Der Virus - Michael Baltus - E-Book

Der Virus E-Book

Michael Baltus

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Beschreibung

In einer geheimen Konferenz beschließen einige der mächtigsten Männer und Frauen der Welt wie das weltweite Bevölkerungswachstum gestoppt werden muss. Um die Macht der westlichen Industrienationen weiterhin zu sichern und die Umweltzerstörung in den Griff zu bekommen, beschlossen die Anwesenden einen für die meisten Menschen tödlichen Komplott. In den Labors der führenden Pharmaunternehmen sollen Virologen ein Virus und gleichzeitig ein Gegenmittel herstellen, dass dann heimlich auf die Weltbevölkerung losgelassen werden soll. Nur eine ausgewählte Anzahl von Menschen sollte das Gegenmittel verabreicht bekommen und so die weltweite Bevölkerungszahl wieder in eine Richtung reduziert werden, dass ein wirkliches Leben der Nachhaltigkeit garantiert. Doch eine Handyaufnahme könnte die Öffentlichkeit warnen und das Vorhaben zum Scheitern bringen.

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Alle in dem Roman beschriebenen Personen und Geschehnisse sind frei aus meiner Fantasie erfunden und haben mit der Realität nichts zu tun. Ähnlichkeiten zu wirklichen Personen und Handlungen sind rein zufällig und dürfen nicht als die Wahrheit betrachtet werden.

In einer geheimen Konferenz beschließen einige der mächtigsten Männer und Frauen der Welt wie das weltweite Bevölkerungswachstum gestoppt werden muss. Um die Macht der westlichen Industrienationen weiterhin zu sichern und die Umweltzerstörung in den Griff zu bekommen, beschlossen die Anwesenden einen für die meisten Menschen tödlichen Komplott. In den Labors der führenden Pharmaunternehmen sollen Virologen ein Virus und gleichzeitig ein Gegenmittel herstellen, dass dann heimlich auf die Weltbevölkerung losgelassen werden soll. Nur eine ausgewählte Anzahl von Menschen sollte das Gegenmittel verabreicht bekommen und so die weltweite Bevölkerungszahl wieder in eine Richtung reduziert werden, dass ein wirkliches Leben der Nachhaltigkeit garantiert. Doch eine Handyaufnahme könnte die Öffentlichkeit warnen und das Vorhaben zum Scheitern bringen.

Ein verregneter Herbsttag irgendwo in Brandenburg in Deutschland. Der Himmel mit seinen grau verhangenen Wolken, die so nah an den Baumwipfeln hingen, dass der Betrachter meinen könnte, diese mit ausgestreckten Händen berühren zu können, verschluckte alle anderen Farben der Landschaft. Es regnete schon seit Tagen und der Boden konnte das Ganze auf ihm fallende Wasser nicht mehr absorbieren. Die Temperaturen näherten sich dem Gefrierpunkt und trugen so zu der miesen Wetterstimmung bei. Die sich hinter den Wolken versteckende Sonne war schon längst untergegangen und spendete dem frühen Abend kein Licht mehr. Die Privatstraße, die der schwarze Maybach nahm, war an dieser Stelle durch den parkähnlichen Wald unbeleuchtet und die hellen Scheinwerfer der Edellimousine waren die einzige Lichtquelle, die dem Fahrer den Weg wies. Als sich der dunkle Wald öffnete, sah der Chauffeur das jetzt beleuchtete Herrenhaus einer seit dem Mittelalter ansässigen Grafenfamilie. Einige Minuten später öffnete sich das große eisern vergitterte Eingangstor wie durch Geisterhand, indem sich die beiden Torflügel nach innen zur Seite bewegten. Ohne seine Geschwindigkeit zu reduzieren durchfuhr der Maybach das Eingangstor und dieses schloss sich danach wieder. Der Wagen bremste vor dem Eingangsportal ab und wartete auf den Angestellten, der mit einem Regenschirm bewaffnet den hohen Gast schützend vor dem Regen ins Haus begleiten sollte. Die dunkelschwarz getönten Scheiben schützten die Insassen auch am helllichten Tag vor neugierigen Blicken von außen. Der feine Kies der Einfahrt vor dem Haus knirschte unter den Sohlen des Butlers, als dieser mit dem offenen Regenschirm auf die hintere Tür im Fond des Maybachs zutrat. Kurz bevor der alte Hausbutler des Grafen die zu öffnende Autotür erreichte, wurde die Beifahrertür aufgeschlagen und ein Hüne von zwei Metren Größe und einem Kampfgewicht von 130 Kilogramm schwang sich aus dem Beifahrersitz. Vor Schreck blieb der im schwarzen Dienstanzug gekleidete Butler einen kurzen Moment wie angewurzelt stehen, bevor er die letzten zwei Meter zurücklegte. Vor dem Wagen musste er sich von dem ausgestiegenen Leibwächter nach Waffen oder Ähnlichem durchsuchen lassen, wobei der schwergewichtige Bodyguard nicht zimperlich und mit festen Handgriffen den wehrlosen Angestellten filzte. Erst danach öffnete sich an der gegenüberliegenden Seite die Autotür und ein zweiter Leibwächter mit dem gleichen Gardemaß wie der Erste stieg aus dem Wagen.

Seine rechte Hand hielt eine entsicherte Uzi. Seine Augen umfassten geübt und routinemäßig den ganzen Eingangsbereich. Erst als dieser in sein am Mantelkragen hängenden Mikrophon sprach, öffnete sich die rechte Hintertür und der letzte erwartende Gast stieg aus der Limousine. Während der Gast abgeschirmt von seinen Leibwächtern, in gebückter Haltung unter dem Regenschirm weiter unerkannt im Eingang des Domizils verschwand, fuhr der Fahrer den Maybach auf dem ihm zugewiesenen Platz. Der Chauffeur parkte den Wagen auf dem ersten Parkplatz. So konnte er als erster nach der Konferenz oder bei Not seinen Passagier von dem Anwesen fahren. Hinter ihm warteten rauchend, unter dem Schutze des Vordachs mehrerer Garagen, seine Kollegen, die die anderen parkenden Luxuslimousinen steuerten. Zwölf weitere Luxuskarossen der Marken Mercedes, BMW und Audi warteten darauf wieder über die Straßen rollen zu dürfen. Der Butler zog sich im Inneren des Hauses in der Vorhalle dezent zurück und der Gastgeber begrüßte den Letzten seiner Gäste schweigend mit festem Händedruck und führte ihm wortlos zu der großen Hausbibliothek in der die anderen Gäste schon warteten. Der Gast aus dem Maybach trat in dem großen Saal, in dem ein offener Kamin mit Holzscheite brannte und der Graf schloss von außen die schwere Holztür. Der gastgebende deutsche Adlige durfte nur die Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Bei der geheimen Unterredung durfte er nicht anwesend sein. Die beiden Leibwächter blieben auch außen an der Tür stehen und wachten darüber, dass die im Inneren diskutierenden Männer und Frauen ungestört blieben. Alle in der Bibliothek Anwesenden mussten ihre Handys in einem bereitgestellten Korb legen und dieser wurde dann von einem schon vorher anwesenden Agenten in einem Nebenzimmer gebracht. Dieser Agent überprüfte danach jeden Teilnehmer der Konferenz auf elektronische Geräte. So wurde ausgeschlossen, dass die Gespräche aufgezeichnet wurden. Jedem, der hier im Raum Anwesenden leuchtete ein, dass das hier Gesagte niemals an die Öffentlichkeit gelangen darf. Die meisten der Teilnehmer waren sich persönlich bekannt, trotzdem stellten sich alle noch einmal vor. Nur der Gast aus dem Maybach brauchte nichts zu sagen. Jeder kannte den mächtigsten Mann der Welt.

