spannbauer
Der Stimme des Herzens vertrauen
Erfüllt und achtsam leben
Neuausgabe 2018
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2015
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung: Designbüro Gestaltungssaal
Umschlagmotiv: © shutterstock
E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN (E-Book) 978-3-451-81310-8
ISBN (Buch) 978-3-451-03104-5
Inhaltsverzeichnis
Die Botschaft des Herzens
Das Herz öffnen
Die Achtsamkeit des Herzens
Selbstliebe entwickeln
Lebensfreude einladen
Das lachende Herz
Der Gesang des Herzens
Der Tanz des Lebens
Die Herzen verbinden
Das liebende Herz
Das mitfühlende Herz
Das dankbare Herz
Heilung aus dem Herzen
Das Herz ausschütten
Dem Schmerz im Herzen Raum geben
Vergeben – der Weg der Herzheilung
Das empfindsame Herz schützen
Die Kreativität des Herzens entfalten
Die Selbstheilungskräfte aktivieren
Das Herz heilen
Den Weg des Herzens gehen
Die Pilgerschaft des Herzens
Zur Vision des Herzens finden
Die Stille des Herzens
Den göttlichen Funken im Herzen zünden
Schlussbetrachtung
Literaturtipps und hilfreiche Links
Anmerkungen
… wenn du nicht von den Dingen tief in deinem Herzen schreibst, was ist denn da der Sinn, so viele Worte zu machen.
Meister Ryokan
Dieses Buch ist ein Plädoyer für einen sanften und achtsamen Umgang mit unserem Herzen. Es ist gespeist von der Erfahrung, dass wir einzig auf dem Weg des Herzens das Leben in seiner ganzen Fülle auskosten können. Mit diesem Buch möchte ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, dazu ermutigen, in intensiven Kontakt mit ihrem Herzen zu kommen, Ihrer Intuition zu vertrauen und sich auf die Suche nach den Visionen des eigenen Lebens zu machen.
In vielen Weisheitstraditionen der Welt gilt das Herz als das Zentrum von Liebe, Mitgefühl und Weisheit und damit als das Tor zum wahren Selbst. So erblickte der griechische Philosoph Aristoteles im Herzen den Mittelpunkt des Lebens und den Sitz der menschlichen Seele. Der japanische Zen-Meister Ryokan schrieb: „Wenn du das Geheimnis des Buddhismus wissen möchtest, hier ist es: Alle Dinge sind im Herzen.“ Im Taoismus gilt das Herz von jeher als das emotionale und verstandesmäßige Zentrum des Menschen, und der indische Weise Ramana Maharshi wies auf die zentrale Bedeutung des Herzens mit den eindrücklichen Worten hin: „Das ganze Universum ist im Körper enthalten, der ganze Körper im Herzen. So ist das Herz der Kern des ganzen Universums.“ Die christliche, jüdische und islamische Mystik eint die Überzeugung, dass das Herz der Ort ist, an dem der göttliche Funke des Menschen beheimatet ist und damit der Ort, an dem Gott sich dem Menschen offenbart.
Zahlreiche Redewendungen des täglichen Lebens machen deutlich, dass wir das Herz als unser Gefühlszentrum wahrnehmen: So lässt das Glück unser Herz höher schlagen, das Leid hingegen schneidet uns ins Herz und droht es mitunter zu zerreißen; wichtige Projekte unseres Lebens tun wir aus vollem Herzen und manchmal geben wir gar unser Herzblut dafür; es fällt uns ein Stein vom Herzen, wenn wir jemandem unser Herz ausschütten; und wer unser Herz im Sturm erobert, dem schenken wir es und hoffen darauf, dass er es nicht bricht.