William Smith, in der Presse und unter vorgehaltener Hand, wird er auch wegen seines jungen Alters von 38 Jahren oft als Billy the Kid beschrieben, besetzte das Amt des amerikanischen Präsidenten. Mit ihm waren weitere hohe Persönlichkeiten an diesem Ort. Der englische Premierminister, der deutsche Bundeskanzler, übrigens ein Freund des gastgebenden Grafen und das französische Staatsoberhaupt waren genauso anwesend, wie die Vorstandvorsitzenden der drei mächtigsten amerikanischen, eines deutschen und französischen Pharmaunternehmen. Dazu gesellte sich der Entwickler und Firmengründer des größten global aufgestellten Softwareunternehmens. Zwei naturwissenschaftliche Professoren starteten dann ihren Vortrag und berichteten von ihren Forschungsergebnissen. Ihre Forschung wurde von allen der im Raum befindlichen Personen finanziell unterstützt. Die beiden Forscher standen unter Aufsicht des amerikanischen Geheimdienstes CIA. Nichts von deren Forschung würde je die Öffentlichkeit erreichen. So wird ihre Arbeit auch nie von dem Nobelkomitee mit dem begehrten Preis ausgezeichnet werden. Die beiden sprachen über die Bevölkerungsentwicklung und dem anstehenden Problem der Ernährung dieser rasant anwachsenden Weltbevölkerung. In den reichen Industrienationen stagniert oder reduziert sich die Bevölkerungsdichte eher, aber in den Ländern der Dritten Welt explodieren die Einwohnerzahlen unkontrolliert an.

Genau in diesen Ländern gibt es aber zu wenig Trinkwasser, noch genügend Nahrungsmittel, um die Bevölkerung zu ernähren. Dazu die fehlende oder unterbezahlte Arbeit in den Ländern mit den höchsten Bevölkerungszahlen. Seit Jahren setzte deswegen eine Bevölkerungswanderung in die reichen westlichen Länder ein.

Ungebildet und ohne Arbeit geht es den Migranten dann in deren asylsuchenden Staaten auch nicht besser und sie verdienen sich ihr Leben meist durch Kriminalität. Die Forscher klärten den zuhörenden Anwesenden in der Bibliothek auf, dass es in einigen Jahren zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommt, wenn sich nicht jetzt etwas ändern wird. Im Jahr 2050 wird es nach heutigen Berechnungen 20 Milliarden Menschen geben und die meisten davon kämpfen ums Überleben. Ohne Arbeit, ohne Wasser und ohne Nahrung werden sie sich in Zukunft ungeachtet der geltenden Gesetze einfach nehmen was sie zum Leben brauchen. Auch die Anbauflächen, um genügend Getreide ernten zu können, fehlen auf dieser Erde. Jetzt schon trägt die Viehzucht den größten Teil zu der weltweiten Umweltzerstörung bei. Das Fazit der Forscher ist eindeutig. Der Anstieg der Weltbevölkerung muss gestoppt und sogar verringert werden. Nur so wird die Natur sich von der Umweltzerstörung erholen und die Industriestaaten ihren Wohlstand erhalten können. Als die beiden Professoren ihren Vortrag beendeten, mussten sie die Bibliothek verlassen. Danach diskutierten die Mächtigen der Welt über das Ergebnis der Forschung. Die Pharmaunternehmen bekamen den Auftrag einen tödlichen Virus und dessen Gegenmittel innerhalb der nächsten zwei Jahre zu erschaffen. Das Budget für die Entwicklung, das Herstellen der Viren und die Gegenimpfung sollten durch die Schwarzkassen der Geheimdienste aller beteiligten Länder finanziert werden. Der amerikanische Präsident nickte das Vorhaben genauso wie die beteiligten Regierungsoberhäupter der anderen Staaten ab. Den Rest erledigten die zusammenarbeitenden Geheimdienste. Ungesehen von nicht am Meeting teilgenommenen Personen verabschiedete William Smith sich von seinen geheimen Partnern und war genauso unsichtbar, wie er zum Anwesen des Grafen kam, auch wieder weg. Der Parkplatz war innerhalb von fünf Minuten leer und der Graf konnte seine Garagen wieder benutzen.

Da der Gastgeber von dem deutschen Kanzler beauftragt wurde sein Haus für das Treffen, ohne sein Beisein zur Verfügung zu stellen und die Techniker den ganzen Tag die Bibliothek nach Wanzen absuchten, wusste der Graf um die Gefährlichkeit dieses Treffens. Mitwisser würden nicht mehr lange unter den Lebenden weilen. Über den Lüftungsschacht der angrenzenden Räume zu der Bibliothek nahm der Graf aus seinem Schlafgemach mit dem Handy die Diskussion der am Meeting teilgenommenen Mächtigen auf.

Diese Aufnahme sollte seine Lebensversicherung sein. Noch am gleichen Abend kopierte der Graf das aufgenommene Gespräch auf einen USB-Stick und deponierte diesen in seinem versteckten Safe hinter dem eigentlichen Geldschrank. Dazu sendete er die Aufnahme zur Sicherheit noch an eines seiner Prepaidhandys. Dieses Handy besaß seine in Paris an der Universität Sorbonne studierende Tochter Anne.

Das Tötungskommando kam in der Nacht. Schwarz gekleidet und mit Tarnfarbe in den Gesichtern, bewegten sich die Profikiller fast unsichtbar durch das Anwesen des Grafen. Die Alarmanlage war für die Experten des Einbruchs kein Problem und auch die schwere Eingangspforte des Herrenhauses hielt die Handvoll Agenten nicht auf. Ohne ein Geräusch zu hinterlassen standen sie vor dem Bett des Grafen. Noch bevor der Adlige sich bewusst wurde was geschah, lag er geknebelt und gefesselt auf seinem Himmelbett. Mit stark amerikanisch versetztem Akzent befragte einer der Einbrecher den Grafen nach dem Meeting am Abend. Zuerst schüttelte der überwältigte Hausherr nur den Kopf. Doch sein Gegenüber machte ihm schnell klar, dass das Verleugnen der Wahrheit keinen Sinn machen würde. Ohne Vorwarnung brach er ihm den kleinen Finger.

Der Schmerzensschrei des Grafen erstickte im Knebel und mehr als ein Grunzen war von niemanden im Raume zu hören gewesen. Der Graf sollte einfach nur mit dem Kopf nicken oder schütteln und so die Fragen des Mannes in Schwarz beantworten. Jetzt nickte der Graf und die Befragung wurde erneut gestartet. Auf die Frage wer die anwesenden Gäste waren antwortete der Gefesselte zuerst nicht. Ohne mit der Miene zu zucken brach der Fragende dem Grafen alle weiteren drei Finger und den Daumen der rechten Hand.

Der Graf konnte vor Schmerzen und durch den Knebel gehandicapt kaum noch atmen. Die Schmerzen waren unerträglich, sollten aber erst der Anfang in dieser Nacht sein. Bei der Frage nach dem amerikanischen Präsidenten schüttelte der Graf wieder den Kopf und dieses Mal war der Befrager nicht mehr so gütig wie bei den anderen Fragen. Des Grafen Butler stand plötzlich vor dem Bett des Grafen. Sein Dienstherr sah ihm ängstlich in die Augen und erkannte, dass sein loyaler Angestellter die gleiche Tortour hinter sich hatte, die ihm noch bevorstand. Schwer von der Misshandlung gekennzeichnet konnte der Butler nicht mehr allein stehen und wurde von zwei in schwarz gekleideten Männern gestützt. Der Mann mit dem amerikanischen Akzent fragte den Grafen erneut und wartete die Reaktion seines Opfers ab. Als der Graf wieder nur mit dem Kopf schüttelte, stach dem Butler einer der anderen Männer ein Messer in die Brust und die anderen beiden warfen den sterbenden Butler auf den im Bett liegenden Grafen. Der Butler an den Händen hinter dem Rücken gefesselt zuckte auf dem Körper des Grafen hin und her und kämpfte hoffnungslos gegen den Tod an. Der Graf wollte seinen Angestellten von sich rollen, doch all seine beschränkten Bemühungen schafften es nicht, sich von dem mit dem Tod Kämpfenden zu befreien. Als der Butler des Hauses sich nicht mehr bewegte rollten die Einbrecher ihn vom Bett und ließen ihn auf den Fußboden fallen. Der Graf nun vom Blut seines Angestellten besudelt, wusste in diesem Moment, dass er die Nacht nicht mehr überleben wird. Er verfluchte seinen Freund den Bundeskanzler, ihn in die Situation des Gastgebers gedrängt zu haben. Bei der erneuten Frage nach William Smith schüttelte der Graf erneut den Kopf und wurde prompt bestraft. Mit dem Messer, das vorher die Brust des Butlers durchstoßen hat, schnitt der Mann dem Grafen die Pyjamahose vom Leib. Alles Zucken und Wenden nutzte dem Grafen nichts, seine Peiniger kannten ihr Geschäft und ließen keine Gnade walten. Sie schnitten ihrem Opfer die Hoden ab.

Jetzt wusste der Graf was Schmerzen sind. Kein Vergleich zu den gebrochenen Fingern seiner rechten Hand. Er spürte wie das Blut aus ihm herauslief und an seinem Unterleib erkaltete. Der Graf war gebrochen und nickte nun bei jeder Frage, die ihm gestellt wurde.

Auch die Safe Kombination teilte er ihnen mühsam mit. Nach dem stundenlangen Verhör waren die Auftragskiller zufrieden und beendeten ihren Besuch bei dem Grafen noch bevor der Tag anbrach. Von dem Safe hinter dem Tresor wussten die Einbrecher allerdings nichts.

Das Wetter in Paris war furchtbar. Ein Tiefdruckgebiet setzte sich seit Tagen in der Mitte Frankreichs fest und brachte dem Land den Regen, der im letzten trockenen Sommer von den Landwirten so vermisst wurde. Die Sonne verlor den Kampf gegen die grauen Regenwolken und die braungefärbten Blätter verloren ihren Halt an den Zweigen der Bäume. Der Wind vom Atlantik kommend fegte durch die Straßen und peitschte die Regentropfen in die Gesichter der Fußgänger. An diesem Morgen in der Früh war Anne mit einem gelbleuchtenden Regenmantel über ihrem roten Kleid und gelben Gummistiefeln über ihre dicke gegen die Kälte schützende Strumpfhose bekleidet unterwegs. In ihrer Tasche hatte sie neben den Schreibutensilien noch ihre weinroten Doc Martens Stiefel dabei. Der Weg zur Sorbonne an der sie Medizin studierte war nicht mehr weit. Ihre aus der Kapuze herauslugenden blonden Haarsträhnen klebten nass an ihrer Stirn. Anne war müde, denn am Vortag arbeitete sie in der Rue du Cherche Midi in dem bekannten Swingerclub Olympique als Bardame. Eigentlich reichte der monatliche finanzielle Zuschuss ihres Vaters für das Studium aus, doch den Job im Olympique verrichtete sie aus Überzeugung an der Sache. Normalerweise arbeitete sie dort nur an den Abenden der Wochenenden, doch gestern ist sie für eine erkrankte Bekannte eingesprungen. Müde und in Eile, dazu ohne gefrühstückt zu haben, bereute sie nun ihren dreimal summenden Wecker ausgedrückt zu haben. Anne stand dann verschlafen auf den letzten Drücker auf und hatte keine Zeit mehr für einen Kaffee. So schaute sie auch nicht nach den Nachrichten ihres Handys vom Vortag. Der Vorlesesaal war nur halb gefüllt und Anne legte ihren nassen Regenmantel und die Gummistiefel auf dem leeren Sitz neben ihr.

Die Anhörung war lang und öde und Anne fielen mehrmals die Augen zu. In solch einer Schlafphase bemerkte sie nicht den Fremden, der hinter ihr verspätet mitten in der Vorlesung Platz nahm. Der Mann hinter ihr war eigentlich schon zu alt, um ein Student im neunten Semester des Medizinstudiums zu sein, aber heute studieren ja noch Rentner, um sich selbst und allen anderen etwas beweisen zu müssen. So nickte Anne öfters ein und der Herr hinter ihr nutzte die Gelegenheit und durchsuchte ihre Tasche. In der Seitentasche des Regenmantels fand er dann was er suchte und war genauso schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war.

Anne bekam davon nichts mit. Erst nach der Vorlesestunde in der Aula beim Essen eines Baguettes wollte sie nach ihren Nachrichten auf dem Handy sehen. Aber egal wo sie in ihren Sachen suchte, sie fand das Telefon nicht. Obwohl sie sicher war, ihr Handy eingesteckt zu haben, hoffte sie doch, dass es vergessen in ihrer kleinen Wohnung auf sie warten würde. Auf dem Rückweg zu ihrem Appartement lief sie an einem der vielen Zeitungsstände vorbei und ihr Blick fiel auf das größtes Boulevardblatt Deutschlands. In der Gazette war die Hauptschlagzeile der Tod des Grafen. Mit zitternden Händen bezahlte sie den Euro an den Zeitungsverkäufer und nahm die oberste Zeitung vom Stapel. Der Reporter berichtet davon, dass der Graf mit einer angezündeten Zigarre in seinem Bett eingeschlafen war und sein Schlafzimmer so Feuer fing. Bei dem Versuch seinen Dienstherren zu retten, verstarb auch der im Haus lebende Butler. Das Anwesen sei nun unbewohnbar zerstört und müsste abgerissen werden. Anne traute ihren Augen nicht und wollte das Gelesene nicht glauben. Sie musste an ihr Handy kommen und ihren Vater anrufen. Mit schnellem Schritt, dem einsetzenden Regen ignorierend stand sie völlig durchnässt einige Minuten später vor dem vierstöckigen Haus, in dem sie in der obersten Etage ein gemietetes Appartement besaß. Um schnell in ihre Wohnung zu kommen beachtete sie den alten vergitterten Käfig, der als Aufzug diente nicht und rannte zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinauf. Völlig aus der Puste und heftig nach Luft atmend stand sie vor ihrer Haustür und glaubte nicht was sie sah. Ihre Wohnungstür stand einen Spalt auf offen. Vorsichtig öffnete sie die Tür ganz und erkannte sofort die Unordnung in ihren Räumen. Die beiden Zimmer wurden hektisch von irgendwelchen ungebetenen Gästen durchwühlt und alles auf den Fußboden geworfen. Viel Zerbrechliches ging dabei zu Bruch. Sogar ihre Unterwäsche und Dessous lagen zerwühlt auf der Erde. Eine Etage tiefer konnte sie den Nachbarn dazu bewegen die Gendarmarie zu verständigen und eine halbe Stunde später hörte sie die Sirene eines Polizeiautos vor ihrer Haustür. Einer der beiden Kriminalbeamten stellte sich als Louis Bernard vor und schaute durch die offenstehende Wohnungstür. Der Commandant de Police schaute Anne mit seinen hellblauen Augen über den Rand seiner Sonnenbrille an. Er fragte sie, ob sie irgendetwas vermissen würde.