Was wir fühlen und was die Weisheitswege aus Ost und West immer schon wussten, bestätigen uns neue Forschungsergebnisse. Sie zeigen auf, dass das Herz weit mehr ist als die mechanische Pumpe, auf die es seitens der modernen Medizin reduziert wurde. Deren von der Aufklärung des 17. Jahrhunderts geprägte Sichtweise des Körpers als einer Art Maschine wird heute zunehmend von einer ganzheitlichen Betrachtungsweise des Körpers abgelöst. So erforscht die zeitgenössische Mind-Body-Medizin die Verbundenheit von Körper, Geist und Seele und macht diese für die Heilung des ganzen Menschen nutzbar. Neurowissenschaftliche Forschungen belegen, dass das Herz über ein eigenes Nervensystem verfügt, das große Ähnlichkeit mit dem Nervensystem des Gehirns aufweist. Das Herz fühlt also nicht nur, es denkt auch. Seine Zellen besitzen ein eigenes Gedächtnis und sind dazu in der Lage, Informationen zu speichern und auszutauschen. Wenn wir in Kontakt mit unserem Herzen sind, so legen diese Forschungsergebnisse nahe, werden wir Teil eines mächtigen Energiefelds, das nicht nur unser eigenes Leben vertieft, sondern uns zugleich mit den Menschen um uns herum auf unmittelbare Weise verbindet.
Wie aber geht das? Wie können wir unser Herz öffnen, sodass es zu einem kraftvollen Energiezentrum wird, mit dem wir Liebe und Mitgefühl in die Welt einspeisen? Wie können wir, die wir die meiste Zeit unseres Lebens im Kopf leben, im Herzen ankommen und hier die Stimme unserer inneren Weisheit vernehmen? „Wir sehen nur mit dem Herzen gut“, lehrte uns der „Kleine Prinz“ bereits als Kind. Doch wie oft haben wir auf unserem späteren Lebensweg diese einfachen und doch so weisen Worte aus den Augen verloren, haben den Zugang zu unserem Herzen blockiert und sind wider besseres Wissen dem Kalkül der Rationalität gefolgt?
Wie also erlangen wir wieder Zugang zu unserem zentralen und zugleich so empfindsamen Lebenszentrum? Wie können wir unser Herz öffnen, um in seiner Weite und Tiefe das Leben in all seiner Schönheit wahrzunehmen? Was lässt unser Herz höher schlagen, erfüllt es mit Lebensfreude, bringt es gar zum Tanzen oder Singen? Wie können wir täglich gut für uns selbst sorgen und unser Herz mit beglückenden Sinneseindrücken versorgen? Diese Fragen werden uns im ersten Kapitel des Buches beschäftigen.
Das Herz gilt in vielen Kulturen der Welt als der Sitz der Liebe. Zahllose romantische Bilder und Metaphern spiegeln diese Sichtweise wider. Doch wie können wir uns in der Kunst des Liebens schulen? Das Herz sprechen lassen, Herzensgüte entwickeln, sodass die Menschen in unserer Nähe sich wohl und geborgen fühlen? Wie können wir mehr Mitgefühl mit uns selbst und anderen entwickeln, mehr Herzlichkeit und Herzenswärme in die Welt tragen, sodass diese ein besserer Ort wird? Diese Fragen werden im Mittelpunkt des zweiten Kapitels stehen.
Der Weg des Herzens ist immer auch ein Weg der Herzensheilung. Im dritten Kapitel des Buches werden wir daher gezielt darauf blicken, was uns bei der Heilung des Herzens unterstützen kann und wie wir unsere Selbstheilungskräfte aktivieren können. Den Weg mit Herz zu gehen heißt, sich allem, was uns auf dem Lebensweg begegnet, zu stellen. Sich die Dinge tatsächlich zu Herzen zu nehmen. Auch die schmerzhaften und unangenehmen Emotionen anzunehmen, zu spüren und in das eigene Leben zu integrieren. Zweifellos erfordert es Mut, der Stimme des Herzens zu folgen. Doch nur so ist ein erfülltes und intensives Leben zu haben. Oft überhören wir die Botschaft des Herzens zu lange, sodass dieses manchmal gar nicht mehr anders kann als die Notbremse zu ziehen. Ich selbst machte diese Erfahrung vor einem Jahr, als mich ein Herzinfarkt aus „heiterem Himmel“ niederstreckte. Seitdem weiß ich mehr denn je, wie wichtig es ist, achtsam auf das eigene Herz zu hören und einfühlsam mit seinen Bedürfnissen umzugehen. Dieses Buch ist die Antwort auf eine einschneidende Lebenserfahrung, die ich als zutiefst heilsam erfahren habe.