Doch Anne viel zu aufgeregt fiel nichts ein, denn sie hatte noch gar nicht daran gedacht nach vermissten Dingen zu suchen. Sie besaß nicht wirklich etwas von finanziellem Wert und verstand deshalb auch die Unordnung der Einbrecher nicht. Der Partner des Kommandanten machte mit dem Fotoapparat seine Beweisfotos und verabschiedete sich nach zehn Minuten wieder. Lois Bernard gab Anne seine Dienstkarte, schrieb seine private Mobilenummer auf die Rückseite und verabredete sich mit ihr für morgen früh in der Polizeidienstelle des Distriktes. In der Zwischenzeit wechselte der herbeigerufene Schlüsseldienst das aufgebrochene gegen ein neues Türschloss aus. Erst jetzt durchsuchte Anne ihre Wohnung und räumte das Durcheinander wieder auf. Sie hob ihre Dessous vom Boden auf und fragte sich, ob der gutaussehende Kommandant ihre Berufskleidung dort liegen gesehen hat. Sie hob den ledernen schwarzen BH in die Höhe und musste trotz allem lächeln. Plötzlich fiel ihr das vergessene Handy wieder ein und sie begann danach zu suchen. Egal wo sie nach dem mobilen Telefon sah, sie fand es nicht. Noch einmal bewegte sie sich eine Etage tiefer und klopfte bei ihrem Nachbarn an der Tür. Es dauerte eine Weile und gerade als sie sich umdrehte und wieder gehen wollte öffnete sich die Tür.

Zu ihrer Überraschung stand nicht ihr Nachbar, sondern eine nackte, fast schwarze Frau afrikanischer Herkunft dort. Ihre Brüste waren klein und die Brustwarzen schwarz wie die mondlose Nacht. Mit einem Lächeln zeigte sie Anne ihre ebenmäßigen weißen Zahnreihen und bat sie einzutreten. Die unbekannte Dame drehte sich um und ging den langen Korridor entlang. Anne sah auf ihr Hinterteil und folgte der Frau. Im letzten Zimmer des Flures saß ihr Nachbar in dem abgedunkelten Raum auf einer Couch. Anne roch den Geruch des Marihuanas sofort und fragte den dort nackt sitzenden Nachbarn nach seinem Telefon. Anscheinend hatte sie gerade eine erotische Party der beiden gestört. Die Frau zog an der Wasserpfeife und drückte kurz danach Anne das Telefon in die Hand. Anne bedankte sich und tippte die Nummer ihres Vaters ein. Dabei stand sie an der Wand gegenüber dem Sofa und bemerkte, dass die beiden ihre Party ungestört weiter feierten. Sie ließen sich von Anne nicht im Geringsten stören. Anne wartete eine Ewigkeit das am anderen Ende ihr Vater oder der Butler den Hörer abnahmen, doch es geschah nichts. Währenddessen beobachtete sie, wie sich die schwarze Frau rücklings auf den Schoß ihres Nachbarn setzte und Anne provozierend anschaute. Mit langsamen Bewegungen ihres Beckens eröffnete sie den Liebesakt. Anne hielt noch immer den Hörer an ihrem Ohr, ohne das auf der anderen Seite der Leitung ein Gespräch zustande kam. Sie starrte zudem die Frau auf den Schoß ihres Nachbarn an. Nun bewegte sie sich etwas schneller und ihre keinen Brüste schwangen im Rhythmus mit. Die Brustwarzen der Liebesdame wurden hart und lang und sie schien Gefallen daran zu haben, Anne zuschauen zu lassen. Ihr Nachbar zog weiter wie unbeteiligt an seiner Wasserpfeife und genoss den inhalierten Rauch. Genau in dem Moment als Anne aus ihrer Starre erwachte und das Telefon beiseitelegte, erhob sich die schwarze Frau und ging auf Anne zu. Direkt vor ihr blieb sie stehen und hielt ihr einen Joint vor dem Mund. Anne schon ein wenig benebelt von dem Rauch im Zimmer zog einmal kräftig an diesem und merkte sofort die Wirkung des Marihuanas. Noch einmal zog sie an den Joint und vor ihren Augen wurde alles schwammig. Ein Gefühl der Erleichterung stellte sich nach dem Schrecken des Tages ein und Anne inhalierte zum dritten Male an dem Glimmstängel. Jetzt erst bemerkte sie, dass die Frau dicht vor ihr, an ihren Brüsten spielte.

Sie fühlte sich frei vom Stress des Tages und ließ es geschehen. Nach dem letzten Zug von dem Joint spürte sie den Mund der Frau auf ihrer linken Brustwarze. Das Zungenspiel der Unbekannten erregte Anne und ihre Brustwarzen richteten sich auf. Bevor Anne überhaupt klar wurde was hier geschah, stand sie nackt an der Wand gelehnt und genoss die Küsse der schwarzen Frau. Ihr Nachbar schaute gegenübersitzend mit glasigen Augen zu und zog ab und zu an seiner Wasserpfeife. Jetzt kniete die schwarze Schönheit vor ihr und leckte über den Schlitz zwischen ihren Beinen. Vor Geilheit und berauscht durch den Joint, spreizte Anne ihre Beine etwas weiter und öffnete so den Weg zu ihrer Vagina. Mit der Zunge brachte ihre Gespielin sie schnell zum Höhepunkt und bot ihr danach einen weiteren Joint zum Rauchen an. Noch in völliger Erregung und zugedröhnt wechselte der Joint abwechselnd die Münder der beiden Frauen.

Am nächsten Morgen erwachte Anne mit starken Kopfschmerzen. Mit Übelkeit blickte sie in den Spiegel über ihrem Waschbecken und fragte sich, wer ihr dort gegenüberstand. Sie schlich in die kleine Küche und warf die Kaffeemaschine an. Während das heiße Wasser durch den Kaffeepulver lief und die Aromen der zermahlenen Kaffeebohnen extrahierte, bereitete Anne sich ein zwei Tage altes, schon hart gewordenes Baguette zu. Die zweite Tasse Kaffee vertrieb die Müdigkeit und das harte Käsebaguette den Hunger. Die Kopfschmerzen aber blieben. Jetzt musste nur noch die Kriegsbemalung aufgetragen werden und Anne konnte sich wieder unter das Volk begeben. Kurze Zeit später stand sie am Place du Marche Saint Honore vor dem Commissariat de Police und überlegte kurz was ihr alles gestohlen wurde. Egal was die Fremden noch mitnahmen, Anne fiel nur ihr fehlendes Handy ein. Louis Bernard sah seine Verabredung durch die Glastür auf sein Büro zukommen und stand aus seinem Schreibtischstuhl auf und öffnete Anne die Tür. Er zeigte auf den Stuhl vor dem alten Mahagonischreibtisch und wartete bis die hübsche Blondine sich setzte. Er bot ihr einen Kaffee und frische Croissants an und Anne nahm dankbar an. Louis Bernard tippte bei all seinen Fragen in der vor ihn liegende Tastatur und einige Minuten später lag frisch ausgedruckt die Anzeige auf Papier geschrieben vor Anne. Mit dem von Louis Bernard übereichten Kugelschreiber setzte Anne ihren Namen unter dem Geschriebenen.