Was braucht mein Herz? Was stärkt es? Was tut ihm gut? Wie kann ich den Weg mit Herz gehen und den Visionen meines Lebens folgen? Mit diesen Fragen im Gepäck machte ich mich auf die wichtigste Entdeckungsreise meines Lebens. Um den Ruf des Herzens vernehmen und diesem folgen zu können, bedarf es Zeiten der Ruhe. Erst wenn es still wird in uns, wenn wir Einkehr halten bei uns selbst, können wir die Stimme des Herzens hören. Um uns auf den natürlichen Rhythmus des Herzens einzustimmen und es in unserer hektischen und schnelllebigen Zeit nicht zu überfordern, werden wir uns daher im letzten Kapitel mit Übungswegen beschäftigen, die in die Stille des eigenen Herzens führen. Die christliche Tradition der Kontemplation und des Herzensgebetes ebenso wie das Zen mit seiner Übung des Shikantaza bieten die Möglichkeit, sich mit anderen Herzen zu verbinden, den göttlichen Funken, der in unseren Herzen beheimatet ist, zu entfachen und damit zum Frieden in der Welt beizutragen. So wird das menschliche Herz zum Ort der Einheits- und Gotteserfahrung.
Meine langjährigen Meditationserfahrungen sowie meine intensive Beschäftigung mit den Weisheitswegen aus Ost und West waren mir beim vorliegenden Buch von großem Nutzen. Auch die vielen Begegnungen mit Weisheitslehrern aus den verschiedensten Traditionen wiesen mir den Weg. Alle in diesem Buch enthaltenen Meditations- und Körperübungen aus der Achtsamkeitspraxis, der christlichen Kontemplation und der buddhistischen Praxis sind von mir auf meinem eigenen Heilungsweg des Herzens erprobt, manche auch von mir entwickelt worden. Sie finden jeweils am Ende eines jeden Kapitels wirksame Übungen, um das Herz in körperlicher, emotionaler und spiritueller Hinsicht zu öffnen und zu stärken. Dieses Buch versteht sich wohlgemerkt nicht als medizinischer Ratgeber. Dafür verfüge ich nicht über die fachliche Kompetenz und Befugnis. Aufgrund meiner intensiven Beschäftigung mit dem Thema der Herzensheilung sind jedoch aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse in das Buch mit eingeflossen. Im angehängten Quellenverzeichnis finden Sie Hinweise auf medizinische Ratgeber, Forschungsberichte und Internetseiten, die Ihnen bei medizinischen Fragen weiterhelfen können.
Und nun, liebe Leserinnen und Leser, bleibt mir nur noch, Ihnen eine gute Reise zum wichtigsten Ort Ihres Lebens zu wünschen: Ihrem Herzen.
Achtsamkeit ist gelebte Liebe.
Jon Kabat-Zinn
Wir leben in einer Welt voller Wunder, Geheimnisse und Schönheit. Doch oft fühlen wir uns von dieser Welt getrennt und sind gar nicht dazu in der Lage, die Fülle des Lebens wahrzunehmen und auszukosten. Hektisch und unachtsam jagen wir durch unseren Alltag, sorgen uns um die Zukunft oder sind in Gedanken in der Vergangenheit und kaum je zu Hause im jetzigen Augenblick, in dem unser Leben stattfindet. Der tägliche Stress und unsere mangelnde Achtsamkeit sind Ursachen dafür, dass wir den Kontakt zu unserem Herzen verlieren. Wir meinen, keine Zeit zu haben, um uns um dessen Bedürfnisse zu kümmern. Und so wird dieser Stress auch zu einer der Hauptursachen für Herzerkrankungen.
Was aber können wir tun, um zu mehr Ruhe und Gelassenheit zu finden? Wie können wir wieder in unmittelbaren Kontakt mit unserem Leben kommen? Als Antwort darauf griff Zen-Meister Ikkyu einst zum Pinsel und schrieb nur drei Worte: „Achtsamkeit, Achtsamkeit, Achtsamkeit.“ In allen Weisheitstraditionen gilt die Achtsamkeit als der Ausgangspunkt für ein erfülltes Leben. Denn sie ist es, die uns genau dorthin führen kann, wo wir leider viel zu selten sind: in unser Leben im Hier und Jetzt. Im Augenblick anzukommen heißt, im eigenen Leben anzukommen, zu sehen, zu hören, zu riechen, zu schmecken und zu fühlen, ganz da zu sein mit allen Sinnen und ganz präsent zu sein mit Körper und Geist. Mittels der Achtsamkeit lernen wir, auf die vielen Dinge in unserem Alltag aufmerksam zu werden, die wir meist als selbstverständlich hinnehmen.