Der offizielle Teil wäre damit erledigt, doch die Neugier des Kommandanten war damit noch nicht befriedigt. Sein sechster Sinn sagte ihm, dass irgendetwas an der ganzen Geschichte faul war.

Anne erklärte ihm nach ihrer Unterschrift, dass sie es eilig hätte und zum Pariser Hauptbahnhof Gare de`l Est müsste. Um viertel vor Elf fuhr dort der ICE mit einer Fahrtzeit von fast neun Stunden und zweimaligen Umsteigen nach Berlin. Sie klärte Louis Bernard auf, warum sie die lange Strecke nach Berlin so eilig zurücklegen wollte und im Kopf des Kommandanten gingen alle Lichter an. Erst heute Morgen berichteten mehrere Pariser Tageszeitungen von dem ungewöhnlichen Tod des Grafen in Brandenburg. Le Figaro berichtete sogar über die französischen Wurzeln der adligen Familie des Grafen und machte die Story so für die Leser in Paris noch spannender. Louis bot Anne das Du und eine schnelle Fahrt im Polizeidienstwagen zum Gare de`l Est an. Keine zwei Minuten später, rasten die beiden unter Blaulicht und Sirenengeheul in Richtung Bahnhof. Louis nahm Anne während der Fahrt noch das Versprechen ab, sich nach ihrer Wiederkehr in Paris sofort bei ihm zu melden. Mit einem typisch französischen Kuss auf die Wange verabschiedeten sich die beiden und Anne spurtete zum Ticketschalter, um die Fahrkarte zu lösen. 44,50 Euro musste sie bezahlen und kam sekundengenau am Bahnsteig an. Der Schaffner ließ sie noch einsteigen und schloss danach die Türen. Der ICE lief an und rollte langsam aus dem Schienengewirr des Bahnhofes heraus. Bei dreihundert Stundenkilometern döste Anne in ihrem Sitz vor sich hin.

Der Boulevard Haussmann in Paris verläuft durch das achte und neunte Arrondissement. Mit seinem zweieinhalb Kilometern Länge und seinen Baumbestand ist die Straße eine der Schönsten von Paris. Dort auf dem Schreibtisch des Stationschefs der CIA in Frankreich, lag das veraltete Handy von Anne. Der Chief sah seinen Agenten, der in dem Vorlesesaal das Mobiltelefon besorgte, an und fragte nach dem Kennwort. Techniker hatten dieses in Sekunden durch eine neue Entschlüsselungssoftware geknackt und dem Agenten zukommen lassen. Jetzt durchsuchten die beiden Geheimdienstler den Inhalt des gestohlenen Handys. Sie stießen sofort auf die gesuchte Nachricht des Grafen und hörten seine Sprachnachricht und die dazugehörende Aufnahme ab. Kopierten diese und archivierten das Ganze in ihren Computerakten. Bei der Durchsuchung schauten die beiden sich auch die Selfies und geschossenen Fotos der Besitzerin an und fanden private nicht jugendfreie Bilder der jungen Dame aus der Pariser Swinger Szene. In laissez-fairen Stellungen rekelte die Tochter des Grafen sich vor dem Fotografen und schien dabei in erotischer Ektase. Mit ihrem Auftrag hatten die Bilder zwar nichts zu tun, Fotokopien ließen die beiden trotzdem von den Fotos machen. Das Handy fand danach den geheimen Postweg nach Langley ins CIA-Hauptquartier, dass von allen nur die Farm genannt wurde. Dort in Virginia würde das mobile Telefon noch einmal untersucht und es dann archiviert. Die beiden Pariser Agenten erkannten sofort, dass die Nachricht des Grafen noch nicht abgehört wurde und wiesen in ihrem Bericht darauf hin. John Carter saß seinem Chief gegenüber und wartete auf weiter Instruktionen, die den Fall betrafen. Er sah seinem Boss an das dieser überlegte. Nach zwei Minuten der Stille bekam John die Order, das Subjekt erst einmal weiter aus dem Hintergrund zu beobachten und nur bei Gefahr des Falles wegen einzuschreiten.

Für John Carter war der Befehl eindeutig. Die besagte Person beobachten und bei der Annahme, sie wüsste über das geheime Treffen Bescheid, zu eliminieren. Er verabschiedete sich und verließ das Büro seines Vorgesetzten. Am eigenen Schreibtisch angekommen, gab er sein Passwort in den vorhandenen Computer und rief alle Daten von Anne auf. Wie nicht anders vorausgesehen, winkte als erstes die Anzeige aus dem Polizeirevier vom Bildschirm des I-Mac`s. Louis Bernard war der aufnehmende Kommandant der Anzeige. John Carter gab nun diesen Namen in das Suchsystem ein und die Software öffnete im Bruchteil einer Sekunde eine neue Datei. Louis Bernard, 29 Jahre alt, eigentlich zu jung, um den Posten des Commandant de Police zu besetzen, dachte der Agent und las weiter. Wohnhaft in Paris, das Elternhaus, die Schulen und die Ausbildung bei der französischen Polizei. Nichts Außergewöhnliches bisher. John sah sich weiter um und fand folgende Presseberichte die von einem Helden, der bei einer islamistischen Geiselnahme, sein Leben riskierte und 27 Menschen aus der Geiselhaft von vier Geiselnehmern des islamischen Staates befreite. Die Überschrift im El Figaro lautete: Pariser Held rettete 27 jüdische Franzosen aus Geiselhaft. Louis Bernard war zufällig zur Aufklärung eines anderen Falles in der Rue-Notre-Dame-de-Nazareth-Synagoge, als ein Trupp bewaffneter Geiselnehmer alle Anwesenden unter vorgehaltenen Maschinenpistolen in einer Ecke drängten und sich in dem Glaubenshaus verbarrikadierten. Louis Bernard wartete unter den anderen Geiseln den richtigen Moment ab und sah seine Chance gekommen, als alle vier arabischsprechenden Geiselnehmer sich zusammenstellten und das weitere Vorgehen berieten. Genau in diesen Augenblick achteten die Vier nicht auf ihre Gefangenen und der Adjoint de securite zögerte nicht lang. Vier Schuss aus seiner Dienstwaffe und die Geiselnehmer lagen alle unbeweglich auf dem Boden. Drei der Isis-Kämpfer waren sofort tot und der Letzte starb auf dem Weg ins Krankenhaus Notre-Dame-de-Grace-Gosselies.

Danach ging es für den jungen Polizisten schnell die Karriereleiter nach oben. Er schüttelte genügend prominente Hände und war der Held der französischen Bevölkerung. Jeder wollte mit ihm gesehen werden und so gab es Medienfotos mit ihm und allen führenden französischen Politikern oder sonstigen Prominenten. John Carter studierte die Akte weiter und beschloss danach ein Auge auf Louis Bernard zu werfen. Er fragte sich nur, warum übernimmt ein Commandant de Polis einen einfachen Einbruch bei einer Studentin. Diese Antwort gab ihm der Computer seiner Firma nicht.

Gegen 19:28 Uhr erreichte der ICE den Hauptbahnhof von Berlin. Anne suchte das erste Mietwagenunternehmen auf und mietete einen Dreier der Marke BMW. Sorgenfrei und ohne eine schlechte Ahnung zu haben, benutzte sie ihre Kreditkarte für Notfälle und bezahlte das Auto. Eine Stunde später war sie auf der Bundesstraße 96 in nördlicher Richtung unterwegs. Das Haus ihres Vaters lag am großen Stechlinsee und dort wollte sie hin. Doch die abendliche Dunkelheit brachte sie zum Umdenken und Anne nahm sich in der Ortschaft Ravensbrück ein Zimmer. An der Rezeption trug sie sich in die Gästeliste ein und bezahlte wieder mit der Kreditkarte. Als die Rezeptionistin ihren Namen auf der Anmeldung las, wurde ihr bewusst, wen sie vor sich hatte und sprach Anne ihr Beileid aus.

Nun war es die Tochter des Grafen, die plötzlich blass wurde und ihr die Beine den Dienst verzagten. Bisher hatte Anne immer an ein Missverständnis geglaubt und niemals daran gedacht, dass ihr Vater wirklich gestorben war. Mit der Beileidsbekundung wurde ihr bewusst, dass sie nun eine Vollwaise war, denn Annes Mutter starb bei ihrer Geburt. Ihr Vater heiratete aus Liebe zu ihrer Mutter nie mehr und nun war sie die einzig Überlebende aus dem Geschlecht des Grafen. Anne bezog nach kurzer Erholung auf einem Stuhl vor der Rezeption ihr Zimmer, bestellte sich eine Lieferpizza und duschte sich den Stress des Tages von ihrem Körper. Der Tag war wieder einmal lang und die Nacht würde zu kurz mit zu wenig Schlaf werden, waren ihre letzten Gedanken, bevor sie sich in einem wirren Traum wiederfand. Der Wecker rettete Anne aus dem Albtraum und nassgeschwitzt suchte sie die Nasszelle des Badezimmers erneut auf. Das Frühstück nahm sie im Erdgeschoss der kleinen Pension ein und danach fuhr sie zum Haus ihrer Kindheit. Eine Reihe von Autos versperrten ihr den Toreingang. So musste sie sich den Weg zum Eingangstor des Anwesens durch eine Schar von Leuten und dessen Autos freikämpfen. Die Presseleute schimpften wegen ihrem Gedränge und böse Blicke wechselten den Besitzer. Erst als Anne den Türcode verdeckt in die Tastatur eingab und sich die Nebentür öffnete, errieten die Berichterstatter wer ihnen da wohl gerade durch die Fänge ging. Anne nahm die letzten Meter zu Fuß in Kauf und stampfte über den Kies zum Eingang des Herrenhauses. Martha, die Köchin und Putzfrau des Grafen öffnete ihr schon vorher die Tür und umarmte die Tochter des Grafen mit weinenden Augen. Beide Frauen, die vollschlanke und ältere Martha und die junge sportliche Anne weinten nun um die Wette und gaben sich gegenseitig Trost. Von außen sah es gar nicht so schlimm aus, doch von innen hat das Feuer das Holzkonstrukt des Hauses schwer beschädigt. Die hinteren Räumlichkeiten waren unbewohnbar zerstört. Die obere Etage durfte nicht mehr benutzt werden und so blieb nur der rechte Anbau mit der Küche und den Zimmern des Butlers und von Martha übrig. Martha hatte Glück gehabt, denn sie wurde des Treffens wegen von dem Grafen für den Tag in den Urlaub geschickt. Er spendierte ihr einen Tag in Berlin mit der dazugehörigen Nacht im Kempinski Hotel auf dem Kudamm.

Dieser Tag in Berlin rettete ihr das Leben. Martha gab sich daraufhin wieder ihrer Arbeit hin und räumte das übriggebliebene Haus auf. Anne trat in die Bibliothek und musste mit schweren Herzen ansehen, wie jahrhundertalte Bücher und Meisterwerke vernichtet worden waren. Dieser Verlust ließ sich finanziell gar nicht bezahlen, waren ihre Gedanken als sie an den in der Schrankwand versteckten Tresor dachte. Nur ihr Vater und sie kannten die Kombination. Es war ihr Geburtsdatum Minus der Geburtsdaten ihrer Mutter plus die des Grafen. Die schwere Tresortür öffnete sich und alles lag fein säuberlich sortiert dort, als hätte es nie den Feuerunfall gegeben.

Anne schloss die Tür des Panzerschranks und ging zu Martha. Auf ihre Frage nach einem funktionierenden Telefon zeigte die Dienstfrau in die Küche. In dem Anbau wurden die Strom- und Wasseranschlüsse separat nachträglich verlegt und so auch ein eigener Telefonanschluss, der den Brand heil überstand. Aus ihrem Portomaine zog sie die Visitenkarte des Familienanwaltes und klärte der abnehmenden Anwaltsgehilfin auf mit wem sie spräche. Nach einer halben Minute meldete sich Dr. Udo Schmitt an der anderen Seite der Leitung, begrüßte Anne, sprach ihr sein Beileid aus und versicherte ihr in einer Stunde bei ihr zu sein. Anne legte auf und aus der einen Stunde wurden drei Stunden als der Rechtsanwalt hupend vor dem eisernen Tor stand. Er nahm sich einfach das Recht heraus, sich mit seinem Jaguar F-Type den Weg durch die wartenden Reporter zu fahren. Er warnte jeden, der vor dem Tor Herumlungernden mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch, sollte auch nur einer beim Öffnen des Tores das Anwesen betreten.

Kurz danach öffnete Martha das Tor und verschloss es wieder als der Jaguar es passiert hatte. Anne saß in der halb abgebrannten Bibliothek als der Anwalt und Freund der Familie eintrat. Seit Generationen vertraten die Juristen der Familie Schmitt die Familie des Grafen. Noch einmal gab es Beileidsbekundungen und dann sprach der Anwalt über das Geschäftliche. Anne betraute den Freund der Familie mit den Aufträgen sich um die Versicherungsdinge zu kümmern und ein Beerdigungsinstitut zu beauftragen, dass die Beisetzung organisiert. Auch des Butlers Beerdigung sollte Udo Schmitt organisieren. In geschäftlichen Dingen hat der Graf schon vorgesorgt und seiner Tochter über all seine Bankkonten eine Vollmacht zu seinen Lebzeiten ausgestellt.

Martha klopfte an der noch funktionierenden Bibliothekstür an und kündigte einen gewissen Kommissar Vollmer vom LKA an.