Ein Schüler fragte einmal seinen Meister, warum dieser immer so ruhig und gelassen sein könne. Der Meister antwortete: „Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich.“
Der Schüler fiel dem Meister in Wort und sagte: „Aber das tue ich auch! Was machst du darüber hinaus?“
Der Meister blieb ganz ruhig und wiederholte wie zuvor: „Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich.“
Wieder sagte der Schüler: „Aber das tue ich doch auch!“
„Nein“, sagte der Meister. „Wenn du sitzt, dann stehst du schon. Wenn du stehst, dann gehst du schon. Und wenn du gehst, dann bist du schon am Ziel.“
Die Grundlagen der Achtsamkeit basieren auf 2500 Jahren buddhistischen Geistestrainings. Vormals in der Abgeschiedenheit buddhistischer Klöster praktiziert, hielt die Achtsamkeitspraxis in den vergangenen zwei Jahrzehnten rasanten Einzug in das westliche Gesundheitssystem. Dies ist zu großen Teilen das Verdienst von Dr. Jon Kabat-Zinn, der die Methode der „Stressbewältigung durch Achtsamkeit“ (aus dem Englischen: Mindfulness Based Stress Reduction, kurz: MBSR) in den 1970er-Jahren in einer Klinik in Massachusetts entwickelte. Das Selbsthilfeprogramm, das er in seiner Arbeit mit Schmerzpatienten und Menschen, die an stressbedingten Krankheiten litten, anwendete, basiert auf bewährten Meditationsformen und Körperübungen aus der buddhistischen Tradition sowie der Yoga-Praxis und verbindet diese mit modernen psychologischen und naturwissenschaftlichen Verfahren. Gerade diese Verbindung von jahrtausendealten Weisheitstraditionen mit neuesten medizinischen Erkenntnissen macht die Methode der „Stressbewältigung durch Achtsamkeit“ so effektiv. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegten in den vergangenen Jahren deren stressreduzierendes Potenzial ebenso wie deren gesundheitsfördernde Wirkung u. a. auf Herz-Kreislauferkrankungen und Bluthochdruck. In seinem Buch Gesund durch Meditation. Das große Buch der Selbstheilung schildert Jon Kabat-Zinn die Grundlagen und Methoden des MBSR, dessen maßgeblicher Effekt darin besteht, wieder in direkte Fühlung mit dem Körper, den Gedanken, Gefühlen und Empfindungen zu kommen.
Wie aber gelingt uns dies, wenn wir durch den täglichen Stress und Zeitdruck und länger andauernde Belastungen den Zugang zu unseren inneren Kräften verloren haben? Wie können wir wieder mit den eigenen Ressourcen und dem heilsamen Potenzial, das in uns allen schlummert, in Verbindung kommen?
Hierfür ist es wichtig, die Stressauslöser im eigenen Leben erkennen und deren Alarmsignale wahrnehmen zu können. Oft sind es gar nicht die sogenannten kritischen Lebensereignisse, die den größten Stress in unserem Leben auslösen, sondern vielmehr die alltäglichen, immer wiederkehrenden Probleme, die mit Zeitnot, Termindruck, Hektik, zu hohen Anforderungen oder allgemeiner Reizüberflutung gekoppelt sind. Stress zeigt sich meist zuerst im Körper, etwa in Verspannungen, Bluthochdruck, Herzbeschwerden, chronischen Schmerzen oder einer Schwächung des Immunsystems. Die Übungen der Achtsamkeit ermöglichen uns eine verfeinerte Wahrnehmung unserer Körperreaktionen ebenso wie unserer stressverschärfenden Gedanken und Gefühle. Wenn wir die Stressfaktoren erst einmal erkannt haben, können wir gezielt entspannendes und gesundheitsförderndes Denken und Verhalten einüben.