Zwei Minuten später stand der Landeskriminalbeamte in der Eingangstür des Hauses und wartete auf Anne. Für seine Untersuchungen benötigt er noch einige Antworten, die wohl nur die Tochter des Grafen beantworten konnte. Anne, Udo Schmitt und Kommissar Vollmer saßen gemeinsam in der Küche am Tisch und der Polizist erklärte Anne die vermeintliche Ursache des Brandes. An der Stelle seiner Erklärung, dass der Graf mit einer Zigarre im Bett eingeschlafen sein soll und dies nach der Meinung des Brandspezialisten der Auslöser des Hausbrandes war, legte Anne heftigen Protest ein. Ihr Vater rauchte nicht. Er war absoluter Gegner der krebsverursachenden Tabakindustrie. Für Anne war diese Aussage des Kriminalbeamten absoluter Unsinn. Der Grund des Brandes musste ein anderer gewesen sein. Da der Ermittler schon in den Fünfzigern war und sehr viele Berufsjahrzehnte Erfahrung in Untersuchungen und Aufklärungen von polizeilichen Ermittlungen hatte, hörte er Anne genaustens zu. Der Kugelschreiber, den er führte, schrieb alles in seinem Notizblock mit. Nach der Befragung von Anne, entschied Vollmer noch einmal die Spurensicherung ihre Arbeit aufnehmen zu lassen. Dazu sei es aber unbedingt nötig das Herrenhaus so zu belassen, wie es war und nicht weiter aufzuräumen und Ordnung zu schaffen. Vollmer rief über sein Handy die Thanatologie an und ließ sich mit dem zuständigen Forensiker verbinden. Der Kommissar beauftragte den Gerichtsmediziner die Leiche das Grafen noch nicht zur Bestattung freizugeben. Vollmer verabschiedete sich von des Grafen Tochter und drückte ihr seine Visitenkarte in die Hand. Als er das große Tor durchfuhr, sah er, dass nur noch ein Reporter dort auf eine große Story hoffte. Diesen dort im Gras gegenübersitzenden Kerl kannte er sogar. Martin Kerber, freiberuflicher Reporter, verkauft seine Geschichten meist an irgendwelche Revolverblätter oder der Boulevard Zeitung Blitz. Unangenehmer Zeitgenosse, den man schlecht los wurde, dachte der Polizist noch beim Vorbeifahren.

Martin Kerber sah den Berliner Kommissar Vollmer an ihm in seinem alten Opel Omega vorbeifahren und dachte noch, ein neueres Auto würde dem schweigsamen Polizisten besser zu Gesicht stehen. Alle anderen seiner Reporterkollegen oder besser die Konkurrenz haben die Zelte hier wegen Erfolglosigkeit abgebrochen, doch Martin Kerber hatte so ein Gespür und haderte noch eine Weile vor dem Tor aus. Als auch er schon an die Aufgabe dieser angeblichen Story dachte, fuhr die Spurensicherung an ihm vorbei und hielt vor der Einfahrt zum Anwesen. Als das Tor sich öffnete und der graue Van hindurchfuhr, quetschte der Reporter sich durch das schließende Tor. In einem Gebüsch, etwa fünfzig Meter vor der Haustür, sah er, wie sich die Tochter des Grafen von ihrem Anwalt verabschiedete. Er dachte kurz an dessen Drohung, sollte irgendjemand unbefugt das Grundstück betreten und zog sich etwas weiter in die Sträucher zurück, als der Jaguar an ihm vorbeifuhr. Zwei Techniker der Spurensicherung gingen ins Haus und nahmen ihre Arbeit noch einmal auf. Martin Kerber fragte sich nur, warum sind die Jungs der Spurensicherung noch einmal hier?

Anne vermisste ihr Handy und gab Martha Bescheid, dass sie nach Ravensbrück fahren würde. So fuhr auch sie ahnungslos an den versteckten Medienmann vorbei. Ravensbrück mit seinem knapp 6000 Einwohnern hat eine unrühmliche Vergangenheit. Zu Zeiten des Nazi Regimes ließen die Gefolgsleute Adolf Hitlers hier das größte Frauen Konzentrationslager des Reiches errichten. Als Mahnmal und Gedenkstätte soll es heute die Touristen vor dem Nationalsozialismus warnen. Da die Ortschaft keinen Handyladen besaß, fuhr Anne weiter nach Fürstenberg an der Havel. Hier in der Seenlandschaft eine gute Autostunde über Berlin gaben sich die Urlauber in den warmen Monaten die Hotelklinken in die Hand. Jetzt im kalten Herbst sind die Ortschaften eher leergefegt und fremde Personen fallen dort den Anwohnern auf. In Fürstenberg erwarb Anne dann ein Prepaid Handy und fühlte sich wieder im Kontakt mit der Welt. Sie zückte ihre Kreditkarte und bezahlte das Smartphone mit dem angebissenen Apfel als Logo. Der Ladenbesitzer war noch so nett und nahm die Einstellungen für das Handy vor. Über ihre Cloud hatte sie alle Kontakte des alten Handys wieder in ihre Adressenliste.

Währenddessen wartete Martin Kerber auf die nächste Gelegenheit und die kam als die Leute von der Spurensicherung die Haustür offenstehen ließen. Ohne lange zu warten, schlich sich der Reporter ins Haus. Er blickte sich um und erkannte, dass die Arbeit der Spurensicherung im hinteren Teil des Hauses stattfand. Er ging in den Anbau und stolperte in der Küche fast über Martha. Schnell fing er sich wieder und stellte sich bei der überraschten Frau als Vertreter von Kommissar Vollmer vor. Martha dachte, ihr Gegenüber wäre mit den Leuten der Spurensicherung gekommen und bot dem lügenden Reporter einen Platz am Tisch an. Schnell stand für den angeblichen Polizisten ein Becher mit Kaffee auf dem Tisch und Martha beantwortete vertrauensvoll die Fragen des Reporters. Mit der Gewissheit der ermittelnden Polizei zu helfen, erzählte sie mehr als eigentlich gefragt wurde und Martin Kerber ließ heimlich in seiner Jackentasche sein Diktiergerät mitlaufen und zeichnete das ganze Gespräch auf. Kerber verabschiedete sich dann von Martha und verließ das Haus. Die Angestellte war noch so höflich und öffnete für ihn das Eingangstor. Der Reporter schwang sich auf seine Fat Boy und fuhr die Straße durch den Wald zurück nach Berlin. Noch bevor er auf die Bundesstraße abbog kam ihm Anne im Dreier BMW entgegen.

John Carter tippte auf die vor ihm liegende Tastatur, als sein Computer einen Ton von sich gab. Sofort stoppte er seinen Bericht und klickte den blinkenden Ordner auf seinem Desktop an.

Nachdem er durch die Benutzung der Kreditkarte Annes Weg nach Berlin verfolgen konnte, wusste er nun in welchem Hotel sie abgestiegen war. Ravensbrück war für ihn ein unbekannter Ort mit scheußlicher Geschichte. Er nahm den Telefonhörer ab und wählte die Nummer eines in Berlin stationierten Kollegen. Jimmy Kaufmann, amerikanischer Agent mit deutschen Wurzeln meldete sich am Ende der Leitung. John und Jimmy waren zusammen durch die Agentenschule der CIA gegangen und seitdem enger befreundet. Von Paris aus schickte John Carter seinem Freund die Unterlagen zu Anne und gab ihm die Order sie zu beschatten.

Natürlich wusste Agent Kaufmann nichts über das geheime Treffen der Mächtigen und sein Freund John beließ es auch dabei. So wurde schnell ein Trupp von drei Leuten durch Jimmy Kaufmann zusammengestellt, die, die Tochter des Grafen im Blick behalten sollten. Jimmy Kaufmann dagegen war ein IT-Spezialist und hackte sich mit einer Fremdsoftware in den Computer des Landeskriminalamtes Berlin-Brandenburg. Er tippte den Namen von Anne in die Suchfunktion und bekam den Bericht von Hauptkommissar Vollmer in voller Länge zu lesen. Danach tippte er auf seiner Tastatur und kam über Annes Kreditkarte zu dem Handyladen in Fürstenberg. Kurze Zeit später hatte er sich in Annes Handy gehackt und konnte sie nun unbemerkt verfolgen.

Mittlerweile lag Annes Handy in Washington im Oval Office des Weißen Hauses. Bis auf dem Direktor der CIA schickte William Smith alle um ihn herum aus dem Büro. Sogar der Stabschef und sein engster Berater staunten nicht schlecht, als sie die Tür von außen schlossen. Es dauerte eine ganze Weile, bis die beiden das Treffen vollständig abgehört hatten und danach sehr verängstigt wegen des Grafen waren. Der Direktor teilte dem Präsidenten mit, dass der Graf und sein Butler leider bei einem selbstverschuldeten Unfall ums Leben kamen. Der Präsident nickte dem Direktor zu und fragte nach Angehörigen und eventuellen Mitwissern. Der Direktor garantierte seinem Chef, dass die Firma alles im Griff hätte und es keine weiteren Beweise oder Mitwisser geben würde. William Smith gab sich mit der Aussage seines Geheimdienstchefs zufrieden und entließ den Direktor für heute.

Am anderen Morgen war die Hauptschlagzeile in der Boulevard Zeitung Blitz folgende. Graf doch ermordet? Martin Kerbers Reportage enthielt etwas Wahrheit, aber mehr Spekulationen und war ohne richtige Indizien oder Beweise geschrieben worden. Der Text war kurz, aber in großen fetten Buchstaben klebte die Überschrift auf der Titelseite. Martin Kerber öffnete mit seiner Berichterstattung die Büchse der Pandora, wusste dies aber noch nicht.

Jimmy Kaufmann pfiff am frühen Morgen auf die Uhrzeit und rief seinen Freund John Carter an. Carter las den Bericht der Blitz im Internet und rief sofort in Virginia seinen Führungsoffizier an. Mitten in der Nacht, im Schlaf überrascht, hörte der Vorgesetzte Johns sich das Dilemma an und rief daraufhin selbst den Direktor an. Dieser wütend über die nächtliche Störung gab die Order heraus, den berichtenden Reporter zu einer Befragung einzuladen. Der Befehl war also eindeutig. Martin Kerber ausfragen und dann eliminieren. Jimmy Kaufmann hatte eine halbe Stunde später den Auftrag auf dem Schreibtisch liegen. Er tippte den Namen des Reporters in dem geöffneten Programm und hatte alle nötigen Daten über Martin Kerber die er benötigte.

Hauptkommissar Vollmer las den Artikel der Blitz auch und war davon nicht angetan. Er tippte die Nummer des Küchenanschlusses des Grafen in sein Handy und bekam Martha an den Apparat. Der Polizist kündigte sich für den Nachmittag im Anwesen an und wollte beide Frauen sprechen. Martha verstand die ganze Aufregung nicht, bekam aber trotzdem ein wenig Angst. Sie hatte doch schon alles dem Kollegen von Kommissar Vollmer erzählt. Vollmer machte sich zuerst in den Keller des Krankenhauses der Charite` auf und besuchte dort die Abteilung für Rechtsmedizin. Der zuständige Thahologe sah auf seinen Bericht und klärte Vollmer auf. Der Graf hatte alle Finger und den Daumen der rechten Hand gebrochen. Hämatome im Genitalbereich und die Lunge war die eines Nichtrauchers. Auch sei der Graf nicht durch eine Rauchvergiftung, sondern durch Ersticken ums Leben gekommen. Patsch, das saß.

Vollmer fühlte sich wie geohrfeigt. Warum nur hatte er es immer wieder in seiner Abteilung mit Amateuren zu tun? Jetzt stand er dumm da und musste der Tochter des Grafen und den Rest der Welt eröffnen, dass die Untersuchung zum Fall des Grafen weitergehen würden. Wieder an seinem Schreibtisch angekommen, sah er sich den vorläufigen Bericht der Spurensicherung an und wunderte sich nun nicht mehr, dass sie im ganzen Haus keine einzige Zigarre oder Zigarette gefunden haben. Einen Beweis, dass es Mord und kein Unfall war hatte Vollmer aber auch nicht. Der Kommissar machte sich nun auf den Weg nach Kreuzberg. Dort in der Nähe des Check Point Charly bewohnte Martin Kerber eine Dachgeschosswohnung eines aus dem neunzehnten Jahrhundert erbauten Mehrfamilienhauses. Die Haustür war nicht verschlossen und so konnte der Ermittler direkt die Treppen im Flur zu Kerbers Wohnungstür benutzen. Oben angekommen lauschte der Kommissar erst auf irgendwelche Geräusche an der Tür, bevor er klingelte. Ein Klopfen an der Tür hätte ihn verraten, dass er schon oben vor der Wohnung stand. Erst beim dritten Klingeln hörte er Geräusche in der Wohnung. Kurz danach öffnete der freiberufliche Reporter die Tür und steckte den Kopf hinaus. In dem Moment stellte der erfahrende Beamte seinen rechten Fuß in die Tür und Kerber konnte die Tür nicht wieder schließen. Der Kommissar hatte einige Fragen und machte dem miesgelaunten Reporter klar, dass er die Fragen jetzt sofort oder nach einer richterlichen Verfügung auf dem Polizeirevier beantworten könnte. Kerber gab auf und öffnete die Tür ganz. Als Vollmer die Wohnung betrat, roch er noch den Shit, den Kerber am Abend geraucht haben muss. Vollmer setzte sich erst gar nicht in der unaufgeräumten Wohnung hin, sondern führte seine Befragung im Stehen durch. Kerber verriet seine Bezugsquelle und sagte dem Polizisten das, was jeder Leser des berichtenden Boulevardblattes lesen konnte. Als der Kommissar wieder aus dem Haus ging, war für Kerber klar, er hatte mit seinem Artikel in einem Wespennest gestochen und würde an die Story dranbleiben wollen. An seinem Wagen angekommen entfernte Vollmer das Knöllchen wegen Falschparkens unter dem Scheibenwischer und ärgerte sich an diesem Morgen zum wiederholten Male.

Es war sehr früh am Nachmittag, als Martha ihm das Eingangstor aufdrückte und die beiden Torflügel sich zum Öffnen bewegten.

Kurz danach stand der Ermittler in der Küche des Grafen. Martha brühte gerade einen Kaffee auf und bereitete kleine Gebäckstücke für den Nachmittag vor. Vollmer saß am Küchentisch und konnte durch den Schlitz der leicht geöffneten Badezimmertür Anne beim Duschen sehen. Die Tochter des Grafen seifte sich gerade die Beine ein und leicht vorgebeugt streckte sie dem beobachtenden Kommissar ihr wohlgeformtes Hinterteil entgegen. Vollmer sah bei ihren Bewegungen ihre Brüste wackeln und konnte nicht mehr