Viele Achtsamkeitsübungen sind deshalb darauf angelegt, den Körper bewusst zu erleben und wahrzunehmen: durch die Beobachtung der Atembewegungen in der Meditation, durch die gelenkte Körperwahrnehmung im Body-Scan, durch Körperübungen aus dem Yoga und Qi Gong, durch die Alltagspraxis wie achtsames Essen, achtsames Duschen und Gehmeditationen. Die Übungen stärken die Verbundenheit von Körper, Geist und Herz. So finden wir mehr und mehr zu dem, was in der hektischen und reizüberfluteten Welt der Gegenwart so schwer zu erlangen ist und wessen wir zugleich so dringend bedürfen zu innerer Balance, Gelassenheit und Ruhe.
Denn auch wenn wir die Wellen des Lebens, die in Form von Krankheit, Verlust, Stress oder anderen schmerzlichen Erfahrungen auf uns zurollen, nicht aufhalten können, so können wir doch lernen, auf ihnen zu surfen, anstatt kopfüber in ihnen unterzugehen. In dem Achtsamkeitsbuch Die Wellen des Lebens reiten, das ich mit der Begründerin des „Instituts für Achtsamkeit und Stressbewältigung“, Dr. Linda Lehrhaupt, herausgab, haben wir hierfür viele praktische Übungen und Tipps zusammengetragen. Denn es braucht Übung und es braucht Beharrlichkeit. Wer ein guter Surfer werden will, muss aufs Brett steigen und sich den Wellen stellen. Anfangs werden einen die Wellen zwar immer wieder vom Surfbrett fegen, doch wer sich nicht entmutigen lässt, wird schließlich Meister darin, auch hohe Wellen mit Geschick und Gelassenheit zu nehmen. Er wird dabei auch lernen, sich Ruhezeiten am Strand zu gönnen und sich mitunter absichtslos im Wasser treiben zu lassen. Das Gleiche gilt für ein achtsames Leben. Stressforscher weisen darauf hin, dass auf jede Stress- und Anspannungsphase eine Erholungs- und Entspannungsphase folgen muss, damit der Organismus nicht erkrankt. Je länger eine Stressphase dauert, desto länger brauchen wir auch, bis wir uns davon erholen und wieder leistungsfähig und motiviert in die nächste Stressphase gehen können. Der natürliche Rhythmus des Herzens von Anspannung (Systole) und Entspannung (Diastole) erinnert uns daran, auch in unserem Leben einen gesunden Rhythmus von Aktivität und Passivität zu leben. Herzerkrankungen können Ausdruck dafür sein, dass dieses Wechselspiel der Aktivitäts- und Ruhephasen längere Zeit nicht gewährleistet war.
Deshalb gilt es, sich im Alltag immer wieder achtsam dem eigenen Herzen zuzuwenden, denn oft leben wir gleichsam abgekoppelt von seinen Bedürfnissen. Wir reagieren auf das, was auf uns einströmt. Wir funktionieren. Doch wir leben nicht bewusst. Reflektieren Sie beim nächsten Mal, wenn Sie sich gestresst fühlen, welche Wirkung dies auf Ihr Herz hat. Halten Sie für einen Moment inne und befragen Sie Ihr Herz: „Wie geht es dir? Was brauchst du? Was möchtest du mir sagen?“
Die folgende Herzvisualisierung kann Ihnen dabei behilflich sein, in Kontakt mit Ihrem Herzen zu kommen und mehr über seine Befindlichkeit zu erfahren. Schließen Sie hierfür die Augen und visualisieren Sie Ihr Herz. Betrachten Sie es mit Ihrem inneren Auge. Wie sieht es aus? Welche Farbe hat es? Ist es groß oder eher klein? Sieht es lebendig und gesund aus oder zeigt es Zeichen der Schwäche? Pulsiert es kräftig oder pocht es zaghaft? Wie ist seine Oberfläche beschaffen? Hat es Risse, offene Stellen, Wunden? Zeigt es Bruchstellen? Welche Gefühle erweckt es in Ihnen, Ihr Herz zu sehen?
Vielleicht nehmen Sie nach der Übung Buntstifte zur Hand und malen Sie das Herz, wie es sich Ihnen jetzt gezeigt hat. Wiederholen Sie diese Übung in den nächsten Wochen. Sie werden sehen, dass sich Farbe und Form Ihres Herzens verändern werden.
Mit solch einfachen, doch sehr wirksamen Übungen erhalten wir einen unmittelbaren und vibrierenden Draht zu unserem Herzen und machen uns bereit, seine Botschaft zu empfangen. Lassen Sie es nicht zu, dass die Verbindung zu Ihrem Herzen abreißt! Das geschieht in unserem täglichen Trott nur allzu schnell. Und als Folge davon verschließt sich unser Herz.
Indem wir unsere Sinne ganz bewusst mit dem Herzen verbinden, können wir das Leben in bis dahin ungeahnter Intensität erfahren. Wenn wir alle Sinne auf Empfang stellen und das Herz zum Resonanzzentrum unserer Sinneserfahrungen machen, dann lernen wir gleichsam mit dem Herzen zu hören, sehen, riechen, schmecken und zu tasten: den Vogelgesang am Morgen, die ersten Sonnenstrahlen, die heiße Tasse Tee – all dies mit dem Herzen wahrnehmen und tief in dieses einatmen. Die Momente auskosten und sich bewusst die Zeit dafür nehmen. Wenn wir aus dem Herzen leben, sind wir ganz gegenwärtig. Anders als unser ruheloser Geist, der im Gestern und Morgen umherjagt, pocht unser Herz mit jedem Herzschlag im Hier und Jetzt. Es befähigt dazu, sich all den Eindrücken und überraschenden Empfindungen, die das Leben jeden Augenblick bereithält, zu öffnen.
Die Achtsamkeit des Herzens gibt uns zugleich auch den Schlüssel für ein glückliches Leben in die Hand. Denn wer in seinem Leben präsent ist, kann sich in jedem Augenblick neu entscheiden, worauf er seine Aufmerksamkeit richten will. Die Energie folgt unserer Aufmerksamkeit. Und worauf wir fokussieren, das erhält Bedeutung und Stärkung in unserem Leben. Wenn wir also bewusst auf das Positive blicken, können wir Freude an den alltäglichen Dingen des Lebens entwickeln. Schauen Sie sich um! Hören Sie hin! Was können Sie gerade jetzt in Ihrer Umgebung entdecken, das Ihnen ein gutes Gefühl beschert?
Wer Schönes in den einfachen Dingen des Lebens zu finden vermag, wer positive Erlebnisse wahrnehmen und vermehren kann, befindet sich auf einem Glücksweg und ist für die Schwierigkeiten und Herausforderungen des Lebens bestens gewappnet. Und je intensiver wir die Momente des Glücks mit allen Sinnen genießen können, desto nachhaltiger prägen sich diese als Glücksspuren in unser Gehirn und unser Herz ein. Suchen Sie daher bewusst nach Gelegenheiten, angenehme Sinneserfahrungen zu machen. Und nehmen Sie sich ausgiebig Zeit, diese Momente auszukosten und tief in Ihr Herz aufzunehmen. Sie werden erfahren, wie sich in Ihnen zunehmend eine innere Stärke und Belastbarkeit ausbildet, auf die Sie in Stresszeiten und Lebenskrisen gezielt zurückgreifen können.
„Man sieht nur mit dem Herzen gut“, sagte der Kleine Prinz. Wie oft haben wir den Satz schon gelesen und zustimmend genickt? Etwas in uns wird von diesen Worten unmittelbar berührt und angerührt. Doch wie geht das eigentlich, mit dem Herzen sehen? Hat das Herz Augen, mit denen wir die Welt ganz neu wahrnehmen können?
Auf meinen täglichen Spaziergängen habe ich dies erforscht und eine kleine und effektive Achtsamkeitsübung entwickelt. Sie eignet sich anfangs am besten dazu, in der Natur angewendet zu werden: Machen Sie sich auf einen Spaziergang und nehmen Sie sich Zeit, immer wieder innezuhalten. Nehmen Sie dabei Kontakt mit Ihrem Herzen auf. Stellen Sie sich vor, dass Ihr Herz Augen hat und blicken Sie um sich – mit den Augen des Herzens. Nehmen Sie die äußeren Eindrücke ganz tief in sich auf und lassen Sie Ihr Herz ganz von dem erfüllen, was Sie sehen: die Farben, das Licht, den Himmel, die Bäume. Grün ist die Farbe des Herzchakras, es aktiviert die Herzenergie und tut diesem besonders gut. Halten Sie sich daher viel in der Natur auf. Umgeben Sie sich auch zu Hause mit Grünpflanzen. Selbst ein grüner Schal tut Ihrem Herzen wohlig gut.